Der Trank der wahren Gefühle von PinkLady18 ================================================================================ Kapitel 80: 79 "Zuhause" - Kakashis Kapitel ------------------------------------------- Liebe Leser, ich bin zurück aus der langen, langen Pause! Und was soll ich sagen, statt euch hier den Epilog zu bringen, ist ein weiteres Kapitel entstanden, damit aber wirklich das letzte. Der Epilog wäre sonst einfach zu lang geworden, allein dieses Kapitel sprengt bereits die Grenzen... Vor euch befindet sich also Kakashis letztes Kapitel vor seinem Epilog, dem nur noch ein paar Überleitungen und kleine Abänderungen fehlen, dann kann ich diesen ebenfalls hochladen. Warum nur Kakashi? Naja, es hat sich in dieser langen Pause mit vielen Fortsetzungsversuchen einfach herausgestellt, dass ich Kakashis und Sasukes Kapitel nicht gleichzeitig schreiben kann. Das hat schon bei den Kapitel 78 Varianten unheimlich viel Arbeit gemacht aber hier hat es mich völlig blockiert. Wie auch immer, Sasukes letztes Kapitel, sowie sein Epilog werden bald folgen. Jetzt bekommt aber erst einmal Kakashi sein Ende. Viel Spaß beim Lesen! Und wie immer, hier noch ein bisschen Musik: 1) Keri Noble - Simple Things http://www.youtube.com/watch?v=944BdWwPCps 2) Naruto Shippuuden OST 2 - Samidare http://www.youtube.com/watch?v=SQXX3onilCQ Wer es an dieser Stelle gern sehr dramatisch hätte, der wähle bitte dieses Lied: Naruto Shippuuden OST 2 - Maisou http://www.youtube.com/watch?v=LTlb8Z9yUCU (Bei den Trommeln solltet ihr vermutlich aussteigen, da wird es etwas arg...überzogen für diese Stelle. ;) ) 3) Naruto Shippuuden OST 2 - Shirohae http://www.youtube.com/watch?v=yLhZlCpXimI 4) Rastrelli Cello Quartett Piazzolla - Oblivion (Ich habe es schon einmal in einem Kapitel zuvor verwendet aber anders als dort...passt es hier wirklich gut, denke ich.) http://www.youtube.com/watch?v=I26V_CeC2ak Jedes Lied ist mit seiner Zahl im Text gekennzeichnet. --------------------------------------------------------- 1) In den ersten Minuten, als ich noch nicht ganz wach war und erst langsam zu mir kam, in diesen wenigen Sekunden in denen ich meine Umgebung erst noch erkannte, konnte ich alles zuvor Geschehene für ein paar glückselige Momente noch nicht abrufen. Ich betrachtete die Decke und die flackernden Lichtpunkte, die die späte Nachmittagssonne durch die Bäume vor dem Fenster ins Zimmer warf und hatte keine weiteren Anhaltspunkte bis auf das Gefühl, dass dieser Schein so nicht stimmte, dass allein die Tatsache, dass ich hier war, nicht richtig war. Ich ließ meinen Blick schweifen, meine Gedanken wandern und musterte zögerlich den Raum in dem ich mich befand. Die weiße Decke mit den Sonnenflecken, weiße Wände, die hohen Fenster, die spärliche Einrichtung und schließlich die Laken und das schlichte blaue Hemd, das man mir angezogen hatte, waren mir vertraut wie meine eigene Wohnung. Und doch erschien mir dieser helle, stille Raum so steril und fremd wie nie zuvor. Der Nachttisch und das EKG mit Überwachungsmonitor gaben den Anhaltspunkt, den ich ohnehin nicht mehr gebraucht hätte – das hier war das Krankenhaus in Konoha. Der Grund dafür, dass ich hier war, erschloss sich mir jedoch noch nicht und so fühlte ich kurz in mich hinein, suchte nach Verletzungen, nach irgendeinem Anhaltspunkt. Da waren keine Schmerzen, nur ein dumpfes Gefühl von Erschöpfung und Schwere in meinen Gliedern aber dieses selige Unwissen war so viel besser als die Welle der Erinnerungen kurz darauf. Es war ohnehin nur eine Frage der Zeit und schließlich holte mein Bewusstsein schlagartig wieder zur Gegenwart auf und all das, was zuletzt geschehen war, überschwemmte mich mit einer unausweichlichen Endgültigkeit, dass ich das Liegen nicht mehr länger ertrug, gedämpft nach Luft schnappte und mich ruckartig aufsetzte – und feststellte, dass ich nicht allein war. Durch ein paar verirrte, strähnige Haarsträhnen hindurch sah ich Naruto hinter dem Monitor, auf einem der üblichen Gästestühle des Krankenhauses neben meinem Bett an der Wand sitzen, mit einem verpflasterten Wattestück auf seiner rechten Wange und einer sauberen Schlinge, die seinen Arm stützte. Er hatte den Kopf an die Wand gelehnt und blickte aus dem Fenster, so gedankenverloren wie ich ihn selten gesehen hatte. Dass ich wach war bemerkte er nur ein Blinzeln später, unvermittelt schaute er zu mir und sein Gesicht hellte sich auf. „Sakura.“ Er lächelte und rückte mit dem Stuhl zu mir vor, griff nach meiner linken Hand und küsste ihren Rücken. „Du bist wach.“ Sein Anblick war beides zugleich, bizarr und tröstlich. „Hast du Schmerzen? Irgendwas?“ Ich hielt seinen Blick, hielt mich regelrecht daran fest und schüttelte den Kopf. Und er verfolgte das Thema nicht weiter, ganz ohne, dass ich ihn darum bitten musste. Ich war ihm unendlich dankbar dafür. Für einige Momente lang sah er mir nur in die Augen und musterte mein Gesicht, saugte all seine lebendigen, wachen Einzelheiten in sich auf, zumindest tat ich das bei ihm, bevor er meine Hand drückte und aufstand. „Ich hole besser Shizune, sie hat gesagt sie würde gern sofort informiert werden, wenn du wieder aufwachst.“ Die Bilder des Kampfes, von Regen und Blut, strömten noch immer auf mich ein und ich war noch etwas langsam in meiner Reaktion, doch Naruto verharrte als ich seine Hand nicht losließ sondern fest zurück drückte. „Bist…“ Ich bekam nicht gleich beim ersten Mal einen Ton heraus und musste nach einem Räuspern noch einmal ansetzen. „Bist du okay, Naruto?“ Meine Stimme klang matt und krächzend aber er verstand trotzdem. Langsam nickend ließ er sich wieder auf den Stuhl sinken und umschloss meine Hand mit seinen beiden. „Ich bin mehr als okay, Sakura, mach dir keine Sorgen um mich.“ Ich schluckte mehrmals gegen meinen trockenen Hals aber das brachte nicht viel und ich sah mich suchend nach etwas zu trinken um als Naruto mir bereits ein Glas Wasser vom Nachttisch reichte. Ich nahm ein paar tiefe Schlucke und stellte es dann wieder ab. Als ich aufsah, stellte ich fest, dass Naruto mich noch immer eingehend beobachtete. „Wie spät ist es?“ Er antwortete ruhig, routiniert. Fragen, die wir immer stellten, wenn es uns ins Krankenhaus verschlug. „Viertel vor zwei etwa.“ „Seit wann sind wir wieder hier?“, fuhr ich leise fort. „Seit gestern Nachmittag, irgendwann gegen halb vier.“ „Und…“, ich zögerte. „Wie geht es den anderen?“ Wenn jemand wusste, wie mir zumute war, dann war das vermutlich Naruto, denn er stellte keine unnötigen Zwischenfragen und beantwortete mir das Wesentliche, während eine Schwester, so gut gemeint das auch sein mochte, mir solche Informationen wahrscheinlich weitestgehend verschwiegen hätte. Nicht dass sie damit gegen die Regeln verstieß, im Gegenteil, so war der allgemeine Ablauf hier… „Kakashi war für etwa eineinhalb Stunden im OP und liegt noch auf der Intensivstation aber nur zur um sicher zu gehen. Shizune sagt, er wird bereits in ein paar Tagen auf die normale Station verlegt werden, wenn alles läuft wie geplant. Er wird wieder, Sakura. Ich habe quasi jeden Krankenhausmitarbeiter stundenlang genervt, um an diese Auskunft zu kommen, du kannst dich also ehrlich darauf verlassen.“ Er lachte leise und es klang nicht wie früher aber ihm war leichter ums Herz und das war viel wert. „Du kennst die meisten vermutlich persönlich und ich schätze auf deine Kollegen wirst du dich verlassen oder?“ Ich nickte und rang mich zu einem schwachen Lächeln durch. „Na also. So gefällst du mir schon besser.“ „Was ist mit Sasuke?“ Ich hatte keine Zeit gehabt, um ihn mir genauer anzusehen, als ich nicht einmal sicher gewesen war, ob Kakashi noch lebte, und das schlechte Gewissen saß tief. Naruto lehnte sich zurück, griff dabei jedoch erneut nach meiner Hand, so selbstverständlich wie man atmet. Was mir das bedeutete wusste er vielleicht gar nicht, trotzdem zog ich eine Menge Kraft daraus, die ich allein, verloren in diesem ruhigen Zimmer, nicht gehabt hätte. „Sie haben ihn eine ganze Weile gründlich untersucht und nach dem was sie mir gesagt haben, hatte er innere Verletzungen, Quetschungen, Prellungen. Ein paar Verbrennungen waren auch darunter aber den größten Effekt hatte wohl das Gift. Es hat seine Atmung lahmgelegt und bereits innere Schäden angerichtet, was auch immer das genau heißt, ich konnte es nicht verstehen, tut mir leid, Sakura.“ Er zog eine Grimasse. Mir war schlecht. So viele Verletzungen…und ich hatte ihm nicht helfen können. Keinem von ihnen. „Shizune hat es mir hoch und heilig versprochen, sie kriegen auch ihn wieder hin. Aber…keiner hat irgendwas dazu gesagt wie er das Ganze aufgenommen hat.“ Er schwieg einen Moment. „Er ist seit etwa einer Stunde wach aber sie haben mich nicht zu ihm gelassen.“ In der Stille, die sich für einen Moment über uns legte, lehnte er sich wieder etwas vor und strich mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, mit seinem verletzten Arm, gleichgültig ob er die Erlaubnis dazu hatte oder nicht. Die Berührung war flüchtig und sanft und doch verspürte ich plötzlich den Drang, mich davor weg zu ducken – etwas, das nie zuvor vorgekommen war, in all der Zeit die ich ihn kannte. Es ging so schnell wie es über mich gekommen war und Naruto schien davon nichts bemerkt zu haben. „Dieser ganze verdammte Albtraum ist vorbei. Sasuke und du und Kakashi und ich sind lebendig davongekommen, das ist mehr als die meisten von uns wirklich zu hoffen gewagt hatten.“ Dieser ganze verdammte Albtraum ist vorbei… Ich fragte mich, wie lange es dauern würde, bis die Bedeutung dieser Worte tatsächlich bei mir ankommen würde. Noch einmal verharrte seine warme Hand kurz auf meiner linken Wange, ehe er sie langsam zurückzog – und ich war tatsächlich...erleichtert? „Ino war die ganze Zeit hier, geradezu besessen und sie wäre es immer noch, wenn sie nicht von Baa-chan persönlich zu irgendeiner wichtigen Aufgabe gerufen worden wäre, aber ich schwöre dir, sie ist jede halbe Stunde wieder zurückgekommen um nach dir zu sehen und jetzt, wo du wach bist wird sie vermutlich überhaupt nicht mehr gehen, was auch immer Tsunade ihr dafür androht.“ Ich schwieg, lauschte seiner Berichterstattung und konnte doch nicht umhin, ihn dabei genauer zu mustern. Er sah müde aus, hatte dunkle Augenringe, die in der Sonne nicht so sehr auffielen, in seinem vertrauten Gesicht jedoch so fehlplatziert aussahen wie nur irgendetwas. Als er einen kurzen Augenblick verharrte, zwischen zwei Nachrichten und nachdenklich, was er noch erzählen wollte, unterbrach ich ihn gedämpft. „Hast du überhaupt etwas geschlafen, Naruto?“ Er wirkte überrascht und zuckte dann mit den Schultern, was ihm eine kurze Grimasse entlockte, weil er den Arm viel zu sehr beanspruchte. Außerdem hatte er meine Hand losgelassen. Das fühlte sich schlecht an. „Ein paar Stunden.“, war seine vage Antwort und ich war sicher, dass er damit übertrieb. „Ich hab mir Sorgen gemacht.“, sagte er dann, als ob das alles erklärte – und das tat es. Ich hätte nichts anderes getan. Er fuhr sich durch die Haare – erschöpft und bemüht es nicht so aussehen zu lassen. „Wir haben alle Zeit der Welt um Schlaf nachzuholen.“ Wenn wir so viel Zeit hätten und damit alles wieder vergessen könnten…aber was nützte es, diesem Gedanken nachzuhängen. Dafür reichte die Zeit nicht. „Sakura.“ Ich blickte von der Bettdecke und ihrem feinen, karierten Einheitsmuster auf. Seine Stimme wurde nüchterner. „Deine Eltern sind hier. Bereits seit Wochen.“ Meine Brust wurde plötzlich enger, war enger geworden, ich wusste es nicht mehr. „Wirklich? Ich…“ Der Gedanke, was sie durchgemacht haben mussten, allein in der langen Zeit in der ich nach Itachi gesucht hatte, traf mich tief und ich verstand, warum Naruto erst jetzt davon sprach, so behutsam wie mit einem kleinen Kind. Sie hatten nicht einmal ahnen können, was hier geschehen war. Und nun war ich zurück, wir alle, gerade so mit dem Leben davon gekommen von einer Mission, auf die ich weder mich noch sie hatte vorbereiten können. Ich schluckte. Wie lange hatte ich meine Mutter nicht mehr gesehen? Meinem Vater versichert, dass er sich nicht mehr Sorgen als sonst auch machen musste? Wann hatte ich zuletzt mit ihnen gesprochen? „Was hat man ihnen gesagt?“ Ich zwang mich die Hände nicht in die Decke zu krallen. „Wissen sie…?“ Er unterbrach mich ruhig. „Soweit ich weiß hat Tsunade sich persönlich darum gekümmert und bemüht, sie so gut wie möglich auf Resultate vorzubereiten.“ Seine Worte waren so gewählt, sie klangen wie geprobt. „Natürlich waren sie außer sich vor Sorge aber Sakura…“ Er beugte sich etwas herab und lehnte sich vor um meinen Blick abzufangen. Verunsichert tat ich ihm den Gefallen. „Es ist nicht deine Schuld. Mit der Zeit werden sie es verstehen, da bin ich mir sicher.“ War ich nicht diejenige, die einfach unerlaubt das Dorf verlassen hatte, als ich noch geglaubt hatte, dass Kakashi tot war? Die alle anderen einfach hinter sich gelassen hatte, ohne einen Gedanken an die Konsequenzen? Ich schüttelte meinen Kopf und rieb mir über die Stirn. Nach einer kurzen Pause hörte ich Naruto erneut reden. „Sie sind seit gestern nicht von deinem Bett gewichen und sie wären es auch jetzt nicht, wenn…“ Dieses Mal wartete ich vergebens darauf, dass er weitersprach. Ich sah unter der Hand vor und ließ sie sinken. Er zog einen Mundwinkel zu etwas in die Höhe, das aussah wie das verschmierte Lächeln einer Zeichnung. „Tsunade hat viel mit ihnen besprochen, ihnen die Situation erklärt und sie in nahezu alles eingeweiht, was gestern passiert ist. Und schließlich konnte sie sie davon überzeugen, dass so wenige Leute wie möglich in deiner Nähe sein sollten, sobald du aufwachst.“ Nicht einmal meine Eltern? Ich presste die Lippen zusammen und wandte mich ab, doch er hielt mich mit einer Hand um meinen rechten Arm zurück. „Verstehst du, sie wollte nicht, dass du gleich mit ihren Fragen und Sorgen überhäuft wirst. Sie sind deine Eltern, viel mehr Gefühle können nicht auf einmal auf dich einströmen als bei ihnen.“ Ich war geneigt, das zu bestreiten, allein sein Anblick hatte schon vieles ausgelöst, aber das war schließlich auch der Grund dafür, dass ich seine Argumente verstand. Meine Eltern zu sehen war eine unheimlich tröstende Vorstellung – aber auch eine, vor der ich mich fürchtete. Wie konnte ich all das erklären, was ich selbst noch nicht verstand? Das so abwegige verständlich machen? „Sie sind im Moment in Shizunes Büro und warten dort auf Neuigkeiten. Sie werden mich umbringen, wenn sie rausfinden, dass ich nicht sofort Shizune geholt habe.“, ergänzte Naruto leise, nahezu flehend, und ich drehte mich wieder vollends zu ihm, sah ihm einen langen Moment in die bittenden Augen, bevor ich langsam nickte und einen kurzen bedeutungsvollen Blick auf seine Hand warf, die immer noch auf meinem Arm lag. Er realisierte es im selben Moment und zog sie fort, doch etwas anderes machte mich stutzig. Ein Verband, fast komplett von meinem Handgelenk bis zu meinem Ellenbogen gebunden, versteckt unter den langen, zu weiten Ärmeln des Krankenhaushemdes. „Was ist das?“ Naruto, der Anstalten gemacht hatte aufzustehen, verharrte und folgte meinem Blick darauf. „Ich habe mich nicht am Arm verletzt…“, sagte ich langsam und fuhr mit einer Hand über den Verband. Meine Hände waren sauber, doch unter meinen Nägeln und hier und da auf meinen Armen konnte ich noch Spuren von Blut und Dreck erkennen. Meine Haare waren ebenfalls nur notdürftig gereinigt worden, manche Strähnen waren geradezu vom Schlamm verkrustet. Der Verband jedoch hob sich in seinem sauberen Weiß scharf davon ab. Ich strich weiter daran entlang, versucht mit Chakra herauszufinden, warum ich ihn trug. Unvermittelt legte sich Narutos Hand noch einmal über meine und ich sah auf. „Doch. Das hast du. Shizune wird sich das sicher nochmal ansehen wollen, also…lass es so wie es ist, okay?“ Ich sah verwirrt zwischen seinen so strahlend blauen Augen hin und her. Er setzte zur Erklärung an: „Als ich dich zurück getragen habe, hast du geschlafen, richtig?“ „Ino hat mich getragen.“, unterbrach ich ihn stirnrunzelnd. Er schüttelte ungeduldig den Kopf. „Ja, aber du erinnerst dich doch sicher daran, dass ich gesagt habe, ich würde dich tragen, sobald die anderen sich nicht mehr groß darum kümmern würden, oder?“ Daran konnte ich mich erinnern. Ich nickte zaghaft. „Ich habe dich ihr etwa auf halber Strecke abgenommen. Und wie soll ich sagen… leider war ich nicht ganz so sicher auf den Beinen, wie ich angenommen hatte. Oder eher mein Arm war es nicht.“, sagte er dann, ganz offen, und rieb sich mit der freien Hand den Nacken. „Wir sind ein kleines bisschen…dichter an den Boden rangekommen als nötig und…naja. Danach durfte ich dich nicht mehr tragen und dein Arm…es tut mir leid, Sakura.“ Er klang bedauernd und zerknirscht und doch…Naruto, der niemals Blickkontakt scheute…war er meinem Blick gerade ausgewichen? Ein Blinzeln später sah ich wieder in dieselben aufrichtigen, um Entschuldigung bittenden Augen und ich nickte und runzelte die Stirn. „Du hättest mich nicht tragen sollen, Naruto. Das kann deinem Arm wirklich nicht gut getan haben.“ Der Schatten seines alten Lächelns erschien auf seinen Lippen und er zuckte mit einer Achsel, dieses Mal nur mit der einen, als wäre das keine große Sache gewesen. „Es war mir wichtig und der Arm hat schon überhaupt nicht mehr geschmerzt, das war mehr ein Kratzer als etwas wirklich Gefährliches. Und Ino hätte sowieso den ganzen Heimweg über nur gemeckert, wenn ich sie dich weiterhin hätte tragen lassen.“ Ino hatte mich bereitwillig getragen, da war ich mir absolut sicher, und seine Erleichterung über meine simple Besorgnis für seinen Arm statt Ärger darüber das er meinem Arm ein paar Schrammen verpasst hatte erschien mir übertrieben groß aber wahrscheinlich waren wir alle nach dieser Erfahrung emotional ziemlich überreizt. „Okay…vielleicht hast du Recht.“, erwiderte ich um diese leichtere Stimmung zu halten, doch das war gar nicht nötig, denn Naruto schien mehr und mehr seiner alten Heiterkeit wieder zu erlangen. „Ich sollte jetzt wirklich Shizune holen, wahrscheinlich hätte sie längst irgendwelche Werte von dir aufschreiben müssen und deinen Blutdruck messen müssen und wer weiß was nicht sonst noch alles…“ Er stand auf und schenkte mir ein weiteres Lächeln, plötzlich entschlossen zu gehen, und kam bis zur Tür, ehe er dort noch einmal stehen blieb um über seine Schulter zu blicken. „Ich habe dich vermisst, Sakura-chan.“ Der alte Kosename weckte Erinnerungen, die mich plötzlich unheimlich wehmütig machten. Ich schluckte und musste die Worte über meine Lippen zwingen. „Ich dich auch, Naruto.“, wisperte ich leise zurück und legte meine linke Hand auf den Verband. Hinter ihm fiel die Tür mit einem gedämpften Klicken ins Schloss. --- (Dramatische Alternative Musik: Maisou --> ansonsten weiter unten Samidare) Ich hatte gewusst, was nach all diesen Wochen und Kämpfen und Jutsus kommen würde, es hätte keine Überraschungen geben sollen, was die Untersuchungen betraf und doch…kam es anders. Als Shizune Minuten später in mein Zimmer kam war sie so freundlich und verständnisvoll wie immer, vielleicht sogar noch eine Spur mehr, wenn das überhaupt möglich war. Doch sie war nicht allein gekommen, nur ein paar weitere Minuten später, in denen sie sich tatsächlich sehr gründlich meine Werte ansah, folgte ihr die Hokage persönlich und sie schloss die Tür hinter sich, als ob sie damit die ganze Welt ausschließen wollte. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt zu fragen, ob ich vor all den Untersuchungen zumindest Sasuke und Kakashi, Ino, meine Eltern sehen durfte, doch diese Frage erübrigte sich von selbst, als ich Tsunades Gesicht sah. Sie war talentiert darin ihre Miene neutral zu halten, ein Pokerface hätte ihr jedoch niemals jemand nachgesagt, der einmal gegen sie gespielt hatte. Jahrelanges Training unter ihr hatte mir viele Einblicke in verschiedenste Momente ihres Lebens verschafft, ich kannte einige ihrer Ausdrücke und vor allem kannte ich die, die sie trug wenn sie schlechte Nachrichten zu überbringen hatte, die ihr selbst nahe gingen. Bei diesem Anblick richtete ich mich auf und sah zu wie sie mit forschen Schritten bis an mein Bett kam, so als wollte sie demonstrieren, dass alles gar nicht so schlimm war, wenn man es sich nur nicht anmerken ließ. Als sie mir das erste Mal in die Augen sah, drückte sie meine Hand und lächelte aber es war kein reines, glückliches, entlastetes Lächeln, es war überschattet von ihrer Neuigkeit. „Sakura. Ihr habt mich beinah umgebracht mit euren Alleingängen.“ Es war ihre Art als Hokage, als stärkste Frau, als stärkster Ninja des Dorfes, ihre Sorge und Erleichterung zu zeigen. Einige Sekunden lang ließ sie ihren Blick über mich schweifen und nickte dann langsam. „Gut. Du siehst nicht mehr so blass aus.“ Sie drehte den Kopf zu Shizune, die neben dem EKG stand, dessen Ton immerhin abgeschaltet war. „Wie sind Sakuras Werte jetzt?“ Shizune sah von ihrem Klemmbrett auf und lächelte, freundlich, nett. Unverfänglich. „Gut. Alles im normalen Bereich, Sakura.“ Sie nickte mir ermutigend zu und ich erwiderte ihren Blick und konnte mich doch bei all diesen Vermutungen nicht zu einem Lächeln durchringen. Ich musste es wissen, was auch immer nicht stimmte. „Was ist los, Shishou?“ Als ich tatsächlich sprach, klang meine Stimme fester als gehofft und Tsunade sah nicht etwa überrascht oder verständnislos zu mir, stattdessen schien mir das Runzeln ihrer Augenbrauen viel mehr Zeichen dafür zu sein, dass sie gehofft hatte das Unausweichliche noch etwas länger vor sich herschieben zu können. Eine Eigenschaft die ihr eher selten zugeschrieben wurde aber für die Menschen, die ihr nahe standen, galt diese Ausnahme durchweg. „Wie fühlst du dich heute, Sakura?“, kam es nachdenklich und ernst von ihr zurück. Ich zuckte mit einer Schulter. „Müde. Erschöpft. Aber ansonsten unversehrt.“, erwiderte ich dann, möglichst nicht zu teilnahmslos, auch wenn ich mich fühlte, als läge seit dem Tag zuvor ein Schatten auf mir, den ich nicht wieder loswerden konnte. Auch wenn dieser Schatten vermutlich schon nistete seit ich Itachi vor Monaten erstmals allein begegnet war. Ich sah einmal von ihr zu Shizune und wieder zurück, atmete. Dann hob ich meinen rechten Unterarm, den bandagierten. Ich legte meine freie Hand auf den Verband. „Was ist das hier, Tsunade? Was stimmt nicht?“ Sie hatte sich offenbar weitestgehend gefasst und natürlich bereits Zeit gehabt, sich auf diesen Moment vorzubereiten, denn sie scheute nicht mehr zurück und auch Shizune neigte ernst den Kopf, offensichtlich darauf vorbereitet ihr bei der Erklärung beizustehen. Ich sprach in die kurze Stille hinein, die dennoch einen Moment vorherrschte. „Naruto ist nicht mir auf dem Rücken gestürzt oder?“ Es war so leise in diesem Raum, steril und nahezu völlig geräuschlos, selbst die Vögel wurden von dem Fenster fast komplett verschluckt. „Nein. Ihr seid nicht gestürzt.“ Ich nickte. „Das dachte ich mir.“ Dieses Mal klang es tonlos. „Er hat dich nicht getragen. Ino hatte glücklicherweise genug Sinn und Verstand die anderen auf seinen Zustand aufmerksam zu machen und es ihm konsequent verweigert.“ Es hätte mich nicht überraschen sollen, ich hatte von Anfang an nicht geglaubt, dass Naruto mit mir gestolpert war. Aber warum hatte er es dann behauptet? Ich musterte Tsunade, versuchte die Puzzleteile zusammenzulegen – und scheiterte. Sie stand noch immer vor mir, verschränkte nun die Arme vor der Brust und musterte meinen Verband. Dann nickte sie Shizune zu und bedeutete ihr, ihn abzunehmen. 2) „Als ihr gestern hier ankamt haben wir jeden von euch erstbehandelt und dann gründlicher durchgecheckt. Insgesamt hast du relativ wenig abbekommen, körperlich gesehen, und wir konnten dich schnell in dieses Zimmer verlegen.“ Ich hing an ihren Lippen und sah nur ab und zu nach wie weit Shizune mit dem Abwickeln war. Ich kannte diese Prozedur, hatte sie selbst bereits ziemlich zu Beginn meiner Ausbildung als Medic-Nin kennengelernt, tatsächlich war es gleich eine der ersten Lektionen gewesen, die man mir sehr genau beigebracht hatte. Für eine beunruhigende, schockierende Nachricht geht man behutsam vor, man bedient sich der langsamen Hinführung durch Erklärung einiger Details. Damit war die Einleitung beendet. Jetzt kam die eigentliche Nachricht, die niemand angenehmer, leichter machen kann. Wie sehr man auch darum herumredet. „Ino hat bei dir gesessen und Naruto war ebenfalls da, als sich etwas verändert hat.“ Shizune war beinahe fertig und doch schien es mir, als würde sie immer langsamer werden. „Sie haben ein Zeichen auf deinem Arm entdeckt.“ Ein Zeichen? Als sie meinen verwirrten, völlig unkontrollierten und sicher verletzlichen Gesichtsausdruck sah, seufzte sie schwer und gab ihre verschränkten Arme auf. Ich beobachtete ihre Körpersprache so aufmerksam, dass es meine eigene Unruhe nur verstärkte, seltsam bewusst für das, was außerhalb meines Körpers vorging und wie benebelt für mich selbst. Tsunade rieb sich flüchtig über die Stirn, bevor sie mir wieder in die Augen sah. „Wir haben noch nicht genug Ergebnisse um es mit Sicherheit zu sagen aber wir sind uns ziemlich sicher, dass Itachis Besiegelung Folgen bei dir hinterlassen hat.“ „Was?“ Ich sprach unvermittelt, ohne Nachzudenken und es klang tatsächlich ungläubig. Die Stille im Raum schien noch tiefer geworden sein, ich konnte meinen steigenden Herzschlag in der Brust spüren. Aber hatte ich es nicht geahnt? Tsunade setzte zur Erklärung an und Shizune warf mir einen mitfühlenden Blick zu aber das war mir kaum bewusst. Dass sie den Verband vollends abgewickelt hatte, schon. „Welche Folgen?“, fragte ich leise, mit dem Blick überall, abgesehen von meinem Arm. Doch Tsunade schwieg und nickte genau dorthin und ich hatte keine andere Wahl als nach einem langen Blick in ihre betrübten Augen ihrem Deut zu folgen. Zuerst konnte ich nichts entdecken und in meiner Unruhe erschien mir das als erschreckender als eine tatsächliche Entdeckung. Die obere Hälfte meines Arms war völlig unauffällig also drehte ich ihn, nach Sekunden die sich länger anfühlten als Minuten. Und diese Seite war nicht unauffällig. Das Blut rauschte unvermittelt in meinen Ohren und dämpfte mein wiederholtes, scharfes Einatmen, für einige lange Momente blendete es alle anderen Geräusche aus und ich fühlte mich benommen und schwindlig. Dann konnte ich Tsunades Stimme wieder hören. „Es ist ein Fluchmal, ähnlich wie damals bei Sasuke.“ Schwarze Linien wie mit Tinte gezogen hoben sich in starkem Kontrast von meiner Hautfarbe ab und zogen sich in grotesken Formen über meinen inneren Arm, nahezu direkt vom Handgelenk bis zur Arminnenbeuge. Ich starrte darauf aber ich nahm nicht mehr wahr, meine Gedanken rasten. „Er hat eure Verbindung nicht willentlich getrennt, richtig Sakura?“ Ich sah auf. Tsunade selbst war ungewöhnlich betroffen und einfühlsam. Ich schüttelte wie betäubt den Kopf. „Dieses Jutsu ist so gut wie überhaupt nicht erforscht. Was es auslöst, wenn die Verbindung gewaltsam getrennt wird, weil einer der beiden Verbundenen stirbt, ist uns genauso wenig bekannt wie alles andere was darunter möglich oder nicht möglich ist.“ Sowohl Tsunade als auch Shizune waren es seit vielen Jahren gewohnt diesen Job zu machen, Diagnosen zu geben, Erklärungen wo es keine gab. Normalerweise hatten sie eine solche Routine darin, dass man ihnen kaum anmerkte, wie nah ihnen so vieles selbst ging. Es ist nötig sich diesen Schutzmantel anzueignen, ohne ihn geht man mit den Patienten über die Jahre zugrunde. Aber dieses Mal trugen sie keine Masken, sie ließen mich direkt teilhaben an ihrer immer noch frischen Erschütterung und hätte ich einen Spiegel vor mir gehabt, so hätte mein Abbild vermutlich genauso ausgesehen. Nur noch viel unvorbereiteter. Immer noch ohne Kontrolle. Ich senkte erschlagen den Kopf. Ich hatte mit so vielem gerechnet aber nicht damit. „Sakura…“ Shizunes Hand legte sich auf meine Schulter aber ich konnte noch nicht wieder aufsehen und starrte wie hypnotisiert auf die unnatürlichen Linien des Fluchmals auf meiner Haut. Ich war direkt hier und doch meilenwert entfernt. Bis ich plötzlich einen Gedanken festhalten konnte, einen furchtbaren panischen Moment. Ich riss den Kopf hoch. „Itachi ist aber dennoch…er bleibt doch…?“ Tsunade, wie ein Fels in der Brandung, hielt meinen Blick und nickte. „Er bleibt es. Er kommt nicht zurück. Kein Jutsu der Welt kann ihn zurückholen.“ Und damit war vermutlich alles gesagt. Es ist seltsam aber…ich fühlte mich trotzdem nicht besser. --- Obwohl Shizune und Tsunade meine Eltern vorerst noch nicht zu mir gelassen hatten um meine Orientierung einfacher zu machen, konnten sie sie doch noch am gleichen Tag nicht mehr davon abhalten, zu mir zu kommen, nachdem sie mich über…meinen Arm aufgeklärt hatten. Es hätte sicher kaum einen schlechteren Zeitpunkt für unser Wiedersehen geben können, ich war wie betäubt und alles, was ich mir mit etwas mehr Zeit zurechtlegen hätte können, alles was ich ihnen hätte sagen wollen um zumindest eine Erklärung, eine Entschuldigung zu versuchen, war weit weg und kam mir nicht in den Sinn. Sie waren am Boden zerstört, das konnte ich ihnen ansehen und das nicht nur, weil ich sie so gut kannte. Meine Mutter, immer zurechtgemacht und hergerichtet, sah zu dünn für ihren Rock und ihre Bluse aus. Die Bluse war tadellos gebügelt, hatte nicht eine Falte zu viel aber meine Mutter schien plötzlich um mehrere Jahre gealtert. Sie und mein Vater hatten die Nacht hier verbracht und aus ihren achtlos hochgesteckten Haaren waren ein paar Strähnen gefallen, die sie nicht zu bemerken schien. Mein Vater hatte tiefe Augenringe und war blasser als ich ihn in Erinnerung gehabt hatte, ein Dreitagebart schimmerte auf seinen Wangen und war mit mehr Silber durchzogen als zuvor. Wochen in Sorge um ihr einziges Kind, ohne Nachricht, ohne Gewissheit. Bei meinem Anblick schien von beiden ein unheimlich schweres Gewicht zu fallen, da war kein Anflug eines Zögerns als sie zu meinem Bett hasteten und mich fest an sich drückten, während mein Vater die Arme um uns beide legte, als ob er nicht glauben konnte, dass er wach war. Was hatte ich ihnen angetan? Sie machten mir keine Vorwürfe und noch viel schlimmer, sie waren verständnisvoll, sagten, sie hätten seit meinem 12. Lebensjahr mit dieser Sorge gelebt und doch wusste ich, sie wären beinah daran zugrunde gegangen, nicht zu wissen, was mit mir passiert war. Sie waren die ganze Zeit nicht von Shizunes und Tsunades Seite gewichen und hatten doch nie wirklich gute Neuigkeiten bekommen. Nicht einmal ein Lebenszeichen. Ich war unendlich erschöpft, zerfressen von Schuldgefühlen, als sie schließlich äußerst unwillig zu einem Gespräch mit Shizune gerufen wurden – sicher um noch bessere Nachrichten, nämlich die über meinen Arm zu hören – und konnte es kaum ertragen, wie meine Mutter mich angesehen hatte. So als ob ich jeden Moment wieder verschwinden könnte, wenn sie mich nicht dicht an ihrer Seite und im Auge behielt. Ich lag auf meinem Bett, erschlagen und tief in Gedanken, als sich die Tür erneut öffnete. Ich drehte müde den Kopf. „Hallo Sonnenschein.“ Sie klang ungewöhnlich verhalten und verharrte noch im Türrahmen, unterzog mich erst einmal einer gründlichen Musterung. In ihrer Hand hielt sie eine Reisetasche, in der ich stark ein paar Wechselklamotten für mich vermutete. Wider Erwarten schlich sich ein mattes Lächeln auf meine Lippen. „Ino.“ Sie war nicht unnötig sentimental, tatsächlich wusch und kämmte sie mir die Haare, flocht sie zu einem losen Zopf und half, meine Arme und Beine von dem restlichen Schmutz zu säubern, ohne dabei den frisch von Shizune gewechselten Verband nass zu machen. Dabei umschiffte sie alle Themen, die gefährlich waren, so talentiert, dass zwar nicht mehr viel zum Reden übrig blieb, ich jedoch das erste Mal seit Tagen in der Lage war, etwas von dieser immer zugrunde liegenden Anspannung loszulassen, für ein paar süße Minuten zu verdrängen, was geduldig auf mich warten würde. Bis sie mit einem zutiefst nachdenklichen Blick meinen Verband musterte und eine gelöste Stelle sanft wieder verklebte. Aber auch dann zwang ich mich, zu verdrängen, wegzuschieben, bis ich mich damit auseinandersetzen konnte. Die beinah leichte Stimmung war verschwunden aber das wäre sie ohnehin, als Ino auf meine Bitte hin etwas mehr zu den medizinischen Details der anderen erzählte, die Naruto mir nicht hatte wiedergeben können. Sie wusste auch, warum er nicht zu mir zurückgekehrt war, offenbar hatte sich eine der Schwestern durchgesetzt und ihn gezwungen Schlaf nachzuholen. Das waren gute Nachrichten, von selbst hätte er die ganze Nacht nach uns dreien gesehen und sich nicht im Geringsten um sich selbst geschert. „Sakura.“ „Hm?“ Ino lächelte und auch bei ihr stellte ich fest, dass sie einige Stunden Schlaf bitter nötig hatte. „Du siehst erschöpft aus.“ Ich nickte und rieb mir über die Stirn. „Das kann ich nur zurückgeben.“ Sie griff nach meiner Hand und ich stockte und sah wieder auf. „Ich wusste, dass du zurückkommen würdest. Wirklich. Aber wenn du es nicht wärst… gut, dass du am Leben bist, Breitstirn. Im Ernst.“ Ich verharrte einen Moment und suchte ihre so strahlend blauen Augen ab, die dieses Mal etwas trüber aussahen, dann drückte ich ihre Hand zurück und hielt ihren Blick. „Ich bin dir für immer dankbar, Ino, für alles. Das weißt du doch?“ Sie nickte und wischte sich verstohlen über einen Augenwinkel und stand auf und räumte ein paar Sachen aus, die sie mir wie vermutet von Zuhause gebracht hatte, dann drückte sie mich, lange und fest. Aber schließlich gab es nichts mehr für sie zu tun und sie konnte auch keine weiteren Gründe mehr erfinden, weshalb sie noch bleiben musste und so verließ sie das Krankenhaus um sich selbst etwas auszuruhen. Und als sie ging, tröpfelte das schmale Lächeln von meinem Gesicht und ich blieb zurück, auf einmal wieder betäubt, erschlagen und allein mit meinen Gedanken. --- Am Abend schlug das Wetter um und die früh untergehende Sonne wich dichten Wolken und einem leichten Nieselregen. Obwohl ich so viel geschlafen hatte, war ich müde und erschöpft, ein bisschen wie in Watte gepackt aber zu ruhelos um wieder in den Schlaf zu finden. Ich versuchte zu essen – ich kannte meine Verfassung – aber ich konnte es nicht über mich bringen und ließ das Tablett letztlich doch nahezu unberührt zurückgehen. Ich hatte mein Chakra zuvor nahezu komplett aufgebraucht und das zeigte sich jetzt, mein Körper funktionierte nur zum Minimum und doch war das Liegen und Warten unerträglich. Ich hatte eine ganze Weile einfach nur da gelegen und versucht, zu verarbeiten was geschehen war, was immer noch geschah. Gedankenkreise ohne Erklärung, ohne Lösung, ohne Plan waren die Folge gewesen. Aber dann fand ich einen neuen Anhaltspunkt. Kakashi. Und Sasuke. Nicht mehr ganz so konfus und benebelt drang der Wunsch sie zu sehen zurück in den Vordergrund und schließlich wurde er größer als die geschundene Schwäche meines Körpers. Ich öffnete die Türen meines Schranks und fand einige Shirts und Hosen, Unterwäsche, Strickjacken, alle fein säuberlich von Ino gelegt. Weil meine Eltern vermutlich seit meiner Rückkehr nicht mehr das Krankenhaus verlassen hatten. Ich schüttelte den Kopf. Allein der Gedanke, dieses bedeutungsschwere Krankenhaushemd loszuwerden, war bereits eine Erleichterung und so streifte ich es über den Kopf und suchte mir möglichst weite und warme Sachen heraus, die zumindest ansatzweise das Gefühl von Normalität, von meinem alten Leben wiederherstellten. Wenn auch nur äußerlich. Es musste ungefähr sieben sein als ich fertig war, vielleicht etwas früher, und das Krankenhaus war nicht mehr so rege besucht wie zu den Hauptbesuchszeiten. Als ich die Tür meines Zimmers öffnete war der Gang davor vollkommen leer bis auf eine ältere Patientin mit einer Freundin, die zu ihrem Zimmer zurück kehrten. Naruto hatte gesagt, dass Kakashi auf der Intensivstation lag, Sasukes Station hatte er jedoch nicht erwähnt und ich war zu überfordert gewesen um direkt danach zu fragen. Zuerst würde ich also zu Kakashi gehen, danach herausfinden, wo Sasuke untergebracht war. Ich befand mich in einem Teil der Station, der vor dem Schwesternzimmer lag, und konnte demnach unbemerkt zu den Aufzügen gelangen und ein paar Stockwerke höher fahren, bis ich durch eine Reihe von Gängen gehen musste, um zur Intensivstation zu gelangen. Es brauchte nur wenige Meter, ehe ich bereits so erschöpft war, dass ich mich in einen der Stühle setzen musste, die für bewegliche Patienten und ihre Besucher gedacht waren. Ich konnte von hier nach Draußen sehen und das Grau der drückenden Wolken lag wie ein großer Schatten über Konoha. Das erste Mal seit langer Zeit, konnte ich es wieder sehen und es fühlte sich vertraut an, unverändert. Ich dagegen fühlte mich plötzlich wie eine andere, fremd und hier nicht willkommen. Ein paar Tropfen perlten an der Fensterscheibe herab und verwischten dabei das Bild des Dorfes bis alles hinter einem dichten, flüssigen Vorhang verschwamm und ich betrachtete stattdessen die weiße Wand mir gegenüber, gedankenverloren. Bis zur Intensivstation war es nicht mehr weit. [style type="italic"]Kakashi[/style] war nicht weit von hier. Das letzte Bild, das ich von ihm hatte, schien plötzlich nicht mehr zu allem anderen zu passen, es ließ sich nicht recht mit allem anderen verknüpfen, mit dem Blut und der Angst. Er hatte gelächelt, die Augen geschlossen und erleichtert gelächelt. In all dem Chaos um uns herum, inmitten von Leid und Schmerz und furchtbaren Dingen, die allesamt mit Itachi verknüpft waren und die ich so weit wie möglich von mir weggeschoben hatte. Er lebte. Naruto lebte, Sasuke lebte, ich hatte keinen von ihnen verloren. Es klang immer noch unmöglich. Mit einem leisen Seufzen blickte ich zurück zum Gang und drückte mich aus dem Stuhl, mühsam, langsam aber Schritt für Schritt machte ich mich wieder auf den Weg. Ich musste jeden von ihnen mit eigenen Augen sehen. Wieder und wieder, damit ich es glauben konnte. Die Intensivstation war völlig menschenleer, bis auf die Stationsschwester, Tayanaka-san. Ich vermutete ihre Kolleginnen verteilt bei den Patienten, sie jedoch hatte mich durch die große Fensterschreibe, die ihren Arbeitsplatz vom Flur trennte, längst entdeckt und verließ ihr Zimmer mit raschen Schritten um mich genauer in Augenschein zu nehmen. Sie konnte sehen, wie erschöpft ich war, nicht dass das groß zu übersehen gewesen wäre, und doch zog sie ihre hilfsbereit ausgestreckten Hände zurück als ich sachte den Kopf schüttelte. Sie schürzte die Lippen und auf ihrer Stirn bildete sich eine schmale Falte der Missbilligung aber bevor sie etwas sagen konnte, kam ich ihr zuvor. „Kann ich Kakashi sehen? Nur für einen Moment.“ „Sakura…“ Sie seufzte bedauernd und musterte mich einen langen Moment. Sie war eine gute Schwester, schon sehr lange im Dienst und mit viel Erfahrung. Und dem Blick, nicht nur für die körperliche Verfassung, sondern auch für Hintergedanken. „Du kannst dich kaum auf den eigenen Beinen halten, außerdem ist er noch…“ „Bitte.“ Es sollte nicht so geschlagen klingen aber es schien seine Wirkung zu haben. Mit sichtlichen Gewissensbissen gab sie nach. „Zimmer Nr. 8. Mach es kurz und melde dich bei mir, wenn du wieder gehst.“ Ich nickte unter ihrem scharfsinnigen, prüfenden Blick. Sicher ahnte sie bereits, dass ich in diesem Zustand keine Erlaubnis hatte, mein Zimmer zu verlassen. Trotzdem ließ sie mich zu ihm. Ich erinnerte mich daran, dass sie einen Mann hatte, der Shinobi war. Sie kannte das Gefühl, immer in Sorge um andere zu sein, den Drang sich selbst von ihrem Überleben überzeugen zu müssen, sie selbst zu sehen. „Danke…“, erwiderte ich leise und meine Stimme war klein und verwundbar. Sie nickte. „Setz dich hin, sobald du dort bist. Ich will dich nicht auf dein Zimmer zurück tragen lassen.“ Während sie an ihren Schreibtisch zurückkehrte, machte ich langsame, möglichst unauffällige Schritte zu Kakashis Zimmer und biss mir auf die Unterlippe als ich kurz strauchelte, all das unter ihren wachsamen Blicken. Aber sie kam nicht zurück und ich erreichte die Nr. 8 ohne weitere Zwischenfälle. Vor der Tür zögerte ich einen Moment. Und machte dann einen Seitenschritt zur breiten Fensterfront, die Einblick in das Zimmer gab. Ich war bereits einige Male hier gewesen und kannte die Maßnahmen der Intensivstation, hatte sie selbst angewendet aber dies war ein vertrautes Gesicht inmitten von Schläuchen und Monitoren, blass und reglos. „Kakashi…“ Als ob das Aussprechen seines Namens mir alle restliche Kraft geraubt hätte, legte ich eine Hand auf die Scheibe um mich zu stützen und ließ den Kopf nach vorn hängen, sackte ein Stück in mich zusammen. Ich schloss die Augen und atmete, tief ein, tief wieder aus. Ein und aus. Als ich nach einer Weile den Kopf wieder hob, stand Tayanaka neben mir, in ihren Augen ein Ausdruck tiefen Mitgefühls und sanfter Härte. Sie fasste mit einer Hand unter meinen rechten Arm und ich konnte nicht dagegen an, mich auf ihre Stütze zu verlassen. Es war einfach nicht genug Kraft da um aufrecht zu bleiben. Sie blickte durch das Fenster und umfasste mit der stützenden Hand tröstend meine Schulter. „Wenn man sie kennt, ist es unglaublich viel schwerer durch das Fenster zu sehen. Und erst recht hineinzugehen.“ Ich schluckte und nickte matt. „Er ist schon öfter hier gewesen, als du vermutlich weißt und dieses Mal sind es vergleichsweise sogar recht milde Umstände. Voraussichtlich bleibt er nicht mehr länger als…“ „…zwei Tage hier. Ja. Das hat Naruto mir auch gesagt.“ Sie schwieg und wieder musterte sie mich so genau, dass ich mich wie geröntgt fühlte. „Im Moment kannst du nichts für ihn tun außer selbst wieder auf die Beine zu kommen. Soll ich noch einmal besonders veranlassen, dass man dich informiert, wenn er aufwacht?“ Ich fragte mich, wie viel sie über Kakashis und meine Beziehung wusste. Wie viel sie ahnte. Ich konnte ja nicht einmal selbst sagen, was für eine Beziehung das war. Doch sie schien nicht zu urteilen. Und so sehr ich an seiner Seite bleiben wollte, konnte ich mich nicht mehr auf den Beinen halten. Ich nickte erneut. „Das wäre nett.“ Und dann warf ich noch einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf Kakashis schlafende Züge, bevor ich mich schweren Herzens von Tayanaka fortführen ließ. Als ich die Tür zu meinem Zimmer sachte wieder öffnete, erwartete mich Licht, das ich selbst nicht angelassen hatte. Und sicher, jemand saß in dem Stuhl, den Ino zuvor dicht an mein Bett geschoben hatte, mit dem Rücken zu mir. Doch die vertrauten Umrisse, die schwarzen Haare waren eindeutig und nach diesem Erlebnis oben fast zu viel. Sasuke. Er drehte sich um, als ich die Tür unachtsam fester als nötig hinter mir schloss, obwohl er mich bereits gespürt haben musste. Als unsere Blicke sich trafen, so unvermittelt und unerwartet, konnte ich nicht planen, nicht überlegen wie ich handeln sollte. Ich stolperte zu ihm und im selben Moment stand er auf und das genau rechtzeitig um mich aufzufangen. Ich krallte mich in seinen Rücken, vergrub den Kopf an seiner Brust und atmete tief seinen Geruch ein, spürte den groben Stoff seines wie auch bei mir zerschlissenen Shirts und klammerte mich an jeder neu entdeckten, lange bekannten Einzelheit fest. Ich hatte nicht damit gerechnet, ihn ebenfalls so schnell zu sehen, auf den eigenen Beinen. Dass er nach einer kurzen Sekunde der Überraschung ebenfalls seine Arme um mich schlang, so fest als wollte er mich erdrücken, brachte Tränen in meine Augen. Ich kniff sie zu und atmete, klammerte. „Sakura.“ Der Klang seiner Stimme, etwas rau, als ob er eine Weile nicht mehr gesprochen hatte und doch sanft, so sanft, sein Kinn auf meinem Haaransatz, das alles brachte mich über den Rand. „Wo bist du gewesen?“ Die eindringliche Sorge ließ ihn lauter werden. Ich biss mir auf die Lippe, krallte meine Hände noch fester in sein Shirt und konnte doch das Schluchzen nicht verhindern, das so wehmütig von mir Besitz ergriff, wie ich mich selbst noch nie zuvor gehört hatte. Meine Knie gaben langsam nach, erschöpft von zu viel Bewegung aber nicht nur deshalb, doch bevor ich wirklich einsacken konnte, stützte er mich und setzte sich mit mir auf den Rand meines Betts. Ich zog eine Hand aus meinem festen Griff zurück und fuhr mir fahrig über die Wangen aber die Tränen beugten sich mir nicht. Und das Schluchzen hörte auch nicht auf. „Kakashi.“, würgte ich hervor. Ich hatte das Gefühl, jeden Moment einzubrechen. Von innen heraus. Er griff nach meiner freien Hand und zog mich dichter an sich, so dicht, dass ich schließlich auf seinem Schoß saß, mit dem Kinn auf seine Schulter gebettet. Eine seiner Hände umfasste meinen Rücken, drückte mich an ihn, die andere fuhr über meine Haare, langsam und gleichmäßig, wiederkehrend wie ein Wiegenlied. Er ließ mich weinen, hielt mich fest, wärmte mich und ich hatte kein Zeitgefühl mehr, als mir bewusst wurde, dass ich mich nicht mehr zerrissen fühlte, sondern so kompakt zusammengedrückt, dass es erst einmal halten würde. Ich zog den Kopf von seiner Schulter zurück und er hob seinen Blick von meinem Rücken und sah mich an. Seine Augen waren tiefschwarz und so glänzend, dass ich nicht sicher war ob es Tränen waren, die er nicht fallen ließ. Ich musterte sein Gesicht, seine vertrauten Züge und neigte den Kopf um irgendwelche Veränderungen zu bemerken, doch ich wurde nicht fündig. Ich atmete tief aus. Wir waren uns so dicht, dass ich nicht mehr von ihm sehen konnte und ich deutete vage mit dem Kinn über uns. „Danke. Für das hier. Für alles.“ Es war nicht mehr als ein Wispern, doch er verstand sehr genau. Er sah mich weiterhin an, schweigend. Bilder von Kakashi drängten noch einmal an die Oberfläche, seine bleiche Haut und…Sasukes regloser Körper auf der Lichtung. Seine flache, abgehackte Atmung… Ich schluckte. „Bist du…ich meine…bist du okay…? Darfst du dein Zimmer überhaupt verlassen?“ Ich kämpfte aber meine Stimme gab nach und wurde brüchig und eine weitere verirrte Träne lief über den Rand und meine Wange herab. Bevor ich sie jedoch wegwischen konnte, hob Sasuke die Hand, die über meine Haare gestrichen hatte, und nutzte seinen Daumen um sie aufzunehmen. So vertraut. Ich verharrte und blickte zurück, sah mit weit geöffneten Augen zwischen seinen hin und her, als er die Hand langsam wieder senkte. Ich rechnete kaum mit einer Antwort, doch er räusperte sich und sprach mit ungewöhnlich hohler, nahezu ausdrucksloser Stimme: „Ich bin okay.“ Es klang verloren aber auch…wie die Wahrheit. Ich betrachtete ihn einen langen Moment, bevor ich meine eigene Hand aus seinem Shirt löste um sie vorsichtig, zögerlich um seine zu legen. Mein Blick verharrte darauf, doch als er wieder sprach, schnellte er zu ihm zurück. Er hatte die Augen geschlossen und eine schmale Falte zwischen den Augenbrauen, als er schluckte. Seine linke Hand legte sich fester auf meinen Rücken. „Ich…war nicht sicher, dich wirklich lebend und…normal…frei wieder gesehen zu haben. Durch das Gift wirkte alles wie ein dichter Schleier und ich hätte alles gesehen haben können...“ Wie gequält, wie verletzt er jetzt aussah... Ohne Nachzudenken folgte ich meinem ersten Impuls, beugte mich vor, schloss die Augen und küsste ihn nachdrücklich auf die Stirn. Ich konnte auch hier, auch jetzt kaum glauben, dass er wirklich lebend hier war, lebend obgleich er seinen Bruder getötet hatte. Als ich mich schließlich zurücklehnte, waren seine Augen nachtschwarz und er musterte mich so scharfsinnig, dass ich geneigt war, seinem Blick auszuweichen. „Du bist bei Kakashi gewesen?“ Er stellte die Frage ruhig und kontrolliert, sehr, sehr wachsam. Ich senkte den Blick und nickte, geschlagen. Er wartete kurz, schien meine Reaktion auf sich wirken zu lassen. „Sein Zustand…“ Ich sah hastig wieder auf, erst jetzt in der Lage zu erkennen, dass man mein Verhalten auch durchaus falsch verstehen konnte. „Er ist okay. Alle sagen, das man ihn in zwei Tagen bereits verlegen wird.“ Ich atmete einmal tief aus. „Ich weiß nicht, wer ernsthaft von mir erwartet, das zu glauben. Aber er wird sich wieder erholen.“ Ich suchte in seinen Augen nach irgendeiner Form von Reaktion, doch er hütete sie gut, sein Blick war, wie schon so oft zuvor, unlesbar. „Ihn dort zu sehen, blass und an so viele Schläuche angeschlossen war…einfach etwas zu viel.“ Ich senkte den Kopf erneut und betrachtete schweigend unsere verschränkten Hände. „Warst du schon bei Naruto?", fragte ich dann. „Er schläft.", antwortete er gedämpft. Eine Weile saßen wir so, doch als ich mich schließlich löste und wieder neben ihn setzte, überrumpelte er mich und griff nach meinem bandagierten Arm. Er hielt ihn sanft und betrachtete ihn eine Weile, als ob er selbst tief in Gedanken versunken war. Und ich hatte das Gefühl mir gut vorstellen zu können, woran er dachte. „Du weißt, was es ist?“, fragte ich leise und schien ihn damit aus seiner Starre zu reißen. Er schüttelte den Kopf, immer noch so ernst und aufmerksam. „Ich habe einen Verdacht…“ „Es ist ein Fluchmal.“, presste ich hervor und sprach es damit erstmals selbst aus. Es jagte mir Schauer über den Rücken, wie real es damit wurde. Und ob ich Sasuke bereits davon erzählen sollte? Diese Zweifel kamen zu spät. Sein Griff verstärkte sich und ich suchte seinen Blick. Wut, eiskalte Wut spiegelte sich darin, doch er sah mir nicht in die Augen. Seine Hand umfasste meinen Arm mittlerweile schmerzhaft. „Sasuke. Es tut weh.“, hörte ich mich selbst alarmiert sagen. Aber er schien nicht aufnahmefähig zu sein und packte mich noch fester, löste seine andere Hand aus meiner und machte Anstalten, den Verband zu lösen. „Sasuke.“, sagte ich, mit mehr Nachdruck, doch er ließ sich nicht beirren. Und als ich ihn so sah, die dunklen Haare, die sein Gesicht verbargen, weil er sich vornüber gebeugt hatte, die Muskeln seiner eigenen Arme zum Zerreißen gespannt, seine Hände, die mich so fest umklammerten, und als ich fühlte, dass ein kurzes Ziehen mich nicht befreien würde, dass er mich so fest hielt, dass ich vielleicht gar nicht mehr frei kommen konnte – plötzlich, unvermittelt, überrollte mich eine ungekannte Panik. Ohne es wirklich zu steuern, aktivierte mein Körper etwas von dem so mühsam spärlich aufgefüllten Chakra und versah mich damit mit genug Kraft, um mich von Sasuke loszureißen und vom Bett zu taumeln. Ich brauchte ein paar Sekunden um mich zu fangen und barg meinen Arm an der Brust, außer Atem und schwindelig, vor allem aber völlig schockiert von dieser unglaublichen, wilden Angst, die nur langsam abebbte, gemeinsam mit meinem pochenden Herzen. Sasuke schien gerade erst aus seiner Trance zu erwachen, doch als er jetzt aufsah, weiteten sich seine Augen und er hob die Hände, nur um sie mit einem angewiderten Seitenblick darauf wieder fallen zu lassen. Er wirkte ungewohnt jung als er mich wieder anblickte. „Sakura…ich hätte nicht…allein der Gedanke, dass…“ Ich hatte ihn selten so nach Worten suchen gehört. „Ich…“ Meine Stimme verließ mich und ich schüttelte den Kopf, hob den anderen Arm und umfasste meinen Oberkörper mit beiden Händen, ratlos. Kami, was stimmte nicht mit mir? Ein unwirsches Klopfen an der Tür ließ uns beide dorthin schauen. Ohne eine Antwort abzuwarten, kam Tsunade herein und blieb bei diesem Anblick stehen. Sie schaute von mir zu ihm, dann machte sie einen Schritt zur Seite und deutete für Sasuke mit dem Kinn zum Gang. „Du solltest auf deinem Zimmer sein. So wie ich auch Naruto dort festgesetzt habe. Geh wieder zurück, ich komme hiernach zu dir.“ Ich sah kurz zu ihm auf. Er musterte mich, seine Augen zurückhaltend, abgeschirmt aber doch als ob es ihm unheimlich leid täte. Ich sah wieder weg. Dann hörte ich seine Schritte und wie die Tür ins Schloss fiel. Die Anspannung verließ sichtbar meinen Körper und ich ließ die Schultern hängen und wanderte rastlos zum dunklen Fenster. Tsunade trug einen Stuhl heran und ließ sich langsam darauf sinken. Ich konnte ihren Blick spüren, brennend. Stille legte sich über den Raum, tief und drückend. „Du siehst schlechter aus als heute Nachmittag…“ „Er hat nur den Verband lösen wollen. Und ich habe völlig überreagiert.“, presste ich mit zusammengedrückten Lippen hervor und überging sie damit völlig. „Das überrascht mich nicht.“ Wieder Stille. „Du warst bei Kakashi.“ „Es tut mir leid…“, begann ich und klang dabei wütend und rechtfertigend, nicht entschuldigend. „Es ist okay. Wenn ich nicht ohnehin einen Verdacht gehabt hätte, wo du dich zu dieser Stunde herumtreiben könntest…Tayanaka hat dich gemeldet.“ Ich wartete. Als sie weiterhin nichts mehr sagte, drehte ich den Kopf zu ihr und brauchte einige Sekunden um das Gefühl in meiner Brust identifizieren zu können. Wut. Ich kaute auf meiner Unterlippe. Tsunade war ruhig und nachdenklich aber hinter dieser Fassade entging ihr nicht die kleinste Bewegung, die kleinste Emotion, die sich bei mir abspielten. Ich hatte das Gefühl, sie wusste längst, was hier vor sich ging. „Warum kann ich nicht…was…“ Ich brach unterdrückt wieder ab, schmeckte Blut und fuhr mir prüfend mit der Zunge über die Lippe. Eine Erinnerung kam vage hervor, an metallische Wärme in meinem Mund und den Zwang schlucken zu müssen um wieder atmen zu können. Ich atmete schneller. „Ich bin sicher, du kennst den Grund. Ich hatte gehofft, dass es dir erspart bleiben würde aber nach solchen Erfahrungen…hätte es mich eher überrascht.“ Ich nestelte an einem losen Faden an meinem Verband, starrte auf den Boden und wusste nicht wohin mit so viel Unruhe und Zorn. „Was hat Itachi dir angetan? Konkret? Im Detail?“ Ehe ich wusste was ich tat, zerschmetterte das Wasserglas von meinem Nachttisch an der gegenüberliegenden Wand. Ich blinzelte. Dann begann ich auf und ab zu laufen. Tsunade sah mir nach und beobachtete mich dabei, immer noch so ruhig. Sie forderte mich heraus. Und ich sprang darauf an, auf jeden ihrer Ansätze. „Es ist vorbei. Wir alle haben überlebt. Ich habe kein verdammtes Trauma.“ Ich zwang meine Stimme zur Ruhe und blieb stehen, sah ihr direkt in die Augen. Mit einem Mal wurden sie ganz weich, obgleich in ihrem Ton Sarkasmus mitschwang. „Sicher. Wenn du meinst. Du hast eine gute Ausbildung genossen.“ Ich starrte einen Moment, dann drehte ich mich um und stützte mich auf die Fensterbank, wackelig auf den Beinen. Ich sah aus dem Fenster. „Ich wünschte, er hätte nie getan was er getan hat. Er wäre mir niemals allein begegnet. Hätte kein krankes Interesse an mir gefunden. Und mich niemals benutzt um die anderen zu verletzen.“ „Und dich.“ Ich schluckte, schloss die Augen und senkte den Kopf. „Und mich.“ Ich konnte hören, wie Tsunade sich bewegte und anders hinsetzte. „Sakura…ich bin nicht begeistert davon, wie du die letzten Monate entschieden und gehandelt hast. Du hättest dich dabei gut und gerne mehrere Male beinah umgebracht. Und du hast uns allen das Handeln nicht leicht gemacht.“ Ich lauschte mit geschlossen Augen und sah sie trotzdem vor mir, die Lippen missbilligend zusammengepresst und die Augenbrauen gesenkt. „Aber das Handeln in einer solchen Situation war ohnehin etwas, bei dem wir nicht auf Erfahrungswerte vertrauen konnten. Und ich bin stolz darauf, wie du alles getragen hast. Du hast dich als sehr zäh erwiesen und das ist viel wert.“ Sie stand auf, ihre Schuhe klickten auf dem Linoleum. „Ihr seid zurück und habt ihn getötet. Der Rest wird sich finden.“, schloss sie so nüchtern und einfach, dass ich mich irritiert zu ihr umdrehte. Sie stand ein paar Schritte hinter mir und legte nun eine Hand auf meine Schulter, ohne zu zögern oder zu überdenken, ob mir das möglicherweise auch etwas ausmachen könnte. Und so einfach hatte ich eine neue Erinnerung vor Augen. Vor Monaten hatten wir schon einmal hier gestanden, direkt nachdem ich Itachi gerade so entkommen war, mit einer frischen Narbe auf meinem Rücken. Und davor hatten wir eine ganz ähnliche Situation erlebt, mit ähnlichen Gesprächen wie diesem hier. Tsunade hielt meinen Blick. „Sakura. Niemand kommt unbeschadet aus so etwas heraus. Das liegt einfach nicht in der menschlichen Natur. Ihr alle habt viel durchgemacht aber denk nicht immer nur an die anderen. Denk auch mal an dich. Mach dir keine Vorwürfe.“ Sie suchte einen Moment nach etwas in meinen Augen und was immer sie fand, sie nickte einmal kurz. „Du wirst es überwinden.“ --- Ich blieb sechs Tage im Krankenhaus, ließ dabei eine Unmenge an Tests über mich ergehen, mir aufgestellte Theorien erklären, die am nächsten Tag wieder verworfen wurden, ich ließ mich auf etliche Weisen untersuchen und aß und schlief, wie man es mir nahelegte und immer wieder schleppte ich mich zur Intensivstation um Kakashi zu beobachten - nach mehreren Versuchen in sein Zimmer zu gehen - seine Hand zu halten. Gesundheitlich erklärte man mich nach zwei Tagen für entlassungsfähig, ich hatte keinerlei Verletzungen mehr, nichts an dem man mir das Geschehene noch hätte ansehen können. Aber da man noch immer ein paar Tests versuchen wollte, musste ich bleiben. Es war alles dabei, Blutuntersuchungen, ein MRT, ein CT, sogar eine gynäkologische Untersuchung, auch wenn ich fest beteuern konnte, dass das nicht nötig war. Man fertigte Diagramme zu meinen Chakramesswerten an, untersuchte meine Chakratore, an einer kleinen Stelle auf meinem Arm entnahm man eine Probe der schwarzen Linien aber nichts davon führte zu einem nennenswerten Ergebnis. Und bei all dem stellte sich mir die Frage, wofür das alles? Von allem was Itachi getan hatte war dieses Fluchmal vermutlich das geringste Übel. Und doch. Was, wenn es nicht mehr rückgängig zu machen war? Wenn man es nicht mehr lösen konnte? Würde ich mein Leben lang daran erinnert werden, was in dieser Zeit geschehen war? Jeden Tag aufstehen und als erstes sehen, was er uns allen angetan hatte? Zwei Tage seit unserer Einlieferung vergingen, an denen meine Eltern mich täglich besuchten, ebenso wie Ino und ein paar andere alte Freunde, Hinata, Ten-ten, sogar Neji schaute einmal vorbei und ich dachte zurück an die Zeit, als Tsunade mir Begleitschutz verordnet hatte und ich ihn erstmals besser kennen gelernt hatte. Es war seltsam, wie so viele Erinnerungen, die vorher gute waren, plötzlich von so vielem überschattet und verdorben wurden. Als wäre ich ein komplett anderer Mensch. Und vielleicht war ich das ja auch, ich konnte mich zumindest nicht daran erinnern, zuvor so zurückhaltend und schweigsam gewesen zu sein. Am zweiten Tag seit unserer Rückkehr wachte Kakashi auf, am vierten wurde er auf eine normale Station verlegt und erst dann erlaubte man Besuch. Naruto und ich hatten natürlich trotzdem versucht ihn vorher zu sehen aber nachdem wir herausgefunden hatten, auf welcher Station er sich befand, sehr schnell gelernt, dass seine Tür verschlossen und von der Stationsschwester gut bewacht war. Selbst mitten in der Nacht. Die Tatsache, dass Sasuke am Abend seine abschließende Untersuchung gehabt hatte und zu diesem Zeitpunkt packte oder schlief oder was auch immer er tat, bewirkte dass wir uns auch dann nicht sahen und ich war nicht sicher, ob das gut war oder nicht. Tsunade hatte vermutlich mit ihm über den Vorfall gesprochen und dieses Gespräch war gewiss anstrengend gewesen, was Sasuke und mich betraf, so hatten wir uns seitdem jedoch nicht einmal mehr gesehen. Naruto hatte ihn besucht, er wich mir jedoch konsequent aus, wenn ich in diese Richtung fragte, stattdessen war er ausgesprochen um sein altes Image bemüht und konnte nicht verhehlen wie glücklich er darüber war, am nächsten Tag bereits das Krankenhaus verlassen zu dürfen. Wie sich heraus stellte, durfte auch Sasuke an eben diesem vierten Morgen gehen. Und so kam es, dass sie beide nicht hier waren, als Tayanaka unerwartet in meinem Zimmer auftauchte. Ich hatte mein Tablett neben mir auf dem Bett liegen und kaute lustlos an einem Apfel, ein Bein angewinkelt und mit dem Blick aus meinem Fenster, völlig gedankenverloren, bis sie mir berichtete, dass Kakashi Besuch empfangen durfte. Sie hatte noch nicht einmal den Satz beendet, als ich bereits an ihr vorbei fast bis zu den Aufzügen gelaufen war, ehe ich noch einmal zu ihr zurückkehrte um sie zu bitten, auch Sasuke und Naruto zu informieren. Ich hatte deutlich an Kraft zugelegt und war schneller vor Kakashis Tür als ich mir überlegen konnte, was ich überhaupt sagen wollte, sodass ich einen kurzen Moment verharrte, meine Atmung beruhigte und dann anklopfte, zweimal. Ich hielt die Luft an und lauschte, eine Sekunde, zwei, drei... Seine gedämpfte Antwort war ein Befreiungsschlag. Ich atmete aus und zwang mich, den Griff angemessen herunterzudrücken, statt in sein Zimmer zu stürzen. Sonnenstrahlen blendeten mich und ich blinzelte und schirmte meine Augen mit einer Hand ab um mich umzuschauen. Es war ein typisches Einzelzimmer, jedoch mit freundlichen gelben Wänden statt dem kühlen Weiß auf meiner Station. Das Bett stand links an der Wand und darin… „Kakashi.“ Die Erleichterung, die in diesem Wispern mitschwang konnte ihm kaum entgehen. Seine Haare standen getürmt von seinem Kopf ab und fielen ihm vereinzelt ins Gesicht, seine Brust war nur durch Verbände bekleidet, so wie auch sein rechter Unterarm und er war bis zur Hüfte zugedeckt. Sein Sharingan war geschlossen aber sein offenes Auge blickte direkt zu mir, mit derselben ungläubigen Aufmerksamkeit, die mir ins Gesicht geschrieben stehen musste. Meine Beine fühlten sich auf einmal so schwach an, als hätte ich nicht bereits so viel getan um mein Chakra wieder vollends aufzubauen. Ich hielt mich an der Tür fest. Und starrte. Dachte zurück an so viele Dinge, an Mamikos Hütte in der ich ihn wiedergefunden hatte, mehr tot als lebendig, an seinen Blick als ich ihn dort mit ihr und Ari zurückließ. An… „Sakura.“ Ich gab ein Geräusch von mir, eine Mischung aus ungläubigem Schnauben und einem Lachen und zog einen Stuhl von der Wand an sein Bett. Ich musterte ihn von Nahem, sah die Stoppeln seines nicht mehr ganz Drei-Tage-Barts, die Schatten unter seinen Augen und nickte langsam, ehe ich mich setzte und die Arme verschränkte. Er folgte jeder meiner Bewegungen mit ruhigem Blick. „Du siehst besser aus.“ „Wie fühlst du dich?“ Wir sprachen zur selben Zeit und brachen ebenso gleichzeitig wieder ab. Ein schmales Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Kami. Wie sehr hatte ich ihn vermisst? Stille legte sich erneut über uns, obwohl wir offenbar beide Fragen hatten, und ich konnte mir nichts einfallen lassen um dagegen an zu steuern. Ich konnte meine Augen nicht von ihm nehmen, konnte nicht aufhören seine Augen abzusuchen, seine Verbände zu mustern, die Schrammen und Schnittwunden, je mehr ich ihnen folgte, desto schlimmer schien mir sein Zustand. Und so unvermittelt hörte ich meine eigene Stimme in meinem Kopf, kalt, berechnend, spielerisch: „Eine alte Gehirnerschütterung. Eine frische Blutvergiftung. Zwei alte Rippenbrüche… Hier…und hier. Du hast einige schlecht verheilte alte Wunden. Deine Symptome haben sich nur nach und nach gezeigt, es muss also tatsächlich einige Monate her sein, dass du die Verletzungen erhalten hast. Aber letztlich hast du offensichtlich viel zu früh wieder angefangen zu trainieren, zu kämpfen, was auch immer du in dieser Zeit getan hast. Dein Körper war noch nicht genesen.“ Ich presste die Lippen zusammen und sah zur Seite, bemüht mich wieder zu fassen. „Wie geht es dir?“, fragte ich erneut und versuchte dabei gefasst zu klingen, nicht so aufgewühlt, so schuldig wie ich mich fühlte. Er würde das nicht gut heißen. In meinem Kopf vervollständigte ich die Liste weiter: ein gebrochener Unterarm, vergiftet, Tsukyomi… „Erstaunlich gut.“ Ich sah zurück zu ihm. Er musterte mich sehr genau, immer noch mit dem Hauch eines Lächelns. „Wenn ich nicht hier sein müsste…vermutlich sogar bestens.“ Ich zögerte einen Moment, dann schüttelte ich missbilligend den Kopf. Seine Abneigung für das Krankenhaus war wirklich ausgesprochen groß. Die Tatsache, dass er darüber bereits Witze machen konnte… „Du siehst zwar besser aus aber auch erschöpft.“ Sein Ton war ernster, nachdenklicher. Ich stockte. „Ich…kann nicht besonders gut schlafen.“, sagte ich dann, mit einem Schulterzucken als wäre das keine große Sache. „Aber du solltest dir darüber am wenigsten Gedanken machen, du bist gerade so davongekommen, Kakashi.“ Wen wollte ich mit diesem Geplänkel belügen? Er würde immer merken, ob ich Dinge verschwieg oder beschönigte. „Sakura, du…“ Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihn und mit einem schwer lesbaren Blick auf mich runzelte er die Stirn. Bevor er sich jedoch entscheiden konnte seinen Besuch wieder wegzuschicken stand ich auf und winkte ab. „Ich bin froh, dich so zu sehen.“ Ich verzog das Gesicht. Nein, nicht so, nicht mit so vielen Verbänden und Verletzungen, nicht so erschöpft und ausgezehrt. „Ich…“ Welche Worte konnten ausdrücken, was ich empfunden hatte, als er noch im künstlichen Schlaf gelegen hatte? Ich ließ die Schultern sinken. „Sasuke und Naruto wissen wahrscheinlich schon Bescheid. Sie werden dich bald besuchen kommen und ich…werde auch wieder kommen. Okay?“ Ich wartete nur gerade so sein unwilliges Nicken ab, dann drehte ich mich um und öffnete die Tür im selben Moment, in dem Genma, in Begleitung von zwei anderen Männern, die ich nur vom Sehen kannte, noch einmal im Begriff war zu klopfen. Er ließ die Hand wieder sinken und musterte mich für ein paar Sekunden verblüfft, dann war ich an ihnen vorbei gegangen und folgte dem Gang, zurück zu meiner eigenen Station. Bis zum nächsten Tag hatte ich wirklich viel Zeit über Kakashi nachzudenken. Naruto kam noch am Abend zuvor vorbei und erzählte mir von seinem Besuch bei ihm und davon, dass er ganz der alte war, unverändert und wirklich auf dem Weg der Besserung. Sasuke dagegen hatte laut Naruto kaum etwas gesagt und Kakashi hatte ebenfalls nicht viel mit ihm gesprochen. Es war eine Schande was aus unserem Team geworden war. Und auch hier konnte ich keinen anderen Grund für die Spannungen zwischen ihm und Sasuke finden als die Tatsache, dass ich sie erst heraufbeschworen hatte. Am Morgen des fünften Tages im Krankenhaus kam Tayanaka erneut zu mir und ich hatte mit viel gerechnet aber nicht mit dem, was sie mir zu sagen hatte. Sie teilte mir mit, dass Kakashi in der Nacht sein Zimmer verlassen und sich zu meiner Station aufgemacht hatte und dass man ihn gefunden hatte, an eine Wand gelehnt aber mehr in den Knien als aufrecht und mit der festen Absicht, sich noch weiter zu schleppen. Die Schwestern und ein Medic hatten ihn zurück zu seinem Bett gebracht. Mehr Informationen brauchte ich nicht. Zurück in seinem Zimmer, durch die vielen Wolken schattig und grau, lehnte ich eine Weile einfach nur an seiner Tür und sah ihn an. Er sah nicht mehr so geschwächt aus aber die Tatsache, dass er, Kakashi, es nur mit viel Mühe ein paar Zimmer weiter geschafft hatte, sprach für sich. Dennoch, in seinem Auge war wache Intensität, keine Erschöpfung. „Ich habe doch gesagt, ich würde wiederkommen.“, sagte ich leise und neigte den Kopf. Er nickte. „Und trotzdem bist du einfach losgezogen, in deiner Verfassung.“ Er räusperte sich gedämpft. „Ich habe gehört, du bist auch nicht gerade in der Verfassung durch Gänge zu laufen.“ Ich musterte ihn und fragte mich, was er damit anklingen lassen wollte. Sein Anblick löste so vieles auf einmal in mir aus, brachte weiterhin so viele Erinnerungen wieder an den Tag. „Das ist etwas anderes. Du kannst unsere Verletzungen nicht im Geringsten vergleichen.“ Diese Worte machten es schwerer ihn anzusehen und schließlich schluckte ich trocken und schaute auf meine Füße. Ich hatte viel über diese Verletzungen nachgedacht. „Ich weiß, was ich getan habe.“, erklärte ich nüchtern und ballte die Hände hinter meinem Rücken zu Fäusten. Er wartete schweigend, doch als ich nicht weitersprach, fragte er: „Wovon sprichst du?“ Ein trauriges Lächeln hob meine Mundwinkel, aber nur für einen Moment. „Was an dir ist es, das dich so aufopferungsvoll macht? Wie kannst du so uneigennützig sein?“ „Sakura…“ „Ich habe deinen Unterarm gebrochen. Dir ins Gesicht geschlagen, dich vergiftet.“ Ich dachte zurück an diese kalte Berechnung, an den Spaß daran, seine Grenzen auszutesten. Es war alles so fremd, überhaupt nicht ich. Und trotzdem hatte ich es getan. Das Schlucken fiel mir schwer. „Ich war kurz davor dich umzubringen und selbst, wenn ich es mit körperlichen Angriffen nicht geschafft hätte, so hätte das Gift den Rest getan.“ „Du…“, sagte er deutlich, „…warst nicht du selbst. Du warst fremdgesteuert, das warst nicht du.“ „Und doch erinnere ich mich daran, wie ich auch andere Dinge nicht vergesse.“ Ich atmete aus. „Weißt du noch, wie ich dich gefragt habe, ob dir dein Leben so wenig wert sei?“ Als er nicht antwortete, sah ich auf und suchte seinen Blick. Er war so ernst und ich wusste, er wollte diese Diskussion nicht führen, wollte mir wieder einmal versichern, dass es nicht meine Schuld war. Aber darauf wollte ich dieses Mal gar nicht hinaus und er schien es zu spüren, denn er nickte wachsam. „Du hast zu mir gesagt, es gebe wichtigere Dinge als dein eigenes Leben. Und dass du für ein anderes Leben und so viele andere nicht anders könntest, als dich zu opfern.“ „Ich habe nicht…“ „So selbstlos.“ Ich senkte langsam den Blick, versunken in die so lebhafte Erinnerung. Dann hob ich ruckartig den Kopf und fixierte ihn erneut. „‘Es ist nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür, niemand hätte sich gegen dieses Jutsu wehren können.‘“ Seine eigenen Worte, über meine Lippen gesprochen, klangen beißend. „Du hast einfach nur da gelegen…!“ Ohne meine Kontrolle, verriet meine Stimme den Schmerz und sie klang so verzweifelt wie ich mich angesichts so viel Ungerechtigkeit und so vieler Dinge außerhalb meiner Macht fühlte. „Und die Augen geschlossen!“ Mit einem dumpfen Laut ließ ich den Kopf nach hinten gegen die Tür fallen und sah aus halb geschlossenen Augen zur Decke, das Bild meiner grausamen Hände vor meinem inneren Auge. „Gegen alles, was du uns je gelehrt hast.“, flüsterte ich erschöpft. „Die Augen schließen und einfach darauf hoffen, dass das Unmögliche geschieht…? Wie konntest du so leichtsinnig sein, Kakashi. Du hättest mich überwältigen sollen, als noch die Zeit dazu war!“ Unsere Blicke trafen sich und dieses Mal schien Kakashi nicht mehr so unbeteiligt und nicht mehr gewillt, mich haltlos weiterreden zu lassen. Sein Auge funkelte. „Und Itachi, Sakura? Mein Arm war gebrochen, ich war vergiftet… Und ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zweimal versucht, dich außer Gefecht zu setzen. Ich hatte keinen Erfolg damit, vergiss nicht dass du zusätzlich zu deiner eigenen Stärke einen erheblichen Vorteil durch das Jutsu und Itachis Unterstützung hattest. Ich hatte keinerlei andere Optionen.“ Heißer Zorn machte meine Worte bitter. „Und woran lag das? Wer hat dich bei Mamiko zurückgelassen und dazu veranlasst viel zu früh wieder zu kämpfen? Nicht auszuheilen?“ Sein Blick verdunkelte sich. „Und tu nicht so, als ob du gegen mich keine Chance gehabt hättest. Du hast gezögert um mich nicht zu verletzen. Mehrmals. Und ich…“ Mit einem frustrierten Laut fuhr ich mir durch die Haare und ließ sie dann rastlos wieder fallen. Ich wusste nicht mehr, was ich mit all dem bezweckte und konnte mich doch nicht bremsen. „…ich halte das nicht gegen dich, ich…hätte nichts anderes getan. Aber du musst es doch besser wissen. Du bist so erfahren. Alles hing an dir, wenn du nicht…“ Er unterbrach mich mit fester Stimme, nahezu ungehalten. „Meine Erfahrung, Sakura, ist es, die mich so handeln ließ. Ich hätte nicht getan, was ich getan habe, wenn ich nicht davon überzeugt gewesen wäre. Ich halte meine Entscheidung für die einzig richtige.“ „Du meinst, er hätte mir nichts getan. Auch wenn er dich selbst…vernichtet hätte. Du wolltest mein Leben um jeden Preis retten. Und hast dein eigenes völlig außer Acht gelassen.“ „Kannst du mir das wirklich verübeln, Sakura? Wer sich nicht an die Regeln hält ist Abschaum. Aber…“ „…wer seine Freunde im Stich lässt ist noch viel schlimmer als Abschaum.“ Ich musterte ihn einen langen Moment. „Manchmal sind es die Regeln, die mehr Priorität haben.“ „Wer entscheidet darüber?“ Ich schüttelte den Kopf. „Du hattest so viel Vertrauen in mich. Und es hätte jederzeit schief gehen können. Sieh dich an. Das alles hast du durchleiden müssen wegen mir.“ Seine Augenbrauen senkten sich unheilvoll. „Das war meine Entscheidung, Sakura, meine Entscheidung und alle Umstände, die damit verbunden waren, über die wir keine Kontrolle haben. Du kannst nicht alle Konsequenzen beständig auf deinen Schultern austragen, wir sind ein Team. Jeder von uns hätte so für die anderen gehandelt. Und ich würde es wieder tun.“ Das brachte das Fass zum Überlaufen. „Wie kannst du so etwas sagen, wie konntest du, wenn ich dich so kalt und berechnend auf deinen Tod warten ließ? Was stimmt nicht mit dir, Kakashi?!“ Nein. Viel mehr, was stimmte nicht mit mir? Ich atmete schwer und war mir vage bewusst, dass ich mittlerweile völlig hysterisch wirken musste. Aber ich konnte nicht damit aufhören. „Niemand ist perfekt, Sakura.“ „Du bist es. Der Retter in der Not. Der aufopferungsvolle Samariter.“ Die Worte schmeckten so bitter wie Galle und ich konnte selbst kaum glauben, dass ich sie sagte. Kakashi schaute mich an, abwägend und schließlich glaubte ich so etwas wie Mitleid darin zu sehen. Ich drehte mich zur Tür, bereit sie zu öffnen und sein Zimmer zu verlassen. „Alles was du jetzt gesagt hast, hast du nur gesagt, weil du verletzt bist.“ Ich hielt mit der Hand auf dem Türgriff inne und schnaubte ungläubig. „Sicher. Weil ich verletzt bin.“ Über die Schulter fing ich seinen Blick. „Wenn jemand verletzt ist, dann sind es Sasuke und Naruto…und du. Aber nicht ich.“ Ich öffnete die Tür. „Nicht ich.“ --- 3) Als zwei Tage später die Tür hinter uns ins Schloss fiel und der vertraute Geruch meines Zuhauses mich umhüllte, schnürte sich unmittelbar mein Hals zu und heiße Tränen drohten überzulaufen – sie waren nicht ganz unerwartet, in ihrer Intensität jedoch überraschend. Ich blinzelte sie angestrengt weg und versuchte, ruhig zu atmen, ein Lächeln für meine Eltern aufzusetzen und bekam eine Grimasse zustande aber immerhin ließen sich die Tränen unterdrücken. Sie beide verschwanden lächelnd in der Küche, mit der Absicht ein Willkommensessen nur für uns drei zu zaubern und ich nahm meine Tasche mit den wenigen Habseligkeiten und machte mich auf den Weg nach oben, jede Treppenstufe eine Erinnerung an Normalität und Alltag, die ein Leben lang her zu sein schienen. Vor der Tür zu meinem Zimmer verharrte ich, lauschte der Ruhe des schattigen Flurs und stellte die Tasche ab, dann legte ich eine Hand auf den abgenutzten Türknauf und öffnete sie mit einem leisen Knarren. Sonnenlicht flutete den Raum und blendete mich für einen Moment und ich hob eine Hand um die Augen abzuschirmen, ehe sie sich daran gewöhnten. Ich ließ meinen Blick einmal über den Raum schweifen und kam schnell zu der Erkenntnis: Es war nichts verändert, alles genau wie zuvor. Ich machte ein paar zaghafte Schritte über die Schwelle, fuhr mit einer Hand über meine staubige Kommode und erhaschte mein Abbild im Spiegel darüber, mit großen glitzernden Augen und dünnen Armen. Geschlagen ließ ich sie beide fallen und blickte zurück in die Augen dieser dürren Fremden, die wirkte, als ob sie bei dem kleinsten Geräusch schreckhaft wie ein Reh auf und davon rennen würde. Sie war blass, hatte dunkle Augenringe und musterte mich argwöhnisch, misstrauisch. Vorsichtig hob ich eine Hand und näherte sie ihr, bis unsere Hände aufeinander lagen, mit nichts weiter als der glatten, kühlen Fläche des Spiegels zwischen uns. „Was ist nur aus dir geworden?“, fragte sie mich und ich zuckte mit den Schultern. Wenn ich die Antwort dafür gehabt hätte – es hätte mich sicher nicht glücklicher gemacht. --- Die Nächte waren immer schlimmer als die Tage, nachts schien alles wie ihr dunkles, düsteres Spiegelbild. Nachts kamen die Geister. Und diese Nacht war nur eine von vielen schlaflosen Nächten. Ich saß am offenen Fenster, in meiner Fensterbank, ein Bein angewinkelt, das andere herunter baumelnd und sah zur Decke, verfolgte die Linien der Leuchtsterne, die Ino und ich vor wenigen Tagen bei einer ihrer vielfältigen, engagierten Ablenkungsaktionen gekauft hatten. Mit den Worten „Verlässlich gegen Albträume.“ hatte sie mir das Päckchen in die Hände gedrückt und dann persönlich bezeugt, dass ich sie auch wirklich aufklebte. Bei so wenig Schlaf wie bisher konnte ich ihre Wirkung noch nicht wirklich bestätigen aber schön sahen sie tatsächlich aus, friedlich, wie in einem Kinderzimmer, dessen Bewohner noch keine wirklichen Ängste oder Sorgen kennengelernt hatte. Das Fenster blieb nur so lange offen, wie ich wach war, aber abgesehen davon, dass ich ohnehin nicht schlief war dieser Spätherbst noch einmal erstaunlich warm geworden und irgendwo draußen zirpten ganze Chöre von Grillen. In dieser Zeit, in der meine Eltern vermutlich bereits seit einer Weile schliefen und das Haus völlig still und dunkel war, gab es nur selten Stunden, zu denen es mir auch so ruhig vorkam, fast wie früher, als die größten Sorgen in meinem Kopf sich um lächerliche Streitereien, noch nicht komplett beherrschte Operationstechniken oder Freunde auf Missionen gedreht hatten. Meistens jedoch drängten sich mir andere Bilder auf, von denen ich auch heute Nacht nicht vollends loskommen konnte. Ich zog es vor die Sterne zu betrachten und mich den Erinnerungen in wachem Zustand zu stellen, als im Traum, in dem alles viel ungefilterter, dichter und verdrehter war. Ich hatte sie schon oft gezählt, mangels besserer Alternativen um die Nacht zu verbringen und einmal den Fehler gemacht, Ino davon zu erzählen, was sie gleich dazu bewogen hatte, noch einmal eine volle Packung zu kaufen und meine komplette Zimmerdecke damit zu tapezieren. Heute Nacht zählte ich sie nicht, ließ meinen Blick einfach darüber schweifen und versuchte mir vorzustellen, ich sei nicht hier, in diesem erinnerungsschweren Zimmer, sondern irgendwo draußen, auf einer Wiese, unter freiem Sternenhimmel, mit einem warmen Sommerwind, der die Gräser wiegt, und keinerlei Sorgen außer der Frage nach meinem Outfit für ein Date oder dem Gedanken daran, dass ich noch eine ganze Weile für ein neues Jutsu brauchen würde. Es funktionierte nicht wirklich, stattdessen schweifte mein Blick ab, über die dunklen Schatten in meinem Zimmer und damit drängte sich, unvermittelt, auch die Erinnerung an eine andere Nacht wieder auf, einen von denen, gegen die ich mich ununterbrochen wehren musste – was genau hier nahezu unmöglich war. Ich kämpfte damit, sie nicht die Oberhand gewinnen zu lassen aber die Bilder kamen trotzdem, bruchstückhaft blitzten sie vor meinem inneren Auge wieder auf. Kakashi und seine flache Atmung, so viel Blut. Der Gedanke, nichts mehr für ihn tun zu können, mein Zimmer verlassen zu müssen, wie eine willenlose Gefangene, im Glauben niemals wieder zu kehren. Und um mich herum schlief Konoha, völlig ahnungslos. Ich schlang meine Arme um mich und fröstelte, schüttelte den Kopf und atmete zweimal tief durch, kniff die Augen zusammen, nur um sie wieder zu öffnen als es dadurch noch schlimmer wurde. Ich suchte am Fensterrahmen nach Halt, sträubte mich dagegen, noch einmal zu sehen, wie…Itachi mich hindurch gezogen und mit sich gerissen hatte. Wie ich mich umgedreht und noch einmal in Kakashis Augen gesehen hatte. Meine Brust krampfte sich zusammen, wurde zu eng um genug Luft zu holen und für einige grausame Sekunden war ich so orientierungslos, dass die Dunkelheit ihr übriges tat und Gegenwart und Erinnerung miteinander vermischte. Ich klammerte mich fester an den Rahmen, lauschte meinem pochenden Herzen und wartete, blinzelte einmal, zweimal. Atme. Atme… Ich gab einen gepressten Laut von mir und umklammerte mit der freien Hand meine Brust, krümmte mich zusammen, zog die Beine an. Atme. Das alles lag so viele Wochen zurück und trotzdem suchten mich diese Erinnerungen, an die ich niemals wieder denken, geschweige denn die ich jemals wieder durchleben wollte, heim. Ein paar Minuten vergingen so, drei, vielleicht vier, dann verblassten die Bilder wieder und zurück blieb mein dunkles, stilles Zimmer. Mit einem tiefen Luftholen zwang ich mich aufzustehen, suchte auf wackligen Beinen nach einem Stück Papier und einem Stift und kritzelte mit wenigen Worten eine Nachricht für meine Eltern: Keine Sorge, nur ein Spaziergang, bin bald zurück. Ich schlüpfte in eine längere Strickjacke und meine Sandalen, schnallte mein Holster und den Waffengürtel um, dann stellte ich mich auf mein Fensterbrett und, mit einem weiteren tiefen Luftholen, lief an der Hauswand nach oben aufs Dach und von dort zum nächsten und zum nächsten und zum nächsten. Die stehende Luft in meinem Zimmer wich einem lauen Hauch und durch mein schnelles Rennen peitschte mir der Wind die Haare aus dem Gesicht. Ich trug nicht mehr als kurze Shorts, ein Top und die Jacke aber es war nicht kalt – es war gerade richtig um mich wieder aufzuwecken. Eine Weile jagte ich so über die Dächer, ohne Ziel, bis ich schließlich langsamer wurde, stehenblieb und den Anblick aufnahm, den ich von hier über das Dorf hatte. Nachdenklich setzte ich mich an eine Dachkante, ließ die Beine darüber baumeln und betrachtete meine von Ino lackierten Zehennägel. Ein dunkles Rot, wie das von reifen Kirschen. Ihre hatte ich in einem zarten Rosa lackiert aber sie sahen nur halb so gut aus wie meine. Es sprach sicherlich für ihre Freundschaftsqualitäten, dass sie die Zähne zusammengebissen und das Ergebnis so hingenommen hatte. Ein kurzer Blick nach oben zeigte mir nur hier und da ein paar Sterne und keinen Mond, denn der Himmel war voller tief hängender Wolken. Der grobe Stein der Dachkante grub sich in meine blanken Beine und ich verlagerte beide Hände hinter mich um mich darauf abzustützen. Mein Kopf war wieder klar, die Geister fürs Erste gebannt aber ich konnte mir nicht vorstellen, wie es so weiter gehen, wie es jemals besser werden sollte, geschweige denn wie ich jemals wieder schlafen sollte. Und auch wenn ich im Moment ziemlich ruhig war, so war ich doch nicht entspannt, denn gerade in der Nacht war jeder Schatten und jedes Geräusch mein Feind geworden, ein Jäger der alten Erlebnisse, die mich immerzu verfolgten. Wann hatte ich zuletzt einfach auf einem Dach sitzen und die Sterne beobachten können, ohne bei der kleinsten Veränderung zusammenzuzucken? Als hätte ich es heraufbeschworen spürte ich in diesem Moment ein nahendes Chakra. Um mich herum schliefen alle Bewohner aber dieses bewegte sich unter mir, noch ein paar Straßen entfernt. Augenblicklich und instinktiv saß ich aufrecht und beobachtete alarmiert die hier und da noch beleuchtete Straße vor mir, auf der einen Seite beinah sicher, dass dies keine Gefahr war, auf der anderen an einen anderen nächtlichen Besucher Konohas erinnert, der die Wachen so einfach überwunden hatte, als wären sie nicht dort gewesen. Aber er ist tot. Er kommt nicht zurück. Das Chakra kam näher und zu meinem eigenen Erstaunen…erkannte ich es. Ich zog meinen Kopf zurück, wieder mit pochendem Herzen und kaute auf meiner Unterlippe, nicht mehr besorgt aber dafür unentschlossen. Nur hatte ich jetzt ohnehin keine Wahl mehr, ich hatte ihn bemerkt und dasselbe galt für seine Wahrnehmung von mir. 4) Als ich ihn um die Ecke biegen sah, stand ich auf, machte ein paar Schritte zurück, versuchte mein dummes Herz zu beruhigen und strich mir einige verirrte Haare aus dem Gesicht. Er folgte mir, als hätten wir uns abgesprochen, und erschien nur ein Blinzeln später am Rand des Daches, an dem ich eben noch gesessen hatte, lautlos wie die Nacht selbst und ebenso dunkel. Auf den ersten Blick sah er deshalb aus wie immer, seine Kleidung, seine Handschuhe, sein Hitai-ate… Er hielt etwas dunkles, kleines in der rechten Hand, die linke hob er zu einem trägen Winken. „Kakashi.“ „Der einzig wahre.“ In einem Haus zwei Dächer weiter machte jemand das Licht an und es drang genug davon herüber, dass ich sehen konnte, dass er seine Maske herabgezogen hatte. Und hier und da bildete ich mir ein, noch Kratzer oder frische Narben sehen zu können, wenn ich auch ziemlich sicher war, dass ich dies nur tat, weil ich wusste wo sie sich befanden. „Du kannst nicht schlafen?“ Er sagte es beiläufig, so entspannt als würde es ihn gar nicht wirklich interessieren, mit der ihm so eigenen Heiterkeit in der Stimme. Aber die Umstände, weshalb ich hier war, machten mich leicht reizbar. „Selbst wenn.“ Ich hob defensiv beide Arme und verschränkte sie vor der Brust. Er verstand die Geste. Aber das hatte ihn noch nie davon abgehalten zu sagen, was er sagen wollte. Er hob die Hand mit dem Gegenstand und schwenkte sie kurz. Ich kniff die Augen zusammen um zu erkennen was es war. Eine Taschenlampe? Mein irritierter Blick statt einer höflichen Frage schien ihm auszureichen, um zu erklären, immer noch nahezu unbehelligt. „Ich war auf dem Weg zu dir.“ Das hatte ich von allen Dingen am wenigsten erwartet. Und wozu die Taschenlampe? Wie auch immer. Ich schluckte und bemühte mich um eine feste, unbeeinflusste Stimme. „Du hast mich gefunden.“ Trotz dieses nahezu gleichgültigen Tonfalls, ließ ich ihn nicht aus den Augen. Naruto hatte mir berichtet, dass er gestern entlassen worden war aber deshalb war ich noch lange nicht überzeugt davon, dass sein Zustand sich in dieser kurzen Zeit so weit gebessert haben sollte. Und die herabgezogene Maske? War das nicht ein Zeichen dafür, dass er noch immer nicht besonders gut atmen konnte? Doch wie sollte ich das wirklich beurteilen können? Wir hatten uns seit meinem Besuch bei ihm nicht mehr gesehen. Zwei Tage später war ich entlassen worden und seitdem war fast eine Woche vergangen. Ich war seit sechs Tagen wieder Zuhause. Und jetzt stand er hier und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Als ich ihm all diese Dinge an den Kopf geworfen hatte, hatte ich reichlich Worte gehabt um mich auszudrücken aber jetzt… „Du siehst besser aus – und schlechter, wenn das zur selben Zeit möglich ist. Zumindest aber besser als vor zwei Wochen auf dem Schlachtfeld.“ Er war etwas dichter herangeschlendert, katzengleich und damit in keiner Weise auffällig, kein Hinken, keine Schonhaltung. „Du willst nicht wirklich jetzt darüber sprechen, oder?“, erwiderte ich leise und knirschte mit den Zähnen. Er zuckte mit einer Schulter. „Ganz wie du möchtest.“ Einen Moment legte sich Stille über uns, Stille, in der er entspannt eine Hand in der Tasche vergrub und mit der anderen die Taschenlampe um einen Finger wirbeln ließ, Stille, in der ich übergewahr war, dass er mich ansah und das ziemlich genau. Ich atmete aus. „Was machst du hier, Kakashi?“ Im Licht des Hauses hinter uns glitzerte sein Auge hintergründig. „Sieh mal, Sakura, ich rätsele da an etwas und ich bin mir immer noch nicht sicher, was die Lösung ist. Normalerweise ist es Indiz genug, dass du mich nicht gefragt hast, nach zwei Wochen Krankenhaus wohlgemerkt, wie es mir geht, so wie ich es höflicherweise bei dir bereits getan habe.“ Unvermittelt wurde das Licht wieder ausgeschaltet und Kakashis Umrisse hüllten ihn erneut in Dunkelheit. Er sprach unbeirrt weiter, die ganze Zeit mit einer langsamen, amüsierten Gelassenheit in seiner Stimme. „Die Botschaft ist deutlich. Aber ich weiß, dass du danach nicht fragen musst, Sakura, und wenn die Tatsache, dass du mich die ganze Zeit beobachtest als ob du nur darauf warten würdest, dass ich jeden Moment zusammenbreche, ein Anzeichen dafür ist, dass ich mit meiner Vermutung richtig liege…nun dann…warum so feindselig, Sakura?“ „Feindselig?“, wiederholte ich gedehnt. „Das ist nicht feindselig, Kakashi. Das ist das Resultat eines Gesprächs, bei dem du scheinbar gern so tun würdest, als hätte es nie stattgefunden.“ „Ah. Dieses Gespräch.“ Jetzt hätte ich viel dafür gegeben ihn zu sehen aber die Dunkelheit konnte mich nicht einmal etwas erahnen lassen. Ich festigte meine verschränkten Arme. „Du bist hier, weil du die Sache bereinigen, vergeben und vergessen willst.“ „Wer hat gesagt, dass ich dir vergebe?“ Er stand unvermittelt viel dichter als zuvor, sein Schatten war nur zwei Schritte von mir entfernt. Und zugegebenermaßen hatte er mich damit auf dem falschen Fuß erwischt. So sehr ich den Kern dieser Worte gemeint hatte, so hatte ich doch nicht wirklich darüber nachgedacht, ob er sie mir möglicherweise nicht verzeihen würde. Ich hatte mich vielmehr gefragt, wie wir danach zueinander stehen würden, ob wir überhaupt noch etwas von unserer früheren Beziehung erhalten würden können… Aber – es war nichts geklärt – all das was wir zuvor gemeinsam erlebt hatten, die Nächte, die wir im selben Zimmer geschlafen hatten, im selben Zelt, jeder Kuss…all das war zuvor gewesen. Und jetzt war alles anders, nicht nur durch diese Dinge, die ich ihm entgegen geschleudert hatte. Ich hatte keinerlei Veranlassung so viel in alles hineinzuinterpretieren. Wir waren nicht mehr dieselben. Ich war es nicht. Überhaupt erschien mir alles seltsam weit weg, wie ein Traum, dieses Mal ein guter, aber nichtsdestotrotz eine schöne Erinnerung, die nie wirklich eine Chance gehabt hatte. „Ich habe nicht vor, dich wie ein rohes Ei zu behandeln, Sakura.“ Er hatte die Stimme gesenkt, sie klang tiefer, rauer und ich blinzelte, noch versunken in meine Gedanken. „Als du an diesem Tag zu mir gekommen bist, waren wir gerade vier Tage zurück und niemand kann behaupten in dieser Zeit bereits alles verarbeitet und einen klaren Kopf bekommen zu haben.“ Dass ich ihn kaum sehen konnte, ärgerte mich, vor allem bei solchen Worten. „Du warst verletzt und wütend und von Selbstvorwürfen geradezu zerfressen. Entschuldige also, wenn ich auf dieses Gespräch nichts gebe.“ Das gab den Ausschlag. „Du warst erst seit zwei Tagen wach. Immer noch so verletzt, gerade so wieder bei Bewusstsein. Ich bin eine Medic-Nin, ich wusste darum. Und habe es dir trotzdem gesagt. Und die Tatsache, dass du nichts darauf gibst scheint nur zu zeigen, dass ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt habe.“ Ich hörte ihn leise fluchen. „Würdest du endlich damit aufhören, mich wie einen alten, gebrechlichen Mann darzustellen?“ „Würdest du verdammt nochmal dasselbe bei mir tun?“ Zielsicherer als ich es gedacht hätte, griff ich in der Dunkelheit nach seiner Hand und legte sie auf mein Herz. Die Art und Weise, wie er plötzlich völlig regungslos wurde, machte mich stutzig aber nicht genug um die Wut zu unterdrücken. „Es schlägt. Ich lebe, ich bin gesund. Warum also tust du so, als ob du etwas anderes erwartet hättest?“ Ob der Bewohner des Hauses hinter uns etwas vergessen hatte oder nur nicht schlafen konnte, auf jeden Fall machte er das Licht wieder an und mit der herabgezogenen Maske war die Andeutung eines Lächelns auf Kakashis Lippen damit so deutlich zu sehen wie bei einem gewöhnlichen Menschen bei Tag. „Vielleicht bin ich etwas verwundert, weil es so schnell schlägt?“ Meine Augenbrauen senkten sich unheilvoll. Das Lächeln wurde breiter, ehe er nachdenklich die Stirn runzelte, mit dem Blick auf seiner Hand – und damit auf meiner und meinem nicht unbedingt hochgeschlossenen Ausschnitt. „Ich habe nicht gewusst, dass du deine Berührungsängste bereits verwunden hast.“ Ich ließ meine und seine Hand fallen, als hätte ich mich verbrannt. „Was…?“ „Du weißt wovon ich spreche. Tu nicht so überrascht, Sakura.“ Ich suchte nach Worten. „Aber wer…?“ „Es braucht kein Genie um zu wissen, dass man nach einer Mission und Erfahrungen wie diesen gewisse Narben zurückbehält. Nicht nur, wenn man noch so jung wie du ist.“ Ich war fassungslos. Wer wusste sonst noch davon? War ich jetzt für ganz Konoha die traumatisierte Kunoichi, die die Vergangenheit nicht hinter sich lassen konnte? „Sakura. Warum gestehst du dir nicht das Recht ein, zu heilen? Nach Monaten traumatischster Erfahrungen…es braucht Zeit. Phasen der Trauer und der Wut. Beschuldigungen. Selbstverachtung. Das alles gehört dazu.“ „Erzähl du mir nicht, was dazu gehört und was nicht!“, hörte ich mich selbst fauchen, bevor ich mich stoppen konnte. Wenn jemand mir diese Dinge sagen durfte, dann er, oder? Er hatte bereits genug traumatische Erinnerungen. Ich hätte die Worte am liebsten zurückgenommen. „Kakashi…“, begann ich leise aber er schnitt mich ab. „Mach dir keine Sorgen. Wer will gute Ratschläge hören, wenn er das Gefühl hat, dass nichts hilft?“ Es klang durch und durch verständnisvoll, nicht bitter aber ich musste mich trotzdem erklären. „Es können noch so viele Menschen nett zu mir sein, ich kann nicht verhindern, dass ich misstrauisch bin, schreckhaft und launisch und dass ich mich nicht gern…“ anfassen lasse. „Du kennst dich damit aus, du verstehst es. Aber du hättest niemals so mit mir gesprochen. Du…“ „Beneidest du mich tatsächlich um die Erfahrung mit diesen Dingen, Sakura?“ So sanft wie er es sagte, mit dem Hauch eines Lächelns in der Stimme, schämte ich mich unglaublich dafür, so unsensibel gewesen zu sein. Wie oft hatte er selbst heilen müssen? Wie oft mochte er daran gescheitert sein? Die Luft war abgekühlt und umso mehr konnte ich seine Körperwärme spüren, so dicht wie er noch immer vor mir stand. Das Verlangen mich in seine Arme zu lehnen war unvermittelt da und so unerwartet, dass ich selbst erschrak. Ich hatte seit Monaten nicht mehr so gefühlt. Aber er hatte mich nicht mehr so behandelt, seit wir von der Mission zurück waren. Nicht mehr, seit ich ihn vor so vielen Wochen bei Mamiko und Ari gelassen hatte, um nach Sasuke und Naruto und schussendlich Itachi zu suchen. Für eine Weile schwiegen wir und ich fühlte mich so unerreichbar weit weg von ihm, obwohl uns nur Zentimeter trennten. Ich hatte diese Gespräche vermisst und Kami, ich hatte ihn vermisst, so eine lange Zeit. Ich hatte geglaubt ihn verloren zu haben und diese Erinnerung gehörten zu den schlimmsten, die ich hatte. Und ich hatte wahrlich genug davon. Um mich zu fassen und seine Worte, sein Verhalten zu verstehen, machte ich ein paar Schritt zum Rand des Daches, ließ den lauen Wind durch meine Haare wehen und atmete, genoss für ein paar wertvolle Sekunden das Gefühl in dieser Dunkelheit zu sein und mich dabei - durch seine Anwesenheit - ganz anders als nur Minuten zuvor, so sicher zu fühlen, wie seit langem nicht mehr. Dann warf ich einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass sein Schatten mir zugewandt war und er mich ziemlich wahrscheinlich erneut beobachtete. Mit einem Nicken neben mich, schob ich ein paar verirrte Strähnen hinter mein Ohr, zog die Strickjacke enger um mich und setzte mich erneut an den Dachrand. Er folgte meiner unausgesprochenen Bitte lautlos und tat es mir nach. „Weißt du, ich hätte es nicht gedacht aber du hast dich tatsächlich unglaublich schnell erholt.“ Ich hörte ihn leise lachen und spürte ein altes, vertrautes Kribbeln im Bauch, wieder unerwartet aber willkommen. „Die Haarfarbe täuscht.“ Das brachte auch mich zum Lächeln und ich knuffte ihn in die Seite. Eine Weile saßen wir dort und betrachteten das schlafende Dorf, dann erinnerte ich mich an etwas und drehte den Kopf zu ihm. „Also, wofür war die Taschenlampe?“ Er schüttelte den Kopf, belustigt, irritiert? „Es ist mitten in der Nacht wie du vielleicht bemerkt hast.“ Ich schnalzte ungeduldig mit der Zunge. „Mit der Taschenlampe hätte ich geheime Morsekode an deine Zimmerdecke geworfen um dich zu wecken.“ „Was ist das für eine blöde Ausrede, du…“ Ich stockte, als sich die Teile zusammenfügten. Normalerweise gab Kakashi nichts darauf, höflich zu klingeln, für gewöhnlich tauchte er einfach im Fenster auf, ob man schlief oder las oder gerade in Stimmung war, nackt durchs Haus zu laufen... Aber dieses Mal…hatte er sich die Mühe machen wollen, mich erst zu wecken oder zumindest ans Fenster zu bekommen, um mich nicht zu Tode zu erschrecken? „Wie ich vielleicht schon erwähnt habe… Ich kenne die Nächte, in denen man hinter jedem Schatten eine neue Erinnerung an tragische Erlebnisse findet. Und ich habe bereits öfter die Erfahrung gemacht, in solchen Nächten von sogenannten Freunden auf meinem Fensterbrett überrascht zu werden.“ Kakashi war ein Meister darin, seine Absichten zu verschleiern aber heute war ich mir ziemlich sicher, dass hinter dieser nahezu immer präsenten Maske und all den Eigenarten einer der fürsorglichsten Menschen der Welt steckte. Umso mehr verwirrte mich das Zucken um seinen Mundwinkel. „Ich wollte kein Risiko eingehen, wo ich doch meine eigene Reaktion auf Genmas Überraschungsbesuch noch gut in Erinnerung habe. Angesichts deines…physischen Temperaments habe ich Überlebensvorkehrungen getroffen.“ Ich schnaubte missbilligend und verdrehte die Augen. Aber gleichzeitig bewunderte ich, wie er meine so nervenzerrüttete Verfassung, meine Paranoia in Worte fassen konnte, die mir das Gefühl gaben, nicht völlig allein damit oder zu schwach, um sie allein zu überwinden, zu sein. Und ohne es zu planen, völlig unschuldig, legte ich meinen Kopf auf seine Schulter, so entspannt in seiner Nähe, dass es mir selbst erst auffiel, als er seinen Arm um meine Schulter legte und meinem Kopf damit die perfekte Ablage schuf. Für ein paar Sekunden dachte ich darüber nach. Dann entspannte sich mein Körper und ich machte es mir bequemer. „Also, was hast du gemacht, seit du entlassen wurdest?“, fragte er beiläufig und ich schloss die Augen. „Ich darf noch nicht wieder trainieren oder im Krankenhaus arbeiten. Was glaubst du, also?“ Daran wollte ich gar nicht denken, tagsüber war dieses verordnete Nichtstun schon quälend genug. „Die meiste Zeit habe ich damit verbracht, mein schlechtes Gewissen wegen dir und wegen meiner Eltern und Sasuke zu verdrängen. Und in der restlichen habe ich mich von Ino zu zahlreichen Ablenkaktionen schleppen lassen.“ Seine Hand drückte mich etwas fester. „Kein schlechtes Gewissen wegen mir mehr, okay?“ Ich öffnete die Augen und sah, dass er den Kopf zu mir gedreht hatte. „Wir werden sehen, schätze ich.“, verkündete ich dann mit einem vielsagenden Grinsen. Er schüttelte den Kopf und blickte wieder nach vorn. So ging es noch eine Weile weiter, er fragte nach meinen Eltern und wie sie alles aufgenommen hatten und er fragte auch nach dem Fluchmal aber er hielt es kurz und wollte nur wissen, ob es irgendwelche Veränderungen gegeben hätte. Die meiste Zeit trug ich seitdem längere Ärmel, sodass ich selbst es nur dann ansah, wenn ich es notgedrungen musste aber als ich zuletzt nachgesehen hatte…hatte es genau wie am ersten Tag ausgesehen. Auch wenn das sicher nicht seine Absicht gewesen war, schien es mir als ob die Geister wieder näher gerückt waren, aufgescheucht und erneut darauf aus, mich mit der Vergangenheit zu erdrücken. Der Wind frischte auf, scheuchte die dunklen Wolken unruhig über den Himmel und wehte mir, selbst geborgen an Kakashis Schlüsselbein, meine Haare ins Gesicht. Ich hätte gern geschrien, vor Ungerechtigkeit und vor Wut über meine eigene Unfähigkeit, diese Mission zu überwinden, wieder ich selbst zu sein aber es hatte schon bei meinen bisherigen Versuchen nichts geändert. Ein paar Tropfen fielen auf meine Ärmel und hinterließen dunkle Spuren, als ein leichter Nieselregen einsetzte. Es brauchte nicht lange und meine Haare klebten an meiner Stirn. Kakashi bewegte sich. „Sakura.“, begann er mit einem sanften Drängen in der Stimme. „Wir können nicht hier bleiben. Wir werden komplett durchnässt.“ Ich zog die Jacke enger und starrte auf meine Füße. Er streckte seine freie Hand aus und hob mein Kinn damit an. „Lass mich dich nach Hause bringen, okay?“ Allein der Gedanke – ich machte mich los, sowohl mein Kinn als auch meine Schulter und schüttelte heftig den Kopf. Ich spürte seinen Blick auf mir, ruhig, als er auf die Erklärung wartete. „Ich kann nicht nach Hause zurück gehen.“, sagte ich bitter, kaum hörbar für meine eigenen Ohren und realisierte erst dann selbst, wie zutreffend das war. Ich erwartete, dass Kakashi zumindest nach dem Grund fragen würde, was sicher naheliegend gewesen wäre aber das tat er nicht. Stattdessen handelte er wieder völlig unvorhergesehen, streckte eine Hand aus und hielt sie mir auffordernd hin. Ich sah auf, verständnislos. „Dann komm mit zu mir.“ Ich hielt seinen Blick, wog ab. Und obgleich mich dieser Vorschlag vermutlich viel unentschlossener hätte machen müssen…in diesem Moment war meine Entscheidung vollkommen klar. Ich griff nach seiner Hand, ließ mich von ihm hochziehen, so kraftvoll als wöge ich nicht mehr als eine Feder und nickte. „Okay.“ ------ Also. Jetzt fehlt nur noch der Kakashi-Epilog. Naja und Sasukes Teil. Ach, wie habe ich es vermisst mal wieder ein Kapitel hochzuladen! :) Bis dahin, ihr Lieben! PinkLady18 15.09.2011 Gruselig. Heute ist es genau ein Jahr her, dass ich das letzte Kapitel hochgeladen habe. Und das ohne, dass es mir bis gerade eben klar war. Naja. Ein neuer Anfang, stoßt doch mit mir an, auf schnellere und regelmäßigere zukünftige Updates! :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)