Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 113: Abschiede ---------------------- Abschiede Catherine schlug die Augen auf und blickte sich erschrocken um. Ihr Atem ging schnell, sie war verwirrt und noch ehe sie einordnen konnte, befand sie sich in Lestats Armen, die sie hielten und ihr Sicherheit gaben. Catherine drückte ihr Gesicht gegen seine Brust und drängte sich gegen ihn weiter in seine Arme. Woher sie die Kraft nahm, das zu tun, wusste sie nicht, doch es schien ihr das einzig Richtige zu sein. Sie atmete flach und schnell und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, was ihr nicht gelang, weshalb sie lieber überhaupt nicht mehr denken wollte. „Hattest du einen Alptraum?“ fragte Lestat leise, als sich Catherine etwas beruhigt hatte, worauf sie den Kopf schüttelte. Lestat fragte nicht weiter, sondern hielt Catherine einfach in seinen Armen und strich ihr beruhigend über den Oberarm und den Rücken, küsste ihre Haare und wiegte sie sanft. Sie hatte bestimmt geträumt. Er sah keinen anderen Grund, warum sie sonst in dieser Verfassung aufwachen sollte. „Ich habe sie gehört.“ flüsterte Catherine, wollte aber noch nicht aus seinen Armen. „Wen?“ fragte Lestat und streichelte weiter ihren Rücken. „Margaret Barcley. Sie hat mit mir gesprochen.“ entgegnete sie, schüttelte aber den Kopf. „Doch ein Alptraum.“ bemerkte er, doch wieder schüttelte sie den Kopf, löste sich etwas von ihm und blieb vor ihm sitzen, während sie immer wieder den Kopf schüttelte. „Wir haben uns unterhalten. Sie hat mir Dinge gezeigt… Habe ich etwas gesagt, während ich geschlafen habe?“ „Nein, du warst ganz still.“ antwortete Lestat und strich Catherine eine Haarsträhne aus der Stirn. Catherine nickte und fuhr sich mit den Händen über die Augen. Es war alles wohl doch nur ein Traum gewesen – nur die Tatsache, dass sie dann plötzlich gegen Ende des eigenartigen Traumes sich selbst am Fenster gesehen hatte… wie auch sie selbst in jener Nacht eine Gestalt im Park gesehen hatte. Oder hatte sie das nur in ihren Traum eingebaut. „Worüber habt ihr gesprochen?“ fragte Lestat und Catherine zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht mehr genau, doch schon, aber ich bin noch so verwirrt.“ „Du musst es mir nicht sagen.“ beruhigte Lestat und wollte sich vom Bett erheben, doch Catherine griff nach seiner Hand. „Sie hat mich gefragt, ob ich sie hasse. Das hat mich am meisten verwundert… Ich meine, wieso sollte ich sie hassen?“ „Du stirbst wegen ihr, Catherine.“ entgegnete Lestat gepresst, doch Catherine schüttelte vehement den Kopf. „Nein, ich sterbe nicht wegen ihr. Sie konnte das Ende nicht absehen. Sie wollte nicht, dass das geschieht.“ versicherte sie, doch überzeugte ihn damit nur teilweise. Es war schwer, über die Schuld oder Unschuld von jemandem zu diskutieren, wenn derjenige, der den Schaden hatte, gänzlich von der Unschuld des Schuldigen überzeugt war. Und für ihn war Margaret Barcley die Schuldige. Sie hatte sich ihrem Schicksal entzogen und sich auf diesen Pakt mit Magnus eingelassen. Sie hatte Catherine dazu verdammt, nun genauso – vor ihrer Zeit – zu sterben. „Lestat?“ fragte sie leise und ließ ihre Finger über seine Hand streichen, sodass er aufblickte. „Die anderen. Ich möchte sie noch einmal sehen.“ flüsterte sie, worauf er nickte. „Jetzt?“ fragte er, worauf sie nickte. „Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt.“ erklärte sie leise und Lestat nickte wieder, da er nicht sprechen konnte. Er war Schuld. Magnus war Schuld. Magnus. Und damit auch er. Er trug dasselbe Blut in sich. Dasselbe wie Catherine, doch sie konnte am allerwenigsten für das alles… „Lestat, bitte.“ meinte Catherine, als Lestat sich noch nicht gerührt hatte. Er nickte, erhob sich vom Bett und verließ das Zimmer, um die anderen zu holen, damit Catherine von ihnen und sie von Catherine Abschied nehmen konnten. Wenig später standen alle um Catherines Bett und keiner von ihnen wusste, was er sagen sollte. Nicht diejenigen, die darauf warteten, dass Catherine etwas sagte, noch Catherine selbst. Lestat hatte ihr das Kissen etwas aufgeschüttelt und nun saß sie leicht aufgerichtet in ihrem Bett und ließ ihren Blick von einem zum anderen wandern. Die Vampire unter ihnen hatten schon so viel Tod gesehen, doch trotzdem schienen sie nicht recht zu wissen, wie sie sich verhalten sollten. Sie blickten sie an, doch sahen sie doch nicht. Schmerz lag in ihren Augen, der Catherine etwas verwunderte, denn obwohl sie wusste, dass sie sich stets auf sie hatte verlassen können, war ihr doch entgangen, wie viel sie ihnen bedeutete. Ihr Blick glitt weiter zu Lea, deren Augen sie mit tränenverschleiertem Blick ansahen. Sie hatte viel geweint, bemerkte Catherine, als sie ihre geröteten Augen sah, und fühlte, wie die Tränen in ihr aufstiegen. Lea hatte in ihren jungen Jahren bereits so viel Leid und Kummer erfahren, dass es einfach nur ungerecht war, wenn auch Catherine sie nun noch im Stich ließ. Catherine senkte den Blick und schaute auf ihre Hände. Ja, sie ließ Lea im Stich, obwohl sie das niemals gewollt hatte. Sie hatte sich geschworen, dass sie zusammen halten würden. Sie hatte gewollt, dass sie eine Familie sind. Cousinen. Schwestern. Irgendetwas in diese Art, doch auf keinen Fall hatte sie gewollt, dass es so endete. Manche Dinge lagen eben einfach nicht in Menschenhand… Nun, zumindest nicht in der eigenen Hand. „Ich denke, es ist Zeit.“ brach Catherine endlich das Schweigen. Marius nickte leicht, doch schüttelte gleich darauf den Kopf. Er war in Gedanken versunken. Gedanken, was sie hätten tun sollen. Gedanken, was anders hätte kommen können. Gedanken, die sie alle wohl noch lange begleiten würden. „Ich bin froh, dass ich euch kennen gelernt habe.“ sprach Catherine weiter und fühlte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Catherine wandte den Blick zu Lestat und sah, dass er für einen Moment die Augen schloss und den Kiefer fest aufeinander presste. Seine Lippen bebten und seine Hände zitterten, als er die Arme vor der Brust verschränkte und schließlich den Blick senkte. Sie bedachte Marius, David, Armand, Louis und Bruyard mit einem langen Blick, ehe sie weitersprach: „Ich danke euch von Herzen, dass ihr es versucht habt. Das bedeutet mir sehr viel. Und ich bin mir sicher, dass ihr eine Möglichkeit gefunden hättet, wenn es … wenn es Sinn gehabt hätte, weiter nach ihr zu suchen.“ Sie nickten alle betrübt und murmelten, dass es selbstverständlich gewesen wäre. Selbstverständlich. Catherine stiegen die Tränen in die Augen, als sie nickte und den Blick senkte. „Danke.“ wiederholte sie tonlos. Die Tränen bahnten sich ihren Weg ihre Wangen hinab und fielen auf ihre Hände und die Bettdecke. Catherine spürte, dass sich jemand neben sie auf das Bett setzte, und blickte auf. Es war Marius. David und Armand standen hinter ihm. Marius ergriff ihre Hand und strich vorsichtig über sie. „Es war eine Ehre für mich, dich kennen zu lernen, Catherine.“ sagte er und küsste sie auf ihren Haaransatz, ehe er sich nach einem langen Moment erhob, und David zu ihr trat, der dasselbe tat. Armand kniete sich vor ihr Bett auf den Boden nieder und ergriff ihre Hand. „Au revoir, Mademoiselle.“ sprach er ernst, führte ihre Hand zu seinen Lippen und berührte sie sanft, ehe er Bruyard Platz machte. Catherine blickte noch einmal zu Armand und hoffte, dass er Recht hatte und es einen Ort geben würde, an dem sie sich alle – irgendwann einmal, in ferner Zukunft – wiedersehen würden. „Catherine… Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ begann Bruyard und Catherine legte ihm ihre Hand auf seine Hand. „Es ist in Ordnung. Sie haben so viel für mich getan, Monsieur.“ entgegnete sie. Bruyard nickte nur und Catherine sah ihm nach, wie er sich zurückzog, bis sie ihren Blick nicht mehr von Louis und Lea wenden konnte. Louis kam zu ihr, drückte ihr die Hand und verabschiedete sich von ihr, während Lea nur zögerlich an das Bett trat. Catherine warf Lestat einen Blick zu und er nickte. Sie wollte allein mit Lea sprechen. Er setzte sich langsam in Bewegung, berührte Marius und Armand am Arm und alle folgten ihm hinaus, während sie zum letzten Mal Catherine ansahen. Die Tür schloss sich beinahe geräuschlos und Catherine lauschte den Schritten, die allmählich auf dem Gang verklangen, während sie die Tür betrachtete, durch die gerade alle verschwunden waren. Es hatte so etwas Endgültiges, dass es ihr die Kehle zusammenschnürte. „Es tut mir leid, Lea. Es tut mir leid, wie alles gekommen ist.“ meinte Catherine schließlich, als sie die Kraft gefunden hatte, den Blick von der Tür zu Lea zu wenden. Sie schüttelte den Kopf und blickte auf ihre Hände, als ob sie das nicht hören wollte. „Ich weiß, dass ich nichts sagen kann, um es erträglich zu machen. Ich weiß auch, dass ich selbst… Ich weiß nicht, wie lange ich noch durchhalte.“ „Hast du Schmerzen?“ fragte Lea leise, worauf Catherine den Kopf schüttelte. „Nein, keine Schmerzen. Ich bin nur so unsagbar müde und matt.“ erklärte Catherine und schloss für einen Atemzug die Augen. „Ich wollte Abschied nehmen, bevor ich es vielleicht nicht mehr kann. Ich wollte nicht gehen, ohne euch… besonders dich noch einmal gesehen zu haben.“ Lea nickte nur und wischte sich die Tränen von den Wangen. Dann schüttelte sie den Kopf und ließ den Kopf gegen ihre Brust sinken. Sie schluchzte leise. „Es ist ungerecht. Es ist einfach nur ungerecht. Wieso du? Wieso überhaupt jemand? Und wieso musst du dich dazu entscheiden, für die Menschen zu sterben? Wie kannst du… Wie kannst du mich allein lassen?“ „Du wirst nicht allein sein.“ versprach Catherine und nahm Lea in ihre Arme. „Du wirst nicht allein sein.“ wiederholte sie und wiegte Lea sanft hin und her. Lea weinte und auch Catherine rannen die Tränen wieder verstärkt über die Wangen. Es schmerzte einfach nur. Es zerriss sie beinahe, dass sie nichts tun konnte, um Leas Schmerzen zu verringern. „Du wirst mir so fehlen. Du warst die einzige Familie, die ich jemals wirklich hatte… bei der ich mich sicher und geborgen gefühlt habe.“ flüsterte Lea stockend und Catherine festigte ihre Umarmung um sie. „Ich… Ich werde da sein, Lea. Du musst nur daran glauben. Ich werde bei dir sein, wenn du an mich denkst.“ Lea schüttelte nur stumm den Kopf und vergrub ihr Gesicht an Catherines Hals. „Und du hast Louis, der dich nicht verlassen wird. Lestat wird auch bei dir sein…“ „Sie sind nicht du. Sie können dich nicht ersetzen!“ rief Lea und Catherine hob sie ein Stück von sich weg. „Niemand kann einen Menschen gänzlich ersetzen, wenn er gehen muss.“ entgegnete sie und strich Lea sie Haare aus dem Gesicht. „Ich weiß, dass sie ihr Bestes geben werden. Du wirst sehen.“ Lea nickte stumm und blickte Catherine an, die langsam und regelmäßig atmete. „Du wirst deinen Weg finden, Lea. Ich bin mir ganz sicher. Du wirst eine starke Frau werden, die mit beiden Beinen im Leben steht und weiß, was sie will und was sie dafür tun muss. Du wirst an deine Grenzen stoßen und über sie hinauswachsen.“ fuhr Catherine fort und nickte zur Bekräftigung ihrer Worte. „Ich sehe mich nicht als Opfer, aber ich weiß, was ich zu tun habe. Wenn mein Tod großes Unheil verhindern kann, ist das ein Glück, das wir sonst nicht hätten. Es ist eine Chance, kein Übel, dass die gedankenlosen Kreaturen an mein Leben gebunden sind. Die Pläne der Bruderschaft werden sich auflösen. Das ist gut. Und irgendwann wirst du verstehen, dass es die richtige Entscheidung war, die ich getroffen habe.“ Lea nickte, konnte die Tränen aber nicht zurückhalten, da sie Catherines Worte zwar mit dem Verstand, aber nicht mit dem Herzen begreifen konnte. Sie spürte Verlust und Angst – nicht die Tatsache, dass es richtig war. „Ich habe dich lieb, Lea. Das wirst du nicht vergessen, nicht wahr?“ „Nein, ich werde es nicht vergessen. Bestimmt nicht.“ versicherte Lea und umarmte Catherine noch einmal. „Ich habe dich auch lieb.“ flüsterte Lea und schwieg dann gemeinsam mit Catherine und weinte lautlos, bis sie sich schließlich löste, vom Bett erhob und Lestat wieder zu Catherine schickte, damit er bis zu ihrem letzten Atemzug bei ihr blieb. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)