Bleibt alles anders von abranka (SSxGW) ================================================================================ Kapitel 17: XVII. Kapitel ------------------------- Am nächsten Morgen fiel George das Aufstehen schwer. In seinen Gedanken hallte ihr gemeinsames Lachen vom gestrigen Abend noch immer nach. Sie hatten lange gemeinsam gelacht. Severus hatte durchaus einige Zeit gebraucht, bis er seine Fassung wiedergewonnen hatte und der Blick, den er George danach zugeworfen hatte, war ein äußerst ein eindeutiges „Wehe, du wagst es, irgendjemandem etwas davon zu erzählen“ gewesen. Das würde er auch nicht tun. Dieser kleine Moment war für ihn so wertvoll, dass er ihn sicher nicht in die Weltgeschichte hinaustragen würde. Nein... Er gehörte ganz ihnen beiden allein, und das war auch gut so. George lächelte und richtete sich langsam auf. Eigentlich war das etwas, was ihm das Aufstehen hätte leicht machen sollen, wäre dort nicht der nächste Schritt in seinem Plan, den er heute umsetzen wollte. Selbst, wenn er nicht glaubte, dass dieser noch irgendwohin führen würde. Heute war Wintersonnenwende... Ein magischer Tag, zu dem die längste Nacht des Jahres gehörte. Aber vielleicht war es gerade deshalb ein guter Tag, um Phase vier umzusetzen. Phase vier, das hieß, Severus Freds Tagebuch zu geben. George schwang die Beine aus dem Bett, zog die Nachttischschublade auf und nahm das dunkelblaue Buch heraus. Seine Finger glitten über den Einband und er schloss müde die Augen. Er war zu der Überlegung gekommen, dass Fred vielleicht eine Nachricht für Severus darin hinterlassen hatte. Dass er Snape etwas mitteilen wollte. Letztlich war davon auszugehen, wenn er seinem Zwillingsbruder von dieser Beziehung erzählte, dann würde dieser doch sicher auf solch eine Idee kommen, oder? Und... es war nur fair. Nur fair, wenn Snape die Möglichkeit bekam, herauszufinden, ob es noch etwas gab, was Fred ihm hatte sagen wollen. Nur fair... Und dennoch hatte George eine unglaubliche Angst davor, ihm dieses Buch zu geben. Er wusste nicht, was es bewirken würde. Er wusste nicht, ob in Severus alle verheilten Wunden wieder aufgerissen wurden, ob alte Narben wieder bluten würden, ob alte Gefühle wieder auferweckt würden. Er wusste es nicht. Genauso wenig wusste er, wie Severus darauf reagieren würde. Ob er sich verraten fühlte, ob er die Tür zuschmettern würde, die sich zwischen ihnen geöffnet hatte. Ob er Schuldgefühle bekam, weil sich da etwas zwischen dem Bruder seines Geliebten und ihm anbahnte. Ob... George zwang sich dazu, die Gedanken beiseite zu schieben. Er wusste es ja nicht! Er wusste ja gar nichts! Im Endeffekt hatte er doch absolut keine Ahnung, was in Snape vor sich ging. Er konnte nur raten und damit würde er in den meisten Fällen wahrscheinlich sogar absolut daneben liegen! Nein, er konnte absolut nichts prognostizieren. Er konnte ihm nur dieses Buch in die Hand geben und abwarten. George seufzte tief und malte kleine Kreise auf den Einband. Sein Herz schlug so laut, dass er das Pochen ganz deutlich an seiner Kehle spüren konnte. Ihm war kalt. Als er in die Küche kam, saß Severus bereits beim Frühstück und blätterte wie gewohnt in der Zeitung. Georges Herz machte einen leisen Hüpfer. Was, wenn er diesen Anblick nicht mehr jeden Morgen sehen würde? Was, wenn er einfach so wieder aus seinem Leben verschwand? So plötzlich, wie er hineingetreten war? Seine Hände krampften sich um das mitternachtsblaue Buch. Er konnte es einfach sein lassen. Es ihm einfach verschweigen, es ihm ein anderes Mal geben. Es ihm gar nicht geben. Es wäre so einfach... Doch er konnte das nicht. Er wollte nicht, dass er von irgendwelchen Dingen ausging, die es nicht gab. Er wollte sich nicht in irgendwelche Hoffnungen stürzen, die nicht berechtigt waren. Und er wollte, dass es Severus bei all dem, was auch immer geschah... gut ging. Dass er keine Lasten der Vergangenheit mit sich herumschleppte. Dass er sich selbst entscheiden konnte, ob er hören wollte, ob Fred etwas für ihn hinterlassen hatte. George wollte ihm diese Entscheidung nicht abnehmen. Es war seine und es sollte seine bleiben. Entschlossen trat er vor. Als Snape jedoch aufblickte und der Blick aus den schwarzen Augen ihn traf, hätte er dennoch am liebsten auf der Stelle kehrtgemacht. „Ich... Nimm dir heute frei. Verity, Itodi und ich schaffen das schon alles. Ich...“ Er streckte die Hände aus und hielt Severus das Tagebuch hin. „Mitten im schlimmsten Weihnachtstrubel? Und was ist das?“ Skepsis und Misstrauen lagen in der Miene des ehemaligen Todessers. „Freds Tagebuch. Ich... ich denke, dass du es dir ansehen solltest.“ George hasste sich selbst dafür, dass er ins Stammeln geriet und kaum noch geradeaus sprechen konnte. Snapes Gesichtsausdruck verschloss sich schlagartig. „Ich denke nicht, dass es angemessen wäre, das Tagebuch jemand anderes zu lesen.“ „Nein... Du verstehst nicht. Er hat es verzaubert. Jeder, der es öffnet, hört das, was er für ihn dort hineingesprochen hat. Und ich denke, dass er etwas für dich darin gespeichert hat. Dass es etwas gibt, was nur du hören sollst. Bitte. Wenn nicht für dich, dann für ihn.“ George schlug die Augen nieder. Er konnte ihn nicht mehr ansehen. Er wollte nicht sehen, was sein Gesicht ausdrückte – oder eben nicht zum Ausdruck brachte. Er hielt den Kopf gesenkt und die Augen niedergeschlagen, während Snape den Stuhl zurückschob, aufstand, das Buch ohne ein weiteres Wort aus seinen Händen nahm und ging. Erst dann wagte er es, wieder aufzusehen und ließ sich zitternd auf den noch warmen Stuhl fallen. Er hoffte nur, dass das kein Fehler gewesen war. Er hoffte es nur sehr. Wenn Severus doch wenigstens etwas gesagt hätte! Aber was hätte er andererseits denn schon großartig sagen können? Er biss sich auf die Lippe und seufzte tief auf. Jetzt hieß es abzuwarten. Nichts anderes konnte er tun. Als er ins Ladenlokal kam, fragte Verity natürlich, warum sie heute allein die Stellung an der Theke halten musste und er die meiste Zeit mit dem Versand verbringen würde. „Wie, er hat etwas anderes zu tun? Verdammt, George! Wir brauchen Hilfe!“, fauchte sie und stemmte die Hände in die Hüften. Ihre blonden Locken flogen nur so hin und her als sie den Kopf voller Unverständnis schüttelte. „Verity, es gibt manchmal Wichtigeres. Das hier ist wichtiger für ihn“, sagte George sanft. Es fiel ihm schwer, so zu sprechen. Es fiel ihm schwer sie nicht anzubrüllen und ihr zu sagen, dass sie sich nicht so anstellen solle und dass das schon alles irgendwie funktionieren würde. Und dass sie ja gehen könne, wenn ihr das alles nicht passte. Aber er konnte und wollte sie nicht vor den Kopf schlagen. Sie konnte ja nichts für seine Anspannung, sie konnte ja nichts für diese gesamte Situation. Sie seufzte tief auf. „Na super... Du solltest dann darüber nachdenken, Hermione bei Gelegenheit mal zu fragen, ob sie dir nicht noch eine solch tüchtige Hauselfe vermitteln kann.“ Sie wirbelte auf dem Absatz herum und begann die Auslagen zu sortieren. In wenigen Minuten würden sie öffnen und die ersten Kunden drückten sich bereits jetzt die Nasen an der Scheibe platt. George nickte schwach. „Das werde ich wohl sowieso. Wenn du Hilfe brauchst und hier alles zusammenbricht, ruf mich einfach, ja?“ Die Antwort bestand in einem vorwurfsvollen Schweigen, das George nichtsdestotrotz als Zustimmung wertete. Er war gerade einige Schritte weit gekommen, als Verity noch etwas hinzufügte. „George, ich weiß, dass du ihn wirklich gern hast, aber so geht das nicht. Ihr müsst eure verdammte Beziehung endlich mal in klare Bahnen bringen. Ihr schleicht umeinander herum und weicht euch aus, dass es einfach nur noch schrecklich mit anzusehen ist!“ „Was...?“ Fassungslos starrte er seine Mitarbeiterin an. War dem tatsächlich so? Bildete er sich gewisse Dinge wirklich nicht nur ein? „Bei Merlin, ich bin doch nicht blind! So, wie die Funken teilweise zwischen euch fliegen! Nachdem sicher war, dass der Laden gerettet ist, war das auf einmal anders, aber jetzt... bewegt ihr euch in genau die gleiche Richtung. Kriegt das bitte endlich auf die Reihe! Unter den Bedingungen kann doch keiner arbeiten!“ George musste lachen. Mit zwei schnellen Schritten war er bei der jungen Frau und schloss sie in die Arme. „Du bist großartig, weißt du das?“ Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange und ließ sie wieder los. Verwirrt blickte Verity ihn an. „Was war das denn jetzt?“ „Nur ein Dankeschön.“ George grinste breit und wirbelte herum, um sich seinen anderen Aufgaben zu widmen. Wenn Verity Recht hatte, dann war das, was er gerade getan hatte, nur das Richtige. Es war notwendig. So war es doch. Absolut notwendig, dass dieser Teil ihrer – seiner! – Vergangenheit abgeschlossen wurde. Ansonsten würden sie niemals auch nur irgendeine Art von Chance haben. Niemals. Und selbst, wenn er Severus jetzt endgültig verlieren sollte, so hatte er doch letztlich nur alles getan, um ihnen beiden eine Chance zu eröffnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)