Nur Modelpartner von Eissocke (...oder doch mehr?) ================================================================================ Kapitel 7: Blau --------------- Irgendwann war er anscheinend selber eingeschlafen, denn das nächste, woran er sich erinnerte, war Fuu, die ihn leicht an der Schulter rüttelte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen deutete sie ihm an, ihr zu folgen. Nur widerwillig ließ Umi Naka wieder los. Wenigstens schlief sie immer noch seelenruhig. Schlecht gelaunt tappte er hinter Fuu her, bis sie in der Küche endlich stehen blieb. „Was willst du, Fuu?“, murrte er. Seine Schwester drehte sich um. „Ich wollte nur wissen, wie es ihr geht. Ich hab ihre Sachen im Bad gefunden, das Badewasser war auch noch eingelassen… hast du sie baden lassen?“ Umi senkte den Kopf so weit, dass ihm die Haare über die Augen hingen. „Ich weiß, dass es ein Fehler war… Ich bin einkaufen gegangen und sie ist in der Badewanne eingeschlafen…“ Fuu seufzte kurz. Dann aber schenkte sie ihrem Bruder wieder ein aufmunterndes Lächeln. „Jedem kann ein Fehler passieren, auch dir. Jetzt liegt es aber an dir, dafür zu sorgen, dass keine weiteren Fehler passieren. Du willst doch, dass Naka wieder gesund wird, nicht?“, sie kramte plötzlich in ihrer Handtasche herum, die auf der Küchenanrichte stand. „Will ich. Was wird das, Fuu?“, er beäugte seine Schwester misstrauisch. „Du weißt doch, dass ich eine Freundin hab, die auch öfters krank wird… Ich hab sie heute besucht, weil sie sich mal wieder eine Grippe eingefangen hat und hab mit ihr geredet, auch darüber, dass wir ein fiebriges Mädchen hier haben und es ihr einfach nicht besser geht… Da hat sie mir… Ha, gefunden!“, Fuu zog eine kleine, hellblaue Schachtel aus ihrer Tasche. „Sie hat mir das hier gegeben. Ein Allzweckmittel, dass aber sehr gut bei Fieber und Schwächeanfällen helfen soll. Les dir die Packungsanleitung durch, dann kannst du entscheiden, ob du Naka eine geben willst. Ich mach euch beiden jetzt erstmal was zu essen, du hast den Einkauf einfach bei der Haustür stehen lassen und sicher noch nichts gegessen.“ Sie warf ihrem Bruder die Schachtel zu und widmete sich dann den Tüten und Töpfen auf der Anrichte. Umi starrte erst seine Schwester, dann die Packung an. Er war sprachlos. Fuu war manchmal einfach die Pest… aber wenn sie sich wie eine normale große Schwester benahm, war sie wirklich umwerfend. Umi verneigte sich kurz, so überwältigt war er von ihr. Dann huschte er aus der Küche und die Stiegen hinauf zu seinem Zimmer. Fuu lächelte stumm vor sich hin. Draußen waren die Wolken schon rosa von der untergehenden Sonne gefärbt. Umi hatte sich auf die Fensterbank gesetzt, um den Beipackzettel zu lesen. Es schien nichts wirklich Starkes zu sein, das Medikament basierte auf homöopathischen Substanzen. Die Tablette war klein, also sollte sie keine Schwierigkeiten beim Schlucken bereiten. Umi ließ sich von seinem Platz gleiten und schritt zu seinem Bett. So leise wie möglich ließ er sich auf der Bettkante nieder und strich Naka über den Kopf. Das Fieber war zwar gesunken, aber bei weitem nicht mehr so niedrig wie am Morgen, bevor er sie ins Bad gelassen hatte. Umi biss sich auf die Lippe. Dann schüttelte er den Kopf und besann sich wieder. „Naka… Naka, wach auf…“, er strich ihr weiter über den Kopf, die Wangen… bis sie verschlafen die Augen öffnete und ihn anschaute. „Fuu hat dir Medizin mitgebracht. Komm, ich helf dir beim Aufsetzen.“ Ganz vorsichtig, damit ihr nicht wieder schwindelig wurde, richtete Naka sich auf und rieb sich kurz über die Augen, blinzelte. Umi legte ihr die Tablette in die Handfläche und hielt ihr noch eine Tasse von dem mittlerweile kalt gewordenen Tee hin. Er schaute ihr zu, wie sie brav die Medizin schluckte, das Gesicht verzog, weil der Tee immer noch ekelhaft schmeckte und sich dann einfach an seine Schulter lehnte. Er zog sie an sich. Als Fuu das Zimmer betrat, zuckte er kurz zusammen. Sie aber legte einen Finger auf ihre Lippen und zwinkerte. Ohne irgendetwas zu sagen, stellte sie das Tablett mit der Gemüsesuppe auf Umis Nachttisch und verschwand dann wieder. Umi lächelte. Vielleicht schienen auch nicht alle etwas dagegen zu haben, wenn er ihr nah sein konnte. Und das war er gerade… Sie lehnte an seiner Schulter, atmete ruhig und hatte sich sogar an seinem Shirt festgeklammert. „Naka… Komm, Augen auf. Fuu hat uns Gemüsesuppe gebracht, du brauchst was zu essen.“ Er wartete, bis sie wieder den Kopf hob und half ihr dann, sich mit den Kissen so aufzusetzen, dass sie aufrecht war und das Tablett mit der Suppe auf ihrem Schoß stehen bleiben konnte. Naka schaute die Suppe zwar an, rührte sich aber sonst kaum. Umi schüttelte den Kopf. Sie war wirklich müde… „Ein paar Löffel, dann kannst du wieder schlafen, ok?“, er versuchte, sie zum Essen zu motivieren, aber sie schaute die Suppe weiterhin einfach nur an. Umi seufzte. Dann nahm er einen der Löffel, tauchte ihn in die Suppe und blies vorsichtig. „Mund auf, du Schlafmütze“, er grinste, setzte ihr den Löffel an die Lippen und wartete. Wie auf Kommando knurrte Nakas Magen. Umi lachte kurz. Dann schaute er zu, wie sie die Suppe vom Löffel schlurfte und dabei sogar ein kleines bisschen lächelte. Mit Umis Hilfe hatte sie sogar den ganzen Teller Suppe aufgegessen, bevor sie wieder gähnte. Umi lächelte zufrieden. „Ich bin gleich wieder da, ja?“, er stand auf, um die Teller nach unten zu bringen. Als er wieder kam, hatte sie sich wieder hingelegt und schien schon zu schlafen. Er rollte sein Bettzeug gerade auf dem Boden aus, als er sie reden hörte. „Umi… lass mich nicht alleine…“ Er hob den Kopf. Sie redete nicht im Schlaf, nein. Sie sah ihn sogar mit ihren wunderschönen Augen an. Umi lächelte. „Mach ich nicht. Ich bin doch hier, Doofnuss.“ „Aber ich will nicht alleine schlafen…“, sie rutschte wieder in die großen Kissen zurück, so als wolle sie ihm Platz machen. Umis Wangen färbten sich rot, aber er lächelte. Er nahm einfach seine Decke und eines der Kissen, dann setzte er sich neben sie auf die Bettkante. „Sicher, dass dir das nicht zu eng wird hier?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein… ich bin so gerne bei dir…“ Jetzt wurden seine Wangen sogar dunkelrot. „Was du nicht immer alles von dir gibst, wenn du müde bist… Also wirklich…“, er ließ sich neben sie fallen und warf seine Decke so über das Bett, dass sie beide eingehüllt waren und Naka dadurch noch eine zweite Decke hatte. Sie kuschelte sich einfach wieder an ihn. Er lächelte. Ihre unbeschwerte Art, wenn sie mal so komplett durcheinander war, löste bei ihm Gefühle aus, wie er sie so nicht kannte. Er wollte sie beschützen, für die da sein… und in solchen Situationen, wenn er sich nicht verstellen musste, wurde ihm auch klar, warum er sie so liebte. Aber das würde er nie zugeben, vor niemandem, das war ihm viel zu peinlich. Was sollte Naka auch mit einem solchen Schwachkopf, wie er einer war, das war doch absurd. Es machte ihm nichts aus, wenn sie ihn zurückweisen würde, sollte er jemals so weit sein und es endlich schaffen, ihr zu sagen, wie viel sie ihm eigentlich bedeutete. Solange er sie nur anschauen und wachsen sehen konnte, war ihm das egal. „Umi…“, sie nuschelte, hatte sie Augen schon geschlossen, kurz vorm Einschlafen. „Ja?“, er legte seine Stirn an ihre, um ihr nah zu sein, solange er das konnte. „Ich hab dich lieb, Umi.“ Mit weit aufgerissenen Augen lag er da und schaute das Mädchen an, das das, was er ihr so gerne sagen würde, so einfach über die Lippen brachte. Was es wirklich so leicht? Er schluckte, zögerte kurz. Dann seufzte er. „Ich hab dich auch lieb, Dummi.“ Dann zog er sie an sich. „Und ich lass nicht zu, dass du das wieder vergisst.“ „Werd ich nicht“, ihr flüstern zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. Dann war sie wieder ganz still. Umi kicherte. „Einfach einzuschlafen… Und ob sie das morgen wieder vergessen hat, die Schlafnudel.“ Dann kuschelte er sich in die Decken ein und schloss die Augen. Dass ein Liebesgeständnis so einfach sein und dabei so ein angenehmes Gefühl hervor bringen konnte, war einfach unglaublich. Aufgeweckt wurde er dieses Mal von leisem Husten. Er schlug die Augen auf und sah direkt in das Gesicht des Mädchens, dem er gestern doch glatt seine Liebe gestanden hatte. Erschrocken wich er zurück. Es war wohl doch nicht so einfach… Schließlich war er sich sicher, dass sie es längst wieder vergessen hatte. Und wie konnte er da einfach weiter so neben ihr liegen bleiben? Wenn das irgendjemand von seinen Geschwistern gesehen hätte… Nein, danke, das wollte er sich ersparen. Er rutschte vorsichtig zur Bettkante, um Naka nicht zu wecken und ließ seine Beine aus dem Bett gleiten. Er stand auf, schlich bis zur Tür und hielt dort kurz inne. Schade, dass sie es wahrscheinlich vergessen haben würde… Er seufzte, dann verließ er das Zimmer. Im Badezimmer putzte er sich wie gewohnt die Zähne, starrte dabei ins Leere, bis er zufällig Blickkontakt mit seinem Spiegelbild erwischte. Kaum zu glauben, wie er wieder aussah. Seine Haare standen in alle Richtungen davon, seine Augen waren noch verklebt… und er war knallrot, weil er gerade wieder an Naka und gestern Abend gedacht hatte. Schnell spuckte er den Zahnpastaschaum aus, um sich nicht zu verschlucken, spritzte sich Wasser ins Gesicht und schaute dann abermals in die Augen seines Spiegelbildes. „Du verliebter Schwachkopf du. Als ob sie sich wirklich daran erinnert, hör auf, dir Hoffnungen zu machen, du wirst es ihr sowieso nicht noch einmal sagen. Feigling.“ Dann drehte er sich um und verließ schnurstracks das Badezimmer. Sein Handy fand er in der Küche wieder. Eine Nachricht war auf dem Display zu sehen. ‚Hey, Kajiwara, komm doch um 10 rüber auf den Fußballplatz! Naka wird sicher mal eine Pause von deinen Spielchen brauchen! Ich vermiss dich, Darling, Herzchen, Chi’ „Ich erschlag den Typen, wenn ich ihn in die Finger bekomme!“, Umi knurrte. Dann aber schaute er wieder auf den Bildschirm. Naka schlief tief und fest, es war sonst niemand zu Hause… Und er brauchte jemanden zum Reden. Chi war zwar ein Vollidiot, aber in solchen Situationen konnte man sich immer auf ihn verlassen. Umi sah auf die Uhr. Es war 20 vor 10. Seufzend stopfte er sich ein Brötchen in den Mund, griff nach seiner Jacke und verließ das Haus. „So sieht’s also aus… Respekt, Kajiwara, du bist ja doch ganz schön mutig!“, Chi grinst breit. „Halt die Klappe, als hätte ich ihr das gesagt, wenn sie nicht schon fast im Halbschlaf gewesen wäre! Wenn sie aufwacht, weiß sie garantiert nichts mehr davon und ich werde es ihr sicher nicht noch einmal sagen!“, fauchend drehte sich Umi zu Seite, um sein rotes Gesicht zu verstecken. „Na, na, als ob Naka so verpennt wäre und sich so was nicht merkt! Also wirklich, Kajiwara… Glaubst du wirklich, dass das so ist oder wünscht du dir das, damit du ihr nicht ins Gesicht sagen kannst, was du empfindest? Da werd ich ja ganz eifersüchtig auf Na-chan, wenn sie mir meinen Schatz wegschnappt…“ „Ach, halt doch die Klappe.“ Umi stand auf. „Danke fürs Zuhören, tschüß, du Spinner.“ Er rauschte ab. „Immer wieder gern, du verknallte Erbse!“, rief Chi ihm doch glatt noch nach. Wäre der Typ danach nicht so schnell wie möglich davon gerannt, hätte Umi ihm die Mülltonne neben sich nachgeschmissen. „Verknallte Erbse… Der spinnt wieder was zusammen…“, vor sich her murrend marschierte Umi nach Hause. Aber das Gespräch hatte gut getan. Verrückt war er ja, aber eins musste man Chi lassen… In manchen Dingen besaß er eine Ruhe, die zu beneiden war. Zu Hause angekommen machte sich Umi an den Resten des Mittagessens vom Vortag zu schaffen, dann rief er in der Agentur an, um der Chefin erneut mitzuteilen, dass er wieder eine Weile nicht zur Arbeit kommen würde. Die murrte nicht, widersprach nicht, sondern ließ einfach Grüße an Naka übermitteln, bevor sie auflegte. Auch sie schien vollkommen einverstanden mit der Situation, dass er sich um Naka kümmerte und schien seinen Terminkalender deshalb leer zu halten. Umi blieb noch eine Weile komplett in Gedanken versunken am Küchentisch sitzen, dann schlich er wieder in sein Zimmer hoch und dankte wer weiß wem, dass seine Brüder außer Haus und daher keinen Stress machen konnten. Fuu und sein Vater sorgten immer still und heimlich dafür, dass er sich um sonst nichts kümmern musste, wofür er ihnen wirklich dankbar war. Im Zimmer ließ er sich neben dem Bett auf den Boden fallen. Das Fieberthermometer zeigte einen deutlichen Rückgang der Temperatur… sie war sogar fast wieder im Normalbereich. Umi schaute die Medikamentenschachtel an und dankte ihr heimlich. Wie blöd musste man schon sein, um einer Schachtel zu danken… kopfschüttelnd schaute er Naka an, die anscheinend immer noch tief und fest schlief. Ihr Gesicht hatte endlich mehr Farbe, das Fieber war fast runter… so viel Erleichterung wie jetzt gerade hatte Umi wirklich noch nie empfunden. Er strich ihr kurz über die Haare, dann stand er auf und wollte das Zimmer wieder verlassen, um sie nicht aufzuwecken. Ein Grummeln ließ ihn erstarren. „Umi?“ Er lächelte. Auch ihre Stimme wirkte wieder kräftiger. „Ja?“, er drehte sich zu ihr um, teilweise mit dem genervten Gesichtsausdruck, den er immer auflegte, wenn er etwas verstecken wollte. Und jetzt gerade wollte er verstecken, dass er wirklich hoffte, sie würde sich noch an gestern Abend erinnern. Aber das war wahrscheinlich unmöglich. „Was denn?“ Naka hatte sich etwas aufgerichtet, ihr Blick war allein auf ihn fixiert. Sie zögerte. Er drehte sich wieder zur Tür. „Ruh dich noch ein bisschen aus, ich mach Tee.“ Er hatte schon den Griff der Tür in der Hand, als sie wieder sprach. „Ich… Ich weiß das von gestern noch.“ Er erstarrte erneut. „Und… ich nehme es nicht zurück. Ich… ich hab dich wirklich lieb, Umi.“ Er schluckte. Dann zitterten seine Beine und er sank zu Boden. „Umi?“, erschrocken schoss sie hoch, stolperte die paar Schritte zur Tür und ließ sich neben ihm fallen. „W-was hast du, ist alles ok?“, fragte sie hektisch, verwirrt. „Dummkopf…“, Umi ließ seinen Kopf sinken. „Wie?“, sie zuckte zurück. Und genau in dem Moment legte er eine Hand in ihren Nacken, zog sie an sich und küsste sie. Eine einzelne Träne lief seine Wange hinunter, so glücklich war er, nur wegen ihrer Worte. Was für ein Dummkopf er nicht war… Naka erschreckte erst, erstarrte für einen Moment… Und dann schloss sie die Augen. Und dieses Mal war niemand da, der die beiden stören konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)