In your eyes von midoriyuki (~ andere Titelvorschläge?^-^) ================================================================================ Prolog: -------- Gelangweilt strich Lian eine Strähne seines schwarzen Haares aus dem Gesicht. Der Wind blies sie ihm jedoch sofort wieder in die Augen und resigniert ließ er sie nun einfach dort. So musste er nicht die komplette Trauergesellschaft sehen die um den Sarg aus hellem Holz und die bunten Blumenkränze herumstand. Eine entfernte Verwandte war gestorben und zu diesem Anlass hatte sich seine ganze Familie versammelt. Sein Vater stach wie immer dadurch hervor, dass er selbst bei einer Beerdigung die gewohnte Dominanz und Arroganz ausstrahlte. Ein abschätziger Blick streifte den silberhaarigen Hinterkopf seines Vaters, der grade damit begann eine Rede zu Ehren der Toten zu halten. Er wusste, dass sein Vater die Tote nicht gemocht hatte, doch jetzt hob er sie mit seinen Worten in den Himmel und lobte ihren wundervollen Charakter, während der Rest der Familie eine theatralisch schmerzverzerrte Mine aufsetzte oder tragisch schluchzend ein kleines Taschentuch unter die Augen drückte. Wie er sie alle hasste. Voller Scheinheiligkeit und um den guten Ruf der Familie zu wahren trauerten sie um jemanden den sie nie gemocht hatten. Er hatte nie Kontakt zu der verstorbenen Cousine seiner Großmutter, da sein Vater sie als schlechten Umgang betrachtete. Sie hatte nicht wie von der Familie vorgesehen einen reichen Fabrikanten geheiratet und war mit einem Angestellten ihres Vaters durchgebrannt. Sein Vater hatte befürchtet sie könnte ihn negativ beeinflussen und ihn deshalb von ihr fern gehalten, so wie auch der Rest der Familie sie gemieden hatte. Bei diesem Gedanken grinste er und schüttelte kaum merklich den Kopf, damit seine Haare sein selbstgefälliges Grinsen verbargen. Zwar hatte sein Vater alles versucht aus ihm einen anständigen Nachfolger zu machen doch das hatte bei weitem nicht so geklappt wie er es gerne gehabt hätte. Sein Äußeres war dabei der größte Dorn in den Augen seines Vaters. Seine schwarzen Haare trug er schulterlang, sein Lippenpiercing hatte ihm ein Freund gestochen als er grade einmal 13 war und seine Klamotten entsprachen ebenfalls nicht den Vorstellungen seines Erziehungsberechtigten. Schließlich konnte er seinen Geschäftspartnern keinen Jungen als seinen Nachfolger präsentieren der sich weigerte die schwarzen Röhrenjeans und seine Vans gegen Anzug und Krawatte einzutauschen. Lian lächelte immer noch zufrieden als er den Kopf wieder hob und sich umsah. Die Rede seines Vaters würde wohl noch länger dauern, das war er bereits gewohnt. Also beschäftigte er sich lieber damit seine Umgebung zu betrachten. Sie befanden sich auf einem neu angelegten Friedhof, der noch nicht den Reiz und die Ausstrahlung eines alten Friedhofs besaß, sondern unpersönlich und steril wirkte. Zwar waren bereits einige Bäume und Büsche gepflanzt worden, trotzdem fühlte Lian sich nicht wohl. Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung hinter einigen Büschen war und wandte seine Aufmerksamkeit demjenigen zu, der eine Abwechslung im endlosen Sermon seines Vaters versprach. Halb von einem der erst kürzlich gepflanzten Büsche verdeckt stand ein Junge der in etwa sein Alter hatte. Er stand im Halbprofil zu Emilian, sodass er ihn ungestört beobachten konnte. Seine Kleidung hatte bestimmt schon bessere Tage gesehen und er wirkte als würde er im kühlen Frühlingswind erbärmlich frieren, da er die Arme fest um seinen Oberkörper geschlungen hatte. Dadurch bemerkte Emilian, dass der Junge sehr dünn, wenn nicht sogar schon zu dünn war. Einige schwarze Strähnen des knapp über die Ohren reichenden Haares fielen ihm ins Gesicht und verbargen dieses somit zu Teil, dennoch konnte Lian sehen, dass er sich fest auf die Unterlippe biss. Zudem schienen ihm einige Tränen die blassen Wange hinunterzulaufen. Emilian zog die Augenbrauen zusammen. Wahrscheinlich hatte er erst kürzlich jemanden verloren, den er sehr geliebt hatte. Als müsste er sich vom Anblick des Grabes losreißen wischte sich der Junge plötzlich barsch mit dem Handrücken über die Augen und wandte sich zum gehen. Lian war zu überrascht gewesen um sofort wegzusehen und so sah er direkt in die noch vom Weinen geröteten Augen des Jungen. Schon seit einiger Zeit stand er jetzt hier. Der kalte Wind fuhr ihm immer wieder unter den bereits total ausgeleierten Pullover und jagte ihm eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken. Doch er spürte es kaum noch. Sein Blick hing unverwandt und unnatürlich leer auf dem fast weißen Grabstein auf dem die Namen seiner Eltern und seiner kleinen Schwester standen. Seit sie nicht mehr da waren ging alles schief. Er hatte sein Leben und sich selbst nicht mehr im Griff. Es war sein größter Wunsch seine Eltern und seine kleine Schwester wieder in den Arm nehmen zu können. Das hatte er früher viel zu selten gemacht. Aber jetzt war es zu spät. Dass er weinte merkte er nur dadurch, dass der Wind unangenehm kalte Streifen auf seinem Gesicht zurückließ. Das betrübte Gesicht seiner Schwester kam ihm in den Sinn als sie einmal mitbekommen hatte wie er sich weinend im Badezimmer verbarrikadiert hatte, nachdem er in der Schule verprügelt worden war. „ Du sollst nicht mehr so viel weinen…Ich mach mir doch dann Sorgen um dich! Also wein jetzt nicht mehr ja? Ich geb dir auch meinen Teddy dann geht’s dir bestimmt wieder besser!“ Es brachte nichts, wenn er hier vor dem Grab stand und vor sich hin weinte. Schließlich hatte er Alea damals versprochen nicht mehr zu weinen. Seine Augen brannten immer noch als er sich umdrehte um zu gehen und erst jetzt fiel ihm auf, dass nicht weit entfernt von ihm eine große Beerdigung stattfand bei der jemand gerade eine Rede hielt. Das interessierte ihn nicht weiter, doch bevor er seinen Blick vollständig abwandte blieb er an einem der Trauergäste hängen. Dieser starrte ihn unverwandt und mit offenem Mund an. Die eisblauen Augen seines Gegenübers brannten sich fast in die seinen. Hastig riss er den Kopf herum, zog die Kapuze seines schwarzen Pullis über den Kopf, da es leicht begonnne hatte zu regnen, und lief mit gesenktem Kopf auf die Ausgangspforte zu. Nicht jedoch ohne sich noch einmal schnell umzudrehen und den Jungen immer noch mit verblüfftem Gesichtsausdruck hinter den anderen Trauergästen und im Regen, den er gar nicht zu bemerken schien, stehend zu sehen. Erst als die schwere Pforte hinter ihm zugefallen war fasste Lian sich wieder. Er wusste nicht warum aber dieser abgerissen und verloren wirkende Junge hatte ihn vollkommen umgehauen. Als er ihn mit seinen schwarz geschminkten Augen angesehen hatte, lag so viel Trauer, Mut-und Hilflosigkeit in seinem Blick, dass es ihm für einen kurzen Moment fast den Magen umgedreht hatte. Er hatte ein wenig erschrocken ausgesehen als er dann ziemlich hastig zum Ausgang gelaufen war und trotzdem hatte er sich noch mal blitzschnell umgesehen als würde er wissen, dass er ihm immer noch hinterher starrte. Erst das Knallen des zufallenden Eisentores hatte ihn wieder in die Realität zurückgerissen. Verwirrt blinzelnd strich er sich einige der Regentropfen aus der Stirn damit sie ihm nicht in die Augen liefen und fragte sich wann es denn angefangen hatte zu regen, jedoch musste das schon ein wenig länger so sein, da alle Umstehenden bereits von irgendwoher Schirme hervorgeholt hatten, während sie auf ein nahe gelegenes Gasthaus zusteuerten, da die Beerdigung bereits beendet worden war, und er selbst völlig durchnässt war obwohl es nur ein leichter Fieselregen war. Kopfschüttelnd setzte auch er sich in Bewegung und hatte dabei immer noch das Bild des sich entfernenden Jungen vor Augen der im Regen so verloren gewirkt hatte. Kapitel 1: ----------- Seufzend lehnte Florian sich auf den Rücken seines noch am Tisch sitzenden Freundes und lehnte sein Kinn auf das dessen Kopf. „Lian ich hab keine Lust mehr…Können wir nicht einfach gehen?“ Lachend legte Lian den Kopf in den Nacken und sah seinem quengelnden besten Freund ins Gesicht. „Es ist grade mal die zweite Stunde und du willst schon abhauen? Das ist ja ein neuer Rekord!“ „Ist doch egal…Kommst du jetzt mit?“ Flo hatte sich seine Tasche bereits über die Schulter geworfen und stand abwartend vor Lian. Dieser nickte, packte seine Sachen und verließ gemeinsam mit Flo den Klassenraum. Wie immer trafen sie einige missbilligende, verständnislose und teilweise bedauernde Blicke von Seiten der Mädchen und bestätigendes Grinsen der Jungen als sie die Tür hinter sich schlossen. Sie waren den meisten Lehrern ein Dorn im Auge, da sie kamen und gingen wann sie wollten und trotzdem zu den Klassenbesten gehörten. Aus diesem Grund kamen sie bisher auch mit ihren Fehlstunden noch irgendwie über die Runden und riskierten es nicht irgendwelche Briefe für die Eltern zugeschickt zu bekommen. Als sie schließlich auf dem sonnenüberfluteten Schulhof standen streckte Flo sich genüsslich. „So lässt es sich doch leben. Gehen wir Eis essen?“ Seine pfauenblauen Haare glänzten mit seinen grünen Augen um die Wette und Lian wuschelte dem kleineren kurz durch die Haare während er grinsend nickte. „Klar können wir machen. Wo willst du denn hin?“ Empört brachte Flo seine Haare wieder in Ordnung und maulte noch ein bisschen in sich hinein ehe er seinem Freund antwortete. „Hinten am Bahnhof gibt’s son neues Eiscafe…und der Kellner da ist echt schnuckelig.“ „Ach daher weht der Wind! Du willst dir den Kellner klarmachen!“ Lachend warf Lian seinem Freund seine Jacke an den Kopf. Dieser fing sie geschickt auf und grinste ihn verschwörerisch an. „Ja aber mach mir das bloß nicht kaputt… Der ist echt der Wahnsinn.“ Seine Augen leuchteten und sein Blick schien in andere Sphären entrückt zu sein was Lian amüsiert beobachtete. Flo ging mit seiner Sexualität sehr offen um und es war immer ein leichtes schnell zu erkennen an wem er Interesse hatte. Egal ob bei Männern oder Frauen und durch sein androgynes Äußeres hatte er auch bei beiden Geschlechtern nicht wenig Erfolg. Lian dagegen stand ausschließlich auf Frauen, da war er sich sicher, auch wenn ihm bisher keine begegnet war mit der er sich auch nur ansatzweise eine Beziehung hätte vorstellen können. Flo war wieder aus seinen Tagträumen zurückgekehrt und zerrte den trödelnden Lian hinter sich her in Richtung Bahnhof, während Lian sich über seine Ungeduld den Kellner wiederzusehen lustig machte, doch das ließ den Jüngeren völlig kalt. Hauptsache er bekam was er wollte und das war im Moment der braunhaarige Kellner mit dem unschuldigen Lächeln. Lian löffelte grade den Rest von seinem Eis als Flo ihn aufgeregt anstieß und ihm etwas zuzischte. „Guck mal da kommt er! Ist er nicht toll?“ Seine leuchtenden Augen lagen auf einem jungen Mann mit braunen Haaren und lebhaften ebenso braunen Augen der grade das Eiscafe betreten hatte. Lian musterte ihn von oben bis unten und nickte dann. Er machte einen sympathischen Eindruck und die lächelnden Augen die Flo kurz streiften glommen kurz auf bevor er vollständig in einem kleinen Nebenraum verschwand um sich umzuziehen. Flos strahlendes Gesicht wandte sich seinem besten Freund zu und Lian musste an sich halten um den Jüngeren nicht zu knuddeln, da er in diesem Moment wie ein kleiner Junge an Weihnachten aussah. „Und? Was hälst du von ihm?“ Flos erwartungsvolle Mine brachte Lian zum grinsen. „ Sieht doch ganz nett aus und er scheint dich auch nicht uninteressant zu finden.“ Auch wenn Lian es kaum noch für möglich gehalten hatte leuchteten Flos Augen noch mehr als er dieses Urteil über seine neueste Flamme hörte. Zwar war er selbst schon sehr wählerisch doch trotzdem legte er viel Wert auf Lians Meinung, da er diesem voll und ganz vertraute und er eine gute Menschenkenntnis besaß. „Kann ich euch noch was bringen?“ Flo fuhr erschrocken herum und starrte seinen braunhaarigen Schwarm sprachlos und mit offenem Mund an. „Ähm…ähh….“ Lian verkniff sich einen ironischen Kommentar und bestellte noch einen Kaffee, während der Kellner die ganze Zeit Flo anlächelte als Lian mit ihm sprach. Dann nickte er Lian kurz zu und verschwand hinter der Theke. Kaum war er außer Sichtweite schien Flo zu registrieren, dass er grade wie ein Fisch den Mund auf und zugeklappt hatte ohne auch nur einen vernünftigen Satz herauszubringen und wurde knallrot. „Hättest du mich nicht vorwarnen können? Ich hab mich total erschrocken…“ zischte er Lian mit gesenktem Kopf zu. Dieser lehnte sich jedoch nur zufrieden zurück. „Och ich glaube er fands ganz süß, so wie er dich angeguckt hat.“ Argwöhnisch und ein wenig hoffnungsvoll blickte Flo schräg zu ihm hoch. „Meinst du?“ Lian nickte und zeigte Flo mit seinem Blick, der an ihm vorbeiging, dass der Kellner zurückkam und den Kaffee brachte. „Kann ich auch schon bezahlen?“ Der Kellner nickte und holte den Geldbeutel aus seiner Gesäßtasche. „Zusammen macht das dann 8.50 Euro.“ Aus dem Augenwinkel hatte Lian mitbekommen wie Flos Blick sehnsüchtig am Hintern des Kellners hängen geblieben war, nachdem dieser den Geldbeutel aus der sich dort befindlichen Tasche geholt hatte. Grinsend drückte er dem Braunhaarigen das Geld in die Hand und nahm das Wechselgeld entgegen. Den Kleinen hat es ja ganz schön erwischt. Nachdem dieser von seiner Flamme noch einmal angelächelt worden war bevor er wieder hinter der Theke verschwand fiel Flos Blick auf die Rechnung die Lian zusammen mit dem Wechselgeld bekommen hatte. Seine Augen wurden so groß, dass Lian fürchtete sie würden ihm gleich aus dem Kopf kullern. „Was hast du denn jetzt?“ Blitzschnell riss der Kleinere ihm die Rechnung aus der Hand und grinste wie ein Honigkuchenpferd als er mit dem Zeigefinger auf eine handschriftliche Notiz tippte. » Blau steht dir. Kino? 065739/3455950 Tyler « Zufrieden grinste Lian seinen glückseligen Kumpel an. „Na was hab ich gesagt?“ Schüchtern sah Flo zur Theke hinüber und wurde auch prompt rot als Tyler ihm zulächelte. „Du bist ab jetzt mein persönlicher Wahrsager ja?“ Vergnügt sprang Flo von seinem Stuhl, warf Lian seine Jacke zu und zog seine eigene an. „Los komm wir gehen wieder in die Schule…Zur fünften könnten wir sogar noch wieder da sein.“ Lian kannte diese Launenhaftigkeit seines besten Freundes nur zu gut, stürzte seinen eigentlich noch viel zu heißen Kaffee mit vor Ekel verzogenem Gesicht hinunter und folgte seinem quietschfidelen Freund aus dem Eiscafé. Dieser hatte Tyler im Vorbeigehen zaghaft zugewunken und verstaute jetzt den Zettel gewissenhaft in seiner Jackentasche um ihn nicht doch noch zu verlieren. Gut gelaunt wirbelte er zu Lian herum und hängte sich bei ihm ein. „ War doch ne gute Idee blau zu machen oder?“ Lian nickte nur abwesend, da er etwas auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdeckt hatte was unweigerlich seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Kapitel 2: ----------- Vorsichtig strich er mit der rechten Hand über seinen Rücken und verzog das Gesicht als das Salz seiner Haut in einigen der Schrammen brannte. „Verdammt…“ Und ausgerechnet jetzt hatte er keine Wundheilsalbe mehr. Also musste er wohl oder übel zur nächsten Apotheke und sich dort neue besorgen. Möglichst darauf bedacht nicht an die Striemen auf seinem Rücken zu kommen zog er sich an und spritzte sich noch etwas kaltes Wasser ins Gesicht. Er hatte bis vor wenigen Minuten noch geschlafen und war immer noch nicht ganz wach. Bevor er die Tür zuzog ließ er seinen Blick noch einmal durch seine Wohnung schweifen. Wohn- und Schlafzimmer sowie die Küche befanden sich in einem Raum, nur das kleine Badezimmer lag auf der rechten Seite hinter einer Tür verborgen. Eigentlich hätte es gemütlich sein können aber er legte keinen Wert darauf. Er besaß nur die notwendigsten Möbel und für Dekokram hatte er nichts übrig. Und auch wenn ihm der Anblick dieser trostlosen und lieblosen Wohnung immer einen Stich gab sah er keinen Sinn darin sie zu verändern oder gar zu verschönern. Entschlossen ließ er jetzt die Tür ins Schloss fallen und lief die Treppen hinunter. Die meisten Wohnungen hier gehörten Arbeitslosen oder Menschen die an der Grenze des finanziellen Minimums lebten wie an der Rückseite des Bahnhofs üblich. Jugendliche die nicht wussten wohin mit ihren ungenutzten Kräften hatten die Wände des Treppenhauses auf ihre ganz eigene Art und Weise verschönert und überalle wirkte es grau und trostlos obwohl die Sonne durch einige der Fenster schien. Erleichtert stieß er die Eingangstür auf und atmete tief ein. In diesem Haus fühlte er sich unwohl und eingeengt als könne er nicht richtig atmen. Gähnend rieb er sich die Augen, da die Sonne ihm direkt ins Gesicht schien, dann lief er los in Richtung Stadtmitte wo sich einige Apotheken befanden. Flo sah Lian verwirrt an und folgte dann dem starren Blick seines Freundes. Auf der anderen Straßenseite war ein Junge aus einem der großen Mietshäuser gekommen, gähnte, rieb sich die Augen und ging dann an ihnen vorbei ohne sie weiter zu bemerken. Lian schien ihn aber zu kennen, da sein Blick ihm wie hypnotisiert folgte. Erst als Flo ihn anstieß und fragend zu ihm aufsah riss er sich von dem Jungen los und wandte sich seinem Freund zu. „Hm?“ Dieser hatte den Kopf schiefgelegt und musterte ihn eingehend. „Kanntest du den?“ Lian schüttelte den Kopf und während er noch mal in die Richtung sah in die der Junge verschwunden war lief er weiter in Richtung Schule. Flo blieb noch kurz stehen und zog die linke Augenbraue ungläubig hoch folgte dann aber seinem besten Freund. „Wann rufst du Tyler denn an?“ Schlagartig waren Flos Gedanken wieder auf ein anderes Thema verlegt und er überlegte laut wann es denn am günstigsten wäre sich zu melden. Es sollte schließlich nicht so aussehen als ob er Tyler hinterlaufe. Wenn dann sollte Tyler ihm hinterherlaufen. Lian hörte seinem Freund lächelnd zu während sich dieser die Haare darüber raufte wann er sich bei Tyler melden sollte. Kaum waren sie wieder an der Schule angekommen gongte es zur großen Pause und der Schulhof füllte sich schlagartig mit hinausströmenden Schülern. Lian und Flo setzten sich auf der Mauern die das Schulgelände abgrenzten und berieten weiter über den perfekten Zeitpunkt Tyler anzurufen. Beziehungsweise Flo plapperte aufgeregt vor sich hin und Lian hörte zu. Dabei kam ihm immer wieder der Junge vom Friedhof in den Sinn. Sein traurig- leidender Blick hatte sich förmlich in sein Gedächtnis eingebrannt und ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf. Seit wann dachte er so viel über Menschen nach, die er nicht kannte? Entschieden schüttelte er den Kopf. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er so verloren wirkt und man ihn am liebsten mit nach Hause nehmen will wie einen ausgesetzten Welpen. Mit dieser Erklärung gab er sich nun zufrieden und wandte sich wieder Flo zu der nervös mit dem Zettel herumspielte den er zuvor so ordentlich in seiner Jackentasche verstaut hatte. „Flo?“ „Ja?“ Fast schon verzweifelt sah sein bester Freund zu ihm hoch. Lian lächelte und legte ihm einen Arm um die Schultern. „So. Du schnappst dir heute Abend dein Telefon, rufst Tyler an und fragst ihn wann ihr ins Kino geht. Klar?“ Erleichtert nickte Flo. „Und das kommt auch nicht falsch rüber?“ „Mensch seit wann bist du denn so unsicher? Jeden anderen hättest du doch noch im Cafe gefragt.“ Amüsiert beobachtete Lian wie Flo langsam rot wurde. Verlegen blickte dieser jetzt zur Seite. „Ich hab mich halt verliebt…glaub ich…“ Zwar nuschelte der Kleinere trotzdem verstand Lian was er sagte, da er sich das schon gedacht hatte. Freundschaftlich knuffte er ihn in die Seite. „Das dir das auch mal passiert.“ Trotzig streckte Flo ihm die Zunge raus. „Na und? Ich darf das.“ Entspannt lehnte Lian sich gegen den Baum der hinter ihrer Mauer stand und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Sicher darfst du.“ Er hatte die Augen geschlossen, da ihm die Sonne ins Gesicht schien und nur einige Augenblicke später spürte er wie Flo seinen Kopf auf seine Beine legte und es sich ebenfalls bequem machte. So dösten sie noch eine ganze Zeit lang vor sich hin bis eine helle Mädchenstimme sie aus ihrem Dämmerzustand riss. „Jungs könnt ihr nicht mal Bescheid sagen, wenn ihr abhaut?“ Langsam öffnete Lian sein linkes Auge und blinzelte ein wenig bevor er gegen das Licht etwas erkennen konnte. Nebelgraue Augen blitzten die beiden an und die Haare wurden mit einer raschen Kopfbewegung über die Schulter zurückgeworfen, wobei die blauen Strähnchen einen interessanten Kontrast zu den fast weißblonden Haaren bildeten. Seufzend lehnte Lian sich wieder zurück und schloss das Auge wieder. „Mensch Nisha…Hätten wir erst die ganze Schule nach dir absuchen sollen?“ Trotzig stemmte die Angesprochene die Hände weiter in die Hüften. „Ihr hättet ja wenigstens ne SMS schreiben können, dass ihr abgehauen seid.“ Jetzt rührte sich auch Flo, der durch ihr beleidigtes Keifen wach wurde. Verschlafen setzte er sich auf und rieb sich die Augen. Als er erkannte wer ihn geweckt hatte sprang er freudig von der Mauer und fiel seiner älteren Schwester um den Hals. Diese stolperte verwirrt einen Schritt zurück und konnte nur mit Mühe das Gleichgewicht halten. „Was ist denn mit dir los?“ Flo schnappte sich ihre Hand und zog sie ebenfalls auf die Mauer auf die er sich bereits wieder geschwungen hatte. „Ich hab dir doch von diesem tollen Kellner erzählt…du weißt schon der mit den braunen Augen und diesem Wahnsinnslächeln...“ Triumphierend wedelte er mit dem Zettel auf dem Tylers Telefonnummer stand vor ihrem Gesicht herum. Überrascht weiteten sich ihre Augen und schnappte Flo den Zettel aus der Hand. Dann sah sie ihrem kleinen Bruder in das strahlende Gesicht und mit einem begeisterten Ausruf fiel sie ihm nun ihrerseits um den Hals. Vergessen war ihr Zorn auf die Beiden. „Das ist ja super! Wann rufst du ihn und wie alt ist er und…“ Die Geschwister brabbelten aufgekratzt durcheinander und Lian grinste nur in sich hinein. So kannte und liebte er die Beiden. Und wenn es eine Definition für Geschwisterliebe gab dann lautete sie mit Sicherheit Flo und Nisha. Er kannte kein anderes Geschwisterpaar, das so innig und vertraut miteinander umging und der eine sich so sehr für Erfolge des anderen freute. Auch Flos Bisexualität war für Nisha nur ein Anlass zur Freude, da sie einfach alles mochte was schön und niedlich war und Schwule zählten bei ihr definitiv in diese Kategorie. Das aufgeregte Plappern beruhigte ihn und er driftete mit seinen Gedanken ab und döste vor sich hin als er plötzlich spürte wie ihm weiche Haarsträhnen über das Gesicht strichen. Als er die Augen aufschlug sah er direkt in Nishas schwarzumrandete Nebelaugen. Diese sahen ihn fragend an. „Hast du schon wieder geschlafen? Naja egal…weißt du ob ihr jetzt den Neuen in euerer Klasse habt? Melinda meinte nämlich, dass ihr einen Neuen im Jahrgang hättet. Ist ja schon ziemlich ungewöhnlich…so mitten im Schuljahr…“ Lian schüttelte nur den Kopf und hielt sich gähnend die Hand vor den Mund. Nisha setzte sich wieder hin und lehnte ihren Kopf an die Schulter ihres Bruders. Schmollend sah sie auf ihre Füße. „Mann ich will wissen wann der denn kommt…Vielleicht gibt’s hier dann wieder nen Typen der gut aussieht.“ Die empörten Ausrufe ihres Bruders und ihres Freundes überging sie mit einem breiten Grinsen und knuffte Flo in die Seite. „Außer euch natürlich.“ Kapitel 3: ----------- Angewidert verzog er das Gesicht. Trotzdem begann er damit die kühle Salbe auf seinem Rücken zu verteilen, zumindest auf den Bereichen die er selbst erreichen konnte. Lieber stinken als Narben. Immer wieder unterdrückte er es laut aufzuschreien, sondern biss sich nur auf die Unterlippe, da die Salbe wie Feuer in den Schürfwunden brannte. Nachdem er sich so verarztet hatte warf er die Salbentube auf sein ungemachtes Bett und zog sich schnell sein Shirt über. Während er auch noch seinen schwarzen Kapuzenpulli anzog, kramte er einen Zettel aus der Hosentasche den er auf dem Weg nach draußen noch einmal durchlas. Es war sein Schulbescheid der schon seit mehr als einer Woche sein Dasein in seiner Jeans gefristet hatte, aber viel länger konnte er es jetzt nicht mehr aufschieben sich dort blicken zu lassen. Fragen waren das letzte was er wollte. Lian stand an der Kreuzung an der er sich immer mit den beiden Geschwistern traf und wartete. Wie fast immer waren die Beiden zu spät, da entweder einer verschlief oder sie sich nicht entscheiden konnten was sie anziehen sollten. Er lehnte sich gegen eine der Hauswände und starrte in den Himmel. So langsam schien sich das Wetter zu bessern, da es seit der Beerdigung nicht mehr geregnet hatte und auch an diesem Morgen schien die Sonne bereits hinter einigen Wattebauschwolken zaghaft hervor, auch wenn es immer noch empfindlich kalt war. Das Klackern kleiner Steinchen kündigte die Ankunft der Geschwister an, da sie wie immer anstatt den regulären Weg zu nehmen quer durch die Siedlung und über einen Kiesberg zu ihrem Treffpunkt gerannt kamen. Zwar konnte er sie noch nicht sehen, aber er hörte Nisha bereits fluchen. „Diese verdammten Steinchen! Jedes Mal hab ich welche in den Schuhen!“ Außer Atem bogen die beiden um die Hausecke und standen jetzt vor Lian der sie fröhlich lächelnd begrüßte. Zwar war er ein Morgenmuffel aber Nisha und Flo brachten ihn jeden Morgen dazu sich auf den kommenden Tag zu freuen. Warum das so war wusste er auch nicht. Ihre Art hatte einfach etwas Ansteckendes. Nach einer kurzen Begrüßung machten sie sich dann auf den Weg zur Schule. Flo grinste Lian die ganze Zeit an ohne auch nur ein Wort zu sagen und schließlich gab sich dieser geschlagen und fragte nach dem Grund für die gute Laune seines Freundes. Fröhlich tänzelnd lief Flo rückwärts neben ihm her um ihm ins Gesicht sehen zu können. „Ich hab doch gestern Tyler angerufen und wir gehen heute Abend aus!“ Lian grinste den Blauhaarigen an und wuschelte ihm durchs Haar was mit einem missbilligenden Knurren kommentiert wurde. „Na siehste, was hab ich gesagt?“ Flo blickte schräg durch seine Stirnfransen zu ihm hoch und grinste um sich dann wieder richtig herum zu drehen und weiter Richtung Schule zu tänzeln. Nisha stieß ihrem Bruder von hinten in die Rippen. „Hast du nicht was vergessen?“ Flo sah sie kurz mit schief gelegtem Kopf an dann fiel ihm ein was seine Schwester meinte. „Ach genau er wollte, dass ich heute Abend zu einer Party im Eiscafé komme, weil er sonst erst in einigen Tagen wieder Zeit hat…Und er hat gesagt ich kann ruhig noch jemanden mitbringen. Kommst du auch mit? Nisha ist auch dabei.“ Bestätigend nickte Nisha und beide sahen ihn nun bittend an. Lian lachte und schüttelte nur den Kopf. „Sicher komm ich mit. Wann geht’s denn los?“ Quietschend vor Freude fielen ihm die Geschwister um den Hals und lachend versuchte Lian das Gleichgewicht zu halten, da sie ihn fast umwarfen. Kaum hatten sie sich von Nisha, die eine Klasse über ihnen war, verabschiedet, den Klassenraum betreten und sich auf ihre Plätze gesetzt stürmte auch schon ihre Mathelehrerin in den Raum, knallte ihre Bücher auf den Tisch und verschwand nachdem sie der Klassensprecherin einen Aufgabenzettel in die Hand gedrückt hatte wieder ohne einen Grund für ihr seltsames Betragen zu nennen. Verdutzt sahen die Schüler sich an. Lian zuckte mit den Schultern und lehnte sich zurück. Ihm war es egal warum Hauptsache der Unterricht fiel zumindest für eine Weile aus. Flo hatte sich ebenfalls entspannt zurückgelehnt und gähnte ausgiebig. Mit glänzenden Augen sah er dann wieder zu Lian hinüber. „Sag mal meinst du das wird was mit Tyler?“ Gespielt genervt rollte Lian mit den Augen um sich dann seinem Freund zuzuwenden. „Flo…welcher Mann würde dich abweisen?“ Flo lachte und tippte ihm auf die Brust. „Du…Auch wenn es wirklich ein Verlust für die Männerwelt ist.“ Lian grinste. „Naja…es muss immer Ausnahmen geben meinst du nicht auch?“ Flo streckte ihm die Zunge heraus und stützte sein Kinn in die Hände, nachdem er sich halb auf den Tisch gelegt hatte und sah ihn an. „Nein jetzt mal im Ernst Lian…Was ist, wenn er mich gar nicht will?“ Lian seufzte. Flo war zwar frech, dreist und meist selbstbewusst aber sobald es um Gefühle ging zweifelte er total an sich selbst und vertraute nur sehr zaghaft darauf, dass jemand ihn wirklich mochte. „Flo…würde er dich nicht mögen hätte er dich nicht angesprochen, beziehungsweise geschrieben, und wenn er unbedingt möchte, dass du heute Abend kommst dann wird das wohl seine Gründe haben oder meinst du nicht?“ Entschuldigend grinste Flo ihn an. „Wahrscheinlich hast du Recht…Ich mach mir einfach wieder zu viele Gedanken.“ Lian nickte nur noch bestätigend, da ihre Lehrerin bereits wieder zurückkam und energisch um Ruhe bat. Im Handumdrehen war es mucksmäuschenstill, da ihre Mathelehrerin für ihre Standpauken und Zusatzaufgaben berüchtigt und gefürchtet war. „Also ihr habt…“ Ärgerlich sah sie zu der noch offenstehenden Tür. „Junger Mann, Sie müssen schon hereinkommen.“ Widerstrebend schob sich eine schmale Gestalt in den Raum und zog die Tür hinter sich zu. Das schwarze Haar fiel ihm in das blasse Gesicht und ein genervter Ausdruck lag um den feingeschwungenen Mund. Wie er so etwas hasste. Nachdem er sich im Sekretariat gemeldet hatte, sollte er auf seine neue Stufenleiterin warten und dann mit ihr in seine Klasse gehen. Während er auf einem der unpersönlichen Plastikstühle vor dem Lehrerzimmer saß sah er sich gelangweilt um. Graue Wände, einfacher roter Steinfußboden. Eine unter tausenden von Schulen. Zwar hingen hier und da von Schülern gestaltete Plakate doch konnten auch diese nicht über die kalte Ausstrahlung der Schule hinwegtäuschen. Seufzend lehnte er den Kopf an die Wand hinter ihm und schloss die Augen. Er hasste diese schier endlosen Massen von oberflächlichen Menschen und wollte hier eigentlich gar nicht sein. Er kannte die abschätzigen und vernichtenden Blicke zu Genüge die ihn meist trafen und besonders die jüngeren Schüler würden sich nicht mit dummen Kommentaren zurückhalten. Aber er hatte nun mal versprochen die Schule zu Ende zu machen. Eine barsche Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und ließ seinen Kopf nach vorne schnellen. Vor ihm stand eine resolute kleine Frau, die ihn mit ärgerlichem Blick musterte. „Komm mit ich bring dich in deine Klasse.“ Er nickte, erhob sich gelangweilt und folgte der schnell trippelnden Frau durch ein endlos scheinendes Labyrinth aus Fluren die alle gleich aussahen. Vor einer der Türen blieb sie so plötzlich stehen, dass er fast in sie hineingelaufen wäre, riss diese auf und ging in den Raum. Er hörte wie sie die Schüler drinnen zur Ordnung rief. Ihm wurde nun doch ein wenig komisch. Er sah sich schon einer sensationsgeilen Meute gegenüber die ihn ungeniert anstarren und ausfragen würde. Erst die genervte und gereizte Aufforderung der kleinen, dicken Frau ließ ihn in den Raum gehen. Er blickte starr auf den Boden um nicht in die ganzen Gesichter sehen zu müssen. Abweisend stellte er sich neben die mopsähnliche, er hatte den Eindruck würde sie einmal zubeißen würde sie auch nicht wieder loslassen, Lehrerin und starrte weiter auf seine Füße. „Würden sie sich bitte kurz vorstellen?“ Ihr Tonfall wurde immer gereizter. Resigniert zuckte er mit den Schultern und hob den Kopf. „Kacey. Und ich will nichts mit euch zu tun haben.“ Entsetzte Gesichter starrten ihn an und der Mops sog scharf die Luft ein. „Dann setzen sie sich bitte Kacey.“ Dabei deutete sie mit ihren kleinen Wurstfingerchen auf einen Platz in der letzten Reihe. Als er durch die Bankreihen nach hinten durchging streiften ihn immer wieder ungläubige Blicke, während der Mops schon wieder an der Tafel stand und irgendetwas erklärte. Doch ein Gesicht erkannte er. Seine Augen ruhten kurz in denen des anderen, dann ging er weiter. Kapitel 4: ----------- Lian saß mit weitaufgerissenen Augen da und starrte den Jungen der so beharrlich den Boden fixierte an. Die schwarzen Haare fielen ihm sanft ins Gesicht und er strahlte allein durch seine Körperhaltung abgrundtiefe Abneigung aus. Zwar betonte die Jeans seine langen Beine doch konnte sie nicht verbergen, dass er schon fast zu schlank war. Sein Oberkörper steckte wie schon bei ihrer ersten Begegnung in dem schwarzen Kapuzenpullover. Sein rechtes Ohr zierten mehrere Stecker und an seinem Nietengürtel schwangen einige Kettchen sanft hin und her, wenn er sich bewegte. Nur diesmal wirkte er nicht verzweifelt und traurig, sondern abweisend, arrogant und kühl. Als er jetzt seinen Kopf hob stand ihm seine Abneigung derart deutlich ins Gesicht geschrieben, dass Lian sich fragte ob das wirklich der gleiche Junge war oder sein böser Zwilling. „Kacey. Und ich will nichts mit euch zu tun haben.“ Lians Augen wurden noch größer. Das konnte doch unmöglich der verletzte und tieftraurige Junge vom Friedhof sein. Als er jedoch an ihm vorbeiging und ihm in die Augen schaute war er sich wieder sicher den gleichen Jungen vor sich zu haben. Die mit schwarzen Kayal umrandeten Augen sprachen zwar von einer absoluten Ablehnung gegen jeden einzelnen im Raum, doch sah Lian ebenso das kurze Aufglimmen des Erkennens und den tief vergrabenen Schmerz, der auf dem Friedhof so offensichtlich gewesen war, in den bernsteinfarbenen Augen, deren Pupillen durch einen fast orangeschimmernden braunen Kranz umrahmt wurden, durchscheinen. Auch als er bereits an ihm vorbeigegangen war saß er immer noch paralysiert auf seinem Stuhl. Erst als Flo ihn energisch anstieß realisierte er seine Umgebung wieder. „Was ist denn mir dir los?“ flüsterte ihm dieser zu und maß ihn mit besorgtem Blick. Lian fuhr sich durchs Haar und lächelte ihn an. „Nichts mir geht’s gut.“ Nicht ganz überzeugt wandte Flo sich wieder seinen Matheaufgaben zu nicht jedoch ohne Lian noch einen argwöhnischen Blick zuzuwerfen. Nach der Mathestunde verschwand Kacey als Erster aus dem Raum und sobald die Tür hinter ihm zugefallen war fing es im Raum nahezu an zu schwirren vor Mutmaßungen und Gebrabbel über den ungewöhnlich dreisten Neuen. „Ich mein was ist das denn für ein Vollidiot? Nur weil er gut aussieht muss er sich ja nicht so aufführen…“ eines der blonden Mädchen die vor Lian saßen schüttelte entrüstet den Kopf, während sie immer noch auf die Tür starrte aus der Kacey soeben verschwunden war. Lian seufzte. War ja klar, dass die sofort wieder ohne Ende lästern. Er packte seine Sachen zusammen und beeilte sich Flo hinterherzukommen der bereits dabei war sich durch die herumstehenden Schüler einen Weg zur Tür zu bahnen. „So und jetzt sag mir woher du diesen Kacey kennst.“ Flo saß im Schneidersitz neben ihm auf ihrer Mauer und ließ eine rosafarbene Kaugummiblase platzen, während er Lian fragend musterte. Dieser lehnte sich gegen seinen Baum und blickte Nisha entgegen die noch mit ihren Freundinnen quatschend auf sie zukam. „Hab ihn letztens auf dem Friedhof gesehen, als Omas Cousine beerdigt worden ist. Da stand er bei irgendwem vor dem Grab und hat geweint.“ „Wer hat geweint?“ Nisha stand nun vor ihnen und sah verwirrt von einem zu anderen. Ihre Freundinnen hatten sich wie immer in eine andere Ecke des Schulhofs verzogen, da sie bei dem Trio einfach keinen gleichwertigen Anschluss fanden. Dazu war die Beziehung der Drei einfach zu innig. „Der Neue. Lian hat ihn letztens auf dem Friedhof gesehen und da hat er geweint.“ Er runzelte kurz die Stirn und wandte sich dann wieder Lian zu. „Kann ich mir gar nicht vorstellen, dass dieser Eisklotz überhaupt Gefühle hat.“ Lian zuckte nur mit den Schultern und lehnte sich mit dem Kopf an den rauen Baumstamm. „Wahrscheinlich hat er seine Gründe sich so zu verhalten.“ Flo legte den kopf schief und nickte dann. „Wahrscheinlich.“ Nisha hatte sich bisher aus dem Gespräch rausgehalten, schwang sich jetzt jedoch zwischen die Beiden auf die Mauer. „Ist doch jetzt auch egal. Flo was willst du heute Abend anziehen?“ Sofort war ihr kleiner Bruder wieder Feuer und Flamme und dachte nicht weiter über ihren Neuzugang nach. Lian jedoch hatte immer wieder das Bild der bernsteinfarbenen Augen mit dem leuchtenden Kranz vor Augen und verjagte es jedes Mal mit einem leichten Kopfschütteln. Den Rest des Tages hatte Lian keinen Unterricht mehr mit Kacey, da er andere Fächer als er gewählt zu haben schien und so beschränkte er sich darauf in den Pausen Ausschau nach ihm zu halten. Das schien jedoch ein sinnloses Unterfangen zu sein, da er wie vom Erdboden verschluckt war. Irgendwann resignierte Lian und suchte nicht mehr weiter. Nisha indessen erzählte, dass fast alle Mädchen der Schule über diesen „gutaussehenden Mistkerl“, wie er allgemein genannt wurde, sprachen. Lachend merkte sie dabei an, dass ihr Wunsch nach einem hübschen Jungen wohl Gehör gefunden haben musste. Nachdem er sich nach der 7. Stunde von den Geschwistern verabschiedet hatte machte Lian sich auf den Heimweg. Flo war schon total aufgekratzt und hatte immer wieder gefragt ob er auch wirklich mitkomme, da er auf keinen Fall allein gehen wollte. Lian grinste bei dem Gedanken an seinen Freund. Süß wie er in seiner Verliebtheit aufblüht. Geistesabwesend schloss er seine Haustür auf und trat in das große Haus ein. Mechanisch warf er Jacke und Tasche in die Ecke in der die Garderobe stand. „Bin wieder da!“ Außer dem Widerhall seiner eigenen Stimme in der großen Eingangshalle hörte er keine Antwort. Die Haushälterin war wohl schon nach Hause gegangen. Seufzend ging er die Treppe hoch und stieß die Tür zu seinem Zimmer auf. Nachdenklich blieb er stehen. Sein Zimmer war mit Sicherheit das was man als Jugendtraum bezeichnen würde. Fernseher, Konsolen, ein Laptop und allerlei anderes technisches Spielzeug sowie alles andere was man sich nur irgendwie als erdenklich vorstellen konnte war irgendwie in seinem riesigen Zimmer verteilt. Aber ihm waren all diese Dinge ziemlich egal. Er hatte sie im Laufe der Jahre von seinem Vater geschenkt bekommen und viele davon noch nicht einmal benutzt. Das Einzige in seinem Zimmer was ihm wirklich etwas bedeutete waren seine Klamotten und seine Gitarre. Beides war eine Möglichkeit sich auszudrücken und besonders seine Gitarre liebte er abgöttisch. Verträumt strich er über die Saiten. Seine Mutter hatte ihm früher auch immer auf Gitarre vorgespielt und dazu gesungen. Zwar erinnerte er sich nicht mehr sehr deutlich daran, da sie gestorben war als er 4 Jahre alt gewesen war, aber er wusste noch, dass ihr immer das blonde Haar ins Gesicht gefallen war und der Klang ihrer Stimme war noch sehr lebhaft in seiner Erinnerung. Einige Momente starrte er mit leerem Blick auf seine Gitarre bis er sich losriss und nach unten ging um sich aus der Küche etwas zu Essen zu holen. Er war grade dabei seinen Lidstrich noch mal nachzuziehen als er die Haustür zufallen hörte. Gleichgültig fuhr er fort sich zu schminken als er hörte wie sein Vater fluchte, als er seine hingeworfenen Sachen bei der Garderobe entdeckte. „Emilian!!!“ Die wütende Stimme seines Vaters hallte durchs ganze Haus und Lian verzog genervt das Gesicht. Wie er es hasste, wenn er ihn so nannte. Langsam ging er von seinem Zimmer zum Treppenabsatz an dessen unterem Ende sein Vater stand und ihn böse anfunkelte. „Was fällt dir ein deine Sachen einfach hier auf den Boden zu werfen? Kannst du dich nicht mal benehmen? Was wäre gewesen, wenn ich noch unerwartet Besuch von Geschäftspartnern gehabt hätte?“ Lian verkrampfte sich. Hauptsache sein Image bekam keine Risse durch ihn. „Antworte gefälligst wenn ich mit dir rede!“ Lian sah immer noch schweigend auf die Stufen vor seinem Vater. Er biss sich auf die Innenseite seiner Wange um nicht laut loszuschreien, während sich seine eigentlich kurzen Fingernägel immer tiefer in das weiche Fleisch seiner Handflächen gruben. Sein Vater bebte inzwischen vor Zorn und auch seine Stimme hatte einen leicht zittrigen Unterton. „Emilian, du bist mein Sohn und du hast zu tun was ich dir sage. Deine Mutter würde sich im Grabe umdrehen könnte sie sehen wie du dich benimmst.“ Lian senkte den Kopf noch mehr damit sein Vater nicht die Tränen sah, die ihm in die Augen schossen. Voller Hass starrte er auf den Boden als er hörte wie sein Vater gereizt knurrte. „Und wo willst du eigentlich schon wieder hin? Du siehst schon wieder aus wie einer dieser Strassenjungs…Hab ich dir so einen Lebensstil beigebracht? Wohl kaum.“ Reflexartig wich er einen Schritt zurück als er hörte wie sein Vater die Treppe heraufkam. Am liebsten hätte er ihm seine Verachtung ins Gesicht geschrien aber irgendetwas hielt ihn immer noch davon ab. Der Gedanke, dass seine Mutter diesen Mann einmal geliebt haben musste ließ ihn immer noch darauf hoffen, dass er doch ein guter Mensch war und nicht nur der kaltherzige Geschäftsmann. Sein Vater warf ihm im Vorbeigehen einen abschätzigen Blick zu den er jedoch nicht bemerkte, da er immer noch verkrampft auf den Boden starrte. „Gehst du wieder mit diesem kleinen Gassenjungen und seiner gestörten Schwester weg? Dann pass auf, dass du dir nicht irgendeine Krankheit von denen einfängst.“ Ein roter Schleier legte sich vor Lians Augen den er versuchte zu unterdrücken, indem er sich verzweifelt gegen die aufkochende Wut in ihm wehrte. Als die Tür zum Arbeitszimmer hinter ihm zugefallen war, stürmte Lian zornentbrannt in sein Zimmer und warf sich auf sein Bett. Mit der einen Hand schaltete er seine Musikanlage an und drehte die Bässe voll auf während er mit der anderen blind vor Wut immer wieder gegen das Kopfende seines Bettes schlug. Er spürte gar nicht, dass er sich seine Knöchel blutig geschlagen hatte bis er irgendwann erschöpft von seinem Wutanfall schwer atmend im Bett lag und mit glasigem Blick auf seine Hand sah. Geistesabwesend leckte er das Blut ab. Der metallische Geschmack in seinem Mund erinnerte ihn irgendwie daran, dass er heute noch weg musste und er sah auf die Uhr. Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf und wischte sich das restliche Blut mit einem Taschentuch weg. So schnell es eben ging schminkte er sich zu Ende, wuschelte seine Haare noch mal durch und machte seinen Lippenring wieder rein. Zu guter Letzt schlüpfte er halb im Gehen in seine schwarz-roten Vans, während er sich gleichzeitig einen schwarzen Kapuzenpulli über den Kopf zog. Fluchend griff er nach seiner Jacke und rannte die Treppe hinunter und hörte grade noch wie sein Vater wütend nach ihm rief als die Tür hinter ihm zuschlug. Erleichtert atmete er tief ein und machte sich dann auf den Weg zu Flo und Nisha. Lächelnd sah Lian zu Flo und Tyler die grade ihre Umgebung vergessend zu einem langsamen Lied tanzten. Das glühende Gesicht von Flo war an Tylers Schulter gelehnt und der Blauhaarige lächelte zufrieden in sich hinein, während Tyler ihm zärtlich über den Rücken strich und ihn träumerisch von oben ansah. Lian nippte an seinem „Sex on the Beach“ und suchte mit den Augen nach Nisha. Schließlich entdeckte er sie an der Bar wo sie mit einigen Mädels aus ihrer Klasse quatschte. Gerade als er hinsah warf sie den Kopf in den Nacken, sodass ihre fast weiß-blauen Haare in einem hohen Bogen herumwirbelten, und lachte vergnügt. Er hatte sich schon oft gefragt warum er eigentlich nicht in die verliebt war. Sie war wahnsinnig hübsch, eigenwillig und hatte eine liebevolle und freundliche Art. Er schüttelte jedoch nur nachdenklich den Kopf. Das wäre als wäre er in seine Schwester verliebt. Allmählich machte sich der Alkohol bemerkbar und Lian fielen fast die Augen zu, daher entschloss er sich zu gehen bevor er noch auf seinem Sessel einschlief. Entschlossen bahnte er sich einen Weg durch die tanzende Menge zu Nisha. „Hey Nisha, ich hau jetzt ab ja? Sag Flo von mir, dass er süß aussieht, wenn er verliebt ist.“ Damit umarmte er seine nickende beste Freundin, drückte ihr einen Kuss auf die Wange und verließ das Eiscafé. Das dumpfe Bummern der Bässe vibrierte auch draußen noch durch seinen Körper, doch die kalte Nachtluft hatte seine Sinne bereits wieder klar werden lassen und er atmete befreit aus. Kapitel 5: ----------- Langsam schlenderte er die Straße entlang und hing seinen Gedanken nach. Ein Plakat von einem Live-Konzert zog seine Aufmerksamkeit auf sich und wehmütig blieb sein Blick daran hängen. Es war schon immer sein größter Traum gewesen, in einer Band zu spielen. Flo hatte den gleichen Traum wie er, da er schon seit frühester Kindheit Schlagzeug spielte, aber sie hatten beide nicht die richtige Stimme, mit der sie ausdrücken konnten, was sie mit ihren Songs rüberbringen wollten. Sie hatten zwar Talent, Noten und Texte für ihre Songs, aber bisher niemanden, der sie so singen konnte, dass es authentisch gewesen wäre. Seufzend rieb er sich über die jetzt pochenden Handknöchel. Seine Gedanken schweiften zu seinem besten Freund, der vorhin so glücklich ausgesehen hatte. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er daran dachte. Er gönnte es seinem Freund von ganzem Herzen jemanden gefunden zu haben, der ihn wirklich zu mögen und nicht nur als hübsches Spielzeug zu sehen schien. Zumindest machte Tyler diesen Eindruck auf ihn und er hoffte, dass er damit richtig lag. Gähnend streckte er sich, als er plötzlich ein lautes Scheppern von der gegenüberliegenden Straßenseite hörte. Einige Mülltonnen waren umgeworfen worden und er hörte, wie sich zwei Personen zu streiten schienen, wobei der Eine, es waren zwei Männerstimmen, viel leiser sprach als der Andere, offensichtlich Betrunkene. Lian kniff die Augen zusammen, um etwas mehr erkennen zu können, doch die Streitenden standen noch in kompletter Finsternis. Plötzlich stolperte einer der beiden in das Licht einer Laterne, nachdem er brutal dorthin gestoßen worden war. Er strauchelte, fiel aber letztlich doch hin und ein erstickter Schmerzenslaut hallte über die leere Straße. Entsetzt sah Lian, wie der Angreifer ebenfalls in das Licht der Laterne trat und den Jüngeren an seinem Arm hochriss. Kacey fluchte leise in sich hinein, als er versuchte sich wieder auf beide Beine zu stellen, sein linkes Bein jedoch nachgab, da er den Sturz kurz zuvor mit seinem Knie abgefangen hatte, um nicht mit dem Kopf auf dem Boden aufzuschlagen. Die grobe Hand des wesentlich älteren Mann klammerte sich schraubstockartig um seinen Arm und ließ sich nicht abschütteln, egal, wie sehr er sich wand und wehrte. Süffisant grinsend drehte der völlig betrunkene Mann seinen Kopf brutal zu ihm herum und als er merkte, dass er keine Chance mehr hatte sich zu wehren, da sein Bein vollkommen außer Gefecht gesetzt war, schloss er krampfhaft die Augen, damit das alles möglichst schnell vorbeiging. Doch kurz bevor das Gesicht des Älteren seines erreichte, keuchte dieser überrascht auf und sein Griff löste sich plötzlich. Da er sich die ganze Zeit gegen den Griff des Mannes gestemmt hatte, fiel er nun fast nach hinten, wurde jedoch aufgefangen, bevor er der Länge nach hinschlagen konnte. Er hielt die Augen immer noch geschlossen, schließlich wusste er nicht, wer ihn da grade aufgefangen hatte und auch wenn die Arme, die ihn hielten, darauf bedacht waren, ihn sanft zu stützen, konnte er genauso gut vom Regen in die Traufe geraten sein. Schließlich öffnete er doch die Augen einen kleinen Spalt, als er eine ganze Zeit lang nur das schwere Atmen seines Retters hörte, nachdem sein Angreifer sich unter derben Flüchen aufgerappelt hatte und verschwunden war, der keine Anstalten machte ihn loszulassen, als hätte er Angst, er könne nicht mehr alleine stehen. Entsetzt riss er dann die Augen auf, als er erkannte, wer ihn da festhielt und wand sich blitzschnell aus seinen Armen. An die Hauswand gestützt starrte er Lian erst ungläubig, dann schon fast aggressiv an. „Wehe, du sagst irgendjemandem,was hier passiert ist!“ Damit drehte er sich um und humpelte zurück in die Dunkelheit. Verdattert blieb Lian allein unter dem Lichtkegel der Laterne stehen, als Kacey ihn angefaucht hatte und verschwunden war. Verwirrt kratzte er sich am Kopf und sah auf die Stelle, an der die Dunkelheit Kacey wieder verschluckt hatte. Ungläubig schüttelte er den Kopf und setzte sich wieder in Bewegung. Als er gesehen hatte, wie der Mann Kacey in die Mangel genommen hatte, war er ohne weiter zu überlegen über die Straße gerannt und hatte dem Mann sein Knie in den Magen gerammt. Zwar war der Mann dann fluchend abgezogen, aber er machte sich trotzdem Sorgen um Kacey. Was wenn der Mann nur gewartet hatte, bis Kacey wieder allein war? Zögernd blieb er stehen und drehte sich um. In der Dunkelheit konnte er jedoch nichts ausmachen und Kaceys wütendes Gesicht hielt ihn davon ab, zurückzugehen und nach ihm zu suchen. Er schien keinerlei Hilfe zu wollen und schon gar nicht, dass herauskam, dass er fast von einem betrunkenen, ungefähr 50 Jahre alten Mann vergewaltigt worden wäre. Widerstrebend lief er weiter, während ihm der verletzte und vor Zorn brennende Blick Kaceys einfach nicht aus dem Kopf wollte. Genervt verzog er das Gesicht und rieb sich mit der Handfläche über die Stirn. Warum machte er sich so viele Gedanken über jemanden, der ganz offensichtlich alle Menschen hasste und keine Hilfe wollte? Völlig kraftlos ließ Kacey sich auf sein Bett fallen und vergrub sein Gesicht in seinem Kissen. Seine Schultern bebten, obwohl er nicht weinte. Ein maßloser Zorn auf sich und die ganze Welt und irgendwie auch auf den Jungen aus seiner Klasse, dessen Namen er nicht kannte, schien ihn von innen her aufzufressen. Er konnte nicht fassen, wie leicht es für diesen völlig Betrunkenen gewesen wäre, ihm Gewalt anzutun, ohne dass er sich hätte wehren können. Ein gottverdammter lächerlicher Sturz hatte gereicht, um ihn total hilflos zu machen. Und dann tauchte natürlich auch noch jemand aus der Schule auf der ihm half. Und dieser Jemand hatte ihn schon mal völlig in Tränen aufgelöst gesehen. Morgen würde die ganze Schule wissen, dass er mitten in der Nacht in einer zweifelhaften Gegend von einem alten, betrunkenen Mann fast gefickt worden wäre und heulend auf dem Friedhof stand. Wütend krallte er sich in sein Kissen und biss in den Bezug. Wie er das hasste. Tränen schossen ihm jetzt in die Augen, als er an den morgigen Tag dachte. Seine grenzenlose Wut machte langsam einer fast genauso großen Verzweiflung Platz die sein Inneres nahezu gefrieren ließ. Schluchzend rollte er sich wie ein kleines Kind zusammen und zog sich die Decke über den Kopf. Es war schon fast Morgen, als keine gedämpften Schluchzer mehr unter der Decke zu hören waren und Kacey endlich eingeschlafen war. Kapitel 6: ----------- Lian und Flo saßen völlig übernächtigt auf ihren Plätzen und warteten auf den Beginn der Stunde. „Lian?“ Dieser murrte zur Antwort nur etwas Unverständliches und hob den Kopf nicht einmal. „Wir gehen nie wieder in der Woche weg, okay?“ Wieder war nur ein Murren zu hören, doch diesmal ließ sich Zustimmung heraushören. Blinzelnd drehte Lian den Kopf zur Seite und sah Flo an, der neben ihm genauso auf dem Tisch lag und ihn total verschlafen nur durch zwei schmale Schlitze beobachtete. „Wann siehst du Tyler wieder?“ Ein Lächeln stahl sich auf Flos Gesicht, die Augen blieben jedoch halb geschlossen, als er antwortete. „Er will mich nach der Schule abholen und dann gehen wir irgendwo was essen.“ Lian grinste seinen Freund an und schloss die Augen wieder. Flo wusste, dass er sich für ihn freute, das musste er ihm nicht extra sagen und dazu war er auch viel zu fertig. Das Klackern von hohen Schuhen kündigte ihre Philosophielehrerin an, doch davon bekamen die Beiden nicht viel mit, da sie bereits eingeschlafen waren. Den Rest des Tages döste Lian nur vor sich hin wie auch Flo. Nisha sah in der Pause nicht viel besser aus als die beiden Jungen und so verschliefen sie auch die Pausen. Nur in der letzten Stunde, sie hatten Mathe, riss Lian sich zusammen und hielt vor dem Raum Ausschau nach Kacey. Er wollte sichergehen, dass ihm nicht doch noch was passiert war, das war alles. Als er jedoch nicht auftauchte, war er ein wenig enttäuscht, was er jedoch nicht als Enttäuschung, sondern als fehlgeleitete Müdigkeit abtat. Als nach ungefähr 10 Minuten die Tür aufging, stützte Lian verschlafen das Kinn auf seine Handfläche und sah gleichgültig aus dem Fenster, da er nicht damit rechnete, dass Kacey jetzt noch auftauchen würde. „Wo haben Sie denn bitte gesteckt?“ Die nervtötende Stimme der Mathelehrerin ließ ihn ärgerlich die Augenbrauen zusammenziehen. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“ Erstaunt hob er den Kopf und sah nach vorn. Kacey ging völlig unberührt und kalt auf seinen Platz ohne irgendjemandem eines Blickes zu würdigen. Obwohl Kacey sich total abweisend verhielt, seufzte Lian erleichtert. Ihm war nichts passiert. Er hatte sich einfach nicht dazu durchringen können in den Klassenraum zu gehen. Zwar war den ganzen Tag über noch kein dummer Kommentar oder ähnliches gekommen, aber vielleicht wusste der Mathekurs Bescheid? Kurz nach dem Klingeln hatte Kacey sich auf die Toiletten verzogen und saß mit dem Kopf an die kühlen Fliesen gelehnt in einer der Kabinen auf dem Boden. Fuck! Er wusste, dass er nicht ewig hier sitzen bleiben konnte, aber das hätte er am liebsten getan. Einfach sitzen bleiben, die kühlen Fliesen an seiner Stirn, deren Kälte langsam bis zu seinem Haaransatz hochkroch, spüren. Nach einiger Zeit hörte er jedoch, wie die Tür zu den Toiletten geöffnet wurde und einige Schüler sich lautstark unterhielten und seine Ruhe störten. Genervt griff er nach seiner Tasche und trat aus der Kabine. Schlagartig verstummten die Unterstufenschüler und machten ihm ängstlich Platz. Energisch rief er sich selbst zur Ordnung, als er langsam den Gang zum Matheraum entlanglief. Er war ja schließlich keine 3 mehr, also musste er auch nicht vor jedem kleinen Problem weglaufen. Außerdem konnte ihm egal sein, was alle anderen von ihm dachten. Er blieb noch einmal kurz vor der Tür stehen, atmete tief ein und drückte die Tür auf. Als der kleine Mops ihn fragte, wo er gewesen sei, hob er nur abwertend eine Augenbraue und maß sie mit einem schnellen Blick von oben nach unten. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“ Tut mir leid, aber ich hatte Angst und habe mich auf dem Klo versteckt? Während er sich zu seinem Platz begab, sah er nur erstaunte Blicke, aber keiner sah ihn entsetzt oder angewidert an. Sein Blick fiel auf den schwarzhaarigen Jungen von gestern, der erleichtert aussah. Hatte er sich etwa Sorgen um ihn gemacht? Kacey wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Anscheinend hatte er ihn nicht verraten und sich auch noch Sorgen um ihn gemacht. Mit einem kurzen, ruckartigen Kopfschütteln vertrieb er diese Gedanken und holte seine Mathesachen raus. Warum sollte er sich Sorgen um jemanden machen, der sich nicht mal bei ihm bedankt, sondern nur aggressiv angefahren hatte? Lian lag mit verschränkten Armen auf seinem Bett und starrte mit leerem Blick an die Decke. Nach der Mathestunde war Kacey sofort wieder verschwunden, bevor er ihn fragen konnte, ob nicht doch etwas passiert war. Flo war gar nicht aufgefallen, dass sein Freund stiller war als sonst, da er selbst noch total müde war und Tylers Auftauchen am Schultor ihn vollkommen abgelenkt hatte. Er hatte seinen besten Freund kurz strahlend umarmt, um dann zu Tyler ins Auto zu steigen. Nisha jedoch hatte ihm auf dem Heimweg mehrmals argwöhnisch unter ihren Stirnfransen hervor angesehen, jedoch nicht nach dem Grund seiner seltsamen Laune gefragt. Sie war sich sicher, dass er von alleine anfangen würde zu reden, wenn es wirklich wichtig war. Seufzend setzte Lian sich auf und rieb sich die Augen. Es war zwar schon kurz nach 3, aber trotzdem konnte er nicht schlafen. Er hatte nach der Schule den kompletten Nachmittag verschlafen und war demnach inzwischen wieder hellwach. Er saß kurz auf seiner Bettkante und überlegte, dann stand er auf und zog sich seine Vans und einen roten Kapuzenpulli an. Auf dem Weg nach unten kam er an dem Zimmer seines Vaters vorbei und hörte gedämpftes Stöhnen hinter der Tür. Angewidert verzog er das Gesicht. In seinen Augen zog sein Vater das Andenken seiner Mutter in den Dreck, indem er immer wieder mit wechselnden Frauen schlief, um sie dann nach kurzer Zeit stehen zu lassen. Und dieser Mann wollte ihm ein gutes Vorbild sein? Sein hasserfüllter Blick glitt über die Tür, bevor er wütend schnaubend die Treppe hinunterlief. Er ließ die Tür absichtlich laut zuknallen. Er wollte, dass sein Vater hörte, dass er mitten in der Nacht wegging, ohne sich weiter um ihn zu kümmern. Gequält lächelte er. Wie ein kleiner trotziger Junge… Ärgerlich vergrub er seine Hände in den Hosentaschen und stapfte los. Die kühle Nachtluft spielte mit seinen Haaren und blies sie ihm mal in das vor Wut erhitzte Gesicht, um sie dann wieder sanft nach hinten zu wirbeln. Langsam beruhigte er sich wieder, während er vor sich hinfluchend durch die dunklen Straßen lief. Zwar war die brennende Wut wieder abgekühlt, aber ein kleiner Teil seiner Seele schwelte immer noch und er schaffte aus auch nie, diese Wut, die er immer mit sich herumschleppte, zu ersticken. Er hatte gar nicht darauf geachtet, wohin er gelaufen war, bis er irgendwann fast stolperte und sich daraufhin umsah. Er stand fast an der gleichen Stelle wie gestern Abend, als er Kacey mit diesem Mann gesehen hatte. Das wütende Gesicht von Kacey kam ihm wieder in den Sinn. Seine ganze Haltung, seine Augen hatten etwas von einem in die Enge getriebenen Wildtier gehabt, das um jeden Preis flüchten wollte und dennoch stumm nach Hilfe schrie. Er hatte mal eine verwilderte Katze aus einem Stacheldraht befreit und sie hatte ihn ebenfalls angefaucht und versucht zu beißen, obwohl er ihr nur half. Völlig in diese Gedanken versunken war er stehen geblieben und starrte auf die Stelle, wo Kacey am vorigen Tag in den Lichtkegel der Laterne gestolpert war. Gerade als er sich umwandte, um weiterzulaufen, hörte er etwas und sah verwirrt auf die andere Straßenseite. Im Dunkeln konnte er nichts erkennen, doch es hörte sich nach einem schmerzerfüllten Stöhnen an. Zögernd blieb er stehen und lauschte in die Dunkelheit. Leises Fluchen tönte von der anderen Straßenseite hinüber und Lian war sich fast sicher, dass es Kacey war, der dort leise in sich hineinfluchte. Kapitel 7: ----------- Unsicher stand Lian immer noch an der gleichen Stelle, bis er sich endlich dazu durchgerungen hatte, hinüber zu gehen. Vorsichtig näherte er sich der Quelle des leisen Gemurmels und blieb stehen. Im Dunkeln konnte er nicht ausmachen, wo genau Kacey sich befand, doch er beschloss, auf gut Glück zu versuchen ihn zu finden. Würde er nach ihm rufen, würde er wahrscheinlich aufhören, irgendwelche Geräusche von sich zu geben oder weglaufen, wenn er das überhaupt konnte, und dann wäre es um einiges schwerer, ihn irgendwie zu finden. Langsam schob Lian sich zwischen einigen Mülltonnen in die Seitengasse aus der Kaceys Stimme kam und tastete sich vorsichtig voran. Zum Glück war an einem der Notausgänge der Häuser eine kleine Notfallbeleuchtung angebracht, sodass er nicht völlig um Dunkeln herumtapste, auch wenn die Beleuchtung nur sehr schwach war. Er ließ seinen Blick über die Gasse wandern, konnte Kacey jedoch nicht entdecken. Verwirrt runzelte er die Stirn, bis er wieder ein leises Stöhnen hörte und sein Blick automatisch in dessen Richtung schweifte. Kacey saß halb hinter einigen Kartons verborgen auf den Stufen eines Hauseinganges und hatte den Kopf an die Wand hinter sich gelehnt. Sein nackter Oberkörper war von einer Gänsehaut überzogen und sein schmerzverzerrtes Gesicht war ungesund blass. Die zarte Haut wirkte in dem schwachen, weißen Licht unnatürlich hell, fast wie Porzellan und unendlich verletzlich. Lians Magen drehte sich bei diesem Anblick fast um. Was in drei Teufels Namen… Langsam näherte er sich dem schwarzhaarigen Jungen. „Kacey?" Er kniete jetzt vor seinem Mitschüler, der ihn bisher noch nicht bemerkt hatte. Jetzt jedoch fuhr er ruckartig hoch und starrte Lian mit weitaufgerissenen Augen entsetzt an. „Was…“ Plötzlich wurde er noch blasser und sein Blick wurde seltsam trüb, bevor er einfach vornüberkippte. Irgendwas war anders. Vorsichtig blinzelnd schlug Kacey die Augen auf. Er lag in seinem Bett und sah an seine Decke. Wie war er hier hin gekommen? Er hatte doch in der Gasse gesessen und dann… Ihm fiel schlagartig das besorgte Gesicht Lians, er hatte im Matheunterricht mitbekommen, wie er hieß, wieder ein. Danach hatte er einen kompletten Blackout. Was machte Lian überhaupt in dieser Gegend? Sein dröhnender Kopf pochte und sein Rücken brannte höllisch. Grade als er sich leise aufstöhnend aufsetzte, fiel sein Blick auf die Badezimmertür, die sich grade öffnete. Heraus kam Lian mit einem feuchten Lappen in der Hand. Erleichterung machte sich auf seinem Gesicht breit, als er sah, dass Kacey wieder wach war, doch dieser starrte ihn nur ängstlich und entsetzt an. Was machte der auch noch in seiner Wohnung? Und warum wusste er, wo er wohnte? „Tut mir Leid, dass ich einfach mit reingekommen bin, aber ich wollte dich nicht einfach allein hier lassen." Langsam fand Kacey sein Sprachzentrum wieder, auch wenn er noch nicht wieder die vollständige Kontrolle über seine Stimme hatte. „Wie…Woher weißt du, wo ich wohne?" Lian zuckte mit den Schultern und lächelte. „Hab letztens gesehen, wie du hier rausgekommen bist und unten am Klingelschild stand nur einer, der Kacey heißt. Und den Schlüssel hattest du in deiner Hosentasche." Kacey sah schweigend auf den Boden. Verdammt, verdammt, verdammt… Verzweifelt fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und fragte sich, was er jetzt machen sollte. Lian wusste jetzt mit Sicherheit Bescheid. Zwar hatte er ihn bisher noch nicht verraten, aber was sollte ihn jetzt davon abhalten? Lian hatte sich inzwischen neben ihm aufs Bett gesetzt und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen besorgt an. „Sag mal, was hast du eigentlich halbnackt draußen gemacht? Und woher kommen die ganzen Striemen auf deinem Rücken?" Eine eisige Hand schien sich um Kaceys Herz zu legen und zuzudrücken. Ruckartig wandte er sein Gesicht zur Wand. „Das geht dich nichts an. Verschwinde." Seine Stimme klang völlig teilnahmslos und leer und das verschlossene Gesicht ließ keine weiteren Fragen zu. Lian stand seufzend auf. Kopfschüttelnd zog er seine Schuhe an und wandte sich zum Gehen. An der Tür zögerte er noch mal kurz und wandte sich um. Kacey hatte sich die Decke über den Kopf gezogen und sich darunter zusammengerollt. Lians Schritte näherten sich ihm wieder und er verkrampfte sich. Was wollte er denn noch? Als er plötzlich eine Hand über seine noch hervorschauende Haare streichen spürte, gefror sein Inneres fast vor Schreck. „Dafür dass ich dich hier hochgeschleppt habe, schuldest du mir aber was, meinst du nicht?" Kaceys Augen weiteten sich entsetzt und er begann wie Espenlaub zu zittern. Das war doch wohl nicht sein Ernst? Die Hand löste sich jedoch von seinen Haaren, ein Stift kratzte über Papier, Lians Schritte entfernten sich wieder und die Tür fiel kurz darauf ins Schloss. Kacey blieb noch einige Minuten völlig erstarrt liegen, bis er sich wieder rührte. Verwirrt schlug er die Decke zurück und setzte sich auf. Was sollte das denn? Und was wollte er als Gegenleistung? Sein Blick fiel auf etwas auf seinem kleinen Nachttisch. Mit immer noch zitternder Hand nahm er die kleine Karte in die Hand. Seine Augen glitten kurz über die wenigen Zeilen und mit offenem Mund ließ er die Hand sinken und starrte überrascht auf die geschlossene Tür. Lian stand draußen auf der Straße und sah zu Kaceys Wohnung hoch. Das Licht war inzwischen ausgegangen und es rührte sich nichts mehr. Kopfschüttelnd machte er sich auf den Heimweg. Warum fesselte dieser Junge ihn nur so? Er war unfreundlich, abweisend und dreist ihm gegenüber und trotzdem hatte er ihm jetzt seine Handynummer dagelassen, damit er ihn das nächste Mal anrief, wenn er Hilfe brauchte. Verwundert über sich selbst strich er sich die Haare aus dem Gesicht. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass er wirklich wie ein verletztes Tier war und er hatte noch nie jemanden leiden sehen können. Trotzdem ging ihm der ängstliche und verschreckte Blick einfach nicht aus dem Kopf. Was machte ihm nur so eine Angst? Und was machte er halbnackt und mit verkratztem Rücken mitten in der Nacht in einer zwielichtigen Seitengasse? Er nahm sich vor Flo aufzutragen, Tyler nach Kacey auszufragen, schließlich arbeitete er in dem Eiscafé direkt gegenüber von dessen Wohnung. Vielleicht wusste er ja mehr über den Grund für sein seltsames Verhalten. Mit diesem festen Vorsatz schlenderte er langsam nach Hause. Kapitel 8: ----------- Abwesend starrte Lian in die Baumkrone des Baumes, an dem er lehnte und hörte gar nicht, dass Flo ihn schon mehrmals angesprochen hatte. Erst als dieser ihn schon fast grob anstieß, sah er verwirrt auf seinen besten Freund und dessen Schwester, die ihn besorgt musterten. „Was ist denn mit dir los, Lian? Du bist schon den ganzen Tag total weggetreten." Lian legte den Kopf schief und sah seine Freunde an. Dann seufzte er und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Fassungslos starrten Nisha und Flo ihren Freund an. „Und das sagst du uns erst jetzt? Dir hätte doch auch was passieren können, du Depp!" Ärgerlich schürzte Nisha die Lippen und zog die Stirn kraus. Flo hingegen musterte seinen Freund noch eine Weile nachdenklich und legte den Kopf schief. „Und er hat nicht gesagt, woher die Striemen kommen?" Lian schüttelte den Kopf und sah Flo fragend an. Sein Tonfall klang ganz so, als wüsste der Kleinere, woher diese Schürfwunden kamen. Sichtlich peinlich berührt kratzte er sich am Hinterkopf und ein leichter Rotschimmer machte sich auf seinem hübschen Gesicht bemerkbar. Auch Nisha sah ihn jetzt verwirrt an, da sie ebenso wenig wie Lian wusste, worauf ihr Bruder hinauswollte. Schließlich seufzte er ergeben, als er ihre verwirrten Blicke auf sich ruhen sah. „Naja…Solche Kratzer können davon kommen, wenn man… naja… wenn man im Stehen Sex hat und dabei mit dem Rücken an einer Wand steht bzw.…. so hochgehoben wird und dann…" Die letzten Worte nuschelte er nur noch, doch Lian hatte längst verstanden, was er meinte. Kacey hatte draußen in der Kälte gesessen und völlig fertig gewirkt. Dazu die Schrammen. Sein nackter Oberkörper. Und er hatte ihn im Bahnhofsviertel gefunden. Seine abweisende und ängstliche Haltung, als er wieder zu sich gekommen war. Ein unangenehmer Gedanke machte sich in seinem Kopf breit, den er jedoch versuchte wegzuschieben. Warum sollte er das machen? Er hatte doch keinen… Geistesabwesend hielt er inne. Woher wollte er wissen, ob er nicht doch einen Grund hatte? Schließlich wusste er nichts von Kacey. Überhaupt nichts. Wie ein Stromschlag durchzuckte diese Einsicht seinen Kopf und hilflos sah er seine Freunde an. „Scheiße…" Flo und Nisha nickten betreten und starrten auf den Boden. Nach einer Weile meldete Nisha sich unsicher wieder zu Wort. „Meint ihr, wir können ihm irgendwie helfen?" Lian schüttelte entschieden den Kopf. „Er wird sich nicht helfen lassen. Dazu ist er zu stolz oder was auch immer… Er würde auch nie zugeben, dass er… was er macht." Es fiel ihm schwer sich einzugestehen, dass Kacey wahrscheinlich seinen Körper verkaufte. Es schnürte ihm das Herz ab und er wollte es nicht laut aussprechen in der Hoffnung, dass das nur ein böser Verdacht war, der nicht stimmte. Flo nickte nachdenklich. „Verständlich. Wer würde so etwas schon gern zugeben…" Nisha seufzte und legte einen Arm um Lian. „Aber er hat deine Handynummer, ja?" Lian nickte, obwohl er nicht glaubte, dass der Schwarzhaarige davon Gebrauch machen würde. „Aaaargh… Da kriegt man doch Gehirnkribbeln von…" Nisha legte den Kopf in den Nacken und zog an ihrer Zigarette. Mit geschlossenen Augen blies sie den Rauch energisch durch ihre Nase in die Luft. Einen kurzen Moment verharrte sie so, dann wandte sie sich wieder ihrem Bruder und ihrem gemeinsamen Freund zu. „Wir können ihm da nicht viel helfen, wenn er wirklich so ein Sturkopf ist. Also muss er von selber kommen, wenn er Hilfe braucht. So, und jetzt macht euch keinen Kopf mehr darum. Früher oder später kommt er bestimmt." Flo nickte, Lian jedoch zögerte, ehe er langsam nickte. So leicht fiel es ihm nicht, Kacey aus seinen Gedanken zu verbannen. Fluchend trat der schlanke Junge gegen ein kleines Steinchen, welches das Pech hatte vor seinen Füßen zu liegen. Laut klackernd flog es über den Gehweg und blieb schließlich einige Meter vor ihm liegen. „Kann der nicht einfach mal zu Hause bleiben, anstatt nachts durch die Gegend zu laufen? Verdammt noch mal…" Wütend stemmte er seine Hände in die Hosentaschen und stapfte weiter. Und dann wollte er auch noch eine Gegenleistung. Wütend schnaubte er. „Na, das kann der getrost vergessen.`N Arschtritt kann er kriegen, wenn er will…" Zwar war er ihm auf eine seltsame Art und Weise dankbar, sich um ihn gekümmert zu haben, aber der Zorn auf einen ungeforderten Eingriff in seine Angelegenheit überwog. Außerdem war es ihm einfach peinlich, dass Lian ihn so völlig fertig gefunden hatte. „Penner… Flachpfeife…" Kacey knurrte weiter in sich hinein und trat weiter gegen das kleine Steinchen. Er würde bestimmt nicht klein beigeben, nur weil Lian ihn bereits mehrmals, für seinen Geschmack war bereits das erste Mal ein Mal zuviel, in schwachen Momenten erlebt hatte. Sollte er doch allen erzählen, was er bisher mitbekommen hatte. Schlimmer konnte es jetzt eh nicht mehr werden. Lians besorgtes Gesicht blitzte kurz in seinen Gedanken auf, doch er schob es sofort mit einer unwirschen Kopfbewegung beiseite. Lian konnte sich absolut nicht auf den Unterricht konzentrieren, da seine Gedanken unablässig um Kacey schwirrten. Das von Entsetzen gezeichnete Gesicht ging ihm einfach nicht aus dem Kopf und er erinnerte sich daran, wie Kacey sich verkrampft hatte, als er eine Gegenleistung für seine Hilfe gefordert hatte. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Jemand wie Kacey, der… wahrscheinlich nur eine Form der Bezahlung in solchen Fällen kannte, musste natürlich verängstigt reagieren, obwohl er nur wollte, dass er ihn anrief, wenn er in Schwierigkeiten war. Von seiner eigenen Dummheit nahezu erschlagen stützte er den Kopf in die Hände und seufzte gequält auf. Ein strafender Blick des Lehrers streifte ihn, doch das interessierte ihn herzlich wenig. Durch seinen Hilfeversuch hatte er Kacey wahrscheinlich total verschreckt und in die Enge getrieben. Flo beobachtete seinen Freund nachdenklich von der Seite und ein mitleidiger Zug legte sich um seinen Mund. Er würde wohl mit seinem besten Freund reden müssen. „Lian?" Flo zog an dem Ärmel des Größeren, um ihn aus seinen Gedanken wieder in die Realität zu holen. „Mhm?" Lian sah ihn verwirrt an. Warum machte Flo so ein ernstes Gesicht? Nachdem Flo sich sicher war, dass Lian ihm zuhörte, lief er noch ein kleines Stück schweigend neben ihm her, bis er wieder ansetzte zu sprechen. „Hör mal… die Sache mit Kacey… Sicher, dass du ihm nur helfen willst?" Fragend zog Lian eine Augenbraue hoch und sah seinen blauhaarigen Freund an. „Was denn sonst?" Sie waren fast an der Kreuzung angelangt, an der Flo und Nisha, die eine Stunde länger Schule hatte und somit nicht mit ihnen zurückgegangen war, sich immer verabschiedeten. Flo schwieg, während sich in seinen Augen Besorgnis erkennen ließ. Lian wusste nicht recht, was er davon halten sollte, als Flo stehen blieb und sich zu ihm umdrehte. „Tu mir einen Gefallen… Überleg dir lieber, was du willst, bevor du versuchst ihm zu helfen. Sonst tust du dir nur weh." Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand hinter einigen Büschen, woraufhin das Klackern einiger Kieselsteinchen zu hören war. Vollkommen verwirrt sah Lian auf die Stelle an der Flo hinter den Büschen verschwunden war und runzelte die Stirn. Er hasste es, wenn Flo so in Rätseln sprach. Kopfschüttelnd wandte er sich dann jedoch um, um nach Hause zu gehen. Was sollte er schließlich sonst wollen, außer Kacey aus seiner misslichen Lage zu helfen? Es dämmerte bereits, als Kacey wieder bei seiner Wohnung ankam und er fuhr sich erschöpft durch die Haare. Seine Wut war wieder abgeklungen und er war den ganzen Tag ziellos durch die Stadt gelaufen. In der Schule war er nicht, da er die mitleidigen Blicke Lians einfach nicht ertragen hätte. Jeder andere konnte ihn so anschauern, aber er wollte nicht, dass Lian ihn so ansah. Diese strahlend blauen Augen waren einfach nicht dazu gemacht, traurig zu sein. Er wollte grade die Tür des Mietshauses aufschieben, als ihm jemand von hinten auf die Schulter tippte. Genervt drehte er sich um. Hinter ihm stand ein kleiner, rundlicher Mann, der vor Aufregung schwitzte und sich nervös die Hornbrille mit den viel zu dicken Gläsern, hinter denen seine zusammengekniffenen Augen unnatürlich groß aussahen, zurechtrückte. Gelangweilt zog Kacey die Tür wieder zu und lehnte sich lässig gegen die Mauer. „Ja?" „Also… ich… äh… ähm… also ein Bekannter von mir… ähm…" Der kleine Mann knetete nervös seine verschwitzten Hände und schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. „Also… der meinte, dass ich hier jemanden finden würde…. der ehm… Kacey heißt…" Kacey zog eine Augenbraue hoch. „Und was wollen Sie von ihm?" „M…Mein Bekannter sagte… er würde fast alles machen, was man sich so… ehm….. vorstellt…" Frustriert stieß Kacey sich von der Wand ab und hielt die Hand auf. „Hier oder woanders?" Hektisch sah der kleine Mann sich um und drückte ihm einige Geldscheine in die Hand. „Woanders… M…Mein Wagen steht da hinten…." Kacey nickte und lief auf das Auto zu, auf das der kleine Mann gezeigt hatte. Dieser hastete schwer atmend hinter ihm her. Angewidert verzog Kacey das Gesicht. Er hasste solche Kunden. Keinerlei Erfahrung, würde ihm wahrscheinlich nur wehtun und sich total ungeschickt anstellen. ~~~~~ Daaaanke an Illuna fürs Kommamonster killen>___<*umknuff und Kuchen hinschieb* 33 Kapitel 9: ----------- Während der ganzen Fahrt hatte der kleine Mann nicht gesprochen, sondern immer nur nervös zu Kacey gesehen, als befürchtete er, dass dieser gleich aus dem fahrenden Auto sprang. Dieser lehnte indessen mit dem Kopf an der kühlen Scheibe des Seitenfensters, beobachtete die Umgebung sowie die vorbeiflitzenden Lichter der beleuchteten Häuser und der Laternen. Er unterhielt sich so gut wie nie mit seinen Kunden, schließlich verachtete er jeden einzelnen von ihnen, auch wenn sie sein Überleben sicherten. Seit seine Eltern und seine Schwester gestorben waren, hatte er sich irgendwie über Wasser halten müssen und als die Schulden seines Vaters dazugekommen waren, die er irgendwann bei zwielichtigen Gestalten gemacht hatte, um ihr Haus abzubezahlen, blieben ihm nicht viele Alternativen. Zu irgendeinem Amt konnte er nicht gehen, da die Kredite selbst nicht legal waren. Irgendein Mann hatte ihm dann in einer Bar Geld dafür geboten, ihm einen zu blasen und da Kacey zu diesem Zeitpunkt völlig betrunken und verzweifelt gewesen war, war es ihm einfach egal gewesen, er hatte nur das Geld in der Hand des Mannes gesehen und alles andere ignoriert. Und irgendwie war er immer tiefer in diesen Sumpf hineingerutscht. Er fühlte sich mehr als einfach nur dreckig. Es war ihm, als wenn ihm mit jedem Mal ein Stück seiner Seele herausgerissen und durch Ekel, Schuldgefühle und Selbsthass ersetzt wurde. Wie sollte er noch darauf vertrauen können, dass es Menschen gab die nicht so waren wie er? Schließlich hatte er im ganzen letzten Jahr fast niemanden mehr um sich gehabt, der nicht sich selbst verkaufte oder für einige Stunden Nähe mit einem Wildfremden Geld zahlte. Er wurde unsanft aus seinen Gedanken gerissen, als der Wagen plötzlich zum stehen kam. Sie standen vor einem abgerissenen und heruntergekommen Hotel, welches den klangvollen Namen „Coming out" in roten Leuchtlettern an seiner grauen Frontseite trug. Zynisch verzog Kacey das Gesicht. Er konnte sich durchaus denken, wozu es dieses Hotel gab. Ergeben seufzend stieß er die Tür auf und folgte seinem Kunden ins Innere des Hotels. Der äußere Eindruck hatte ihn nicht getäuscht. Während der kleine Mann an der Rezeption mit hochrotem Kopf ein Zimmer verlangte, sah er sich um. Putz bröckelte von den Wänden, was auch die schummerig rote Beleuchtung nicht verschleiern konnte, ebenso wenig wie den Dreck, der sich in den Ecken angesammelt hatte. Aus dem Augenwinkel sah er seinen Kunden auf den Aufzug zusteuern und folgte ihm gelangweilt. Als sie im Aufzug standen, hörte man nur den heftigen Atem des kleinen Mannes, der plötzlich eine Sporttasche in der Hand hielt, die Kacey zuvor gar nicht aufgefallen war. Er schenkte ihr auch keine weitere Beachtung, schließlich war es nicht ungewöhnlich, dass Kunden hinterher duschten und sich umzogen. Die Blicke des kleinen Mannes wurden immer stechender und er schien Kacey schon fast mit den Augen auszuziehen. So langsam wurde Kacey doch ein wenig mulmig zumute. Der Mann hatte komische Augen mit einem seltsamen Schimmer darin. Er verwarf den Gedanken jedoch sofort wieder. Welcher seiner Kunden war für seine Begriffe nicht seltsam? Jemand der sich körperliche Nähe kaufen musste konnte in seinen Augen nicht normal sein. Als die Türen des Aufzuges aufglitten, ließ er den kleinen Mann vorausgehen, schließlich hatte dieser den Zimmerschüssel. Auch hier oben waren die Wände nicht besser verputzt und der Dreck war trotz der schlechten Beleuchtung auch hier einfach nicht zu übersehen. Kacey warf einen kurzen Blick auf die Zimmernummer, bevor er durch die nun geöffnete Tür ins Zimmer ging. 13. Gleichgültig ging er weiter. Daran, dass die 13 so etwas wie eine Unglückszahl war, glaubte er nicht und das Klacken der Tür sagte ihm, dass der Kunde nun ebenfalls im Zimmer war. Als er sich umdrehte, sah er grade noch wie die Tür abgeschlossen wurde. Vor Aufregung schon zitternd drehte der Mann sich um und deutete auf das Bett. „Leg dich da drauf." Seine Stimme hatte ebenfalls einen zittrigen Unterton, doch Kacey legte sich anstandslos auf das mit roten Laken bezogene Bett. Als er kurz zur Seite sah, um auf die Uhr zu schauen, die neben dem Bett stand, er wurde schließlich nach Stunden bezahlt, wurde durch ein plötzliches Gewicht auf seiner Brust die Luft schlagartig aus seinem Brustkorb gedrückt. Überrascht sah er zu dem kleinen Mann hoch, der jetzt auf ihm saß und ein Seil in den Händen hielt. Der schüchterne und nervöse Mann von vorher war verschwunden und ein selbstsicheres Grinsen legte sich über das rundliche Gesicht. Verwirrt sah Kacey zu ihm hoch. „Was…" Doch bevor er weitersprechen konnte, schob der Mann ihm routiniert einen Knebel in den Mund. Entsetzt starrte Kacey ihn an. Als er sich daran machte, seine Hände über seinem Kopf und dann an dem Eisenbettgestell festzubinden, wand er sich panisch unter ihm, doch der Mann drückte ihn schlicht und ergreifend mit seinem Gewicht nach unten. Weiße und schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen, während er wie von Sinnen den Kopf von der einen Seite auf die andere warf. In seinem Kopf hämmerte es und Tränen schossen ihm in die Augen, denn er spürte, dass nun auch seine Beine festgebunden wurden. Das Seil scheuerte an seinen Hand- und Fußgelenken, als er versuchte sich irgendwie zu befreien. Plötzlich verschwand der Druck von seiner Brust, da der Mann aufgestanden war, um sich erneut an seiner Sporttasche zu schaffen zu machen. In Kaceys Augen spiegelte sich die blanke Panik, als er sah, was er in der Hand hielt, als er langsam wieder auf das Bett zukam. Das Flackern des Feuerzeuges erhellte für einen kurzen Augenblick den Raum und verzerrte das grinsende Gesicht des Mannes zu einer grässlichen Fratze, während Kacey verzweifelt versuchte freizukommen. Lians Gesicht blitzte kurz vor ihm auf, bevor er völlig verängstigt die Augen zusammenkniff. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis der Mann endlich von ihm abließ. Sein ganzer Körper schmerzte und er fühlte sich so verdammt dreckig und missbraucht. Zwar fühlte er sich nie gut, wenn er mit jemandem schlief, den er nicht kannte, aber das war freiwillig. Das hier war etwas ganz anderes gewesen. Der Mistkerl hatte es genossen, ihm mit jedem kleinen Schnitt und dem heißen Kerzenwachs, welches er genüsslich auf ihn tropfen ließ, Schmerzen zuzufügen und wenn er sah, wie er sich unter Tränen in seinen Fesseln wie ein Wahnsinniger gebärdete, um loszukommen. Bei dem Gedanken daran, wie der Mann brutal seine Beine auseinandergedrückt hatte, wurde ihm speiübel. Irgendwann hatte der Mistkerl sich dann doch entspannt lächelnd angezogen und ihn einfach hier liegen lassen. Entsetzt hatte er die zuschwingende Tür angestarrt. Verzweifelt hatte er an der bereits etwas lockereren Handfessel gezerrt. Zwar brannte es höllisch immer wieder mit dem Seil über die schon offene Wunde zu ratschen, aber er musste zumindest eine Hand freibekommen. Als er es endlich mit einem von dem Knebel erstickten Schmerzensschrei geschafft hatte seine Hand von den Fesseln zu befreien, riss er sich den Knebel aus dem Mund und atmete hektisch ein und aus. Gehetzt sah er sich um. Lian. Er hatte seine Nummer gespeichert, auch wenn er sich sicher gewesen war, seine Hilfe nicht zu brauchen. Aber wo war sein Handy? Sein Blick fiel auf seine bis zu den Fußgelenken heruntergezerrte Hose. Wie sollte er da denn bitte rankommen? Verzweifelt versuchte er sich so weit es ging aufzusetzen ohne sich dabei die Schulter des anderen Arms auszukugeln. Es wäre einfacher gewesen hätte er auch die andere Hand freigehabt, aber mit seinen zitternden Finger hatte er den Knoten einfach nicht aufbekommen. Irgendwie schaffte er es unter enormer Anstrengung, das Handy aus seiner Tasche zu bekommen und suchte mit fliegenden Fingern in seinem Adressbuch nach Lians Nummer. Er sah in ihm seine letzte Hoffnung hier noch halbwegs heil rauszukommen und mit jedem Freizeichenton verkrampfte er sich mehr. Was wenn er nicht ranging? Als er dann doch ein Klacken und Lians verschlafene und mürrische Stimme hörte schossen ihm wieder die Tränen in die Augen. „Lian…" Lian wurde durch das nervtötende Gedudel seines Handys geweckt, nachdem er grade erst eingeschlafen war. Er hatte die halbe Nacht wachgelegen und kein Auge zubekommen, bis er irgendwann doch von der Müdigkeit übermannt worden war. Ohne auf die Nummer zu achten nahm er ab und murrte schlaftrunken in sein Handy. „Lian?" Hellwach fuhr Lian hoch und strich sich das Haar verwirrt aus dem Gesicht. „Kacey?" Seine Stimme klang vollkommen perplex und spiegelte seine maßlose Überraschung wieder. Das dauerte jedoch nur solange an, bis er hörte, dass Kacey schluchzte. „Oh mein Gott... Kacey was ist passiert? Wo bist du?" Lians Hand verkrampfte sich um sein Telefon und seine Knöchel traten weiß hervor, als Kacey nicht sofort antwortete, sondern nur haltlos schluchzte. „Ich… Dieser Mann… Heißt hier „Coming Out"… Zimmer 13… Lian?" Kaceys völlig verzweifelte Stimme überschlug sich fast und Lian konnte kaum verstehen, was er sagte, doch wo er sich befand hatte er verstanden. „Ja?" „Ich hab Angst…" Lian biss sich auf die Lippe. Was war ihm nur passiert, dass er so verzweifelt war? „Kacey? Bleib ganz ruhig… Ich komm sofort und hol dich, ja?" „Ja…" Bevor er noch irgendetwas sagen konnte, hatte Kacey bereits wieder aufgelegt. Fassungslos ließ er langsam die Hand sinken und starrte auf sein Handy. Was zur Hölle war da nur passiert? Und warum war er in einem stadtbekannten Stundenhotel? Die letzte Frage beantwortete er sich jedoch selbst und verzog das Gesicht. Kaceys verzweifeltes Schluchzen hallte immer noch in seinem Kopf, als er sich hektisch anzog und aus dem Haus stürmte. Er ignorierte seinen Vater, der wütend im Fenster stand und ihm nachrief, dass er zurückkommen solle und rannte zu seinem Auto. Er riss die Fahrertür auf, ließ sich hinter das Lenkrad fallen, startete den Wagen und trat das Gaspedal voll durch. Kies spritzte zu allen Seiten hoch und schon war Lian auf dem Weg zum „Coming out". Während der halsbrecherischen Fahrt krampften sich seine Hände um das Lenkrad, doch er merkte gar nicht, wie angespannt er war, da er einfach nur Angst hatte, dass Kacey noch schlimmeres passierte, als es bis jetzt anscheinend der Fall war. Und es musste wirklich schlimm sein, sonst hätte er ihn nicht angerufen, da war er sich sicher. Mit quietschenden Reifen hielt er auf dem Parkplatz des „Coming out". Noch bevor der Portier etwas sagen konnte, stürmte er durch den Eingangsbereich und steuerte zielsicher auf den Aufzug zu. An dessen rechter Seite war eine Tafel mit den Etagen und Zimmernummern angebracht. Schnell fand er, was er suchte und drückte auf den Knopf für die zweite Etage. Ungeduldig schloss und öffnete er die Hände, während der Aufzug für seine Begriffe nach oben zu schleichen schien. Als die schweren Eisentüren gerade einen Spalt breit geöffnet waren, schlüpfte er bereits hindurch und suchte hektisch nach der Zimmernummer 13. Kaum hatte er sie jedoch nicht weit entfernt von sich ausgemacht, blieb er jedoch unsicher stehen. Die Tür war nur angelehnt und stand einen Spalt breit offen. Warum kam Kacey nicht einfach heraus? Ein eiskalter Schauer durchfuhr ihn, als ihm Möglichkeiten durch den Kopf schossen, warum Kacey dazu nicht mehr in der Lage sein könnte. Vorsichtig näherte er sich der Tür und schob sie langsam auf, um Kacey nicht noch mehr zu verschrecken, denn das war er ja ganz offensichtlich. Als die Tür ganz offen stand, hörte er einen erstickten Aufschrei und seine Augen weiteten sich in einem maßlosen Entsetzen, als das gedämpfte Licht des Flures auf das Bett fiel. „Oh mein Gott…." War das einzige, was er halb geflüstert noch herausbrachte. Kacey lag so gut wie nackt auf einem Bett, das mittig im Zimmer stand und hatte schützend den freien Arm vor das Gesicht gerissen. Seine andere Hand und die Beine waren mit einem Hanfseil an das Bettgestell gebunden, wodurch Kacey nicht in der Lage war sich noch irgendwie zu rühren. Sein Körper war total angespannt, als erwarte er irgendetwas, wovor er panische Angst hatte, denn seine Brust hob und senkte sich rasend schnell. Sein ganzer Körper war mit feinen Schnittwunden übersäht und auf seinem Oberkörper glänzten einige helle Flecken. Lian rauschte das Blut durch die Ohren und ihm wurde schlecht, als er auf Kaceys Oberschenkel sah. Etwas milchig-flüssiges rann die Innenseiten der Schenkel hinab und obwohl seine Beine gespreizt festgebunden waren, zeigten dunkel verfärbte Stellen, dass sein Peiniger ihm die Beine hatte auseinanderdrücken müssen, da er sich gewehrt hatte. Ihm stiegen die Tränen in die Augen, aber er machte sich gar nicht die Mühe sie wegzuwischen. Wer zur Hölle tat so etwas? Durch ein leises Schluchzen Kaceys wurde er aus seinen entsetzten Gedanken gerissen. Vorsichtig ging er auf das Bett zu, sorgsam darauf bedacht nicht über irgendetwas zu stolpern. „Kacey?" Der Angesprochene ließ den Arm nur zögernd sinken und als Lian dabei die abgeschürfte Haut an seinem Handgelenk sah, sog er scharf die Luft ein. Es musste wahnsinnig wehgetan haben, die Hand aus dem Seil herauszuwinden, um an das Handy zu kommen, welches jetzt still vor sich hin blinkend neben einem ausgespuckten Knebel auf dem Bett lag. Kacey Augen weiteten sich erst erstaunt, dann schossen ihm wieder die Tränen in die Augen und ein trockenes Schluchzen entrang sich seiner Kehle. „Lian…" Er wusste nicht, wie viel Zeit nach seinem Anruf vergangen war, aber als er bemerkte, wie das Licht des Flures auf ihn fiel, hatte er panische Angst, dass der Mann doch noch mal zurückgekehrt war. Er riss seinen freien Arm vor das Gesicht und sein Blut jagte nur so durch seinen Körper und vernebelte seine Sinne. Er hörte nur noch seinen hämmernden Herzschlag und es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, bis sich der Andere wieder in Bewegung setzte. „Kacey?" Bei dem Klang von Lians Stimme meinte er, sein vorher rasendes Herz würde für einen kurzen Moment einfach stehen bleiben. Er ließ den Arm sinken und sah in das entsetzte und besorgte Gesicht von Lian, dem einige Tränen in den Augen standen. Als habe jemand einen Staudamm gesprengt, brachen alle seine Gefühle über ihm zusammen und er konnte den unkontrollierten Strom der Tränen, die ihm haltlos über die Wangen liefen, nicht mehr stoppen. Er war noch nie so überglücklich gewesen, jemanden zu sehen. Kapitel 10: ------------ Nachdenklich sah Lian auf den schlafenden Kacey, der nach seinem Weinkrampf völlig erschöpft in seinen Armen eingeschlafen war, als er ihn aus dem Hotel in sein Auto gebracht hatte. Der Motor brummte gleichmäßig und der Schwarzhaarige schien in einen tiefen und traumlosen Schlaf gefallen zu sein, da sein Gesicht, in welches einige Strähnen hingen, jetzt wieder entspannt aussah. Auf seiner Unterlippe herumkauend sah Lian wieder nach vorn. Nach Hause bringen konnte er ihn schlecht, denn da wäre er alleine. Also würde er ihn mit zu sich nach Hause nehmen, auch wenn er nicht wusste, wie er darauf reagieren würde. Ein weiterer Seitenblick traf den Schlafenden. Von dem arroganten und aggressiven Jungen war nichts mehr zu sehen. Kaceys Kopf lehnte an der Scheibe und sein Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig. Trotzdem zeigten einige helle Streifen und die geröteten Augen, dass er noch vor kurzem heftig geweint hatte. Seufzend fuhr Lian in die Einfahrt seines Hauses und stellte den Wagen ab. Als er grade mit Kacey auf dem Arm schon auf der Hälfte der Treppe war, hörte er plötzlich ein Räuspern hinter sich. Er warf einen kurzen Blick über die Schulter nach hinten und sah seinen Vater, der im Morgenmantel am Treppenabsatz stand und ihn wütend musterte. Ohne jedoch darauf zu achten, lief er weiter die Treppe hoch. „Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du nachts nicht einfach abhauen sollst? Emilian! Hör mir gefälligst zu, wenn ich mit dir rede... Emilian!" Lian ignorierte die lauter werdende Stimme seines Vaters und schloss seine Zimmertür hinter sich ab, nachdem er den noch immer schlafenden Kacey auf sein Bett gelegt hatte. Er war im Moment wichtiger als sein Vater, der sich bereits wieder schimpfend in sein Schlafzimmer verzogen hatte, da er keine Lust hatte, sich noch weiter mit seinem widerspenstigen Sohn auseinander zu setzen. Aufatmend drehte er sich um und lehnte sich mit dem Rücken gegen seine Zimmertür. Kurz schloss er die Augen, um sich dann wieder Kacey zuzuwenden, der sich inzwischen wie ein Welpe zusammengerollt hatte und selig schlief, als sei nie etwas passiert. Lächelnd setzte Lian sich neben ihn aufs Bett und strich ihm vorsichtig über die Wange. Obwohl er grade erst sonst was mitgemacht hatte, war sein Gesicht immer noch wunderschön. Die langen Wimpern bildeten einen dunklen Kranz um seine Augenlider und sein Mund stand leicht offen, da er durch ihn gleichmäßig ein und ausatmete. Lians Hand verharrte kurz auf der Höhe der Lippen, dann zog er sie wie verbrannt schlagartig zurück. Beschämt über seine Gedanken wandte er sein glühendes Gesicht ab und stand auf. Schnell zog er sich um und nur mit Boxershorts bekleidet hob er Kacey noch mal vorsichtig hoch, um ihn nicht zu wecken und mit einer schnellen Handbewegung die Decke unter ihm wegzuziehen. Dann legte er ihn auf die rechte Seite seines Doppelbettes und deckte ihn sorgsam zu. Einige seiner seidigen, schwarzen Strähnen fielen ihm ins Gesicht und Lian strich sie behutsam zur Seite. Wie konnte ein Mensch nur so unschuldig und unendlich schön sein? Sein Blick blieb wieder an seinen Lippen hängen und er wandte sich schnell um, um auf seiner Seite des Bettes ebenfalls unter die Decke zu schlüpfen. Wie konnte er nur darüber nachdenken, wie es sich anfühlte Kacey zu küssen, wenn dieser grade erst so übel misshandelt worden war? Vollkommen verwirrt vergrub er das rotglühende Gesicht in den Händen und schalt sich selbst einen idiotischen Dummkopf. Nach einiger Zeit schlief auch er durch Kaceys stetiges Atmen beruhigt ein. Warm. Das erste, was er spürte, als er langsam wach wurde, war diese wohlige Wärme, in der er sich befand. Obwohl er wach war, ließ er seine Augen zu, um dieses Gefühl noch weiter zu genießen. Vielleicht träumte er auch einfach noch? Und auch wenn es nur ein Traum war, wollte er auf jeden Fall noch nicht aufwachen. Als er jedoch ein leises Murren neben sich hörte, riss er die Augen auf. Er lag in einem großen Bett, viel zu groß, um seins zu sein, und auch die Decke, an die er jetzt starrte, war definitiv nicht seine. Vorsichtig drehte er den Kopf auf die Seite und erstarrte. Er sah direkt in Lians Gesicht, da dieser friedlich schlafend neben ihm lag. Fast traute er sich nicht zu atmen, um den anderen nicht zu wecken. Wie zum Teufel…? Schlagartig fiel ihm der gestrige Abend ein und er verkrampfte sich total. Warum musste es auch ausgerechnet immer Lian sein, der ihm aus der Klemme half? Nachdenklich betrachtete er das Gesicht seines Gegenübers. Warum half er ihm nur immer wieder? Verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen. Er wusste zwar nicht, warum er ihm half, aber er war ihm mehr als einfach nur dankbar. Er wollte gar nicht drüber nachdenken, was ihm noch alles hätte passieren können. Er hatte in den Gedanken versunken nicht mehr auf Lian geachtet und daher sah er ihn überrascht an, als dieser plötzlich mit offenen Augen dalag und ihn interessiert musterte. Unter seinem durchdringenden Blick wurde er schlagartig rot und drehte sich auf die Seite. Ihm war es mehr als peinlich, in was für einer Situation Lian ihn vorgefunden hatte. Lian seufzte resigniert. Er hatte nicht wirklich mit einem positiven Gefühlsausbruch von Kacey gerechnet, aber dass er sich einfach wegdrehte, traf ihn. Schließlich machte er sich Sorgen um den Kleineren. „Kacey? Ich geh eben nach unten und hol was zu essen hoch, ja?" Nachdem er sicher war, dass Kacey zögerlich aber definitiv genickt hatte, stand er auf und machte sich auf den Weg zur Küche. Ein kurzer Blick zu Garderobe versicherte ihm, dass sein Vater bereits bei der Arbeit war, da seine Schuhe nicht wie sonst akkurat auf der Matte standen. In der Küche angekommen schnappte er sich eins der Tabletts und häufte Unmengen von Dingen darauf, die er irgendwie lecker fand oder von denen er dachte, dass Kacey sie mögen könnte. Ein wenig ungeschickt, da er durch seine sperrige Fracht eingeschränkt war, schob er die Tür zu seinem Zimmer auf und stellte das Tablett auf sein Bett. Kacey hatte sich inzwischen aufgesetzt, sich jedoch in die hinterste Ecke des Bettes verzogen und die Decke schützend vor den Oberkörper gezogen. Zweifelnd zog Lian die linke Augenbraue hoch. „Hör mal, wenn du dich da hinten verkriechst, wirst du kaum vernünftig essen können. Also komm her, ich fress dich schon nicht.“ Kacey sah ihn durch seine Stirnfransen hindurch an, blieb aber beharrlich in seiner Ecke sitzen. Seufzend ließ Lian sich aufs Bett fallen und griff nach einem Apfel. Während er vor sich hin kaute, fiel sein Blick immer wieder auf den vollkommen verschüchterten Kacey. Seine ganze arrogante Art in der Schule war nur ein Schutzschild davor gewesen, angegriffen zu werden und er sah ihn jetzt, wie er wirklich war. Ängstlich, verlassen und bis ins Mark unglücklich. Als Kacey bemerkte, dass er beobachtet wurde, vergrub er das Gesicht in der Decke und entzog sich so Lians Blicken. Hilflos sah der Ältere auf den gesenkten Kopf seines Gegenübers. Er fühlte sich total nutzlos, da er nicht wusste, wie er Kacey helfen konnte. Er konnte ihn zwar erstmal wieder aufpäppeln, aber ohne zu wissen, warum dieser unglaublich hübsche Junge sich für etwas wie den Strich hergab, konnte er ihm dabei nicht helfen. Er warf noch einen kurzen Blick auf Kacey, der immer noch unverändert dasaß und stand dann auf, um nach unten zu gehen. Er wollte Flo anrufen und Bescheid sagen, dass er nicht mehr kommen würde, damit er sich nicht noch mehr Sorgen machte, als er es bestimmt ohnehin schon getan hatte, da er nicht an ihrem Treffpunkt gewartet hatte und auch bis zur dritten Stunde nicht aufgetaucht war. Als er spürte, wie sich das Gewicht auf dem Bett verlagerte, krampften sich seine Hände sofort ineinander. Was hatte er jetzt vor? Die sich entfernenden Schritte und das Klacken der sich schließenden Tür zeigten ihm jedoch, dass Lian den Raum verlassen hatte. Langsam hob er den Kopf und sah auf die nun verschlossene Tür. Verhielt er sich etwa zu abweisend? Er wollte nicht, dass Lian dachte, er sei ihm nicht dankbar, aber er wusste auch nicht, wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte. Lian hatte ihn in der schlimmsten Situation überhaupt vorgefunden und es war ihm einfach unendlich peinlich und er schämte sich in Grund und Boden. Seine verworrenen Gedanken wurden durch das laute Knurren seines Magens unterbrochen, der sich jetzt lautstark bemerkbar machte. Missmutig runzelte er die Stirn. Na toll, wenn ich jetzt was esse, stehe ich noch tiefer in seiner Schuld, als ich es sowieso schon tue… Trotzdem krabbelte er quer über das Bett, fischte sich ein Käsebrötchen von dem Tablett und kroch wieder in seine Ecke zurück. Mit angewinkelten Beinen begann er langsam zu essen, während er die Tür im Auge behielt, da er erwartete, dass Lian jeden Moment zurückkam. Lian stand in der Küche, atmete tief durch und fuhr sich durch die Haare. Ihm war absolut nicht wohl dabei, Kacey einfach allein zu lassen, aber vielleicht aß er dann wenigstens was. So leicht wie er war, aß er wahrscheinlich selten und auch nicht genug. Kopfschüttelnd tippte Lian Flos Handynummer ein und wartete geduldig, bis dieser ans Handy ging. »Lian? Sag mal, wo steckst du??« Lian grinste. „Keine Panik, mir geht's gut. Ich wollte nur eben Bescheid sagen, dass ich nicht mehr komme." »Warum? Bist du krank oder ist was passiert?« Unschlüssig zog er die Nase kraus. „Du, am Telefon kann ich dir das schlecht erzählen, aber mir geht es wirklich gut." Ein kurzes betretenes Schweigen folgte. »Gut… Kann ich heute Abend vorbeikommen? Dann kannst du mir’s ja so erzählen.« „Klar, komm am besten, wenn Vater weg ist. Ab 7 hat er, glaub ich, noch irgendein Geschäftsessen oder so was ähnliches." Zwar konnte Lian nicht sehen, dass Flo nickte, doch er kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er genau das tat. „Wie war’s denn eigentlich noch mit Tyler?" Sofort war Flos Skepsis gewichen und ein fröhliches Kichern ließ Lian lächeln. »Super… Aber das erzähl ich dir auch heute Abend, in Ordnung?« „Klar… Bin schon gespannt. Hab dich lieb, Kleiner. Ach, und grüß Nisha, ja?" »Ich dich auch und ja mach ich. Bis heute Abend!" Ein wenig entspannter lehnte er sich an den runden Küchentisch, nachdem er aufgelegt hatte. Flo wusste bei so was meistens, was zu tun war und er konnte sich auch besser in andere hineinversetzen als er selbst. Vollkommen in Gedanken versunken hatte er nicht gehört, dass die Haustür aufgeschlossen und wieder ins Schloss gefallen war. Erst als die teuren Lederschuhe seines Vaters in sein Sichtfeld traten, blickte er auf. ~~~~~ Uuuuund mal wiedeeeer ein dickes, fettes Danke an Illunaaaaaa*____* *umknuff* Kapitel 11: ------------ Mit in die Seiten gestützten Händen stand sein Vater vor ihm und maß ihn mit einem abschätzigen Blick. „Wo bist du denn bitte heute Nacht wie so ein Bekloppter hingefahren? Und was war das für ein Penner den du da angeschleppt hast? Ich hoffe den hast du bereits wieder rausgeschmissen?“ Ohne auf die Fragen seines Vaters einzugehen wollte Lian an ihm vorbei und in sein Zimmer hochgehen, wurde jedoch am Arm festgehalten. „Wenn ich mit dir rede hast du mir zu antworten!“ Lian war zwar stehen geblieben, sah aber verstockt weiter auf den Boden. Warum sollte er diesem Mann, der sich nicht im Geringsten für sein Leben interessierte, erzählen was er gemacht hatte und was mit Kacey los war? Er wollte doch nur wissen ob er irgendwas gemacht hatte bei dem sein Ruf gefährdet war. Kalte Verachtung stieg in Lian hoch und er senkte den Kopf noch weiter in der Hoffnung sein Vater wäre einfach zu genervt um weiter nachzubohren. Der Griff um seinen Arm verstärkte sich jedoch und sein Vater drehte ihn ganz herum. „Ich dulde solche Aufmüpfigkeiten nicht länger ist das klar? Ich hab dir seit je her freie Hand gelassen aber damit ist jetzt Schluss. Und vor allem hörst du auf dich mit diesem kleinen Möchtegern-Punk und seiner Schwester zu treffen, klar? Der schlechte Einfluss ist ja wirklich nicht mehr zu übersehen.“ Bei diesen Worten erstarrte Lian. Nach einer kurzen Schocksekunde riss er sich von seinem Vater los und starrte hin wutentbrannt an. „Das kannst du nicht machen…“ Er flüsterte nur, aber der Hass verlieh seinen Worten mehr Nachdruck als wenn er geschrien hätte. Es war auch keine Bitte, sondern eine Feststellung. „Und warum nicht? Immerhin bin ich dein Vater.“ Entgeistert starrte Lian diesen von sich selbst so überzeugten Mann an. Wann war er ihm ein Vater gewesen? Er hatte nie mit ihm gespielt, ihn nie in den Arm genommen, gelobt, getröstet, irgendetwas. Seine Hände zitterten vor Wut als er sie zu Fäusten ballte und die gletscherblauen Augen blitzten gefährlich kalt aber sein Vater schien das nicht zu bemerken. „Ich weiß wirklich nicht was ich falsch gemacht habe…Ich hab dir doch jede Chance gegeben die man sich denken kann. Und trotzdem bist du so wie du bist. SO kannst du doch niemals den Betrieb übernehmen. Was soll denn überhaupt aus dir werden?“ Jedes Wort seines Vaters fachte die schwelende Glut seiner Wut weiter an und er fühlte sich als wenn er inwendig verbrennen würde. Wie konnte dieser Mann es wagen über ihn zu urteilen? Wann hatte er das letzte Mal danach gefragt wie es ihm ging? „Mensch Junge jetzt sag doch was! Oder hast du bei deinen seltsamen Freunden verlernt wie man richtig spricht?“ Er hatte ihn an den Schultern gepackt und schüttelte ihn leicht. „Fass mich nicht an!“ Mit einer groben Handbewegung schlug er die Hände seines Vaters beiseite und starrte ihn mit brennenden Augen an. Wie wollte er sich das Recht herausnehmen ihm seine Familie zu nehmen? Auch wenn sie nicht blutsverwandt waren, waren Flo und Nisha ihm mehr Familie als sein eigener Vater es je gewesen war. Zunächst erstaunt verwandelte sich das Gesicht seines Vaters zu einer vor Wut und Schmerz verzerrten Grimasse. „Du bist wirklich das Undankbarste was mir je untergekommen ist! Nur damit du leben kannst ist deine Mutter gestorben…und was machst du??? Trittst ihr Andenken mit Füßen!!!“ Die letzten Worte schrie er seinem Sohn zornentbrannt entgegen, während ihm Tränen in den Augen standen. Lian jedoch starrte ihn nur fassungslos an.“ Wegen…mir? Wieso…?“ Jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen und seine blassen Lippen formten nur halb geflüsterte Worte. Sein Vater ignorierte wie sehr er ihn getroffen hatte. Ihm tat es gut zu sehen wie entsetzt sein Sohn war. „Du warst schon als Kind so dermaßen beschränkt…Wärst du nicht einfach auf die Straße gelaufen hätte sie sich niemals vor das Auto geworfen und wäre nicht gestorben!! Ist dir eigentlich klar, was du mir damit angetan hast? DU bist schuld am Tod deiner Mutter!!! Verdammt du hast unser Leben zerstört!!!“ Benommen taumelte er einige Schritte zurück, drehte sich dann auf dem Absatz herum und rannte die Treppe hoch. Tränenblind rannte er fast in Kacey hinein, der auf dem Flur stand und ihn mit schreckgeweiteten Augen ansah. Ohne weiter auf ihn zu achten raste er in sein Zimmer und warf sich auf sein Bett. Die Stimme seiner Mutter und ihr Lachen klangen in seinem Kopf wieder und ihm wurde speiübel. Verzweifelt krallten sich seine Hände in das Kissen, während er sein tränennasses Gesicht darin vergrub. Kacey war schon eine ganze Weile fertig mit essen als er eine laute Männerstimme hörte. Die Tür stand noch einen Spalt breit offen und so verstand er irgendwas von „..Penner…schon rausgeschmissen…“. Er war sich sicher, dass er damit gemeint war und sah sich hektisch um. Er wollte schnellstens verschwinden, um Lian nicht noch mehr Ärger zu machen. Alles was besaß hatte er am Körper und somit wohl auch nichts was er vergessen könnte. Vorsichtig schlich er zur Tür und lugte durch den Spalt nach draußen, um dann leise das Zimmer zu verlassen. Die Stimmen unten wurden immer lauter, wobei die meiste Zeit nur die Stimme zu hören war, die nicht Lian gehörte. Zögernd stand er am Ende des Ganges der zur Treppe führte als er die Beiden sah. Schnell huschte er wieder einige Schritte zurück, sodass er halb durch eine große Topfpflanze, halb durch eine Wand verdeckt wurde. Lian stand einem älteren Mann, vermutlich seinem Vater, fassungslos gegenüber und dieser holte erneut tief Luft um weiterzuschreien. Den ersten Teil hatte Kacey nicht richtig verstanden, da er sich schnell versteckt hatte. Aber Lians Gesicht nach zu urteilen musste es etwas Schlimmes gewesen sein, sodass der sonst so selbstbewusste schwarzhaarige Junge kalkweiß geworden war und seinen Vater nur entsetzt anstarrte. Von seiner Position aus konnte er nicht hören was Lian sagte, da dieser kaum mehr flüsterte. „Du warst schon als Kind so dermaßen beschränkt…Wärst du nicht einfach auf die Straße gelaufen hätte sie sich niemals vor das Auto geworfen und wäre nicht gestorben!! Ist dir eigentlich klar, was du mir damit angetan hast? DU bist schuld am Tod deiner Mutter!!! Verdammt, du hast unser Leben zerstört!!!“ Jedes einzelne Wort schien Lian wie ein Schlag ins Gesicht zu treffen und er taumelte rückwärts, bevor er die Treppe hoch und in seine Richtung rannte. Verständnislos und verwirrt sah Kacey erst dem davonstürmenden Lian hinterher, der ihn gar nicht bemerkt zu haben schien, um dann noch einen kurzen Blick auf dessen Vater zu werfen. Dieser fuhr sich scheinbar unschlüssig durch die silbergrauen Haare. Dann schien ihm etwas eingefallen zu sein, da er seine Aktentasche nahm, die er vergessen zu haben schien, noch mal kurz in die Richtung blickte in die Lian verschwunden war und nach kurzem Zögern das Haus verließ. DU bist Schuld am Tod deiner Mutter. Hätte man ihm so etwas vorgeworfen hätte er ähnlich heftig reagiert wie Lian. Wusste sein Vater nicht was er ihm damit antat? Unschlüssig sah er zu Lians Zimmer. Langsam setzte er sich in Bewegung und schob die Tür, die Lian zuvor zugeknallt hatte auf. Lian lag auf dem Bauch und bewegte sich nicht. Außer dem leichten Zucken seiner Schultern verriet nichts, dass er weinte. Unsicher kam Kacey näher und achtete sorgsam darauf nicht in irgendetwas reinzutreten was auf dem Boden lag, da Lian das Tablett anscheinend einfach von seinem Bett gefegt hatte. Langsam setzte er sich neben Lian aufs Bett. Es tat ihm weh, dass der sonst so strahlende und lachende Lian jetzt weinend, verzweifelt und voller Schuldgefühle in seinem Bett lag. In seinem Kopf hämmerten unablässig die gleichen Worte. Du bist schuld am Tod deiner Mutter. Sie war seine warme Erinnerung, sein Halt und der Grund warum er seinen Vater noch nicht in Grund und Boden geschrien hatte. Und er war schuld, dass sie tot war? Sein ganzer Körper fühlte sich bleischwer und taub an, während ihm das Blut durch die Ohren rauschte. Eine warme Hand legte sich vorsichtig auf seine Schulter und riss ihn aus seinen Gedanken. Kacey. Seine Atmung wurde langsam wieder ruhiger und seine verkrampften Hände lösten sich ein wenig als Kacey begann ihm sanft, wenn auch zögerlich, über den Rücken zu streichen. Er wusste nicht wie lange er so dagelegen hatte aber irgendwann hörte er auf zu weinen und drehte den Kopf zur Seite. Kacey saß neben ihm und sah ihn besorgt an. Lian setzte sich schnell auf und fuhr sich seufzend durch die Haare. „Eigentlich sollte ich dich trösten und nicht umgekehrt…Hab mich schließlich nur ein bisschen mit meinem Vater ge…“ Er stockte als er es in Kaceys Bernsteinaugen kurz aufblitzen sah. „Du hast genauso gut das Recht dich mies zu fühlen wie jeder andere auch.“ Der Jüngere hatte schüchtern den Kopf gesenkt und sah auf seine Hände, die in seinem Schoß lagen, dennoch hatte seine leise Stimme einen bestimmten Klang. Verunsichert drehte Lian das Gesicht zur Seite. Er mochte es nicht, wenn irgendjemand seine schwache und verletzliche Seite sah. Aber der Stachel saß einfach zu tief. Er fühlte sich als hätte sein Vater ihm das Wertvollste genommen was er besaß. Die Erinnerung an seine Mutter. Allein schon der Gedanke an ihr melodisches, weiches Lachen ließ sein Inneres fast erstarren, da er die Schuld am Verstummen dieses Lachens trug. Aufstöhnend ließ er den Kopf in die Hände sinken und schloss die Augen. Als sich zwei warme, schlanke Arme um seinen Oberkörper legten wollte er eigentlich nicht, dass der Jüngere versuchte ihn zu trösten, dann aber lehnte er dankbar den Kopf an Kaceys Schulter. In seinem Hinterkopf blitzte immer wieder das schlechte Gewissen auf, schließlich war Kacey erst in der vergangenen Nacht schwer misshandelt worden und brauchte mit Sicherheit eher Zuspruch und Trost als er selbst, aber sein ganzer Kopf war viel zu voll mit wirren Gedanken als dass er diesen einen Gedanken hätte umsetzen können. Kaceys schlanker Körper strahlte eine beruhigende Wärme aus und das gleichmäßige Heben und Senken seines Oberkörpers ließ Lian langsam abdriften. Die Erschöpfung durch seinen Gefühlsausbruch trug ebenfalls dazu bei, dass er sich nicht dagegen wehren konnte, als er langsam aber sicher wegdämmerte. Obwohl er sich zunächst nicht sicher war rang er sich doch dazu durch Lian in den Arm zu nehmen. Der Ältere wirkte total aufgelöst und verwirrt auch wenn er versuchte sich vor ihm zusammenzunehmen und er wollte ihm einfach irgendwie helfen. Lian sperrte sich erst ein wenig lehnte sich dann aber an seine Schulter. Als habe man einen Schalter umgelegt stieg Kacey das Blut ins Gesicht und sein Gesicht glühte förmlich. Er wusste nicht was es war aber Lian hatte etwas an sich was sein Herz kurz stolpern ließ bevor es ein wenig nervös weiter schlug. Vollkommen darauf konzentriert sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen hatte er gar nicht gemerkt, dass Lian einfach eingeschlafen war. Erst als das Gewicht des wesentlich Größeren ihn langsam aber sicher nach hinten drückte merkte er, dass der Ältere nicht mehr wach war. Zu seinem Entsetzen hatte er dem nichts entgegen zu setzen und wurde rücklings aufs Bett gedrückt, obwohl er versuchte Lian von sich wegzuschieben. Eine leichte Panik stieg in ihm auf als Lian halb über ihm liegend etwas in sich hineinmurmelte. Sollte er jetzt wach werden würde die ganze Situation nur noch komplizierter werden. Erst als er sich sicher war, dass Lian nur im Schlaf gesprochen hatte entspannte er sich wieder. Er sah mit zusammengezogenen Augenbrauen resigniert an die über ihm liegende Decke. „Na ganz toll…“ Lian bewegte sich und Kacey sah ihn erschrocken an. Hatte er ihn jetzt doch geweckt? Der Schlafende jedoch drehte nur den Kopf ein Stück und lag jetzt so, dass sein warmer Atem über Kaceys Hals strich. Dessen Herzschlag setzte fast aus und eine Gänsehaut zog sich über seinen ganzen Körper. Oh mein Gott…Was mach ich hier eigentlich? Krampfhaft kniff er die Augen zusammen. Lieber schlafen als noch weiter so aus dem Konzept gebracht und verwirrt zu werden. ~~~~~~ Sou wer Fehler findet darf sie erstmal behalten^^ Ne ne Version mit richtiger Zeichensetzung folgt noch...Aber im Mom bin ich im HochladefieberxDDD *knuddel* Kapitel 12: ------------ Noch total verschlafen zog Lian den warmen Körper näher an sich. Zufrieden in sich hineingrummelnd wollte er grade weiterschlafen als ihm plötzlich etwas durch den Kopf schoss. Vorsichtig öffnete er ein Auge, in der Erwartung gleich angefaucht zu werden. Schließlich lag er grade mit Kacey im Arm im Bett und hatte sich auch noch näher an ihn gekuschelt. Kacey jedoch lag seelenruhig halb unter ihm und schlief. Erleichtert atmete Lian wieder aus und rollte sich vorsichtig von Kacey runter. Zumindest versuchte er es , denn Kacey murrte unwillig und zog ihn wieder ein Stück näher zu sich heran. Verwirrt ließ Lian sich an seinem Arm zurückziehen. Was war denn mit Kacey los? Ein argwöhnischer Blick in das blasse Gesicht bestätigte jedoch, dass der Jüngere noch tief und fest schlief. Lian stützte sich auf der Seite liegend auf seinen rechten Unterarm und strich ihm mit der freien Hand vorsichtig über die Wange. Die Haut unter seinen Fingern war samtweich und Lian zog verträumt die Konturen des schmalen Gesichts nach. Wie konnte jemand nur so unendlich schön sein? Missmutig glitt sein Blick über einige Schnitte, die an Kaceys Arm zu sehen waren und sich unter der Kleidung über den ganzen Körper zogen. Sein schlechtes Gewissen machte sich wieder bemerkbar, da er einfach halb auf dem viel leichteren und verletzten Kacey eingeschlafen war und ihm sicherlich dadurch wehgetan hatte. Gedankenverloren sah er auf Kaceys friedliches Gesicht als er plötzlich durch ein melodisches Klingeln aufschreckte. Verwirrt sah er auf die neben dem Bett stehende Uhr und schüttelte ungläubig den Kopf bevor er vorsichtig aufstand, die herumliegenden Lebensmittel zusammensuchte um nicht hineinzutreten und zu seiner Zimmertür ging, um diese möglichst leise zu öffnen. Als er durch das Klacken der Tür aufwachte war er allein. Verwirrt und noch nicht richtig wach setzte er sich auf und sah sich um. Von Lian war keine Spur mehr zu sehen, also war er wohl grade nach draußen gegangen. Obwohl sein Herz wie verrückt geschlagen hatte, als Lian plötzlich eingeschlafen und auf ihm gelandet war, war er anscheinend doch irgendwann eingeschlafen. In seinem Kopf drehte sich alles und fahrig strich er sich einige seiner zerzausten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Er wusste nicht was er von der ganzen Situation halten sollte und war vollkommen überfordert. Schon fast verzweifelt krabbelte er wieder in seine Ecke und lehnte sein Gesicht auf seine angezogenen Beine. Warum ist er überhaupt so nett zu mir? Ich verhalte mich wie der letzte Mistkerl und er weiß, dass ich auf den Strich gehe…und gestern… Sein Gesicht glühte förmlich als er an den entsetzten Blick Lians dachte, als dieser ihn an irgendein Bett gefesselt und missbraucht vorgefunden hatte. Schritte und leise Stimmen kündigten Lian und noch jemanden an, sodass Kacey den Kopf ein wenig hob und ängstlich zur Tür starrte. Wieso kam noch jemand mit Lian mit? Flo saß auf dem Küchentisch und hörte Lian aufmerksam zu, während dieser von Kaceys Rettung erzählte. Als Lian seinen knappen Bericht beendet hatte, legte Flo den Kopf schief und sah ihn nachdenklich an. „Und du bist sicher, dass du ihm helfen willst? Das wird bestimmt nicht einfach.“ Lian nickte ernsthaft. Wie könnte er diesen zerbrechlichen Menschen einfach im Stich lassen? Flo seufzte und strich sich über die blauen Haare. „Na gut…ich werde mal sehen was sich machen lässt. Aber du überlässt mir das Reden, ja? Und egal was ich sage du bist einverstanden klar?“ Der Blauhaarige rutschte in einer fließenden Bewegung vom Tisch und ging vor Lian durch die Eingangshalle und die Treppe hoch. Dankbar sah Lian auf den Rücken seines Freundes, als dieser sich umdrehte und ihn angrinste. „Keine Bange das wird schon. Auch wenn du unsensibler Klotz dir Hilfe von mir holen musst, weil du nicht mehr weiter weißt.“ Ein freundschaftlicher Stoß gegen den Rücken ließ ihn die letzten beiden Stufen hochstolpern. „Das hättest du wohl gerne.“ Lian grinste jetzt ebenfalls und wuschelte seinem sich beschwerenden Freund durch die Haare. „Argh Lian Finger weg! Tyler will mich doch nachher noch abholen!“ Entrüstet richtete sich der Blauhaarige so gut es ging wieder her um seinem Freund langsam und murrend zu dessen Zimmer zu folgen. Lians Gesichtsausdruck war wieder ernst geworden und er legte zu Flo hinsehend den Zeigefinger an die Lippen, um ihm zu verstehen zu geben, dass er ruhig sein sollte, nachdem er die Tür ein Stück weit aufgeschoben hatte. Dieser nickte und spähte neugierig unter Lians Arm hindurch durch einen kleinen Spalt ins Zimmer, konnte jedoch nichts erkennen. Erst als Lian die Tür langsam ganz aufdrückte sah er den zusammengekauerten Jungen auf dem Bett der ihn mit vor Angst weit aufgerissenen Augen ansah und wahrscheinlich am liebsten einfach weggerannt wäre. Zwar hatte Lian ihm bereits gesagt, dass Kacey vollkommen verschreckt und eingeschüchtert war aber er hatte sich nicht vorstellen können, dass dieser kalte und arrogante Junge wirklich wie ein waidwundes Reh in Lians Bett sitzen und sich vor allem und jedem fürchten sollte. Die unsicheren und ängstlichen Augen schrien ihn aber geradezu an als er hinter Lian langsam ins Zimmer tapste. Sein Herz raste wie verrückt als er hörte, dass Lian mit dem Fremden vor der Tür stehen geblieben war. Das Blut rauschte ihm durch die Ohren und ihm wurde schlecht. Wenn Lian die Polizei eingeschaltet hatte war es für ihn vorbei. Schließlich war er noch minderjährig und würde im nächsten Heim landen und das wollte er auf keinen Fall. Seine Hände krallten sich hilfesuchend in die Decke, die er um seinen schmalen Körper geschlungen hatte. Bitte lass es nicht die Polizei sein. Als Lian die Tür aufschob lächelte er ihn beruhigend an und hinter ihm schob sich sein blauhaariger Freund durch die Tür. Dieser musterte ihn interessiert. Zwar war Kacey erleichtert aber eine unerklärliche Angst blieb. „Hey.“ Kacey schreckte kurz zusammen und sah den lächelnden Blauhaarigen kurz verwirrt an. Als er ihm nicht antwortete setzte er sich kurzerhand zu ihm aufs Bett und lächelte ihn weiter an. Lian stand neben dem Bett und ließ ihn nicht aus den Augen als habe er Angst, dass er wirklich gleich weglaufen würde. „Also mein Name ist Flo und Lian hat mir schon gesagt, wie und wo er dich gefunden hat.“ Bei diesen Worten glitt Kaceys Blick kurz zu Lian. „Und keine Angst ich werde niemandem etwas davon sagen. Aber mit dir will ich reden.“ Unsicher und zweifelnd sahen Kaceys bernsteinfarbene Augen zu ihm. „Lian hat mir erzählt, dass du alleine wohnst und von daher ist es wohl das Beste, wenn du die nächsten paar Tage hier bleibst. Schließlich ist jetzt Wochenende und Lian kann sich um dich kümmern, weil sein Vater bestimmt nicht zuhause sein wird.“ Ein fragender Blick in Lians Richtung wurde mit einem Nicken des Blauäugigen beantwortet und Flo wandte sich wieder Kacey zu, der sich ein wenig beruhigt hatte und nicht mehr ganz so verschreckt wirkte. „So…und damit ich auch sicher sein kann, dass das hier rund läuft versprichst du mir bitte nicht wegzulaufen oder so, ja? Auch wenn Lian manchmal ein richtiger Dickschädel sein kann.“ Dabei grinste er seinen besten Freund an, der jedoch lediglich das Gesicht verzog. Zögernd und überrumpelt nickte Kacey. Warum nur wollten beide ihm helfen? Und Flo kannte er überhaupt nicht und trotzdem benahm er sich wie ein Bruder, der nur sein Bestes wollte. Als er das Nicken des jungen Prostituierten sah klatschte Flo fröhlich in die Hände und sprang auf. „Lian bringst du mich nach unten?“ Ein verwirrter Blick traf ihn, da Lian erwartet hatte Flo würde noch länger bleiben. Entschuldigend grinste der Kleinere ihn an. „Du weißt doch…Tyler…“ Gespielt genervt verdrehte Lian die Augen und hielt Flo die Tür auf. „Na komm schon sonst wartet dein Lover noch unnötig lange.“ Frech grinsend winkte er Kacey noch kurz zu, bevor er an Lian vorbei auf den Flur stolzierte. Kopfschüttelnd zog Lian die Tür hinter sich zu, nachdem er noch einen kurzen Blick auf Kacey geworfen hatte. Dieser saß augenscheinlich verwirrt in seiner Ecke und sah nachdenklich auf die Tür, die er grade schloss. Kapitel 13: ------------ „Lian?“ Die Stimme seines Freundes klang ungewohnt ernst und Lian sah Flo fragend an, während sie nebeneinander die Treppe hinunterliefen. „Hör mal ich weiß, dass du ihm helfen willst…aber bitte überleg genau was du machst. Du kannst dir damit verdammt weh tun.“ Lian zog unwillig die Augenbrauen zusammen. „Warum denkst du eigentlich, dass ich mir weh tun werde nur weil ich jemandem helfe, der sonst nicht klarkommt?“ Flo seufzte und schüttelte den Kopf ein wenig. „Ich kenne dich einfach zu gut.“ Bevor Lian noch etwas sagen konnte stand Flo schon an der Haustür und zog diese auf. Tylers roter Wagen stand bereits in der Einfahrt und der Freund des Blauhaarigen lehnte lächelnd an der Fahrertür. Flo lächelte diesen ebenfalls kurz an und wandte sich dann wieder an Lian. „Sollte es irgendwelche Probleme geben ruf an ja? Und pass auf dich auf.“ Damit umarmte er den Größeren und grinste ihn an. „Was ich dir noch wegen Tyler erzählen wollte... Ich bin so verdammt glücklich.“ Lian grinste zurück und wuschelte seinem sich vergeblich duckenden Freund durch die Haare. „Freut mich und jetzt mach, dass du weg kommst sonst steht Tyler sich noch länger die Beine in den Bauch.“ Flo streckte ihm noch die Zunge heraus, dann drehte er sich um und rannte auf Tyler zu um ihm um den Hals zu fallen. Bevor Lian die Tür wieder zuzog sah er noch wie sich der so aus dem Gleichgewicht Gebrachte lachend zu Flo hinunterbeugte und ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte. Lächelnd machte Lian sich wieder auf den Weg nach oben, auch wenn er immer noch nicht verstand was Flo ihm hatte sagen wollen. Als er vor seinem Zimmer stand war das Lächeln jedoch schon wieder verschwunden und er zögerte kurz. Nachdenklich sah er auf seine auf der Türklinke ruhende Hand, dann schien er einen Entschluss gefasst zu haben und drückte die Klinke hinunter. Als Lian die Tür öffnete und zurück in sein Zimmer kam hob Kacey wieder den Kopf und sah ihn fragend und zweifelnd an. „Ähm…also...du musst dich nicht um mich kümmern…bisher bin ich auch allein klargekommen…“ Seine Stimme klang zwar wieder relativ sicher, trotzdem schwang noch Unsicherheit mit. Er verfluchte sich selbst dafür so ängstlich und eingeschüchtert zu sein. Wo war denn sein sorgfältig zusammengekittetes Selbstvertrauen geblieben? Ein spöttischer Blick aus den eisblauen Augen traf ihn und er presste die Handflächen zusammen. „Selbst wenn du sonst alleine klarkommst, wäre es besser, wenn du erstmal hierbleiben würdest…Und so könntest du nicht mal rausgehen ohne wie ein bunter Hund zu wirken.“ Überrascht sah Kacey an sich hinunter und wurde knallrot. Nicht nur er, sondern auch seine Klamotten hatten gelitten. Sein Shirt wies zahlreiche Wachsflecken auf und war halb aufgeschnitten, da der Mann zu ungeschickt gewesen war es ihm über den Kopf zu ziehen, während er sich wehrte. Seine Hose sah nicht viel besser aus, da der Knopf durch zu heftiges daran herumreißen abgesprungen war und auch der Reißverschluss ließ sich nicht mehr ganz hochziehen. Überhaupt fiel ihm erst jetzt auf, dass Lian ihn wieder angezogen haben musste, da er bei seinem Eintreffen schließlich nackt gewesen war. Er wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken und sein Gesicht nahm eine ungesund tiefrote Färbung an, während er versuchte die Tränen, die ihm in die Augen schossen, zu unterdrücken. Hilflos öffnete Lian den Mund um etwas Tröstendes zu sagen, schloss ihn aber wieder als ihm nichts Sinnvolles einfiel. „Keine Bange das wird schon wieder“ oder „Nimms nicht so schwer“ war wirklich nicht das Passende in so einer Situation. Immer noch ratlos strich er sich die Haare aus dem Gesicht. Sein Blick jedoch blieb an Kaceys halbnacktem Oberkörper hängen. Einige hellrote Streifen waren auf der hellen, zerbrechlich wirkenden Haut zu sehen und er wandte schnell das Gesicht ab. Ein leichter Rotschimmer flog über sein Gesicht und er schüttelte leicht den Kopf. Er sollte nicht darüber nachdenken wie es sich anfühlte diese Haut zu berühren. Das Beste wäre es, wenn er dem Jüngeren ein paar seiner Klamotten gab. Dann konnte er auch gar nicht mehr auf solche dummen Gedanken kommen. Mit einem abschätzenden Seitenblick auf Kacey ging er zu seinem Kleiderschrank und zog die großen Flügeltüren auf. „Hmm…Kacey? Welche Kleidergröße hast du?“ Der Schwarzhaarige hob den Kopf und sah ihn verwirrt an. Seine roten Augen verrieten, dass er mit sich kämpfte um nicht vor ihm zu weinen. „Ehm…weiß ich nicht…kommt immer drauf an glaub ich…“ Lian legte den Kopf schief und musterte Kacey noch mal von oben bis unten, dann begann er in seinem Schrank herumzuwühlen. Nachdem er schon einige Sachen herausgezogen, begutachtete und kopfschüttelnd auf den Boden geworfen hatte zog er zu guter letzt ein schwarzes Shirt mit einem roten Schriftzug heraus, sowie eine schwarze Jeans zu der er auch gleich einen Nietengürtel raussuchte, da sie dem wesentlich Schmaleren und Kleineren sonst von den Hüften gerutscht wäre. Lächelnd drückte er die Sachen Kacey in den Arm und nickte in die Richtung einer Tür die Kacey bis dahin noch nicht bemerkt hatte. „Ich denke du willst erstmal duschen gehen. Da vorne ist das Badezimmer und im Schrank neben dem Waschbecken liegen Boxershorts. Such dir einfach eine raus. Gewaschen sind die alle.“ Nachdem Kacey zögernd genickt hatte schnappte er sich selbst ebenfalls einige Klamotten und ging zur Tür. „Ich geh im Erdgeschoss duschen. Du kannst einfach runterkommen, wenn du fertig bist ich mach dann noch was zu Essen und wir können uns irgendeinen Film oder so angucken.“ Mit diesen Worten lächelte er Kacey noch mal zu und zog die Tür hinter sich zu. Das leise gemurmelte „Danke“ von Kacey hörte er schon nicht mehr als er sich schwer ausatmend mit dem Rücken an seine Tür lehnte, den Kopf mit geschlossenen Augen in den Nacken legte und vor sich hinmurmelte. „Ganz ruhig…Stellst dich ja an wien kleines Mädchen…“ Als er hörte wie die Badezimmertür geöffnet und wieder geschlossen wurde, stieß er sich von der Tür ab und machte sich auf den Weg ins Erdgeschoss. Nachdem Lian nach unten verschwunden war schlug Kacey nach kurzem Zögern die Decke zur Seite und schwang die Beine aus dem Bett. Nachdenklich sah er auf die Klamotten, die Lian ihm gegeben hatte. Er verstand immer noch nicht warum der Ältere ihm unbedingt helfen wollte. Kopfschüttelnd stand er auf und lief auf wackeligen Beinen in Richtung Badezimmer. Inzwischen tat ihm nämlich so gut wie alles weh durch die äußerst unangenehme Haltung in die er in dem Stundenhotel gezwungen worden war. Mit kreisenden Schulterbewegungen zog er leise fluchend die Tür des Badezimmers hinter sich zu. Nachdem er die Klamotten von Lian fein säuberlich auf einen neben der Dusche stehenden Stuhl, besser gesagt Hocker, gelegt hatte, warf er seine Klamotten achtlos auf den Boden, während er angeekelt das Gesicht verzog. Es war wirklich nötig, dass er duschte. Ein Wunder, dass Lian überhaupt solange neben und teilweise auf ihm, wie er sich rotwerdend ihn Gedächtnis rief, ausgehalten hatte. Bevor ihm allzu kalt wurde stellte er sich schnell unter die Dusche und drehte den Wasserhahn voll auf. Eiskalt rauschte das Wasser auf ihn nieder, sodass er vor Schreck den Atem anhielt und hastig an den Einstellamaturen der Dusche herumdrehte, bis angenehm warmes Wasser auf ihn rieselte. Entspannt lehnte er sich gegen die geflieste Wand der Dusche und ließ das Wasser über sein Gesicht laufen. Doch obwohl er eigentlich vollkommen entspannt und wieder völlig ruhig war schlichen sich leise Zweifel in seinen Kopf. Was war wenn Lians Vater doch früher nach hause kam? Dann musste er bestimmt sofort wieder gehen…und das obwohl er grade damit begonnen hatte Lian zu vertrauen. Zwar wusste er nicht was Lian über ihn dachte oder von ihm hielt aber er schien nicht völlig angewidert zu sein, wie viele andere es gewesen wären. Das Wasser lief ihm immer noch übers Gesicht und prustend trat er ein wenig zur Seite, als er kaum noch Luft bekam. Seine Augen sahen sich kurz suchend um dann fanden sie einige Shampooflaschen, die in einer der Duschkabinenecken standen. Während er sich gewissenhaft die Haare einseifte kam ihm Lians Streit mit seinem Vater in den Sinn. Obwohl Lian nach dieser Auseinandersetzung so aufgelöst und verzweifelt gewesen war, riss er sich zusammen und versuchte ihn aufzubauen und ihm zu helfen. Er bewunderte den Älteren für seine Stärke und sein schlechtes Gewissen erinnerte daran, dass er sich noch gar nicht richtig bedankt hatte. Mit dem festen Vorsatz dies zu tun hielt er seinen Kopf wieder direkt unter den Wasserstrahl und spülte das restliche Shampoo aus seinen Haaren aus. Mit geschlossenen Augen zunächst danach tastend drehte er das Wasser ab und strich sich dann einige seiner nassen Strähnen aus den Augen um wieder etwas sehen zu können. Er schob die Glastür der geräumigen Dusche auf, suchte nach Handtüchern und als er diese entdeckte tapste er eine nasse Spur hinterlassend aus der Dusche, wickelte sich eines der größeren Handtücher um den Körper und begann sich trocken zu rubbeln. Kapitel 14: ------------ Lian stand in der Küche und versuchte grade den halb aus der Pfanne gerutschten Pfannkuchen wieder in seine eigentliche Position zu schieben, als Kacey schüchtern die Küchentür aufschob. Aber anstatt ganz in den Raum, aus dem ihm schon der Geruch nach Pfannkuchen entgegen schwappte, hineinzugehen blieb er unsicher halb hinter der Tür stehen. Nachdem Lian den widerspenstigen Pfannkuchen endlich aus der Pfanne bekommen und auf die restlichen auf einen Teller gehäuften Pfannkuchen gelegt hatte, sah er abwartend zu Kacey. „Willst du gar nicht reinkommen?“ Kacey nickte schnell und tapste in die Küche. In den viel zu großen Klamotten und mit den nassen Haarsträhnen, die ihm immer wieder ins Gesicht fielen, obwohl er sie immer wieder nach hinten strich, wirkte er noch hilfloser als vorher und Lian wandte sich schnell ab. Warum nur wollte er diesem Jungen, der ja immerhin ein Stricher war, nur so unbedingt helfen? Seufzend nahm er den Teller mit den Pfannkuchen hoch und stiefelte damit in Richtung Wohnzimmer. Hinter ihm blieb jedoch alles still und er sah fragend über die Schulter zurück zu Kacey, der immer noch wie angewurzelt an der gleichen Stelle stand und verlegen auf den Boden sah. „Hey, komm schon…Alleine essen wollte ich jetzt eigentlich nicht.“ Kaceys Hände zupften am Saum des ihm bis fast zu den Knien reichenden Shirts und er senkte den Kopf noch weiter, sodass seine nassen Haare sein komplettes Gesicht verdeckten. „Ich…ehm…Ich wollte mich…bedanken…“ Seine Stimme war nur ein leises Flüstern, aber es freut Lian wie verrückt. Kacey schien sich zu berappeln und sprach sogar von sich aus mit ihm und das freute ihn einfach wahnsinnig, obwohl er sich selbst nicht erklären konnte warum. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihm aus und ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht. „Na das ist nicht der Rede wert…Aber jetzt komm…Kalt schmecken die wirklich nicht.“ Zögernd sah Kacey zu ihm hoch, dann nickte er langsam und tapste ihm mit nackten Füßen hinterher. Kacey war sich immer noch nicht sicher, ob es okay war, dass er hier blieb und daher wanderte sein Blick immer wieder zur Tür als sie vor dem Fernseher auf einem der Sofas saßen, immer in der Angst Lians Vater könnte doch plötzlich wiederkommen. Daher bekam er auch nicht wirklich viel vom Film mit und als plötzlich ein gellender Schrei ertönte sprang er fast vom Sofa, da er völlig in Gedanken gewesen war und sich wahnsinnig erschrocken hatte. Hastig atmend starrte er den Fernseher wütend an, als habe er ihn grade angefallen. Erst als er Lians unterdrücktes Lachen hörte, löste er schnell die Hände von dem Kissen an das er sich im ersten Schreckmoment geklammert hatte. Dem Älteren standen Tränen in den Augen vor Lachen und Kaceys wütender Blick reizte seinen Lachanfall nur noch mehr aus. „Tut…tut mir leid aber…“ Er hielt sich bereits den Bauch vor Lachen aber Kaceys immer verletzter wirkender Blick ernüchterte ihn dann doch sehr schnell. Zerknirscht fuhr er sich durch die Haare und sah entschuldigend auf den Kleineren. „Hey, tut mir wirklich leid okay?“ Manchmal war er wirklich schlimmer als jeder Elefant im Porzellanladen. Wie konnte er nur so unsensibel sein und den Kleineren auslachen? Wäre es nicht in diesem Moment so unpassend gewesen hätte er sich mit der Hand vor den Kopf geschlagen. Kacey hatte sein Gesicht von ihm weggedreht und daher wusste er nicht, ob der Kleinere es ihm wirklich ernsthaft übel nahm, dass er gelacht hatte. Vorsichtig, um ihn nicht irgendwie zu erschrecken, rutschte er näher und lehnte den Oberkörper ein wenig nach vorn, um in das Gesicht des Jüngeren sehen zu können. Überrascht weiteten sich seine Augen, als er ein leichtes Lächeln auf den feingeschwungenen Lippen sah. Lians zerknirschtes Gesicht sah aus wie bei einem jungen Hund, der grade die Hausschuhe seines Herrchens im Garten vergraben hatte und jetzt ausgeschimpft wurde und obwohl Kacey es eigentlich nicht wollte, konnte er Lian einfach nicht weiter böse sein. Als er den Kopf wieder in Lians Richtung drehte saß dieser fast direkt vor ihm und starrte ihn verwirrt und sprachlos an. Ein wenig verlegen und überrascht strich Kacey sich einige Haarsträhnen hinter das Ohr und sah wieder auf den Boden, da er nicht mitbekommen hatte, dass der Andere zu ihm rübergerutscht war. „Was gibt’s denn da zu gucken?“ Lian ignorierte den zickigen Unterton, der ungewollt mitschwang, ein strahlendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und seine klaren, blauen Augen blitzten amüsiert. „Na du hast gelächelt…Das heißt ja, dass es dir wieder besser geht und das freut mich.“ Er nickte noch einmal bekräftigend, lehnte sich entspannt zurück und sah wieder zum Fernseher. Kaceys Gesicht hatte wieder eine signalrote Färbung angenommen und schnell sah er auf seine Hände. Er wusste nicht warum, aber er fühlte sich in Lians Gegenwart wohl. Und das war ihm unheimlich, denn es war nicht nur dieses Gefühl der Geborgenheit, sondern noch irgendetwas brodelte in ihm, schien jedoch auf den richtigen Augenblick zu warten hervorzubrechen und alles wieder zu zerstören. Und davor hatte er Angst. Er wusste nicht was das war und er wollte es auch gar nicht wissen. Es sollte einfach da bleiben wo es war, denn es war bestimmt nichts Gutes. Das hatte er im letzten Jahr gelernt. Unbekanntes bedeutet so gut wie nie etwas Gutes. Es tut weh, verletzt und zerbricht einen langsam aber sicher. Dieser Gedanken überdrüssig lehnte er seinen Kopf wieder an die Lehne des Sofas und versuchte an nichts mehr zu denken, sondern den Film zu verfolgen. Er wurde jedoch wieder abgelenkt, als er etwas roch, was er kannte und ihn irgendwie beruhigte und gleichzeitig aufwühlte. Der Geruch des Shampoos, das er vorhin noch selbst benutzt hatte und noch etwas anderes, was sich mit hineinmischte. Lian. Aus den Augenwinkeln sah er zu dem konzentriert auf den Bildschirm Sehenden hin und betrachtete ihn nun zum ersten Mal richtig. Das fein geschnittene Profil wurde nur durch einen silbernen Lippenring unterbrochen und die schwarzen Haare fielen ihm mit einem seidigen Schimmer ins Gesicht. Die vollen Lippen wirkten, als würde er immer lächeln, da sie in einem leichten Bogen nach oben geschwungen waren. Schwarze Wimpern umrahmten die schier unendlich wirkenden blauen Augen. Mit angezogenen Beinen und vollkommen ruhig strahlte der Ältere pure Zufriedenheit aus und Kacey wandte den Blick nachdenklich wieder nach vorn. Warum wollte so ein perfekter Mensch ihm helfen? Er ließ den Kopf gegen die Seitenlehne des Sofas sinken und seine Augen verfolgten immer langsamer werdend die Figuren, die über die Mattscheibe flimmerten. Der Abspann hatte grade begonnen und Lian schaltete den Fernseher mit einem Knopfdruck auf der Fernbedienung aus. „Sag mal willst du eigentlich noch irgendwas essen?“ Als er keine Antwort bekam lehnte er sich nach vorn, um Kacey an die Schulter zu tippen, da er dachte dieser hätte einfach nicht mitbekommen, dass er mit ihm gesprochen hatte. Grade als sich seine Hand auf die Schulter legen wollte, ließ Kacey ein verhaltenes Murren hören und drehte sich auf den Rücken. Lians Hand schwebte jetzt über Kaceys Gesicht und er sah den Jüngeren ungläubig an. Wie konnte ein einzelner Mensch nur so viel schlafen? Aber wahrscheinlich hatte er in der letzten Zeit nur wenig Schlaf gefunden, da er ja schließlich zur Schule sollte und nachts…Darüber wollte er lieber gar nicht nachdenken und das passte auch so gar nicht zu dem unschuldigen und zerbrechlichen Gesicht, das im Schlaf so entspannt und frei von irgendwelchen Ängsten war. Bevor Lian weiter darüber nachdenken konnte, strich er mit der Hand, die sich kurz zuvor noch über Kacey Gesicht befunden hatte, über die zarte Wange des Kleineren. Sein Verstand schien sich einfach verabschiedet zu haben und das einzige was blieb war das Bedürfnis den so zart wirkenden Jungen zu beschützen und ihm irgendwie zu helfen. Aber dieses Gefühl wurde von noch etwas anderem überschattet, was er nicht hätte benennen können, wenn er in diesem Moment klar gedacht hätte. Alles in ihm schien sich in einem schier endlosen Chaos zu verirren, er wusste nicht wo ihm der Kopf stand und der Strudel in seinem Inneren schien sich auf Kacey zu konzentrieren, als er sich langsam vorbeugte und seine Lippen nach kurzem Zögern auf die von Kacey legte. Ein unbändiges Glücksgefühl raste förmlich durch seinen ganzen Körper, als er die weichen Lippen des Anderen unter seinen spürte. Erst als Kacey seinen Kopf panisch zur Seite riss und schreckgeweitete Augen ihn vollkommen verwirrt anstarrten, kam er wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Scheisse. ~~~~ nicht viel länger geworden als das andere aber ich musste n bisschen was aufteilen^^ Hrhrhrh...*alle mal knuddel* Kapitel 15: ------------ Nach einem kurzen Augenblick in dem sich keiner von beiden rührte, die Zeit stehen zu bleiben schien und sie sich einfach nur anstarrten, rutschte Kacey soweit es möglich war von Lian weg und vergrub das Gesicht in den Händen. Seine Wangen brannten und das Blut schien ihm rückwärts durch den Körper zu fließen. Zwar war er im ersten Moment einfach nur verwirrt und ein wenig überrumpelt gewesen die weichen Lippen Lians auf seinen zu spüren, aber jetzt machte ihm etwas anderes viel mehr Angst. Es hatte ihm gefallen. Ein wohliges Kribbeln hatte sich schlagartig in seinem ganzen Körper breitgemacht und das konnte er nicht zulassen. Er konnte sich solche Gefühle einfach nicht erlauben, denn Lian wollte mit Sicherheit einfach nur mal ausprobieren wie es war einen Jungen zu küssen. Was für ein anderes Interesse könnte er an jemandem wie ihm sonst haben? Er war nun mal Stricher. Also warum sollte Lian ihn als etwas anderes als das betrachten und behandeln? Als habe man ihn in einen nicht enden wollenden Strudel geworfen, so in etwa fühlte er sich in diesem Moment. Er wollte Lian vertrauen und sein Inneres stand Kopf, aber er war sich einfach zu sicher, dass Lian nicht wirklich Interesse an ihm hatte. Warum auch? Einige Tränen stahlen sich in seine Augen und liefen langsam seine brennenden Wangen hinunter. Warum war er nur so dumm sich in den nächstbesten Jungen zu verlieben, der ihm half? Denn verliebt war er ohne jeden Zweifel, das hatte ihm sein verrückt spielender Körper und seine durcheinandergewirbelte Gefühlswelt grade mehr als deutlich gezeigt. Verdammt…ich bin so dumm.,.so verdammt dumm…Warum hab ich das nicht schon früher gemerkt? Lians Inneres zog sich schmerzhaft zusammen, als Kacey hektisch von ihm wegrückte und sich in seiner Ecke zusammenkauerte. Er hatte ihn doch nicht noch mehr verletzen wollen. Irgendeine Sicherung in seinem Kopf war einfach vollkommen durchgebrannt und er hätte sich für seine mangelnde Selbstbeherrschung ohrfeigen können. Hilflos und verzweifelt strich er sich fahrig die Haare aus dem Gesicht. Jetzt hatte er durch so eine dumme Aktion das ganze Vertrauen, das Kacey zu ihm aufgebaut hatte wieder zunichte gemacht. Nur weil er sich nicht hatte beherrschen können. Auch wenn er sich eingestehen musste, dass ihm der Kuss gefallen hatte und irgendetwas in ihm zum klingen gebracht hatte, von dem er nicht wusste, dass es das gab. Zwar hatte er schon Mädchen geküsst und deren Küsse hatten ihm zwar auch Spaß gemacht, waren aber nicht so intensiv gewesen. Obwohl sie wesentlich länger, raffinierter und leidenschaftlicher gewesen waren als diese kurze Berührung ihrer Lippen. Irgendetwas musste er tun, um das richtig zu stellen. Damit Kacey sich nicht vollkommen von ihm abwandte. Er zögerte noch kurz, bevor er ansetzte zu sprechen. „Kacey?“ Der Jüngere erstarrte, als er ihn ansprach und es kam Lian vor wie eine Ewigkeit bis er langsam den Kopf hob und ihn aus verweinten Augen ansah. Der Ausdruck in den bernsteinfarbenen Augen irritierte ihn kurz, da etwas wie eine leise Hoffnung durchblitzte, die aber von unendlicher Traurigkeit überschattet wurde. „Also…Es tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe…Aber du sahst so süß aus und da sind wohl die Pferde mit mir durchgegangen…Also denk dir nichts dabei, ja? Ich werd mich auch nicht noch mal zu so was hinreißen lassen, das verspreche ich dir.“ Bevor er etwas aus Kaceys Mimik hätte erkennen können, senkte der Kleinere den Kopf und nickte langsam. „Ist schon okay…“ Kaceys Stimme war wenig mehr als ein monotones Flüstern. Immer noch vollkommen hilflos sah Lian auf den gesenkten Kopf des Kleineren und zupfte sich am Ohrläppchen. „Wenn du willst kannst du auch im Gästezimmer schlafen, muss dir das Bett dann nur noch beziehen.“ Die Heftigkeit des Kopfschüttelns überraschte Lian nun doch, da er erwartet hatte, dass der verschüchterte Junge das Angebot annehmen würde, anstatt weiter bei ihm im Zimmer, somit in seinem Bett, zu schlafen. „ Ich will dir nicht noch mehr Umstände machen…“ Lian nickte langsam. In seiner Situation hätte er das auch nicht gewollt und er konnte den Kleineren nachvollziehen auch wenn er der Meinung war, dass es ihm keine weiteren Umstände bereitet hätte. Trotzdem verstand er das Verhalten des im gegenübersitzenden Jungen nicht gänzlich. An seiner Stelle hätte er nur möglichst weit entfernt von demjenigen schlafen wollen, der ihn einfach so küsste. Während sie wieder nach oben gegangen waren, herrschte eine unangenehm gespannte Stille zwischen ihnen und keiner fühlte sich wirklich wohl in seiner Haut. Kacey saß wieder auf Lians Bett und sah dem Älteren schweigend zu wie dieser einige Kabel vor seinem Fernseher sitzend umstöpselte. Zwar hielt er nicht viel von irgendwelchen sinnlosen Konsolenspielen aber das war immer noch besser als sich anzuschweigen und daher hatte er Lians zögerlichem Vorschlag zugestimmt. Obwohl er nach außen hin wieder ruhig wirkte, brodelte es in seinem Innern. Die Erkenntnis, dass er sich in Lian schon fast unbemerkt verliebt hatte, warf ihn gewaltig aus der Bahn. Und die Tatsache, dass er einfach vor dem Angst hatte, was noch alles auf ihn zukommen könnte beruhigte ihn nicht wirklich. Der Gedanke nicht ewig in dieser schützenden Umgebung bleiben zu können, drehte ihm fast den Magen um. Schließlich musste er auch weiterhin irgendwoher Geld bekommen, aber im Moment bezweifelt er, dass er das weiter mit seinem Körper verdienen konnte. Angst, Panik und Ekel stiegen in ihm auf, wenn er nur daran dachte seinen Körper wieder von irgendjemandem anfassen lassen zu müssen. In Gedanken versunken starrte er mit ausdruckslosen Augen an die gegenüberliegende Wand und hörte gar nicht, dass Lian mit ihm sprach. Erst als dieser ihn leicht an der Schulter berührte ruckte sein Kopf hoch und er sah verwirrt in Lians Gesicht. „Also ich hab die Konsole fertig…Kommst du?“ Schnell nickte er und setzt sich auf einer der Kissen, die Lian bereits auf den Boden gelegt hatte. Mit einer fließenden Bewegung ließ Lian sich neben ihn nieder, jedoch darauf bedacht eine knappe Armlänge Abstand zwischen ihnen zu wahren und drückte ihm einen der Controller in die Hand. Erst sah Kacey eine zeitlang auf das sich in seiner Hand befindliche Gerät, bis er irgendwann zögernd einen Seitenblick auf Lian warf. „Ehm…Wie funktioniert das?“ „Hast du schon mal mit so was gespielt?“ Ein leichter Anflug von Überraschung flog über Lians Gesicht, verschwand jedoch sehr schnell wieder als er sah, dass der Jüngere wirklich nicht wusste was er mit dem Teil anfangen sollte. Geduldig begann er dem verhalten aber interessiert zusehenden Kacey die Tasten, Knöpfe und Funktionen zu erklären. Gähnend ließ Lian sich nach hinten auf den Boden fallen und massierte seine Schläfen. Ein kurzer Blick auf seinen blinkenden Wecker sagte ihm, dass sie jetzt seit bereits mehr als 3 Stunden so gut wie alle Spiele ausprobiert hatten, die er besaß und das waren auf Grund des schlechten Gewissens seines Vater beileibe nicht wenige. Das machte sich jetzt mit brennenden Augen und durch seine hämmernden Kopfschmerzen bemerkbar. Kacey schien noch topfit zu sein und seine Augen leuchteten jedes Mal in kindlicher Freude, wenn er ein Spiel gewann und so gern Lian auch dieses zarte Lächeln auf dem Gesicht des Anderen sah konnte er wirklich nicht mehr. Sein Kopf drohte zu platzen und das war keine sehr angenehme Vorstellung. Ein besorgter Blick aus bernsteinfarbenen Augen traf ihn. „Willst du dich nicht lieber hinlegen?“ Noch immer schwang ein Zögern in seiner Stimme mit aber er klang schon sicherer als noch zu Anfang. Lian nickte, erhob sich und hielt sich mit einer Hand den Kopf, während er leise aufstöhnte. Warum schlug er auch so einen Mist vor, wenn er doch wusste, dass er nachher wieder mit bestialischen Kopfschmerzen im Bett liegen würde? Da auch noch seine Beine eingeschlafen waren ließ er sich einfach aufs Bett fallen und machte sich nicht die Mühe den Wecker, der dabei von seinem Nachttisch gefegt worden war wieder aufzuheben. Ein Klacken ließ ihn die Augen wieder aufmachen und zum Fenster hinübersehen, das Kacey grade geöffnet hatte und unsicher zu ihm rübersah. „Ich dachte, das hilft vielleicht…“ Lian nickte nur und schloss die Augen wieder. Erst blieb es eine ganze Weile ruhig dann hörte er wie Kacey sich in Bewegung setzte und ein leichtes Absenken der Matratze zeigte ihm, dass der Jüngere sich auf die andere Seite des Bettes gesetzt hatte. Er verzog kurz das Gesicht, als er daran dachte, dass er ja schließlich selbst Schuld daran war, dass der Kleinere sich möglichst fern von ihm hielt. Mit geschlossenen Augen massierte er seine Schläfen in der Hoffnung, dass der pochende Schmerz ein wenig nachlassen würde. „Ehm…Vielleicht hilft es ja, wenn ich das Licht ausmache…?“ Kacey zupfte unsicher am Saum seines Shirts herum und sein Gesicht hatte einen leichten Rotschimmer, als Lian ihn durch halbgeöffnete Augen ansah. Nach kurzem Überlegen nickte er. „Mhm…könnte helfen..“ Fahrig stand Kacey auf und drückte auf den Lichtschalter an der gegenüberliegenden Wand. Erst sah er gar nichts mehr, dann aber gewöhnten sich seine Augen relativ schnell an die Dunkelheit. Da Vollmond war, war der ganze Raum in ein unwirklich kalt-blaues Licht getaucht und als er wieder zu Kacey hinübersah wirkte dieser fast nicht mehr wie ein realer Mensch. Vollkommen fasziniert starrte er den Jüngeren an, dessen blasses Gesicht beinahe durchscheinend wirkte und nur durch die tiefgründigen Augen verriet, dass er noch ein Mensch war. Unsicher geworden setzte Kacey sich wieder aufs Bett und trotz des farbenschluckenden Lichts konnte Lian immer noch erkennen, dass der Jüngere eine nahezu dunkelrote Gesichtsfarbe angenommen hatte. Um ihn nicht noch mehr zu verunsichern, rang er sich dazu durch den Kopf wegzudrehen und die Augen zu schließen. Seine Kopfschmerzen dröhnten immer noch schienen aber schwächer zu werden. Die einzigen Geräusche die noch zu hören waren, war das Zirpen einiger Insekten, in der Ferne vorbeirauschende Autos und Kaceys gleichmäßiger Atem. All das wirkte so richtig und normal, dass Lian langsam aber sicher spürte wie sein ganzer Körper immer schwerer wurde und seine Augen sich weigerten sich noch mal zu öffnen. Ich schlafe ja schon fast genauso viel wie Kacey… Kacey war sich nicht sicher, wie lange er jetzt schon hier im Dunkeln bei Lian auf dem Bett saß aber es beruhigte ihn ungemein einfach nur hier zu sitzen und nichts zu sagen. Lian schien sich immer mehr zu entspannen und ein seliges Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt. Wie ein kleines Kind… Dieser Gedanke kam Kacey unwillkürlich in den Kopf, obwohl er sich eingestehen musste, dass Lian körperlich nichts Kindliches an sich hatte. Der schlanke, durchtrainierte Körper, die kräftigen Hände und das schon fast überirdisch schöne Gesicht waren beinahe zu viel des Guten. Es war schon fast erschreckend wie unglaublich anziehend jedes noch so kleine Detail an Lian auf ihn wirkte. An der linken Seite seines Halses hatte er ein Muttermal entdeckt und als er sich vorstellte diese Stelle zu küssen oder einfach nur darüber zu streichen trieb es ihm bereits die Schamesröte ins Gesicht. Wüsste Lian was für Gedanken er in Bezug auf ihn hatte…Er würde ihn keine Sekunde länger in seinem Bett schlafen lassen. Seufzend stützte er sein Kinn auf seine Hand auf und betrachtete weiter jeden Zentimeter von Lian. Dieser verzog in diesem Moment unwillig das Gesicht und seine Atmung wurde schneller, unregelmäßig und hektisch. Die vorher entspannten Hände krallten sich jetzt in die Bettdecke und einige Tränen glitzerten unter den langen, schwarzen Wimpern, während der Schlafende verzweifelt den Kopf von einer Seite auf die andere drehte. Ratlos sah Kacey auf Lian bis er irgendwann zögernd zu ihm rüber krabbelte. Mit untergeschlagenen Beinen blieb er neben ihm sitzen und strich ihm nach kurzem Innehalten über die Haare. „Shhhh…Ist doch gut…“ Er fühlte sich total hilflos, da es offensichtlich war, dass Lian einen ziemlich üblen Albtraum hatte er ihn aber auch nicht wecken mochte. Anstatt sich zu beruhigen wurde Lian jedoch immer unruhiger und begann mit zitternden Lippen Worte zu formen. „Nein...Mama…nein…“ Lachend lief er hinter dem Ball her den er grade auf die Straße geschossen hatte und drehte sich um, um sich zu vergewissern, dass seine Mutter ihm auch zusah. Schließlich sollte sie stolz auf ihn sein, denn er konnte schon ganz alleine den Ball wieder holen. Aber anstatt ihn anzulächeln oder ihn zu loben, entgleisten die sonst so liebevollen und weichen Gesichtzüge seiner Mutter und noch während sie panisch seinen Namen schrie rannte sie los. Verständnislos blieb er stehen und sah ihr entgegen. Was hatte er den schlimmes gemacht? Er wollte doch nur, dass sie sah was er schon alles alleine konnte. „Mama…?“ Sie war nur noch einige Schritte von ihm entfernt und in ihren strahlend blauen Augen stand blanke Angst. Ohne genau zu wissen was genau passierte fühlte er sich plötzlich nach hinten gestoßen und er landete unsanft einige Meter entfernt auf dem Boden. Ein lauter Knall zerstörte die Idylle und ein gellender Schrei zerriss fast sein Trommelfell. Benommen setzte er sich auf und alles drehte sich noch ein wenig, als er wieder in die Richtung sah in der seine Mutter gestanden hatte. Aber seine Mama stand nicht mehr dort. Entsetzt riss er die Augen auf, rappelte sich hoch und stolperte auf sie zu. Obwohl ihm alles wehtat und er sich den Knöchel verknackst hatte versuchte er zu seiner Mama zu kommen. Ohne dass er es stoppen konnte, liefen ihm die Tränen über das Gesicht und trübten seine Sicht. Aber das war ihm egal. Seine Mama lag vor dem Auto und bewegte sich nicht. Und alles war rot. „Mama…Mama…“ Schluchzend ließ er sich neben ihr auf die Knie fallen und rüttelte an ihrer Schulter. Sie sollte aufwachen, lachen und sagen, dass das nur Spaß war. Mamas konnten doch nicht sterben. Aufstöhnend verzog seine Mutter das Gesicht und schlug dann unendlich langsam die Augen auf. Ihr Blick war zunächst verschleiert und getrübt, aber als sie sah, dass Lian neben ihr hockte und herzzerreißend weinte, machte sich Erleichterung auf ihrem Gesicht breit. „Gottseidank…“ Ihre Stimme war nur ein gebrochenes und heiseres Flüstern und Lian vergrub seinen Kopf an ihrer Brust. „Mama steh wieder auf,ja? Dann können wir weiterspielen…Und du hast doch gesagt wir gehen schwimmen…Mama steh wieder auf…“ Ein Husten unterbrach sein Flehen und als er den Kopf hob, liefen seiner Mutter einige rote Rinnsale die Mundwinkel herab. Ungeschickt versuchte er sie wegzuwischen. Wenn er das ganze Blut wegwischte ging es seiner Mama bestimmt wieder gut. Plötzlich drückte sie aber vor Schmerz den Rücken durch und riss sich zusammen um nicht zu schreien. Ihr Blick verschleierte sich wieder und es kostete ihre ganze Überwindung Lian anzusehen und zu sprechen. „Lian…es tut mir so leid…Aber ich liebe dich…Vergiss das nicht…ja mein Kleiner? Ich liebe dich…“ Entsetzt starrte Lian auf die Lippen seiner Mutter die unaufhaltsam aufhörten sich zu bewegen. Die gebrochenen Augen sahen einfach durch ihn hindurch. „Mama…?!“ Als keine Antwort kam fing er an wie verrückt zu zittern und eine schier unendliche Panik stieg in ihm hoch. Er spürte gar nicht wie er anfing zu schreien. Wollte nicht mehr aufhören, konnte es auch nicht. Irgendjemand sollte kommen und seiner Mama helfen. Seine Hände krallten sich immer noch an seiner Mutter fest, als er spürte wie er hochgehoben wurde. Seine kleine, bis dahin heile Welt war zusammengebrochen und er hatte nicht mitbekommen, wie sein Vater durch seine Schreie alamiert angerannt kam, die Situation blitzschnell erfasste und den inzwischen wieder zu Bewusstsein gekommenen Fahrer des Unfallwagens anfuhr den Notarzt zu rufen, während er versuchte ihn wegzuschieben und seine Frau wiederzubeleben. Lian schrie seinen Schmerz, seine Verzweiflung einfach raus. Erst als er irgendwann im Sanitätswagen saß und einige Beruhigungsmittel bekommen hatte, hörte er langsam auf sich die Kehle aus dem Leib zu schreien. Sein Hals brannte aber die Tränen waren inzwischen versiegt. Mit leerem Blick starrte er vor sich hin. Nur weil er seiner Mama zeigen wollte was er schon alles konnte… Alles in ihm schien gestorben zu sein und er fühlte sich einfach nur leer. Und alles war so unendlich kalt. Durch die starken Schlafmittel die er bekommen hatte fiel sein Körper in eine bleierne Schwere und verdrängte für kurze Zeit die Bilder seiner Mutter, deren helle Haut durch ihr rotes Blut nahezu weiß wirkte. Benommen schlug er langsam die Augen und blickte an eine weiße Decke. Hier war alles weiß. Verwirrt setzte er sich auf. Die Farbe erinnerte ihn dumpf an etwas doch er hätte nicht sagen können woran. Nur, dass es nicht gutes war. Eine Schwester kam ins Zimmer und lächelte ihn mitleidig an. „Na bist du auch wieder wach?“ Lian nickte und sah sich fragend um. Er verstand das alles nicht. Das Gesicht der Schwester war erst verwirrt, dann jedoch entsetzt, als er sich dann dazu durchrang zu sprechen. „Wo ist meine Mama? Wir wollten doch noch schwimmen gehen!“ Seine kindliche Seele hatte keinen anderen Ausweg gesehen, als zu vergessen um nicht vollständig zu zerbrechen. Kapitel 16: ------------ Sodele...auch hier mal n neues Kapitel^^ Bin ja im Mom i-wie immer mit anderen Sachen beschäftigt ;___; Aber ich versuch hier auch mal wieder regelmässig weiterzuschreiben>_< *alle mal knuddel* *kekse hinstell* Die Tränen liefen jetzt ohne Unterlass über Lians Gesicht und Kacey strich sie ihm hilflos aus dem Gesicht. „Hör doch bitte auf zu weinen…“ Lian warf den Kopf immer heftiger hin und her, stammelte abgerissene Worte und verkrampfte sich immer mehr. Plötzlich riss er die Augen auf und fuhr schreiend hoch. Rasend schnell atmend starrte er mit leerem Blick nach vorn, realisierte nichts in seiner Umgebung. Kacey war erschrocken nach hinten gefallen, rappelte sich aber langsam wieder auf. „Lian..?“ Der Angesprochene reagierte immer noch nicht, starrte einfach weiter ins Nichts. „Lian?!“ Leichte Panik schwang in Kaceys Stimme mit, als er seine Hand auf Lians Schulter legte und ihn vorsichtig zu sich drehte. Langsam kehrte wieder Leben in Lians Augen und einige Tränen wegblinzelnd sah er in Kaceys vor Sorge dunklen Augen. Und obwohl er erkannte wer da vor ihm saß und wo er war blitzten immer noch die Bilder von seiner Mutter durch seinen Kopf. Erschöpft aufseufzend senkte er den Kopf, presste die Hände gegen die Stirn und versuchte die Tränen zurückzuhalten. Er war doch immer alleine klargekommen. Er war doch stark. Und er wollte nicht schon wieder vor Kacey weinen. Schließlich war er es der beschützt werden musste. Vollkommen in wirren Gedanken versunken hatte er gar nicht mitbekommen, dass Kacey seine Hände auf seiner Schultern gelegt hatte, bis er spürte, wie er langsam wieder aufs Bett gedrückt wurde. Verwirrt sah er Kacey an, der seinen hochroten Kopf zur Seite gedreht hatte. Als er wieder auf dem Rücken lag sah er immer noch nicht wieder ganz klar zu Kacey hoch. Dieser zögerte ein wenig unschlüssig legte sich dann neben ihn und schlang einen Arm um seinen Oberkörper, sodass sein Kopf auf Höhe von Kaceys Herzen lag. Das gleichmäßige, wenn auch etwas zu schnelle Schlagen, drang nach und nach immer mehr in sein Bewusstsein und übertönte nach einiger Zeit die verwirrten und verzweifelten Gedanken bis er irgendwann wieder eingeschlafen war. Kaceys Gesicht schien regelrecht zu glühen. Warum zum Teufel machte er das? War er etwa so scharf darauf sich wehzutun? Wirklich ne super Idee mit dem Typen im Arm zu schlafen in den man dummerweise verliebt war. Ganz klasse. Aber was sollte er sonst machen? Lian war total weggetreten und kaum ansprechbar. Sollte er dann sagen „Hey das war nur ein Albtraum. Schlaf weiter.“ Und sich wieder umdrehen? Das konnte er doch auch nicht machen. Lian hatte anscheinend von seiner Mutter geträumt und so wie er sich aufgeführt hatte wahrscheinlich von ihrem Tod. Kein Wunder, dass er so aus der Bahn geworfen war. Lian kuschelte sich ein wenig näher an Kacey, schlag einen Arm um ihn und dieser erstarrte vor Schreck. Oh mein Gott…Das ist Folter! Und Lian schien nicht im Sinn zu haben diese Folter zu unterlassen. Ganz im Gegenteil. Er schlief unruhig, bewegte sich hin und her und rutschte dadurch irgendwie immer höher, bis sein Kopf irgendwann auf einer Höhe mit Kaceys lag. Sein warmer Atem strich sanft über die Wangen und den Hals des Kleineren und dieser musste sich wirklich zusammenreißen nicht wohlig aufzuseufzen, als ihm ein Schauer nach dem anderen über den Rücken lief. Vorsichtig versuchte er sich von Lian wegzubewegen, da dieser ja wieder fest zu schlafen schien. Dieser Versuch schlug jedoch fehl, da Lian seinen Unmut in einer Art Knurren äußerte und den Jüngeren wieder zu sich zog. Jetzt noch enger an Lian gepresst fiel es Kacey mehr als schwer seine Hände bei sich zu behalten. In drei Teufels Namen ich bin doch auch nur ein Mann… Nachdem er sich vergewisserte hatte, dass der Ältere wirklich schlief, legte er seine Lippen rasch und nur flüchtig auf die des anderen. Wenn er schon aussichtslos verliebt war dann wollte er wenigstens diese Nacht genießen. Mit glühenden Wangen legte er den Kopf in Lians Halsbeuge und schloss die Augen. Mit einem ziehenden Gefühl in der Brust atmete er den Geruch des Größeren ein und begrub für sich seine Liebe schon in diesem Moment. Wie könnte er auch hoffen, dass jemand einen Stricher lieben könnte? Seit einiger Zeit lag Lian bereits wach im Bett und beobachtete den schlafenden Kacey. Das durch das Fenster einfallende Sonnenlicht zeichnete warme, helle Flecken in das blasse Gesicht des Jüngeren und ließ ihn wie einen unwirklichen Engel wirken. Bei diesem Gedanken lächelte Lian über sich selbst. Schließlich hatte er grad einen schwarzhaarigen, geschminkten, psychisch instabilen Stricher als Engel bezeichnet. Aber genau das war er einfach für ihn. Hinter all dem Traurigen, Leidenden stand ein unglaublich schöner Mensch, der förmlich nach Liebe zu hungern schien. Wie er darauf kam so zu denken wusste er selbst nicht genau aber irgendetwas an Kacey gab ihm das Gefühl, dass es genauso war. Vielleicht sein verlorener Blick, der ihm das Herz bis zum Hals hinauf schlagen ließ. Oder aber die Tatsache, dass Kacey ihn in der vergangenen Nacht beruhigt hatte und ihn nicht allein gelassen hatte. Immer noch lächelnd strich er Kacey mit dem Handrücken über die Wange. So ausgeglichen hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt und das obwohl sein Vater ihm gesagt hatte, dass er Schuld am Tod seiner Mutter hatte. Es war zum verrückt werden aber Kacey ließ das alles nichtig erscheinen und sorgte dafür, dass er nicht daran verrückt wurde. Seufzend drehte er sich wieder auf den Rücken und sah auf das Ziffernblatt des immer noch auf dem Boden liegenden Weckers. Gähnend rieb er sich dann über die Augen und zog die Decke wieder ein Stück höher. Auch als er wieder eingeschlafen war lag immer noch der Hauch eines zufriedenen Lächelns auf seinem Gesicht. Ein nervtötendes Piepsen zerriss die Stille und Kacey tastete schlaftrunken nach der Quelle für dieses widerwärtige Geräusch. Als er diese aber nicht fand richtete er sich halb im Bett auf, sah sich suchend um und entdeckte schließlich den auf dem Boden liegenden schrill vor sich hin piepsenden Wecker. Sich die Augen reibend schlug er die Decke zur Seite und stellte den Wecker missmutig aus, während er ihn hochhob. Er hasste es durch laute Geräusche geweckt zu werden. Das verdarb ihm meist schon morgens den ganzen Tag. Immer noch verschlafen, rieb er sich immer noch gähnend die Augen und tapste wieder aufs Bett zu, blieb jedoch zögernd stehen, als er bemerkte das etwas fehlte. Die Bettdecke auf Lians Seite war zurückgeschlagen und Lian war nirgendwo im Zimmer. Suchend sah er sich dann um, sein Blick fiel auf die offen stehende Tür und in diesem Moment hörte er auch leise das warme Lachen Lians. Es schien von unten zu kommen und da er sein Magen ihm grad eh meldete, dass er mal wieder mit Nahrung versorgt werden musste beschloss er einfach runterzugehen. Auch wenn er sich nicht sicher war wie er sich Lian gegenüber verhalten sollte. Die Erkenntnis sich in den Älteren verliebt zu haben ließ ihn unsicher werden und das störte ihn einfach Er war eh total unsicher wie er sich überhaupt verhalten sollte und dann kamen auch noch diese verwirrenden Gefühle dazu. Aufseufzend setzte er sich dann aber doch in Bewegung und verließ Lians Zimmer. Der fröhlichen Stimme folgend tapste er die Treppe hinunter und lief auf die Küche zu. Er war sich zwar sicher, dass Lian sich in eben dieser befand aber trotzdem hatte er immer noch Angst, dass Lians Vater gleich die Haustür aufstoßen und ihn anschreien würde. Sich selbst als Feigling bezeichnend schüttelte er den Kopf. Selbst wenn er das tun sollte…Lian würde nicht zulassen, dass er ihm wehtat. Woher er diese Sicherheit nahm wusste er selbst nicht genau aber Lian vermittelte ihm das Gefühl beschützt zu werden und in seiner Gegenwart fühlt er sich geborgen. Langsam die Tür aufschiebend sah er in die Küche, in der Lian auf dem Tisch saß und heftig gestikulierend ins Telefon redete. Er saß mit dem Rücken zu ihm, so dass er ihn nicht hatte kommen sehen oder hören. Ohne weiterzugehen blieb Kacey im Türrahmen stehen und sagte erstmal nichts, denn er wollte Lian ja nicht nerven oder unterbrechen. Die helle Mittagssonne, langsam fragte er sich wirklich wann er das letzte Mal so viel geschlafen hatte, ließ Lians schwarzen Haare mit einem leicht bläulichen Schimmer glänzen und die volle und warme Stimme schien durch seinen ganzen Körper zu vibrieren und erzeugten ein wohliges Kribbeln in seinem Bauch. Er hörte gar nicht auf das was Lian sagte, sondern saugte einfach nur jede Einzelheit Lians in sich auf. Der Klang seiner Stimme, die schmalen aber kräftigen Hände die in einem fort seine Worte unterstrichen, sein gebeugter Nacken, über dem sich die helle Haut ein wenig spannte, der athletische Körper, der aus reiner Energie zu bestehen schien. Selbst der leichte Geruch nach Duschgel der noch in der Luft hing fesselte ihn. In diesem Moment schien Lian zu merken, dass jemand ihn beobachtete und drehte sich um. Das warme Lächeln was ihm daraufhin geschenkt wurde ließ sein Herz bis zum Hals klopfen. Schnell sah er auf den Boden vor seinen Füßen, damit Lian nicht sah, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Kapitel 17: ------------ Als er wieder wach wurde war es inzwischen fast Mittag und vorsichtig, um Kacey nicht zu wecken schälte er sich aus seiner Decke. Noch einen kurzen Blick auf den friedlich Schlafenden werfend griff er nach seinem Handy und machte sich auf den Weg nach unten. Duschen und dann Flo anrufen. Das waren zunächst seine festen Pläne solange Kacey noch schlief. Duschen hatte er schnell hinter sich gebracht und daher setzte er sich entspannt auf den Küchentisch und tippte Flos Nummer aus dem Kopf ein. Während das monotone Wählzeichen erklang sah er gedankenverloren an die Decke. Er war sich nicht sicher, ob er Flo von seiner Mutter erzählen sollte beschloss aber in dem Moment in dem Flo abhob es nicht zu tun. Der blauhaarige Wirbelwind war zwar sein bester Freund und wie ein Bruder für ihn aber er musste ihn nicht mit etwas belasten, was er sowieso nicht würde andern können. Besonders wenn er grade so glücklich mit seinem Freund war. »Ja?« „Flo mein Kleiner. Ich bins“ Bei dem Gedanken an Flos empörtes Gesicht grinste er in sich hinein, weil er ganz genau wusste wie sehr Flo es hasste „Kleiner“ genannt zu werden. »Mensch Lian lass das doch mal sein…Was gibt’s denn?« Lian lachte leise, wurde aber schnell wieder ernst, als er sich an den Grund seines Anrufes erinnerte. „Hm…Flo ich glaub ich hab Mist gebaut…Auch wenns eigentlich gar nicht schlimm ist und er ist ja auch nicht mehr sauer…hoffe ich…“ »Eeeehm…Lian? Was hast du gemacht?« Flo seufzte bedrückt. Wenn Lian schon so anfing, dann hatte er irgendwas gemacht wovon er selbst glaubte absolut im Unrecht gewesen zu sein. Und das war selten, dass der sonst so von sich selbst überzeugte Lian von sich aus ohne zu murren Fehler einsah. Verlegen schob Lian einige seiner wirren Haarsträhnen aus dem Gesicht und um seine Nase herum wurde es verdächtig rot. „Also…naja…Er hat halt da so auf dem Sofa gelegen und geschlafen…Und ach ich weiß doch auch nicht warum, aber ich hab geküsst.“ Die letzten Worte sprudelten grad so aus ihm heraus und als darauf nur eine nichtssagende Stille folgte wurde er noch unsicherer. „Flo?“ Stille. „Flo??“ Sein Tonfall wurde drängender und war sich ausnahmsweise nicht sicher was sein bester Freund grade dachte. Das war zwar selten kam aber vor, aber wenn es mal so war dann wurde er doch ziemlich unsicher. Grade als er den Mund wieder öffnen wollte um zu fragen, ob Flo grade seine Stimme verloren hatte prustete dieser ins Telefon und begann herzlich zu lachen. Verwirrt über diesen Ausbruch sah Lian kurz stirnrunzelnd auf sein Handy hielt es sich dann aber wieder ans Ohr. „Flo? Bist du krank?“ Nach Luft schnappend versuchte Flo zu antworten, bekam jedoch nur halbe Teilsätze raus. »…machst du….so einen…verrückt…« Langsam kam er wieder runter und beruhigte sich wieder, jedoch war Lian jetzt wirklich mies zu Mute. So lustig war das ja nun auch nicht. »Ach man Lian du machst dir wieder völlig unnötig total nen Kopf. Wenn er es wirklich so schlimm gefunden hätte wäre er bestimmt nicht geblieben oder? Und wo ist das Problem dabei, dass du ihn geküsst hast? Ich war schon immer der Meinung, dass es eine Verschwendung ist dich nur den Frauen zu überlassen.« Ausatmend fuhr Lian sich erleichtert durch die Haare. „Naja du hast ja Recht…Aber…Ach ich weiß auch nicht… War halt komisch.“ Flo hatte immer die richtigen Worte um ihn zu beruhigen und dafür war er ihm unendlich dankbar. Auch wenn er ein schlechtes Gewissen hatte ihm nicht von seiner Mutter zu erzählen. Aber er wollte weder ihn noch sich belasten und wenn er ihm davon erzählt hätte, würde er sich nur wehtun. Und da war er wirklich nicht scharf drauf. » Na also. Und mal wieder habe ich Recht. Kommt ihr morgen wieder zur Schule?« Lian überlegte kurz, um dann zu beschließen, dass sie kommen würden. Kacey musste unter Leute und sich ablenken und das konnte er ja schlecht, wenn sie nur zu Hause rumsaßen. Auch wenn er nichts dagegen gehabt hätte die nächsten paar Tage allein mit Kacey zu verbringen. „Ja wir kommen. Hast dus eilig oder…“´ In diesem Moment hörte er hinter sich ein leises Rascheln von Kleidung und sah sich um. Kacey stand mit zerwühlten Haaren, dem viel zu großen Shirt und barfuß in der Küche und sah schnell mit rotem Gesicht auf den Boden, als er bemerkte, dass er nicht mehr unentdeckt war. Lian lächelte in sich hinein und wandte sich wieder Flo zu. » Tyler holt mich gleich ab. Deswegen hab ichs leider wirklich n bisschen eilig…« „Macht ja nichts. Dann viel Spaß euch beiden, grüß Nisha und bis morgen.“ » Danke. Und grüß Kacey von mir.« Das Handy auf den Tisch legend sprang er vom Tisch und stand jetzt fröhlich grinsend in der Küche. „Möchtest du was essen?“ Ein schüchternes Nicken von Kacey ließ sein Herz kurz aussetzen, dann schlug es rhythmisch aber zu schnell weiter. Bevor der Jüngere bemerken konnte wie ihm das Blut in den Kopf stieg drehte er sich zum Kühlschrank um und kramte zwei Joghurts raus. „Kirsch oder Erdbeer?“ „Kirsch…“ Grob gezielt warf er den Becher zu Kacey rüber der ihn überrascht auffing. „Danke..“ An ihm vorbeigehend drückte er ihm dann erst einen Löffel in die Hand, um ihm dann kurz durch die Haare zu wuscheln. „Na komm wie gehen wieder hoch.“ Flo hatte ihn soweit wieder beruhigt, dass er beschlossen hatte ganz normal mit Kacey umzugehen. Er hatte dem Kleineren schließlich selbst gesagt, dass der Kuss nichts zu bedeuten hatte und er das nicht noch mal machen würde. Also musste er sich auch so verhalten. Mit einem kurzen Blick über die Schulter sah er, dass Kacey ihm folgte und ging langsamer bis er neben ihm lief. „Schöne Grüße übrigens von Flo.“ Nachdenklich sah Kacey zu ihm hoch, dann schien ihm wieder einzufallen wer Flo war. Ein Lächeln zog sich langsam über sein Gesicht und Lian glaubte sein Herz würde jetzt endgültig seinen Geist aufgeben. Kacey hatte bisher nicht ein einziges Mal so gelächelt. Ohne jede Angst, Scheu oder Misstrauen. Und er sah in diesem Moment wirklich aus wie der Engel, der er eigentlich schon für Lian war. „Danke…grüß ihn zurück, wenn du noch mal mit ihm sprichst ja?“ Lian nickte nur und sah wieder stur nach vorne. Das hielt man doch im Kopf nicht aus wie unglaublich schön dieser Kerl war. Wie sollte man da denn noch ruhig bleiben, wenn so eine fleischgewordene Verkörperung von Schönheit ganz arglos neben ihm herlief? Kacey musterte ihn nachdenklich,sah dann ebenfalls wieder nach vorne und lief weiter. Lian war wirklich unglaublich. Obwohl er wusste was er war und er sich auch nicht grade wie ein vorbildlicher Gast verhielt, indem er kaum redete und wenn dann nur total abgehackt und verschüchtert behandelte Lian ihn als wäre es das normalste der Welt für ihn mit einem Stricher im selben Bett zu schlafen. Den restlichen Weg bis zu Lians Zimmer legten sie beide in ihre Gedanken vertieft und schweigend zurück. ++++++++++++ *sfz* Kann doch n bisschen länger dauern mit dem nächsten Kapi, weil ich im Moment schlicht und ergreifend entweder keine Zeit habe oder , wenn ich Zeit habe, schlafe ~_~ Sehr ungut...Aber naja ich versuchs trotzdem i-wie >_< *Kekse hinstell* Kapitel 18: ------------ Um das drückende Schweigen zu durchbrechen schaltete Lian seine Anlage ein, als sie wieder in seinem Zimmer waren und ließ sich neben Kacey aufs Bett fallen. Der zuckte ein wenig zusammen, blieb aber neben ihm sitzen. Eine ganze Weile saßen sie schweigend nebeneinander und hörten beide einfach nur der Musik zu. Der regelmäßige Bass dröhnte durch Lians Magen und er beruhigte sich wieder. Langsam schaltete sich auch sein Kopf wieder richtig ein, sodass er wieder logisch nachdenken konnte. Er war sich nicht ganz sicher wie er anfangen sollte, aber wollte wissen warum Kacey seinen Körper verkaufte. Erst auf dem Weg zu seinem Zimmer war ihm klar geworden, dass er so gut wie nichts über den Jüngeren wusste, der jetzt schweigend und fast schon stoisch auf seine Hände sah. Wie aber sollte er ihm helfen, wenn er nicht wusste was Sache war? Seufzend zog er ein Bein an den Körper und legte das Kinn darauf. Egal wie selbstbewusst er sonst war , der fragende Blick aus den warmen Bernsteinaugen ließ ihn auch jetzt unsicher werden. Schließlich war er sich nicht sicher, wie weit er überhaupt gehen konnte ohne Kacey zu verletzen. Allein schon die einfache Frage nach den Gründen seiner Prostitution könnte das fragile und brüchige Vertrauen Kaceys wieder total zerstören. Und das wollte er auf keinen Fall, da er fest davon überzeugt war, dass sein Kuss bereits einen riesigen Rückschlag verursacht hatte. Aber wie sollte er ihm sonst helfen? Ach verdammt. So wird das doch nichts. Sich gedanklich selbst beruhigend richtete er sich wieder auf und dreht sich halb, sodass er mit dem Gesicht Kacey zugewandt saß. Entweder jetzt oder gar nicht. Der unsichere Blick Kaceys suchte in seinem Gesicht nach einer Regung, die ihm zeigen konnte was er dachte, fand aber nur Ratlosigkeit, die nach einem kurzen Schließen der Augen und tiefem Ein- und Ausatmen von Entschlossenheit abgelöst wurde. „Kacey, warum gehst du auf den Strich?“ Selbst für ihn klangen diese Worte ungewollt sehr hart, aber er wollte nicht lange drum herum reden. Seine Hände krallten sich in das Laken auf dem sie zuvor noch ruhig gelegen hatten und er fühlte sich, als habe man ihm einen Eimer mit Eiswasser über den Kopf geschüttet. Alles hätte er erwartet. Dass Lien ihn nicht mehr bei sich haben wollte. Nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Und das hätte er auch verstanden. An Lians Stelle würde er genauso handeln, denn er verstand immer noch nicht warum Lian sich um ihn kümmerte. Aber warum wollte er ausgerechnet das wissen? Lian hatte schon viel zu viel von dem gesehen was er tat, um zu überleben. Diese strahlend blauen Augen sollten so etwas Schmutziges nicht sehen und er sollte auch nichts von diesem Sumpf aus Gier, Verlangen und Geld wissen. Beschämt drehte er den Kopf zur Seite, da er diesen ernsten und besorgten Ausdruck in Lians Gesicht nicht mehr sehen wollte. Und auch nicht konnte. Würde er ihm weiter in die Augen sehen, würde er dem Verlangen sich einfach in seine Arme zu werfen und ihm von seiner Familie und allem anderen zu erzählen nicht mehr viel entgegenzusetzen haben. Lian hatte schon mehr als genug für ihn getan. Er wollte ihn nicht noch mehr da mit reinziehen. Dafür hatte er sich schon viel zu sehr in ihn verliebt. Ohne den Älteren anzusehen schüttelte er langsam den Kopf. Bitte. Frag nicht weiter danach. Lian jedoch schien sich damit nicht zufrieden geben zu wollen, da er näher an ihn heranrutschte. Eine warme Hand strich über seine Wange, hinterließ eine kribbelnde Spur und drehte dann mit sanfter Gewalt seinen Kopf in Lians Richtung. Verbissen sah er weiter nach unten, darauf konzentriert der Naht an Lians Hose mit den Augen zu folgen, als wäre es das interessanteste der Welt. „Kacey?“ Die Naht musste schon mal aufgegangen sein, da der Faden an einer Stelle eine andere Farbe hatte. „Kacey.“ Wahrscheinlich war er irgendwo hängen geblieben und dabei…Weiter kam er mit seinen, wie er sich selbst eingestehen musste, sehr absurden Gedanken nicht, da Lian ihn jetzt mit auf den Beinen abgestützten Unterarme und unten herauf ansah. In den klaren, blauen Augen lag etwas was keinen Widerspruch oder Ausflüchte mehr duldete. „Wenn du mir das nicht sagst kann ich dir nicht helfen.“ Kaceys leuchtende Augen glitzerten verdächtig und der Jüngere fuhr sich schroff mit der Hand über das Gesicht. Seine Lippen zitterten leicht, obwohl er sie zu einem schmalen und fast blutleeren Strich zusammengepresst hatte. Auch wenn er den Kleineren jetzt am liebsten einfach in den Arm genommen und getröstet hätte musste er jetzt darauf beharren zu erfahren was er wissen wollte. Verdammt, ich will dir doch nur helfen… „Kacey, bitte.“ Als müsse er mit sich selbst kämpfen, biss dieser auf seine Unterlippe und schüttelte erneut den Kopf, wenn auch bei Weitem nicht so entschlossen wie zuvor. Ohne weiter darüber nachzudenken griff Lian nach seiner Hand und zog den halb überrascht, halb entsetzt zu ihm hochsehenden Kacey an sich und legte die Arme um ihn. Mit der einen Hand strich er beruhigend über die weichen Haare, während er die Wange an Kaceys Schläfe legte. „Ich weiß, dass dir das unangenehm, peinlich oder was auch immer ist. Aber ich will dir helfen und das kann ich nicht, wenn du nicht mit mir redest. Von mir wird auch keiner was erfahren. Versprochen.“ Kacey wusste nicht, ob es Lians beruhigende Wärme, sein angenehmer Geruch, seine einfach nur aufwühlende Gegenwart oder das sanfte Vibrieren seiner tiefen Stimme seine verkrampften Hände und die Blockade in seinem Kopf löste. Ein in den Tiefen seiner Seele vergrabenes Schluchzen stahl sich unversehens über seine Lippen und er vergrub das Gesicht an Lians Brust. In ihm schrie alles danach mit Lian zu reden, aber er hatte Angst. Eine lähmende, alles erstickende Angst. Jeder andere konnte ihn hassen. Aber nicht Lian. Dieser selbstbewusste, strahlend schöne Mensch, der ihn nicht wie einen Aussätzigen behandelt hatte sollte ihn nicht hassen. Sich nicht von ihm abwenden. Ein anderer Gedanke zuckte plötzlich in seinem Kopf auf und ließ ihn erstarren. Was wenn Lian irgendwann so genervt von seinem Schweigen war, dass er sich nichtsdestotrotz von ihm abwandte? Die Gedanken in seinem Kopf rasten kreuz und quer und keiner schien wirklich greifbar zu sein. Lians Hand strich ihm immer noch besänftigend über den Kopf und riss ihn aus seinen verworrenen Befürchtungen. Mit geschlossenen Augen atmete er noch mal tief durch und drückte sich dann von Lian weg. Seine Hände, die dadurch für einen kurzen Augenblick auf seinem Brustkorb lagen, zog er wie verbrannt zurück, als spürte, wie Lians Herz unter ihnen pulsierte. Seine letzten Reste an Selbstbeherrschung zusammenkratzend hob er unsicher den Blick und sah in Lians abwartendes Gesicht. „Was willst du denn genau wissen?“ Kaceys Stimme klang noch ein wenig zittrig, trotzdem fiel Lian ein mindestens mehrere Tonnen schwerer Stein vom Herzen. Er hatte schon fast aufgegeben, dass der Jüngere überhaupt noch etwas sagen würde, als er aufgeschluchzt und sein Gesicht in seinem Shirt vergraben hatte. „Alles. Was ist mit deinen Eltern?“ Schier unendlich wirkender Schmerz blitzte für den Bruchteil einer Sekunde in Kaceys Mimik auf. Einen Moment lang starrte er an Lian vorbei, als würde er etwas aus großer Ferne betrachten. Mit einer kurzen unwilligen Bewegung des Kopfes wandte er sich dann wieder Lian zu. „Meine Eltern und meine Schwester sind vor einem Jahr bei einem Autounfall gestorben.“ Ein schwarzhaariger, fast zu schmaler Junge mit nahezu weißer Haut und vom Weinen geröteten Bernsteinaugen in abgetragenen Sachen im Regen. Das Bild von Kacey bei ihrer ersten Begegnung schoß Lian durch den Kopf. Deswegen war er auf dem Friedhof gewesen. „Deine Schwester?“ Ein Nicken und das zärtliche Lächeln, das sein ebenmäßiges Gesicht sanft leuchten ließ brachten Lians Herz kurz aus dem Takt, bevor es gleichmäßig weiter schlug. „Alea…Beim Unfall war sie grade sechs geworden. Sie war mein Ein und Alles.“ Verstehend nickte Lian. Zwar hatte er keine Geschwister, aber wenn er sich vorstellte Flo oder Nisha so zu verlieren…Schnell verdrängte er diesen Gedanken, als Kacey weiter sprach. „Sie wollten nur wie jedes Wochenende zu meiner Oma fahren und ich war nicht mitgekommen, weil ich keine Lust hatte…Wenn ich gewusst hätte was…“ Er stockte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Lian musste sich wirklich zusammenreissen, um ihn nicht wieder an sich zu ziehen, da er einfach so schutzlos und verletzlich wirkte, aber dann würde er vielleicht nicht mehr weiterreden. Also wartete er einfach bis er nach einiger Zeit von allein fortfuhr. „In einer Kurve ist mein Vater dann ins Rutschen gekommen. Bevor er noch irgendwas machen konnte ist der Wagen erst gegen die Leitplanke und dann frontal gegen einen Baum gerast. Alle drei waren sofort tot.“ Seine Worte klangen fast schon distanziert, wie auswendig gelernt. Wären nicht seine vor Schmerz dunklen Augen gewesen, hätte man denken können er habe damit nichts weiter zu tun. „Und warum lebst du nicht bei deiner Oma?“ Kacey schüttelte den Kopf und sah auf seine Hände, die schon die ganze Zeit an einem Zipfel der Bettdecke herum zupften. „Als man ihr gesagt hat was passiert ist hat sie einen Herzinfarkt bekommen und ist gestorben.“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte Lian Kaceys gesenkten Kopf. Er wurde fast wahnsinnig vor Trauer und Schmerz, weil seine Mutter gestorben war und Kacey hatte innerhalb viel zu kurzer Zeit seine komplette Familie verloren. Es kam einem Wunder gleich, dass er, mal abgesehen von der Tatsache, dass er auf den Strich ging, nicht völlig durchgedreht war. „Hätte dich denn sonst keiner aus deiner Familie aufnehmen können?“ Erneutes Kopfschütteln. „Meine Großeltern sind tot und meine Eltern hatten keine Geschwister.“ Lian nickte langsam. Das erklärte zumindest warum er allein lebte und seine Wohnung in dieser mehr als zwielichtigen Gegend lag. Nirgendwo sonst hätte ein Minderjähriger sonst eine Wohnung bekommen. „Und wie bist du ans Anschaffen gekommen?“ Irgendwie fand er keine beschönigenden Worte für Kaceys Lebensgrundlage. Obwohl Kacey den Kopf immer noch gesenkt hatte und seine Haare einen Großteil seines Gesichtes verbargen, sah er trotzdem wie sich ein leichter Rotschimmer auf die Wangen des Jüngeren stahl. „Naja…eine Zeit lang hab ich…öfters mal zuviel getrunken…Irgendwie bin ich da an ein paar Leute geraten mit denen ich immer losgezogen bin. Weil ich aber oft kein Geld hatte hab ich mich meistens bei irgendwelchen Leuten durchgeschnorrt.“ Es schien ihm sichtlich peinlich zu sein über diese Phase seines Lebens und deren Folgen zu reden. Nach einigen Sekunden in denen er sich allem Anschein nach an einige unliebsame Dinge erinnerte, die er Lian lieber verschwieg, sprach er mit monotoner Stimme weiter. „Jedenfalls war ich an einem Abend so betrunken, dass es mir einfach egal war was dieser Mann von mir wollte. Ich wollte einfach nur wieder Geld haben, um essen kaufen zu können. Das haben wohl noch ein paar andere Männer mitbekommen. Ich weiß selbst nicht warum aber… es war die einfachste Möglichkeit nicht zu verhungern. Und ich wollte auf keinen Fall in ein Heim…“ Langsam fügte sich für Lian das Bild von Kaceys Situation zusammen. Am absoluten Tiefpunkt seines bisherigen Lebens hatte er eine vermeintlich schnelle und einfache Methode gefunden dem Heim und dem Hungertod zu entgehen. Vielleicht war es auch auf gewisse Art und Weise unbewusste Selbstbestrafung dafür, dass er noch lebte und seine Eltern, besonders aber seine Schwester, die er über alles geliebt zu haben schien, tot waren. Diesen Gedanken würde er allerdings für sich behalten, um Kacey nicht noch mit irgendwelchen halbherzigen psychologischen Ansätzen zu belasten. Während der ganzen Zeit in der er geredet und Lian größten Teils einfach zugehört hatte, hatte er weiter auf seine Hände gestarrt mit denen er immer noch den Deckenzipfel bearbeitete. Er wusste nicht wie er Lians Schweigen deuten sollte, traute sich aber auch nicht aufzusehen, da er befürchtete reiner Abscheu zu begegnen. Zwar hatte er alle schmutzigen, verletzenden und einfach unglaublich schmerzenden Details ausgelassen, trotzdem erwartete er nichts anderes von Lian. Als der Ältere nach einigen Minuten angespannten Schweigens anhob zu sprechen zuckte er kaum merklich zusammen. „Willst du damit aufhören?“ Erstaunt sah er auf. In Lians Stimme lag Verständnis, Interesse oder zumindest irgendetwas in der Art aber keine Spur von der von ihm erwarteten Ablehnung. Zögernd nickte er und forschte immer noch nach Anzeichen von Hohn, Spott oder Ekel in Lians Gesicht. Aber anstatt dieser Gesichtsausdrücke fand er etwas was ihm das Blut ins Gesicht trieb, sein Herz kurz straucheln und viel zu hektisch weiterschlagen ließ und ihm die so mühsam zurückgehaltenen Tränen in die Augen trieb. Lian lächelte. „Ich helf dir da raus.“ ~~~~~~ Sooo~ wenn ich das mal kurz anmerken darf...das ist das erste Kapitel, das ich mit Hand vorgeschrieben habe und ich habe beschlossen...Nie wieder *lach* Kapitel 19: ------------ Mit vor der Brust verschränkten Armen saßen Nisha und Flo auf ihrer Mauer und sahen dem sich nähernden Lian entgegen. In Flos Gesicht lag jedoch mehr Neugier, während Nisha gang offensichtlich schmollte, weil er ihr nicht sofort Bericht erstattet hatte. Entschuldigend hob er die Hände und grinste Nisha gespielt reumütig an. „Tut mir leid, dass ich mich nicht eher bei dir gemeldet hab, aber Flo hat dir doch bestimmt alles erzählt oder?“ Ihre vollen Lippen zu einer Schnute verzogen nickte sie. „Trotzdem hättest du mir auch mal was erzählen können, du…Hornochse.“ Immer noch ein wenig trotzig rutschte sie trotzdem zur Seite, sodass er zwischen ihnen noch Platz fand. Grinsend schwang er sich auf die Mauer und stupste Nisha mit dem Ellenbogen in die Seite. „Magst du mich denn trotzdem noch?“ Sie wedelte mit der Hand herum als versuche sie eine lästige Fliege zu verscheuchen und nickte ungeduldig. „Jaja sicher doch. Jetzt sag uns lieber wo du Kacey gelassen hast.“ Flo lehnte sich jetzt interessiert vor und stützte das Kinn auf die Hände. „Der ist noch mal nach Hause und holt seine Schulsachen. Aber ich weiß jetzt warum er anschaffen geht.“ In Flos und Nishas Augen glitzerte es begeistert und Lian schüttelte kurz lächelnd den Kopf. Manchmal waren die beiden wirklich noch wie Kinder und wenn sie etwas interessierte ließen beide nicht locker bis sie wussten was sie wollten. Unwirsch warf Nisha ihre Haare zurück. „Jetzt spann uns nicht so auf die Folter. Erzääähl.“ Lian legte den Kopf schief und überlegte kurz. „Also seine Eltern und seine Schwester sind letztes Jahr gestorben, dadurch sind die Schulden seines Vaters mehr oder weniger auf ihn übergegangen, aus seiner Familie lebt niemand mehr, der ihn aufnehmen würde und dadurch ist er da reingeraten.“ Das war so in etwa die Fassung, die er glaubte erzählen zu können ohne allzu viel von Kaceys Vertrauen zu missbrauchen, obwohl er sich auch so schon nicht grade gut fühlte. Auch die Tatsache, dass er Flo und Nisha den Streit mit seinem Vater und die daraus resultierende Aufklärung über den Tod seiner Mutter verschwieg nagte an ihm, aber er war sich sicher, den beiden nur unnötige Sorgen zu machen also hielt er lieber den Mund. Ausserdem nahm ihn das Ganze wesentlich weniger mit als er eigentlich befürchtet hatte. Kacey war einfach viel zu wichtig und beherrschte viel zu sehr sein Denken, als das er Zeit gehabt hätte in Trauer oder Selbstmitleid zu ertrinken. „Hey!“ Flo kniff ihn kurz in die Seite und sah ihn abwartend an. „Ehm Sorry war grad irgendwie in Gedanken.“ Flo seufzte resigniert und verdrehte die Augen. „Hab ich mir fast gedacht du Träumer. Ich wollte wissen was er jetzt machen will. Oder du je nachdem.“ Ein wenig ratlos zuckte Lian mit den Schultern. „Weiß ich noch nicht genau. Ich hab ihm gesagt, dass ich versuchen werde ihm da rauszuhelfen und ich denke mal er wird da nichts gegen haben so verzweifelt wie er war. Aber am besten wird’s wohl sein, wenn er von heute auf morgen auch noch bei mir bleibt, weil er noch nicht wieder so wirklich fit gewirkt hat.“ Synchrones Nicken war die Antwort um Nishas Mundwinkel jedoch spielte ein feines Lächeln. Lian musterte sie kurz, um dann ergeben den Kopf in den Nacken zu legen und sie aus dem Augenwinkel weiter anzusehen. „Na komm sag schon was du denkst sonst platzt du gleich.“ Das feine Lächeln vertiefte sich zu einem Grinsen und sie drehte sich ganz zu ihm herum und schlug die Beine zu einem Schneidersitz unter. „So begeistert wie du von Kacey bist könnte man glatt meinen, dass du in ihn verliebt bist. Und die Tatsache, dass er dir erzählt hat warum er anschaffen geht…Naja ich mach mir da so meine Gedanken.“ Lians überraschter Gesichtsausdruck, als er zwischen den Geschwistern hin und her sah brachte beide zum Lachen und Lian zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Ich bin doch nicht in Kacey verliebt. Ich mag ihn und will ihm helfen, aber das wars auch schon…“ Flo legte ihm einen Arm um die Schulter und grinste ihn verständnisvoll an. „Jaja ich mag Tyler auch nur sehr gern.“ Lian verschränkte die Arme vor der Brust, schob die Unterlippe vor und sah beide abwechselnd schmollend an. „Ihr seid blöd.“ Das herzliche Lachen der Beiden wurde vom Läuten der Schulglocke unterbrochen und während sie unter heftigen Widerlegungen Lians in Gebäude gingen grinsten Nisha und Flo nur vor sich hin und ließen Lian einfach in den luftleeren Raum argumentieren. Zögernd drehte er den Schlüssel im Schloss herum und stieß dann die Tür auf. Alles darin sah noch genauso aus wie vorher, nichts hatte sich verändert. Trotzdem kam ihm alles irgendwie anders vor. Das Licht das durch die halbzugezogenen Vorhänge lediglich schmale Streifen auf dem dunklen Boden zeichnete ließ ihn einen kurzen Moment überlegen. Dann jedoch ging er zu dem Fenster was ihm am nächsten war und riss den Vorhang schon nahezu grob zur Seite. Grelles Sonnenlicht blendete ihn für einen kurzen Augenblick und er kniff die Augen zusammen. Als er sich umdrehte und durch den Raum schritt wirbelte glitzernder Staub bei jedem seiner Schritte wieder hoch und schien schon fast zu tanzen. Ihm war vorher gar nicht aufgefallen, dass etwas Banales wie Staub auch seine schönen Seiten hatte. Zwar nur wenn er im richtigen Licht war aber trotzdem; auch Staub, der ja normalerweise nur als schmutzig und störend wahrgenommen wurde konnte schön sein. Mit einem leichten Kopfschütteln ging er weiter auf seinen Tisch zu auf dem seine Schulsachen gestapelt lagen. Seine Gedankengänge wurden auch immer abstrakter. Schnell suchte er die Bücher die er an diesem und am darauffolgenden Tag brauchen würde zusammen, stopfte sie in eine Tasche und wollte schon wieder die Wohnung verlassen, als sein Blick an dem Bild hängen blieb, das umgedreht auf einer der Fensterbänke lag. Nachdenklich blieb er stehen und rührte sich eine ganze Weile nicht mehr. Nur langsam setzte er sich in Bewegung und streckte die Hand aus um es umzudrehen. Einen kurzen Moment lang hielt er das Bild halb angehoben in der Hand, dann stellte er es in einer kurzen Bewegung richtig auf. So als würde man grade ein Pflaster abziehen und damit es nicht so lange wehtut einfach Augen zu und durch. Auf dem Bild waren eine Frau mit schwarzen Haaren und einem feinen Gesicht, sowie ein breitschultriger Mann mit warm glänzenden Augen zu sehen, der ein kleines Mädchen mit schwarzen Haaren und schon fast puppenhaft wirkendem lachenden Gesichtchen auf dem Arm hatte. Und daneben stand ebenfalls lächelnd ein schlanker Junge, dessen bernsteinfarbene Augen fröhlich unter den langen schwarzen Stirnfransen blitzten. Ein wehmütiger Ausdruck lag um den feingeschwungenen Mund, als er sich lächelnd umdrehte und das Bild so stehen ließ. Vielleicht konnte das Leben ja doch noch wieder schön werden. Auch wenn seine Eltern und Alea nicht mehr daran teilhaben konnten, wollte er doch zumindest für sie ein Stück weit mitleben. Wie der Staub. Er brauchte nur das richtige Licht, damit es wieder schön wurde und so wie es aussah hatte er es gefunden. Ob es auch so bleiben würde wusste er zwar nicht aber er hatte etwas wiedergefunden, was er schon fast vollständig verloren geglaubt hatte. Er hatte seine Hoffnung wiedergefunden. Mit einem leisen Knall fiel die Tür wieder ins Schloss und wirbelte den immer noch glitzernden Staub erneut hoch, der sich langsam auf das Glas des Bildes legte. Suchend sah Lian sich um. Ein angestrengter Ausdruck lag auf seinem Gesicht und seine Augen irrten ruhelos umher. Kacey hatte doch gesagt zur zweiten Pause sei er auf jeden Fall wieder da. Flo und Nisha saßen entspannt neben ihm und Flo erzählte seiner Schwester grad lachend etwas über Tyler aber Lian hörte nur mit halben Ohr hin, da er die ganze Zeit den Schulhof nach Kacey durchforstete. In den beiden Stunden die er seit der ersten Pause gehabt hatte war ihm Nishas und Flos Mutmaßung, dass er in Kacey verliebt sei immer wieder durch den Kopf gegangen, aber er war immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass er den Jüngeren einfach nur sehr mochte und sich ihm gegenüber durch irgendeinen Grund verantwortlich fühlte. Wahrscheinlich weil er einfach nur verloren und verschreckt wirkte. Daher hatte er diesen Gedanken einfach beiseite geschoben und beschlossen nicht weiter darüber nachzudenken. Das verwirrte ihn nur und brachte nichts, wenn er sich über Dinge, die mit Sicherheit nicht relevant waren den Kopf zerbrach. Viel wichtiger war es nämlich sich etwas zu überlegen wie er Kacey von der Notwendigkeit der Prostitution weghelfen konnte. Zwar könnte er einfach zu ihm ziehen aber das würde sein Vater mit Sicherheit zu unterbinden wissen und auf Almosen war Kacey bestimmt auch nicht aus und würde sie auch nicht annehmen. Völlig in Gedanken versunken hatte er gar nicht mitbekommen, dass Flo schon geraume Zeit neben ihm stand und irgendjemandem durch Handzeichen zu verstehen gab, dass er zu ihnen kommen sollte. Erst als Nisha ihn unsanft fast von der Mauer stieß sah er verwundert auf woraufhin sein Blick direkt auf Kacey fiel, der zögernd vor ihnen stehen geblieben war. Seine Hände waren in den Hosentaschen vergraben und seine ganze Haltung drückte Unsicherheit aus. Als wäre er sich nicht wirklich im Klaren darüber was er eigentlich bei ihnen sollte. Nisha sprang in einer katzengleichen Bewegung von der Mauer und hielt ihm mit einem strahlenden Lächeln und fröhlichen Glitzern in den Augen ihre Hand hin. „Ich glaube wir kennen uns noch nicht. Ich bin Nisha die ältere Schwester von Flo und Lians beste Freundin.“ Bei der Erwähnung von Flos Namen streifte Kaceys Blick den ebenfalls lächelnden Blauhaarigen kurz, um dann wieder in Nishas Gesicht zu sehen. Langsam reichte er ihr ebenfalls die Hand und nickte. „Sieht man. Ich bin Kacey.“ Damit war in ihren Augen das Eis gebrochen, sie griff sofort nach der hingehaltenen Hand und zog ihn mit sich hoch auf die Mauer. Ein wenig verdattert sah er sie an was ihr jedoch nur ihr warmes Lachen entlockte. „Jetzt guck doch nicht als wenn ich dich fressen würde.“ Seine Mundwinkel zuckten und man hätte seine Mimik fast als Lächeln deuten können, hätte Lian nicht in diesem Moment sein Bein bewegt, das daraufhin leicht das von Kacey berührte. Dieser schien jetzt erst zu bemerken, dass der Ältere neben ihm saß und ihn erleichtert lächelnd ansah. Sofort lief er hochrot an und neigte den Kopf ein wenig zur Seite damit Lian nicht bemerkte was er nur durch diese unabsichtliche Berührung in ihm auslöste. „Denk dir nichts dabei. Nisha und Flo sind beide ein bisschen verrückt also musst du die beiden nicht allzu ernst nehmen.“ Kacey nickte und erst jetzt war wirklich ein Lächeln in seinem Gesicht und er entspannte sich sichtlich, als Lian anfing ihn nach seinen nächsten Fächern zu fragen. Flo und Nisha hörten die meiste Zeit interessiert zu, warfen nur hin und wieder irgendwelche Bemerkungen oder Fragen dazwischen. Der wissende Ausdruck in ihren Augen und die verstohlenen Blicke die sie sich grinsend zuwarfen bemerkte Lian jedoch die ganze Zeit genauso wenig wie Kacey. Kapitel 20: ------------ „Kacey? Sollen wir noch irgendwas einkaufen gehen oder sind Pfannkuchen zum Abendessen in Ordnung?“ Der Angesprochene nickte schnell und sah dann wieder schon fast schüchtern auf seine Schuhe, während er weiterlief. Nach der Schule waren sie noch zusammen mit Nisha und Flo bis zu der Kreuzung gelaufen an der sich die drei immer trennten und bis dahin schien Kacey auch immer lockerer geworden zu sein. Als er schließlich sogar leise gelacht hatte, als Flo fast gestolpert und den dafür verantwortlichen Stein wüst beschimpft hatte, war Lian restlos davon überzeugt gewesen, dass es eine gute Idee gewesen war die Geschwister mit Kacey in Kontakt zu bringen. Die beiden hatten eine Art an sich die einen einfach mitriss egal wie verstimmt oder mies gelaunt man war. Jetzt jedoch schien der Jüngere sich wieder ein Stück weit zurück zu ziehen und das passte Lian überhaupt nicht. Kacey sollte nicht mehr der eingeschüchterte, verschreckte und ängstliche Junge sein, der er grad wieder zu werden schien. Stirnrunzelnd dachte er einen Augenblick nach dann schien er einen Entschluss gefasst zu haben. „Pfannkuchen sind gestrichen. Ich bestell nachher Pizza und wir gucken uns noch irgendeinen Film an. Irgendwelche besonderen Wünsche?“ Überrascht sah Kacey zu ihm hoch nickte dann aber wieder, in seine Augen hatte sich allerdings ein amüsiertes Glitzern aufgrund von Lians Unentschlossenheit geschlichen. „Ananaspizza wäre vielleicht nicht schlecht…“ Lian grinste und deutete eine ziemlich schiefe Verbeugung an. „Aber sicher doch der Herr. Ihr Wunsch ist mir Befehl.“ Kaceys Mundwinkel bewegten sich leicht nach oben und schienen plötzlich auf halben Wege einzufrieren. Seine Augen sahen starr auf einen Punkt hinter Lian und was immer sich dort befand musste erst durch Lians Verbeugung sichtbar geworden sein. Kacey wurde aschfahl und jegliches Leben schien wieder aus seinen Augen zu verschwinden. Er presste die Lippen krampfhaft aufeinander und senkte rasch den Kopf. Völlig verwirrt stand Lian ratlos vor ihm und wusste nicht recht was er machen sollte, drehte sich dann aber um, als er Schritte hinter sich hörte. Ein älterer, untersetzter Mann kam grienend auf sie zu und hatte die Arme schon beinahe freundschaftlich ausgebreitet, während er über die Straße lief. Schnell warf Lian einen Blick auf Kacey der mit gesenktem Kopf und in die Hose gekrallten Händen wie erstarrt dastand. Schützend schob er sich ein wenig vor den Kleineren und wartete ab was der Mann von ihm wollte. „Kacey! Lange nicht gesehen! Eigentlich wollte ich in nächster Zeit mal wieder bei dir vorbei kommen…Aber da ich dich schon mal hier treffe…Ich hab grade ne Stunde Zeit. Bezahlung wie immer oder?“ Lian durchbohrte den Mann, der vergeblich versuchte mit seinen kleinen Augen, die Lian an trübe Schweineaugen erinnerten, einen Blick an ihm vorbei auf Kacey zu erhaschen, beinahe mit Blicken und maßlose Wut und Verachtung brannten in seinen Augen. Der selbstgefällig wirkende Mann verzog abwertend das Gesicht, als er keine Antwort von Kacey erhielt und wollte nach dessen Arm greifen. Dieser wurde jedoch nur unsanft weggeschlagen. „Wagen Sie es ja nicht ihn jemals wieder anzufassen.“ Der wesentlich größere Lian hatte sich bedrohlich vor dem nun puterroten Mann aufgebaut und seine Stimme klang, als wäre er nicht abgeneigt dem Mann jeden Knochen einzeln zu brechen sollte dieser sich jetzt widersetzen. Das spürte auch wohl der untersetzte Mann, denn er schnappte nur entrüstet nach Luft, drehte sich auf dem Absatz um, sodass sein langer Mantel hinter ihm herwehte und wütend in sich hineinschimpfend stapfte er wieder zurück auf die andere Straßenseite zu seinem Auto. Lian blieb noch so lange vor Kacey stehen bis er sicher war, dass der Mann eingestiegen und losgefahren war, dann drehte er sich langsam um. Kacey hatte sich immer noch nicht gerührt und starrte immer noch auf den Boden. Ohne weiter darüber nachzudenken griff Lian nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her. Kacey stolperte zwar mehr als das er lief, aber zumindest wehrte er sich nicht. Stumm liefen ihm die Tränen über die Wangen und Lian glaubte sein Herz würde stehen bleiben, als er sich umdrehte und die feuchten Spuren im Gesicht des Jüngeren sah. Um nicht laut loszuschreien biss er sich auf die Unterlippe und lief weiter, immer noch Kaceys schmale Hand in seiner. Diese ließ er auch erst wieder los als sie nach einigen Minuten in seinem Zimmer angekommen waren und er die Tür hinter sich abgeschlossen hatte. Als er sich wieder umdrehte stand Kacey mitten im Raum, schwankte kurz und ließ sich dann einfach auf die Knie fallen. Das Gesicht vergrub er aufschluchzend in den Händen und die bebenden Schultern wurden von harten Schluchzern begleitet. Für einen kurzen Moment stand Lian einfach nur da, war sich nicht sicher wie er Kacey jetzt irgendwie beruhigen konnte und ihm fiel auch nichts ein was jetzt sinnvoll gewesen wäre zu sagen. Langsam ließ er sich vor ihm auf dem Boden nieder und strich ihm mit einer Hand über den Kopf. Tränen schossen ihm in die Augen, als er diesen wunderschönen Menschen den er eigentlich nie wieder weinen sehen wollte jetzt völlig verzweifelt und in Tränen aufgelöst vor sich sitzen sah. Jedes rationale Denken in ihm war völlig zum Erliegen gekommen und er wollte nur noch, dass Kacey aufhörte zu weinen. Fast schon automatisch zog er ihn zu sich und legte seine Arme um ihn. Beruhigend strich er ihm über den Rücken und lehnte seine Wange gegen seinen Kopf. Er wusste nicht wie lange sie einfach nur so dagesessen hatten aber irgendwann schien Kacey sich wieder beruhigt zu haben und schob Lian ein wenig von sich weg. Verlegen wischte er sich einige Tränen aus dem Gesicht und sah vorsichtig aus geröteten Augen nach oben. Sofort schlug er sie jedoch wieder nieder, als er Lians besorgten Gesichtsausdruck sah. „Tut mir leid…“ Ein leichter Rotschimmer legte sich über seine Wangen und er versuchte sich von Lian vollständig loszumachen. Dieser jedoch hielt ihn weiter fest und war völlig in Gedanken versunken. Durch Kaceys zögerliche Gegenwehr schien er aus seiner Gedankenwelt allerdings nahezu herausgerissen worden zu sein und in seinen Augen lag Erstaunen und ein Ausdruck als habe er Kacey jetzt zum ersten Mal richtig bewusst gesehen. Gleichzeitig schien auch etwas wie Unsicherheit und Verzweiflung mitzuschwingen und er lehnte den Kopf an Kaceys Schulter. Nisha und Flo hatten ja so verdammt recht. Von wegen er mochte Kacey nur. Das war viel mehr. Er hätte diesen Mann kurz zuvor wirklich fertig gemacht. Nicht einfach nur von Kacey ferngehalten. Bei der Vorstellung, dass irgendjemand jemals wieder Kacey anfassen würde wurde ihm fast schlecht. Dieses zarte Lächeln und das leichte Funkeln in den bernsteinfarbenen Augen sollte nie wieder diesem verschreckten und verängstigten Ausdruck weichen müssen den er schon viel zu oft gesehen hatte. Er hatte sich ohne es zu merken in diesen hilflos und zerbrechlich wirkenden Jungen rettungslos verliebt und würde alles dafür geben ihn glücklich zu sehen. Verdammter Mist. Wenn ich ihm das jetzt sage ist doch alles vorbei. Dann vertraut er mir doch nie wieder. Ironisch, dass ich das ausgerechnet jetzt merke wo ich ihn im Arm halte. Kacey schien zu merken, dass etwas nicht stimmte, denn er lehnte ebenfalls den Kopf an seine Schultern und legte vorsichtig die Hände auf Lians Arme. Als Lian plötzlich Kaceys warmen Atem und kurz darauf seine weichen Lippen an seinem Hals spürt erstarrte er und riss die Augen auf. Kapitel 21: ------------ In dem Moment in dem sein ehemaliger Freier aufgetaucht war, war vor Kacey der winzig kleine Funken Hoffnung, der sich ganz sachte wieder in ihm entfacht hatte wieder erloschen. Wie hatte er jemals denken können, dass das alles vorbei war? Er war nicht plötzlich ein anderer und es war immer noch alles wie vorher. Schließlich würde er nicht immer in Lians Nähe sein. Und was war wenn mal ein Kunde auftauchte, der sich nicht so leicht abwimmeln ließ? Er bekam gar nicht richtig mit was Lian zu dem Mann sagte und was um ihn herum passierte. Das einzige was er merkte war, dass er in Lians Zimmer weinend auf dem Boden saß und Lian versuchte ihn irgendwie zu trösten. Als er das wieder bewusst wahrnahm wollte er Lian von sich wegschieben, sich nicht noch mehr in dieser Umarmung verlieren und es sich noch schwerer machen aber Lian war irgendwie verändert. Als habe er grade etwas realisiert womit er im ersten Moment nicht klarkam. Der Ausdruck in seinen Augen war verwirrt und als er mit einem schon fast schmerzlichen Zug um den Mund seinen Kopf an seine Schulter lehnte hätte er am liebsten geschrien. Lian machte es ihm wirklich nicht einfach. In seinem Kopf rasten zig Gedanken hin und her, schienen alle nicht richtig fassbar zu sein und wenn dann auch noch derjenige in den er sich dummerweise so wahnsinnig verliebt hatte seinen etwas zu hektischen Atem an seinen Hals vorbeistreifen ließ half das nicht unbedingt wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Er schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Verloren hatte er eh schon alles also warum sollte er Lian nicht wenigstens ein einziges Mal zeigen, dass er nicht nur ein Freund oder Retter für ihn war. Und vielleicht würde es ihm dann auch nicht so schwer fallen über ihn hinweg zu kommen. Vorsichtig legte er seine Lippen an Lians Hals und drückte einen kurzen Kuss darauf. Diese übervorsichtige Berührung dauerte vielleicht ein Blinzeln lang, dann löste er sie schon wieder. Lian erstarrte völlig und er wollte auch seine Hände, die immer noch auf Lians Armen lagen grade zurücknehmen, als dieser plötzlich nach seinen Händen griff und festhielt. Er sah jedoch nicht auf, sondern starrte nur fassungslos auf seine Hände, die in Lians schlanken Händen wie die Hände eines Kindes wirkten, da er Angst hatte, dass er anfangen würde wieder hemmungslos zu weinen, wenn er in Lians Gesicht sah. Die Angst dort Ablehnung oder Hass zu finden schnürten ihm die Kehle zu und ließen ihn fast nicht mehr atmen, das Blut rauschte ihm tosend durch die Ohren, kleine schwarz-weiße Punkte tanzten vor seinen Augen hin und her und ihm wurde schlecht. Warum hatte er das jetzt nur gemacht? Erst als er Lians warmen Atem dicht vor seinem Gesicht spürte blickte er zögernd hoch. Im nächsten Moment jedoch weiteten sich völlig überfordert und überrumpelt seine Augen, während sich seine Hände in Lians nahezu verkrallten und ihn näher zu ihm zogen. Nach den ersten Schrecksekunden schloss er die Augen und vergaß alles um sich herum und jeden Zweifel und jede Angst, die ihn kurz zuvor noch fast wahnsinnig werden ließen. Zunächst war Lian einfach nur geschockt und hätte wahrscheinlich in dem Moment in dem er realisierte was Kacey da grade machte jeder Steinfigur Konkurrenz gemacht. Trotzdem arbeitete sein Kopf auch in seiner temporären Starre noch genug um zu erkennen was genau das hieß, dass Kacey ihn küsste. Er war mehr für ihn als nur sein Retter, diesen Begriff fand er zwar nicht sehr passend aber etwas Besseres fiel ihm nicht ein, sondern auch durchaus anziehend. Zweifel daran ob der Jüngere ihm gegenüber irgendwelche Gefühle hegte oder einfach nur aus seiner Verzweiflung heraus körperlich Halt suchte drängte er entschieden zur Seite. In diesem Moment zählte für ihn nur, dass Kacey ihn grade geküsst hatte. Bei dieser flüchtigen Berührung allerdings wollte er es nicht bewenden lassen. Vorsichtig zog er den verschüchterten Kacey wieder an sich und als dieser seinen Kopf hob und ihn mit seinen bernsteinfarbenen Augen so unglaublich verletzlich ansah überrollte ihn förmlich eine Welle, die jeden letzten Rest Verstandes wegspülte. Vorsichtig um Kacey nicht doch noch abzuschrecken küsste er ihn auf die bebenden Lippen, fuhr sanft mit der Zunge über die fein geschwungene Unterlippe des Jüngeren. Dieser schien alles um sich herum zu vergessen und die zunächst noch verstört und unsicher wirkenden Augen schlossen sich, während sich der schlanke Körper näher an ihn drängte. Ganz so als hungere er förmlich nach jeder Berührung. Vorsichtig löste er eine seiner Hände von Kaceys ohne jedoch den zarten Kontakt ihrer Lippen zu unterbrechen und fuhr langsam tastend unter das schwarze Shirt des Schwarzhaarigen der ein wohliges Geräusch von sich gab. Den Rücken durchbiegend drängte er sich gegen die Hand, die mit zaghaften Berührungen und noch nicht ganz sicher über den Bauch immer höher wanderte. Kacey indessen hatte seine schlanken Arme um seinen Hals geschlungen und biss ihm spielerisch in die Lippe, stöhnte jedoch unterdrückt auf, als Lian eine seiner empfindlichen Brustwarzen erreicht hatte. Die Gelegenheit nutzte der Ältere, strich mit seiner Zunge sanft über die des anderen worauf dieser sofort reagierte. Völlig selbstvergessen gelangte Lians zweite Hand schließlich über Kaceys Nacken zu seinem Rücken und auch da schob er das Shirt in einer flüssigen Bewegung ein Stück nach oben. Dabei jedoch berührte er die verkrusteten Schrammen auf seinem Rücken und hielt ruckartig in der Bewegung inne. Er löste seine Lippen von Kaceys Hals, den er grade mit leichten Küssen hinabgewandert war. Dieser sah mit verschleierten Augen zu ihm auf, während seine geröteten Lippen, seine hektische Atmung und die roten Wangen Lians vor Sehnsucht fast verrückt werden ließen. Trotzdem biss er sich auf die Unterlippe, zog seine Hände zurück und schob Kacey mit einer sanften Bewegung von sich. Der vollkommen verwirrte Blick Kaceys hing an ihm und schrie nahezu nach einer Erklärung, als er aufstand und auf sein Bett zuging. Mit abgewandtem Gesicht ließ er sich darauf fallen. „Ich bin total müde…Ich geh schlafen. Wenn du willst kannst du nachher auch hier schlafen, aber das Bett im Gästezimmer ist auch bezogen, wenn du lieber da schlafen willst.“ Seine Stimme klang kratzig und ihm war nur zu bewusst wie lächerlich diese Ausrede war, besonders, da es grade mal später Nachmittag war, aber er wusste sich einfach nicht anders zu helfen. Kacey war immer noch das was er vorher auch gewesen war auch wenn er es nicht wahr haben wollte. Er konnte nicht sicher sein, dass Kacey wirklich so handelte, weil er etwas für ihn empfand oder weil er einfach auf ungelenke Art versuchte sich zu bedanken und keinen anderen Weg dafür sah, als mit ihm zu schlafen. Schließlich hatte er diese Art der Vergütung viel zu lange kennen lernen müssen. Als er nichts hörte sah er widerstrebend in Kaceys Richtung und es zerriss ihm fast sein Inneres Kacey so zu sehen. Er war aufgestanden, stand schwankend in der Mitte des Raumes und stumme Tränen rannen ihm die Wangen hinunter. In seinen Augen lag Enttäuschung, Schmerz und eine unendliche Traurigkeit, die ihm fast körperliche Schmerzen zufügte. Auf dem Absatz drehte er sich um und schlug die Tür hinter sich zu. Verzweifelt stützte Lian den Kopf in die Hände und verfluchte sich selbst für so viel Dummheit. Apathisch starrte Kacey an die Decke des Gästezimmers wo er jetzt auf dem Bett lag und versuchte nicht mehr haltlos zu weinen. Trotzdem rannen immer noch Tränen über seine Wangen, schienen einfach kein Ende mehr zu finden und irgendwo tief in seinem Innern eine nicht zu versiegende Quelle zu haben. Er hatte es doch gewusst. Lian würde so jemanden wie ihn nicht lieben können und es auch niemals tun. Warum sollte er auch? Jemand wie Lian konnte alles und jeden haben warum sollte er ausgerechnet ihn wollen? Und warum war er dumm genug sich einzureden leichter über Lian hinwegzukommen, wenn er ihn einmal geküsst hatte? Das machte es ihm doch nur viel schwerer als zuvor, weil er jetzt wusste wie es sich anfühlte von seinen vollen Lippen geküsst und seinen schlanken Händen berührt zu werden. Seine Hände verkrampften sich in der Bettdecke und die Knöchel zeichneten sich bereits weiß ab, aber er spürte das kaum. Der Schmerz in seinem Innern überlagerte alles, schien sich wie ein Gift in seinen ganzen Körper hineinzu ziehen und alles andere langsam abzutöten. Was blieb war eine unheimliche schwarze Leere, die an die Stelle der zarten Hoffnung getreten war, die er noch am Morgen gehabt hatte. Staub ist eben doch nur Staub. Wenn das Licht erstmal wieder weg ist wird er wieder dunkel und schmutzig und in irgendeine Ecke gekehrt. Ein verbitterter Zug legte sich um seinen Mund während aus seinen Augen unaufhaltsam weiter Tränen flossen. Lian hatte er jetzt unwiederbringlich verloren. Aufschluchzend drehte er sich auf die Seite und rollte sich zusammen. Seine Brust schmerzte von den harten Schluchzern, seine Augen brannten, aber das Schlimmste war immer noch diese eiskalte Leere, die ihn langsam aber sicher völlig zu überrollen drohte. Allerdings setzte er ihr auch nichts mehr entgegen. Schließlich hatte er jetzt wirklich nichts mehr um dagegen anzukämpfen. Er hatte den einzigen Menschen, der ihn irgendwie wieder hochgezogen hatte, durch seine eigene Schuld verloren. Kapitel 22: ------------ Nachdenklich verfolgte Lian die Maserung der Holzverkleidung an seiner Decke mit den Augen und legte die Stirn in Falten. Da er schon so früh schlafen gegangen war, war er bereits früh am Morgen hellwach und seine Gedanken begannen wieder zu rotieren. Kaceys nach Erklärung schreienden Augen und die Tränen, die ihm in hellen Streifen über die Wangen gelaufen waren wollten ihm einfach nicht aus dem Kopf und es schien ihm jedes Mal ein wenig mehr Schuldgefühle einzuimpfen. Hätte er sich nur ein wenig sensibler, ein bisschen rücksichtsvoller verhalten hätte er ihn nicht so verletzt. Die Bernsteinaugen mit dem orangeschimmernden Kranz hätten sich nicht vor Schmerz verdunkelt und er hätte nicht wegen ihm geweint. Wirklich eindrucksvoll wie er es immer wieder schaffte Kacey weh zu tun. Obwohl er eigentlich genau das nicht wollte. Er wollte doch keine Tränen mehr bei ihm sehen und jetzt war er selbst Schuld daran, dass es doch wieder so war. Grade als er angefangen hatte wieder Mut zu fassen. Seufzend drehte er den Kopf zur Seite und sah blicklos durch sein Fenster. Die graue Morgendämmerung begann bereits zu verschwinden und die Wolken hatten schon feine, rosafarben wirkende Ränder. Das Beste würde es wohl sein, wenn er sich bei Kacey entschuldigte. Er hatte es schließlich nicht verdient so behandelt zu werden. Seufzend schwang er seine Beine über den Bettrand, blieb jedoch regungslos sitzen und sah weiter nach draußen. Kacey weiter im Unklaren zu lassen würde wahrscheinlich alles nur noch schlimmer machen und auch wenn er ihm diese absolute Dummheit, die er sich geleistet hatte verzeihen würde, würde es immer wieder zu Missverständnissen kommen, wenn er seine Gefühle nicht unter Kontrolle hatte. Die Wolken zogen langsam an seinem Fenster vorbei und er wünschte sich nichts sehnlicher, als das die Zeit stehen bliebe und er einfach die nächsten Jahre so sitzen bleiben könnte. Abermals seufzend ließ er den Kopf sinken. Es brachte doch alles nichts. Entweder er hielt sich so lange von Kacey fern bis seine Gefühle wieder auf ein rein freundschaftliches Maß zurückgegangen waren oder er hoffte darauf, dass Kacey sie erwiderte. Diesen zweiten Gedanken verwarf er jedoch als zu unrealistisch, da er überzeugt war, dass Kacey mit Sicherheit erstmal seine Ruhe haben wollte schließlich hatte er bereits genug durchgemacht und ein über beide Ohren verliebter Chaot wie er war bestimmt das Letzte was er gebrauchen konnte. Abwesend fuhr er sich durch die Haare und versuchte sich irgendwie in Kacey hineinzuversetzen, wenn nur die erste Option übrig blieb. Wie würde er sich fühlen, wenn Flo ihm plötzlich aus dem Weg gehen würde ohne zu wissen warum er das tat? Beschissen. Verdammt beschissen. Genervt drückte er seine Handflächen gegen die gefurchte Stirn und versuchte eine logische Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Die Tatsache, dass sie wie verrückt in seinem Kopf herumflogen und sich partout nicht in vernünftige Bahnen lenken ließen machten es ihm dabei nicht wirklich einfacher. Einige Augenblicke saß er noch wie festgewachsen auf seinem Bett dann ließ er langsam die Hände sinken und sein Blick streifte die Tür. Irgendwann hätte er es ihm eh sagen müssen. Ob jetzt oder irgendwann anders war eigentlich egal. Das Einzige was ihm dabei wirklich Angst machte war die Frage ob Kacey ihn danach noch als Freund sehen oder den Kontakt abbrechen würde. Mit einem ruckartigen Kopfschütteln versuchte er diese Angst beiseite zu fegen und stand in einer flüssigen Bewegung auf. Das ganze Grübeln brachte ihm auch nicht viel, da er nun mal einfach nicht wusste wie Kacey reagieren würde, denn der Jüngere war für ihn schließlich nicht vollkommen durchschaubar und berechenbar. Barfuss verlies er sein Zimmer und lief über den mit Teppich ausgelegten Flur auf die Tür des Gästezimmers zu. Kacey hatte ihn mit Sicherheit noch nicht gehört, da seine Schritte fast vollkommen vom Teppich geschluckt wurden und außerdem war es ja noch nicht einmal richtig hell also schlief er wahrscheinlich noch. Je näher er den dunklen Tür kam umso langsamer wurde er bis er schließlich einige Schritte davor vollkommen inne hielt. Er schloss kurz die Augen und atmete gezwungen ruhig ein und aus. Als er die Hand hob um an das dunkle Holz zu klopfen stockte er kurz in der Bewegung, lauschte noch einmal kurz ob bereits irgendeine Regung hinter der Tür zu vernehmen war und klopfte dann erst. Der hohle Ton der dadurch erzeugt wurde klang schon fast gespenstisch, als er von den kahlen Flurwänden reflektiert wurde, jedoch erfolgte aus dem Zimmer selbst keine Reaktion. Lian runzelte kurz die Stirn und wartete noch einige Augenblicke ab. Außer dem bereits eingesetzten Gezwitscher einiger Vögel war jedoch nichts zu hören. Nachdem er erneut geklopft hatte und immer noch nichts passiert war, drückte er vorsichtig die Klinke runter und schob die Tür einen Spalt breit auf. „Kacey? Ich komm rein okay?“ Einige Momente lang verharrte er in dieser Position, als er aber immer noch keine Antwort erhielt drückte er die Tür einfach komplett auf. Ungläubig stand er im Türrahmen und starrte auf das bereits gemachte Bett. Alles stand an seinem Platz, durch die geöffneten Fenster strömte frische Luft ein, die nach Regen roch und blähte die hellblauen Vorhänge wie große Segel sanft auf. Absolut friedlich und trotzdem glaubte Lian grade in einen Zuber mit eiskaltem Wasser gestoßen worden zu sein. Wie erfroren stand er da, starrte auf das unbenutzte Bett und versuchte seinen Kopf wieder in Gang zu bekommen. In diesem hämmerte allerdings nur ein Gedanke. Er ist weg. Er ist weg. Er ist weg. Erst als der Sinn dieser Worte wirklich zu ihm durchdrang erfasste ihn eine schon fast panische Hektik. „Kacey?“ In wenigen weit ausholenden Schritten war er bei der Tür, die in das angrenzende Badezimmer führte und riss diese auf. Hier das gleiche Bild. Alles an seinem Platz. Von der verzweifelten Hoffnung gejagt Kacey sei vielleicht doch nicht einfach verschwunden sprintete er die Treppe runter und blieb schlitternd in der Küche stehen. Heftig atmend sah er sich um und versuchte irgendeinen Hinweis auf Kacey zu finden. Irgendetwas. Die Tür zum Wohnzimmer stand ebenfalls offen und auch dort war alles an seinem Platz und kein Kacey zu sehen. Verzweifelt fuhr er sich mit der Hand durch die Haare, nahm nichts mehr wirklich wahr, blickte nur starr ins Nichts und lehnte sich an die Wand hinter sich. Langsam rutschte er daran hinunter und saß schließlich auf den kalten Fliesen. Er hatte das Gefühl nicht mehr richtig atmen zu können und eine lähmende Kälte zog sich durch seinen ganzen Körper. Resigniert verschränkte er die Arme vor der Brust und legte den Kopf auf seine Knie. Obwohl er glaubte jeden Augenblick wie ein kleines Kind loszuweinen lief nicht eine einzige Träne seine Wangen hinunter, sondern er starrte nur ausdruckslos vor sich hin. Er hatte einfach alles kaputt gemacht. „Verdammte Scheisse…“ Das Kinn auf die ineinander verschränkten Hände gelegt sah er zu den sich langsam immer rötlicher färbenden Wolken hoch, während ihm der Wind, der immer noch den Geruch nach nassen Blättern und feuchter, warmer Erde hatte, die Haare aus dem Gesicht strich. Er hatte die ganze Nacht nicht schlafen können, weil sein Kopf einem aufgestörten Wespennest glich und ihm die ganze Zeit Lians Nähe fehlte. In seinem Bett hatte es immer nach ihm gerochen und nachts hatte er immer die Wärme seines Körpers neben sich gehabt, die er jetzt mehr als alles andere vermisste. Auch als er sich nach einigen Stunden dazu durchgerungen hatte so leise wie möglich aus dem Haus zu schleichen hatte er selbst in seinem Bett keinen Schlaf gefunden. In seinem Kopf schwirrte es nur so und er versuchte irgendeine Lösung zu finden. Lian hatte ihm mehr als deutlich gezeigt, dass er keine engere Beziehung zu ihm wollte also würde er sich von ihm fern halten. Bis er irgendwann seine Gefühle vergraben und so tief verschlossen hatte, dass es ihm nichts mehr ausmachte Lian zu sehen oder mit ihm zu sprechen. Außerdem war da noch etwas anderes. Er hatte diesen Gedanken die ganze Zeit über verdrängt aber er war mit aller Eindringlichkeit und Macht zurückgekehrt. Ewig hätte er sowieso nicht bei Lian bleiben können und dass er jetzt einfach schneller wieder zu hause war änderte nichts an dem Umstand, dass er irgendwoher Geld brauchte um über die Runden zu kommen. Immer noch auf die Wolken starrend war in seinem Gesicht keinerlei Zeichen für irgendein Gefühl zu erkennen und im fahlen Dämmerlicht wirkte es schon fast wie eine starre Maske. Lian musste er so schnell wie möglich aus seinem Kopf bekommen und wenn seine Arbeit ihn davon ablenken konnte dann würde er selbst damit wieder anfangen. Egal wie sehr es ihn ekelte und einfach zu viele Erinnerungen herauf beschwor. Trotzdem zuckten seine Mundwinkel für einen kurzen Augenblick verdächtig und seine Augen glänzten verräterisch bevor er den Kopf in seinen Armen vergrub. Schmerz kann man eben nur mit Schmerz abtöten. Kapitel 23: ------------ Lustlos rührte er mit dem Löffel in der Müslischüssel herum. Mit dem Kinn auf die rechte Hand gestützt starrte er leer vor sich hin und hing seinen Gedanken nach. Der prasselnde Regen schlug ohne Unterlass schon seit Stunden gegen die Scheiben und es schien als hätte der Himmel alle Schleusen geöffnet. Aber dieses trübe, graue und verhangene Wetter war ihm nur recht. Seufzend hörte auf die Haferflocken sinnlos herumzuschieben, stand auf und schüttete sie samt der Milch in den Abfluss seines Spülbeckens. Er hatte sich eigentlich dazu zwingen wollen etwas zu essen aber er hatte keinen Hunger und sein Magen fühlte sich als würde er sich jeden Moment übergeben müssen, wenn er auch nur das geringste bisschen zu sich nehmen würde. Mit langsamen und fast schon apathischen Bewegungen setzte er sich auf die kalte, steinerne Fensterbank und lehnte die Stirn gegen die Fensterscheibe. Durch seinen warmen Atem beschlug das Glas, jedoch störte ihn das nicht weiter, weil er stur nach draußen sah. In den Gossen der Straßen hatten sich kleine Sturzbäche gebildet, die in den schon fast überlaufenden Gullis verschwanden nachdem sie sich in unzähligen Strudeln und Verwirbelungen über die Straße gewunden hatten. Die Blätter der Bäume wurden von den spritzenden Regentropfen immer wieder nach unten gedrückt und glänzten matt im fahlen Licht der Sonne, da diese zum großen Teil durch schwere graue, teilweise fast schon schwarze, Wolken verdeckt wurde. Wie ein undurchsichtiger Wasservorhang legte sich der Regen über alles was weiter als wenige Meter entfernt lag und ließ es nur noch verschwommen erscheinen. Ohne dass er es gemerkt hatte liefen ihm schon wieder Tränen über die Wangen und hinterließen eine feuchte Spur in seinem Gesicht. Und obwohl der Regen alles freispülte und die Luft von ihrer trägen Wärme reinigte hatte er das Gefühl seine Tränen würden nichts freispülen, sondern ihn langsam ertränken. Vollkommen durchnässt stand Lian vor der hellen Holztür und drückte auf den Klingelknopf. Der Regen schien wirklich in jede Ritze gefunden zu haben und selbst auf seinem Rücken spürte er einige Tropfen herunter laufen. Unwillig schüttelte er kurz den Kopf und wippte ungeduldig auf und ab. Bis die Tür jedoch geöffnet wurde kam es ihm vor wie eine kleine Ewigkeit und er hatte bestimmt schon drei- oder viermal auf die Uhr gesehen. „Mensch, Flo…Soll ich mir hier den Tod holen?“ Grinsend zuckte dieser mit den Schultern trat aber schnell beiseite um seinen besten Freund nicht noch länger im Regen stehen zu lassen. „Du bist doch nicht aus Zucker, oder?“ „Haha, sehr witzig.“ Lian war absolut nicht zu Scherzen aufgelegt und der Regen hatte seine Laune nicht unbedingt gehoben. Flo nahm ihm seinen triefend nassen Kapuzenpulli ab, den er sich grade über den Kopf gezogen hatte und zog missbilligend eine Augenbraue hoch. „Das du aber auch wirklich nie eine Jacke anziehen kannst...Du kannst schon mal hochgehen ich komm gleich nach.“ „Mhm.“ Fast schon trotzig vergrub er die Hände in den Hosentaschen und stapfte die wenigen Stufen hoch, die zu Flos und Nishas Zimmern führten. Nisha schien nicht da zu sein, da ihre Zimmertür offen stand und keine Musik daraus zu hören war also hielt er sich nicht damit auf nachzusehen, ob sie doch da war, sondern ging direkt in Flos Zimmer. Dort ließ er sich auf dessen Schreibtischstuhl fallen und schloss für einen Moment die Augen. Schnelle Schritte auf der Treppe und in dem kurzen Flur kündigten Flo an aber Lian störte das nicht weiter. Flo hatte wahrscheinlich sowieso schon gemerkt, dass irgendetwas überhaupt nicht in Ordnung war also musste er auch nicht so tun als wenn es ihm unglaublich gut gehen würde. Erst als im ein Handtuch ins Gesicht geworfen wurde öffnete er die Augen wieder. „Trockne dich erstmal ab und dann erzählst du mir mal was überhaupt los ist. Ist ja schrecklich was du für ne Laune hast.“ Mit diesen Worten warf Flo sich auf sein Bett und stützte das Kinn in die Handflächen um ihn abwartend anzusehen. Lian nickte nur kurz und begann dann damit sich die Haare trocken zu rubbeln. „Kacey ist abgehauen.“ Überrascht riss Flo die Augen auf und starrte seinen besten Freund, der sich noch unter dem Handtuch verborgen hatte an. „Wie? Warum?“ Lian hielt mit seinen Bewegungen inne, zog das Handtuch von seinem Kopf und senkte geschlagen den Kopf. „Wir haben auf dem Rückweg einen ehemaligen Freier getroffen…Und irgendwie war er so fertig und…Ach verdammt!“ Wütend schleuderte er das Handtuch gegen die Tür an der mehrere Poster hingen, zog die Beine an, schlang die Arme darum und legte den Kopf auf die Knie. Vorsichtig stand Flo auf, kniete sich neben Lian und strich ihm vorsichtig über das nasse und zerstrubbelte Haar. „Und dann?“ „Er hat…Wir haben uns geküsst…“ Seine Stimmt klang gedämpft und gepresst trotzdem hatte Flo ihn verstanden und legte verwirrt den Kopf schief. „Deswegen ist er abgehauen?“ Lians Hände verkrampften sich und die Knöchel zeichneten sich weiß unter der noch regennassen Haut ab. „Nein…Ich hab…Flo, ich hab Mist gebaut…“ Beruhigend strich der Blauhaarige ihm weiter über die Haare und wartete darauf, dass er von sich aus weiter sprach. „Ich hab ihn weggeschickt…Verdammt Flo du hättest sehen sollen wie er geguckt hat!“ Seufzend runzelte Flo die Stirn und rutschte direkt vor Lian. „Hey, guck mich mal an.“ Langsam hob Lian den Kopf und sah ihn aus vor Verzweiflung schon fast schwarz wirkenden Augen an. Fürsorglich strich er ihm eine seiner nassen Haarsträhnen aus der Stirn und lächelte ihn aufmunternd an. „Das kannst du doch bestimmt irgendwie richtig stellen. Und wenn du es ihm richtig erklärst wird eure Freundschaft bestimmt nicht kaputt gehen.“ Entschieden schüttelte Lian den Kopf und sah auf seine Hände, während sich ein bitterer Zug um seine zusammengepressten Lippen legte. „Ich will gar nicht, dass unsere Freundschaft in Ordnung bleibt.“ Verwirrt sah Flo ihn an und dachte kurz nach. Dann jedoch schien bei ihm der Groschen gefallen zu sein und er versuchte ein Lächeln zu unterdrücken, war jedoch mehr als froh, dass Lian in diesem Moment nach unten und nicht in sein Gesicht sah. „Was willst du denn?“ Ein inbrünstiges Seufzen war die Antwort bevor Lian den Kopf anhob und ihn schon fast entschuldigend ansah. „Ihr hattet recht…ich hab mich wahnsinnig in ihn verliebt…Aber solange ich das nicht wieder im Griff hab können wir auch nicht normal befreundet sein…Als wenn Kacey jetzt daran interessiert wäre, wenn ich ankomme und ihm erzähle, dass ich nicht nur sein Freund sein will.“ Er war immer hektischer geworden und fast schon panisch, sodass Flo das Grinsen was sich in sein Gesicht schlich bei aller Anstrengung nicht mehr unterdrücken konnte. Verletzt sah Lian schmollend auf ihn runter und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen zurück. „ So witzig find ich das wirklich nicht du Verräter.“ Flo schüttelte aber nur den Kopf dass seine blauen Haare flogen und lehnte seine Arme auf Lians Knie. „Ist dir gar nicht aufgefallen, dass Kacey mit Sicherheit auch in dich verliebt ist?“ Unsicher schüttelte Lian den Kopf. „War ja klar…Mensch, was glaubst du denn warum der dich immer so anschmachtend angesehen hat?“ Für einige Momente schien Lian überhaupt nicht zu begreifen was Flo ihm grade versuchte zu sagen, dann weiteten sich seine Augen jedoch voller Unglauben. „Meinst du wirklich, dass er …?“ Das schien ihm schon fast zu fantastisch um wahr zu sein. Warum war er nicht schon früher auf die Idee gekommen, dass Kacey nicht einfach nur so handelte, weil er es nicht anders kannte? Gott, wie hatte er nur so blöd sein können? Kacey hatte doch noch genauso Gefühle wie er…Und er hatte doch gesehen wie sehr er ihn mit seiner Abweisung verletzt hatte. „Flo…Was mach ich denn jetzt?“ Verzweifelt fuhr er sich durch die immer noch tropfenden Haare und sah Hilfe suchend zu dem Jüngeren. Der zuckte jedoch nur mit den Schultern. „Am besten du redest einfach mit ihm.“ Lian nickte knapp und fuhr suchend mit den Händen in seine Hosentaschen. Als er das gesuchte Handy in der Hand hielt sprang er auf und riss die Tür auf. Über die Schulter zurücksehend rief er dem immer noch auf dem Boden sitzenden Flo ein „Danke!“ zu und polterte dann die Treppe runter. Kurz bevor er sie erreichte wurde die Haustür aufgesperrt und Nisha trat schimpfend mit ihrem tropfnassen Schirm in den Flur. Bevor sie jedoch wirklich reagieren konnte war Lian schon mit einer kurzen Begrüßung an ihr vorbei nach draußen gestürmt. Verdattert stand sie mit dem noch aufgespannten Regenschirm im Flur und sah ihrem besten Freund ratlos hinterher, als sie hinter sich Schritte und das leise Lachen von Flo hörte. Verwirrt drehte sie sich zu diesem um und schloss nebenbei die Haustür. „Was ist denn in den gefahren, dass er bei dem Regen im T-Shirt rausrennt?“ Flo grinste sie vielsagend an und formte mit den Händen ein Herz. „Unser kleiner Lian ist verliebt. Und jetzt rate mal in wen.“ Erst ungläubig, dann herzlich lachend schüttelte Nisha den Kopf. Er saß immer noch am Fenster und starrte nach draußen. Anscheinend hatte irgendein Gott, falls es so etwas geben sollte, beschlossen die Menschheit vor die nächste Sintflut zu stellen. Nur dieses Mal war anscheinend kein Rettungsboot geplant. Was nicht heißen sollte, dass ihn das irgendwie stören würde oder so etwas in der Art. Im Moment wäre es ihm am liebsten, dass alles in einem Meer versinken und er entweder mit unterginge und alleine auf einer einsamen Insel stranden würde. Da hätte er auf jeden Fall seine Ruhe und müsste sich viel eher darum kümmern wie man auf so einer Insel überlebt und hätte keine Zeit zum Nachdenken. Das für ihn nach stundenlanger Ruhe unnatürlich schrill klingelnde Handy brach brutal in seine abschweifenden Gedanken ein und riss ihn aus seinem angenehmen Dämmerzustand in den er verfallen war. Ärgerlich sah er zu dem niedrigen Nachtschrank auf dem das leuchtende Etwas vor sich hin vibrierte. Ohne weiter darauf zu achten wandte er sich wieder seiner Betrachtung des Regens zu und lehnte den Kopf an die Scheibe. Für den Rest der Welt wollte er jetzt nicht ansprechbar sein und wenn sie Himmel und Hölle in Bewegung setzten. Nach einiger Zeit verstummte der Klingelton und auch das Vibrieren hörte auf. Zufrieden sah Kacey wieder nach unten auf die Straße in der sich immer breiter werdende Bäche bildeten und vor den inzwischen überlaufenden Gullis kleine Seen bildeten. Durch den dichten Regenvorhang war er sich zunächst nicht ganz sicher, aber als die Person näher kam schüttelte er verständnislos den Kopf. Irgend so ein Bekloppter rannte da nur mit einem T-Shirt bekleidet durch den Regen. Bei jedem seiner Schritte spritzte das Wasser aus den Pfützen um ihn herum hoch und in den Pfützen bildeten sich wellenförmige Kreise. Eigentlich wollte Kacey sich grade wieder umdrehen aber irgendwas hielt ihn am Fenster. Die Bewegung der Person kamen ihm bekannt vor und er überlegte schon nahezu fieberhaft woher er sie kannte. Plötzlich riss er die Augen auf und sprintete zu seinem Handy. Fassungslos starrte er auf den Display, öffnete und schloss den Mund tonlos. Als er wieder aus dem Fenster sah war die Person verschwunden. Verwirrt fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht und starrte wieder auf sein Handy. Das konnte doch gar nicht sein. Bevor er sich über die angezeigte Nummer weiter Gedanken machen konnte klingelte es bereits. Völlig überfordert und schon fast mechanisch ging er zur Tür und drückte auf den Türöffner. Ein leises Summen hallte über die Flure und kurz darauf hörte er wie jemand mit dem patschenden Geräusch nasser Schuhe die Treppe hochlief. Immer noch total verwirrt stand er noch vor der geschlossenen Tür, als die Schritte schließlich langsamer wurden und dann in seiner Nähe ganz verstummten. Er wollte wirklich zu ihm. Eine Zeit lang geschah nichts. Er wagte sich kaum zu rühren aus Angst, wenn er sich bewegen würde, dass die Person die draußen stand nicht da sein würde, wenn er die Tür aufmachte. Dass er sich das einfach nur einbildete und seine abgestumpften und dennoch irgendwie überreizten Sinne ihm einen Streich spielten. „Kacey?“ Die sanfte Stimme war definitiv echt. Das war keine Einbildung. Lian stand vor seiner Tür und wollte zu ihm. „Kacey? Es tut mir leid…Ich wollte dir nicht wehtun, aber…“ Bevor er noch irgendetwas sagen konnte flog die Tür auf. Kacey konnte immer noch nicht wirklich fassen, dass Lian wirklich vor ihm stand und suchte in dessen Gesicht nach irgendeinem Hinweis für sein Hiersein. Wasser lief ihm in schmalen Spuren übers Gesicht und zu seinen Füßen bildete sich langsam aber stetig eine Wasserlache, während sein schwarzes T-Shirt an seinem Oberkörper klebte. Sein noch vom Rennen beschleunigter Atem ließ ihn laut ein und ausatmen und in seinen Augen lag ein entschuldigender Ausdruck. „Kann ich vielleicht rein kommen?“ Stumm nickte Lian und drehte sich schroff um. Sein Herz drohte zu zerspringen und schlug eindeutig zu schnell. Er versuchte sich irgendwie zu beruhigen und einen klaren Gedanken zu fassen aber das ging gegen den einen Gedanken der ihn fast vollkommen zu vereinnahmen schien unter. Lian ist da. „Kacey? Kann ich kurz mit dir reden oder soll ich vielleicht lieber wieder gehen?“ Erschrocken flog Kaceys Kopf hoch und er schüttelte schnell den Kopf. „Nein! Ich…Was willst du denn von mir?“ Lian schloss die Tür hinter sich und grinste Kacey reuig, ja beinahe schon gequält, an. „Ich glaube ich hab dir ziemlich weh getan…“ Kacey senkte den Kopf und sah auf seine Füße. Und wie er das hatte. Weh getan war noch gar kein Ausdruck dafür. „Aber ehm…Normalerweise würde ich ja wollen, dass wir weiter befreundet sein können, aber…“ Kacey riss die Augen auf, hielt den Kopf jedoch gesenkt. Er hatte das Gefühl, dass sein Inneres von einer eisigen Hand umschlossen worden war und diese jetzt gnadenlos immer weiter zudrückte um ihm auch das letzte bisschen Leben auszutreiben. Warum kam er extra zu ihm? Nur um ihm zu sagen, dass er ihn nicht einmal mehr als Freund sehen konnte? Tränen stiegen ihm in die Augen und er versuchte sie panisch zurückzudrängen. Lian sollte nicht auch noch sehen wie sehr er ihn wirklich verletzte. „Ach Scheisse Kacey, ich hab mich in dich verliebt.“ Musste er ihm das so direkt sagen? Merkte er denn nicht, dass er… Geschockt riss er den Kopf hoch und starrte Lian entgeistert an. „W…Was?“ Verlegen fuhr Lian sich durch die Haare und wich seinem Blick aus. „Das ist jetzt ein bisschen doof gelaufen alles…Und ich weiß ja auch gar nicht ob du…“ Weiter kam er jedoch nicht. Taumelnd versuchte er sich auf den Beinen zu halten und sah überrascht auf den schwarzen Haarschopf auf seiner Brust. Kacey vergrub das Gesicht an seinem Oberkörper und schlang die Arme um ihn. „Hättest du nicht mal früher was sagen können? Ich dachte du willst mich nicht, weil…“ Lian sah erst noch ein wenig verwirrt aus dann fing er jedoch an zu lachen. Fragend sah Kacey zu ihm hoch und runzelte die Stirn. Der Ältere ließ sich rückwärts auf Kaceys Bett fallen und zog den Jüngeren mit sich, sodass dieser jetzt mehr oder weniger auf seinem Schoß saß. „Und ich dachte, dass du mich deswegen nicht willst.“ Kacey stützte sich mit den Händen auf Lians Schultern ab und sah diesen schon fast tadelnd an. „Quatsch. Ich hab mich schon direkt am Anfang in dich verliebt warum sollte ich dann…“ Als würde ihm plötzlich bewusst werden was er da eigentlich sagte schoss ihm das Blut ins Gesicht, er presste die Lippen fest zusammen und senkte den Blick. Lächelnd strich Lian ihm über die Wange und hob dann sein Kinn an. „Nächstes Mal reden wir direkt über so was, okay?“ „Mhm.“ „Und du denkst nicht mehr so einen Unfug, ja?“ „Mhm.“ „Du siehst wirklich süß aus, wenn dir was peinlich ist.“ „Mh…Lian! Das ist gemein!“ Grinsend zog dieser den schmollenden Kacey näher an sich heran und lehnte seine eigene an dessen Stirn. „Ich weiß.“ Bevor Kacey noch irgendwelche Einwände äußern oder sich weiter aufregen konnte verschloss er den Schmollmund schnell mit einem Kuss. Sein Schmollmund. Sein Kacey. ~~~~~~~~ Sooooo~ Das war jetzt das letzte reguläre Kapitel von "In your eyes" ^^ In den nächsten Tagen wird noch ein Epilog folgen, der noch ein paar offene Fragen klärt und iii-wann (möglichst bald hoffe ich ;_;) ein One-Shot, der Flos Liebesleben bzw. Leiden aufgreift aber an sich ist In your eyes an dieser Stelle zu ende x3 Schade eigentlich...Aaaaber wenn ich jetzt noch weiterschreiben würde würds mir keinen Spaß mehr machen v_v Also danke fürs Lesen, die Favos und Kommis *_* *Keksberg auftürm* Kapitel 24: Zusatzinfo x3 ------------------------- „Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich mit dir befreundet bin…“ Missmutig verzog er den Mund zu einer Schnute und starrte in sein leeres Cocktail-Glas, während er den Strohhalm genervt anstupste. Ein amüsiertes Lachen erklang aus dem Hörer. „Vielleicht weil ich einfach ne geile Sau bin?“ „Wohl kaum…“ Trotzig schnippte er immer wieder gegen den grünen Strohhalm und verfolgte mit den Augen, wie er immer wieder vom Glasrand abprallte und sich dabei langsam um die eigene Achse drehte. „Naja…Ich hoffe, du hast trotzdem Spaß… Ruf mich morgen an, ja? Bye!“ Klack. Noch während er den Mund öffnete, um etwas zu erwidern, hatte sein Vollidiot von bestem Freund auch schon aufgelegt. Schnaubend sah er auf das blinkende Display, klappte sein Handy zu und verstaute es in seiner Gesäßtasche. Na, das konnte ja ein heiterer Abend werden. Und warum? Richtig, weil alle totale Verräter waren. Nisha hatte sich mit ihrem neuen Freund glückstrahlend für ein Wochenende nach sonst wohin verzogen und ihn hier einsam und allein zurückgelassen. Das wäre ja noch zu verkraften gewesen, aber jetzt war Lian ihm auch noch hinterhältig in den Rücken gefallen. Und das nur weil er sich mit Kacey einen schönen Abend machen wollte. War er denn allen egal? Voller Selbstmitleid sah er in den großen Spiegel der ihm gegenüber hing und nickte sich selbst zu. „Flo, du bist ein sehr, sehr, sehr armer Mensch.“ Vielleicht sollte er sich einfach mal beim Tierschutzverein einschleichen. Pflegeleichter, 20jähriger Medizinstudent in liebevolle Hände abzugeben. Garantiert stubenrein. „Kann ich dir noch was bringen?“ Eine der vielen Kellnerinnen des Clubs stand vor ihm und lächelte ihn gewinnend an, während sie ihn schnell von oben bis unten musterte. Flo ignorierte diesen forschenden Blick jedoch vollkommen und nickte erleichtert. „Aphrodite`s kiss.“ In den ausdruckslosen grünen Augen blitzte es kurz bedauernd auf, dann erschien wieder das geschäftsmäßige Lächeln und sie machte sich daran den Cocktail zusammenzumixen. Gelangweilt sah er ihr kurz zu, wie sie einige Eiswürfel in ein Glas fallen ließ, dann drehte er sich auf seinem Barhocker halb um. Eigentlich liebte er diesen Club über alles, aber ohne seine Schwester, seinen besten Freund und Kacey, der inzwischen fest zu ihrer Gruppe dazu gehörte, war es einfach nicht das Gleiche. Sicher, Musik, Leute und einfach die Stimmung waren wie immer, aber trotzdem fehlten ihm die ausgelassenen und vergnügten Gespräche mit den drei wichtigsten Menschen, die er hatte. Seufzend ließ er seinen Blick über die dicht aneinander gedrängten, tanzenden Menschen gleiten und stützte das Kinn auf eine Hand auf. Die Musik war in diesem Teil des Clubs nicht allzu laut, da er sich ein wenig weiter von der Tanzfläche entfernt befand, trotzdem wummerte der Bass noch leicht durch seinen Körper. Das leise Klackern der Eiswürfel ließ ihn kurz zu der rothaarigen Bedienung, die er gedanklich bereits in Zora umgetauft hatte, hinüberlächeln, dann griff er nach dem bauchigen Glas und nippte daran. Normalerweise zog Lian ihn immer damit auf, dass er so einen „Weibercocktail“ trank und Kacey stieß ihm dann immer in die Rippen und ermahnte ihn nicht so gemein zu sein. Genervt verzog er das Gesicht und ließ die Hand mit dem Glas darin sinken, stellte es jedoch nicht ab. Ihm war einfach unglaublich langweilig. Und er vermisste seine Lieblingsvollidioten. So jetzt bin ich mal gemein x3 Wer den Rest lesen will sollte sich dann mal an den OS wenden^^ *muahahahaha* *Kekse hinstell* Ist auch n bisschen länger geworden als geplant falls das Motivation ist xDDD Epilog: -------- Warme Sonnenstrahlen lagen auf seinem Gesicht und ließen ihn langsam die Augen öffnen. Blinzelnd versuchte er etwas gegen das grelle Licht der viel zu frühen Morgensonne zu erkennen gab es jedoch schon nach wenigen Sekunden auf und drehte den Kopf auf die andere Seite. Wahrscheinlich hatte Kacey wieder vergessen den Vorhang zuzuziehen. Mit immer noch geschlossenen Augen versuchte er auszumachen wie Kacey lag um dann einen hauchzarten Kuss auf die Haare des Jüngeren zu drücken, der mit dem Kopf auf seiner Brust lag und ein Bein halb angewinkelt über seine gelegt hatte. Der ruhige Atem des schlanken, schwarzhaarigen Schlafenden strich regelmäßig über seinen freien Oberkörper und ließ ihn entspannt lächeln. War doch nicht so schlecht mal vor diesem kleinen Frühaufsteher wach zu werden. Dann hatte er Zeit die Wärme die von seinem Körper ausging mal richtig zu genießen und nicht so wie abends nur noch am Rande wahrzunehmen kurz bevor er einschlief. Die Decke raschelte ein wenig als er seinen rechten Arm hob, die Hand auf Kaceys legte und sanft über die zarte Haut strich. Viel verändert hatte Kacey sich seit ihrer ersten Begegnung nicht. Sicher sie waren beide älter geworden aber Kacey hatte immer noch nichts von seiner Unschuld und seinem unglaublich fesselnden Blick verloren. Inzwischen hatte er sogar das Gefühl ihn jeden Tag ein Stück mehr zu lieben. Das wunderte ihn aber auch nicht wirklich. Sie hatten zusammen in den letzten drei Jahren mehr durchgemacht als er sich jemals vorgestellt hatte schaffen zu können. Und trotzdem. Er war so glücklich Kacey bei sich zu haben, dass er diese Zeit jedes Mal wieder auf sich nehmen würde. Und wenn sein ganzes Leben nur noch aus Schwierigkeit bestehen würde wäre ihm das auch recht Hauptsache Kacey blieb bei ihm. Erst jetzt öffnete er die Augen wieder und blickte auf das Nachtschränkchen welches neben ihrem Bett stand. Darauf lag ein geöffneter Brief mit der Absenderaddresse seines Vaters in dem er ihn darum bat zu seinem 50. Geburtstag zu kommen. Ein wehmütiger Ausdruck schlich sich in seine Augen als er an die Zeit kurz nach seinem Outing dachte. Die meisten hatten es gut aufgenommen, besonders in der Schule war die Resonanz zum größten Teil positiv und die wenigen die sich von ihnen abwandten waren es ihnen nicht wert sich weiter mit ihnen zu beschäftigen. Besonders stolz war er damals auf Kacey gewesen. So zerbrochen wie er gewesen war so sehr blühte er auf. Trotzdem kribbelte es immer noch in seinem Magen, wenn er Kacey lachen oder lächeln sah. Das war genau das was er immer gewollt hatte. Der Einzige der überhaupt nicht damit zurechtkam war sein Vater. Nicht, dass er eine große Szene gemacht hätte. Oder ihn angeschrien hätte. Das wäre leichter zu ertragen gewesen. Dann hätte er wenigstens sauer auf seinen Vater sein können. Aber das war er schon seit er die Umstände vom Tod seiner Mutter kannte nicht mehr. Wie sollte er jemanden hassen können der sich aus seinem Schmerz heraus in eine eiskalte und gefühllose Welt geflüchtet hatte? Auch wenn er nicht mehr wütend auf seinen Vater war hatte sein Rausschmiss ihn doch mehr getroffen als er es zunächst wahr haben wollte. Eines Abends standen seine Sachen gepackt unten im Flur und sein Vater teilte ihm nur knapp mit, dass er ihm bereits eine Wohnung besorgt habe aber nicht weiter mit ihm in einem Haus leben konnte. Zwar war er zunächst geschockt und entsetzt über das Verhalten seines Vaters aber es hatte auch sein gutes, dass er nicht mehr zu Hause lebte. Kacey zog nämlich direkt mit bei ihm ein. Und seit sie ihren gemeinsamen Job in einer Bar hatten hatte Kacey finanziell auch nicht mehr die Notwendigkeit sich irgendwie Geld zu besorgen. Seufzend zog er den warmen Körper neben sich ein wenig enger an sich. Alles in allem hatten sie ihr Leben gut im Griff. Ihre Ausbildungsstellen hatten sie sicher und alles andere würde auch wieder in Ordnung kommen, da war er sich sicher. Durch die sanfte Bewegung aufgeweckt hob Kacey verschlafen und mit total verwuschelten Haaren den Kopf. „Lian? Müssen wir schon los?“ Leise lachend strich Lian ihm über die Haare und schüttelte leicht den Kopf. „Nein, schlaf weiter. Die Bandprobe ist erst heute Nachmittag.“ „Mhm…“ Kaum berührte sein Kopf wieder seinen Oberkörper war er auch schon wieder eingeschlafen. Nachsichtig lächelnd wickelte Lian sich eine der schwarz glänzenden Haarsträhnen um den Finger. Auch etwas was sich erst in den letzten Jahren ergeben hatte. Flos und sein Traum irgendwann einen Sänger zu finden der genug Gefühl in der Stimme hatte um ihren Texten Leben einzuhauchen hatte sich doch noch erfüllt. Irgendwann abends waren die beiden in die Wohnung gekommen, während Kacey sich unbeobachtet gefühlt und vor sich hin gesungen hatte. Flo war ihm begeistert um den Hals gefallen und hatte so lange auf den erst Widerstrebenden eingeredet bis dieser doch schließlich lachend einwilligte für sie zu singen. Ein leichter Windhauch plusterte die durchsichtigen roten Vorhänge vor den geöffneten Fenstern auf und ließ ihn kurz frösteln. Vorsichtig zog er die Decke ein Stück höher um Kacey nicht noch mal aufzuwecken, drehte sich dann aber auf die Seite und zog den Jüngeren an sich. Ein leichtes Murren an seiner Brust ließ ihn erneut lächeln. „Weißt du was?“ „Mh?“ „Ich liebe dich.“ „Mhm…Ich dich auch, aber jetzt lass mich schlafen, ja?“ Zufrieden lächelte Lian weiter in sich hinein und vergrub sein Gesicht in Kaceys schwarzen Wuschelhaaren. ~~~~~ Sodele x3 Ist nicht wirklich lang geworden aber das wollt ich noch i-wie einbringen x3 Merkt man, dass ich im Bett liegen mag xD? Naja egal x3 *Keksberg aufschicht* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)