The Dreams must stay alive von abgemeldet (The Tribe - sechste Staffel) ================================================================================ Kapitel 9: Gefühle erreichen einander ------------------------------------- „Hast du schon mit ihr gesprochen?“ Jay Stimme klang sanft. Er saß hinter Amber auf dem gemeinsamen Bett und kämmte ihr die Haare. Die Blonde seufzte. „Nein, ich hatte irgendwie noch nicht den richtigen Moment erwischt.“ Jay nickte. Es ging um China. Sie war ganz aufgelöst ins Hotel gerannt und hatte sich in ihr Zimmer eingeschlossen. Kyle kam wenig später und verabschiedete sich fast wortlos. Natürlich interessierte es Jay und Amber was zwischen den Beiden passiert war, das China so aufgelöst war und warum Kyle plötzlich so wortkarg war. Sie hatten entschlossen das Amber China fragen sollte, aber sie hatte noch nicht an ihrer Tür angeklopft. „Was auch immer da passiert ist, es scheint bisschen schief gegangen zu sein.“ Amber nickte ihren Freund zu. Sie blickte zu ihrem Sohn, der in seinem Bettchen vor sich hin schlummerte. „Hast du mal mit Kyle über China gesprochen?“ „Kurz angesprochen haben wir es. Er hatte mich mal gefragt, warum sie ihm so gegenüber tritt, aber ich konnte es ihm nicht sagen, weil ich es nicht wusste. Und damit war das Thema erst mal gegessen.“ Sie nickte nur. „Amber!“, hörten sie plötzlich laute Schreie. Es waren Jacks, das hörte sie sofort. Sie sprang auf. Durch die Schreie wurde aber Bray geweckt. Sie blickte ihren Sohn an. „Geh schon, ich kümmere mich um den hier“, sagte Jay lächelnd. Amber nickte ihren Freund erleichtert an und eilte dann aus dem Schlafzimmer. Unten an der Treppe fand sie Jack. Er war regelrecht aufgelöst. Doch nicht nur er schien mit den Nerven am Ende zu sein. Salene blickte sie mit Tränen im Gesicht an. Amber drängelte sich durch die Menge durch und blickte nun auf Ellie, die leblos auf dem Sofa lag. Lex stand da und blickte sie nur an. Amber trat an das Sofa und fuhr Ellie übers Gesicht. „Was ist passiert Jack?“ „Sie… sie ist…. Die Treppe…“ Aus den Wortfetzen konnte die Anführerin gerade so entnehmen was passiert war. Sie blickte die Rats um sich herum an. Sie musste Aufgaben verteilen, sonst würde das hier ein riesiges Chaos geben. „Salene.“ Diese nickte sofort und wischte sich bei Ambers starker Stimme die Tränen aus dem Gesicht. „Du nimmst die Kleinen und bringst sie weg. Spiel mit ihnen. Sie sollen nicht hier sein.“ Salene reagierte sofort und nahm Lottie, Mouse, Sammy und auch Gel mit. „Ruby mach Jack bitte einen Beruhigungstee.“ Auch die Blonde, ehemalige Barbesitzerin, nahm Jack mit und ging mit ihm in die Küche. „Lex geh hoch und hole bitte China.“ „Nicht mehr nötig. Bin schon da“, sagte China, die die Treppe herunter kam. Amber lächelte sie erleichtert an. China trat zu ihr und Ellie. Sie kniete sich vor Ellie, die auf der Couch lag und blickte diese an. Sie saß die Wunde am Hinterkopf und sah auch, dass sich Ellies Rock seltsam rot färbte. „Wir sollten sie baden.“ „Was?“, fragte Amber überrascht. China deutete auf den Rock und Amber verstand. „Ich gehe Wasser einlassen“, sagte Amber schnell. Lex stand hinter China und beobachtete diese. Aber war gar nicht bei der Sache. Er musste einfach noch zu sehr an die Begegnung mit Tai San denken. Schweigend ging er aus dem Hotel raus und setzte sich auf die Veranda. Der Schwarzhaarige wollte seine Ruhe um über diese Begegnung nachdenken zu können. Was ihm aber sehr schwer fiel, weil er einfach nicht wusste, warum Tai San so ihm gegenüber reagiert haben könnte. Während er sich so sehr freute, dass er sie endlich wieder sah, war sie kalt geblieben. China blieb bei Ellie liegen und überlegte, was sie noch machen könnte. Slade kam die Treppe herunter. Sie blickte ihn fragend an. „Kann ich helfen?“ China blickte wieder zu Ellie, stand schließlich auf und nickte. „Kannst du sie bitte ins Bad tragen. Amber lässt schon das Wasser in die Wanne.“ Slade nickte. Doch das bekam die Blonde gar nicht mehr mit, sie war schon die Treppen hochgerannt und in ihr Zimmer gestürmt. Sie kramte in ihrer Tasche nach einigen Kräutern, die sie immer bei sich hatte. Damit eilte sie wieder zu Amber ins Badezimmer, die schon dabei war, Ellie vorsichtig die Kleider auszuziehen. Keiner der beiden sagte etwas. Sie taten nur ihre Arbeit, wie eingespieltes Team. „Was ist denn passiert?“, fragte Trudy, die gerade von einem Spaziergang mit ihrer Tochter vom Strand kam und aufgelöste Tribe Mitglieder am Tisch sitzen sah, schweigend. Salene antwortete ihr schließlich. „Ellie hatte einen Unfall.“ „Oh nein. Wie schlimm.“ Trudy setzte sich an den Tisch. Sie sah, dass Jack, Amber und China fehlten. „Sie wird wohl ihr Kind verlieren“, fügte Jay hinzu. Er sprach es aus, was alle bis eben verschwiegen hatte. China hatte es ihnen mitgeteilt und seitdem schwiegen sie nur. Einige beteten und hofften, dass es nicht so sein würde. „Wie geht es ihr?“ Trudy war die ganze Stimme fast weggeblieben. „Sie ist noch bewusstlos.“ sagte Salene. „Sie kommt wohl ab und an wieder zu sich, murmelt etwas, ist dann aber auch gleich wieder bewusstlos.“ „Das ist ja schrecklich. Wie konnte dass denn passieren?“ „Jack, meinte, sie wäre die Treppe runter gestürzt“, sprach Slade weiter. Er saß neben Ebony. Sie sagten nichts. Alle schwiegen wieder. Es war ein unerträgliches Schweigen. Aber es war ein Schweigen der Anteilnahme. Sie waren alle bei Ellie, die von Amber und China gerade gepflegt wurde. Als Jemand die Treppe herunter kam, blickten alle sofort zu der Person, die herunter trat. Es war Amber. Man sah ihr an, dass sie mit den Nerven am Ende war, dass es sehr an ihr zerrte. Sie ging zu Jay. Es war kein Lächeln auf ihren Gesicht, kein Schmunzeln um ihre Mundwinkel, die ein wenig Hoffnung hätte ausdrucken können. Jay zog sie zu sich auf seinen Schoss. Immer noch sagte keiner etwas. Dann seufzte die Anführerin auf. „Sie hat ihr Kind verloren.“ Ihre Stimme klang zitternd und sehr traurig. Alle blickten entsetzt sie an, doch dann schauten sie weg. Sie wussten nicht, was sie sagen sollten. „Wie geht’s ihr?“ Salene, war diejenige die das sagte. Sie war diejenige die Ellie verstehen würde und sie hatte sich gerade in ihrem Inneren bereit erklärt, für Ellie da zu sein. Schließlich hatte sie auch ihr Kind verloren gehabt. „China hat ihr einen Beruhigungstee aus Kräutern gemacht. Sie meinte, sie nehmen ihr die Schmerzen und lassen sie ruhig schlafen.“ Ambers Augen waren trostlos und schwer. Sie fühlte sich schlecht. Schließlich war in ihr das Kind noch da. Sie konnte sich gerade nicht sehr auf ihr Kind freuen. Aber das verlangte wohl auch keiner von ihr. „Und Jack?“, fragte der blonde Jay, der Amber an sich drückte und seine Hände um ihren Bauch geschlungen hat. Er würde sich auch weiterhin freuen, dachte Amber. „Er schweigt. Er sagt nichts. Er sitzt da und hält ihre Hand. Er ist müde und erschöpft.“ Sie blickte in die Runde und sah das Ruby fehlte. Sie war sicherlich bei den Kleinen. „Rubys Tee hat geholfen. Er ist nicht mehr so aufgelöst und er hilft China bei allem.“ „Gut, dass sie hier ist und sich mit Medizin ein wenig auskennt.“ Die Worte, die Trudy aussprach, dachten gerade alle. Ja, Tai San oder Dal hätten sich früher darum gekümmert, aber nun waren sie alleine. Ja, es war gut, das China da war. Sie hatte Kräuter und verstand etwas von Wickel. Sie hat auch die Wunde an Ellis Kopf vernäht. Sie war sachlich und nüchtern geblieben. Amber hätte das vermutlich nicht auf die Reihe gebracht. Aber sie hatte ihre Cousine sehr bewundert, als diese nach der Nadel griff, die sie mit Alkohol desinfiziert hatte. Es war auch eine gute Idee gewesen, Ellie in die Wanne zu legen. Es nahm ihr die Schmerzen aus dem Körper und sie entspannte sich etwas, aber das Kind verlor sie dennoch. Keiner konnte darüber leicht reden und China sah, dass es Amber nicht sehr gut ging, also sagte sie nichts. Inzwischen waren Drei Tage verstrichen. China saß wieder bei Ellie am Bett. Diese war vorgestern wieder aufgewacht. Sie redete nicht viel, noch war sie zu sehr in sich gekehrt und konnte das alles gar nicht glauben. Sie saß in ihrem Bett und wollte auch keinen weiter sehen als Jack, der aber auch nicht wusste, was er tun sollte. Er war mit der Aufgabe vollkommen überfordert. Ellie und er stritten sich dann, auch wenn es keiner der Beiden wollte oder wenn es einen wirklichen Grund dazu gab. China hatte ihr eine Suppe gebracht. Die sie selber gekocht hatte und mit Kräutern aus dem Wald verstärkt hatte. „Ich will aber nichts essen.“ „Aber leider musst du etwas essen.“ „Warum muss ich etwas essen?“ „Ellie…“ China seufzte. Sie wollte nicht mit ihr diskutieren oder sich mit ihr streiten. Ellie wusste, dass sie etwas essen sollte. Aber sie konnte es nicht mehr sehen. Sie wollte auch keinen von den Mall Rats sehen, der wissen wollte wie es ihr ging. Sie wollte dieses Mitleid nicht. Sie wollte sich einfach nur im Bett verkriechen. China stellte den Teller schließlich auf den Nachtisch. „Willst du darüber reden, was passiert ist?“ Ellie blickte sie an. „Ich bin die Treppe runter gefallen.“ China konnte sich das nicht so einfach vorstellen. Schließlich war das passiert, als sie in einem Gebäude bei den Catz war. Vielleicht sah China auch einfach etwas, was nicht da war. Aber sie musste es wissen. Sie musste an Kyle denken, er war seit dem letzten Mal nicht mehr wieder hier gewesen. Er ging ihr nun auch aus dem Weg. Jetzt wo er wusste, warum sie ihn so sehr hasste, wollte er nichts mehr von ihr wissen. Sie hatte sich nicht in ihn getäuscht. Er war genauso wie eben alle anderen Catz auch. „Versuch dich daran zu erinnern.“ „China, was willst du von mir.“ Ellie wollte sich nicht daran erinnern. China seufzte. Vielleicht war es auch besser so, wenn sie sich nicht daran erinnerte. Schließlich hatte sie dabei ihr Kind verloren. China wollte sich gerade selber ohrfeigen. Sie hatte nur an sich und ihre Wut an die Catz gedacht und nicht an Ellie. Die Gelockte stand auf. Sie sollte jetzt wohl besser gehen. „Ich wurde gestoßen“, sagte Ellie plötzlich. China drehte sich sofort um und blickte sie entsetzt an. Sie sah Ellie an, dass sie sich ihrer eben gesagten Worte noch gar nicht sicher war. Doch sie nickte. „Ja, ich wurde gestoßen. Dieser Nick…“ China setzte sich wieder auf ihren Stuhl. Sie schwieg. Stille Tränen rollten über Ellies Wange. Nun hatte China ihre Antwort. Aber was sollte sie jetzt tun. Außer Ellie gab es keinen Zeugen. Es stand Aussage gegen Aussage und die Catz waren ein mächtiger Stamm. Nein, sie musste anders vor gehen. Hier ging es um etwas anderes. Warum hatte dieser Nick Ellie stoßen sollen? Das ergab alles irgendwie gar keinen Sinn. Warum handelten die Catz so? China versuchte es zu verstehen, aber auch die Wunde die man ihr damals zugefügt hatte, hatte keine Vorgeschichte gehabt, zumindest kannte China sie nicht. Sie griff nach Ellies Hand. „Wir kriegen das hin.“ Sie lächelte zuversichtlich. „Ich weiß, es ist schwer für dich. Aber du hast hier so viele Freunde.“ China wusste, dass sie ihre Worte sorgfältig wählen sollte. „Wir sind für dich da. Aber lass dir Zeit. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Keiner wird dich zu etwas zwingen, was du nicht willst. Wir wollen alle nur, dass es dir besser geht. Mehr wollen wir nicht und wenn du momentan keinen sehen willst, dann verstehen die anderen das auch.“ Ellie nickte erleichtert. „Hey Lex, was ist denn eigentlich mit dir los?“ Slade blickte den Schwarzhaarigen an. Es war allen schon aufgefallen, dass er die ganzen Tage tagsüber nicht mehr da war. „Du gehst schon wieder in die Stadt?“ „Wen interessiert es schon?“ Lex war abweisend seinem zu Slade. Aber jeder kannte Lex und wusste, dass dies meist nur eine Maskerade war, weil er eben nicht gerne über seine Gefühle und Gedanken sprach. „Na ja, mich schon. Amber möchte bestimmt auch wissen warum du direkt nach dem Frühstück in die Stadt gehst und erst bei Sonnenuntergang wieder zurückkommst.“ „Halt mir keine Reden. Reden schwingen ist nicht deine Aufgabe oder hat Amber dich darum gebeten?“ Damit verschwand Lex wieder aus dem Hotel. Slade stand am Fenster und blickte ihm hinterher. „Hat er gesagt, wo er hingeht?“ Slade blickte Ebony an, die zu ihm kam. Er legte den Arm um sie und schüttelte nur den Kopf. „Du kennst ihn länger, denkst du er hat irgendwelche Probleme?“ „Klar. Das ist Lex.“ Aber sie war sich nicht sicher. Er hatte lange nicht mehr wirklich mit einen der Mall Rats gesprochen. „Wie geht’s Ellie? Schon was Neues gehört?“, fragte Amber Salene, als die Anführerin in die Küche trat. Salene schüttelte verneinend den Kopf. „Sie will immer noch keinen sehen. Nur Jack und China, die ihr das Essen gebracht hat.“ Amber nickte. Also hatte sich noch nichts Neues ergeben. So weit war sie auch mit ihrem Wissensstand gewesen. Die allgemeine Stimmung im Hotel war mies. Erstens machten sich alle Sorgen wegen Ellie. Die Kleinen verstanden auch nicht, warum Ellie nur noch in ihrem Zimmer war und keinen sehen wollte. Zweitens verschwand Lex seit 3 Tagen und war den ganzen Tag nicht da. Er ließ Amber mit der Aufgabe des Anführers alleine. Aber sie war froh, dass Jay und Slade ihr halfen. Sogar um Ebonys Hilfe war sie oft froh. Drittens war Jay nicht gut gelaunt. Er wollte wissen was zwischen Kyle und China vorgefallen sein war. Er besuchte seinen alten Freund auch nicht mehr oder meldete sich bei ihm. Im Allgemeinen war es sehr angespannt im Hotel. „Wir sollten etwas tun“, meinte Amber und setzte sich an den Küchentisch, gegenüber von Salene. „Was meinst du denn?“ In dem Moment ging die Küchentür wieder auf und China trat in die Küche. Sie hatte das Tablett dabei, was sie vorhin zu Ellie gebracht hatte. Salene, wie Amber blickten China erwartungsvoll an. „Ihr geht’s gut“, sagte China gleich. Sie wusste, dass sich alle Sorgen um Ellie machten. „Sie hat die Suppe gegessen.“ Sie stellte den Teller in die Spüle. „Das ist doch gut, oder?“ China nickte Salene zu. „Dann geht’s ihr also wirklich besser.“ Amber blickte ihre Cousine an. Sie sah, ihr an, dass sie noch etwas anderes bedrückte. „Und dir?“ China blickte die Anführerin der Mall Rats fragend an. „Was ist mit mir?“ „Ich meine, wie geht’s dir? Du bist seit 3 Tagen entweder bei Ellie oder in deinem Zimmer. Wir sehen dich auch nicht mehr. Wie geht’s dir?“ „Mir geht’s gut.“ Sie lächelte und wollte es somit bestätigen. Amber spürte aber, dass sie nur etwas vortäuschen wollte, damit keine weiteren Fragen gestellt werden würde. Und Amber sagte auch nichts. Erst Mal zumindest. China hatte sich, nachdem Ellie inzwischen wieder aufgestanden war, endlich wieder einen ruhigen Moment gegönnt. Sie saß auf der Bank am Waldrand. Die Blonde atmete die frische Meeresluft tief ein und aus. In der Hand hielt sie die Decke, die sie weiter mit dem schönen Muster besticken wollte. Aber sie konnte nicht. Die letzten Tage hatten sie schrecklich mitgenommen. Sie hatte auch kaum etwas gegessen. Ellie, die Catz. Alles nagte an ihren Nerven. Aber das schlimmste war, das Kyle nicht mehr aufgetaucht war. Wenn sie Jay sah, war er trübselig. Er ging ihr aus dem Weg und fragte sie nicht, was passiert war, aber sie sah ihm an, dass es ihn doch interessierte. Sie musste sich einfach eingestehen, dass es ihr am meisten zusetzte, dass er nicht da war. Es tat ihr weh, dass er nachdem erfahren hatte, was ihr zugestoßen war, nicht mehr ins Hotel kam. Sie blickte auf ihre Decke. Sie konnte nicht einen Stich nähen. Ihre Hände zitterten ein wenig, so konnte sie nicht mal die Nadel anfassen. Sie hatte sich fest vorgenommen gehabt, dass wenn er wieder sie besuchen kommen würde, sie ihm eine Chance geben würde, wenn er sie noch wollte. Aber danach sah es momentan ganz und gar nicht aus. „Oh, hier ist schon jemand.“ China blickte überrascht auf. Vor ihr stand Kyle. Sie musste lächeln, denn sie war froh ihn zu sehen. „Kyle…“ Er setzte sich schweigend neben sie auf die Bank. Sie lächelte ihn an. Irgendwie fühlte sie sich besser, jetzt wo er da war. „Ich war die ganze letzte Woche hier.“ Überrascht blickte sie ihn an. „Jeden Abend saß ich hier und habe gewartet.“ China wusste gar nicht, was sie darauf sagen sollte. Sie fühlte irgendwie geschmeichelt. Hatte er jeden Tag hier auf sie gewartet? Hatte er jeden Tag hier an dieser Stelle auf sie gewartet und gehofft, dass sie kommen würde? Der blonde junge Mann blickte sie nicht an. Aber er lächelte verträumt. Seine Augen verloren sich in der Ferne. „Kyle…“ „Du willst mir bestimmt wieder sagen, ich soll nicht so was sagen, weil du mich falsch findest und weil du mich hasst, weil ich diese Uniform trage.“ Sie wollte ihm widersprechen. Sie wollte ihm sagen, dass sie sogar sehr froh darüber war, dass er jetzt neben ihr saß. Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn vermisst hatte, dass sie sich jeden Tag wo er nicht ins Hotel kam, sich Sorgen um ihn gemacht hatte. Aber er ließ sie nicht zu Wort kommen. China lächelte ihn an, seit langen lächelte sie wieder und das verdankte sie ihm. „Aber jetzt, will ich dir mal was sagen, China.“ Nun blickte er sie an. Sie lächelte ihn an, er war ein wenig überrascht darüber. Lachte sie ihn etwa aus? „Ja, ich sag dir jetzt, was ich davon halte. Mir ist es egal, ob du es falsch oder zum Lachen findest. Ich mag dich sehr. Ich bin hier jeden Abend hingekommen in der Hoffnung, dass auch du hier sein würdest.“ China war überrascht, aber sie schwieg. Seine Worte, seine Stimme alleine taten ihr sehr gut. Sie schloss die Augen, lehnte sich auf der Bank zurück und hörte seiner Stimme weiterhin zu. „Ich mochte dich vom ersten Moment an. Ich mag deine impulsiven Momente, ich mag es wenn du ruhig bist.“ Er lächelte, blickte aber zum Horizont. Die Sonne würde bald untergehen. „Ich mag es, wenn du lächelst und dir durch die Haare fährst.“ Machte er ihr gerade ein Liebesgeständnis? „Kyle…“ Sie musste nun etwas sagen. Er blickte sie an. „Ich will dich wirklich kennen lernen. Gib mir eine Chance. Ich zeig dir, dass ich ein ganz netter Kerl sein kann.“ China musste schmunzeln. Sie wusste, dass er nett war. Sie wusste, dass wenn sie ihn die Schuld an ihrer Narbe auf ihren Rücken geben würde, sie es auf jedenfall bereuen würde. „Darf ich auch was dazu sagen?“ Ihre Frage klang ein wenig sarkastisch, aber auch liebevoll und humorvoll gemeint. Er nickte. Ja, er hatte wohl schon viel zu viel gesagt. Sie lächelte als sie sah, dass er nervös weg schaute. „Kyle, ich mag dich auch.“ Nun blickte er sie überrascht an. Hatte sie das eben wirklich gesagt? Er konnte seinen Ohren noch gar nicht trauen. „Ich weiß, dass du nicht Schuld an der Narbe hast und ich weiß schon längst, dass du ein sehr netter Kerl bist.“ „Aber…“, fing er an. Er hörte ein Aber aus ihren Worten raus. China schmunzelte. „Ich konnte die letzten Tage nicht hierher kommen. Aber wenn ich gewusst hätte, dass du hier jeden Tag auf mich gewartet hättest, wäre ich genauso oft gekommen wie du.“ Kyle lächelte. Er griff nach ihrer Hand, die in ihrem Schoss ruhte. „Ist das eine Zusage, dass ich eine Chance bei dir bekomme?“ Sie streichelte mit ihren Daumen seine Hand und nickte. Kyle strahlte vor Glück. Er streichelte ihr mit seiner freien Hand zärtlich über die Wange, liebevoll und sanft. Und ihre Haut war genauso sanft wie er sie sich vorgestellt hatte. China lächelte ihn an. Ja, er war sehr liebevoll und sie sollte ihm wirklich eine Chance geben. Er war ein netter Kerl, auch wenn er diese Uniform trug. Sie genoss die Wärme, die durch seine Berührung zu ihr ausgestrahlt wurde. Er beugte sich zu ihr herüber und küsste sie vorsichtig. Und China konnte gar nicht anders, als den Kuss zu erwidern. Sie fühlte sich wundervoll dabei. „Ist er immer noch nicht zurück?“ Slade blickte Amber an, die zu ihm trat. Sie hatte ihren kleinen Sohn auf den Arm. Slade lächelte Beide an, Mutter wie Sohn. „Nein, Lex ist wohl noch unterwegs.“ Er nahm Amber deren Sohn ab und hielt ihn in die Luft hoch. Klein Bray lachte vergnügt. „Hat denn schon mal jemand mit Lex gesprochen?“ Slade nickte. „Ich. Aber viel habe ich nicht aus ihm heraus bekommen.“ Die Blonde nickte und lächelte ihren vergnügten Sohn an. „Wir waren momentan wohl alle zu sehr mit Ellie beschäftigt und damit die Kleinen zu beruhigen. Wir haben gar nicht gemerkt, dass er wohl Sorgen hat.“ Slade lächelte sie an. „Er fühlt sich wohl gerade nicht sehr wohl.“ Sie blickte ihn fragend an. „Na ja, du bist mit Jay und deinem Sohn beschäftigt, Jack gerade mit Ellie oder sonst immer mit Ram. Ich habe Ebony. Salene, Trudy und Ruby kümmern sich um die Kleinen. Und Gel…“ Er seufzte grinsend. Die Anführerin nickte nachdenklich. „Red mal bitte mit ihm. Vielleicht bringt es ja was.“ Slade nickte. Als China und Kyle ins Hotel kamen, wurde gerade das Essen aufgetragen. Die Meisten saßen schon an den Tisch. „Isst du mit uns, Kyle?“ War Trudys Frage als sie die Beiden erblickte. Dieser nickte. Er setzte sich neben Jay an den Tisch, der ihn lächelnd in die Arme nahm. Während dem Essen fiel Kyle auf, dass Jack und Ellie am Tisch fehlten, sagte aber nichts dazu. Als alle fertig waren, stand China selbstverständlich als Erste auf. Kyle blickte sie fragend an. Doch sie reagierte nicht auf seinen fragenden Blick. „Ich bringe den Beiden ihre Portion.“ Mit einem Tablett und zwei Tellern ging sie Treppe hoch. „Warum sind Sie nicht unten?“ „Ellie mag nicht raus“, sagte Mouse zu Kyle. „Aber sie läuft inzwischen schon wieder“, fügte Lottie Mouses Antwort hinzu. Kyle blickte Jay fragend an. „Hat China dir nichts von Ellies Unfall erzählt?“ Er schüttelte den Kopf. „Ellie wurde von Cassie zu dieser Zeitungsagentur eingeladen“, fing Amber an. Ja, das wusste Kyle ja. Er hatte die Einladung ja selber persönlich vorbei gebracht. Aber was hatte das mit einem Unfall zu tun. „Ellie ist die Treppe runter gestürzt in dem Gebäude.“ Entsetzt blickte Kyle Amber an. „Sie ist was?“ Er konnte es gar nicht glauben, was sie ihm da sagte. Aber er sah an den Gesichtern der Anwesenden dass es stimmte. Salene nickte bedrückt. „Sie hat ihr Kind bei dem Sturz verloren“, fügte Ruby hinzu. Kyle blickte die Mall Rats der Reihe nach an. Er war geschockt. „China kümmert sich voll und ganz um Ellie.“, sagte Jay und lächelte Kyle an. Deswegen war China die letzten Tage nicht an der Bank am Waldrand gewesen, sie hatte sich um Ellie gekümmert. Aber warum hatte sie es ihm nicht gesagt? Warum hatte sie nicht gesagt, was Ellie zu gestoßen war? Jay und Kyle hatten sich nach dem Abendessen von der Gruppe abgeseilt und saßen auf der Veranda. „Und du hast seit dem nichts mehr von deinem Bruder gehört?“ Sie redeten mal wieder über Ved und über die Vergangenheit, die sie zusammen erlebt hatten. Jay nickte. „Ved… Ich höre mich immer wieder um. Aber er scheint verschwunden zu sein.“ „Er lebt noch.“ „Wie kommst du darauf?“ „Ich weiß es nicht. Ich glaube es einfach. Was denkst denn du, wie es ihm geht, wo immer er auch ist?“ Jay zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“ „Klar, weißt du das. Du bist sein Bruder. Du hast immer auf ihn aufgepasst.“ Jay blickte Kyle fragend an, lächelte aber schließlich. „Du hast Recht. Ich denke, es geht ihm gut.“ Er lächelte seinen Freund an. „China hat wohl mit ihrer Art auf dich abgefärbt.“ „Ich mag sie sehr.“ Kyle musste lächeln, da er ihr Gesicht vor seinen geschlossenen Augen sah. „Ach was? Wäre mir gar nicht aufgefallen.“, scherzte Jay. „Aber ich denke, es wird noch eine zeit lang dauern, bis sie mir wirklich vertraut.“ „Und gibst du ihr die Zeit?“ Kyle lächelte und nickte Jay zu. „Ich würde ihr sogar noch viel mehr geben als Zeit, wenn sie es möchte und mich auch lässt.“ Die beiden Blonden blickten sich lächelnd an. Der eine wusste, was der andere dachte. „Kyle, mein Freund, du bist verliebt.“, sagte Jay schließlich. Kyle war noch mal ins Hotel gegangen und suchte China. Er wollte sich von ihr verabschieden, denn nach dem Abendessen hatte er sie nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er fand die Blonde in der Küche. „Hey.“ Sie lächelte ihn an, als sie ihn da. „Du bist ja noch da. Ich dachte, du wärst schon zurück in die Stadt.“ „Ich war noch mit Jay auf der Veranda. Wir haben uns ein wenig unterhalten.“ Er stellte sich neben sie und lächelte. „Was machst du?“ Er sah, dass sie Erdbeeren schnippelte, fragte sich aber warum. „Ich mache die Erdbeeren für Morgen früh schon fertig. Mouse mag sie gerne in kleinen Stücken. Und Klein Bray kann man dann gleich einen Brei machen.“ Kyle nickte nur. Er fand es wundervoll, was sie alles für den Tribe tat. Und nun war er auch schon wieder beim Thema Ellie. Warum hatte sie ihm nicht gesagt, was passiert war? Er blickte sie fragend an. „Warum hast du mir das nicht gesagt…“ „Was denn?“ Sie ahnte schon worum es ging. „Ich meine, das von Ellie und ihrem Unfall.“ Er klang nicht vorwurfsvoll, das wollte er auch bestimmt nicht sein. Aber er wollte es einfach gerne wissen. China blickte ihn nicht an, legte das Messer zur Seite, spülte ihre Hände und trocknete sie ab. Erst dann blickte sie ihn an. „Warum ist das wichtig?“ Kyle schmunzelte. „Du hast gesagt, du gibst mir eine Chance. Also gib mir die auch, wenn ich versuchen will, dich zu verstehen.“ Sie wusste, dass er Recht hatte. Es war nur fair. „Gut. Ich habe es dir nicht gesagt, weil ich dich als Kyle kennen lernen will. Das war die Abmachung und nicht als Catz.“ „Was hat das Eine mit dem anderen zu tun?“ China seufzte. „Weil ein Catz an Ellies Unfall schuld hatte.“ Sie wollte es ihm nicht sagen, aber nun hatte sie es doch gesagt, weil er es wollte. „Was?“ Er war überrascht. An ihrem Blick und an ihrer Art, wie sie es sagte, wusste er, dass es kein Scherz ihrerseits war. Sie nickte. „Ellie hat gesagt, dass sie gestoßen wurde.“ Irgendwie tat ihr jedes einzelne Wort was sie sprach weh. Kyle rang regelrecht nach Luft. China trat auf ihn zu und legte ihre Hand auf seinen Arm. „Weißt du nun, warum ich es dir nicht sagen wollte?“ „Wie hieß er, weißt du es?“ „Wer?“ Sie hoffte, er wollte nicht den Namen wissen. „Derjenige, der sie geschubst hat. Weißt du den Namen?“ Sie blickte ihn überrascht an. Warum beharrte er so sehr darauf? Das machte das Verhältnis zwischen ihnen nicht gerade besser. „Kyle…“ Sie wollte nicht mehr darüber reden. Sie seufzte, als sie sah, dass er ihn dennoch wissen wollte. „Ein Nick?“, fragte sie vorsichtig. „Nick?“ Er war überrascht. Aber eigentlich hätte er es sich ja denken können. Nick machte schon immer die Drecksarbeit für Cassie. Aber warum hat sie es tun lassen? Was war ihr Beweggrund? „Kennst du ihn?“, sie stellte die Frage vorsichtig. Sie konnte seine Gesichtsmimik nicht deuten. Kyle blickte die Frau vor sich an. Er musste sich beruhigen. Ihretwegen. Er streichelte ihr über die Wange. „Darf ich dich Morgen wieder sehen?“ China nickte. Ja, sie würde sich sogar sehr darauf freuen. „Okay, dann bist Morgen schöne Frau.“ Er war sauer und wütend. Es tobte in ihm. „Lexi…“ Es war Gel die auf ihn gewartet hatte und nun froh war, ihn zu sehen. Er blickte sie genervt an. „Was willst du?“ „Ich habe auf dich gewartet.“ Sie lächelte ihn an und umarmte ihn. Doch er drückte sie von sich. „Lass das, Gel.“ „Aber Lexi…“ „Ich bin nicht dein Lexi. Ich heiße Lex!“ Damit ließ er sie stehen und ging die Treppe hinauf. Kyle stürmte ohne Anklopfen in das Zimmer der Anführerin der Catz. Diese blickte ihn überrascht an, lächelte aber sofort. „Kyle, mein Lieber, was verschafft mir denn diese Ehre.“ „Lass die Spielchen.“ Er stützte sich mit seinen Armen auf ihren Schreibtisch ab und blickte sie wütend an. „Ich bin gerade nicht in der Laune für deine Spiel, Cassie.“ „Warum so aufgebracht?“ „Was hast du damit bezwecken wollen“? „Mit was denn, mein süßer Kyle?“ Sie streichelte ihm über die Wange. Doch er schlug die Hand von sich weg. „Warum hat Nick Ellie die Treppe runter gestoßen?“ „Du meinst deine kleine Freundin hatte einen Unfall?“ „Meine Freundin?“ „Ja, wegen ihr bist du doch immer so oft bei diesen Mall Rats und nicht mehr bei mir.“ Jetzt verstand Kyle was das Problem von Cassie war. Besser gesagt, eines ihrer vielen. Er wusste ja schon immer, dass sie eifersüchtig war. Aber warum auf Ellie? „Du bist in sie verliebt!“ „Cassie rede nicht so etwas!“ „Bei der Feier von letztens hast du dich doch so intensiv mit ihr unterhalten.“ Kyle fiel wieder ein, von was sie sprach. Von den Mall Rats waren nur Ellie und Amber dabei gewesen. Da musste sie ja schließlich auf Ellie schließen. „Wie konntest du so etwas tun?“ Er war wütend und außer sich. Ellie hatte ihr Kind verloren, wegen dieser krankhaften Eifersucht dieser Frau. „Ich liebe dich, Kyle.“ Als wäre das eine Antwort gewesen. „Cassie, du hast keine Ahnung von Liebe. Du weißt nicht mal was das ist.“ „Das stimmt nicht Kyle. Ich liebe dich.“ „Dann lass mich gefälligst in Ruhe. Lass mir meinen Freiraum.“ „Kyle.“ Er drehte ihr den Rücken zu. „Cassie, ich sag es dir nur einmal. Krieg diese Eifersucht unter Kontrolle oder ich verschwinde.“ Damit verschwand er aus ihrem Zimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)