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Out of Time

In der falschen Zeit!
von

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Das Blatt wendet sich

Kapitel 27 – Das Blatt wendet sich
 

1878
 

Das Licht des gerade aufgehenden Mondes war schwach, dicke Wolken glitten träge über den düsteren Nachthimmel. Die Helligkeit reichte jedoch vollkommen, um die glitzernden Schwerter auszumachen und auch zwei paar Augen, die im Dunkeln zu glühen schienen. Um die zwei Männer herum lag alles in totaler Stille. Kein Laut war zu hören, selbst der Wind schien den Atem anzuhalten. Die Ki dieser zwei Menschen reichte aus, um alles in erwartendes Luftanhalten zu versetzen. Es war nicht natürlich, und selbst jemand, der von nichts eine Ahnung hatte, würde fühlen, dass er jetzt besser einen großen Bogen um diese Männer machen sollte, die da so bewegungslos auf der verlassenen Straße verharrten.
 

Zwei Wolken, die sich vor den Mond geschoben hatten, lösten sich langsam auf. Der Schein wurde heller, die zwei Figuren schienen unscheinbare Menschen zu sein. Doch das waren nur ihre Masken. Dahinter lauerten ein Dämon und ein Wolf.
 

Saito stand da, gefroren in seiner Gatotsu-Stellung, unbeweglich und angespannt. Er starrte auf Battousai, der regungslos in Battoujutsu-Stellung verharrte. Ein schwaches Lächeln umspielte die Lippen des Wolfes. „Mach’s gut, Battousai.“
 

Die Worte ließen den Jungen unberührt. Alle seine Sinne waren nun darauf konzentriert, jede Bewegung seines Angreifers schnellstmöglich wahrnehmen zu können und entsprechend zu reagieren.
 

Er musste nicht lange warten. Saito griff an.
 

Battousai zog sein Schwert und blockierte den Angriff mit Leichtigkeit. Ohne Mühe durchschnitt seine Klinge die Nachtluft und schrammte an dem anderen Schwert entlang, folgte der Schneide, bis es abrutschte, durch Kleidung und auch ein bisschen Haut schnitt.
 

Sie standen nun Rücken an Rücken, Saitos Gesicht war trotz seiner kleinen Verwundung unbeweglich geblieben. Ein bisschen Blut würde ihn nicht aus der Ruhe bringen.
 

Als er sich rasch umwandte, war der Junge schon in Bewegung. Saito wich aus, konterte, stieß nach vorne. Sein Schwert hatte fast den Jungen erreicht. Fast wäre er durch Battousais unmenschlich schnelle Bewegungen gestoßen. Er versuchte es noch einmal, genau in dem Moment, in dem er den Jungen nahe genug an sich herankommen ließ, so dass dieser ihn nochmals traf, diesmal ein bisschen mehr Kleidung zerschnitt, tiefer in seine Haut eindrang – doch er konnte nichts erreichen, außer ein paar rote Haarsträhnen abzutrennen. Er biss die Zähne zusammen. Das war doch lächerlich. Battousai wirbelte um ihn herum wie ein verdammter Schmetterling. Während er dies dachte, war der Junge schon wieder kaum zu sehen, eine einzige Bewegung, und der Wolf musste sich konzentrieren, wenn er jetzt endlich Blut seines Gegners auf seiner Klinge sehen wollte.
 

Er blickte entschlossen mit kalten Augen nach vorn. Er würde diesen Kampf gewinnen, anders ging es nicht. Zwar standen seine Chancen schlechter, aber er durfte dieses Kind nicht leben lassen, nicht hier in der Meiji-Zeit. Er wäre zu gefährlich in dieser friedlichen Zeit. Saitos Augen verschmälerten sich. Außerdem war es wahr, was Sanosuke zu ihm gesagt hatte… Er würde gerne noch einmal gegen Battousai kämpfen. Aber nicht so. Endlich sah er ein, dass er nicht den Battousai von damals besiegen wollte, nicht mehr. Jetzt wollte er mit dem Mann kämpfen, der zusammen mit ihm die sich wandelnden Zeiten durchlebt hatte. Wenn er diesen Jungen jetzt töten würde, dann könnte er damit nur beweisen, dass ein fünfunddreißigjähriger Wolf noch tödliche Pranken hatte. Aber darum ging es nicht. War es nie gegangen. Er musste mit dem älteren Battousai kämpfen, weil er sich beweisen wollte, dass Meiji nicht jeden zerstört hatte, den er kannte. Er wollte spüren, dass der Battousai der Vergangenheit immer noch in dem Battousai der Gegenwart vorhanden war, wie er, überlebt hatte.
 

Entschlossenheit verhärtete seine Gesichtszüge. Er hatte seinen Grund gefunden, der ihm die nötige Kraft zum Sieg verleihen würde. Wenn er diesen Jungen jetzt nicht heimschicken konnte… dann würde der andere Mann in der Vergangenheit sterben. Dies war für Saito nicht zu akzeptieren.
 

Der rothaarige Junge stand einige Meter entfernt, sein Katana wieder in der Schwertscheide. Er war bereit für eine schnelle Attacke. Seine Hand über dem Schwertgriff zuckte schon.
 

Doch die Augen des Wolfes bemerkten auch das leichte Zittern, dass die Schulter des Jungen bei dieser Bewegung schüttelte. Der seltsame Winkel, in dem er seinen Arm hielt…

Vielleicht gab es für ihn genau hier die Chance…
 

**
 

1865
 

Kenshin warf noch einen unruhigen Blick in Richtung Shishio, aber der Hitokiri kam alleine sehr gut mit Usui zurecht. Kenshin wusste schon, wie die Sache ausgehen würde. Shishio würde seine Hilfe nicht brauchen. Er wandte sich um und konzentrierte sich auf sein eigenes Ziel, den Anführer der Dritten Shinsengumi-Einheit, Saito Hajime.
 

Kenshins Brauen zogen sich zusammen. „Wo ist deine Einheit?“
 

Die Frage schien den Wolf fast zu überraschen. Er war es nicht gewohnt, vor dem Kampf viele Worte zu wechseln und zögerte einen Moment, bevor er ruhig antwortete.

„Sie sind anderswo. Hier geht es nur um dich und mich. Es gibt keinen Grund für andere Beteiligte.“

Langsam zog er sein Schwert aus der Scheide und machte sich zum kämpfen bereit.

„Beenden wir die Sache.“
 

Der Rotschopf nickte kurz und bereitete sich selbst vor. Wenigstens wäre das hier ein ehrenhafter Kampf. Jedoch nicht unter den besten Voraussetzungen. Er war immer noch schwer verwundet. Sein Schwertarm fühlte sich schwach und zittrig an. Sein Griff war fest, aber nicht stark. Außerdem befanden sie sich noch nicht auf der Brücke und Kenshin vermutete, dass sie wichtig sein würde, um wieder nach Hause zu gelangen. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, Saito in diese Richtung zu lotsen…
 

Er hatte nicht viel Zeit zum Nachdenken, denn Saito war in Bewegung und Kenshin musste reagieren. Er zog sein Sakabatou und schaffte es, den kraftvollen Angriff abzuwehren. Doch danach blieb er in Bewegung und lief näher an den Fluss heran, weg von Usui und Shishio.
 

Saito schlug abermals zu und zwang Kenshin erneut in die Defensive, die er wiederum dazu nutzte, noch näher an den Fluss zu gelangen. Er selbst griff nicht an.

Der Wolf blickte ihn finster an. „Hast du Angst, mit mir zu kämpfen?“, schnaubte er wütend. „Ich wusste es, du bist nicht der echte Battousai. DER würde nicht wegrennen. Er würde kämpfen, und wenn nötig, ehrenvoll sterben.“
 

Kenshin wusste, dass er recht hatte. Sein Griff um das Sakabatou wurde fester. „Wenn ich Battousai sein soll, wenn auch nur für kurze Zeit,“ so überlegte er, „dann kann ich nicht nur defensiv kämpfen.“ Er schluckte hart, doch sein Blick war fest, seine Entscheidung getroffen. Er hatte ja sein Sakabatou. Damit konnte er ihn nicht töten. Aber wenn er jetzt nicht angriff, dann konnte er vielleicht niemals mehr nach Hause zurück…
 

Dieser Gedanke war ausreichend, um seine verbliebene Kraft zu mobilisieren. Dieses Mal konnte er Saitos Gatotsu mit einem Seitenhieb erwidern, der prompt den Arm des Shinsengumi-Anführers traf. Bevor Saito richtig reagieren konnte, war Kenshin schon in der Luft.
 

„Ryu Tsui Sen!“
 

Mit diesem Angriff hatte der Wolf gerechnet. Er ließ sich nach hinten fallen, das Schwert erhoben, und schaffte so, um wenige Zentimeter dem Schlag auszuweichen. Dann konterte er, in dem er mit der linken Hand nach oben stieß. Kenshin wandte sich zur Seite, doch er war nicht schnell genug, da er zu viel Schwung durch seinen Sprung hatte. Die Wunde an seiner Seite war nicht tief, nicht wichtig genug, um überhaupt beachtet zu werden. Der rothaarige Mann griff erneut an.
 

Saito wich aus. „Du bist langsam.“ Sein eigenes Schwert traf Kenshin beinahe direkt in die Brust. In letzter Sekunde wich Kenshin aus, dennoch bohrte sich der Stahl tief in seinen Oberkörper – jedoch nicht tödlich, wie der Streich ursprünglich beabsichtigt war. Er war gezwungen, kurz inne zu halten, sich auf seine Atmung zu konzentrieren, Kraft zu schöpfen. Er spürte, wie sein Atem stoßweise kam und er fühlte sich leicht und locker, ein Gefühl, dass der Blutverlust bei ihm auslöste. Bis jetzt war ihm nicht bewusst gewesen, wie viele Verwundungen er schon hatte einstecken müssen. Die Sache hier würde bald Enden müssen.
 

Saito beobachtete aus sicherer Entfernung den rothaarigen Hitokiri neugierig, bereit für was auch immer jetzt kommen würde.
 

Sie waren nun ganz nahe an der Brücke. Ein sanftes Plätschern war schon zu hören, es ertränkte die Geräusche, welche der weiter entfernt stattfindende Kampf von Shishio und Usui verursachte.
 

Jedoch spielte inzwischen die Brücke in Kenshins Gedanken gar keine Rolle mehr! Der Fluss und seine Rückkehr waren vergessen. Der Blutverlust hatte seine Gedanken nur noch auf den Kampf gerichtet. Oder lag es daran, dass er überall um sich herum in der dünnen, weißen Schneeschicht das rote Blut sah? Erinnerungen strömten in starken Wellen in ihn zurück, machten ihn blind für all die vergangenen Jahre, fesselten ihn in die vermeintliche Gegenwart. Als er den Kopf wieder hob, sah Saito durch lange, rote Strähnen bernsteinfarbene Augen glitzern. Die Augen eines Hitokiri.
 

Endlich. Der Wolf lächelte.
 

Jetzt begann der Kampf erst wirklich.
 

**
 

1878
 

Kaoru und Sanosuke rannten durch die Strassen, wild entschlossen, Battousai aufzuspüren, bevor er im Kampf getötet werden würde. In ihren Augen spiegelte sich die Sorge um einen Jungen, den sie nie wirklich kennengelernt hatten, der ihnen aber inzwischen etwas bedeutete.
 

Das schwarzhaarige Mädchen keuchte. „Bist du sicher, dass sie auf der Brücke sind?“ rief sie über die Schulter zu Sanosuke nach hinten ohne dabei ihre Schritte zu verlangsamen.

Sano nickte. „Vertrau mir. Wenn die Nachricht von Saito war, dann will er sich mit Kenshin am Fluss treffen.“

„Versucht Saito, Kenshin in die Vergangenheit zurückzuschicken?“

Der Straßenkämpfer versteinerte mitten im rennen. „Was hast du da gesagt?“

Kaoru blieb stehen und wandte sich um. „Wir haben keine Zeit, Sano, wir müssen weiter!“

Er ignorierte ihre Worte und packte sie am Handgelenk. „Jou-chan, sag bloß, du weißt Bescheid?“ fragte er ungläubig. „Du weißt, was passiert ist?“
 

„Natürlich!“
 

Er schüttelte den Kopf. „Woher?“

„Er hat es mir gesagt“, schnappte Kaoru und riss sich los. Ihr Blick war entschlossen. „Das ist doch jetzt egal. Wir müssen ihn finden. Er ist schon verletzt genug. Ich möchte ihn nicht noch mehr leiden sehen.“
 

„Jou-chan…“
 

Sie sah ihm in die Augen. „Er hat viel durchgemacht, Sano. Und so gerne ich auch UNSEREN Kenshin wieder zurückhaben möchte, so möchte ich auch, dass der Kenshin von damals nicht mehr verletzt, schon gar nicht von Saito.“
 

Sano zögerte, als er das Glitzern in Kaorus Augen sah. „Aber was ist, wenn er nur auf diese Art und Weise wieder nach Hause kommen kann? Ich meine… mir gefällt die Idee auch nicht. Ich würde lieber Battousai einfach in das Wasser schupsen und sehen, was passiert. Aber was ist, wenn der Kampf der Schlüssel zu allem ist? Wir können ihn jetzt beschützen… aber dann werden die beiden an einem anderen Tag miteinander kämpfen.“
 

Kaoru schüttelte den Kopf. „Ich will nicht, dass ihn jemand verletzt, verstehst du das nicht? Wenn ich jetzt nichts unternehme, dann könnte ich ihn verlieren, für immer, selbst wenn er zurückkehrt.“
 

Sanosuke starrte sie verwirrt an. „Das ergibt aber keinen Sinn…“
 

„Du hast es doch selbst gesagt. Ich muss ihn WISSEN lassen, dass ich seine ganze Vergangenheit akzeptiere. Alle Teile davon. Wenn ich mich jetzt von ihm abwende, um auf meinen Rurouni zu warten, dann verdiene ich ihn gar nicht.“ Wütend wischte sie sich ein paar Tränen der Frustration aus den Augen. „Mach doch was du willst, Sanosuke. Ich werde jetzt zu Kenshin gehen und sehen, was ich tun kann“.

Mit diesen Worten rannte sie davon.
 

Sano folgte ihr ohne Umschweife, auch wenn er nicht wusste, wohin das alles führen würde. Es war aber auch egal, er selbst hatte Mitschuld an der ganzen Verwechslung. Jetzt musste er selbst sehen, wie er seine Schuld wieder gutmachen konnte. Er würde dafür sorgen, dass verdammt noch mal alles wieder so werden würde, wie früher…
 

„Halte durch, Kenshin,“ dachte er. „Ihr beide… haltet noch ein bisschen länger durch. Wir kommen…“
 

**
 

1865
 

Ushiro rannte durch die Schatten, unterwegs auf einer Mission. Seit einer halben Stunde suchte er schon überall, aber ohne Glück.
 

„Wo kann dieser Baka sein?“
 

Es half nicht gerade, dass Ushiro niemals daran gedacht hatte, Kenshin danach zu fragen, wie er überhaupt hier gelandet war. Und wie er vorhatte, wieder heimzukehren. Und sicherlich war es auch nicht hilfreich, dass Ushiro sich überhaupt nicht in den Kenshin der Zukunft hineinversetzen konnte.
 

Oder konnte er es doch? Dieser ältere Kenshin war gar nicht so unterschiedlich wie seine jüngere Version, wenn man all die Verstellungen und das Äußere vernachlässigte. Ushiro überlegte sich, wohin wohl Battousai gegangen wäre. Er hielt kurz an und dachte einen Moment nach. „Der Junge denkt logisch. Er würde genau an den Ort zurückkehren, an dem alles begonnen hatte. Und dort nach Antworten suchen. Nur wo?“
 

Es traf Ushiro wie der Blitz. Er rannte los, in Richtung Randbezirk Kyotos. Kenshin war damals am Stadtrand aufgetaucht. Hatte ihn bei dem Kampf gegen Okita und Saitou unterstützt. Dass musste der Zeitpunkt gewesen sein, an dem die Vertauschung stattgefunden hatte…
 

Er rannte schnell, weil er wusste, dass selbst Kenshin mit all diesen Verletzungen nicht lange gegen die Shinsengumi würde bestehen können. Schweiß begann, ihm über die Stirn zu rinnen, die kalte Nachtluft schnitt ihm wie Messer durch die durchgeschwitzte Kleidung. Seine Beine begannen schon, zu schmerzen und seine alten Wunden brannten. All das war ihm jetzt aber egal. Er wollte zu seinem Freund, er musste ihm helfen.
 

„Nach all dem, was du durchgemacht hast,“ dachte er, „verdienst du eine Zukunft in Frieden. Ich will dich hier nicht sterben sehen. Nicht hier… und definitiv nicht jetzt…“
 

**
 

1878
 

Battousai sah Saito’s Gatotsu kaum kommen, so schnell wirbelte der Wolf jetzt durch die Luft, und dass, obwohl er verwundet war. Dennoch schaffte er es, jede einzelne Bewegung wahrzunehmen. Der Schwung von Saitos Angriffschlag erfolgte in einem komischen Winkel. Das hier war kein Schlag mit der Absicht, ihn zu töten. Was hatte der Mann vor?
 

Der Hitokiri bereitete sich auf einen Defensivschlag vor, als der Wolf aus dem Nichts seinen Schlag umlenkte und den Jungen damit überraschte. Battousais Augen weiteten sich, der Schlag traf ihn unvorbereitet direkt an Brust und Schulter. Saito schwächte den Hieb etwas ab, genug, um den Jungen schwer zu verletzten aber auch genug, um ihn nicht zu töten oder dauerhaften Schaden zu verursachen…
 

Zumindest hoffte das Saito. Bei diesem Jungen konnte man sich nie sicher sein…
 

Er zog sein Schwert zurück, durch das weiche Fleisch Battousais, Blut spritze während auch der Wolf einige Schritte zurücktaumelte – der Junge hatte ihm trotz allem noch eine tiefe Wunde am Bein zugefügt. Zwischen ihnen färbte sich der Boden rot. Saito versuchte, den Schmerz auszublenden und drückte seine freie Hand auf die Wunde, während er den Jungen kritisch beäugte.
 

Battousais Verletzung sah übel aus. Er stand am Rand des Flusses, schwankte leicht. Sein Atem kam nur noch stoßweise, seine linke Hand presste er auf die Schulterwunde. Er taumelte, seine Augen vor Schock weit geöffnet, ins leere blickend, abwesend… er blinzelte. Einmal. Zweimal. Schüttelte den Kopf, um wieder zu sich zu kommen. Dann hob er langsam den Kopf. Sein Blick war entschlossen, seine Augen glitzerten. Er war bereit und nichts würde ihn jetzt noch zurückhalten.
 

**
 

1865
 

Kenshins Bewegungen wurden trotz all seinen Verletzungen immer schneller, seine Schläge sicherer. Er hatte es noch nicht erlaubt, sich dem Hitokiri in sich komplett hinzugeben, aber er spürte, wie er sich ihm mehr und mehr annäherte. Zumindest vermutete er, dass diese Seite in ihm es war, welche ihm jetzt die nötige Kraft verlieh, weiterzukämpfen. Er wusste nicht, für wie lange das so weitergehen würde, aber er hoffte, dass er nur noch ein paar Minuten überstehen musste. Nur so lange, bis sie auf der Brücke waren. Und dann würde er sicherlich irgendwie nach Hause gelangen.
 

Es musste funktionieren, dachte er verzweifelt, während er einem weiteren Gatotsu auswich. Es MUSSTE einfach…
 

Sein Schwert schnitt geräuschlos durch das Mondlicht, reflektierte kleine, weiße Blitze auf den Winterboden. Er schaffte es Saito direkt an der Brust eine Wunde zuzufügen. Dies warf den ehemaligen Shinsengumi-Anführer kurz zurück. Kenshin hielt inne, irritiert, dass seinem Schlag kein spritzendes Blut folgte, bevor er mit Erschütterung feststellte, dass er darauf gewartet hatte. Er schüttelte kurz den Kopf, versuchte, seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bringen. „Ich darf es nicht zu weit gehen lassen…“
 

Er steckte sein Schwert wieder ein und machte sich in Battoujutsu-Stellung für einen weiteren Defensivschlag bereit. Seine Hand rutschte zu seiner Hüfte, vorbei an dem Griff seines Sakabatous, hin zu dem des Wakizashi. Seine Finger hatten gerade die tödliche Klinge gepackt, als er merkte, was genau er unterbewusst vorgehabt hatte. Mit Gewalt zwang er seine Hand zum Sakabatou und ließ den Griff des Wakizashi los, als ob er glühend heiß gewesen wäre.
 

Sein Wille näherte sich zusehends einem tiefen, schwarzen Abgrund. Mit jeder Attacke wurde es für ihn schwieriger, sich nicht fallen zu lassen. Er wandelte auf dem Rand einer gefährlichen Klippe, doch noch hatte sein Verstand die Kontrolle. Doch für wie lange noch?
 

Saito war schon wieder in einen Angriff übergegangen. Kenshin, der so mit seinem inneren Kampf beschäftigt gewesen war, merkte es erst, als es zu spät war. Er schaffte gerade noch, sein Schwert so weit hochzureißen, dass er nicht mehr tödlich getroffen wurde. Doch er strauchelte, der Fluss war jetzt in seinem Rücken, das Ufer war glitschig, seine Füße rutschten.
 

Der Wolf reagierte ohne eine Sekunde des Zögerns. Während Kenshin noch versuchte, seine Balance wiederzufinden, stieß er erneut nach vorne, kraftvoll genug, um dem rothaarigen Kämpfer den Halt zu nehmen. Ohne sich abfangen zu können, fiel dieser rücklings in den Fluss. Kaltes Wasser schlug über seinem Kopf zusammen, verschwommen sah er über sich am Ufer den Wolf stehen. Er schluckte Wasser, versuchte, irgendwie zu schwimmen. Doch seine Arme hatte jetzt endgültig die Kraft verlassen, das eiskalte Wasser lähmte jede Bewegung – alles, was er tun konnte, war nach unten zu sinken.
 

Das war es also.

Es war vorbei… und er hatte verloren.
 

„Kaoru…“
 

Das war Kenshins letzter Gedanke, bevor alles um ihn herum dunkel wurde.
 

**
 

1978
 

„Kenshin!“
 

Der Schrei ertönte aus dem Nichts.
 

Battousai wandte sich um und sah Kaoru, die auf ihn zurannte. Sano war kurz dahinter.

„Was tun die beiden hier?“ Das Herz des Jungen setzte einen Schlag aus. „Wollen die sich hier töten lassen? Ich kann sie nicht beschützen, nicht jetzt. Es wird so enden wie in Otsu!“
 

„Jou-chan!“
 

Kaoru ignorierte Sanosukes warnenden Ruf und rannte weiter.

Saito hatte sich nicht umgewandt, als er ihre Stimmen gehört hatte. Kaorus Stimme war genau die Ablenkung, auf die er gewartet hatte. Battousai hatte kurz die Konzentration verloren. Ohne Zögern schoss er nach vorne, alle Verwundungen ignorierend.
 

Der Junge reagierte zu spät. Sein Schwert war nur halbherzig gezogen, als Saito ihn schon erreicht hatte und ihn mit einem Stoß in den Fluss hineinstieß. So wie er es vor 13 Jahren schon einmal getan hatte.
 

Kaoru schrie. Und es hörte sich auch so an, als ob Sanosuke seinen Namen rief. Doch Battousai tauchte nun unter Wasser, war geschockt von so viel Kälte, unfähig, sich richtig zu bewegen, geschweige denn, zu schwimmen. Die Wellen über ihm überdeckte alle Geräusche.
 

„Es tut mir leid…“
 

Er fühlte, wie er tiefer und tiefer sank. Kaltes Wasser lief ihm in die Nase, er spürte es in seinem Hals.
 

„Es tut mir so leid… ich werde euch nun doch nicht wieder in der Meijizeit treffen…“

Er dachte an das Mädchen, dass ihm nicht nur etwas in der Zukunft bedeutete.
 

„Kaoru…“
 

***
 

So, nur noch wenige Kapitel trennen uns von der Vollendung^^



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