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Huans

von

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Reue

Salvatore stürzte auf den Übeltäter zu und schlug ihm so fest ins Gesicht, dass er mit dem Kopf gegen das Geländer knallte und blutete.

"Wie kannst du es wagen ...!!!", brüllte er Cedric hasserfüllt an - in seinen Augen loderten die Flammen, die in ihm wüteten.

"Hört auf!", befahl Frau Wood hitzig und ging zu Nia, die augenblicklich in ihren Armen zusammenbrach und herzerweichend losschluchzte. Sie krallte sich am Rücken der Lehrerin fest, vergrub ihr Gesicht in deren weiten Pulli und zitterte wie Espenlaub.

Behutsam hob die sonst so strenge Pädagogin das Mädchen hoch und redete ununterbrochen und sehr sanft auf sie ein.

"Ihr kommt mit.", sagte sie zu den beiden jungen Männern ohne auch nur von Nia aufzublicken.

Folgsam trotteten sie hinter ihr her, während Frau Wood weiterhin mit Nia sprach. Nach einiger Zeit wurde das Mädchen ruhiger und die Schluchzer waren immer seltener zu hören.

Als sie das Büro der Lehrerin betraten, brachte sie Nia in einen kleinen Nebenraum, wo sie sie vorsichtig auf ein Bett absetzte, sie zudeckte und alles verdunkelte. Sie schloss die Tür, damit sie weiterhin ungestört mit Nia reden konnte.

Kaum waren die beiden Hünen allein im Zimmer, herrschte die gleiche angespannte Atmosphäre wie vor ein paar Minuten.

"Was hast du getan?", fragte Salvatore mit einer Grabesstimme, die einem einen Schauer über den Rücken jagte.

Doch der Angesprochene antwortete nicht sondern saß auf einem Stuhl und starrte auf seine Hände. Der eine Finger blutete - ein ganzes Stück Fleisch hing lose daran herunter.

Einige Sekunden verstrichen, als Salvatore mit wutverzerrtem Gesicht vor ihm stand.

"Ich hab alles genau gesehen - sie hat dich beschimpft. Sie hat die "verbotenen Worte" benutzt - sie hasst dich. Aber du - du bist pervers. Du hast es ausgenutzt, dass sie klein und schwach ist, du wolltest sie haben. Du hast uns gesehen, wie ich sie geküsst hab. Das wolltest du auch. Du wolltest sie auch spüren, fühlen, genießen ... Einen Teil von ihr haben. Sie ist ja auch wirklich hübsch - glatte, seidige Haare, sanfte, volle Lippen, schöne, tiefsinnige Augen, ... einen tollen, schlanken Körper ... Für einen Augenblick wolltest du sie besitzen - so wie ich sie besitze. Du hast es genossen, als sie sich unter dir gewunden hat, das du stärker bist, über sie bestimmen kannst, machen kannst, was du willst ... Du bist abartig. Du bist pervers!", flüsterte Salvatore wie eine giftige Natter in Cedrics Ohr.

Cedric stand das Entsetzen deutlich ins Gesicht geschrieben.

"Was wäre passiert, wären wir einige Minuten später gekommen?! Hättest du sie dann ausgezogen und vergewaltigt?!", brüllte der Frauenschwarm und schlug auf ihn ein.

Doch bevor er den ersten Treffer landen konnte, war Frau Wood herbeigeeilt und hielt Salvatores Hand fest.

"Die Situation ist schon kritisch genug - vergesst nicht: sie kann euch hören, wenn sie wieder aufwacht!", herrschte die Lehrerin die beiden unsanft an.

Augenblicklich waren beide wieder mucksmäuschenstill.

"Ich habe von Nia erfahren, was passiert ist.", informierte sie die beiden und setzte sich hinter ihren Bürotisch. Sie deutete auf die beiden Stühle davor, wo die beiden jungen Männer Platz nahmen.

"Was hast du dazu zu sagen, Cedric Urs?", fragte sie unverhohlen und ohne Zeit zu verlieren.

Es vergingen wieder einige Sekunden, bis er sich gefangen hatte, aber schließlich sagte er: "Ich weiß nicht. Sie benutzte die "verbotenen Worte", da ..."

Man merkte deutlich, dass es Salvatore seine ganze Kraft abverlangte, sich nicht auf ihn zu stürzen.

"Sei froh, dass die Prügelstrafe abgeschafft wurde.", zischte Frau Wood leise, "Du weißt nicht, was du ihr damit angetan hast. Es darf zwar niemand erfahren - aber Nia ist in Sachen Körperkontakt überaus empfindlich. Sie wurde fast schon einmal vergewaltigt!"

Beide jungen Männern wurde schlecht, was man ihnen auch sehr deutlich ansah.

Unbeirrt fuhr Frau Wood fort: "Sie wurde fast einmal von ihrem Onkel vergewaltigt, der auf sie aufgepasst hat, als ihr Vater bei der Arbeit war. Seitdem scheute sie eigentlich jede Art von Berührung mit Jungs und Männern. Aber dieses Trauma führte dazu, dass sie den ganzen Vorfall vergaß - eine Art Selbstschutz, könnte man sagen. Doch in ihrem Innersten verbirgt sich diese Angst, die zum Vorschein kommt, wenn man zu schnell zu intim mit ihr wird oder versucht, gewaltsam ihren Körper gefügig zu machen." Sie schaute Cedric unverwandt an. Dieser wurde noch eine Spur blasser, sodass man ihn schon nicht mehr von der weiß gestrichenen Wand unterscheiden konnte.

"Deshalb will ihr Vater auch, dass sie das ganze Jahr über an der Schule bleibt - und das bis zu ihrem endgültigen Abschluss. Er wollte verhindern, dass ihr Onkel sie irgendwie erreichen kann, sie findet und womöglich tatsächlich vergewaltigt. Vor ein paar Monaten hat auch wirklich jemand angerufen und sich nach ihr erkundigt ..." Frau Wood machte eine bedeutsame Pause, während sie sich ihren Kaffee eingoss.

"Du hast sie nur geküsst, oder?!", fragte sie Cedric und durchbohrte ihn förmlich mit ihren Blicken. Röntgenstrahlen waren ein Dreck dagegen!

Perplex antwortete der Blonde: "Natürlich habe ich sie >nur< geküsst!"

Niemals hätten die beiden Männer damit gerechnet - besser: vermutet, dass ausgerechnet Nia so etwas wiederfahren war.

Beide fühlten sich schuldig, als sie erkannten, wie aufdringlich sie dem jungen Mädchen manchmal gegenüber gewesen waren, obwohl sie eine Heidenangst vor ihnen gehabt hatte.

"Ich würde zu gern Schritte gegen dich einleiten, Cedric Urs, aber aufgrund des Wissens, dass Nia dich schon einmal im Kindergarten fast erweckt hätte und Salvatore Augenzeuge war, kann ich nichts machen. Leider.

Aber schließlich weiß ja jeder, was für ein ernstes Spiel hier gespielt wird, nicht wahr, Salvatore?!", endlich wandte sich Frau Wood von Cedric ab, der schon aufrecht unterm Teppich Fallschirm springen konnte, an den heißbegehrten Frauenschwarm, den sie mit derselben Kühle wie seinen Mitschüler konfrontierte.

"Was auch immer du für Gefühle gegenüber Nia hast - Cedrics Leben hängt von deinen Aktionen ab.

Bei den Huans ist das nämlich so:", erklärte sie ihm, als wäre er geistig behindert, "ein Ruler besitzt zwei Huans. Derjenige, den sie mehr mag, bekommt auch mehr Kraft, während der andere weniger bekommt. Es ist wirklich wie eine Waage. Und wenn sie den einen über alles liebt und den anderen abgrundtief hasst, was glaubst du, was passiert? ... Der Kuss war damit fast ein geplanter Mordakt! Und dann auch noch Cedrics dummer Fehler ... Huans, die ihre Teamkameraden in den sicheren Tod treiben, werden verstoßen! Dann besitzt du gar keine Macht mehr - willst du das?!"

Salvatore schüttelte verdrossen den Kopf.

"Natürlich nicht, Frau Wood.", entgegnete er und setzte kaum hörbar hinzu: "Ich werde mich bessern."

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Als Nia erwachte, brannten ihre Lippen wie glühende Kohlen.

Lag das an der heißen Schokolade, die sie vorher von Frau Wood bekommen hatte?

Oder an Salvatore hinreißendem Kuss?

Oder womöglich an Cedrics Überfall?

Was hatte der behinderte Idiot sich dabei gedacht? Warum hatte er das getan?

Sie liebte niemand anderen außer Salvatore - und das würde auch vorerst so bleiben!

Nia beleidigte Cedric täglich - und trotzdem hatte er sie mit seinem voller Sehnsucht brennenden Kuss fast verschlungen!

Salvatores Kuss war ganz anders gewese ... Leicht, zart wie eine sprießende Knospe, sanft wie eine Sommerbrise.

Nia dachte an den seltsamen Gesichtsausdruck von Cedric, als sie ihm sagte, dass sie ihn hasse. Warum hatte er sie gebeten aufzuhören? Was hat sie so schlimmes getan, dass er so ausgerastet war? Der Typ tickte doch nicht mehr ganz richtig!

Wenigstens war nichts schlimmeres passiert ... Salvatore hatte sie wie eine Prinzessin vor dem bösen Drachen gerettet ...

Vorsichtig und mit schmerzverzerrter Mine massierte sie sich die Schultern, die von Cedrics Kraft rot und geschwollen waren.

Sie erschauderte angesichts seiner immensen Kraft.

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Als Nia hörte, dass jemand durch die Tür hereinkam, stellte sie sich schnell schlafend.

Im Moment hatte sie nun wirklich keine Lust, sich mit irgendwem zu unterhalten oder gar zu streiten. Und Salvatore konnte sie nach dieser Aktion sowieso nicht mehr unter die Augen treten.

Was mochte er von ihr denken? Das sie zwei Eisen im Feuer hatte? Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken runter. Panik machte sich breit. Das wäre schrecklich!

Durch ihren Wimpernvorhang erkannte sie Cedric, der durch den Vorhang spähte und sah, dass sie schlief.

Vorsichtig griff er zur Bettdecke und deckte sie zu, obwohl es unglaublich heiß war. Anschließend setzte er sich auf einen Stuhl neben sie.

Schweigsam betrachtete er sie. Sein Kopf hatte er auf seine zusammengefalteten Hände gestützt.

Seine Blicke huschten über die langen, seidigen Haare, die schön geschwungenen Wimpern, die kleine Stupsnase, die roten Bäckchen und den geschminkten Mund.

Beschämt blickte er zu Boden.

"Es tut mir leid.", sagte Cedric in den stillen Raum hinein. Es musste ihm einige Überwindung gekostet haben - sie hatte noch nie gehört, dass er sich bei jemanden entschuldigt hatte.

"Nia ...", setzte er wieder an und seufzte, "Ich .. ich weiß selber nicht, was mit mir los war ..."

Die Worte waren mehr gehaucht als gesprochen.

Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen.

"Ich weiß, du wirst mir das niemals verzeihen können ... Aber bevor du mein Leben ganz vernichtest, bitte ich dich um eine Galgenfrist. Bitte warte bis zu Beginn des nächsten Schuljahres, dann wirst du es vielleicht besser verstehen ..."

Er seufzte und schaute durch einen Schlitz seiner Finger zu ihr, seufzte erneut und ließ seine Hände auf seinen Schoß fallen. Eine Hand war einbandagiert.

Versonnen schüttelte er den Kopf - es hatte alles keinen Sinn.

Wenn Nia erwachte und ihn erblickte, würde sie bestimmt ausrasten.

"Ich hab etwas für dich.", sagte er und trotz der Gefahr, dass sie erwachen würde, fischte er etwas aus der Tasche und legte es in ihre Hand, die unter der Bettdecke hervorlugte.

Es war ihm egal, ob sie glaubte, dass das Geschenk von Salvatore oder ihm war. Denn wenn sie es wüsste, dann würde sie es bestimmt nicht annehmen.

Er schaute sie noch einmal kurz an, dann erhob er sich und verließ das Zimmer.

Kaum war die Tür geschlossen, schlug Nia die Augen weit auf und schaute, was er ihr gegeben hatte - es verschlug ihr die Sprache.

Es war ein Anhänger - ein Amulett um genau zu sein - und hatte die Form eines Herzens, welches golden schimmerte.

Es war zudem mit einem silbernem Kreuz verziert, in dessen Mitte ein dunkelroter Rubin eingelassen war.

Als sie es umdrehte, verstand sie die Welt nicht mehr: Dort stand ihr Name!

Mit zittrigen Händen öffnete sie das Amulett und brach in Tränen aus.

Auf der rechten Seite war ihr junger Vater zu sehen und auf der linken ihre verstorbene, bildhübsche Mutter ...

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Xaris
2011-06-25T00:21:31+00:00 25.06.2011 02:21
O_O Noiiiin, lass mich mein tolles Bild von Cedric nicht verlieren! XD
Waaas?! O.o Oha! Da wirds in Zukunft noch mehr Zoff geben! Sie sollte sich also besser, nicht mehr in einen verlieben. ö_ö Aber wahrscheinlich will eh jeder sie für sich alleine...
Awww, Cedric ist doch irgendwie der bessere! Wäre halt Salvatore nicht son...<.< xD


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