Denn am Ende steht... von Leira ================================================================================ Kapitel 10: Optimierung des Suboptimums --------------------------------------- Buenos dias! Hallo :D Zuerst mal- first and foremost: Vielen, vielen Dank für eure Kommentare! Ehrlich. Ich danke euch sehr! *verbeug* Danke, dass ich diese Fic von eurer Seite aus sehen darf :) Man selbst hat einen doch recht fixen Standpunkt, als Autor ^^ So- die unvernünftige, egoistische kleine Ran- mit ihr geht's jetzt weiter. Sie hat halt nicht nachgedacht- wie oft macht man mal Sachen ohne nachzudenken. Mal sehen, inwiefern sie da noch was hinbiegen kann... Bis nächtste Woche, gleiche Zeit, gleicher Ort *g* Viel Spaß beim Lesen! Eure Leira :) _______________________________________________________________________________ Der Tag war damit gelaufen für Ran. Sonoko, die endlich ihre Sprache wieder gefunden zu haben schien, sowie Eri, die beschlossen hatte, über Nacht zu bleiben, hatten versucht, der Kleinen so gut wie möglich zu helfen - sie zu trösten, ihr Mut zu machen. Shinichis Ausbruch vorhin hatte sie alle nur stillschweigen lassen - zu erstaunt, zu erschüttert waren sie gewesen. So hatte ihn noch keiner erlebt; sie kannten ihn nur als arroganten, eingebildeten Krimifreak und brillanten Detektiv - so tief wie gerade eben hatte er noch nie blicken lassen. Nicht ihnen gegenüber. Kogorô hatte gebrodelt innerlich, nichtsdestotrotz, als die Tür hinter ihm zugefallen war. Sein Mausebein war traurig - wegen ihm. Das machte ihn wütend; keiner durfte seine Ran traurig machen. Der Vater in ihm litt mit seiner Tochter und war zornig auf den, der ihr das antat. Es war zwar klar geworden, dass dieser kleine Bastard, dieser elende Mistkerl, dieser - ein paar weitere überaus unflätige Bezeichnungen waren ihm an der Stelle noch eingefallen – seine Ran nicht dazu getrieben hatte, dieses Zeug zu schlucken, sich das anzutun. Wohl aber war er doch der Grund gewesen - denn sie hatte es getan, um ihm wieder nahe sein zu können. Sie liebte ihn. Warum, war ihm ein Rätsel. Und er hatte sie verlassen. Verlassen! Er war weiß vor Zorn geworden, war drauf und dran gewesen, ihm doch noch nachzulaufen und ihm zu zeigen, was dem passierte, der seinem kleinen Mädchen das Herz brach, als eine melancholisch klingende Stimme ihn aufgehalten hatte. „Sie dürfen ihm nicht böse sein." Er hatte nach unten geschaut. "Er muss das erst verdauen, genauso wie Sie selber.“ Es war Ai gewesen, die gesprochen hatte. Dieses kleine, rotblonde Mädchen, die ihm manchmal unheimlich vorkam. Sie war vor ihm gestanden, als er gerade aus der Tür hatte stürmen wollen, ihn angesehen, mit ihren großen, blauen Augen. Er hatte geseufzt, einen Blick auf seine Tochter geworfen - und dann verstand er. Auch wenn er nicht verstehen wollte. „Er wird wiederkommen, und er wird ihr beistehen. Er würde Ran nie alleine lassen, sie nie im Stich lassen. Er wird dafür sorgen, dass dieser Zustand nicht lange bleibt. Und ich auch. Es muss ein Mittel geben… es muss einfach…“ Sie war seinem Blick gefolgt. „Und außerdem- wenn Sie ihm schon böse sind, dann sollten Sie auch mich hassen. Ich hab ihre Tochter nicht aufhalten können. Ich hab Shinichi noch von ihr weggelockt, auf ihre Bitte, damit er es auch nicht kann. Er hätte das nie zugelassen. Er liebt Ran. Er liebt sie wirklich. Er würde sterben für sie, und ich sage das nicht einfach so. Wenn Sie jemanden hassen wollen, hassen Sie mich, aber nicht ihn. Ich habe das Zeug erst erfunden…“ Damit hatte sie sich umgedreht und war gegangen. Und er war geblieben. Jetzt war es Morgen - durch ihr Zimmer schien die Sonne, viel zu hell, viel zu fröhlich, kitzelte sie an der Nase - sie hatte vergessen, die Rollläden zu zu ziehen. Ran wusste nicht, wann sie gestern eingeschlafen war. Schuldgefühlte hatten sie gequält- ihm gegenüber, und auch wegen Ai. Seine Augen, so voller Resignation und Verzweiflung, hatten sie noch lange gefolgt. Es war offensichtlich gewesen, nachdem, wie er sie angeschaut hatte, dass er ihr fürs Erste nichts mehr zu sagen hatte. Sie hatte eine Freundschaft zerstört. Sie hatte Ai Schmerz und Trauer beschert, durch ihren Egoismus. Sie musste versuchen, das wieder zu beheben- mit ihm reden. Wenn er denn überhaupt wieder mit ihr redete. Und sie musste sich bei Ai entschuldigen. Wenigstens das. Und für sich selber klären, warum sie eigentlich so kopflos gewesen war. Warum ihr all diese Konsequenzen nicht im Vorfeld bewusst geworden waren. Jetzt war es zu spät dafür. Sie schluckte. Sie hatte gewaltigen Mist gebaut. Irgendwann am Vormittag hielt sie es nicht mehr aus. Er ging nicht an sein Handy, er beantwortete keine ihrer Mails. Also zog sie sich nach dem Mittagessen an, dann schritt sie an ihren Eltern vorbei, ohne sie anzusehen, oder etwas zu sagen, nach draußen, machte sich auf den Weg. Die beiden wussten auch so, wo sie hingehen würde. Yukiko schaute unschlüssig die Treppe hoch. Seit er da war, hatte Conan das Haus nicht mehr verlassen, kam nicht mal zum Essen runter. Sie fragte sich, was los war. Er war gestern nach Hause gekommen, bleich wie ein Gespenst, tropfnass, völlig neben sich - und weigerte sich standhaft, ihr oder Yusaku endlich zu sagen, was Sache war. Sie und ihr Mann waren sich einig, dass es etwas mit Ran zu tun hatte- die Frage stellte sich nur, was genau. Dann läutete es an der Haustür, und sie ging, um zu öffnen. Yukiko traf fast der Schlag, als sie sie sah. Krampfhaft klammerte sie sich an der Tür fest. Conan lag auf seinem Bett, brütete vor sich hin. Er wusste, er benahm sich unmöglich Ran gegenüber. Sein Verhalten war an und für sich unverzeihlich, und er schämte sich deswegen. Da gab sie seinetwegen so viel auf - und er dankte es ihr, indem er sie einfach allein ließ. Aber er konnte nicht mehr. Mit der kleinen Ran war sein allerschlimmster Alptraum Realität geworden. Noch schlimmer wäre nur ihr Tod gewesen. Je mehr er darüber nachdachte, je öfter er sich ihr mädchenhaftes Gesicht in Erinnerung rief, umso klarer wurde es für ihn, dass diese Situation noch viel schlimmer für ihn war, als er gedacht hatte. Er hielt es kaum aus. Das alles… das alles war zuviel, war sehr viel mehr, als er ertragen konnte. Allein der Klang ihrer hellen Stimme... Er verstand einfach nicht, wollte nicht verstehen, dass sie es so besser fand, dass sie es besser fand, geschrumpft zu sein. Er ertrug es nicht, sie so zu sehen… seine Ran, so zu sehen, als Kind, als… als kleines Mädchen, als Menschen, der in genau derselben Situation steckte wie er… In derselben, verdammten Scheiße… Und schier unerträglich war der Gedanke, was sie hatte durchmachen müssen, um ihm näher zu sein, welches Leid, welche Qualen dieses Mädchen, das ihm so unglaublich viel bedeutete, auf sich genommen hatte, um ihn glücklicher zu machen. So viel aufgegeben, geopfert hatte, für ihn. Und er hasste sich dafür, ihr jetzt abzuschlagen, was sie sich so bitter erkämpft hatte. Seine Liebe, seine Nähe, seine Zuwendung - weil er sie so nicht ertragen konnte. Weil ihn ihr Anblick schier verrückt werden ließ. Weil er ihre Nähe nicht ertrug. In ihr sah er seine Schuld. Seine Schuld. Und er fühlte sich mies. Wie war sie in den letzten zwei Wochen mit ihm wohl klar gekommen, wenn er jetzt schon austickte…? Ein Versager, das war er. Er wusste, er liebte sie. Er würde alles für sie tun. Und nahm an, sie akzeptierte das. Was er auch wusste, war, dass sie ihn liebte. Und offensichtlich bereit war, ebenfalls alles für ihn zu tun. Aber er konnte das nicht akzeptieren. Eigentlich war das ungerecht - aber es war einfach so. Er konnte nicht anders. Und er war sich sicher, auch Ran würde nicht wollen, dass er sein Leben für sie aufs Spiel setzte. Was ihm selbstverständlich egal wäre. Er stöhnte auf. Diese Gedankengänge machten ihn wahnsinnig. Dann hörte er die Türglocke und den entsetzten Ruf seiner Mutter. Er stand auf, setzte sich draußen auf dem Gang hinter das Geländer. Von dort hatte er einen guten Blick in die Eingangshalle. Es war genau das eingetroffen, was er erwartet hatte. „Ran?!?“ Yukiko stand da und schaute fassungslos die Kleine an, die gerade ihr Mäntelchen auszog, nahm ihn ihr ab und hängte ihn auf, schloss die Tür hinter ihr. Warst du deshalb da? Hast du auf der Premierenfeier etwa das Gift geklaut? „Guten Tag, Frau Kudô.“ Das Mädchen schaute sie sichtlich mitgenommen an. Yukiko fuhr ruckartig herum, suchte die Galerie ab, und fand, wen sie suchte. Der schaute sie mit müdem Blick an. „Shinichi!“ Ihre Stimme klang wütend. Ihm war es egal. „Seit vorgestern Nacht sieht sie so aus. Und ich gratuliere, du steckst es wesentlich besser weg als ich.“ Yukiko ließ sich zu Boden sinken, bis sie vor dem kleinen Mädchen hockte. Sie starrte zuerst Ran an- dann wanderten ihre Augen zu ihrem Sohn. „Ich hätte nie gedacht, dass du sie dazu drängst…! Zuerst schickst du sie los, damit sie das Zeug klaut, und jetzt… Und jetzt lässt du sie sitzen, oder was?! So hab ich dich aber nicht erzogen!“, zischte sie böse. Conans Augen weiteten sich ungläubig. „Du kannst doch nicht wirklich denken, dass ich…? Und woher weißt du, dass sie das Gift geklaut hat?“ Er war währenddessen die Treppe heruntergegangen. „Wieso sonst sollte sie so rumlaufen wollen, wenn nicht du ihr die Idee in den Kopf gesetzt hättest, mein Lieber? Und letzteres geht dich nichts an.“ Sie war rot geworden. Selbst wenn er mit den Nerven fertig war, hörte ihr Sohnemann noch außerordentlich gut zu, wie’s schien. „Ich denke, du unterstellst ihm da was.“ Yusaku war in der Tür zum Wohnzimmer erschienen. „Schau ihn dir doch an. Der sieht doch total fertig mit den Nerven aus- würde er so aussehen, wenn er sie dazu angefeuert hätte? Du hast ihn doch gestern gesehen, Yukiko… Und glaubst du wirklich, unser Sohn würde sie allein lassen, wenn er ihr das eingebrockt hätte? Mittlerweile solltest du ihn besser kennen.“ Der kleine Junge warf seinem Vater einen dankbaren Blick zu. Yukiko richtete sich wieder auf und schaute nun zu Ran. Sie war sichtlich verwirrt. Sie hätte das von Shinichi auch nicht erwartet - aber warum sonst hätte Ran das gemacht? „Ich hab’s freiwillig getan.“, erklärte diese nun leise. „Shinichi wusste es nicht. Er hatte wirklich nichts damit zu tun. Sie hätten ihn hören sollen, nachdem er wieder aus seiner Ohnmacht-,“ sie schaute ihn an, „erwacht ist. Eine schöne Predigt durfte ich mir anhören, bevor er… bevor er gegangen ist.“ Ihre Lippen zitterten, sie warf ihm einen sehnsüchtigen Blick zu. Er starrte auf den Boden vor seinen Füßen. Yusaku seufzte, schaute seinen Sohn nachdenklich an. Er konnte sich vorstellen, was in ihm gerade vorging. Yukikos Augen ruhten immer noch auf Ran. Wenn ich das gewusst hätte- „Aber warum hast du…? Wenn er nicht - warum hast du dann…?“ Die Frau schaute das kleine Mädchen bass erstaunt an. Liebst du ihn denn so sehr…? „Weil ich wollte, dass er wieder größer ist als ich. Dass das Verhältnis wieder stimmt. Weil ich, falls es kein Gegengift gibt, mit ihm wieder groß werden will. Ich will bei ihm sein, ganz. Und weil es nicht in seiner Macht stand, etwas zu ändern, musste ich halt etwas tun. Ich liebe ihn…“ Conan regte sich immer noch nicht. Einzig und allein ein leiser Seufzer kam über seine Lippen. Ran sah ihm an, dass er mit der Entwicklung der Dinge nicht einverstanden war. Immer noch nicht. „Es war nicht gut so, wie es war, Frau Kudô. Es ist so jetzt viel besser, auch wenn er es noch nicht glaubt.“ Das kleine Mädchen starrte ihn mit brennenden Augen an. Er sah kurz auf, dann wieder weg. Ran warf ihm einen verletzten Blick zu, biss sich auf die Lippen. „Aber wie…?“, hauchte Yukiko fassungslos. Sie wusste zwar, woher Ran das Gift hatte- aber nicht, woher Ran überhaupt von dem Gift wusste. Er hatte ihnen damals noch eingeschärft, Ran ja nichts davon zu verraten, weil er es ihr eben nicht gesagt hatte. „Ich hab mich mit Ai über die Organisation unterhalten, nachdem Shinichi ja nicht besonders auskunftsfreudig war…“, wandte sich das kleine Mädchen wieder an seine Mutter. „…und das nicht ohne Grund…“, warf er ein, doch sie fuhr unbeeindruckt fort. „Dann hab ich seine Einladungskarte zur Premierenfeier gefälscht, mich an Chris Vineyard und ihre Begleitung rangemacht und ihnen das Gift geklaut. Et voilá!“ Yukiko Kudô blinzelte. Hinter ihr räusperte sich ihr Mann und nickte beeindruckt. „Nicht schlecht.“ „Jetzt lob sie nicht auch noch dafür!“, brauste sein Sohn auf. „Sie hätte draufgehen können bei der Aktion…!“ Er atmete heftig, schaute seine Eltern und Ran anklagend an. „Sterben, verdammt noch mal!“ Er holte tief Luft. „Was glaubt ihr eigentlich? Was denkt ihr eigentlich von mir? Habt ihr auch nur eine Ahnung, welche Sorgen ich mir- wie’s mir jetzt geht? Dass sie das getan hat…“ Er brach ab. „Dann siehst du mal, wie das für die ist, denen du was bedeutest, Shinichi.“ Yukiko schaute ihn ernst an. Er blickte mindestens genauso ernst zu ihr hoch. „Sag mal, du verstehst den Ernst der Lage nicht, oder?! Jetzt ist wirklich kein geeigneter Zeitpunkt für Moralpredigten!“ Seine Stimme klang harsch. Er schluckte, starrte an die Decke, versuchte, sich wieder einzukriegen. „Glaub mir, es war die Hölle, nicht zu wissen, wo sie steckt…“, flüsterte er dann. Seine Mutter blinzelte. „Und es ist die Hölle, sie so sehen zu müssen. Es ist noch schlimmer, als mich so im Spiegel zu sehen. Sieh sie dir doch an…“ Seine Stimme klang gequält. „Die Hölle…“ „Shinichi…“ Ran starrte ihn an. Er drehte sich zu ihr um, sah sie aber nicht an. „Du hast noch keine Ahnung, was du dir damit angetan hast. Ich hätte nie von dir verlangt, dass du es tust, ich…“ Er seufzte. „Und nicht auszudenken, wenn sie dich gesehen hätten…“ Ran blickte ertappt zu Boden. Er kapierte sofort. „Nein!“, hauchte er. In seinen Augen stand pures Entsetzen. Yusaku Kudô warf ihm einen nachdenklichen Blick zu, dann verschwand er kurz nach draußen, um die Tageszeitung zu holen. „Sie haben dich gesehen?!“ Seine Stimme überschlug sich fast. „Ja, in der Garderobe. Kurz nachdem ich das Gift aus dem Mantel von diesem blonden Typen geklaut hatte…“ Er sagte nichts mehr. Sein Magen fühlte sich plötzlich an, als ob jemand ihn gezwungen hätte, einen Liter Eiswürfel zu schlucken. „Gin…“, hauchte er. Seine Knie drohten nachzugeben. Ran schaute ihn fragend an. „Ja, er kam mir schon bekannt vor… ich dachte mir schon, dass es einer von den beiden sein musste, die dir das…“ Er unterbrach sie. „Wie bist du eigentlich in die Garderobe gekommen? Da darf man doch eigentlich…“ „Ich hab vorgegeben, einen Knopf verloren zu haben. Nachdem kurz nach der Vorstellung noch nichts los war im Foyer, hat sie mich suchen lassen. Sharon und dieser… Gin… wollten wohl Zigaretten holen, zumindest haben sie das noch zu der Frau gesagt. Da sie nicht in die Taschen greifen wollte, hat sie die zwei wohl mit zu den Mänteln genommen. Ich meine, Sharon, äh, Chris, ist ja eine Berühmtheit…“ Conan nickte nur, ohne sie anzusehen. Dann ging die Haustür wieder auf, und Yusaku kam wieder herein, mit der Zeitung in der Hand, die er wortlos seinem Sohn reichte. Mord auf Premierenfeier Die Schlagzeile war nicht zu übersehen. Vorgestern, kurz vor Mitternacht, hat sich bei der Premierenfeier des neuesten Kinofilms der US-Schauspielerin Chris Vineyard ein grausames Verbrechen ereignet. Die Garderobendame des Tokyo Theatres, Ayako Sugiyama, ist das traurige Opfer eines Mordes geworden. Die 24-jährige, die schon seit drei Jahren bei dem Theaterhaus angestellt ist, wurde durch einen Kopfschuss richtiggehend hingerichtet. Zurzeit verhört die Polizei die zur Tatzeit anwesenden Gäste. Verdächtigt wird eine Frau mittleren Alters… Conan reichte die Zeitung seinem Vater, schluckte schwer. Ran schaute ihn fragend an. „Shinichi?“ „Nichts.“ „Aber…?“ „Es ist nichts!“, fuhr er sie an. Ran wich zurück. Sofort machte sich ein entschuldigender Ausdruck auf seinem Gesicht breit. „Ich muss nachdenken.“ Er ging in die Bibliothek, sein Vater folgte ihm schweigend. „Ran, komm, lass uns Kuchen essen. Ich mach uns einen schönen Tee, solange hast du doch noch Zeit?“ Ran schaute auf zu Yukiko, die sie freundlich anlächelte. „Komm schon. Der fängt sich schon wieder, er braucht nur etwas Ruhe, um die Ereignisse ordnen zu können. Dann kommt er wieder. Glaub mir. Sein Vater ist genauso.“ Ran nickte nur sacht, dann folgte sie seiner Mutter in die Küche. Hinter ihnen fiel die Tür der Bibliothek ins Schloss. Yusaku wandte sich seinen Sohn zu, zog eine Augenbraue kritisch in die Höhe. „Du denkst…?“ „Ja. Das war mit Sicherheit er. Wahrscheinlich hat er bemerkt, dass etwas vom Gift fehlt, schloss daraus, dass entweder Ran oder die Garderobenfrau…“ Ihm wurde übel. Er nahm seine Brille ab, fuhr sich über die Augen. Suchten sie jetzt nach Ran? Nachdem Gin das Gift nicht bei Ayako Sugiyama gefunden haben konnte, war er bestimmt auf die Idee gekommen, dass er die Falsche umgebracht hatte… Dann war es vielleicht gar nicht schlecht, dass sie… nun gut getarnt war. Panik stieg in ihm hoch, nur mit Anstrengung gelang es ihm, sie wieder niederzukämpfen. Wenn er jetzt kopflos wurde, half das keinem. „Und du willst es ihr nicht sagen, nehme ich an?“ Conan fuhr ruckartig herum. „Nein! Nein, auf gar keinen Fall. Sie würde sich sonst die Schuld am Tod der Frau geben, das will ich nicht, damit kommt sie nicht klar, so ein mitfühlender Mensch wie sie es ist… sie hat ohnehin schon genug um die Ohren…“ Er schluckte. „Ihr zu sagen, dass jemand anderes an ihrer Stelle sterben musste, das kann ich ihr nicht auch noch antun.“ Seine Stimme klang verzweifelt. „Sie weiß doch noch gar nicht, was sie sich damit angetan hat…“ Er wurde immer leiser, schlurfte zum Sofa, ließ sich auf die Sitzfläche sinken und schloss die Augen. „Was für ein Chaos…“ Yusaku Kudô schaute seinen Sohn besorgt an. „Meinst du nicht, du bist etwas zu hart zu ihr?“ Conan schaute ihn an. In seinen Augen lag Bitterkeit. „Meinst du, ich weiß das nicht? Ich kann nicht anders. Ich… ich dreh durch…“ Er presste seine Hände gegen seine Schläfen, kniff die Augen noch einmal zusammen. „Ich wollte nie, dass sie das tut.“, murmelte er dann leise. Er klang hilflos. „Das weiß ich.“, wisperte Yusaku und setzte sich neben ihn. „Ich hätte es ihr nie sagen sollen, nie… was hab ich mir dabei gedacht, was…was hab ich getan?“ „Shinichi…“, begann Yusaku, „Shinichi, ich sag dir jetzt mal eines…“ Der kleine Junge wandte den Kopf. „Auch du bist nur ein Mensch. Und du bist mein Sohn- du wirst letzten Endes das Richtige tun, dessen bin ich mir sicher.“ Er drückte kurz seine Schulter, dann stand er auf, um sich an seinen Schreibtisch zu setzen. Kurze Zeit später verriet das Kratzen des Kugelschreibers, dass er an seinem Manuskript weiter schrieb. Conan schaut an die Decke. Nur ein Mensch…? Hieß das, auch er dürfe Fehler machen…? Schön und gut, aber er war momentan in einer Situation, in der jeder Fehler tödlich enden konnten… fatal… Oder meinte sein Vater damit, dass auch er nicht alles kontrollieren konnte? Die Zukunft ja nicht vorhersehen konnte…? Er seufzte frustriert. Auf alle Fälle musste jetzt einmal Bewegung in die Sache. Er wollte für Ran ihre zweite Kindheit so kurz wie möglich halten. Zweite Kindheit… zweite… Zweite… Plötzlich schoss ihm eine Frage durch den Kopf, und er fragte sich, warum er sie sich nicht schon viel früher gestellt hatte, sie ihm nicht schon eher eingefallen war. Der kleine Junge sprang vom Sofa und rannte in die Küche. Yusaku Kudô sah im kurz hinterher. Dann wandte er sich wieder an sein Manuskript. Er machte sich Sorgen. Und er wusste doch, dass er gegen seinen Sohn nicht ankam. Nicht mehr. Alles, was er tun konnte, war ihm beizustehen, da zu sein, sollte er ihn brauchen, denn - die Feder aus der Hand nehmen ließ sich Shinichi von ihm schon lange nicht mehr. In der Küche angekommen fand er sie, beide, seine Mutter und Ran, am Küchentisch sitzend. Er kletterte auf einen Stuhl. „Auch ein Stück Kuchen?“, fragte Yukiko. Er hob den Kopf. „Hm?“ Sie stand auf, holte eine Tasse und einen Teller für ihren Sohn, schenkte im Kaffee ein und legte ein Stück Apfelkuchen auf den Teller. Conan schob sich das erste Stück in den Mund und kaute nachdenklich. Als er schließlich sprach, schaute er sie nicht an. „Sag mal, Ran…?“ Sie blinzelte, zog fragend die Augenbrauen in die Höhe. „Hm?“ „Als du vorgestern diese himmelschreiende Dummheit gemacht hast und das Gift geklaut hast…“ „Shinichi!“ Yukiko schaute ihn scharf an. „Ist doch so…“, murmelte er. „Ihr wisst doch gar nicht, was alles hätte schief laufen können.“ Ran seufzte. „Ja, das sagtest du schon mal. Aber worauf willst du hinaus?“ Er zog die Augenbrauen zusammen, schaute angestrengt in seine Kaffeetasse. Irgendwie schaffte er es immer noch nicht, sie anzusehen. Der Anblick war qualvoll für ihn. Ihre helle Stimme zu hören, war schon genug… „Wie viele Kapseln hast du geklaut?“ Sie blickte ihn an. Sie hatte eigentlich gehofft, dass er sich nach ihrem Gespräch gestern Vormittag beruhigen würde, sich abfinden würde, aber sein abwehrendes Verhalten machte ihr nur allzu deutlich, dass er noch länger damit kämpfen würde, zu akzeptieren, was geschehen war. Sie wusste, er würde sie nicht im Stich lassen- aber sie wusste auch, dass sie ihr Ziel, ihr Verhältnis wieder gerade zur rücken, noch nicht erreicht hatte. Die Symmetrie stimmte zwar wieder, aber die Balance noch nicht. „Zwei.“ „Zwei?“ Nun schaute er doch auf, ganz kurz nur. Dann wandte er den Blick, schaute aus dem Fenster. „Wer hat die zweite…?“ Er wusste, die Frage war fast überflüssig. „Ai. Sie versucht, das Gegengift herzustellen, allerdings sagte sie, sie könne nicht versprechen, dass es eins gibt; und falls es eines geben wird, könne das unter Umständen noch lange dauern, und so lange…“ „Wolltest du nicht warten.“, vervollständigte er ihren Satz, warf ihr einen anklagenden Blick zu, bevor er wieder scheinbar hochinteressiert in die unergründlichen Tiefen seiner Kaffeetasse blickte. Dann ertönte die Türglocke. „Geh schon.“, murmelte er und rutschte vom Stuhl. Ran schaute ihm nach. Yukiko seufzte. „Lass ihm Zeit, Ran…“ Das kleine Mädchen wandte den Kopf. Ein Ausdruck von Bitterkeit lag auf ihrem Gesicht - Reue und Entschlossenheit fochten in ihr einen stummen Kampf aus. „Aber viel Zeit kann ich ihm nicht geben.“ Sie baumelte mit ihren Beinen. „Ich brauche ihn doch…“ Conan öffnete die Tür und legt den Kopf in den Nacken, um zu sehen, wer gekommen war. „Was willst du denn...“, stellte er fest, als er erkannte, wer ihn da besuchte. Auf Heiji Hattoris Gesicht breitete sich mildes Erstaunen aus. „Ja, ich freu mich auch wahnsinnig, dich zu sehen Kudô.“, meinte er dann gelassen. „Welche Laus is’ dir denn über die Leber gelaufen? Is’ es wegen der Mütze…?“ „Wen interessiert schon die Mütze…“, unterbrach ihn Conan abwesend. „Und was die Laus betrifft- sie ist cirka eins fünfundzwanzig groß und neunzehn Kilo schwer.“ Er ging zur Seite, winkte seinen verwirrt dreinschauenden Freund herein. „Was-?“ „Das erklär ich dir gleich, bevor wir reingehen. Die Erklärung wirst du auch bitter nötig haben…“ Heiji warf ihm einen musternden Blick zu, als er aus seinen Schuhen schlüpfte. Irgendwas hatte seinen Freund mächtig aus dem Gleichgewicht gebracht, soviel war sicher. Im nächsten Moment sollte etwas passieren, das ihn ebenfalls, und zwar wörtlich, aus dem Gleichgewicht bringen sollte. „Heiji! Hallo!“ Der Jungdetektiv, der sich gerade den zweiten Schuh auszog, sah auf- und kippte vor Schreck hinten über. Er rappelte sich mit den Ellenbogen hoch, starrte auf das kleine Mädchen, das im Türrahmen zur Küche erschienen war, dann zu Conan, der angestrengt auf den Boden stierte, und wieder zurück. „RAN?!“, entfuhr es ihm dann. „Mein Gott, was…? Wie? Warum…? Wie konnte das passieren?! “ Er warf Conan einen bestürzten Blick zu. Der kleine Junge wich ihm aus. „Lass dir das von ihr erklären.“ Seine Stimme klang emotionslos. Gedankenverloren machte er sich auf den Weg in sein Zimmer. Er wusste, es war unhöflich, Heiji, über dessen Besuch er sich gerade eigentlich irgendwie gefreut hatte, einfach stehen zu lassen. Für sein Verhalten gegenüber Ran fehlten ihm die Worte. Er war furchtbar zu ihr, unfair, unterkühlt, abweisend, und er wusste, er tat ihr weh damit. Nichtsdestotrotz schlug er die Tür seines Zimmers hinter sich zu. Heiji, der eben noch wortlos seinem Freund hinterher gestarrt hatte, wandte sich nun dessen Freundin zu, die mit den Tränen kämpfte und die Treppe hinaufblickte. „Ran“, begann er sanft und stand auf. „Was is' passiert, Ran?“ Mitfühlend sah er sie an. Sie schluckte, bedeutete ihm, ihr in die Küche zu folgen. Als Ran geendet hatte, sagte Heiji lange nichts. Dann seufzte er laut, nahm einen großen Schluck Kaffee aus der Tasse, die ihm Yukiko Kudô gereicht hatte. Sie selber war zu ihrem Mann ins Wohnzimmer verschwunden. „Ran- ich weiß, ich kenn' ihn noch nich' so lang wie du, aber - wenn er sich wieder eingekriegt hat, wird er sicher…“ „Aber seit gestern früh redet er nicht mehr wirklich mit mir! Er sagt nur das Nötigste, und dabei sieht er mich nicht mal an, wenn er nicht muss… Dabei dachte ich, dass es jetzt leichter wird für ihn…“ Ihre Stimme klang verzweifelt. „Wie hast du dich denn gefühlt, als er dir gesagt hat, wer er is'…?“, fragte er vorsichtig. Vielleicht schaffte er es auf die Art, ihr zu erklären, was er meinte. „Geschockt…“, murmelte Ran. „Und unglücklich. Ich dachte mir, dass das alles schrecklich sein muss für ihn. Und die ersten Tage wusste ich gar nicht…“ „…wo dir der Kopf stand.“ Heiji sah sie an, nickte. „Und du warst immerhin vorbereitet, du ahntest es ja schon lange. Und er hat dich vorgewarnt. Für ihn kam das aus heiterem Himmel, er hatte sicher Angst um dich, und jetzt plagen ihn wohl sein Gewissen, weil du dir das alles wegen ihm antust und Schuldgefühle, weil er weiß, was du ertragen und riskiert hast...“ Ran setzte ein schuldbewusstes Gesicht auf. „Weißt du, ich kann’s ja verstehen. Für mich war’s auch furchtbar, ihn am ersten Weihnachtsfeiertag so zu sehen. Conan zu sehen, und zu wissen, dass es Shinichi ist, der vor einem steht. Aber…“ Heiji zog die Augenbrauen hoch. „Aber?“ Das kleine Mädchen schniefte leise. „Ich weiß, es war egoistisch von mir, zu handeln, ohne ihn gefragt zu haben. Und mir ist klar, dass es noch wesentlich egoistischer ist, ihn jetzt zu bitten, mir zu helfen, wo ihn das doch offensichtlich so mitnimmt, und ich mir das alles ja auch selbst eingebrockt habe. Aber ich brauche ihn…“ Tränen rollten über ihr Gesicht. „Jetzt. Verdammt, ich brauche ihn, um zu wissen, wie ich mich verhalten soll, ich brauche ihn, seine Hilfe, ich komme sonst nicht klar… und ich brauche ihn, um glücklich zu sein, ich brauche ihn, seine Nähe - und ihn jetzt so bedrückt zu sehen, zu sehen, dass er noch unglücklicher ist als je zuvor, von ihm so abweisend behandelt zu werden, das… das… Ich hab Mist gebaut, Heiji…“ Sie starrte ihn aus tränennassen Augen an. „Ich hab Angst, dass ich ihn verloren hab…“ Dann brach sie in einen wahren Heulkrampf aus, vergrub ihren Kopf in ihren Händen, schluchzte gequält- und merkte nicht, wie die Küchentür aufging. Heiji schon. Er warf dem kleinen Jungen, der in der Tür erschienen war, einen abwartenden Blick zu. Conan sah wirklich elend aus. Heiji stand auf, trat neben ihn, schaute ihn ernst an, dann ging er ebenfalls ins Wohnzimmer. Er kam sich hier jetzt fehl am Platz vor. Der kleine Junge kletterte auf die Bank, auf der Ran saß, nahm sie vorsichtig in die Arme. Sie zuckte zuerst zusammen- als sie erkannte, dass er es war, klammerte sich hilfesuchend an ihm fest. Lange Zeit sagte er nichts, spürte ihren kleinen Körper zittern und beben und fühlte sich elend, weil er sie schon wieder zum Weinen brachte. Als er dann sprach, klang seine Stimme brüchig. „Ich verlasse dich nicht.“, wisperte er leise, streichelte ihr übers Haar. „Das könnte ich nicht, ich liebe dich. Auch jetzt noch. Das weißt du doch.“ Er schob sie ein wenig von sich, nahm ihren Kopf in beide Hände. „Aber dich so zu sehen… dich so zu sehen ist nicht einfach für mich. Weil ich weiß, welche Qualen du ertragen hast, und ich weiß, welche noch vor dir liegen. Vor uns liegen.“ Er sah mitgenommen aus. Und erschöpft. Ran schluckte, wischte sich die Tränen mit ihren kleinen Fingern aus ihrem kleinen Gesicht. „Das tut mir Leid…“ Er schüttelte den Kopf. „Das muss es nicht.“ Sanft hauchte er ihr einen Kuss auf die Stirn. „Du hast Angst.“, murmelte Ran. Er nickte nur. Abstreiten brachte nichts, denn es stimmte- ja. Er hatte Angst. Wahnsinnige Angst. Angst, vor dem, was sie verband, vor der Macht, der sie beide unterworfen waren, hatte Angst, die Kontrolle über sein Denken und Handeln zu verlieren, und Angst, dass sie eines Tages aufwachen und enttäuscht sein würde, weil sie ihre Zeit mit ihm verbracht hatte, ihr Leben vergeudet, ihre Jugend verschwendet, ihre Gesundheit völlig umsonst gefährdet… weil sie vielleicht erkannte, dass er nicht der war, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte. Er hatte Angst. Angst um sie, um ihr Leben. Ran schaute ihn zärtlich an. „Spucks aus, Ran.“ Sie blinzelte. „Du bist nicht besser als ich, man sieht dir an, dass dir was auf dem Herzen liegt- also, was willst du mir sagen?“, fragte er müde. Sie schaute ihn unsicher an. „Ich wollte nur- ich wollte nur erklären, warum ich…“ Er schluckte, schaute sie fragend an. Und sie räusperte sich, begann mit leiser Stimme zu reden. „Wie du schon vor einiger Zeit festgestellt hast, sind zehn Jahre Altersunterschied für unsere Beziehung nicht gut. Du hast an Weihnachten den Stein ins Rollen gebracht, und ich gebe zu, ich hab dir beim Anschieben geholfen. Was dann kam, habe ich allein entschieden. Ich wollte wieder mit dir von Gleich zu Gleich reden können, ohne schief angesehen zu werden. Ich wollte, dass du wieder größer, älter bist als ich, auch wenn es sich nur um ein paar Zentimeter handelt, die du mich jetzt wieder überragst. Ich wollte, dass das Verhältnis wieder stimmt, weil wir sonst irgendwann zu Grunde gegangen wären. Entweder du oder ich wären irgendwann eingebrochen, deine Angst und Bedenken deswegen waren durchaus berechtigt. Und falls- falls es kein Gegengift geben wird, da wollte ich- wollte ich mit dir wieder groß werden. Ich will bei dir sein. Ich weiß, ich war voreilig und leichtsinnig, aber was passiert ist, ist passiert...“ Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, aber sie schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. „Nein, hör mir zu. Da du… da du momentan nicht in der Lage bist, etwas an der Situation zu ändern, dachte ich, es liegt an mir, etwas zu tun. Also ging ich zu Ai, und hab sie gefragt. Hab mich aufklären lassen über diese Organisation, habe deine Eintrittskarte gefälscht, auf dem Premierenabend des Films das Gift geklaut und ihr gebracht. Ich verlange von dir keine Dankbarkeit, denn es war meine Entscheidung. Ich verlange von dir lediglich, dass du mich nicht allein lässt. Dass du zu dem stehst, was du an Weihnachten gesagt hast. Dass du mich liebst, hörst du?“ „Hm…“ „Hey!“ „Ja, ich habs gehört…“ Er seufzte. Völlig überzeugt hatte sie ihn noch nicht. Aber langsam verstand er ihre Gründe, auch wenn das Resultat ihm immer noch nicht gefiel. Conan sah auf, und merkte, dass sie sich auf die Lippen biss. „Was liegt dir noch auf dem Herzen?“ Sie blinzelte erstaunt, dann malte sie kleine Kreise mit ihrem kleinen Finger auf die Tischplatte. „Sprich dich aus, Ran, nun komm schon.“, murmelte er matt. Sie kam näher- so nah, dass er ihren Atem auf seinem Gesicht spüren konnte. „Es ist wohl eher eine Frage…“, murmelte sie, schaute ihn forschend an. „Tu dir keinen Zwang an.“ Ran schluckte, räusperte sich. „Shinichi, würdest du sterben für mich?“ Conan glaubte, sich verhört zu haben. Er schaute sie an, in seinem Gesicht stand Verwirrung, Erstaunen und - Furcht. Ganz deutlich. „Wieso fragst du mich das?“, wisperte er entgeistert. Während der letzten Sekunden hatte er sich immer mehr angespannt, seine Finger krampften sich um die Kante der Sitzfläche. „Eine Frage beantwortet man nicht mit einer Gegenfrage. Würdest du?“ „Ran…!“ „Shinichi…“, sie flüsterte seinen Namen sanft, wie eine Brise, hauchte ihn fast. „Shinichi, nur ja oder nein. Ich kann verstehen, die Frage ist prekär, aber ich muss es wissen, es ist wichtig für mich. Ja oder nein?“ Conan schluckte, stand mit dem Rücken buchstäblich zur Wand. Das genau war die Frage aller Fragen - der Gedanke, der ihn vorhin schon heimgesucht hatte, seit gestern nicht losließ. Wie weit würden sie gehen, für einander? „Ja.“ Seine Stimme war leise, aber fest. Er meinte, was er sagte. „Natürlich.“ Er schaute weg. Ran nickte zufrieden. „Und warum dann ist es dir so zuwider, wenn ich das Gleiche auch für dich tun würde?“ Das kleine Mädchen funkelte ihn an. Von ihrem Entsetzen und ihren Zweifeln war nicht mehr viel übrig- neben ihm saß Ran, wie sie leibte und lebte, nur eben in Mini. „Weil…“ Er ruderte, suchte nach Worten, nach Argumenten. „Weil…?“, hakte sie nach. Er seufzte geschlagen. „Du kannst keinen Grund finden, nicht wahr? Du bist unfair, wenn du dieses Recht nur für dich herausnimmst. Ich will dich genauso lieben dürfen wie du mich.“ „Das hat nichts mit Fairness zu tun…“ Die Worte kamen ihm über die Lippen, ohne dass er es kontrollieren konnte. Er wusste, dass sie nicht stimmten, und sie auch. Alles hier - ihre ganze Beziehung- fußte auf Vertrauen und Gleichberechtigung. Ohne dieses Fundament brach alles zusammen, egal wie sehr sie sich liebten. „Du weißt, dass das nicht stimmt.“ Ran sah ihm an, dass er seine eigenen Worte nicht glaubte. Er wollte nur nicht zugeben, dass es so war- dass sie Recht hatte. Weil es unerträglich für ihn war. Genauso unerträglich wie für sie. Sie wollte auch nicht, dass er sein Leben für sie riskierte. Und doch hatte er es schon mehr als einmal getan. Ohne sie vorher zu fragen. Conan machte eine bezeichnende Geste, seufzte, ließ sich wieder zurücksinken. „Was ist, wenn du eines Tages aufwachst, und erkennst, dass du einen großen Fehler gemacht hast? Was, wenn du eines Tages kapierst, dass ich nicht der bin, den du willst, und du aber immer noch in diesem Körper steckst? Was ist dann?“ Endlich sprach er sie aus, seine Bedenken. „Ich will nicht Schuld sein, dass du dein Leben verpfuscht hast.“ „Ich hätte mein Leben verschwendet, wenn ich es nicht gemacht hätte, Shinichi. Es stimmt, du bist…“, sie streckte die Hand aus und strich ihm über die Wange, „momentan das Wichtigste auf der Welt für mich. Aber ich kann noch klar denken, glaub mir. Und keiner kann sagen, wie lange eine Liebe hält, wie stark die Beziehung ist. Aber… aber ich will das hier. Ich will dich. Und wenn es anders nicht geht, dann eben so. Ich würde viel eher bereuen, dich zu verlieren, als diesen Zustand hier…“ Sie zog an ihrem kleinen Kleid. „Stehst du mir bei?“, wisperte sie, schaute ihn mit großen Augen fragend an. „Wie könnte ich nicht?“, murmelte er leise. „Natürlich bin ich für dich da. Immer, auch wenn ich mal einen Durchhänger habe…“ Er grinste schief. „Du wirst das noch bereuen, Dickkopf. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es das nicht wert war.“ „Glaub ich nicht. Und jetzt halt die Klappe.“ Sie kuschelte sich an ihn. „Und du hättest sterben können, verdammt!“ Er schob sie noch einmal weg von sich, schaute sie ärgerlich an. „Weißt du eigentlich, was ich mir für Sorgen gemacht hab? Ich bin aufgewacht mitten in der Nacht, und du warst nicht da! Am Morgen warst du immer noch nicht da, gingst nicht ans Handy, keine Nachricht von dir, ich dachte, dir sei sonst was zugestoßen und…“ Conan seufzte, strich sich müde über sein Gesicht. „… wie sich herausstellt, hatte ich damit gar nicht Unrecht…“ Ran legte ihren Zeigefinger auf seine Lippen, dann schmiegte sie sich wieder an seinen Körper. Er legte seine Arme um sie, drückte sie an sich, atmete tief durch. Ran atmete tief durch. Sie hatte ihn wieder. Das war im Moment das Wichtigste. Ran schloss die Augen, und genoss es einfach, von ihrem Freund in die Arme genommen zu werden. Spürte seine Wärme und fühlte, dass es auch ihm gut tat. Sie merkte, dass er langsam wieder ruhiger wurde, seinen Kopf auf ihren sinken ließ und seufzte zufrieden. Das war zwar noch nicht ganz das Optimum, aber sie waren schon recht nah dran. Alles Weitere würde sich zeigen müssen. _________________________________________________________________________________ Wer sich über den Titel wundert, hier die Erklärung, bzw. Übersetzung: Es handelt sich um die Verbesserung (= Optimierung) eines nicht bestmöglichen Zustands (=Suboptimum). Ich liebe Fremdwörter. Und ich mag das Wort 'suboptimal'. :D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)