Alles wird sich ändern von BinaLuna (denn die Zeit bleibt nicht stehen) ================================================================================ Kapitel 74: Eravelles Initiative -------------------------------- Author: Bina-chan86 Part 74/? Zack schirmte seine Augen mit der flachen Hand gegen die Helligkeit ab und spähte in die Ferne. „Ich glaube, ich halluziniere schon... ich sehe Schnee, der sich bewegt“, murmelte er skeptisch vor sich hin, während er angestrengt versuchte etwas Genaueres zu erkennen. Eravelle ging grinsend an ihm vorbei. „Nun, da das Fehlen von Bergen mich zu der Annahme führt, dass es sich bei deinem Schnee, der sich bewegt, nicht um eine Lawine handelt, würde ich mal sagen, wir haben Segel vor uns.“ Zwar hatte die Elbin nicht herablassend gesprochen, aber Zack ärgerte sich dennoch darüber, dass sie und ihresgleichen so gute Augen hatten. „Wir sind dem Sabel näher, als ich gedacht hatte.“ Mellryn blickte ebenfalls in die Ferne. Der Weg schlängelte sich dort einen Hügel hinauf und fiel dann steil ab. Eravelle behielt Recht mit ihrer Vermutung. Nicht weit vor ihnen erstreckte sich der mächtige Fluss Sabel, der als eine der beliebtesten Handelsrouten galt. Viele Städte waren regelrecht aufgeblüht. Allerdings gab es auch Schattenseiten. Reichtum zog auch immer zwielichtige Gestalten an und so war in mancher Hafenstadt Vorsicht geboten, wenn es darum ging, wem man vertraute und wem besser nicht. Mellryn stufte den Ort, dem sie sich näherten als mittelschweres Risiko ein. Andererseits fand sich hier immer jemand, der keine Fragen stellte, vorausgesetzt die Bezahlung stimmte. „Es sollte nicht sonderlich schwer sein ein Schiff zu finden.“ „Ja, und vielleicht werden wir ja nicht gleich am ersten Tag ausgeraubt“, brummte Estela. Der lange Marsch hatte sie unleidlich gemacht, wogegen auch Barilowyn mit seinen Aufheiterungsversuchen nichts ausrichten konnte. Dafür hatte er die ein oder andere spitze Bemerkung über sich ergehen lassen müssen. Dana seufzte. „Ein bisschen mehr Zuversicht täte dir ganz gut.“ „Ich bin nur realistisch.“ „Und ich würde es niemandem raten uns an der Nase herumzuführen“, warf Eravelle ein. Aufsehen sollte vermieden werden, aber sie hatte Dana längst als Prinzessin anerkannt und fand, dass man diese auch so behandeln sollte. Dana war das Ganze eher peinlich, obgleich sie wusste, dass die Dunkelhaarige es nur gut mit ihr meinte. „Es wird schon alles gut gehen“, meinte Alvar, der mittlerweile die Führung übernommen hatte, weil die anderen während ihren Diskussionen dazu neigten langsamer zu werden. Ein paar Minuten mehr oder weniger machten wirklich keinen Unterschied, dennoch hatte eine innere Unruhe Alvar gepackt und ließ ihn so schnell nicht wieder los. Am liebsten wäre er sofort umgekehrt – zurück zu Lydia und seinem ungeborenen Kind. Allein der Gedanke daran, den Krieg zu beenden hielt ihn davon ab. Dana war ihre erste realistische Chance dem Ganzen ein Ende zu setzen und das Eledhrim-Ardh wieder aufzubauen. Nein, umkehren war ausgeschlossen. Als der Abend herein brach, hatte sich die kleine Gruppe bereits in einem Gasthaus eingefunden. Nun, vielleicht war Gasthaus ein wenig übertrieben, aber es kam dem recht nahe. Estela setzte sich gerade wieder an ihren Tisch. „Ich habe jemanden gefunden, der bereit ist uns bis nach Wunrin mitzunehmen. Zwar glaube ich, dass der Kerl seine eigene Großmutter verkaufen würde, aber dies ist das einzige Schiff, das innerhalb der nächsten zwei Tage hier ablegt.“ Nach einigem hin und her hatte man sich zuvor darauf geeinigt, Estela das Reden zu überlassen. Sie hatte mit Abstand die wenigsten Skrupel, wenn es darum ging die Leute zu überzeugen und sich Stillschweigen zu erkaufen. Gern hätte Dana Lydia dabei gehabt, welche sonst immer die Verhandlungen übernommen hatte – mit diplomatischem Geschick versteht sich – doch momentan stand eben nur die gerissene Dämonenpriesterin zur Verfügung. Zack hatte noch eingeworfen, dass Estela am besten in eine solche Spelunke hineinpassen würde und somit nicht auffiel, aber das hatte sie überhört. „Morgen früh geht es los“, fuhr Estela fort und lehnte sich dabei zurück. Barilowyn machte Anstalten seinen Arm um ihre Schultern zu legen, aber sie schüttelte ihn mit einer ungeduldigen Bewegung ab. Sie war immer noch sauer. Wyn seufzte bloß und faltete die Hände in seinem Schoß. Zacks Laune hingegen besserte sich ein wenig. „Für heute haben wir Feierabend“, sagte er und winkte den Wirt an ihren Tisch. Mittlerweile hatte Lydia einen guten Weg gefunden in Gedanken bei ihren Freunden zu sein und trotzdem kein Trübsal zu blasen. Doch beginnen wir von vorn... Seithrun hatte schweren Herzens abreisen müssen. Die Geschehnisse in Ithal duldeten keinen Aufschub. Eine weitere Ausbreitung der Krankheit wollte er verhindern und dank Adelines Angebot zu helfen, war er auch zuversichtlich, dass ihm das gelingen würde. Allerdings war dies nicht der einzige Grund. Er bekleidete ein hohes Amt und so erwartete man von ihm, dass er da war. Früh hatte er erkannt, dass es viele Menschen beruhigte, wenn sie wussten, jemand hatte ein Auge auf alles. Der Abschied zwischen ihm und seiner Schwester war distanziert verlaufen, aber immerhin gab es einen Abschied. Nach ihrem Wiedersehen hatte Seithrun nicht geglaubt, dass Lydia überhaupt noch mit ihm reden würde. Welche Rolle Adeline dabei spielte, nämlich die der Initiatorin, ahnte er nicht. Und so ging er vorerst seiner Wege, ohne sich im Klaren darüber zu sein, was er seiner Familie berichten sollte. Meisterin Adeline hatte Lydia wenig später aus dem Haus gescheucht und mit den Kindern auf einen Spaziergang geschickt. Offenbar gehörte Alvars Mutter zu den Menschen, die glaubten, frische Luft könne wahre Wunder bewirken. Erst war Lydia mehr oder weniger lustlos hinter Miliende, Jala und Lanion her gegangen, doch Mili lockte sie aus der Reserve und so blieb Lydia nichts anderes übrig als ein paar Geschichten zum Besten zu geben. Die Sage vom Wintergeist hatte sie gleich zweimal erzählen müssen. Lanion hatte seine Fähigkeit zu sprechen noch immer nicht wiedererlangt, aber möglicherweise hatte er sich gerade deswegen zu Lydias aufmerksamsten Zuhörer entwickelt. Am darauf folgenden Morgen hatte Lydia Papier, Feder und Tinte auf dem Tisch gefunden, an dem sie immer arbeitete. Sie war sich ziemlich sicher, dass dies Lanions Werk war. Und tatsächlich ließ sie die Feder über das Papier gleiten und es war, als würden die Buchstaben zum Leben erwachen. Ihre Geschichte begann mit den Worten „Vor gar nicht allzu langer Zeit lebte in unserem Reich ein Elbenmädchen...“ Eravelle konnte nicht schlafen. Sicherlich, sie würden am nächsten Tag schon früh ihre Reise fortsetzen und all ihre Kräfte brauchen, aber sie tat einfach kein Auge zu. Das Zimmer teilte sie sich diesmal mit Mellryn. Und vielleicht war gerade das ihr Problem. Lydia hatte ihren Alvar und selbst Estela hatte in Barilowyn jemand gefunden, der sie abgöttisch liebte. Und Eravelle? Seit dem Kuss war zwischen ihr und Mellryn nichts mehr passiert. Rein gar nichts. Entweder traute er sich nicht oder er wusste nicht, wie er ihr näher kommen sollte. Eins stand für Eravelle jedoch fest, wenn sie auf eine Reaktion seinerseits warten würde, dann wäre sie am Ende alt und grau. „Ist alles in Ordnung? Kannst du nicht schlafen?“, fragte Mellryn von der anderen Seite des Bettes her. Also liegt es wieder an mir, dachte Eravelle. Es war gut möglich, dass einem von ihnen im Kampf etwas zustieß. Eravelle wollte nichts mehr bereuen. Statt zu antworten beugte sie sich über Mellryn und küsste ihn – erst sanft dann leidenschaftlicher. „Vertrau mir einfach“, flüsterte sie dann so nah an seinem Ohr, dass er eine Gänsehaut bekam. Sie setzte sich auf und knöpfte ihr Hemd auf, bis sie schließlich vollkommen nackt, nur umhüllt vom bleichen Licht des Mondes, vor ihm saß. „Vertrau mir einfach“, wiederholte sie und küsste ihn erneut. „Habt ihr nicht gut geschlafen?“ Beim Aufgang der Sonne hatten sich die Gefährten im Hof versammelt, um von dort aus gemeinsam in Richtung Hafen weiter zu ziehen. Dana schaute fragend zwischen ihrem Bruder und Eravelle hin und her. Derzeit war sie mit ihren Gedanken immer häufiger bei den bevorstehenden Ereignissen, sodass sie manchmal das vergaß, was genau vor ihren Augen war. Erst als sie Estelas süffisantes Grinsen aus den Augewinkeln wahrnahm, begann sie zu begreifen. „Oh... OH!“ Sie wurde ein bisschen rot und räusperte sich dann schnell. „Nun gut, vergessen wir das“, sagte sie mit so viel Autorität, wie sie in diesem Augenblick aufbringen konnte. „Brechen wir endlich auf. Das Schiff wird nicht auf uns warten.“ Eravelle und Mellryn schwiegen sich zu dem Thema aus, was Dana nun doch ein wenig neugierig machte. Aber dafür war nun wirklich nicht der rechte Zeitpunkt. End of Part 74 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)