Alles wird sich ändern von BinaLuna (denn die Zeit bleibt nicht stehen) ================================================================================ Kapitel 76: Auf nach Minkan --------------------------- Alles wird sich ändern Autor: Bina-chan86 Part 76/? Die ganze Nacht hindurch hatte es gestürmt, doch nun ging am Horizont die Sonne auf, die von weißen Schönwetterwolken begleitet wurde. Dana traute dem Frieden nicht so recht, nachdem sie ein paar mal durch ihre Koje gepurzelt war. Alles, was Zack an Überredungskünsten besaß, musste er darauf verwenden sie davon zu überzeugen mit den anderen an Deck zu gehen. Mit beiden Händen umklammerte Dana eine Planke. Zu ihrer Überraschung musste sie jedoch feststellen, dass ihr die frische Luft tatsächlich gut tat. Außerdem schwankte sie auch nicht mehr ganz so arg, wie noch zu Anfang. „Ich kann nicht verstehen, was die Leute dazu bewegt ihr halbes Leben auf einem Schiff zu verbringen“, seufzte sie. „Man muss wohl dafür geboren sein“, vermutete Estela, die als letztes zu dem morgendlichen Treffen stieß. Eravelle blickte sich um. „Wo hast du gesteckt?“ „Ich habe mich mit dem Kapitän unterhalten.“ „Und dich nebenbei daran ergötzt, wie Barilowyn schuften muss“, führte Eravelle den Gedanken zuende. Estela gab sich keine Mühe es zu leugnen. „Ich gebe zu, dass dies auch einer der Gründe war“, gab sie grinsend zur Antwort. „Allerdings war mein Hauptgrund ein anderer.“ Alvar und Mellryn tauschten einen Blick miteinander. Wer‘s glaubt. „Jedenfalls hatte ich gehofft, er könnte mir etwas mehr über Prinz Lysander erzählen“, fuhr Estela ungerührt fort. Dana horchte auf. „Und?“ Bedauernd schüttelte Estela den Kopf. „Das hilft uns genauso wenig weiter, wie die Informationen, die wir bereits besitzen. Es sind dieselben widersprüchlichen Aussagen. Der Kapitän meint, der Prinz wäre ein selbstverliebter Aufschneider. Der Steuermann hingegen sagt sogar, dass er ein schüchterner, nachdenklicher Junge gewesen wäre.“ Sie brummte entnervt. „Pure Zeitverschwendung weiter zu fragen.“ Zack zuckte gelassen mit den Schultern. „Dann finden wir die Wahrheit eben heraus.“ „Wir werden es recht bald herausfinden.“ Aller Augen richteten sich auf Alvar, der den Fluss hinab zum Horizont deutete. In der Ferne wurden Dächer sichtbar. Demnach würden sie Wunrin bald erreichen. Aus dieser Entferung wirkte sie Stadt nicht sonderlich beeindruckend. Das einzig herausstechende war ein hoher Turm an der Südseite. Im Sonnenlicht funkelte er wie Gold. Jules kniff die Augen zusammen und blickte unschlüssig auf die Karte, die er in Händen hielt. Bevor er damals mit Dana, Zack und Lydia Rawena verlassen hatte, war er nur selten auf Reisen gewesen – und schon gar nicht auf so langen Reisen. Dementsprechend ungeübt war er, was die Orientierung anbelangte. „Haben wir uns verlaufen?“, riss ihn eine kindliche Stimme aus seinen Grübeleien. Schnell setzte Jules ein Lächeln auf. „Nein, das haben wir nicht.“ Silivren hatte so lange gebettelt, bis sich Jules schließlich dazu bereit erklärt hatte sie mitzunehmen. Zwar war auch Sania dagegen gewesen, aber nichts konnte die kleine Halbelbin davon abbringen. Sie wusste, dass Dana nicht an dem Ort war, an den sie zu gelangen versuchten, aber sie war der Überzeugung, dass sie dort am ehesten erfahren würde, wie es ihrem Engel ging. Jules riss sich zusammen und konzentrierte sich wieder auf die Karte. Sarna konnte so schwer nicht zu finden sein, immerhin lag es ganz in der Nähe von Cardun, wo sie seinerzeit Alvar begegnet waren. Jules kam es so vor, als wäre das alles schon Jahre her – dabei waren es erst ein paar Monate. Silivren schaute mit ihren großen grün-blauen Augen zu ihm auf. „In welche Richtung müssen wir?“ Jules deutete auf den Weg zu ihrer Linken. „Dort entlang“, entschied er. Wunrin wurde interessanter, wenn man die Stadt erst einmal betreten hatte. Sie war im herkömmlichen Sinne zwar nicht schön, aber abwechslungsreich. In den Straßen und Gassen tummelten sich die Händler und priesen ihre Waren an. „Was für ein heilloses Durcheinander“, staunte Zack. „Das wirkt nur so, wenn man nicht daran gewöhnt ist“, meinte Alvar. „Ich habe einige ähnliche Orte in meinem Leben gesehen.“ Zack sah sich weiter um und bemerkte dabei, dass Dana nicht weniger beeindruckt war, als er selbst. Fasziniert betrachtete die Elbenprinzessin das bunte Warenangebot. Allerdings kam sie selbst zu dem Schluss, dass sie sich das schnellstens abgewöhnen sollte. Immerhin hatte sie nicht vor in Minkan, Aritheas Hauptstadt, einen weltfremden Eindruck erwecken. Zu viel hing davon ab. „Suchen wir uns lieber eine Unterkunft für die Nacht, damit wir morgen früh zeitig aufbrechen können“, entschied Dana. „Wir haben es bald geschafft.“ Geschafft?, fragte sich Alvar im Stillen. Das Schwierigste stand ihnen noch bevor, aber er bewunderte Dana dafür, dass sie sich nichts dergleichen anmerken ließ. Barilowyn versuchte gerade Estela davon zu überzeugen, wie gut ihr dunkelblaue Seide stehen würde. Seit ihrer Ankunft war der Elb wieder gesprächiger geworden. Sehr zu seinem Leidwesen war Estela eher genervt davon und so gab er schließlich auf. Dana schaute zu den beiden und seufzte. „Kommt ihr?“ „Sind schon unterwegs“, entgegnete Estela und zog Wyn am Arm hinter sich her, was dieser hoffnungsvoll als nüchternes Zeichen ihrer Zuneigung wertete. An einem Bach hatten Jules und Silivren eine Pause eingelegt. Großzügig überließ Jules dem Mädchen einen größeren Anteil ihres Proviants. Denn obgleich Sania Silivren liebevoll aufgepäppelt hatte, wirkte diese immer noch recht dünn. „Verzeiht bitte!“ Jules schreckt hoch und war innerhalb von Sekunden auf den Beinen. Als er sich umschaute, stand dort ein etwas verdutzter, junger Mann. „Entschuldigung“, setzte dieser schuldbewusst an. „Es lag nicht in meiner Absicht euch zu erschrecken. Ich wollte nur nach dem Weg fragen.“ Jules entspannte sich ein wenig. Dennoch – die Ereignisse der letzten Monate hatte ihn misstrauisch und schreckhaft gemacht. Aber dieser Fremde wirkte nicht sonderlich bedrohlich. Er war ein Stück kleiner als Jules und hatte ein freundliches, weltgewandtes Lächeln. Lediglich seine haselnussbraunen Augen funkelte ein klein wenig zu übermütig. Jules kamen diese Augen merkwürdig bekannt vor. Der Mann wartete Jules‘ Musterung geduldig ab. „Und?“, fragte er schließlich mit einem Schmunzeln. „Könnt ihr mir helfen, was den Weg anbelangt?“ „Wir wissen selbst nicht, wo wir lang müssen“, mischte sich Silivren in das Gespräch ein und lugte dabei an Jules vorbei. „Silivren!“ Jules wirkte zutiefst verlegen. Er räusperte sich. „Wir wissen, wo wir sind. Zufälligerweise haben wir eine Karte dabei.“ Die Miene des Fremden hellte sich auf. „Dann ist heute mein Glückstag“, lachte er. „Meine Karte ist mir nämlich abhanden gekommen.“ „Hast du dich verlaufen?“, wollte Silvren wissen. Der Mann beugte sich zu ihr hinab und nickte zerknirscht. „Ja, leider“, gab er zu. „Aber du wirst mich doch hoffentlich nicht meinem Schicksal überlassen, junge Dame.“ Silivren kicherte. „Wo willst du denn hin?“ „Nach Sarna.“ „Oh! Da wollen wir auch hin“, sagte Silivren, ehe Jules sie daran hindern konnte. „Dann ist heute in der Tat mein Glückstag“, freute sich der Mann. „Und wer garantiert uns, dass du uns nicht im Schlaf ausraubst?“, gab Jules zu bedenken. Der Blick des Fremden war eine Mischung aus Kränkung und ehrlicher Verlegenheit, sodass Jules seine Worte auf der Stelle leid taten. „Nein, dass könnte ihr natürlich nicht wissen“, sagte der Mann – nun nicht mehr so großspurig. „Ich hätte nachdenken sollen. Tut mir leid. Ihr habt ganz recht dieser Tage misstrauisch zu sein. Kann ich irgendetwas tun, um euch zwei von meiner Ehrlichkeit zu überzeugen?“ „Du könntest uns für den Anfang deinen Namen nennen“, schlug Jules etwas wohlgesonnener vor. „Natürlich.“ Der Mann richtete sich auf und lächelte. „Meine Name ist Jerome. Jerome Chiron.“ „Nun komm schon und zeig dich!“, drängte Eravelle lachend. „Ich weiß nicht so recht...“, murmelte Dana unschlüssig hinter ihrer geschlossenen Zimmertür. Eravelle stemmte die Hände in die Hüfte. „Alle warten nur auf dich. Und ich habe mir solche Mühe gegeben.“ Ein resigniertes Seufzen war zu hören und dann öffnete sich die Tür. Zack schnappte für einen Moment nach Luft. „Du siehst...“ Dana wurde rot. „... albern aus“, führte sie den Satz zuende. „Ich weiß.“ „... wunderschön aus“, korrigierte ihr Ziehbruder sie. Dana sah in der Tat bezaubernd aus. Eravelle hatte ihr am Abend zuvor die Haarspitzen geschnitten und ihr ein Gewand zurechtgelegt, das sie zu dem Treffen mit Prinz Lysander tragen sollte. Die Kleider ähnelten ein wenig denen von Eravelle und entsprachen ganz der Mode der Elben aus vergangenen Zeiten. Dana trug hohe, hellbraune Stiefel mit silbernen Schnallen, eine reisetaugliche Hose und einen taubenblauen, kunstvoll bestickten Umhang, der ihr bis auf die Oberschenkel fiel. Ihre Haare wurden von filigranem Schmuck zurückgehalten. Erstaunt stellte Mellryn fest, dass die Sachen der früheren Reisekleidung der Königsfamilie nicht unähnlich waren. Auch, wenn Dana das peinlich war – sie sah aus, wie eine Herrscherin, fand ihr Bruder. Eravelle wirkte äußerst zufrieden mit sich selbst. Dana fuhr mit den Fingern vorsichtig über den kostbaren Stoff. „Wo hast du die Gewänder eigentlich her?“ „Erinnerungsstücke, könnte man so sagen.“ Eravelle zuckte grinsend mit den Schultern. „Den Umhang musste ich allerdings selbst nähen.“ Mellryn konnte sich daran erinnern, dass Eravelle sich in Sarna des nachts öfter mal davongeschlichen hatte. Immer dann, wenn sie dachte, Mellryn würde es nicht bemerken. „Minkan wird dir zu Füßen liegen“, lachte Eravelle. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Dana scharrte verlegen mit dem Fuß über den Boden. „Außer... danke.“ Eravelle schloss ihre Freundin in die Arme. „Gern geschehen.“ Estela rollte ungeduldig mit den Augen. „Das ist ja alles sehr rührend, aber könnten wir jetzt endlich aufbrechen?“ Dana nickte entschlossen. „Auf nach Minkan!“ End of Part 76 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)