Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 97: Der verletzte Eid ----------------------------- Der verletzte Eid Louis und Catherine sahen sich unschlüssig an, ehe beide zu Lea sahen, die ruhig auf dem Sofa saß. Catherine war sie etwas zu ruhig, doch sie war wach und blickte in ihre Richtung. „Wie geht es dir?“ fragte Catherine und schaltete den Fernsehapparat aus. „Gut. Den Umständen entsprechend, denke ich.“ entgegnete Lea leise und lächelte. „Das bringt mich zu meiner Frage.“ meinte Louis und setzte sich neben Lea. „Was ist mit dir passiert?“ „Ich bin… Ich habe…“ begann Lea, doch schüttelte den Kopf, da sie nicht wusste, wie sie es erklären sollte. Catherine reichte ihr ein Glas Wasser und sah zu, wie sie einige Schlücke trank, ehe sie das Glas zurückgab. „Wie geht es dir, Catherine?“ fragte Lea und blickte sie prüfend an. „Mir? Wieso… mir?“ „Ja, das verstehe ich auch nicht.“ gab Louis zu und blickte von Catherine und Lea hin und her, zwischen denen sich eine Art unsichtbares Band entwickelt zu haben schien. Leas Augen hielten Catherines Blick aufmerksam und auch Catherine blickte Lea aufmerksam an, als würde sie abschätzen, was sie ihr anvertrauen konnte und was nicht. Ihre Körper waren beide entspannt, doch dennoch zurückhaltend und vorsichtig, als wüssten weder Catherine noch Lea, was sie voneinander halten sollten. Sie waren trotz ihrer offensichtlichen Neugier und Offenheit beinahe in einer Verteidigungshaltung dem anderen gegenüber. Lestat hatte es aufgegeben, die anderen zur Eile anzutreiben, denn sie waren zu fasziniert von der Darstellung der Welt im runden Saal. David studierte die Formen und und Grenzen der Länder, die Meere, bei denen er völlig begeistert auch bekannte, alte Seerouten eingefügt entdeckte. Marius hatte an den Wänden ebenfalls Malereien entdeckt, die allerdings schon sehr zerstört waren – was ihm Rätsel aufgab. Warum ließ diese Organisation, die den Boden offenbar pflegte, die Wände derart von der Zeit zerstören? Das wollte untersucht werden… Nur Armand stand noch immer an der Stelle, an die er getreten war, als sie den Raum betreten hatten, und lauschte nach eventuellen Geräuschen, die ihm verdächtig vorkamen. Lestat bedachte die Gänge, die von diesem runden Saal ausgingen, mit einem flüchtigen Blick, doch das Bild auf dem Boden hatte wie die anderen auch ihn gefesselt, sodass sein Blick schnell zu ihm zurückkehrte, obwohl er nicht in diesem Saal verweilen wollte. Um das gesamte Bild verlief auf einem Ring auf weißem Stein eine Inschrift, die mit rotem Mosaik in den Grund gelegt worden war. Lestat trat ein Stück von Armand weg, der unbewegt mehr seine Gefährten als den Saal betrachtete, und folgte dem Schriftlauf, während er die Worte in lateinischer Sprache still las und gleichzeitig übersetzte und vorlas: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes und die Feste verkündigt seiner Hände Werk. Ein Tag sagt’s dem anderen und eine Nacht tut’s kund der anderen; ohne Sprache und ohne Worte, unhörbar ist seine Stimme. Ihr Schall geht aus in alle Lande und ihr Reden bis an die Enden der Welt.“ „Das ist der Beginn des neunzehnten Psalm.“ sagte Armand und Lestat nickte, da er das auch wusste, worauf Armand das Gesicht verzog und Lestat auf den Plan in seiner Hand sah. „Catherine hat drei Gänge aufgezeichnet, die von diesem Saal abzweigen.“ meinte Lestat nach einer Weile. „Und? Wo ist das Problem?“ fragte Armand und blickte sich um. „Ich sehe vier.“ entgegnete Lestat und wies mit dem Kinn zu dem Gang, der sich Richtung Norden vom runden Saal trennte. „Welchen müssen wir nehmen?“ fragte Marius, doch sah wie Lestat in diesen nördlichen Gang. „In die Bibliothek führt der östliche Gang.“ meinte Lestat, wies mit dem Plan in die richtige Richtung und ging voran, damit ihm die anderen folgen konnten. „Okay, was ist los mit euch?“ fragte Louis verwirrt, da Catherine und Lea ihre Position einige Minuten nicht verändert hatten und sich anschwiegen, als würden sie sich immer noch gegenseitig abschätzen. „Der Brand in Thirlestane Castle war kein Zufall, doch das hast du schon vermutet, nicht wahr, Catherine?“ ignorierte Lea Louis Worte und wandte den Blick nicht von Catherine ab. „Es kann kein Zufall sein – nicht in dieser Nacht. Ich vermute, die Bruderschaft…“ begann Catherine, doch Lea schüttelte den Kopf. „Ich habe gesehen, was geschehen ist. Ich habe alles gesehen. Es war nicht die Bruderschaft. Die einzige Schuld der Bruderschaft besteht darin, dass sie wusste, was geschehen würde. Es war Saerlaith selbst.“ Catherine schüttelte ungläubig den Kopf, doch sie zweifelte nicht an Leas Worten. Wenn Lea sagte, dass Elizabeth für das Unglück verantwortlich war, dann stimmte das auch. „Du müsstest auch etwas gespürt haben, als das Feuer ausbrach, Catherine – wie ich.“ meinte Lea weiter und musterte Catherine. „Was hat sie davon? Was hat Elizabeth davon?“ fragte Catherine, ohne auf Leas Worte einzugehen. „Sie denkt immer noch, dass sie Morair erwecken kann. Nun, sie dachte es.“ „Heißt das…?“ „Sie starb in den Flammen.“ erläuterte Lea nüchtern. „Hat sie das beabsichtigt?“ „Nein.“ „Was ist geschehen, Lea? Du sagst, du weißt, was geschehen ist.“ „Saerlaith feierte mit den Mädchen Beltane. Sie hatte ihren teuflischen Plan schon seit längerer Zeit gefasst: Das Blut von einundzwanzig Mädchen in den Flammen – diese Nacht bot die Gelegenheit. Elatha sollte sich in London aufhalten, und da Saerlaith sie nicht in ihre Pläne eingeweiht hatte, traf sich das sehr gut. Du musst wissen, dass Saerlaith und Elatha seit meiner Entführung heimlich gegeneinander gearbeitet haben: Saerlaith für ihre Rache mit Hilfe Morairs, Elatha unter dem Deckmantel der Talamasca für die Bruderschaft. Gerade noch rechtzeitig spielte die Bruderschaft Elatha Informationen zu, dass sie nur noch zwei und zwei zusammenzählen musste: Saerlaith plante, mit dem Blut der Mädchen endlich den letzten Schritt zu machen, der Morair erwecken würde – der letzte, der noch eine Chance hatte, Erfolg zu haben, nachdem alles andere keinen Erfolg gebracht hatte. Natürlich rechnete die Bruderschaft damit, dass Saerlaith und Elatha sich uneinig sein würden – die eine wollte Morair erwecken, die andere dies auf jeden Fall verhindern. In ihrer Treue zur Bruderschaft reiste Elatha also zurück nach Irvine, um das Werk ihrer Mutter zu vereiteln, doch es kam zu einem riesigen Streit, den die beiden im Büro führten. Die Mädchen feierten währenddessen weiter, waren fröhlich und ausgelassen und tranken aus ihren Gläsern, in denen allesamt ein starkes Beruhigungsmittel mit dem Getränk vermischt war. Der Streit im Büro eskalierte: Saerlaith griff nach einer Vase und schlug sie Elatha auf den Kopf, sodass sie zusammenbrach. Dann eilte Saerlaith zu den Mädchen, bei denen das Medikament gewirkt hatte, und legte das Feuer. Saerlaith schloss die Tür und wartete, bis sie draußen vor der Tür die Flammen fühlen konnte, begab sich dann langsam, und immer mehrere Schritte vom Feuer und Rauch zurückweichend zu ihrem Büro, von wo aus sie die Feuerwehr rufen wollte, um zu verhindern, dass später der Verdacht auf sie fiel. Sie tat ihren Anruf, legte auf und wurde von Elatha mit dem Brieföffner lebensgefährlich verletzt, die eben nicht erschlagen, sondern nur bewusstlos gewesen war. Saerlaith riss Elatha mit zu Boden und Schlug ihren Kopf hart gegen den Holzboden.“ fasste Lea zusammen und blickte das erste Mal hinab auf ihre Hände, die leicht zitterten. „Sie starben beide.“ fügte sie hinzu und sah wieder auf. Catherine nickte erschüttert und wusste nicht, was sie sagen sollte. Louis begnügte sich ebenfalls damit, den Arm um Leas Schultern zu legen – nicht, da sie sonderlich um ihre schon vorher verlassene Familie trauerte, sondern da sie das alles hatte sehen müssen. „Sag’ mir nicht, dass du nicht gespürt hast, als es geschehen ist.“ „Ich hatte… habe… Kopfschmerzen.“ gestand Catherine und erzählte Lea auf deren Bitten genau, wie es ihr in der Küche ergangen war. Lea lächelte plötzlich, was weder Catherine noch Louis verstanden. „Du bist noch du. Das war Morairs letzter Versuch, deinen Körper zu übernehmen, denke ich. Sie hat versagt. Du bist stärker.“ erklärte sie schnell. „Na, dann. Wenn das so ist, haben wir tatsächlich einen Grund zur Freude, auch wenn es mir schwer fällt, mich zu freuen.“ meinte Catherine, worauf Lea düster nickte und Louis Arm von ihrer Schulter streifte. „Das ist wahr. Es sind viele Unschuldige gestorben in dieser Nacht.“ gab Lea traurig zu und blickte auf den Tisch. „Das Feuer versengt die falschen Dienerinnen, die Hass gesät, wo der Baum des Lebens blühte. Ihr Blut fließt rot über leblosen Stein, versickert im Boden, die Toten zu wecken und das dunkle Werk zu vollenden, das von Feindeshand begonnen ward.“ flüsterte Lea tonlos und suchte Catherines Blick, die Lea ruhig ansah. „Weißt du, was das bedeutet?“ „Nein.“ gab Catherine zu. „Teagair ist die Schützerin unseres Hauses gewesen. Sie … Ich glaube, du hast Louis vorhin erklärt, was sie für uns ist.“ „Ja, ganz knapp.“ erwiderte Louis und Catherine nickte. „Wie ihre Vorgängerinnen leistete Saerlaith einen Eid, als sie von ihrer Mutter die Rolle übernahm, die ihr bestimmt war, die Verantwortung für die jungen Hexen mit sich brachte. Sie schwor im Namen Teagairs, für ihr Wohl zu sorgen, sie zu schützen und sie in ihren Kräften zu unterrichten, ihnen Verständnis für Gerechtigkeit, Gnade und Toleranz zu vermitteln, dass sie im Erwachsenenalter mit dem angemessenen Bewusstsein um ihre Macht in ihr eigenes Leben entlassen werden konnten. Die Idee von Thirlestane Castle war ursprünglich keinesfalls eine Idee der Trennung von anderen Menschen, sondern die Idee eines möglichen Miteinanders, das nun einmal nur möglich ist, wenn Hexen ihre Kräfte weise und im Verborgenen einsetzen – wenn sie es überhaupt tun.“ erklärte Lea, doch auch sie hatte dieses Wissen erst erlangt, und fuhr fort: „Saerlaith hat ihren Eid wissentlich nicht erfüllt. Elatha hätte es nicht getan, denn sie stand im Bund mit anderen schlechten Menschen und betrieb mit ihnen ihre dunklen Machenschaften. Sie sind die falschen Dienerinnen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)