The Dreams must stay alive von abgemeldet (The Tribe - sechste Staffel) ================================================================================ Kapitel 12: Wunden und Narben ----------------------------- China saß auf der Veranda und blickte Richtung Strand. Die Sonne war gerade am aufgehen. Sie hatte die Nacht nicht wirklich geschlafen und saß nun auf der Veranda um sich den Sonnenaufgang ein wenig anzuschauen. Sie musste an vieles aus ihrer Vergangenheit denken. Sie musste an ihr Erlebnis mit den Catz denken. An ihr Leben vor dem Nomadenstamm. Es fiel ihr nicht leicht darüber nachzudenken, weil der Gedanke an dem Verlust den sie damals durchlebt hatte einfach immer noch zu groß war und er wohl auch immer bleiben würde. Sie hatte damals ihr Kind verloren, das in ihr gelebt hatte. Unbewusst fasste sich China an den Unterleib. Ja, da war ihr Baby gewesen und die Catz hatten ihr damals alles genommen, was sie liebte. Ihren Tribe, ihren Geliebten Mitch, ihr Baby, ihre Träume von einer schönen Zukunft. Dann ließ man sie einfach fallen. Wenn Scorpio sie damals nicht gefunden hätte, wäre sie vermutlich gestorben. Sie wäre in der Gasse gestorben und die Catz hätten es vermutlich nicht mal vernommen, dass sie gestorben war. Niemand hätte mehr um sie geweint, denn es waren ja schon alle tot. Sie musste an Kyle denken. Er war soviel anders als Mitch. Sie waren sich komplett unähnlich. Es gab nichts was an ihnen ähnlich war. Mitch war ein impulsiver Gefährte gewesen. Er war wie Skorpio ein absoluter Dickschädel. China und er hatten sich früher immer wieder gestritten, weil sie beide große Dickschädel waren. Im Nachhinein bereute sie jeden noch so kleinen Streit. Sie waren alle so unsinnig gewesen. Sie konnte ihm am Ende nicht mal mehr sagen, dass sie ihn liebte. Ihre Sturheit hatte sie damals abgelegt gehabt. Sie war nicht mehr so. Sie wollte nicht mehr unnötig Streit hervorrufen. Sie hatte sich geändert, weil sie nicht mehr konnte. Ihr fiel der Name ein, wie sie ihr Kind nennen wollte, wenn es ein Mädchen geworden wäre. Honey. Ja, sie mochte den Namen. Leise Tränen rannen über ihre Wange. „Guten Mogen.“ China blickte überrascht auf. Lex stand vor ihr. Er war vermutlich wieder auf dem Weg in die Stadt. Heute ging er wohl schon vor dem Frühstück in Richtung Catz City. „Guten Morgen. Konntest du auch nicht mehr schlafen?“ Er zuckte nur mit den Schultern. „Ist doch egal.“ „Denkst du wirklich so?“ Er blickte sie an. „Was verstehst du schon?“ „Vermutlich hast du Recht und ich weiß nicht was in dir vorgeht. Aber wenn du denkst, dass es egal ist, dann ist das falsch. Amber, Slade und all die anderen hier machen sich Sorgen um dich.“ „Sollen sie doch.“ „Ich glaube nicht, dass es dir egal ist.“ Er blickte sie skeptisch an. „Was weißt du schon über mich.“ Sie nickte. „Ja, vermutlich nicht sehr viel. Aber ich sehe in deinen Augen eine große Sehnsucht.“ „Lass mich mit deinem Gelabber in Ruhe“, schottete er sich wieder ab. Die Mauer die er um sich erbaut hatte, war schon lange da. Keiner kam mehr an ihm ran. Dabei wollten ihm alle nur helfen, doch er ließ es nicht zu. Momentan war er wieder Lex der Einzelkämpfer, Lex der keine Freunde braucht. Sie nickte. „Tut mir Leid“, sagte sie nur. Sie blickte wieder zum Strand. „Warum sitzt du hier?“, fragte er schließlich. „Ich konnte die Nacht nicht schlafen. Mir ging zu viel durch den Kopf..“ „Ja? Kenne ich.“ Sie nickte. „Ja. In mir ist eine große Narbe. Ich habe vor langer Zeit mal etwas sehr wichtiges verloren.“ Sie umfasste wieder ihren Unterleib. „Und diese Gedanken, die ich in letzter immer wieder verdrängen wollte, kamen gestern wieder hoch und ließen mich die Nacht nicht schlafen.“ Er blickte sie nicht an, blickte auch zum Sonnenaufgang, nickte aber. „Ich habe auch etwas verloren. Nur ich will es wieder haben.“ Sie blickte ihn fragend an. Doch sie stellte ihm keine Fragen. „Ich muss sie wieder haben. Sie gehört zu mir“, sprach er weiter. „Ist sie in der Stadt? Bist du deswegen jeden Tag in der Stadt?“ Lex nickte. Dann blickte er sie an. Er hatte schon zu viel gesagt. „Ich muss los“, sagte er nur noch und verließ die Veranda. China blickte ihm hinterher. „Viel Glück“, rief sie ihm noch hinterher. Ja, sie wünschte sich für ihn, dass er das, was er verloren hatte, wieder bekommen konnte. Kyle hatte die Nacht kein Auge zugemacht. Er wollte eigentlich gestern Abend noch gehen. Aber er hatte hier noch einiges zu erledigen. Er musste dafür sorgen, dass nicht alles den Bach runter lief, wenn er nicht mehr da war. Er weihte Matt, Joel und Tylor in seinen Plan ein. Sie würden wissen, wo man ihn finden würde. Außerdem gab er den drei Aufgaben. Sie sollten sich ein wenig um das Rechte hier kümmern. Sie mussten verhindern, das Cassie ganz aus tickte. Kyle wusste, dass er eigentlich nicht gehen durfte. Er war der Einzige, der Cassie aufhalten konnte. Aber er konnte das Spiel nicht mehr mit ansehen. Er konnte hier nicht mehr in einem Tribe leben, den er verachtete. Er konnte nicht mehr eine Uniform tragen, die er nicht mehr tragen konnte, weil sie ihn anekelte. Er musste zu China. Er musste mir ihr reden. Er fühlte sich schuldig für das was man ihr angetan hatte. Natürlich war er nicht schuld daran, aber er hätte es verhindern müssen. Er packte seine Sachen zusammen. Matt, Joel und Tylor blickten ihn schweigend dabei zu. Sie verstanden ihren Freund. Sie würden ihn unterstützen und helfen so gut sie konnten, er war ihr Freund, er war immer mehr als ihr Anführer gewesen. Sie waren Freunde gewesen und würden es auch bleiben. Sie würden ihn unterstützen und freuten sich darauf, bald die große Liebe von Kyle zu erkennen. Sie waren schon immer der Meinung gewesen, dass Kyle hier nicht her gehörte. Sie hatten in der Nacht einen Plan geschmiedet. Einen Plan wie sie allmählich Cassie die Macht abnehmen konnten. Dafür musste Kyle aber verschwinden. Er konnte auch nicht bei den Mall Rats leben, dass wussten sie. Das wäre zu gefährlich. Wenn er dort leben würde, würde er die ganzen Mall Rats in Gefahr bringen und das musste er verhindern. Aber er musste noch mal zu den Mall Rats, er musste mit China reden. Außerdem musste er die Mall Rats vor allem Jay und Amber in seinen Plan einweihen. Er brauchte jede helfende Hand die er kriegen konnte. Außerdem musste er noch mit Lex reden. Er musste ihm die Nachricht von Tai San überbringen, bevor etwas Schlimmes passierte und Lex den Plan von Kyle zerstörte. Sie mussten geschickt vorgehen. Die vier Freunde würden in Kontakt bleiben, damit sie immer den nächsten Schritt besprechen konnten. Er brauchte die drei in den Reihen von den Catz, dabei wollten sie ihn begleiten, aber sie mussten erst mal ihren Plan ausführen. „Wir sehen uns in drei Tagen“, sprach er zu seinen Freunden. Diese nickten. Er verließ in seiner Uniform sein Zimmer und ging Richtung Eingang. „Kyle…“ Dieser drehte sich um. Nick stand vor ihm. Er lächelte wie immer blöd aus der Wäsche. So wie Kyle Nick eben kannte. „Du gehst?“ „Ja, Nick. Ich gehe. Dann hast du deine Cassie für dich“, sagte er ironisch. Beide wussten, dass Cassie Kyle nie vergessen würde. „Cassie will nicht dass du gehst.“ „Musst du wieder ihre Drecksarbeit erledigen?“, fragte Kyle gehässig. Er hatte keine Lust sich mit Nick zu unterhalten. In ihm kam nämlich der Gedanke auf, dass vermutlich Nick China das damals angetan haben könnte. So wie er Ellie geschadet hatte, konnte er natürlich auch versucht haben China damals aus dem Weg zu räumen. „Kyle…“, wollte Nick anfangen. „Cassie wird dich nicht so einfach gehen lassen.“ „Das weiß ich. Nick, mach dir mal wegen mir keine Sorgen. Ich bin auf alles vorbereitet, dass kannst du ihr ruhig sagen“, sagte Kyle mit einem Lächeln und setzte seinen Weg fort und ließ Nick einfach stehen. „Wo ist Lex?“, fragte Amber beim Frühstück. „Er ist schon weg“, sagte China ihr. „Aber sonst geht er immer erst nach dem Frühstück“, sagte Amber. Sie machte sich nun echt Sorgen. Lex führte doch irgendwas im Schilde. „Weißt du was?“ Sie richtete ihre Frage an Slade. Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Er sagte, zu mir heute Morgen etwas.“ „Was?“ Amber blickte ihre Cousine fragend an. „In der Stadt scheint jemand zu sein, den er vor langer Zeit verloren hat und nun wieder haben will.“ „Was meinte er damit?“, fragte Amber weiter. „Ich weiß es nicht. Ich kenne ihn ja nicht. Das musst du mir schon sagen.“ „Mach dir doch nicht solche Sorgen“, versuchte Trudy es nun. „Genau, er wird schon wissen was er tut“, meinte nun auch Ram. Amber blickte Ram an. „Wir alle kennen Lex und wir wissen dass er Chaos und Unheil nur gerade so anzieht.“ „Amber… Komm reg dich nicht auf.“ Jay hatte seine Hand auf die ihre gelegt. Er wollte nicht, dass sie sich aufregte. Natürlich verstand er ihre Sorge. Sie waren neu hier in der Stadt und sie hatten beschlossen gehabt, erst mal keinen Ärger zu machen. Aber wer weiß schon was Lex genau geplant hat. „Du kannst eh nichts machen“, meinte Slade zu der Anführerin. „Wir können nur abwarten.“ Amber seufzte. Ja, sie hatten ja alle Recht. Aber sie wollte nicht warten. Sie wollte nicht warten, warten bis das Unheil schon passiert ist und sie es am Ende alle ausbaden mussten. Das wollte Amber ja gerade verhindern. Sie wollte hier einen Neuanfang. Warum muss Lex nur immer wieder aus der Reihe tanzen? Sie nickte, sagte nichts weiter und widmete sich ihrem Sohn, der auf ihrem Schoss saß und auf sein Frühstück wartete. Sie lächelte, da Klein Bray sie angluckste, was er immer tat, wenn er fröhlich war und er sich wohl fühlte. Kyle hatte seine Uniform noch an. Er hatte sich überlegt, sie erst bei den Mall Rats ausziehen. So könne er noch ohne große Probleme durch die Stadt gehen. Er war auf direkten Weg zu den Mall Rats. Heute hatte er es noch nicht eilig. Er wollte mit China reden, außerdem mit Amber und Jay. Aber vor allem musste er mit China reden. Dann entdeckte er Lex. Dieser bekam ihn gar nicht mit, vermutlich war so in Gedanken versunken. „Lex…“ erst beim dritten Mal ansprechen, realisierte Lex dass er gerufen wurden. Er blickte Kyle mürrisch an. „Was gibt’s?“ „Ich soll dir eine Nachricht zu kommen lassen.“ „Ich habe es eilig“, sagte Lex und wollte sich an Kyle vorbei drücken. „Die Nachricht ist von Tai San.“ Nun blieb Lex stehen. Er blickte Kyle an. „Von Tai San?“ Kyle nickte. „Was sollst du mir sagen?“ „Das du ihr Zeit lassen sollst. Du sollst keinen Fehler begehen. Sie hat Angst, dass du etwas Unüberlegtes tun könntest und das würde sie in Gefahr bringen. Sie sagte mir auch, dass sie bald zurückkehren würde, zu dir.“ Lex schwieg und hörte Kyle zu. Endlich eine Nachricht von seiner Tai San. „Sie braucht nur noch etwas Zeit.“ Lex nickte. Ja, vielleicht sollte er warten. Tai San wusste schon was sie tat. Er sollte ihr die Zeit geben. Zumindest wusste er, dass es ihr gut ging. „Ihr geht es doch gut?“ Kyle nickte. „Ja, ihr geht es gut. Ich bin auf den Weg zu den Mall Rats. Magst du mitkommen?“ „Nein, lass mal. Aber ich komme nach.“ Kyle nickte. Vermutlich brauchte Lex noch ein wenig Zeit für sich. Kyle verstand ihn. „Gut, bis später.“ Lex nickte und Kyle setzte seinen Weg fort. Zumindest hatte er dieses Problem schon mal gelöst. Mit etwas Unüberlegten von Lex musste er also erst mal nicht rechnen, zumindest schätzte er ihn so ein. „Amb…“ China wollte zu ihrer Cousine und wollte mit dieser reden. Diese war gerade mit ihrem Sohn und ihren Freund auf der Veranda. „China“, sagte Amber erfreut. Vielleicht war nicht der richtige Moment. Amber sah gerade so glücklich mit Jay und Klein-Bray aus. Nein, jetzt war nicht der richtige Moment. Die drei sollten mal wieder Zeit für sich haben und ihre Beziehung genießen. Man wusste ja nicht, was im nächsten Moment auf einen zukommen würde und mit was sie sich dann wieder herumschlagen mussten. „Gibt es was?“, fragte Jay freundlich und mit einem netten Lächeln. „ähm nein, ist schon alles in Ordnung“, sagte sie schnell und ging wieder ins Haus. „Sie hat irgendetwas“, meinte Amber. Jay nickte nur. „Willst du ihr nachgehen?“ Amber schüttelte den Kopf. „Nein, sie wird schon wieder zu mir kommen, wenn sie darüber reden möchte. Ich kenne China doch. Sie wollte bestimmt jetzt mit mir reden, aber als sie uns drei hier sitzen gesehen hat… Jetzt will sie auch nicht, dass ich ihr nachgehe, dann wird sie auch nicht mit mir reden wollen, sondern mich wieder nach draußen zu dir schicken.“ „Vermutlich hast du Recht“, sagte Jay lächelnd und küsste seine Freundin liebevoll. Jack saß mit Ram und Darryl im Aufenthaltsraum. Sie versuchten etwas über die Gezeitenanlage herauszufinden. Sie mussten nämlich raus finden, wo man sie hin gebaut hatte, denn wenn sie kaputt gehen würde, müsste man sie reparieren und darauf wollten die Freunde vorbereitet sein, denn den Luxus den sie momentan hatten, wollten sie erst mal nicht wieder missen. „Wir müssen außerdem schauen, dass wir einen Ersatztank fürs Gas haben, falls unser Gas zum Kochen ausgeht“, meinte Jack schließlich. „Ich denke das könnten wir aus den Häusern in der Stadt besorgen. Viele stehen davon leer und wir könnten da sicherlich einen Gastank her bekommen.“ „Und wie sollen wir den dann transportieren?“, fragte Darryl. Jack und Ram blickten Darryl an. Sie nickten ihm zu, ja darüber mussten sie sich dann auch Gedanken machen. Ellie saß bei Salene im Zimmer. Sie wollte mit ihr reden. Noch hatte sie noch nichts gesagt, hatte noch kein Wort über die Lippen gebracht. Aber sie wusste, dass es ihr gut tun würde. Und Salene stand ihrer blonden Freundin gerne zur Seite. Sie hatte sich ja auch angeboten gehabt. Keiner wusste ja, das China damals auch ihr Kind verloren hatte, außerdem wollte Ellie China nicht noch mehr beanspruchen als nötig. Sie war ihr ohnehin schon eine sehr große Hilfe gewesen. Ruby saß mit Lottie, Mouse, Gel, Trudy und Brady im Esszimmer am Tisch und sie überlegten wie sie das Hotel noch freundlicher und schöner schmücken konnten. Trudy kam auf die Idee etwas zu basteln. Sie hatten bunte Blätter und andere Deko-Sachen gefunden, aus denen sich bestimmt etwas machen konnte, dachten Ruby und Trudy sich. Außerdem waren die Kleinen so etwas beschäftigt. Amber und Trudy hatten sich ohne überlegt wieder einen Unterricht oder ähnliches einzuführen. Sie würden dann bei Ruby und Salene kochen lernen, bei Amber würden sie Sprache und Mathematik lernen, bei Trudy würden sie malen und nähen lernen und China konnte ihnen bestimmt etwas über die Natur erzählen. Aber noch hatten sie das noch nicht mit den Anderen besprochen. Lex würde es vermutlich eh egal sein, aber sie wollten dass dennoch in einer gemeinsamen Runde besprechen. „Kyle…“ Amber und Jay waren ein wenig überrascht Kyle zu sehen. China hatte gemeint, dass er erst morgen wieder vorbei kommen würde, also hatten sie heute nicht mit seiner Ankunft gerechnet. „Hallo…“ Er war auf den Weg bis zum Hotel seinen Plan noch mal durchgegangen. Es musste einfach klappen. „Du hast eine Tasche dabei?“, fragte Jay und wies auf die Seetasche die Kyle über der Schulter trug. „Ja, ich muss… ich muss zuerst mit China reden… danach brauch ich eure Hilfe.“ „Was ist denn los?“, fragte Amber nun ein wenig besorgt. „Später. Ich muss erst mit China reden. Wo ist sie?“ „Vielleicht drinnen“, antwortete Amber nur. Kyle war auch schon auf den Weg nach drinnen. Jay und Amber blickten sich fragend an. „Was ist denn mit ihm?“ „Gute Frage. Aber ich denke er wird es uns nachher sagen.“ Sie nickte. Kyle fand China in ihrem Zimmer. Sie machte gerade die Betten. Er legte seine Tasche vor der Tür ab und trat ein. China blickte Kyle genauso überrascht an wie Amber und Jay. „Kyle…“Doch statt ihr zu antworten, drückte er sie einfach an sich. „Aber…“ „Warum hast du es mir nicht gesagt?“ „Was, Kyle? Was habe ich dir nicht gesagt?“ Sie spürte den Kloß in ihrem Hals. Hatte er es herausgefunden? Hatte er in Erfahrung gebracht, was ihr damals wirklich alles passiert war. „Warum? Warum hast du es mir nicht gesagt?“ „Kyle… was?“ Tränen traten in ihre Augen. Er wusste es. Sie spürte es. Er schob sich von ihr weg und zog seine Uniform vor ihren Augen aus. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie sah ihm einfach nur schweigend zu wie er sich die Uniform auszog. Er stand nun im T-Shirt und Shorts vor ihr. „Ich kann sie nicht mehr tragen.“ Sie schluckte. „Ich kann diese Uniform nicht mehr tragen. Nicht nachdem ich erfahren habe, was man dir…“ „Nein, sag es nicht“, sagte sie plötzlich. Sie wollte es nicht aussprechen. Solange sie es nicht aussprach, so schien es, als sei es nie passiert. Als seien es nur Alpträume und keine Bilder aus der Vergangenheit. Sie wollte es nicht wahrhaben. Er nickte und drückte sie wieder an sich. „Es tut mir so Leid. So schrecklich Leid…“ Sie nickte nur stumm. Die Tränen rannen nun über ihr Gesicht. Sie fing an zu weinen. Der Schmerz den sie solange hatte unterdrücken wollen, kam nun mit einem Mal aus ihr heraus. Sie spürte diesen unerträglichen riesigen Schmerz, der wie ein riesiger Stein auf ihren Schultern lag. Sie sackte in sich zusammen. Sie wollte nicht daran denken. Sie wollte es immer verdrängen. Nun kam alles wieder hoch. Alles… auf einmal. Kyle kniete sich zu ihr und drückte sie weiter an sich. Er sah ihr an, dass sie darüber nie gesprochen hatte. Mit niemanden. Er konnte nur ahnen, wie schwer es jetzt für sie war. Wie schwer es war, diesen Schmerz zu ertragen. „Sie haben mir alles… genommen… alles… mein Baby… und Mitch…“, schluchzte sie. Kyle nickte nur. Er konnte nichts mehr sagen. Er drückte sie an sich und schwieg. Wie sollte er ihr jetzt noch sagen, dass er sie die nächsten Tage nicht mehr besuchen konnte. Nein, erstmal war sie jetzt wichtig. „Die Narbe war mir nie wichtig.“ Er nickte. „Aber es war das Einzige was ich zeigen konnte. Das Andere, was ich verloren hatte, was man mir… angetan hatte… das konnte ich niemand zeigen… da gab es keine Beweise für.“ Sie schluchzte. „Ich wollte doch nur…“ „Psscht.“ Er streichelte ihr über die Haare und versuchte sie zu beruhigen. Sie hyperventilierte leicht. Sie war fertig und mit den Nerven am Ende. Sie war immer für alle da, hatte immer für alle ein offenes Ohr, verarztete Wunden. Dabei hatte sie die größte Narbe von allen in sich, eine Narbe die jetzt aufplatzte. Eine Narbe unter der es immer gebrodelt hatte, die nie heilen konnte. Nun war er da. Er war Balsam für die Narbe. Er wollte sie heilen, die Wunde. Das war das Einzige was er noch tun konnte. Das war das Einzige was er tun konnte um sein Gewissen und seine Mitschuld zu bereinigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)