Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 40: Versteckte Zeugen ----------------------------- Versteckte Zeugen Enttäuscht kehrte Lea bereits nach wenigen Minuten dem Büro den Rücken, als Catherine hörte, wie sich die Tür öffnete. Schnell und geräuschlos ergriff sie Lea am Handgelenk und wies mit dem Kopf ein Stück zurück. Lea schlich wieder zurück und hielt die Luft an. Es war mit Sicherheit Elizabeth, die hereingekommen war, doch sie war nicht allein. Sie konnten das Geräusch vom Zurückziehen eines Stuhles auf dem Teppichboden hören, dann wurde es einen Moment still. Schließlich folgte das Rascheln von Blättern und Elizabeth begann zu sprechen: „Es tut mir leid, aber ich habe sie auch seither nicht mehr gesehen.“ „Seit wann?“ fragte Elatha. Catherine blickte zu Lea, die flüchtig nickte. „Seit du sie in den Keller gehen hast lassen.“ entgegnete Elizabeth. „Sie kann doch nicht verschwunden sein!“ „Wieso hast du Lea beim Essen nicht gefragt? Sie saß neben dir. Vielleicht hat sie Catherine gesehen. Und wo ist Lea jetzt?“ fragte Elizabeth wieder und blickte Elatha an. „Ich bin es leid, dass sie hier ist.“ murmelte Elatha und lehnte sich auf ihrem Stuhl nach vorne. „Lea oder Catherine?“ fragte Elizabeth spöttisch und ließ ihren Blick über die Papiere fallen, die sie in der Hand hielt und mit angespannter Miene durchsah. Elatha reagierte nicht, sondern blickte vor sich hin. „Du machst es dir zu einfach.“ „Ich mache es mir nie einfach.“ widersprach Elatha schließlich und fuhr fort: „Was hat die Polizei dir gegenüber gesagt? Glaubt sie Catherine du Ravin, oder nicht? Und was wird weiter geschehen, wenn nicht?“ „So wie es aussieht, kann sie wirklich gut lügen.“ „Wenigstens etwas.“ „Nicht unbedingt. Sie ist in dieser Hinsicht fähiger, als ich dachte. Und scharfsinnig ist sie noch dazu. Wir sollten vorsichtiger sein.“ „Ich frage dich noch einmal: Was sollte sie schon ausrichten?“ „Und ich sage dir noch einmal, dass ihre Kräfte enorm sind. Auch wenn du das nicht glaubst, ist das so. Unser Glück ist, dass Catherine nicht weiß, was sie könnte und es daher nicht tut. Und im Moment hat sie auch noch einen Anlass gegen uns zu handeln, wenn ich das richtig sehe.“ „Was ist, wenn du dich irrst?“ fragte Elatha und griff nach einem Teil der Aussage, die die Polizei Elizabeth zukommen hatte lassen. Sie las einige der falschen Fakten durch und ließ das Blatt dann sinken. „Ich irre mich nicht.“ antwortete Elizabeth, da sie es hasste, wenn sie mit jemandem sprach, der gerade ins Lesen vertieft war. „Hättest du deinen Unterricht mit ihr gleich begonnen, dann wüssten wir mehr.“ „Woher sollte ich ahnen, dass sie gleich zum Polizeipräsidium geht, sobald wir sie nicht mehr im Auge haben? Diese Fähigkeit ist bei mir nicht so stark ausgeprägt. Und Catherines Gedanken konnte ich noch nie lesen. Niemand konnte das von uns. Niemand kann es.“ rechtfertigte Elatha sich und warf das Papier auf den Schreibtisch vor sich. Ungeduldig sah Elizabeth ihre Tochter an. Dann meinte sie: „Du bist zu impulsiv. Siehst du nun, dass es gut war, die Vampire wegzuschicken?“ „Daran habe ich nie gezweifelt.“ entgegnete Elatha gelassen. „Stimmt, aber du hast die falschen Gründe angenommen.“ „Was ist daran schon falsch zu verstehen? Catherine und Lestat sind sich zu nahe gekommen… Unvorstellbar!“ „Darum ging es mir nicht nur. Es ging mir auch darum, dass du in deinem Zorn deine Gedanken nicht vor ihnen verbergen kannst. Stell’ dir nur vor, was sie getan hätte, wenn sie unsere Pläne gekannt hätten?“ „Was schon? Catherine konnte ihnen egal sein. Immerhin war sie nur eine Sterbliche.“ Elizabeth schüttelte den Kopf. „Das ist zwar richtig, aber sie war keinem von ihnen egal. Zumindest ihre Neugier hat sie geweckt. Marius hat sich für sie interessiert und auf Lestat hat sie anziehend gewirkt, obwohl sie das wahrscheinlich nicht beabsichtigt und geplant hat, vielleicht sogar versucht hat, sich gegen seine Anziehungskraft zu wehren.“ Elizabeth schwieg eine Weile und fuhr dann fort: „Was auch immer in ihr vorgegangen ist, weiß ich nicht. Tatsache ist aber, dass Marius uns nicht mehr helfen wird. Wenn sie seine Hilfe braucht, denke ich, wird er allerdings kommen.“ „Wie kannst du da so sicher sein.“ „Ich bin in dieser Sache nicht sicher, aber ich vermute es. Ich kann es nur annehmen.“ „Aber die Sache zwischen Catherine und Lestat…“ begann Elatha wieder. „Zweitrangig! Unwichtig für uns. Hätte er Catherine getötet, wäre das nicht zu ändern gewesen. Für uns wäre eine Gelegenheit zerstört worden, doch unsere große Göttin hätte ein Auge auf uns gehabt und für uns gesorgt. Und vielleicht hätte sich die Gelegenheit irgendwann, nach vielen Jahren, wieder ergeben. Auf lange Sicht hätte es keine Rolle gespielt, ob Catherine lebt.“ meinte Elizabeth und lehnte sich zurück. Elatha schüttelte den Kopf. „Du würdest das nicht überstehen, wenn du nicht Zeugin dieses historischen Ereignisses werden könntest. Deshalb haben dich die Vampire auch gestört. Dein Hass hat dich schon immer verzehrt, als ich noch ein Kind war. Schon damals hast du geahnt, dass sich dir die Gelegenheit ergeben könnte. Seit du wusstest, was die Bruderschaft angerichtet hat, wolltest du ihr eine empfindliche Niederlage zufügen. Du hast davon geträumt, sie gänzlich zu vernichten.“ erinnerte Elatha ihre Mutter. „Ich hätte dieses Wissen nie mit dir teilen dürfen. Du bist immer noch zu jung und zu aufbrausend. Wann wird sich das jemals ändern?“ „Ich denke nicht, dass sich das ändern wird, solange du mir meinen Platz vorenthältst. Ich bin es leid, deine Handlangerin zu sein. Du traust mir nichts zu und geachtet hast du mich nie…“ „Wie sollte ich jemanden achten, der bei der Talamasca ist?“ fragte Elizabeth beißend. Elatha erhob sich und schüttelte den Kopf. Langsam ging sie auf und ab. Schließlich meinte sie: „Ich war bei der Talamasca und habe dir Wissen zukommen lassen. Wenn du mit meinen Hinweisen nichts anfangen konntest, solltest du den Fehler vielleicht eher bei dir suchen.“ Elizabeth studierte Elathas Gesichtsausdruck und bemerkte, dass Elatha ihr wieder einmal standhielt. Sie war stärker geworden und ihr Willen unbeugsamer. Gleichgültig zuckte sie die Schultern und meinte: „Bilde dir nicht ein, dass die Talamasca anders wäre. Auch sie besitzt Regeln und eine strenge Hierarchie. Was stört dich hier daran, wenn du es dort willig in Kauf nimmst?“ Elatha entgegnete nichts. Elizabeth würde das nie verstehen. Elatha verstand es selbst nicht, warum sie bei der Talamasca blieb, denn eigentlich hasste sie den Orden. Warum, das konnte sie selbst nicht so genau sagen, aber alles an ihm störte sie. Vielleicht auch einfach nur die Tatsache, dass die Talamasca einst aus der Bruderschaft entstanden war. Sie hatte sich zwar wegen unterschiedlicher Ansichten abgespalten, doch der Ursprung des Übels blieb für sie derselbe. Und Elatha war zum Hass auf die Bruderschaft erzogen worden. Und dieser Hass war gut. Catherine brauchte eine Weile, bis sie verdaut hatte, dass Elatha bei der Talamasca war – wie einst David. Sollten sie sich da nicht zumindest vom Namen kennen? Seltsam war das schon, aber Catherine konnte nicht weiter darüber nachdenken, da das Gespräch im Büro nicht still stand. Leicht verwirrt beobachtete sie Lea, die angestrengt zuhörte. Sie blickte hin und wieder zu Catherine und dann wieder vor sich hin, um dem Hin und Her zwischen Mutter und Tochter zuzuhören. Vorwürfe über falsche Erziehung und seltsame Ansichten… Unwichtig für sie, wie Catherine fand. Lea zeigte die Diskussion, dass es zwischen Elizabeth und ihrer Tochter Charlotte ebenfalls keine Mutter-Tochter-Beziehung gab. Im Glücksfall gab es eine Beziehung zwischen Saerlaith und Elatha, doch mehr war da nicht. „Der Fluch der Familie Abbotsford-Reynolds?“ entgegnete Catherine flüsternd, da sie ahnte, was Lea dachte. Lea nickte schweigend. Dann lenkte Elatha das Gespräch wieder in eine etwas andere Richtung: „Du möchtest also nicht mehr meine Handlangerin sein. Ich habe dich zwar nie als solche betrachtet, sondern immer als meine einzige Erbin, aber gut.“ Elizabeth machte eine kleine Pause, dann fuhr sie fort: „Da du in der nächsten Zeit nicht nach London zur Talamasca zurückkehren wirst und dein Unterricht mit Catherine unnötig geworden ist, möchte ich, dass du Lea bittest, sie im Auge zu behalten.“ „Lea soll Catherine ausspionieren?“ „Lea soll sie integrieren und ihr Vertrauen gewinnen.“ erklärte Elizabeth und nickte bei sich. „Das ist fast dasselbe. Wozu soll das dienen?“ fragte Elatha. „Sie muss beginnen, sich hier wenigstens etwas wohl zu fühlen, damit sie sich nicht gegen uns wendet.“ „Das klingt so, als wolltest du Catherine wirklich hier haben.“ meinte Elatha verwirrt. „In gewisser Weise ist das so. Bis wir mehr wissen, müssen wir verhindern, dass sich Catherine gegen uns wendet. Nur so können wir Zeit gewinnen und die brauchen wir. Salieri hat sie uns anvertraut.“ Elizabeth erhob sich von ihrem Schreibtisch, während Elatha sich wieder schräg auf ihren Stuhl setzte. „Was hast du mit der Zeit vor?“ fragte sie und griff sich an die Stirn. Es gab so vieles, das ihre Mutter offenbar immer noch nicht mit ihr teilte. „Der Trank bei Imbolc hat seine Wirkung unerwarteter Weise nicht gezeigt. Unverständlich ist das heute noch für mich. Ich weiß nicht, was schief gelaufen ist.“ Elatha nickte. „Der Trank war stark genug…“ Elizabeth unterbrach Elatha mit einem Nicken und einer kleinen Handbewegung. „In der Zeit, die Lea uns verschafft, müssen wir eine Möglichkeit finden, Lasair zu stärken, sodass sie Catherine in den Hintergrund drängt. Das ist das Wichtigste.“ meinte Elizabeth, worauf Elatha nickte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)