Das Eingreifen der Alten von DhalaElenaAngel ================================================================================ Kapitel 3: Ich will nicht mehr kämpfen! --------------------------------------- Das Frühstück am nächsten Tag ließ Harry auch ausfallen. Er war mitten in der Nacht in den Turm zurück geschlichen und Dobby hatte ihm genug Obst mitgebracht, um noch jetzt davon essen zu können. Er fühlte sich immer noch beschissen, so, als hätten die Tränke gar nicht gewirkt. Dabei wusste er, dass er sie korrekt gebraut hatte. Musste er die Dosis schon wieder erhöhen? Eigentlich wollte er das nicht, wirklich nicht. Aber wenn es so weiter ging, würde ihm keine Wahl bleiben. Seinen Stundenplan hatte er beim Vorbeigehen von McGonagall erhalten. Erste Stunde Tränke – welch Überraschung. Und was für ein Einstieg in die Woche. Er wusste, er war eigentlich gar nicht schlecht, aber ständig sabotierte irgendwer seine Tränke, was mit der Zeit wirklich frustrierend wurde. Er war auf dem Weg in die Kerker, die Meisten waren noch am Esstisch. Aber so konnte er wenigstens noch etwas Ruhe haben, bevor die offizielle Ächtung weitergehen würde. Im Turm hatte man ihm ein Bett an der unbeliebtesten Stelle gegeben, er lag nicht mehr in der Mitte des Raumes, sondern an einem zugigen Fenster. Ein einfacher Zauber hielt die Zugluft von ihm ab, da er keine Lust hatte, auch noch krank zu werden. Im Klassenzimmer angekommen setzte Harry sich an ganz hinten, in der Hoffnung, da dann nicht so sehr malträtiert zu werden. Er holte seine Arbeitssachen heraus, darunter auch das Buch, dass auf seinem Bett gelegen war. Er wusste, dass Snape geschickt worden war, seine Sachen zu besorgen, da er nicht in die Winkelgasse hatte gehen dürfen. Federn und Tinte hatte er schon vor Ende des letzten Jahres genug besorgt. Er nahm die Feder und spielte etwas mit ihr, um sich abzulenken. Harry fragte sich wirklich, wie es weitergehen sollte. Er hatte sich fast die halbe Nacht darüber den Kopf zerbrochen. Doch ihm war nichts eingefallen. Würde er verschwinden, hätte er vermutlich innerhalb weniger Stunden nicht nur den Brathuhnorden, sondern auch noch die Auroren auf dem Hals, nicht zu vergessen, dass jeder kucken würde, ob er nicht Harry Potter sein könnte. Und man würde ihn ans Messer liefern, sogar mit dem Hintergedanken, ihm nur etwas Gutes zu tun, ihn zu schützen. Dabei wusste Harry schon lange nicht mehr, ob er nun Dumbledore mehr fürchten musste oder Voldemort. Im Grunde waren die beiden doch kaum noch zu unterscheiden. Er seufzte leise, schwieg aber schlagartig, als die Tür aufflog und die Slytherins, wie immer in einer geschlossenen Gruppe, einmarschierten. Aber noch schienen sie ihn nicht zu sehen und er legte keinen Wert darauf, dass sich das änderte, also schwieg er. Er beobachtete Draco, der mal wieder angab. Sein Vater hatte es irgendwie geschafft, aus Azkaban heraus zu kommen und auch noch dafür entschädigt zu werden. Danach schienen sie, laut Dracos Angeberei, auf den Malediven gewesen zu sein. Orte, die er vielleicht nie sehen würde. Denn wie groß war schon seine Chance, diesen irrwitzigen Krieg zu überleben, ganz ohne Freunde und Erwachsene, die ihn unterstützten. Von Remus war er durch Dumbledore abgeschnitten worden. Aber er hatte vorgesorgt – sein Testament stand bereits. Der Alte sollte nicht von seinem etwaigen Tod profitieren können! Sollte Remmy nicht überleben, würde sein gesamtes Vermögen an eine Stiftung gehen, die Waisenkindern helfen sollte – in beiden Welten. „Na, Potty, was willst du heut in die Luft jagen? Warum nicht mal dich selbst?“ Harry wandte sich um und musterte den Blonden ruhig. Er sagte nicht ein Wort, wandte sich nach dem Blick wieder seinem Buch zu und las weiter. Er hatte keine Lust auf einen kindischen Streit. Er hatte wirklich größere Probleme. Im ersten Augenblick wollte Draco noch einen drauf setzen, doch in dem Moment stürmte Severus herein. Damit war sein Interesse an Potter vorerst erloschen. Er starrte auf seinen Paten und lächelte etwas verträumt. Harry beobachtete das und hob die Augenbraue, doch er sagte nichts, da nun auch die Gryffindors eintröpfelten: Er wurde, wie erwartet, weiterhin gemieden wie eine ansteckende Krankheit. „Ich will wissen, ob sich in den Ferien irgend etwas in euren Strohköpfen gehalten hat!“, knurrte er und deutete auf die Tafel, wo ein umfangreiches Rezept auftauchte. „Nun, Potter? Um was handelt es sich?“ Schnell überflog Harry die Zutaten und die Mengenangaben. „Ein Trank zur Regeneration von Körperteilen“, stellte er dann vollkommen ruhig fest. Er hatte ihn selbst schon brauen müssen, heimlich in seinem vernagelten Zimmer im Haus seines Onkels, weil die dumme Dogge von der Schwester seines Onkels hatte ihm einen Finger abgebissen, sehr zu ihrem Amüsement und natürlich hatte Vernon ihn nicht ins Krankenhaus gebracht. Snape hob überrascht die Augenbraue, nickte aber dann. „Weasley, warum kein Flubberwurm?“ „Ähh...“ „Intelligent wie immer“, kam es hämisch von dem Tränkemeister. „Mister Malfoy, klären Sie ihn auf.“ „Weil Flubberwurm sich nicht mit den Schuppen des Nataru-Fisches verträgt und damit nicht zu einem Heiltrank, sondern zu einem tödlichen Gift werden würde.“ „Korrekt, zehn Punkte für Slytherin, fünf Punkte Abzug von Gryffindor.“ „Aber..:!“ „Noch fünf Punkte weniger, Mister Weasley! Wegen Widersprechen! Noch ein paar? Wo doch dieses Jahr nicht mal Potter für euch den Quiddichpokal holen kann?“ Nun herrschte absolute Stille unter den Gryffindors. Nicht nur ein Blick legte sich auf den Dunkelhaarigen, der sich immer schwerer tat, ruhig zu bleiben. Er tat so, als würde er das Buch aufschlagen. „Worauf warten Sie?!“ Hastig erhob Harry sich, wobei er ein Stöhnen unterdrücken musste, als er sich zu schnell bewegte und lief los, um die Zutaten zu holen. Er musste sich nicht aufschreiben welche, die kannte er zur Genüge. Zum Glück waren die anderen zu überrascht, um zu reagieren, so dass er ‚nur’ von Slytherins belästigt wurde. An seinem Platz entfachte er das Feuer und begann ruhig und gelassen mit der Arbeit. Er sah, wie auch Hermine das tat. Ron hingegen verschwendete mal wieder einen guten Teil der Zeit damit, mit anderen über Slytherin herzuziehen. Aus Rons Richtung wäre ihm allerdings fast etwas in den Kessel geflogen, doch er hatte vorgesorgt und selbigen mit einem Zauber vor solchen Attacken geschützt. Am Ende konnte er einen perfekten Trank vor den sichtlich überraschten Snape stellen. Die nächsten Stunden bis zum Mittagessen vergingen einigermaßen ruhig. Er wurde geschnitten oder beleidigt, was nur dann weh tat, wenn es Ron, Dean, Seamus oder andere waren, die er mal gemocht hatte. Beim Mittagessen konnte Harry sich nicht mehr drücken. Er musste mit in die große Halle. Er wurde auf den hintersten Platz abgedrängt, doch damit hatte er gerechnet. Wortlos füllte er seinen Teller, wobei darauf nur Gemüse kam, dass er früher nicht gemocht und nur mit spitzen Zähnen gegessen hatte. An bessere Sachen wäre er nicht ran gekommen, die Schüsseln waren ihm vor der Nase weggeschnappt und er sah keine Chance, an sie ran zu kommen. Dobby hatte ihm gesagt, dass er Harry eigentlich nichts geben dürfe, darum hatte der Hauself eine ungewöhnliche Bitte gestellt – dass Harry ihn anstellen würde. Auch ohne Geld, als persönlichen Hauself, damit Dobby für ihn sorgen könne, da Dumbledore offensichtlich den Verstand verliere. Harry hatte versprochen, das zu tun, so dass Dobby bei dem Alten kündigen konnte. Dobby hatte versprochen, ihn mit Lebensmitteln zu versorgen, mit frischen Früchten vor allem. Unlustig stocherte Harry in den Sachen herum und nach dem halben Teller wollte er aufstehen doch in dem Moment ließ Fawkes etwas vor ihm fallen. Harry betrachtete den Zettel, doch dann faltete er ihn auseinander. ‚Komm nach dem Essen zu mir ins Büro’ Das war alles. Harry seufzte und packte seine Tasche. Er hatte gewusst, dass es kommen würde. Er hatte nur gehofft, noch etwas Schonfrist zu bekommen. So viel dazu. Im Gang aber wurde er überrascht, als auf einmal ein Wolf vor ihm auftauchte, wie aus dem Nichts. Es war ein schönes Tier mit goldenen Augen und silbernem Fell. „Hi du“, fragte er überrascht, ging vorsichtig in die Knie und hielt dem Tier die Hand hin. „Zu wem gehörst du denn? Ich dachte, so große Tiere wie du wären gar nicht erlaubt!“ Er lächelte, als das Tier begann, seine Hand abzulecken und begann, es zu kraulen. „Du gehörst sicher dem neuen Lehrer“, meinte er schließlich leise. „Einem Schüler gehörst du wohl nicht.“ Er strich dem Wolf noch einmal über den Rücken. „Ich muss weiter.... he!“ Überrascht betrachtete er, wie das Tier versuchte, ihn in eine andere Richtung zu drängen. Mit einem Stück Umhang in der Schnauze versuchte der Wolf tatsächlich, ihn irgendwo hin zu zerren. „Das geht nicht“, meinte er nur sanft und streichelte den Wolf. „Vielleicht spiele ich ein anderes Mal mit dir. Bis später!“ Schnell nutzte er aus, dass die Kiefer sich öffneten und lief weiter. Süßer Wolf, fast, als wäre er mehr, als ein einfaches Tier. Erst in der Nähe der Statue blieb er stehen und sah sich um, erleichtert, dass das Tier ihm nicht gefolgt zu sein schien. „Ich hätte nicht... so lange rennen sollen“, murrte er. Er lehnte sich eine ganze Weile gegen die Wand, bevor er sich sicher war, dass er das, was nun kommen würde, einigermaßen würde durchstehen können. Schnell murmelte er das Passwort und klopfte, woraufhin die Tür aufschwang und blaue, kühle Augen musterten ihn. Er bekam nicht mal einen Stuhl angeboten. „Nun?“, fragte Albus kalt. „Hast du nun eingesehen, dass du kämpfen musst?“ Er hatte mehr, als ein Haar mit dem Bengel zu zupfen, doch das würde er auch tun. Harry starrte den Mann an: „Ich werde nicht mehr kämpfen“, gab er ruhig zurück. „Für niemanden! Ich bin ein verdammter Teenager! Ich werde nicht Ihren Job übernehmen!“ „Sag mal, was erlaubst du dir, du... verwöhnter Bengel?!“ Verwöhnt? Fast hatte Harry wirklich gelacht, doch er hielt sich zurück. „Das ist meine Meinung, ich habe mich informiert. Sie haben keinerlei Rechte auf auch nur einen Knut aus meinen Verliesen. Mein Schulgeld wird überwiesen und nirgends steht geschrieben, dass ich irgend etwas wie kämpfen oder töten tun muss! Meine Antwort bleibt: Nein!“ Dumbledores sonst so ruhiges Gesicht wurde hassverzerrt und rot vor Wut. „Ich werde dir alles nehmen“, knurrte er. „Wenn du nicht tust, was ich dir sage, dann wirst du es bereuen, auf jegliche mögliche Art und Weise! Denn noch bin ich dein Vormund!“ Harrys Augen verzogen sich zu Schlitzen. „Ich lasse mir nicht drohen, auch nicht mehr von Ihnen“, gab er leise zurück. „Ich will ein Leben und nicht in irgendeiner Schlacht sterben, die nicht meine ist.“ „Dann werde ich dir mal was sagen“, knurrte der Alte eisig. „Ich werde dir das Leben zur Hölle machen! Wie denkst du, wird die Welt reagieren, wenn auch nur der Verdacht aufkommt, dass du auf Voldemorts Seite stehen könntest!!“ Diesmal lachte Harry wirklich kalt auf: „Es wäre nicht das erste Mal und nachweisen können auch Sie mir nichts, was ich nicht guten Gewissens unter Veritasserum bestreiten könnte! Sie haben keine Macht mehr über mich, alter Mann!“ Nun reichte es. Mit der Faust schlug Dumbledore auf den Tisch. Dumm nur, dass Harry nicht mal zuckte. „Eine Woche, Bengel! Ich gebe dir eine Woche Bedenkzeit und wenn du bis dahin nicht wieder weißt, dass du zu tun hast, was ich dir sage, werde ich dafür sorgen, dass die Zeit bei deinem Onkel dir wie der Himmel auf Erden vorkommt!! Und jetzt geh mir aus den Augen!“ Harry seufzte leise und verschwand nur zu gern. Auch wenn es nicht so ausgesehen hatte, er hatte durchaus Angst vor dem Alten, denn der ihm immerhin noch ein Jahr lang das Leben zur Hölle machen konnte. Niemand würde ihm glauben, nicht mal, wenn er ihnen vorspielen würde, was geschehen war oder es unter Veritasserum bestätigen würde. Albus Dumbledore hatte zu viel Zeit und Geld darin investiert, seinen Ruf in der Öffentlichkeit aufzubauen. Um nachzudenken schlich Harry sich in Myrthes Klo. Der einzige Ort, wo er nicht verfolgt werden konnte. Schnell zischte er der geheimen Tür das Stichwort zu und stieg in den Gang. Den Falken, der ihm folgte, bemerkte er erst einmal gar nicht. Er hoffte nur, dass er nach ein paar Stunden wieder in der Lage sein würde, sich den anderen zu stellen. Sonst wäre morgen der erste Tag des neuen Schuljahres, in dem er schwänzen würde. Nein, es wäre der erste Tag überhaupt, aber es war ihm egal. Ana hätte fast der Schlag getroffen. Sie hätte nicht gedacht, dass einer der Schüler so früh aus der Halle kommen würde und sie hatte sich in den Wolf gemorpht, wobei ihr zu spät gekommen war, dass das vielleicht nicht das Beste gewesen war. Dann aber hatte sie es gerochen, ein Duft, so vertraut, fast, wie der seiner Schwester, vermischt mit etwas anderem. Gehetzt war sie zurückgerannt und hatte ihn gesehen. Einen Jungen, der den Gang entlang geschlappt kam, herzlich lustlos, die Tasche in der Hand statt auf der Schulter. Ein Junge mit Smaragdfarbenen Augen, doch was aufgefallen war, war der Schmerz und die Trauer darin. Intuitiv war sie ihm gefolgt und hatte sich in den Falken transformiert. Sie hatte auch das Gespräch mit dem Direktor mitbekommen. Am liebsten hätte sie diesem alten Mann den Hals umgedreht, doch stattdessen war sie dem Jungen weiter gefolgt. Das war ihr wichtiger gewesen. Sie war überrascht, als sie das Parsel hörte, was sie nur von Salazar kannte. Aber es öffnete eine geheime Tür, durch die sie, hinter dem Jungen, hindurchglitt. Als Harry den toten, vor sich hinmodernden Basilisken hinter sich gelassen hatte, kam er zu einer weiteren Tür, die sich auf seinen Befehl hin öffnete. Die Kammer dahinter musste wohl die von Salazar Slytherin gewesen sein, oder zumindest ein Rückzugsort oder so etwas. Hier hatte er alte Bücher über Tränke und dunkle Magie gefunden und nach einiger Putzarbeit und ein paar Zaubern war unter der zentimeterdicken Staubschicht ein bequemes Sofa aufgetaucht und davor lag ein Teppich. Es war ein schöneres Zimmer, als jedes, dass er je besessen hatte. Vielleicht mit Ausnahme des Zimmers, das Sirius für ihn hatte machen wollen. Doch dazu war es ja nie gekommen. Erleichtert warf Harry die Tasche von sich und legte sich auf das Sofa. Er schloss die Augen: „Was zum Henker soll ich machen?“, fragte er sich selbst leise. Der Alte hatte ihn in der Hand, wenn er es nicht schaffen würde, innerhalb von einer Woche nach Möglichkeiten außer Landes zu kommen, würde er keine andere Wahl haben, als wieder Galeonsfigur zu spielen und dagegen wehrte sich alles andere. Eine andere Möglichkeit war es, die Abkürzung vom Astronomieturm steil nach unten zu nehmen. Aber das war etwas, was der Alte wollte, also kam diese Lösung nicht in Frage. In dem Moment hörte er etwas. Erschrocken setzte er sich auf. Und erstarrte. Da, in der Ecke, stand eine Frau, doch nicht irgendeine. Es war, als wäre ein altes Foto plötzlich lebendig geworden. Lebendige, grüne Augen, rotes Haar, schlank. „Was...wie... wer... wer sind Sie?!“ Anarah hatte sich verwandelt, nachdem sie dem Jungen in diese kleine Kammer gefolgt war und beobachtete ihn schon seit einer Weile. „Niemand, der dir etwas tun will“, meinte sie leise und trat näher, allerdings nicht so nah, dass der sich bedroht fühlen würde. „Wer sind Sie?“, fragte Harry erneut. „Und wie sind Sie hier rein gekommen, Sie...! Der Falke?“ Anarah lächelte. „Ja“, gab sie zurück. „Ich war der Falke“, gab sie zurück, „und ich bin dir gefolgt, weil du mich überrascht hast, das ist alles.“ „Überrascht?“ „So, wie du es auch bist. Darf ich fragen, warum?“ Kurz überlegte Harry, doch er fühlte sich eigentümlich sicher. Vielleicht, weil die seltsame Frau ihr so ähnlich sah und von ihr keine Bedrohung auszugehen schien. Langsam griff er nach dem Foto, dass er in der Brusttasche seines Hemdes lag. Er hob es hervor und hielt es der Fremden entgegen. Es war das Bild seiner beiden Eltern und von ihm als Baby. Ana nahm das Foto und faltete es auseinander. Sie musste sich beherrschen, als sie ihre Schwester sah. Der einzige Unterschied zwischen ihnen waren die Haare gewesen. Lilianas waren gelockt gewesen, ihre eigenen glatt. Sie strich über das Gesicht ihrer Schwester, dann erst widmete sie sich dem Mann – und erschrak. Sie kannte auch ihn. Ihr Blick glitt wieder zu dem Jungen, der wieder auf dem Sofa lag, ein Arm über seinen Augen. „Weißt du, wer ich bin?“ „Woher sollte ich?“, fragte Harry leise. Er blieb liegen, wie er war, da sein Kopfweh sich so in dankbaren Grenzen hielt. „Du hast gemerkt, wie ähnlich ich ihr sehe...“ „Das ist kaum zu Übersehen...“ Anarah lachte etwas: „Wohl nicht.“ Dann wurde sie ernst. „Liliana war meine jüngere Schwester. Mein Zwilling.“ „Was?!“ Wie ein Springteufel setzte Harry sich auf: „Das...das kann nicht sein!“, begehrte er auf: „Ma hatte nur eine Schwester!“ „Ja, mich.“ „Nein, Pettunia! Pettunia Dursley!“ Was hatte das zu Bedeuten? Wovon redete diese Fremde da? „Harry, so heißt du doch, oder?“ Harry richtete sich auf. „Sie wissen nicht, wie ich heiße??!“ „Das mag als Tante peinlich sein“, meinte sie ruhig. „Aber da ich erst heute von dir erfahren habe... warum?“ Erst dann fiel es ihr ein. „Ach so, diese Geschichte“, murmelte sie dann. Harry starrte die Frau überrascht an: „Was bedeutet das? Was geht hier vor?“ Da fiel ihm noch etwas auf: „Haben.. haben Sie spitze Ohren?“ Anarah lachte leise und hob ihre Haare: „Ja, logischerweise. Ich bin Elfe.“ „Aber... aber Ma!!“ Anarah zuckte mit den Schultern: „Wir Elfen können täuschen“, gab sie zurück. „Wir beherrschen magische Rüstungen besser, als viele andere Dinge. Natürlich hat sie sich getarnt. Wir wollen nicht auffallen, wir leben normalerweise nur in Kolonien. Warum Lil sich entschlossen hat, unter Menschen zu leben, verstehe ich nicht.“ „Aber...! Wie soll das gehen, sie ist eine Evans gewesen! Sie wurde doch da geboren!!“ Anarah lachte nur: „Was? Benutzt ihr keine gedächtnisverändernden Zauber? Wir haben damit kein Problem, unsere Zauber sind stark genug, dass wir auch diesen alten Gichtsack beeinflussen können. Und wir Elfen können unsere Körper so verjüngen, dass wir für Menschen wirken, als wären wir etwa zehn und somit kam Lil erst zum Beginn von Hogwarts in diese Familie.“ „Das... verstehe ich nicht...“ Ana trat zu dem Jungen, der sichtlich verloren auf dem Sofa saß und strich durch dessen wilden Haare. „Ich bin deine Tante, das ist das Einzige, was zählt. Der Alte kann dir nichts tun, denn dein offizieller Vormund bin somit ich.“ „Die... die Dursleys, ich... ich bin gar nicht mit ihnen verwandt! Das...das muss der Alte doch gewusst haben und er hat mich zurückgeschickt, jedes verdammte Mal!!“ Anas Augen zogen sich zusammen, als sie etwas rot verkrustetes unter dem Oberteil sah. Ruhig trat sie auf den Jungen zu, nahm den Ärmel und zog ihn zurück. „Was ist das?“ „Ein Beweis, wie sehr meine Familie mich liebt“, gab Harry zurück, bevor er seinen Arm wegzog. Es war zu sehen, dass er nicht wollte, dass die Frau weiter darauf einging. Anas Augen wurden nun fast schwarz vor Wut. „Das ist nicht die einzige Wunde, oder?“ „Kaum“, gab Harry leise zurück, betrachtete die Frau. „Was wollen Sie von mir?“ „Erst mal, dass du aufhörst, mich zu siezen“, meinte sie ruhig. „Du kannst mich Ana nennen, oder Tante, wenn du willst, du bist mein Neffe, Kleiner. Und dann will ich, dass dieser lächerliche Streit beendet wird. Der Alte hat keine Macht mehr über dich. Ich bin deine nächste Verwandte und allein das entzieht dich dem Ministeriumssystem und dem Alten vollkommen.“ „Du... hast das Gespräch gehört“, stellte Harry tonlos fest. „Ein Falke zu sein und dazu noch ein eher kleiner, hat seine Vorteile“, meinte sie. „Zumindest, wenn sein Vorgesetzter dich nicht gerade für eine Briefeule hält“, fügte sie trocken hinzu. Harry senkte den Blick: „Ich bin hier gefangen“, meinte er leise. „Nicht, wenn ich die Geschichte durch habe.“ „Und bis dahin?“ „Werde ich dich an einen Ort bringen, wo deine Wunden versorgt werden. Von den Heilern meines und des Volkes deines Vaters.“ „Mein Vater? Er war ein Mensch!!“ „Ein Mensch? Nicht wirklich!“ „Aber...!“ „Derselbe Trick, wie der, den deine Mutter angewandt hat. Ist dir bekannt, dass er sich verändert hat? Laut den Geschichten deiner Freunde? Plötzlich und ziemlich unerwartet?“ Kurz überlegte Harry, aber dann musste er nicken. „Zwischen... dem sechsten und siebten Schuljahr“, erklärte Harry leise. „Bis dahin hat meine Mutter ihn nicht... ausstehen können“, erklärte er leise. „Er muss bis dahin ein... ziemlich...“ „Ein Arsch gewesen sein“, beendete Ana die Geschichte. „Das ist es, was Wesen machen, die ihr als Engel bezeichnet. Sie tauschen sich mit einem solchen Menschen aus, um dessen Umwelt wieder positiv zu beeinflussen und außerdem Informationen zu sammeln. Der Mann, der James Potters Stelle eingenommen hat, ist ein Engel, ein Krieger. Und offensichtlich der Gefährte meiner Schwester...“ „Warum wusste ich dann nichts von dir? Von allen anderen?“ „Weil ich auch nichts wusste“, gab Ana leise zurück. „Lil hat den Kontakt ganz plötzlich abgebrochen...“ „Warum?“ Ana setzte sich nun ebenfalls auf das Sofa, wobei ihr auffiel, wie dürr der Junge sein musste und wie klein er für das Alter war, das er haben musste, vor allem, wenn man bedachte, was für Gene er in sich vereinte. Auch seine Flügel schienen noch nie ausgetreten zu sein. „Lil sollte die Nachfolge unserer Großmutter antreten und einst ihren Sitz im Rat übernehmen“, erklärte Ana, während sie begann, durch Harrys Haare zu streichen. Sie war überrascht, wie weich es war. So weich, wie Lils immer. Auch wenn sie das glatte Haar gehabt hatte, war das ihrer Schwester das Weichere gewesen, obwohl es immer in alle Richtungen abgestanden war. „Lil war eine Druida, eine starke. Sie hatte alle Eigenschaften, die Elfen zu führen, bis auf eine Einzige: Sie wollte das Volk nicht führen. Ich denke, sie hat sich in die Menschenwelt geflüchtet. Und dazu musste sie jeden Kontakt abbrechen, auch zu mir.“ Harry sah kurz zu der Frau, dann schloss er die Augen wieder:“ Ich... kann sie verstehen.“ Ana strich dem Jungen weiter über die Haare. „Weil es dir genauso geht. Du glaubst gar nicht, wie ähnlich ihr euch seid“, meinte sie sanft. „Ich will nicht für einen sinnlosen Krieg kämpfen...“ „Ich bringe dich hier raus.“ „Was?!“ Ana lächelte: „Im verbotenen Wald lagern einige Teile einer Streitmacht. Unserer Streitmacht. Wir sind in den Krieg eingetreten, um unsere Welt vor der Entdeckung zu bewahren“, erklärte sie dem Jungen. „Aber der Alte...!“ „Junge, da sind Druidas, die waren schon alt, als er noch in die Windeln geschissen hat. Er würde dich nicht finden, wenn du nackt unter seiner Nase Salsa tanzen würdest! Und es sind Engel aus dem Volk deines Vaters da. Das sind mächtige Krieger. Und du musst nur so lange bleiben, bis ich die Papiersachen erledigt habe, vielleicht eineinhalb Wochen. Das gäbe dir Zeit, etwas über dich zu lernen und ich kann jeden Tag ein paar Stunden da sein und dir von deiner Mutter erzählen.“ Harry lächelte etwas, bevor ihm eine andere Sache einfiel: „Warum sind meine Ohren nicht spitz? Wegen meinem Vater?“ Ana lachte leise und berührte den Jungen kurz, etwas geschah, Harry spürte es, als sich etwas in ihm tat. „Was...?“ „Das war Lils Weise, dich zu beschützen. Sie wollte nicht, dass jemand erfährt, wer du bist und jemand dich missbraucht, aufgrund deiner Fähigkeiten. So hast du damals überlebt.“ Sie berührte die Narbe. „Weil Engel und auch Elfen nicht so einfach umzubringen sind.“ Harry nickte. Es ergab endlich einen Sinn. Warum er nicht gestorben war, warum er so viel überlebt hatte, warum er anders war. Er berührte seine Ohren. Ja, sie waren spitz.. „Deine Haare werden auch wachsen. Dann kannst du sie leichter unter Kontrolle bringen. In etwa drei Wochen werden sie dir wohl bis zur Hälfte deines Rückens reichen, das ist normal bei Elfen.“ Sie beobachtete den Jungen – das, was von ihrer Schwester noch übrig war. Und sie wusste, Lil hätte gewollt, dass sie sich ihres Sohnes annahm. Nie im Leben wollte sie den Jungen noch einmal leiden sehen! „Ich bringe dich hier raus, jetzt gleich.“ „Ich.. weiß nicht...“ Ana blickte den Jungen an: „Du hast Schmerzen?“ „Ja.“ Harry sah keinen Sinn darin, es zu leugnen. Darum war er hierher gekommen, um seine Ruhe zu haben. „Und die Schmerzmittel der Menschen wirken nicht, nicht wahr?“ Wieder nickte Harry. Ana strich dem Sohn ihrer Schwester über die Stirn. Sie war zu warm. „Du musst mir sagen, wie wir hier raus kommen.“ „Aber...!“ Ohne Wort stand Ana auf und hob den ohnehin zu leichten Jungen auf ihre Arme. „Du bleibst keine Sekunde länger hier“, bestimmte sie. „Nicht, solange ich dich nicht legal vor den Unterstellungen dieses Wahnsinnigen schützen kann! Und jetzt – sag mir den Weg.“ Harry dirigierte die Frau durch die Gänge, die sie auf den Quiddichplatz brachten. Dort sah er sich sehnsüchtig um. Es war früher Abend und der Platz war verlassen. Alle waren beim Essen. Er lehnte sie an seine Tante, von der er bis vor einigen Stunden nichts gewusst hatte. Er war müde und er fühlte sich zerschlagen. Aber das Beste war, dass er sich für den Moment, zum ersten Mal seit Sirius’ Tod, sicher fühlte. Ana lächelte, als sie merkte, wie Harry sich entspannte. Sie lief ruhig zum Waldrand, sandte aber eine mentale Botschaft zu den Druida. Sie wollte, dass einige Leute bereit waren und ein Lager zurechtgemacht wurde. Sie brauchte etwa zwei Stunden, bis sie das Lager in ihrem zügigen Tempo erreicht hatte. Tatsächlich wurde sie von zwei Kriegern und einer Druida erwartet. „Herrin?“ „Das Lager?“ „Wurde hier errichtet.“ Ana blickte auf das kleine, runde Zelt und nickte zufrieden, sie trat ein und legte Harry auf das weiche, mit Fellen ausgelegte Lager. Es war ein magisches Zelt, dass von Innen wesentlich größer war, als von außen. „Harry, ich muss zurück zur Schule, ich habe da Dinge zu erledigen.“ Sie blickte auf eine Frau und einen Mann. „Das hier sind Heiler, eine Druida und ein Heiler der Engel. Sie werden sich deine Wunden ansehen. Bitte, tu, was sie dir sagen. Die Krieger werden dich schützen, innerhalb des Lagers bist du sicher.“ Harry nickte einfach, er war nur müde. „Hedwig“, nuschelte er dann. „Wer ist das?“ „Meine... meine Eule...“ „Die Weiße?“ Harry nickte. „Ich schicke sie zu dir“, versprach sie. „Und jetzt muss ich los, bis gleich, Kleiner“, lächelte sie und küsste ihren Neffen auf die Stirn. Innerlich ging sie bereits die nötigen Anträge durch. „Herrin?“ Die Druida war ihr nach draußen gefolgt. „Ja?“ „Wer ist er?“ „Mein Neffe, Lilianas Sohn“, gab sie knapp zurück. „Er ist zu behandeln, wie jedes Mitglied der Familie. Erklären werde ich alles später, belästigt ihn nicht mit Fragen und versorgt ihn, es geht ihm nicht gut.“ Die Druida nickte und legte eine Hand auf die Schulter der Frau. „Er ist in besten Händen, Herrin.“ „Gut.“ Damit nahm sie wieder die Form eines Falken an und flog zurück. Sie lachte sich innerlich zu Tode, allein bei dem Gedanken daran, was für ein Chaos ausbrechen würde, wenn am Morgen herauskommen würde, dass der Held der Zauberwelt auf einmal ohne die geringste Spur verschwunden war. Harry setzte sich auf dem Lager auf, als der Mann sich zu ihm kniete und die Frau wieder herein kam. Die Druida lächelte. Ja, der Junge hatte dieselben Augen, wie seine Herrin, sie würde deren Aussage nicht in Zweifel stellen. „Ich bin Nama, die Druida. Ich werde dir helfen, die Kleidung auszuziehen, ich muss die Wunden sehen. Das ist übrigens Anhiel, ein Engelsheiler.“ Harry nickte. Er begann, vorsichtig seinen Umhang auszuziehen, gefolgt von der Weste, wobei Anhiel ihm helfen musste. Auch das Hemd mussten sie fast schon mit Gewalt herunterreißen, da es durch Blut regelrecht an eine Wunde geklebt war. Die Heiler hatten Schwierigkeiten, sich nichts anmerken zu lassen, denn der abgemagerte Körper glich einem Wundfeld mehr, als einer Haut. „Das muss erst mal gereinigt werden“, stellte Anhiel ruhig fest. „Gut, dass die Flügel nicht durchgebrochen sind, sonst hätte sich die Entzündung noch viel tiefer in den Körper geschlichen.“ „Wollen wir hoffen, dass es auch noch dauert, bis sie kommen“, meinte Nama nur und begann, Kräuter zurecht zu legen. Das würde eine lange Nacht werden... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)