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Out of Time

In der falschen Zeit!
von

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Enthüllungen

War das nicht mal ein schnelle Update? Lobt mich!!!
 

Battousai wird mit seinem Meister konfrontiert. Währenddessen ist Sano auf der Suche nach ihm. Und auch von Kenshin hat schon jemand die Spur aufgenommen...

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Out of Time

Kapitel 17 – Enthüllungen
 

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1865
 

Kenshin war sich zuerst nicht sicher, was ihn aus seinem – Gott sei Dank - traumlosem Schlaf geweckt hatte. Aber als er seine Augen öffnete, sah er überrascht, dass die Sonne schon tief am Himmel stand. Er hatte fast den ganzen Tag verschlafen. Müde rieb er sich die Augen während er versuchte, vollständig wach zu werden. Dann erst hörte Kenshin das Klopfen an seiner Tür. Das musste wohl das Geräusch gewesen sein, dass ihn vorhin aufgeweckt hatte. Er streckte sich und sofort durchschoss ein pochender Schmerz seine Schulter.
 

“Himura-san?“ kam eine sanfte Stimme von der anderen Seite der Tür. Okami.

Kenshin zuckte zusammen, denn er wusste, dass sie nicht länger freundlich sein würde, wenn sie erst bemerkt hätte, dass er seine Wunden so gut wie gar nicht gepflegt hatte.
 

„Bist du wach, Himura-san?“
 

Er unterdrückte seine Bedenken und ein Gähnen und stand auf. „Ich bin wach, Okami-dono. Bitte kommt herein.“

Die Tür wurde aufgeschoben und eine ältere Frau mit einem Korb voller Verbandssachen trat ein. Nozomi folgte ihr mit einem Tablett Essen. Ihre Augen blieben auf den Fußboden geheftet und ihre Wangen waren leicht gerötet.
 

Okamis fasste augenblicklich Kenshins bandagierte Schulter ins Auge, wo das Blut schon durch die Verbände bis zum Stoff des Gis durchgesickert war. Sie seufzte laut.

„Ich habe mir schon gedacht, dass du meinen Anweisungen nicht folgst, Himura-san,” sagte sie kopfschütteln. Sie befahl Nozomi, dass Essen am Boden abzusetzen.

Das Mädchen tat wie geheißen und verließ dann eilig den Raum.
 

„So,“ fuhr Okami fort, „dann lass mich deine Wunde mal anschauen. Bitte setz dich, Himura-san.“

Kenshin zog vorsichtig seinen Gi aus und setzte sich in die Mitte des Raumes. Sie kniete sich neben ihm und löste den Verband an seiner Seite. „Nicht schlecht,“ murmelte sie, während sie die alten Bandagen weglegte und die Wunde inspizierte. „Die Verletzung heilt schneller als ich gedacht hatte. Du hast Glück gehabt, es war ein sauberer Schnitt.“

Sie strich eine frische Salbe auf die Wunde und verband sie neu. Danach wandte sie sich der verletzten Schulter zu. Dieses Mal blieb Kenshin nicht so ruhig. Aus ihrem Augenwinkel sah sie ihn schon bei einer leichten Berührung zusammenzucken.
 

“Wie fühlt sich diese Wunde an, Himura-san?” fragte sie vorsichtig.

„Fühlen?“ Er hielt einen Moment inne und überlegte. “Sie fühlt sich normal an, denke ich. Nicht anders wie die sonstigen Verletzungen, die ich schon hatte. Warum?“

„Wie fühlt es sich an, wenn du deinen Arm bewegst?“

„Es tut weh,“ gab Kenshin zu. „Aber wie ihr schon gesagt habt, es ist eine tiefe Wunde. Ich erwarte also nichts anderes. Warum diese Frage, Okami-dono?“
 

Sie seufzte. „Die Schulterverletzung ist nicht gut geheilt. Ich habe Angst, dass sie sich vielleicht entzünden könnte. Die Haut um den Schnitt herum ist ganz gerötet, noch mehr wie gestern Nacht. Du solltest wirklich einen Doktor besuchen, Himura-san. Ich kann dir bei einer Infektion nicht mehr weiterhelfen.“
 

„Verstehe. Allerdings würde ich momentan lieber keinen Doktor...“

“Es könnte noch schlimmer werden!”

Kenshin nickte. “Ich weiß. Aber wenn mir der Arzt Schmerzmittel gibt, kann ich mich nicht mehr richtig konzentrieren. Das kann ich mir nicht erlauben.“

Die Frau schüttelte den Kopf. „Wenn es sich entzündet, verlierst du vielleicht deinen Arm. Erzähl mir nicht, dass du dir DAS erlauben kannst.“

Kenshin antwortete nicht. Okami verarztete die Wunde vorsichtig weiter.

„Himura-san,“ sagte sie nach einer Weile leise, während sie frische Verbände um die Schulter wickelte. „Schau mich bitte an.“
 

Kenshin wandte sich zu ihr um. „Was ist, Okami-dono?“

Doch sie antwortete nicht, sah ihn nur zurückgelehnt einige Sekunden lang an. Dann nahm sie – sehr zu Kenshins Überraschung – sein Kinn sanft in ihre Hand und hob seinen Kopf an, um ihm genau ins Gesicht schauen zu können.

Er blinzelte sie verwirrt an, während sie ihn wieder losließ und verwirrt den Kopf schüttelte. „Wenn du nicht diese Narbe hättest...“ Ihre Stimme verlor sich.
 

Seine Augen weiteten sich. „Okami-dono?“

Sie sah ihm in die Augen. „Wenn du die Narben nicht hättest, Himura-san... die in deinem Gesicht und die anderen an deinem Körper, die ich kenne, dann... würde ich es nicht glauben.“

Er starrte sie an. „Was glauben?“

„Du hast Narben, die ich noch nie gesehen habe, Himura-san,“ erklärte Okami verwirrt. „Und die sind nicht neu. Außerdem...“ Sie lächelte ihn schwach an. „...du hast nicht mehr das Gesicht eines Kindes. Du hast viel durchgemacht, das weiß ich. Aber Sorgenfalten vertiefen sich weniger durch Stress als durch fortschreitende Zeit.“
 

Kenshin öffnete den Mund, um irgendwas zu sagen, doch sie hielt ihm ihren Finger davor und brachte ihn so zum Schweigen. „Ich will nichts hören, warum oder was, nichts. Ich will nur wissen, ob meine Vermutung richtig ist. Das ist alles.“

Kenshin schaffte es, zu lächeln während er seinen Gi wieder anzog. „Um ehrlich zu sein, habe ich mich gefragt, ob ihr es nicht schon letzte Nacht entdeckt habt,“ antwortete er. „Ich war mir sicher, aber ihr habt bis jetzt noch nichts gesagt.“

„Ich war mir nicht sicher. Es kam mir komisch vor, aber du hattest Schmerzen und ich war so beschäftigt, mich um die Schulter zu sorgen...“

Er nickte. „Ihr und Katsura seid die einzigen, die Bescheid wissen. Ich wünsche mir, dass das auch so bleibt.“

„Natürlich, Himura-san,“ bekräftigte Okami. „Ich mische mich in nichts ein. Aber früher oder später wird es auch Anderen auffallen.“
 

Der Rotschopf sah sie traurig an. „Wahrscheinlich nicht. Viele schauen mir ja nicht mal ins Gesicht. Wie, denkt ihr, können sie die Veränderungen an mir sehen, wenn sie krampfhaft versuchen, mich gar nicht zu sehen?! Ich war ein schattengleicher Attentäter, Okami-dono. Viele der Männer wünschen sich immer noch, dass ich nur ein Schatten wäre.“
 

Sie verbeugte sich und stand auf, den Korb mit Verbandssachen in ihren Händen. „Vielleicht hast du recht, Himura-san. Ich weiß nicht. Ich betreibe nur diesen Gasthof und beobachte die Männer tag ein und tag aus. Woher sollte ICH also IRGENDETWAS wissen, hmmmm?“

Kenshin lächelte sie an. „Wahrscheinlich wisst ihr mehr, als ich,“ gab er mit einem leichten Lachen in der Stimme zu.

Sie sah ihn an, ihre Augen voller Wärme. „Es ist schön, dich wieder lächeln zu sehen, Himura-san. Es ist lange her, seit dem letzten Mal. Ich dachte, dass du es vielleicht verlernt hättest. Und ich freue mich auch, dass du noch lebst. Ich hatte schon Angst, was wohl aus einem Kind werden wird, dass zum töten gezwungen wird. Es scheint, dass aus dir ein feiner Mann geworden ist. Ich freue mich für dich.“
 

Kenshin schaute sie stumm und mit tellergroßen Augen an.
 

Sie drehte sich lächelnd um. „Ich wünsche dir guten Appetit, Himura-san,“ nickte sie in Richtung des Tabletts am Boden und verließ dann den Raum.
 

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Harada Sanosuke saß alleine in seinem Zimmer und brütete über einem Stadtplan von Kyoto. Tintenkreuze waren auf all den Orten eingezeichnet, an denen Battousai gesichtet worden war. Schon seit zwei Stunden starrte er jetzt auf dieses Muster und hoffte, es zu entschlüsseln. Vielleicht gab es ja Hinweise auf einen Ort, um den sich die Kreuze gruppierten? Oder vielleicht sogar ein System? Aber alles schien ihm nach wie vor willkürlich. Battousai war nur dort, wo er eben gerade gebraucht wurde. Das war alles.
 

Er durchlöcherte die Karte mit seinen Blicken. Er hatte Befehl von Kondo erhalten, Battousai so schnell wie möglich aufzuspüren. Der Anti-Attentäter war augenscheinlich schon damit beschäftigt, Hitokiri Shishio zu verfolgen. Es würde sich nur noch um Tage handeln, bevor die beiden aufeinander treffen mussten. Dass bedeutete, dass auch er, Harada, innerhalb weniger Tage Erfolg haben musste. Es gab keine Zeit für Fehler.
 

Aber es gab auch kein MUSTER! Wie sollte er dann Hitokiri Battousai mit dieser dämlichen Karte ausfindig machen können?!
 

„Probleme, Sanosuke?“
 

Haradas Kopf schoss hoch und blickte dem Anführer der Dritten Einheit entgegen, der lässig in der Tür lehnte.
 

„Was willst du, Hajime?“
 

Saito grinste schief und betrat den Raum. „Eigentlich nichts. Du hast nur so konzentriert ausgesehen, dass ich dachte, du könntest in Schwierigkeiten stecken.“

Harada funkelte wieder die Karte an, das fand er besser, als den Schwertmann direkt neben ihm ins Auge fassen zu müssen. „Wie jagt man einen Schatten-Attentäter, Hajime? Seine Angriffe haben keinerlei Muster. Er hinterlässt kaum Überlebende. Niemals eine Blutspur. Selbst wenn ich eine ganze Einheit auf die Strasse schicke, dann finden sie nicht mal ein rotes Haar von ihm, wenn er es nicht will.“
 

Saito beäugte die Karte. „Erwartest du wirklich, Battousai würde dir ein nettes, kleines Muster hinterlassen? Warum nicht gleich eine Spur von Brotkrumen?“
 

Der Anführer der zehnten Einheit rümpfte beleidigt die Nase. Saito ließ sich davon nicht abschrecken.

„Du bist Battousai noch nie begegnet, deswegen ein Ratschlag von mir, Sanosuke.“ Der große Wolf lehnte sich vor und verschmälerte die Augen. „Unterschätze ihn niemals. Es wäre das letzte, was du in diesem Leben tust. Wenn das denn der echte Battousai ist, den du jagst.“
 

„Glaubst du immer noch an, dass es einen falschen Battousai geben könnte?“
 

Saito zuckte die Achseln. „Es hat keine Bedeutung, was ICH glaube. ICH bin ja nicht derjenige, der ihn aufspüren muss, oder?“

Harada klatschte die Hand auf die Karte. „Warum bist du hergekommen, Saito?“ fragte er wütend.

Der Wolf grinste zynisch. „Ich will beweisen, dass ich recht habe. Ich will zudem wissen, wer GENAU dieser zweite Battousai wirklich ist. Wenn du den echten Battousai aufspürst, dann warne ich dich vor seinen zwei Hauptangriffen. Natürlich benutzt er meistens eine Battoujutsu-Attacke. Versuche nicht, ihm mit Schnelligkeit zu besiegen und beobachte seine linke Hand mit der Schwertscheide. Falls er, zweitens, verschwinden sollte, dann kommt er wahrscheinlich von oben, also schütze deinen Kopf und deinen Rücken.“
 

„Von oben?“
 

„Die Technik heißt Ryu Tsui Sen. Er greift aus der Luft an – wenn du diesen Angriff nicht rechtzeitig durchschaust, dann schaust du danach gar nichts mehr.“ Seine Augen verdunkelten sich. „Das war alles. Bitte tu mir einen Gefallen.“
 

Harada verengte die Augen. „Was?“

„Beobachte ihn für mich, Harada. Lass mich wissen, wie er kämpft. Wie er angreift.“ Saito hielt kurz inne. „WENN er überhaupt angreift.“
 

„Ich muss dir über nichts Bericht erstatten, Saito,“ schnauzte Harada.
 

Saito lächelte kalt und bescherte dem anderen Mann damit eine Gänsehaut. „Natürlich MUSST du nichts. Aber Kondo-san hat ausdrücklich gewünscht, dass du ihm Bescheid gibst, ob es sich um den echten Battousai handelt oder nicht. Und da niemand von uns je einen Kampf mit Battousai überlebt hat außer mir selbst und Okita, wirst du wohl einen von uns beiden um Bestätigung fragen müssen...“
 

Harada antwortete nicht.

Saito grinste und deutete auf der Karte an einen Ort nahe dem Stadtrand. „Letzte Nacht habe ich mit ihm in dieser Gegend gekämpft. Ich glaube nicht, dass er zu der Gruppe gehörte, die wir verfolgt haben. Er war alleine unterwegs. Wenn ICH diese Mission bekommen hätte, dann würde ich an dieser Stelle anfangen zu suchen.“
 

Er drehte sich um und war schon dabei, das Zimmer zu verlassen, als er in der Tür noch einmal kurz stehen blieb. „Vielleicht hat Battousai ja dort etwas gesucht...?“
 

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1878
 

Sagara Sanosuke lief ziellos durch die Strassen von Kyoto und hoffte gegen seine es besser wissende Vernunft, dass er seinen rothaarigen Freund irgendwo entdecken würde. Sano wusste nicht einmal, wo er suchen sollte, er war nur wenige Male in Kyoto gewesen und wenn, dann meistens in irgendwelchen Restaurants. Keine Orte, an denen Battousai häufig anzutreffen wäre. Der einzige Ort aus Kenshins Vergangenheit, den Sano kannte, war der alte Gasthof, zu dem Battousai in seiner ersten Nacht in Kyoto geeilt war. Aber der Kämpfer wusste nicht einmal mehr, wo genau das gewesen war.
 

Vor Frustration knirschte er mit den Zähnen. „Warum musst du auch einfach so verschwinden, Junge?“ grummelte er und befreite sich so von der Stille der stummen Gassen. Irgendwas an diesen wie tot daliegenden Strassen beunruhigte ihn. Vor allem diese Strassen hier am Rande der Stadt. Hier wurden die Hingerichteten ausgestellt.
 

Sein Gesicht verfinsterte sich.

Oder, in einigen Fällen, nur die Köpfe der Hingerichteten. Sano verschnellerte seine Schritte und heftete seine Augen auf die Strasse. Er hatte eine ungefähre Ahnung, wo er gerade war. Hier in der Nähe musste damals auch der Kopf von seinem Kommandanten Sagara ausgestellt worden sein.
 

Sano blieb plötzlich stehen, als die Wellen zehn Jahre alter Erinnerungen über ihn hereinbrachen. Er hatte nach der Zerschlagung der Sekihou-tai diese Stelle eine Woche lang jeden Tag aufgesucht. Er hatte nicht gewusst, was er sonst hätte tun sollen. Er war damals nur ein Kind gewesen, plötzlich ganz allein auf der Welt. Zu schwach, um zusammen mit seinem Kommandanten zu kämpfen und ihn zu beschützen. Zu schwach, um sich selbst richtig zu schützen.
 

Er erinnerte sich an die Stimme, die ihn sonst nur in seinen Albträumen heimsuchte. Vorwurfsvoll wisperte sie dann immer, „was wäre wenn?... hätte Kommandant Sagara vielleicht überlebt, wenn er sich damals nicht entschieden hätte, ihn zu beschützen?“

Sano erzitterte. Vor ihm sah er die Brücken. „Kein Wunder,“ dachte er, „dass ich mich damals vor Schuld fast umgebracht hätte.“
 

Was hatte ihn damals überhaupt noch mit dem Leben verbunden?
 

Erst als Sano die Brücke betreten hatte, bemerkte er, wo genau er wirklich war. Er blinzelte und vergewisserte sich, dass alles um ihn herum wirklich real war. Es war die selbe Brücke, von der er zusammen mit Kenshin in den Fluss gefallen war.

Und... die SELBE Brücke, auf der ihm vor zehn Jahren der tödlichste aller Hitokiri des Bakumatsu das Leben gerettet hatte. Sano lehnte sich an das Geländer und schloss die Augen.
 

„Hat das hier irgendwas zu bedeuten?“ überlegte er. „Warum der selbe Ort? Ist das Zufall, dass du mich damals auch hier gerettet hast?“

Sano lächelte grimmig. „Und wie hab ich dir das heimgezahlt? Ich hab dich mit in den Fluss gestoßen. Kenshin... bist du jetzt vielleicht auch in einer anderen Zeit gestrandet?“

Seine Augen sprangen plötzlich auf und nackte Angst ergriff von ihm Besitz. „Oh mein Gott... bist du... bist du vielleicht DAMALS wieder aufgetaucht?“
 

Sano schlug mit der Faust gegen das Geländer, das knarrend aufächzte. „Verdammt,“ fluchte er wütend, „ich bin so ein Idiot. Wenn Battousai hier ist, dann musst DU seine Stelle eingenommen haben. Ich bedanke mich für alles, was du für mich getan hast, indem ich dich zurück in die Hölle stoße.“
 

Sano biss die Zähne zusammen und schaute auf in die eisigen Fluten des Flusses. Ein kalter Wind wehte Wolkenfetzen am hellen Mond vorbei.

„Warum? Egal, wie alt ich werde, egal wie stark. Irgendwie bringe ich immer die Leute, die mir am wichtigsten sind, in Schwierigkeiten.

Es tut mir leid, Kenshin. Wenn du aus der Sache wieder lebend zurückkommst, dann, bei Gott, werde ich nie mehr eine Dummheit anstellen,“ flüsterte er, seine Augen verhärteten sich. „Bis dahin werde ich Battousai mit meinem Leben beschützen. Ich werde nicht zulassen, dass ihm unter meiner Obhut etwas zustößt.“ Er sah auf in den bewölkten Nachthimmel. „Hörst du mich, Kenshin?“ rief er laut. „Ich kümmer’ mich hier um alles! Sorg du nur dafür, dass du wieder nach Hause kommst. Ich würde es mir nie vergeben, wenn du nicht mehr zurückkehrst.“
 

Die einzige Antwort, die Sano erhielt, war das dumpfe Rauschen des Flusses.

Sano ballte die Fäuste. „Ich werde nicht noch einen Freund an diese verdammte Revolution verlieren.“
 

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Hiko hatte das kleine Sakeschälchen schon seit einer Weile nicht mehr angerührt, denn der einzige Weg, den Alkohol, den er jetzt brauchte, zu bekommen, war, ihn direkt aus dem Krug zu trinken. Battousai nippte unterdessen noch an seinem ersten Schälchen. Er sah überall hin, nur nicht zu seinem Shishou.
 

Hiko studierte seinen Baka Deshi näher. Äußerlich hatte er sich nicht groß verändert. Die gleichen roten Haare und die schlanke Form. Doch wenn man ihn näher ansah, war klar, dass er zu jung war, um der Rurouni sein zu können. Aber WER würde schon auf den Gedanken kommen, SO genau hinzuschauen? Der Schwertmeister seufzte. Zur Hölle, ER selbst hätte den Unterschied nicht bemerkt, wenn ihm nicht plötzlich die seltsamem Begebenheit vor dreizehn Jahren eingefallen wäre... damals hatte er sich in einer ähnlichen Situation befunden. Nur mit einem anderen Kenshin. Er trank einen tiefen Schluck. Damals war ihm alles irgendwie einfacher vorgekommen.
 

Das Problem hier, so hatte Hiko festgestellt, war, dass er jetzt das ganze Ausmaß dessen sah, was die Revolution aus seinem Schüler gemacht hatte. Er hatte bisher nicht realisiert, dass Kenshin so tief abgestürzt war, selbst als Battousai. Er hatte zwar Angst gehabt, dass es passieren könnte, aber als sein Baka Deshi vor Monaten zu ihm zurückgekehrt war, um sein Training zu vollenden, wirkte er in Ordnung. Natürlich labil, aber nichts war so schlimm zerstört, dass man es nicht reparieren hätte können. Es war Hiko bisher noch nicht gedämmert, dass Kenshin zehn Jahre der Wanderschaft gebraucht hatte, um überhaupt an diesen Punkt zu kommen.
 

Hiko funkelte zuerst seinen Sake-Krug und dann den Rotschopf an, während er überlegte, wie er jetzt weitermachen konnte. Kenshin hatte schon immer nur unter Druck seine Höchstform erreicht. Ihn erschrecken oder wütend machen... selbst ein bisschen verletzten... das hatte in der Vergangenheit immer funktioniert. Damit hatte er den verwirrten Jungen davon abhalten können, sich zu sehr in sich selbst zurückzuziehen. Und damit hatte er den Teenager zu immer neuen Höchstleistungen fordern können.
 

Hier würde das jetzt nicht funktionieren. Battousai war offensichtlich schon an der Grenze seiner Belastbarkeit angelangt. Mehr Druck würde ihn zerstören und so brutal Hiko auch oft wirkte, er kümmerte sich trotz allem um Kenshins Wohl.
 

Irgendwie musste er zu dem Jungen durchdringen, ohne ihn zu verletzten. Hikos Gesicht verfinsterte sich. Dieses Gebiet war Neuland für ihn.
 

Ohne Vorwarnung stelle Battousai sein Schälchen plötzlich ab und wollte aufstehen. „Ich sollte gehen,“ sprach er mit ausdrucksloser Stimme.
 

„Was?“ Aus seinen Gedanken gerissen stellte Hiko den Krug auf den Boden.

Der Junge starrte in seine Hände. „Ihr habt mich die letzten zehn Minuten nur wütend angeschaut. Ich habe eure Zeit genug verschwendet. Ich gehe. Entschuldigt meine Störung, Shishou.“ Er stand auf seinen Beinen.
 

„Setz dich!“, brummte Hiko und verbarg seine Überraschung hinter zusammengezogenen Brauen.

„Wie?“ Battousai sah ihn endlich an.

Hiko nutzte diese Gelegenheit, um ihn WIRKLICH wütend anzuschauen. „Ich sagte, setz dich! Ich bin noch nicht mit dir fertig.“
 

Battousai fiel zurück auf seine Knie, sein Blick war argwöhnisch. „ICH wäre nicht gekommen. Ich hätte mit Katsura-san gesprochen, wenn er noch leben würde,“ fing Battousai an, nicht sicher, was er eigentlich sagen wollte. „Aber mit euch-...“

„Halt den Mund, baka,“ schnappte Hiko. „Sehen wir zu, wie wir dich wieder nach Hause bringen, dann brauchst du nicht in Kyoto herum lungern und dich von jeder Brücke werfen.“
 

Battousai sah den älteren Mann scharf an, erntete aber nur ein zynisches Grinsen.

„Fangen wir mit dem Offensichtlichen an. Irgendeine Idee, wie du hierher gekommen bist?“ fragte Hiko.
 

„Nein.“ Die Stimme des Jungen war kalt und emotionslos.

„Gut. Dann vielleicht eine Idee, warum?“
 

„Nein.“
 

Hiko nahm einen tiefen Schluck aus seinem Krug. „So, das heißt, du siehst keinerlei Sinn und Zweck bei diesem Vorfall?“
 

„Nein.“
 

Hiko hob eine Augenbraue. „Kennst du auch ein anderes Wort außer Nein? Oder hat die Revolution dein Vokabular dermaßen eingeschränkt?“
 

Battousai verschloss sich augenblicklich noch mehr und Hiko trat sich gedanklich in den Hintern. „Toll, Seijuro. Warum nicht alles dafür tun, dass der Junge noch mehr Mauern um sich herum baut...“
 

Er änderte seine Taktik, irritiert, dass sein Baka Deshi so stur war. Natürlich, wann hatte Kenshin schon wirklich mit ihm kooperiert?

„Hör mir zu, baka... Ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht hilfst. Ich war ja nicht dabei, als diese ganze Sache passier ist.“ Er grinste. „Außerdem weiß ich, dass du gerne von mir wegwillst, also seh es doch einmal auf die Art und Weise: Je mehr wir herausfinden, desto eher bist du weg. Also, noch einmal... gibt es vielleicht irgendeinen Grund für diese Zeitreise?“
 

„Ich sagte es schon einmal: Nein!“, schnauzte Battousai. „Hier ist nicht der richtige Ort für mich. Nirgendwo... ist der richtige Ort für mich,“ murmelte er. „Also, was für einen GRUND könnte das Ganze dann haben?“
 

Beide Männer waren still. Der Junge trank erneut aus seinem Sakeschälchen. Hiko starrte in seinen Krug und war abermals frustriert, dass er es nicht schaffte, zu seinem baka deshi durchzudringen.
 

„Du hast hier Freunde, weißt du,“ begann er nach einer Weile erneut, fühlte sich dabei aber ziemlich unwohl. Mit einem wütenden Jungen konnte er umgehen, aber mit einem depressiven?

„Hör auf, zu denken, dass es für dich keinen GRUND zu leben gibt.“
 

„Ich habe nichts,“ sagte Battousai leise. „Diese Freunde hier sind nicht MEINE. Es sind SEINE. Und ich halte ihn davon ab, bei ihnen zu sein.“

„Was schwafelst du da?“

Der Rotschopf sah wütend darüber aus, dass er alles erklären musste. „Er ist verschwunden, als ich hier ankam. Also nehme ich an, dass er meine Stelle bei Katsura-san eingenommen hat. Er ist jetzt dort, wo ICH sein sollte. So lange ich hier bin, kann er nicht bei seinen Freunden sein. Sobald sie das auch erkennen, werden sie mich hassen. So wie die Lage jetzt ist, akzeptieren sie mich nur, weil sie mich immer noch für IHN halten.“
 

„DU bist ER,“ erklärte Hiko. „Ihr seid eine Person, baka. Es sind also auch DEINE Freunde. Unterschätze sie nicht, sie sind nicht so dumm, wie sie aussehen. Vor allem das Mädchen sorgt sich genug um dich, dass sie...“

„Sie sorgt sich nicht um MICH. Sie liebt IHN!“ explodierte es plötzlich aus dem Jungen hinaus. Überrascht, verschluckte sich Hiko fast. „Sie liebt eine Person, die ich vielleicht einmal werden könnte.“ Frustriert sah der Hitokiri weg.

„Ich weiß nicht, wer ER überhaupt ist. Wie kann ich eine Person sein, die ich selbst überhaupt nicht kenne?“
 

Hiko schloss seine Augen vor dem Schmerz, der dem Jungen jetzt ganz offensichtlich im Gesicht geschrieben stand. Doch auch durch die Lider hindurch fühlte er Kenshins Ki. Es war kalte Leere.

„Du willst wissen, was für eine Person er ist?“ wiederholte Hiko ruhig.

Er öffnete seine Augen und warf dem Jungen einen abschätzenden Blick zu. „Er ist ein guter Mann,“ antwortete er sanft.

Sein Baka Deshi starrte ihn mit offenem Mund an.
 

“Er ist ein Baka,” fuhr Hiko fort, “der durch die Gegend zieht und Menschen rettet, selbst, wenn er sich dadurch in Lebensgefahr begibt. Weil er in seinem Dickschädel den Gedanken mit sich herumträgt, dass er allein Japan besser machen kann. Er ist zu stur um auf Leute wie mich zu hören, die es besser wissen. Und nur um mich zu ärgern, bekräftigt er seinen Idealismus noch. Er verhält sich sehr wie ein gewisser Junge, den ich einmal kannte. Ein Baka mit einem guten Herzen. Das ist ER. Das bist DU.“
 

Battousai wollte ihn nicht anschauen. War das wirklich, wie sein Shishou ihn sah? War es möglich, dass er ihn vielleicht sogar ein bisschen respektierte?

„So, ich bin also immer noch ein Baka,“ murmelte er laut, während er seine Gedanken zu sortieren versuchte. „Klingt ja toll.“
 

Hiko schnaufte. „Baka ist kein böses Wort. Selbst große Männer können Bakas sein.” Er grinste. „Verdammt, ich war ein Baka, als ich dich vor den Banditen gerettet habe – all die Männer habe ich getötet um einen kleinen Jungen zu retten, den ich nicht mal kannte.“

Sofort bemerkte Hiko, dass er gerade das falsche gesagt hatte. Irgendetwas verschloss sich hinter den Augen des Jungen und das leere, verlorene Gefühl in seiner Ki intensivierte sich noch.
 

„Ihr hättet mich damals sterben lassen sollen,“ sagte der Jugendliche mit hohler Stimme. „Schaut nur, was ich angerichtet habe. Die Leben, die ich zerstört habe. Was für einen GRUND kann mein Leben haben, Shishou?“
 

Hikos Augenbrauen zogen sich zusammen. Das Gespräch hatte sich wieder rückwärts entwickelt. Es schien, dass all seine Worte nur bewirkt hatten, dass sich Battousai vor ihm zurückzog.

... Und sein letzter Kommentar hatte ihn anscheinend verletzt. Hiko hatte seinen eigenen Grund zu leben schon verloren, als er sehr jung war, lange bevor er den Jungen, Shinta, aufgenommen hatte. Er hatte den Glauben an seine Fähigkeiten verloren, hatte sich machtlos angesichts des Leidens um ihn herum gefühlt. Und auch wenn er es nie laut gesagt hatte - der Grund, ein neuer Sinn in seinem Leben, kniete hier vor ihm auf dem Fußboden.
 

„Was ist mit dir passiert?“ grummelte er. „Ich dachte du wärst stärker als das. Was ist mit dem Jungen passiert, den ich kannte – der eigenhändig die Sklavenhändler und Mörder begraben hat... weil am Ende alle nur Menschen sind?“ Für einen Moment verrutschte die sorgfältige Maske von Hiko Seijuro und in seinem Gesicht spiegelte sich ein unverfälschter Ausdruck von Schmerz.
 

Battousai sah weg, unfähig, die glühenden Augen seines Shishous anzublicken. Dieser Schmerz im Gesicht seines Meisters war zu viel für ihn. „Was ist gerade passiert,“ überlegte er, dass erste Mal in Sorge um den so mächtigen Schwertmeister. „Habe ich ihn bestürzt? Das verstehe ich nicht. Er hasst mich. Wie kann ich jemanden verletzen, der mich hasst?“
 

Hiko fuhr fort. „Was ist mit der Person passiert, die ich als würdig genug erachtete, mein Schüler zu werden?“ Seine sonst so harsche Stimme nahm einen weicheren Klang an.
 

„Ich habe ihn getötet.“ Battousais eigene Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.

„Kenshin...“

Battousai sah abrupt auf, seine Augen glühten bernsteinfarben. “Nennt mich nicht so,” herrschte er Hilko an, seine Stimme frostig. „Kenshin ist der Name eines Schwertkämpfers. Ich bin nur ein Mörder.“

Hiko war jetzt auf den Beinen, seine große Statur schien die ganze Hütte auszufüllen. Seine Wut entströmte ungebremst seinem Körper und der Junge fühlte es deutlich. Der Schwertkämpfer verengte die Augen und stellte mit tiefer und gefährlich klingender Stimme klar: „Ich habe dir den Namen gegeben und deswegen kann ich dich verdammt noch mal auch so nennen... Kenshin!“
 

Etwas in den Augen des Jungen wurde weicher, als er die Entrüstung seines Shishous fühlte. Er verbeugte sich tief und sah zum ersten Mal wirklich wieder wie der verletzte, verwirrte Junge aus, den Hiko zu seinem Schüler gemacht hatte.
 

„Es tut mir leid, Shishou,“ entschuldigte er sich leise. „Ich wollte nicht unhöflich sein. Ich war nicht ganz bei mir.“ Er sah wieder auf, seine Augen verhärteten sich erneut. „Wie auch immer, ich werde diesen Namen nicht zusammen mit mir zerstören. Ich habe eine Entscheidung getroffen, Shishou. Ich weiß, dass ihr es hasst und ich weiß, dass Ich euch dazu gebracht habe, mich dafür zu hassen, aber ich habe MICH dafür ENTSCHIEDEN, ein Hitokiri zu werden.“

Seine Augen blickten leer und unbestimmt geradeaus, als ob er in Gedanken Meilen entfernt wäre. „Ihr hattet recht,“ wisperte er. „Ich habe mich selbst als Mörder gebrandmarkt. Ich habe meine Seele zerrissen. Ich bin nicht mehr der Junge, den ihr kennt. Ich bin nicht Kenshin. Er war am Ende nur ein weiterer Schwertkämpfer, den ich getötet habe. Ich bin jetzt nur noch ein Mörder. Hitokiri Battousai. Nichts mehr.“
 

Er sah endlich zu Hilko auf. „Es tut mir Leid, Hiko-sama, dass ich euren Schüler getötet habe. Nennt mich ruhig einen Mörder. Aber beschmutzt nicht diesen Namen mit mir.“ Seine Stimme klang flehend und seine blauen Augen waren aufgerissen.
 

Die Maske war zerbrochen und ironischerweise sah Hiko jetzt genau SEINEN Kenshin zum ersten Mal an diesem Abend in den Augen des Jungen. Der Meister des Hiten Mitsurugi hatte bis zum heutigen Tag nicht gewusst, wie sehr Kenshin der Name, den er ihm gegeben hatte, am Herzen lag.
 

Battousai ließ seinen Kopf sinken und schloss die Augen, erschöpft wirkend wie ein kleines Kind.
 

Hiko ging vor ihm in die Knie und sprach ruppig, „nur ein Mörder?“ Er grinste spöttisch – aber ohne die sonst so übliche Arroganz. „Weißt du, wie viele ich als freies Schwert getötet habe? Mehr als Hitokiri Battousai es je für sich beanspruchen könnte.“ Er seufzte. „Du tötest für etwas, an das du glaubst. Deine Sünde war, dass du erlaubt hast, dass dich andere Menschen benutzen. Hiten Mitsurugi darf aber von niemandem benutzt werden. Ich konnte dir diesen Grundsatz nie beibringen. Aber ein Mörder...? Es bedeutet nichts, dass die Leute dich so nennen. Du bist nur dann ein Mörder, wenn du das auch von dir selber glaubst.“
 

Der Junge sah überrascht und fragend in das Gesicht seines Shishous.
 

„So,“ beendete dieser seinen Monolog, „am Ende liegt es also bei dir, Kenshin. Willst du ein Mörder sein, oder willst du jemand sein, der für eine bessere Welt kämpft? Du hast diese Frage schon selbst beantwortet... es ist DEINE Entscheidung.“
 

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wie wird es weitergehen? Ich kann nur sagen: Spannend. Denn Kenshin wird in einen neuen Kampf verwickelt. Und auch Battousai hat zu kämpfen... allerdings mit sich selbst...

Bis dahin,

...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  _Momo-chan_
2008-08-06T22:42:29+00:00 07.08.2008 00:42
wow ein schnelles upload. ich bin stolz auf dich XD
oje... hiko hat wohl doch nciht so pedagogische fähigkeiten. ein äußerst spannendes kapitel. es ist sehr interessant wie sich stück für stück die wahrheit über alles entfaltet. und ob kenshin wirklich noch der vagabund irgendwo ist? man darf gespannt sein, wie es weiter geht ^^


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