Umbruch von Gaomee (Eine Novelle für Shadowtears) ================================================================================ Kapitel 2: Das Schloss ---------------------- Der Himmel erinnerte an ein besonders hübsches Ölgemälde, in welchem die Sonne blutrot unterging, nur um von einem leichten Rosa zu kräftigem Violett hinüber zu schreiten, dass, so wusste die junge engagierte Frau, sehr bald in tiefes Schwarz einer Neumondnacht übergehen würde. Wäre dies ein Gemälde, das in einem sauberen Museum hing, müsste man anmerken, welch wundervolle Pinselführung der Erschaffer gehabt haben musste, wie wunderschön die Farben ineinander übergingen. Gerade aus diesem Grund machten sie ihren Betrachter wohl auch so schläfrig, denn Haruno Sakura Lider wurden schwerer und die langen Wimpern warfen bereits lange halbmondförmige Schatten auf die, sowieso schon dunklen, Ringe unter ihren hübschen grünen Augen. Vielleicht war es aber auch nur das gleichmäßige Rütteln und Tuckern des eher altmodischen Zuges. Dieses kleine Städtchen war nämlich darauf ausgelegt einen in ‚die alten Zeiten’ zurück zu versetzen. Sakura beschloss, falls ihr Hotelzimmer kein heißes Wasser besitzen sollte, mit einem empörten Schrei sofort wieder abzureisen. Plötzlich blinzelte sie. „Was-…?“ Gute Frage. Was ist das? Was sich da von rechts her ins Fenster des Zuges und somit in Sakuras Blickfeld schob, war definitiv ein Zeugnis eines Graf Draculas oder auf jeden Fall etwas Ähnlichem. Zwar war dies nicht Transsilvanien (sondern vielmehr einfach ein Dörfchen mit hübscher Landschaft eine Stunde Zugfahrt von der nächsten Großstadt entfernt), wo er der Sage nach gelebt haben soll. Doch die dunklen Wälder, durch die sie eben hatte tuckern dürfen, hätten ebenso gut aus einem schlechten Horrorfilm stammen können. Denn vor ihr ragte eine, unter Umständen, als wunderschön zu bezeichnende, Burg auf, auf welcher man früher vielleicht tatsächlich Köpfe der gefallenen Feinde auf Palisaden gesteckt hatte, auf dass das Blut das Holz tränkte. Sakura verdrehte bei ihren eigenen Gedanken die Augen. Sie war zu müde; nun kreisten diese Klischees auch in ihrem hübschen Köpfchen umher. Sie hörte aber abrupt auf ihren Schwachsinn zu belächeln, als sie begriff, dass dies wohl die restaurierte Burg sein musste, die neuerdings ‚The Great Eastern Hotel’ genannt wurde, mit einer extra Portion Betonung auf dem Wort ‚Hotel’! Grace stellte sich enttäuscht schon einmal darauf ein, einen empörten Schrei auszulassen und sofort wieder abzureisen. „…Oh ja, viele Leute unterliegen diesem Klischee. Aber, wissen sie, ich persönlich vermute, dass es eine Art Legende ist. So wie Legenden nun einmal entstehen, gab es wohl tatsächlich einmal einen Graf, dessen Namen wohl ähnlich wie ‚Dracula’ klang, aber nicht einmal das muss sein, und für unsere Maßstäbe, vielleicht sogar für die damaligen, brutal war. Es sind Überlieferungen gefunden worden, die besagen, dass es in bestimmten Teilen Europas ‚üblich’ war den abgeschlagenen Kopf seines, nun natürlich ehemaligen, Feindes auf die angespitzten Pfale eines Palisadenzauns, der zur Verteidigung diente, zu stecken und somit zukünftigen Feinden als Abschrecke voran zu gehen, Es gibt natürlich auch diejenigen, die sagen…“, fuhr die Hotelinhaberin, Madam Rosmert, fort, während blonde Ringellöckchen wie verrückt um ihren Kopf tanzten, als sie Sakura, die aufgehört hatte ihr zuzuhören, ihr Zimmer zeigte. Sakura war zwar Journalistin, plante aber nicht einen Artikel über ‚Die Entstehung des Mythos ‚Dracula’’, sondern ‚Frische Landluft – Die besten Hotels in noch naturgetreuer Umgebung’, zu schreiben. „Dankeschön“, murmelte sie deshalb nur, als sie den Schlüssel mit einem müden Lächeln aus der fleischigen Hand ihrer mütterlich grinsenden Gastgeberin nahm und sich auf das breite, altmodische Bett fallen ließ, nachdem das knirschende Leder ihrer Koffer auf dem Fußboden gelandet war, weil ihre wunden Finger es einfach nicht mehr tragen konnten. Wenig später näherte sie sich dann mit vorsichtigen Schritten dem sauberen, wirklich sehr hübschen Badezimmer und drehte an einem Wasserhahn, ließ die schlanken Finger unter den Strahl gleiten… „Heißes Wasser...“, stöhnte sie unter Freudentränen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)