Die Chroniken der Verlorenen von abgemeldet (Sturmvogel) ================================================================================ Kapitel 5: Zwei vor und Drei zurück ----------------------------------- Viele Zauberer zur damaligen Zeit lebten versteckt in ihren eigenen Dörfern oder im Wald. Meistens richteten sie sich dazu spezielle Hütten ein und belegten sie mit einem guten Dutzend Flüchen, wie Desillusionierungszaubern und Erweiterungszaubern. Und die meisten der „Wilden“, wie sie genannt wurden, sah man niemals bei Tageslicht und erst recht nicht in der Nähe des menschlichen Volkes, genannt Muggel. Wer diesen Begriff erfunden hatte, weiß selbst ich, als der Chronist es nicht. Das Wort ist wie die Magie. Alt wie die Zeit und unvergänglich. Die vier Magier, die allerdings jetzt durch die Wälder liefen, waren von einem anderen Schlage. Ihre Umhänge und Klamotten waren durchnässt von Regen und Schlamm. Der Regen peitschte in den Baumwipfeln umher und machte die Sicht schwerer. Nicht einmal die Nase eines fähigen Naturmagiers wäre einer Fährte fündig geworden, so dachten sie. Der Mond hatte der Sonne ihren Platz gestohlen und schien nun bleich und trüb auf sie hinab. Während ihrer Häupter von einem eiskalten Westwind gestreift wurden. „Es ist...k..k...kalt...“, zitterte Helga und schlang beide Arme um den Oberkörper. Godric hatte ihnen verboten, ein Zauberlicht oder ein Zauberfeuer zu entzündet, sobald sie nicht außer Reichweite Dublins waren. Nach dem Duell mit den Ravenclaws, von denen sich Rowena ihnen einfach angeschlossen hatte, waren sie wie die Hunde aus der Stadt gejagt worden. Keiner von ihnen hatte mehr den Mut, Flüche nach den Menschen zu warfen. Godric und Helga waren der Meinung, dass sie nichts dafür konnten, mit Vorurteilen gegenüber Magiern aufgewachsen zu sein. Vielleicht war es Schicksal, dass die vier Magier an diesem trüben Tage zusammen trafen und gemeinsam die Flucht antraten. Wasser tropfte aus dem rötlichen Bart des Magiers und benetzte die Lippen. „Jetzt.“, murmelte er und die Spitze seines Zauberstabes entzündete sich. Sogleich fanden sie eine Lichtung, an der es sich auszuruhen lohnte. Eingezäunt von großen, dunklen Bäumen war sie und kein Schimmer des Mondlichts und der Nässe drang durch die dichten Wipfel. Nachdem sie den Boden ein wenig abgesaugt hatten schickte Helga Rowena Holz sammeln, während sie bereits einen Kessel herbeizauberte und begann Wasser zu sammeln. Godric indes saß bei Salazar Slytherins Krankenbett und blickte auf ihn hinab. Wie konnte ein so angesehener Doktor nur dem Dunklen so sehr verfallen?! Wie konnte sich ein Mann, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, nur so tief fallen und stattdessen Menschen bis zum Tode foltern?! Er hatte Ravenclaws Leiche untersucht, kurz bevor sie aufgebrochen waren. Der Halsjäger war in jeden Falle tot. Gestorben an der wahnsinnigen Folter. Gestorben, weil sein Herz zersprang. Man konnte es halten wie man es wollte. Salazar hatte einen Menschen mutwillig und nicht zur Verteidigung getötet. Zudem war es der Mann gewesen, den eigentlich Godric hatte töten wollen. So blieb seine Rache unerfüllt und ihm wurde schwer ums Herz, als er an das Grab seines Vaters dachte. Rowena kam aus dem nahe gelegenen Wald zurück und hinter ihr schwebten die Holzscheite, die sie offenbar mit Magie abgespalten hatte. Wortlos und mit unendlicher Ruhe schichtete Helga die Hölzer aufeinander und richtete den Zauberstab auf sie. „Flagrante.“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein brüchiges Flüstern. Scheinbar hatte sie das Duell auf eine Weise mitgenommen, die Godric nicht wirklich geheuer war. Er schätzte die Frau als zu schwach ein, das war sicher. Aber dennoch verbarg sie etwas Dunkles in ihrer Seele, das er nicht genau zu erkennen vermochte. Knisternd stoben jetzt Flammenfinger in die kalte Nachtluft und sie drängten sich darum. „Sollen wir ihn aufwecken?“, fragte Helga flüsternd und versank mit ihren Augen im Feuer. Niemand gab Antwort, also ging sie hinüber zum schlafenden Slytherin und tippte mit dem Zauberstab zweimal an seine Stirn. „Enervate.“ Wie aus einer Erstarrung riss er die grünen Augen auf und stierte einen Moment in die Nacht, ehe er mit ruhiger Stimme sagte: „Wo bin ich?!“ „Im Lancashire Forest.“, sagte Godric ebenso ruhig und sah ihn an. „Geht es Euch gut?“ „Ich...Ja. Ich denke schon.“ Mühsam setzte er sich auf und blickte in die Runde. Seine Augen hafteten lediglich auf Rowena ein wenig länger, bis sie dann zu Gryffindor zurückwanderten. „Ich habe Euch die Rache verwehrt...“ „Das macht nichts. Der Übeltäter ist bestraft.“ „Ihr wolltet...“ Er sah Slytherin an und lächelte. „Es macht nichts. Wie heißt Ihr eigentlich?!“, fragte er in die Runde. Und erst jetzt fiel ihnen auf, dass sie sich nicht vorgestellt hatten. „Ich bin Helga. Helga Eugenia Hufflepuff.” „Godric Gryffindor.“ „Rowena Nymphadora Ravenclaw.“ „Und mein Name ist Salazar Slytherin.“ Sie lächelten einander an. „Und...“, begann Rowena. „Es macht euch wirklich nichts aus, wenn ich mit euch komme. Ich meine, immerhin hat mein Vater...“ Godric winkte ab. „Dein Vater. Das ist der entscheidende Punkt. Ich glaube, du bist anders.“ „Wie kommt Ihr...Verzeihung. Wie kommst du darauf?“ Gryffindor grinste, dann löffelte er etwas Suppe, die Helga gekocht hatte, in seine Schale und gab sie an Rowena weiter. „Du hast mir das Leben gerettet. Ansonsten hätte mich der gute Salazar sicherlich getötet.“ Jetzt schien auch Slytherin aufzuwachen. Er trat an das Feuer und blickte entsetzt zu Godric. „Ich wollte dich töten??!“ „Ich fürchte ja.“ Schwerfällig ließ er sich auf den Baumstamm fallen, der um das Feuer gelegt war. „Das...das tut mir alles furchtbar Leid. Seid versichert, dass ich niemals zuvor...“ „Du musst dich nicht entschuldigen.“ Merkwürdigerweise war er erstaunt darüber, dass gerade Rowena solche Sachen sagte. Immerhin hatte er ihren Vater zu Tode gefoltert. Und er hatte es verdient, sagte eine kleine Flüsterstimme in seinem Kopf, die er aber grantig beiseite schob. „Wir taten euch Unrecht.“, fuhr Ravenclaw fort. „Wir haben deinen Vater getötet, als ich klein war, Godric. Vollkommen zu Unrecht. Taranis war ein guter Mann. Und Salazar. Deine Frau Eileen...Sie war das schönste Wesen, was ich je sah. Es tut mir leid. Wir haben die Menschen aufgehetzt. Und das zu Unrecht.“ Slytherin wollte eine bissige Bemerkung loswerden, besann sich aber eines besseren und löffelte seine Suppe. Helga trat wieder ans Feuer. „Was tun wir jetzt?“ „Gute Frage.“, stimmte ihr Slytherin bei. Rowena sagte nichts, sondern zog ein silbernes, wunderschönes Diadem aus der Innentasche ihres Rucksacks und setzte es sich auf. Auch wenn sich jeder der drei anderen fragte, warum sie das tat, so sagte doch keiner ein Wort. „Rü’er aufsch Feschtland.“, sagte Godric mit vollem Mund. Und als ihn alle verwundert ansahen: „Ich habe heute gesehen, dass die Ächtung von magischen Wesen und Zauberern ein neues Höchstmaß gefunden hat. Zauberer und Hexen unseres Schlages hausen in Höhlen oder Wäldern und werden gemieden. Ja, es werden sogar die dunkelsten Legenden über uns erzählt. Und, wenn ich ehrlich bin, habe ich es satt! Ich will mich nicht verstecken müssen wie ein Hund vor einem Gewitter. Ich will keiner Gnade höherer Würdenträger ausgeliefert sein und ich will keine Halsjäger, die sich darum streiten, wer mich umbringen darf.“ „Das ist auch verständlich.“, sagte Helga. „Aber die Frage ist doch, wie wir das erreichen sollen. Wir sind vier gegen wie viele?! Tausende?!“ „Vielleicht. Ich denke jedoch, dass Menschen und Zauberer friedlich nebeneinander existieren können. Möglicherweise brauch es dafür nur etwas mehr Offenheit oder Verständnis.“ Slytherins Stimme begann wieder in seinem Kopf zu brodeln. Er wollte keine Muggel in seinem Blut. Er wollte keinen Muggel die Geheimnisse der Zauberkunst erklären. Mehr noch. Normalerweise sollten sie oben auf stehen. Die Zauberer und Hexen. Magie ist Macht. Magie ist kalt. Und kalt ist auch die Rache. Rache an diesen...diesen...Tieren. Währenddessen hatte Godric weitergesprochen. „...denke ich, dass es schön wäre, wenn wir eine Schule errichten.“ „Was???“ Slytherin war aufgesprungen und starrte Gryffindor an. „Was hast du gesagt?!“ Die Schärfe seiner Stimme ließ Godric erschrocken dreinblicken. Er war nicht mehr der starke Gryffindor, der sie aus dem Schlamassel hierhin geführt hatte, der souverän ein Duell gewonnen hatte. Hier war er nur ein Kind, das albernen Träumen nachhing. „Ich sagte, dass ich von einer Schule der Magie träume, wo alle zauberbegabten Menschen unterrichtet werden können.“ „Alle...zauberbegabten...“ „So ist es. Stimmt damit etwas nicht?!“ „Es ist utopisch und vermessen!!!“, rief Slytherin und redete sich richtig in Rage. „Du willst alle unterrichten, die Magie in sich haben??! Ich sage dir: Denk mal an die Leute, die deinen Vater umbrachten. Ein paar von denen haben Magie im Blut. Muggelstämmige.“ Er spie das Wort aus und spuckte danach demonstrativ auf den Boden. „Mein Hass verraucht schnell, Salazar. Und da du für mich Rache geübt hast, bin ich nun bestrebt, das zu verbessern was uns gegeben ist.“ „Das will ich auch. Und ich sage, wir sollten die Wilden finden und auf unsere Seite ziehen. Wir sollten endlich beginnen, die Menschen davon zu überzeugen, dass wir mächtiger als sie sind.“ Er versuchte noch ein paar mehr Punkte als Argument anzubringen, die er sich im Kerker gedacht hatte. Aber die geschockten Blicke sprachen Bände. Schlagartig wusste Slytherin, dass er bei diesen Zauberern und Hexen keinen Zuspruch finden würde. „Du willst also einen Krieg anzetteln?!“, schloss Godric kühl. Ja, Ja, Ja, schrie die Stimme in seinem Kopf und er musste sich zwingen, ihr nicht nachzugeben. „Nein...Das...So hab ich es nicht gemeint...“ Dann endlich breitete sich ein Lächeln aus. Rowena war jedoch nicht ganz überzeugt. „Wo soll denn diese Schule stehen?! Und wie finden wir all die Zauberer und Hexen?!“ Godric zuckte die Achseln. „An einem geschützten Ort. Fernab jeglicher Zivilisation. Ich möchte, dass die jungen Zauberer und Hexen nicht von irgendwelchen streitlustigen Muggeln abgelenkt werden. Sie sollen in Frieden und Glückseligkeit aufwachsen.“ Er machte eine Kunstpause, um durchzuatmen. „Allerdings...“, murmelte er dann. „Habe ich keinen Schimmer davon, wie wir sie finden könnten.“ „Aufspürzauber?“, fragte Slytherin in die Runde und drehte seinen knorrigen Zauberstab in den Fingern. „Zu schwach.“, konterte Rowena, deren Diadem blitzte. „Kein normaler Aufspürzauber ist in der Lage, so viele aufzuspüren. Da fällt mir ein: Suchen wir nur Kinder oder auch die Erwachsenen?!“ Godric schüttelte den Kopf. „Nur die Kinder. Die Erwachsenen beherrschen zum einen bereits ihre Magie und zum anderen sind sie weniger lernfähig. Wir sollten die Magie lehren. Und das in jungem Alter. Wenn ihre Seelen rein und ihre Gedanken unverbraucht sind.“ „Sollen wir sie unterrichten?!“, fragte Salazar. Er nickte. „Ich denke, für den Anfang werden wir reichen. Und wenn die ersten ausgebildet sind, können wir sie einsetzen, falls wir dann anderes tun wollen.“ „Wenn du Schule sagst...“, sagte Helga, die als einzige eine Schule besucht hatte. „Dann muss es auch Fächer geben.“ „Das ist mir bewusst. Deswegen dachte ich, dass sich jeder von euch ein Fach ausdenken könnte.“ Er zuckte die Achseln. Beinahe so, als wüsste er nicht, ob die Idee gut war. Doch alle drei nickten, gleichsam als hätten sie selbst die Idee auch schon gehabt und begannen fieberhaft zu überlegen. Schließlich war es wieder Godric, der das Wort ergriff. „Also ich würde gerne die jungen Leute in den Grundzügen der Zauberei unterrichten. Ihnen beibringen, wie sie Dinge fliegen lassen können, bis hin zu Flüchen.“ „Das macht sich sehr lange auf einem Stundenplan.“, kicherte Helga und Rowena konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Deswegen soll es auch Zauberkunst heißen.“ Slytherin nickte und erhob nun selbst die Stimme. „Ich würde den Kindern gerne beibringen, wie sie sich gegen die dunklen Künste verteidigen können.“ „Dunkle...Künste?!“ „Ja.“, nickte Salazar Helga zu. „Es wird die Zeit kommen, da Magier das Wissen um die dunklen Künste haben werden. Und dann sollten wir vorbereitet sein...“ Niemand sprach. Natürlich hatten sie alle darüber nachgedacht, was passierte, wenn die dunklen Künste wirklich Einzug hielten. Deswegen waren sie auch im Grunde genommen alle angetan von der Idee, die Schüler Verteidigung zu lehren. Allerdings wunderte es sie, dass sich Slytherin du in der Lage sah, die Dinge wirklich zu unterrichten. „In Ordnung.“, sagte Godric und beendete damit jeglichen Zweifel. Listigkeit war schon immer das Hauptattribut einer Schlange, so sagt man. Und Salazar Slytherin wusste genau, warum er dieses Fach erfunden hatte. Er würde seine Armee aus Reinblütern noch bekommen. Das schwor er sich in jenem Wald. Die beiden Frauen waren sicherlich ihre Problemfälle. Ihnen fiel nichts gutes ein, was ein Schulfach hätte werden können. Helga erhob sich schließlich doch und ließ mit einem Schlenker ihres Zauberstabs ein Blatt Pergament erscheinen. „Ich finde, wir sollten das festhalten.“, sagte sie nüchtern und schrieb mit einer Schrift mit ihrem Zauberstab ein paar Zeilen. Es sollte das erste und zugleich wichtigste Dokument werden, was die Schulgeschichte des späteren Hogwarts prägen sollte. Die Gründungsurkunde mit den Unterschriften der vier Gründer. Als dies geschehen war, erhob Rowena doch noch einmal die Stimme. „Ich möchte gerne ein Fach über magische Tiere unterrichten.“ Godric und Salazar schienen begeistert über die Idee und begannen sogleich rege Diskussionen darüber, welche Tiere man fangen und züchten konnte. Dahingehend waren sie ein Herz und eine Seele. Sie nannten dieses Fach „Pflege magischer Geschöpfe“. Als sie wieder alle zu Helga starrten, knisterte und brach der letzte Holzscheit. Heiße Glut flog im Nachtwind umher und jetzt erst bemerkten sie, dass der Regen aufgehört hatte und sich langsam Nebel über den Wald ausbreitete. Kurz bevor die Glut endgültig verlosch, richtete Slytherin seinen Stab auf die Feuerstelle und murmelte: „Eternam.“ Hell lodernd schoss eine blaue, aber herrlich Warme Flamme in die Höhe und ward von nun an das Feuer. Staunend betrachtete Godric das Feuer und wurde sich gewahr, dass sie allesamt vier sehr fähige Magier waren. Vielleicht die Anführer einer neuen Art von Revolution. Einer friedlichen Revolution ohne Gewalt und Zutun der normalen Menschen. „Was unterrichtest du, Helga?!“ Die Stimme kam aus der Nähe und Gryffindor zwang sich wieder in das Hier und Jetzt. Salazar sah die schmächtige Blonde durchdringend an, als erwarte er eine baldige und vor allen Dingen: eine gute Antwort. „Ich...Ich würde gerne etwas mit Pflanzen unterrichten.“ „Pflanzen??!“, brach Slytherin heraus. „Welcher Zauberer braucht Pfla...“ Schlagartig hörte der Spott auf, als Ravenclaw ihren Zauberstab auf seinen Mund gerichtet hatte. „Haben wir gelacht, als du deine Idee vorgetragen hast?!“, fragte sie scharf. Erst als er genervt den Kopf schüttelte, ließ sie von dem Bann ab und er konnte seine Zunge wieder zur Gänze bewegen. „Sie hat Recht.“, seufzte er. „Ich habe dir Unrecht getan, Helga. Nimm meine Entschuldigung an!“ Sie nickte nur und sah dann Godric an. Dieser lächelte zufrieden und strich sich den struppigen Bart. „Dann wäre es beschlossen. Wir haben vier Fächer. Jetzt brauchen wir nur eine Schule.“ Alle drei gingen sie mit eigenen Gedanken zu Bett. Die meisten drehten sich um ihr neuestes Ziel. Eine Schule sollte errichtet werden. In Godrics Kopf tummelte sich die Idee eines Gebäudes, das durch Magie am Himmel schweben sollte. Die fliegende Burg, wie er sie in seinen Gedanken titulierte. Währenddessen machte sich Slytherin Gedanken darüber, wie er möglichst viele alte Zaubererfamilien finden konnte. Sein Geist und sein Herz sannen noch immer stark nach Rache an den Muggeln, sodass es ihn leitete, ihn in die Irre führte, auf seinen eigenen Gedankenpfaden. Und stumm wie ein Assassin brach die Nacht über sie herein und bedeckte sie mit ihrem schwarzen Tuch. Am nächsten nebligen Morgen blieb die Idee nichts weiter als Staub in ihren Köpfen. Der Nebel hatte sich in ihren sicheren Hort geschlichen und ihre Umhänge waren klamm vor Nässe als sie jene anzogen und sich bereit machten. Helga richtete ihren Zauberstab auf das blaue Feuer von Salazar und murmelte rasch ein paar Wörter. Die Flammen erloschen, die Glut versank im Boden und die abgebrannten Holzscheite flogen zurück zu den Bäumen, von denen sie genommen waren. Zufrieden schaute sie ihnen hinterher, als sie plötzlich spitz aufschrie. Godric, der gerade seinen Beutel schulterte, ließ diesen vor Schreck wieder fallen. Rowena, die gerade den metallischen Kessel spülte, kam aus einem kleinen Busch hervor, den Zauberstab gezogen und mit blitzendem Diadem. „Was ist?!“, rief Godric und hatte Mühe, seinen Zauberstab aus seinem Gürtel zu klauben. „Jäger!“, flüsterte Rowena und ging in Stellung. Sollten sie so schnell auf ihre Fährte gekommen sein?! Andererseits waren sie nicht allzu weit weg aus dem Einzugsbereich der Stadt. Endlich hatte er den Stab aus seinem Gürtel gezogen und wollte den ersten Schockfluch ins Blaue hinein abschießen, als Helga aus ihrer Starre erwachte. „Herbivicus!“ Mit einem Mal begannen die Blätter der Bäume zu rascheln und ein kalter Wind zog auf. Godric sah mit gespannter Miene, wie die kleinen, faulen Blätter am Boden wieder ergrünten und sich vergrößerten. Ebenso taten es auch jene, die an den Bäumen festgewachsen waren und schon bald bildeten sie einen undurchdringlichen Wall. „Das sollte sie erst mal ablenken.“, meinte Hufflepuff zufrieden und wandte sich zu ihnen um. „Was jetzt?!“ Godric fuhr sich mit den Händen durch sein Haar und blickte auf den Blätterwall. „Wir müssen hier raus. Uns bleibt keine Wahl. Achtet darauf, dass ihr niemanden tötet!“ Mit einem Mal raschelte das Blätterwerk verdächtig laut auf. Gerade als sich Godric und Rowena umdrehen wollten, fiel Helga schon zu Boden und hielt sich die Brust. Hoch aufragend wie ein Turm ragte eine Pfeilspitze aus ihrem Körper und eine rötliche Pfütze begann sich, unter ihr auszubreiten. Dennoch kniff sie die Lippen zusammen und gab keinen Laut von sich. Sie durfte nicht schreien. Durfte nicht... Weil sonst die Jäger in den Hort einbrachen. Sie konnte sehen, wie Slytherin wie ein Sturm aus den Büschen heraus schoss. Den Wurzelstab in der Hand erhoben blickte er sie an und ein merkwürdiger Hauch von Scharlachrot blitzte in seinen Augen auf. Die Jäger draußen schienen jetzt zu wissen, wo sie waren. Scheinbar hatten sie Helgas Körper gehört, wie er zu Boden gefallen war. Laute Stimmen von draußen kamen nun näher. Godric lud sich die Verletzte auf die Schulter, die jetzt hemmungslos wimmerte und rannte bereits in Richtung Wald, während Rowena und Salazar noch den Rückzug deckten. Ein weiterer Pfeil schoss durch das Blätterdach, den Ravenclaw allerdings mit einem Schlenker ihres Zauberstabs umlenkte. „Diese verlausten Muggel...“, zischte Slytherin und murmelte komplizierte Formeln, während der Pfeilbeschuss immer mehr wurde. Wie Kanonenkugeln schossen sie knapp an ihm vorbei und rissen Löcher in die breiten Blätter. „Komm jetzt!“, rief Rowena, die bereits am anderen Ende der Lichtung war. „Geh vor!“ Als sie endlich in dem grünen Dickicht verschwunden war, hinter dem sie tags zuvor den Weg verborgen hatten, richtete Salazar seinen Zauberstab radial auf verschiedene Plätze in dem kleinen Hort. Flüche schossen daraus hervor und blieben wie leuchtende Kugeln in der Luft stehen. Zufrieden mit sich selbst und seinem Zauber hastete er schließlich ebenso den schmalen Weg hinter den Büschen entlang. Natürlich grinsend, wie es seine Art werden sollte. So flohen die vier Gründer von Hogwarts erneut auf nebligen Pfaden vor Muggeln. Natürlich sei hier berichtet, dass die Muggel, die sie verfolgt hatten, eines grausamen, unerklärlichen Todes starben. Wanderer, die in dieser Gegend Irlands häufig gesehen wurden, waren zu einer Stelle im Wald gelangt, an der zuvor noch grell leuchtendes grünes und weißes Licht geblitzt hatte. Sie dachten wohl es wären Druiden, die ihre magischen Fähigkeiten erkundeten. Stattdessen fanden sie sieben Leichen. Alle grausam verstümmelt und eines unsichtbaren Todes gestorben. Es bleibt unnötig zu sagen, dass niemand in Dublin mehr über den Fall mit den getöteten Halsjägern sprach. James Ravenclaws Leiche wurde vier Tage darauf beigesetzt, in einem namenlosen Massengrab verscharrt und seither vergessen. Auch Rowena hat nie wieder nach ihrem Vater geforscht, nachdem sie mit den anderen geflohen war. Man schrieb an die Königin von England und machte ihr deutlich, dass ihre Halsjäger dem Klima und den Witterungsumständen in Irland nicht gewachsen waren. Eine Antwort Ihrer Majestät blieb aus, sodass man davon ausgehen musste, dass Ravenclaw nicht weiter vermisst wurde. Mit seinem Verschwinden endeten endlich die grausamen Morde und die Gesellschaft der Zauberer geriet für kurze Zeit in die beinahe erfolgreiche Vergessenheit. Wir wollen uns aber jetzt der Zeit widmen, die für viele Schüler von Hogwarts unbekannt ist. Die „Zeit des Dunkels“ wird sie in den Büchern genannt und erhält ihren Ruf nicht umsonst. Denn es ist und bleibt Spekulation, wie die vier Gründer es schafften, Irland ohne Spuren und Sorgen zu verlassen. Es wird berichtet, sie seien auf einem Boot, das sie selbst gebaut hatten, in Richtung England gesegelt. Den Geschichtsschreibern zu urteilen, müssten sie dann schließlich in der Nähe des heutigen Portsmouth gelandet sein. Schwachsinn, sage ich. Denn angekommen sind sie an einem vollkommen anderen Ort... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)