Glamour ☆ Fashion von Kiru (Wie weit sollte ein Mensch für seinen Ruhm gehen? vs. Wie weit darf ein Mensch für seinen Erfolg gehen?) ================================================================================ Fashion #4 ---------- Rating: R/NC-17 A/N: für diejenigen, denen Hakuei und Rose auf den Nerv gehen: lasst ruhig die Geschichte, wie die beiden zusammen gekommen sind, weg, das ist eigentlich auch nicht wichtig |D Beta’d: geduldigst, mit Hingabe und so genau wie möglich von Tattoo ;) Disclaimer: weder Joshua noch Sky gehören mir >.> (und Jaaaa, die gibt’s wirklich |D) POV: wieder mal Gara (wer aufgepasst hat, der hat gemerkt, dass der Kapiteltitel Auskunft über den POV gibt |D) ~★~☆~★~☆~★~ „Ich hab mich von ihm getrennt.“ Die Stirn runzelnd, versuchte ich, die niedergeschlagen wirkende Stimme am Telefon zu identifizieren. „Kirito?“, riet ich vorsichtig. „Nein, ein Schatten meiner selbst.“ Ich seufzte leise und machte es mir wieder auf meinem Sofa bequem. „Was ist denn?“, fragte ich sanft. Wenn es nicht ernst wäre, würde er nicht auf meinem Telefon anrufen. Eigentlich hatte er mich noch nie darauf angerufen, fiel mir auf. Wozu hatte man auch ein Handy? „Ich vermisse ihn.“ Jetzt klang er beinahe kleinlaut. Wieso auch immer, ich war irgendwie in letzter Zeit der Ansprechpartner für Beziehungsprobleme aller Art geworden. Nicht, dass ich mich beschwerte – ich freute mich ja, dass Hakuei mit mir darüber redete, wie sehr er Rose vermisste, und Rose mit mir darüber, wie sehr er Hakuei vermisste, und Kirito, wie gerne er Yasu haben würde, und Yasu, wie sehr es ihn störte, dass Kirito ihm aus dem Weg ging. Ich freute mich wirklich, weil mir das zeigte, dass sie mir vertrauten. Und gleichzeitig war das alles ein bisschen viel für mich, weil jeder von mir erwartete, dass ich ihm zuhörte, ihm womöglich noch eine Problemlösung anbot und immer für ihn da war. Auf Dauer war es doch anstrengend. „Daran lässt sich wahrscheinlich nichts ändern“, gab ich zurück und schlug mich in Gedanken, dass ich nicht etwas Netteres hatte sagen können. „Doch. Ich fühl mich einsam.“ Erneut seufzte ich leise und stand wieder auf. „Soll ich vorbei kommen?“, bot ich an. „Wann willst du’s ihm eigentlich sagen?“, wollte ich wissen und sah zu Kirito. Wir schliefen in einem Bett, weil er sonst überhaupt keinen Schlaf kriegen könnte, hatte er gemeint. „Wem?“, gab er zurück, die Augen schon geschlossen. „Yasu.“ Er stöhnte gequält auf, drehte sich auf den Bauch und vergrub das Gesicht im Kissen. „Ich weiß nicht...“, murmelte er. „Aber bitte bald, Yasu macht sich wirklich ernsthafte Sorgen um dich, und ich will auch nicht immer abblocken müssen, wenn er nach dir fragt, sonst bekommt er einen völlig falschen Eindruck...“ Kirito murrte leise und drehte mir den Kopf zu. „Danke, dass du hergekommen bist“, sagte er zögernd. Ich lächelte schwach. „Kein Thema.“ Dann dachte ich einen Augenblick nach. „Was weißt du eigentlich über Anna Tsuchiya?“ Sein Blick wechselte zu komplett irritiert. „Was? Wie kommst du jetzt auf DIE?“ „Weiß nicht. Themenwechsel. Sachiko scheint mit ihr befreundet zu sein.“ Außerdem sollte ich langsam mal erfahren, was sie für eine Person war, wenn sie so etwas wie Kiyos Gegenstück darstellte. „Sachiko?“ „Deine frühere Sekretärin.“ „Welche?“ Ich seufzte. „Ist egal. Vergiss es.“ „Also....“ Kirito überlegte. „Bei der Arbeit ist sie sehr konzentriert, zielstrebig und fair. Und privat – wenn sie einen mag, ist sie wohl sehr offen, freundlich, rücksichtsvoll und sehr, sehr ausgefallen. Im positiven Sinne, also kreativ, zum Beispiel. Ganz zu schweigen davon, dass sie im allgemeinen Sinne gesehen wunderschön ist.“ „Eine Traumfrau?“, schlussfolgerte ich und hob eine Augenbraue. Kirito nickte. „Zumindest sehr nah dran, ja. Sie war mal verheiratet, vor ein paar Jahren, mit einem anderen Model, Joshua hieß er, glaube ich. Dann hat sie noch einen Sohn gekriegt, Sky, und sich fast eineinhalb Jahre später wieder scheiden lassen. Sie ist äußerst beliebt, weil sie nur Halbjapanerin ist, eines ihrer Elternteile war halb russisch und halb amerikanisch.“ Darüber dachte ich einen Moment nach. „Wie lange ist sie denn schon der Chef vom weiblichen Teil von GLAMOUR ☆ FASHION?“ „Ein paar Jahre, glaube ich. Sie ist noch nicht allzu lange hier, aber sie hat schon mal einen guten Anfang gemacht, indem sie Kiyoharu deutlich gesagt hat, dass sie von seiner Art zu arbeiten nichts hält. Sie selbst hält eine gewisse Distanz zu ihren Models, was Kiyoharu wiederum nicht gefällt. Ich glaube, dass sie so was wie Erzfeinde sind, weil sie sich gegenseitig am liebsten auf die Füße treten und rausschmeißen würden und das, was der jeweils andere macht, absolut nicht in Ordnung finden.“ Kirito überlegte wieder. „Uns, also uns Models, ignoriert sie größtenteils, von daher musst du dir eigentlich keine Gedanken um sie machen.“ Den nächsten Tag, der glücklicherweise ein Sonntag war, verbrachte ich ebenfalls mit Kirito, da Kiyo mir gesagt hatte, dass er an diesem Wochenende zu beschäftigt sein würde, um mich zu sehen. Ich musste zugeben, dass er mir trotz seines ganzen Gefühlschaos, das er größtenteils an mir abließ, nicht auf die Nerven ging. Dazu mochte ich ihn viel zu sehr. Wenn ich so darüber nachdachte – ich kannte ihn jetzt schon knapp ein ganzes Jahr. Es kam mir viel kürzer vor, aber trotzdem konnte ich Kirito inzwischen recht gut einschätzen und wusste viel mehr über ihn. Und dass er mit seinen Problemen zu mir kam und mir vertraute, sagte ja auch einiges aus. „Weißt du, wenn mein Freund nicht gewesen wäre, dann hätte ich mir dich bestimmt gekrallt.“ Das ließ mich innehalten und mitten auf dem Bürgersteig stehen bleiben. Ich sah den Schwarzhaarigen an. „Was?“ Kirito grinste leicht. „Das meine ich so, wie ich es gesagt habe. Ich bin sicher, unter anderen Umständen hätte ich mich auch in dich verlieben können. Aber da es nicht so gekommen ist, bin ich voll und ganz damit zufrieden, mit dir befreundet zu sein.“ Daraufhin musste ich wieder lächeln. „Danke...“ „Und du bist auch nicht irgendwie sexuell unterbeschäftigt?“, fragte er und schaute mich vieldeutig an. Ich lachte und schubste ihn etwas von mir weg. „Du Perverser!“ „Ach? ICH bin pervers, weil ich dir ein bisschen Aushilfe anbiete, aber DU bist nicht pervers, wenn du Rose, der dank seinem notgeilen Freund sowieso eigentlich nicht mehr gerade laufen können sollte, einen ‚Gefallen’ tust?“, wollte er ebenfalls lachend wissen. „Hakuei hat ja auch gesagt, dass ich das tun soll!“, verteidigte ich mich grinsend und wusste selbst, dass das kein Argument war. Ich war nur irgendwo froh, dass Kirito nicht wusste, was ich noch alles mit Rose beziehungsweise mit ihm und Hakuei angestellt hatte... „Red ein bisschen leiser, da vorne ist ein Typ, der starrt uns schon die ganze Zeit an“, meinte Kirito gedämpft und nickte in Richtung meiner linken Schulter. Unauffällig, wie ich nun mal war, drehte ich mich sofort um und erstarrte. Oh. Mit ihm hätte ich jetzt am allerwenigsten gerechnet. Er war selbst mit einigen Freunden da, schien ihrem Gespräch aber nicht wirklich folgen zu können. Er starrte mich unverwandt an, und als er merkte, dass ich seinen Blick erwiderte, murmelte er seinen Begleitern etwas zu und ging dann los in meine Richtung. Ich kam ihm etwas entgegen, und auf halber Strecke trafen wir uns, erst einmal stehen bleibend und uns gegenseitig musternd, als hätten wir uns noch nie zuvor gesehen. „Ich versuche jetzt, nicht vorwurfsvoll zu klingen, aber ich glaube kaum, dass mir das gelingen wird“, fing er zögernd an, den Blick nicht von meinem Gesicht nehmend. „Du hast keine Verwendung mehr für mich, oder?“ „Yuu, es tut mir-“, begann ich, aber er schüttelte nur den Kopf. „Sei mal ruhig und hör MIR mal für ein paar Minuten zu, wenn du das schon in den letzten Monaten nicht geschafft hast. Ich habe in den letzten drei Wochen darauf gewartet, dass du dich meldest, du hast nicht angerufen, du bist nicht vorbeigekommen, du hast überhaupt nicht von dir hören lassen, in keinster Weise. Ich darf dich an deine Worte erinnern – ‚ich melde mich’. Das hast du gesagt.“ Er klang ernst, aber man hörte seine Verletztheit deutlich heraus. „Yuu, das-“ „Lass mich bitte ausreden.“ Er wurde nicht lauter, er wurde nicht aggressiv, er blieb ganz ruhig und bat mich leise. Ich schwieg. „Wir beide wissen, dass du dir jetzt eine Ausrede aus den Fingern saugen könntest und dann versprechen, dass du wieder mehr mit mir unternimmst, und spätestens nach einem Monat heißt es wieder ‚tut mir leid, ich hab wieder so viel zu tun’ oder ‚entschuldige, aber jetzt gerade nicht’.“ „Ich habe auch einen anstrengenden Job und meine Arbeit-“ „DIE IST MIR SCHEIßEGAL!“, schrie er und schloss für einen Moment die Augen, atmete tief durch. „Ich hatte gehofft, dass es besser wird, dass du langsam einsiehst, was für ein Scheißjob Model sein ist, zumindest so, wie du es bist, dass du merkst, dass du dich rein auf das Körperliche reduzierst, immer oberflächlicher wirst und dich immer mehr mit Leuten abgibst, die du nicht richtig kennst. Aber das hast du nicht gemerkt, du hast es alles mit offenen Armen willkommen geheißen und dich dabei von deinem ursprünglichen Freund, deinem ursprünglichen LEBEN abgewandt. Weißt du noch, wofür ich gut war in der letzten Zeit? Zum Ausprobieren, ob du nicht vielleicht doch schwul bist, zum Angeben, mit wem du Tolles zusammen bist, wie super es gerade für dich läuft, was für klasse Leute du kennen lernst, außerdem noch als jemand, der sich bedingungslos um dich kümmert, wenn es dir schlecht geht. Frag dich selbst – was hast du für mich getan in den letzten Monaten? Was hab ich für dich getan?“ Ich hielt meinen Blick gesenkt. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. „Sieh mich an, Gara, bitte.“ Langsam hob ich den Kopf, bis ich Yuu wieder in die Augen sehen konnte. „Du bist zu gut für mich, oder?“, murmelte ich. Er verengte seine Augen etwas. „Hast du mir nicht zugehört? Das hab ich nicht gesagt, ich-“ „Doch, das ist es aber, oder nicht? Ich halte mich zu gut für dich, und du dich zu gut für mich.“ Genau das, von dem Hakuei mir erzählt hatte. „Und jetzt wagst du es auch noch, mich arrogant zu nennen?!“, wollte er entgeistert wissen. „Yuu, das mit uns beiden kann nicht mehr klappen, wir haben uns zu sehr auseinander gelebt, ich glaube, dass es das Beste ist, wenn wir uns gar nicht mehr sehen...“ „Nicht mal eine Entschuldigung kriege ich?“, flüsterte er und nickte leicht. „Okay. Ich verstehe schon, du brauchst gar nichts mehr zu sagen. Aber beantworte mir bitte zum Schluss noch eine einzige Frage, ja? Wann bist du eigentlich zu so einem Arschloch mutiert?“ Ich erwiderte nichts mehr, sondern drehte mich nur um und ging. ~☆~ „Das Leben ist scheiße.“ „Du sagst es.“ „Schalt noch mal zurück, was war das?“ „Ach, nur so eine komische Spielshow, wo die Teilnehmer ganz viele verschiedene Sachen machen müssen, und wenn sie das schaffen, dann kriegen sie Geld.“ „Unheimlich präzise Beschreibung, ich weiß sofort, welche Show gemeint ist.“ Rose sah mich an und verpasste mir eine Kopfnuss. „Sei nicht so ironisch, Ironie ist auch scheiße.“ „ALLES ist scheiße.“ „Ja. Irgendwie schon.“ Ein wenig ratlos, was wir mit uns anfangen sollten, sahen wir dabei zu, wie ein Teilnehmer der Show freiwillig ins Wasser sprang und seine Teamkollegen sich darüber aufregten. Spannend, wirklich. „Ich hab in diesen vier verdammten Scheißwochen keine einzige Nacht durchgeschlafen.“ Rose seufzte einmal tief und rutschte etwas an der Sofalehne herunter. Er hatte so ein ausziehbares Schlafsofa, sodass wir beide uns ohne Probleme darauf ausstrecken konnten. Es war zwar erst Samstagnachmittag (eine Woche nach der Begegnung mit Yuu), aber wir hatten absolut keine Lust, nach draußen zu gehen. „Ich kann nicht einschlafen, wenn er nicht neben mir liegt und drei viertel des Bettes einnimmt.“ Ich lächelte bei der Vorstellung. „So breit ist er doch gar nicht.“ „Nein, aber er hat hohe Besitzansprüche...“ Da lächelte auch Rose. „Außer beim Essen. Er isst selbst wenig, zwingt mich aber ständig, mehr zu essen.“ „Ist aber irgendwo auch verständlich, oder? Wenn du mal deshalb zusammengebrochen bist...“ Ich zuckte die Achseln. Erstaunt blickte der Blonde mich an. „Das weißt du? Ach, hat dir Kiyoharu wahrscheinlich erzählt. Ja, das stimmt. In der Hinsicht macht er sich noch heute Sorgen... ich glaube, am liebsten würde er jeden Tag vorbeikommen, um zu kontrollieren, ob ich genug esse. Was hat er dir noch erzählt?“ „Dass du... in Tränen ausgebrochen bist, als er dir angeboten hat, dich bei GLAMOUR ☆ FASHION arbeiten zu lassen.“ Er grinste breit und musste dann sogar lachen. „Oh ja, daran erinnere ich mich noch... es war mir total peinlich hinterher, aber in dem Moment... Er hat sich wahrscheinlich gedacht, dass ich so glücklich war, von Gackt wegzukommen. Na ja, glücklich darüber war ich durchaus, aber noch glücklicher darüber, bei ihm arbeiten zu dürfen. Soll ich dir mal den Grund dafür zeigen?“ Sofort nickte ich, also kämpfte er sich vom Sofa hoch, kramte ein wenig in einem der vielen Schränke herum und drückte mir dann einen sehr dicken Ordner in die Hand. „Schau mal.“ Neugierig öffnete ich ihn und wurde direkt von einer weiblichen Europäerin angesehen. Also, von einem Bild. Sie hatte sehr lange und gewellte braune Haare, helle Haut, ein hübsches Gesicht und war deutlich geschminkt – dunkelroter Lippenstift, türkiser Lidschatten, schwarzer Eyeliner. „Ist das auch ein Model?“, wollte ich wissen und sah zu Rose. Dessen Grinsen wurde nur noch viel breiter. „Blätter weiter durch“, gab er zurück und stemmte die Hände in die Hüften. Ich tat wie geheißen. In dem Ordner waren ausschließlich Bilder von dieser Frau drin, mehr oder weniger geschminkt und aufgemacht, in allen möglichen Outfits, manchmal ganze Serien von verschiedenen Fotos aus demselben Shooting. Eine ganze Kollektion von Bildern. Stirnrunzelnd schaute ich zu Rose auf. „Wer ist das?“ Er nahm mir den Ordner wieder ab und gab mir einen anderen, dessen Beschriftung drei Herzchen waren, der erste hatte, glaube ich, eins gehabt. „Schau mal da rein.“ Wieder gehorchte ich. Wieder waren es nur Fotos, Zeitungsbilder und so weiter und so fort von dieser Frau (die keine wirkliche Oberweite hatte, aber dafür war sie vom Gesicht her hübsch). Eine regelrechte Sammlung. Nur bei den Bildern jetzt hatte sie irgendwie die Haare kürzer und sah irgendwie aus..... Rose tauschte den Ordner mit den drei Herzchen gegen einen mit sechs aus. Ich schlug diesen auf und zuckte zusammen. „WOAH!“ Fassungslos starrte ich den Blonden vor mir an. „Das ist.... ist das....?“ Er nickte nur. „Hakuei. Alles Hakuei. So sah er ganz am Anfang aus. Wie ein weiblicher Punk.“ „MOMENT!!“ Ich schüttelte den Kopf. „Die aus dem ersten Ordner waren auch....“ „Das sind alles Bilder von ihm“, nickte Rose grinsend. „Alles, was ich finden konnte. Insgesamt habe ich, glaube ich, mindestens zwanzig Ordner, für jedes Jahr wenigstens einen. Na ja, und einen Ordner, in dem die Zeit ein bisschen durcheinander gekommen ist, normalerweise hab ich sie chronologisch geordnet, aber in dem ist es.... bunt gemischt.“ Er räusperte sich. Fragend schaute ich ihn an. Er wurde rot. „Na ja, er hat.... In dem Ordner ist alles, wo man mehr Haut als gewöhnlich von ihm sieht. Er hat zum Beispiel ein Nude-Photobook von sich herausgegeben. Das hab ich natürlich auch, aber die Bilder, die ich gefunden habe, sind trotzdem da drin, und wo man seine Brust sieht oder seine Beine....“ „Und.... wie lange machst du das schon?“, wollte ich beeindruckt wissen. „Seit ich... fünfzehn bin“, antwortete er zögernd und lief erneut dunkel an, räumte die Ordner dann sorgfältig wieder weg und machte es sich erneut neben mir bequem. „Ich hab einmal ein einziges Bild von ihm gesehen und gewusst, dass ich genau das, was er macht, auch mal machen würde. Dann hab ich herausgefunden, dass er als Model arbeitete, und mit sechzehn hab ich mich dann überall beworben, allerdings hat mich nur Vanilla Sky angenommen.“ „Okay, dann ist es verständlich, dass du dich so gefreut hast, als Kiyo dir das Angebot gemacht hat....“, bemerkte ich, nun selbst grinsend. Rose nickte sofort, selbst lächelnd. „Ich war ein richtiger Hakuei-Fanboy, und ich hab mich auch dadurch nicht aufhalten lassen, dass er ständig irgendwelche anderen Freunde hatte. Ich meine, ich hatte auch welche, so ist es nicht, ich hab mich nicht komplett auf ihn fixiert.“ „Und wie seid ihr dann zusammengekommen?“, wollte ich interessiert wissen. Daraufhin musste er lachen. „Durch meinen Geschirrspüler“, antwortete er und schien sich für einen Moment ganz in seinen Erinnerungen zu verlieren. „Ist eine längere Geschichte...“ „Ich hab Zeit“, meinte ich sofort. Er grinste wieder. „Okay. Also... zu der Zeit hat Hakuei gemerkt, dass er mich ziemlich hübsch findet, und hat es mir auch direkt gesagt. Und wieder. Und wieder und wieder und wieder – hat Kiyoharu dir wahrscheinlich schon erzählt, dass er mich, wo es nur ging, angemacht hat. Ich meine, ich hatte nicht allzu viel dagegen, schließlich stand ich schon seit Jahren auf ihn, aber ich bekam langsam das Gefühl, dass er nur an meinem Körper interessiert war. Es wirkte zumindest die meiste Zeit so, schließlich sagte er andauernd, wie heiß er mich fand und so weiter. Deshalb bin ich erst mal nicht darauf eingegangen. Irgendwann hat er allerdings schlagartig aufgehört, mit allem. Er unterhielt sich nur noch ganz normal mit mir, er hat mich nicht mehr angefasst, nicht mehr mit mir geflirtet und so weiter. Es war, als hätte er über Nacht jegliches Interesse an mir verloren. Wie ich später erfuhr, hatte er lediglich rausgekriegt, dass ich ihn für notgeil hielt, weshalb er sich schwor, mich nie wieder anzumachen, damit ich nicht mehr so von ihm dachte. Ich interpretierte natürlich die falschen Sachen da hinein, machte mir Vorwürfe, dass ich ihn so lange zurückgewiesen hatte, und lief ihm irgendwann vollkommen betrunken in die Arme. Ich selbst erinnere mich an nichts mehr, aber Haku hat mir hinterher erzählt, dass ich ihn wohl selbst angemacht, ihn beinahe angebettelt hatte. Aber das einzige, wozu er sich hinreißen ließ, war ein Gutenachtkuss auf die Wange.“ Fast schon beleidigt zog Rose eine Schnute. „Na ja, und obwohl er die Chance gehabt hatte, hat er nur auf dem Sofa geschlafen, ist am nächsten Morgen sehr früh aufgestanden, hat Frühstück gemacht, sich rührend um mich gekümmert und alles. Daraufhin hab ich ihn gefragt, warum er mich nicht mehr anmacht, ob ich irgendwas gemacht hätte. Seine Worte: ‚Ich weiß, dass ich dich niemals kriegen werde, wenn ich dich nur anmache, also möchte ich dir zeigen, wie sehr ich dich liebe.’ Blöd, wie ich nun mal war und bin, hab ich ihm nicht geglaubt und ihn gebeten zu gehen. Dafür könnte ich mich heute erwürgen... Daraufhin hab ich begonnen, ihn zu ignorieren und ihm aus dem Weg zu gehen, weil ich irgendwie die kranke Ansicht hatte, dass jemand wie ER sich doch nicht in jemanden wie MICH verlieben konnte. Das konnte ich mir nicht vorstellen. Hakuei hat einige Male versucht, mit mir zu reden, aber ich hab jedes Mal abgeblockt, ich glaube, wir waren beide ziemlich verzweifelt. Und irgendwann ist mein Geschirrspüler kaputt gegangen und hat meine Küche überschwemmt. Das fand ich nicht ganz so toll, also hab ich versucht, ihn zu reparieren, als irgendwann die Tür klingelte. Unbedacht, wie ich bin, öffnete ich und stand natürlich direkt Haku gegenüber. Dazu muss man sagen, dass ich in dem Moment absolut schrecklich aussah, die Hosenbeine hochgekrempelt, die Haare zusammengebunden, mit Brille und ungeschminkt. Ich wäre am liebsten im Boden versunken, aber hinter mir konnte man bereits eine Wasserlache sehen, weshalb Hakuei mich gefragt hat, ob ich vielleicht meine Badewanne vergessen hatte. Wohl oder übel hab ich ihm dann sagen müssen, dass meine Spülmaschine kaputt gegangen war. Er hat mich sofort gefragt, ob er mir irgendwie helfen könnte. Na ja, und Hilfe konnte ich gebrauchen. Schon nach einer halben Stunde hab ich es zutiefst bereut, weil er inzwischen oben herum nackt war und sich ebenfalls die Hose hochgekrempelt hatte, und ...“ Er machte eine unbestimmte Geste. „Wie auch immer, als wir fertig waren, hat das eine zum anderen geführt, und dann... na ja, du kannst es dir vorstellen. Und als Hakuei hörte, dass ich Zweifel an seiner Liebe gehabt hatte, zeigte er mir, so oft er konnte, durch Kleinigkeiten, durch Worte, durch sonst was, wie viel ich ihm bedeutete, bis ich ihm wirklich glaubte. Das war vor ungefähr zwei Jahren, aber unter den anderen Models bekannt gemacht haben wir es erst recht spät, sodass alle glaubten, wir wären erst ziemlich kurz zusammen.“ Ich musste lächeln. „Süß“, murmelte ich leise und meinte es auch so. Rose nickte langsam und wirkte mit einem Mal ganz verloren. „Ja... und deshalb werde ich auch nie von ihm loskommen...“ „Ach, jetzt tu nicht so, als ob ihr auf ewig getrennt wärt“, warf ich ein und legte den Kopf an seine Schulter. „Eh?“ „Das ist ein temporärer Zustand, das weißt du genauso wie ich und wie Hakuei. Ihr liebt euch doch beide noch mehr als alles andere auf der Welt, er spricht von fast niemand anderem als dir, er lässt sich zwar nicht viel anmerken, aber er macht sich extrem starke Vorwürfe. Aber ich glaube, er hat auch Angst davor, dass du nicht mehr mit ihm zusammen sein willst. Ein Happy End gibt’s trotzdem. Das verspreche ich dir, Rose.“ Er schwieg eine Weile. „Hoffen wir’s“, meinte er dann mit einem sehnsuchtsvollen Seufzen. „Möchtest du was trinken?“ Als er mit den Getränken zurückkam, legte er einen Arm um mich und ich kuschelte mich näher an ihn. Dann forderte er mich auf, von meinen Sorgen zu erzählen, schließlich war geteiltes Leid halbes Leid. An dem Abend kamen wir zu dem Schluss, dass das Leben scheiße war. Nicht immer, aber doch ziemlich oft und in vernichtend vielen Bereichen. Dann allerdings mussten wir einräumen, dass das Leben furchtbar toll war. Nicht immer, aber doch meistens noch öfter und in den gleichen Bereichen. Und auch in anderen. Zum Beispiel sollten wir es nicht als selbstverständlich ansehen, dass wir unseren Job, Freunde, Familie (in Roses Fall), eine Wohnung, eine so große Vielfalt an Nahrungsmitteln, und so weiter und so fort, hatten. Nachdem wir lang und breit darüber geredet hatten, und je mehr wir tranken, desto deutlicher wurde, dass wir eigentlich keinen Grund hatten, uns zu beklagen, und eigentlich froh sein sollten. Danach ging es uns irgendwie besser. „Sag mal... was ist das, wofür du dich am meisten schämst?“, wollte ich wissen und musterte den Blonden erwartungsvoll. Der begann sofort zu kichern. „Das kann ich dir direkt sagen – dass Hakuei und ich es auf dem Küchentisch meiner Eltern getrieben haben, im Endeffekt ist mir das so unglaublich peinlich.... weißt du, wir sind sie mal besuchen gefahren, damit sie den Freund ihres Sohnes kennen lernen konnten – sie kannten Hakuei natürlich von den ganzen Bildern, die ich schon in meiner Zeit auf der Schule besessen hatte –, und es lief auch alles ohne Probleme, Haku mochte meine Eltern und anders herum, und da wir für ein paar Tage geblieben sind, haben wir im Gästezimmer, das früher mal mein Zimmer war, übernachtet. Und schon in der ersten Nacht hab ich mich dagegen gesträubt, in meinem früheren Bett mit Haku zu schlafen, während meine Eltern nur zwei Zimmer weiter waren.“ Jetzt musste auch ich lachen. „Ah, und dann seid ihr auf den Küchentisch umgestiegen?“, fragte ich. Rose lief rot an. „Na ja.... und auf den Boden und auf die Dusche und die Wand und...“ Er überlegte. „Doch, und mitten in der Nacht hat er mich dann auch noch im Bett verführt.“ Wieder lachte ich. „Ich glaube, dein Durchsetzungsvermögen lässt zu wünschen übrig...“ „Versuch DU doch mal, ‚nein’ zu sagen, wenn Haku gerade sowohl mit einer Hand als auch mit seinem Mund zwischen deinen Beinen zugange ist, weil du gerade von ihm geträumt hast!“, verteidigte Rose sich beleidigt. „Das geht nicht!“ Nachdenklich legte ich den Kopf schief. „Gut, das kann ich nachvollziehen.“ Der Blonde machte große Augen. „Was soll DAS denn heißen?“, fragte er gespielt geschockt. Ich knuffte ihn grinsend in die Seite. „Interpretier da bloß nicht zu viel rein“, meinte ich. „Hat dir die Kostprobe vor Weihnachten nicht gereicht?“, wollte Rose mit hochgezogenen Augenbrauen wissen. „Willst du etwa noch mehr?“ Schweigend schaute ich ihn einen Augenblick an, dann vergrub er eine Hand in meinen Haaren und zog mich zu sich. Ich erwiderte den Kuss auf der Stelle und fragte mich, was das werden sollte. Auf der Weihnachtsparty war es okay gewesen, da hatte ich die Erlaubnis gehabt, sowohl von Kiyo (ahem, mehr oder weniger) als auch von Hakuei (er hatte schließlich angefangen), aber jetzt hatte ich nichts, worauf ich mich berufen konnte. Und trotzdem kam ich nicht umhin, noch einmal von Roses Zunge kosten zu wollen. Er hatte offenbar nichts dagegen, sondern seufzte stattdessen genussvoll auf. Und der Rest war verschwommen, ich weiß noch, dass wir irgendwann auf dem Sofa lagen, Rose die Beine gespreizt, ich dazwischen, ihn immer weiter küssend, sein Shirt hochgeschoben und mein Hemd bereits aufgeknöpft. Ich konnte deutlich sehen (und spüren), dass Rose das Ganze mehr als nur befürwortete, und auch ich schien nicht wirklich abgeneigt. (Klartext: Wir waren scharf aufeinander. Und WIE.) Ich ließ keine Sekunde von seinem Mund ab, machte mit meiner unteren Hälfte deutliche Bewegungen gegen Roses, woraufhin er nur zufrieden aufseufzte und sich mir entgegen drückte. Das kam alles viel zu plötzlich, als dass ich hätte rational darüber nachdenken können, deshalb handelte ich mehr intuitiv, als ich dem Blonden erst das Shirt auszog und dann seine Hose öffnete, anschließend eine Hand hineinschob.... Und wer weiß, wie weit wir noch gegangen wären, hätte es nicht just in dem Augenblick an der Tür geklingelt. Wir hielten beide inne und blickten in die Richtung des störenden Geräusches. Dann sahen wir uns an. „Gehst du bitte eben aufmachen?“, bat Rose mich leise. Ich hörte die Beunruhigung in seiner Stimme, nickte leicht und rappelte mich vom Sofa auf, ehe ich mit weichen Knien zur Haustür ging. Ganz vorsichtig öffnete ich und hoffte, nicht vor dem zu stehen, von dem ich glaubte, dass ich vor ihm stehen würde. Na ja, wie jeder weiß, sind viele Hoffnungen naiv. Hakuei hob wortlos die Augenbrauen, als er mich sah. „Das ist nicht das, wonach es aussieht!“, platzte ich sofort heraus. Seine Augenbrauen wanderten noch etwas höher, als Rose hinter mich trat. „Wir haben nicht....“, begann der Blonde etwas hilflos (während er seine Hose zurechtzog und wirkte, als wäre es völlig normal, dass er oben ohne herumlief), und ich nickte eifrig. „Es ist nichts passiert!“ „Fast nichts.“ „Also eigentlich so gut wie nichts“, stimmte ich zu, noch immer nickend. Man konnte Rose ansehen, dass er genau dasselbe dachte wie ich: Scheiße. „Nichts Ernstes, auf jeden Fall!“ „Es ist wirklich fast nichts, kaum der Rede wert.“ Hakuei schaute von mir zu Rose, noch immer mit einem undeutbaren Blick, und schwieg. „Und das ist auch wirklich das erste Mal!“, beteuerte Rose verzweifelt. „Also es ist ja noch nicht mal wirklich das erste Mal, es ist ja nichts passiert....“, bemerkte ich. „Sag was!“, forderte Rose mit Tränen in den Augen. „Ihr seid sternhagelvoll, oder?“, wollte Hakuei ruhig wissen. „.....Kann ich reinkommen?“ Ohne ein weiteres Wort fiel Rose ihm um den Hals und fing an zu schluchzen. Hakuei seufzte leise, legte die Arme um ihn und schloss die Augen. Und ich schlich mich an den beiden vorbei nach draußen. Ein wenig unentschlossen, wo ich in meinem Zustand hin sollte, rief ich mir ein Taxi. Das Problem war, dass ich noch immer nicht wusste, wo ich hinkonnte. Früher wäre ich zu Yuu gegangen, aber der hatte mich ja jetzt sitzen lassen. Zu Kiyo konnte ich nicht, der musste arbeiten. Kirito war noch mit einem Shooting beschäftigt, und Yasu, glaube ich, war anderweitig verabredet. Hm. Also ließ ich mich nach Hause fahren, fiel dort todmüde in mein Bett und hoffte, dass sich das zwischen Hakuei und Rose noch klären würde. ~☆~ Tat es. Die beiden tauchten am nächsten Tag nicht auf, aber dafür waren sie am darauffolgenden ein Herz und eine Seele. Ich entschuldigte mich noch einmal ausführlich bei Hakuei, woraufhin er nur abwinkte und mir sagte, dass ich ihn das nächste Mal einfach fragen sollte. (Ihn um Erlaubnis zu bitten, seinen Freund zu vögeln, fand ich dann doch ein wenig seltsam, aber ich nahm es so hin. Wenn er meinte.) Aber das war nicht das Wichtigste an diesem zweiten Tag, sondern eher die Tatsache, dass Kiyo mir ein besonderes Shooting mit jemand anderem versprochen hatte, das mich im ganzen Land bekannter machen würde. Klar war ich da gespannt und aufgeregt. „Verdammte .... du bist der größte Feigling, den ich je kennen gelernt habe!“, regte ich mich auf, während ich mit dem Handy am Ohr den Gang entlang hastete. „Es hat sich einfach noch keine Möglichkeit ergeben!“, klagte Kirito. „Schieb dir dein ‚keine Möglichkeit ergeben’ SONST wo hin!“, fuhr ich ihn an und bog um eine Ecke. „Du MACHST dir einfach keine Möglichkeit, DAS ist es!“ „Ich trau mich nicht!“ Am Ende des Gangs erblickte ich Kiyo, weshalb ich meinen Schritt noch etwas beschleunigte (da Kirito mich aufgehalten hatte, war ich bereits fünf Minuten zu spät dran). „Also, du hast zwei Möglichkeiten!“, redete ich weiter. „Entweder du bleibst auf deinem verdammten Arsch sitzen und hoffst, dass ein WUNDER geschieht und er plötzlich die Fähigkeit bekommt, deine Gedanken zu lesen-“, an diesem Punkt rannte ich jemanden halb um, entschuldigte mich leise und stapfte dann weiter, „-oder aber du sagst ihm endlich, dass du ihn liebst!! Ich hab langsam keine Lust mehr!“ Frustriert legte ich auf und blieb vor Kiyo stehen, der mich mit einem belustigten Lächeln musterte. „Probleme?“, fragte er. Ich nickte tief durchatmend. „Und dann ruft der Idiot mich ständig an, wenn ich es gerade nicht gebrauchen kann, und heult mir einen vor, so langsam geht es mir auf den Sack!“ Für einen Moment schloss ich die Augen. „Okay. Muss ich irgendwo anders hin, um den Typen zu treffen?“ „Der ‚Typ’ steht direkt hinter dir“, meldete sich eine Stimme hinter mir zu Wort. Ich zuckte zusammen und drehte mich um. Der Kerl, den ich vorher umgerannt hatte, lächelte mich amüsiert an. „E-Entschuldigung...“, begann ich zögernd und wurde rot. „Kein Problem, ich bin schon so einiges gewohnt“, erwiderte er abwinkend und hielt mir dann eine Hand hin. „Ich bin Toshiya.“ Noch immer ein wenig verlegen, schüttelte ich seine Hand und stellte mich ebenfalls vor. Das Model an sich kam mir nicht wirklich bekannt vor, nur der Name. Ich hatte ein Gefühl, als sollte ich mich an irgendetwas erinnern, mit dem er zu tun hatte... Toshiya warf einen erwartungsvollen Blick zu Kiyo. „Wo sollen wir hin?“ „Und wo kommst du noch mal her?“, wollte ich neugierig wissen, während ich zusah, wie Toshiya geschminkt wurde. Ich war erst als Zweites in den Einzel-Shootings dran, also konnte ich mich noch etwas mit ihm unterhalten. Er sah kurz zu mir. „Vanilla Sky“, antwortete er. „Kennst du mich nicht?“ Hm. Ich dachte nach. Ich wusste, dass jetzt irgendetwas klingeln sollte, aber das tat es nicht. „Entfernt“, gab ich zu. „Ich hab deinen Namen schon mal gehört, auch in Verbindung mit Vanilla Sky, glaube ich...“ „Wundert mich“, erwiderte er. „Normalerweise bin ich recht bekannt. Aber ich habe schon von DIR gehört, vor allem von Hiroto.“ Ich musste lächeln. „Ihr kennt euch?“ „Klar, bei uns kennt jeder jeden, mehr oder weniger gut. Aber ich hab Hiroto geholfen, bei uns einzusteigen, und dann, wieder auszusteigen – ein Jammer eigentlich, dass er nicht länger geblieben ist, aus ihm hätte noch mal richtig was werden können.“ Toshiya zuckte mit den Schultern, weshalb er zum wiederholten Male von der Stylistin angewiesen wurde, still sitzen zu bleiben. „Aber bei uns herrscht nun mal ein hartes Klima.“ „So anspruchsvoll?“, fragte ich nach. Der Schwarzhaarige nickte langsam. „Wirklich SEHR. Aber deshalb gehören wir ja zu den Spitzen, weil wir so ein hohes Niveau haben.“ Er betrachtete mich kurz. „Ich soll auch nur als dein Popularitäts-Pusher fungieren. Sei froh, dass du mir gefällst, sonst hätte Kiyoharu es sich klemmen können.“ Ich versuchte gerade herauszufinden, ob Toshiya schon eingebildet war oder noch sachlich. „Ihr kennt euch auch?“, wollte ich erstaunt wissen. Er lachte leise, was ihm eine weitere Warnung der Stylistin einbrachte. „Wer kennt ihn nicht? Er kennt beinahe jeden Erfolgreicheren aus dem Geschäft persönlich, jeder ist ihm auf jeden Fall schon mal begegnet. Er gibt sich viel Mühe, was seinen Bekanntheitsgrad angeht, vielen neuen Sternchen stellt er sich oft direkt vor. Hat er bei dir auch gewartet, bis du einigermaßen bekannt warst, bevor er sich um dich geschert hat?“ „Na ja...“ Ich legte den Kopf schief. „Er hat mich erst zu einem Model gemacht. Mich auf der Straße angesprochen, mit mir einen kurzen Vertrag ausgehandelt und dafür gesorgt, dass ich berühmter wurde. Und jetzt läuft es mehr oder weniger von selbst. Aber wir kennen uns von Anfang an.“ „Es läuft von selbst? Das würde ich nicht sagen, wenn du noch nicht mal weißt, von welcher Agentur deine Shootingpartner kommen“, bemerkte er freundlich lächelnd und zwinkerte mir zu. „Bild dir noch nicht allzu viel ein, nur, weil du jetzt berühmt bist, an Erfahrung fehlt dir noch sehr viel, besonders, wenn du vorher noch nie gemodelt hast.“ Ich musterte ihn einen Moment. Obwohl er nett wirkte, ein niedliches Lächeln und Lachen hatte, wurde ich doch das Gefühl nicht los, dass ich gerade irgendwie über den Tisch gezogen wurde. „Braucht man denn so unbedingt Erfahrung?“, fragte ich herausfordernd. „Man sollte zumindest wissen, was man will, was man nicht will, und wie man das alles erreichen kann“, antwortete er sofort, noch immer lächelnd. „Weißt du das?“ „Weißt DU denn, was du willst?“, lautete meine Gegenfrage, um etwas Zeit zu gewinnen. Was wollte ich? Ich wollte Kiyo, aber den hatte ich schon, ich wollte... Yuu zurück? Ich wollte, das Kirito und Yasu so glücklich wurden wie Hakuei und Rose? Nein, das betraf mich ja nicht direkt... „Es geht dich zwar nichts an, und ich hab eigentlich zuerst gefragt, aber ja, ich weiß, was ich will“, meinte Toshiya grinsend. „Ich will meinen Ruf ausbügeln und einmal in meinem ganzen Leben ein Shooting mit Anna Tsuchiya machen.“ Stirnrunzelnd sah ich ihn an. „Ein Shooting mit...? Warum das denn?“ „Nur, damit ich den Leuten, die behaupten, ich würde ihr so ähnlich sehen, zeigen kann, dass sie UNRECHT haben!“, erklärte Toshiya mit einem gequälten Unterton. Ich musste lachen und betrachtete ihn dann genauer. „Also geschminkt siehst du schon mehr wie ein Bishonen aus, gewisse Ähnlichkeiten sind da...“ „Warte nur auf unser gemeinsames Shooting, dann kannst du dich auf was gefasst machen“, murmelte Toshiya, der beleidigt wirkte. Ich dachte mir: Was auch immer er mir ‚antun’ will, so schlimm kann es ja nicht sein. Und doch..... doch, konnte es! Es fing alles ganz harmlos an. Zuerst machten wir ein paar Fotos, bei denen wir nur nebeneinander saßen, dann welche Rücken an Rücken. Toshiya korrigierte immer wieder etwas an meiner Haltung, an meinem Gesichtsausdruck und so weiter und so fort – kurz, er spielte sich auf. Aber okay, vielleicht auch berechtigt, das konnte ich nicht abschätzen. Die Fotografin wirkte zumindest ziemlich froh, dass Toshiya ihr die Arbeit abnahm. Abgesehen von Toshiyas Besserwisserei war das Ganze angenehm entspannt, ich hatte mich zwischendurch noch ein bisschen mit ihm unterhalten, hauptsächlich über gemeinsame Bekannte. (Er kannte Hazuki persönlich! Und Atsushi logischerweise auch, das hatte mich überrascht.) Und dann hörte ich irgendwann einen Befehl von Toshiya direkt an meinem Ohr, der mich zusammen mit seiner Hand an meiner Taille doch ein wenig aus dem Konzept brachte: „Augen zu, Kopf in den Nacken legen, etwas nach hinten lehnen.“ Ich schaute ihn irritiert an. „Was?“ Ohne mit der Wimper zu zucken wiederholte Toshiya seine Anweisungen und lächelte dann leicht. „Hat man dir nicht gesagt, was für eine Art Shooting das hier werden sollte...?“ Spätestens da bekam ich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, das mich auch die nächsten vier Stunden nicht mehr losließ. Ich befolgte zwar alle Anweisungen von Toshiya, aber mir war nicht allzu wohl dabei. (Wenigstens hatte ich mich in keiner Weise ausziehen müssen, aber das machte es im Endeffekt auch nicht besser.) Ich konnte noch nicht einmal sagen, dass mir die Art der Fotos nicht gefiel, als wir sie uns hinterher gleich auf dem Laptop ansahen, fand ich sogar, dass sie außerordentlich gut gelungen waren, auf der Stelle Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden und mir gefielen sie auch, allein vom ästhetischen Sinne her. Und dennoch gab es da eine dunkle Vorahnung, ich konnte es nur einfach nicht genauer definieren.... „Und? War das jetzt so schlimm?“, wollte Toshiya zufrieden wissen und schenkte mir ein weiteres Lächeln. Ich erwiderte es schwach. „Wirke ich, als würde ich mir das so zu Herzen nehmen?“ „Du wirkst, als hätte dich jemand entjungfert und du wüsstest noch nicht so ganz, ob du dich darüber freuen oder darüber weinen sollst“, gab er zurück und zwinkerte mir zu, wie er es schon fast die ganze Zeit immer wieder getan hatte. „Das erste Mal ist immer ein bisschen Wehmut dabei. Warte nur ab, bis du damit angeben kannst.“ Darüber dachte ich eine Weile nach. „Ich finde es nur schade, dass wir uns nicht näher kennen und das Ganze hier ein wenig unpersönlich abgelaufen ist.“ Jetzt schlich sich ein Grinsen in Toshiyas Gesicht. „Zwei Sachen – falls es dir noch niemand gesagt hat: Mach nie ein Shooting mit jemandem, der dir viel bedeutet. Da gibt es zu Vieles, das dagegen spricht, das kann ich dir ein anderes Mal aufzählen. Und die zweite Sache...“ Er neigte den Kopf etwas zur Seite und hob die Augenbrauen. „Wenn du möchtest, dann können wir unsere zukünftigen Treffen etwas... persönlicher gestalten.“ Meine Augen wurden groß. „Bitte?“, fragte ich leise. Toshiya lächelte nur wieder. „So leid es mir auch tut und so gerne ich noch etwas mehr Zeit mit dir verbracht hätte, ich muss wieder gehen, die Arbeit schreit geradezu nach mir.“ Er zog mich kurz in seine Arme (und bildete ich mir das ein, oder war seine eine Hand ein bisschen zu weit nach unten gerutscht?) und klopfte mir dann auf die Schulter. „Ruf mich doch beizeiten mal an, ja?“ Und mit den Worten und einem weiteren vielsagenden Lächeln war er verschwunden. Und ich starrte ihm nur eine Weile perplex hinterher, bis ich mich fragte, ob ich gerade ernsthaft von TOSHIYA angemacht worden war. Ich tastete nach der Stelle, an der vorher seine Hand gelegen hatte, und musste feststellen, dass er mich nicht befummelt, sondern mir nur seine Telefonnummer in die hintere Tasche meiner Hose geschoben hatte. ..... Okay, wahrscheinlich hatte er das auch nur getan, um mich befummeln zu können, aber egal. Ich war gespannt auf die Reaktionen auf die Fotos. ~☆~ Kiyo hatte mir zwar gesagt, dass die Fotos von Toshiya und mir in der GLAMOUR ☆ FASHION-Ausgabe vom März sein würden (und auch noch in irgendeiner anderen Zeitschrift), aber ich hatte es vollkommen verpennt, mir diese anzuschauen, weshalb ich nichts Böses ahnend am 1. März nachmittags in einem Café saß und bei einem Kaffee versuchte, mich geistig auf das kommende Interview vorzubereiten. Ich hatte noch ungefähr eine halbe Stunde, bis ich den Journalisten treffen sollte, jemanden von der Zeitung Honshū News, oder wie auch immer sie hieß. Zumindest kein Käseblatt, so viel war mir gesagt worden. Im nächsten Moment wurde vor mir eine Zeitschrift auf den Tisch geknallt, sodass ich zusammenzuckte, etwas von dem Kaffee verschüttete und erschrocken aufsah. Hakuei ließ sich auf den Sitz mir gegenüber sinken und starrte mich durchdringend an. „Lies“, befahl er leise. „Oder vielmehr: Schau.“ Neugierig betrachtete ich die Zeitschrift genauer. Es war eine namhafte Modezeitschrift, das wusste ich, davon hatte Kiyo mir erzählt. Aber viel interessanter fand ich das Cover: Toshiya und ich lehnten Rücken an Rücken, ich sah mit einem kühlen Blick zur Seite, und Toshiya blickte genau in die Kamera, ein verschmitztes und nur bei näherer Betrachtung erkennbares Lächeln auf den dunkler geschminkten Lippen. Ich möchte nicht angeben, aber wir sahen zum Anbeißen aus. Schnell blätterte ich zu den angegebenen Seiten, um mir auch die restlichen Fotos anzuschauen, die ausgewählt wurden. Was wir anhatten, ist nicht ganz so interessant, aber wir sahen auf jeden Fall elegant aus. Daher wirkte es auch nur umso eleganter auf dem ersten Bild, auf dem ich die Augen geschlossen und den Kopf etwas zur Seite geneigt hatte, und Toshiya hatte von hinten einen Arm um mich geschlungen, berührte meine Lippen mit den Fingerspitzen und betrachtete meinen Hals, als würde er gleich hineinbeißen wollen. Es folgten noch ein paar langweilige (vielmehr harmlose) Bilder entweder von uns beiden allein oder nur welche ohne jeglichen Körperkontakt, dann kam wieder eins, das mir richtig gut gefiel: Wir beide mit geschlossenen Augen, ich eine Hand auf seiner Brust, er eine Hand an meinem Kinn, das er anzuheben schien, und unsere Lippen geöffnet und nur getrennt durch Millimeter. Wir wirkten wirklich so, als würden wir uns gleich küssen wollen. Und dabei hatte das Ganze nichts Versautes an sich, sondern war noch so künstlerisch und geschmackvoll, dass ich mich selbst bewundern musste. „Stolz?“ Ich hob den Blick und musste feststellen, dass Hakuei mich noch immer unverwandt anstarrte. „Also ICH finde die Bilder vollkommen gelungen“, gab ich ehrlich zurück. Er seufzte leise. „Es liegt nicht an den Bildern, Gara. Die sind klasse. Wenn ich nicht schon auf Männer stehen würde, dann hättest du mich damit endgültig überzeugt, aber... Verstehst du nicht, worauf ich hinaus will?“ Verständnislos schüttelte ich den Kopf. „Nein, wirklich nicht. Was meinst du?“ „Weißt du, wer das ist?“, wollte er wissen und deutete auf Toshiya. „Das ist Toshiya, ein sehr erfolgreiches Model von Vanilla Sky, unheimlich erfahren, ein bisschen arrogant und recht pervers“, antwortete ich. Hakuei hob eine Augenbraue. „Pervers?“ „Er hat mich angemacht“, gab ich stirnrunzelnd zurück. „Ich hab ihm gesagt, dass ich es schade fand, dass das Shooting so unpersönlich abgelaufen ist, worauf er meinte, dass wir unsere nächsten Treffen ja etwas persönlicher gestalten können.“ „Wie auch immer. ... Weißt du, was er GEMACHT hat?“, fuhr Hakuei fort. „Durch irgendwas seinen Ruf verloren?“, riet ich. „Richtig. Und weißt du auch, wodurch?“ „Sollte ich das wissen?“ „Er ist vor gerade mal drei Jahren mit an den Haaren herbeigezogenen Lügen über Jui an die Öffentlichkeit gegangen, hat gebeichtet, dass sie bereits seit Längerem zusammen waren, und-“ „WHOAH!!“ Ich starrte ihn entsetzt an. „Nicht wirklich, oder?“ Hakuei schwieg einen Moment. Ich lief rot an. „Scheiße“, murmelte ich leise. Ich erinnerte mich, wie Yuu mir von diesem Skandal erzählt hatte, Toshiya soll wohl über Jui Lügen aus dessen angeblicher Karriere als Drogendealer verbreitet haben... Und zusammen waren sie auch noch gewesen. Und jetzt hatte ich ohne irgendeinen Hintergedanken ein Shooting mit diesem... Typen gemacht. „Oh, verdammte...“ „Damit machst du dir keine Freunde, Gara“, nickte Hakuei säuerlich lächelnd. „Du bist zu kurz im Geschäft, als dass du dir so was leisten könntest, deshalb kann ich dir jetzt, wo es sowieso schon zu spät ist, nur noch raten, dich vorher über deine Shootingpartner zu informieren – denn selbst wenn die Fotos durchaus ansprechend sind, die Öffentlichkeit vergisst nicht so schnell.“ Ich schüttelte leicht den Kopf. Und Kiyo hatte dieses Shooting für mich arrangiert – warum? Warum hatte er das getan, obwohl er doch auf jeden Fall gewusst haben muss, was Toshiya getan hatte? „Und... jetzt?“, fragte ich etwas hilflos. „Jetzt hältst du den Kopf oben, selbst, wenn du mit faulen Tomaten beworfen wirst“, erwiderte Hakuei schulterzuckend. „Du hast dir das Ganze eingebrockt, jetzt musst du damit leben. Du kannst dich schlecht von dir selbst distanzieren, das sieht die Öffentlichkeit nicht gerne. Behaupte einfach, dass du Toshiya bereits vorher kennen gelernt hast, ihr euch sofort sympathisch wart und deshalb dieses Shooting zusammen gemacht habt. Weise aber alle Gerüchte zurück, dass ihr beiden irgendetwas miteinander habt, egal, ob dir geglaubt wird oder nicht, und betone auch, dass Jui in dem Ganzen absolut keine Rolle gespielt hat, weder aktiv noch passiv.“ Unzufrieden runzelte ich die Stirn. Das hörte sich ziemlich ernst an. „Das ist das Einzige, was ich machen kann?“, fragte ich skeptisch nach. „Du kannst natürlich auch versuchen, den Leuten zu erklären, dass du so beschränkt bist und keine Ahnung davon hattest, dass die Toshiya und Jui zusammen gewesen sind.“ Okay. Er hatte wahrscheinlich recht. Jetzt musste ich mich irgendwie aus der Affäre ziehen. „Gut, das... ist wahrscheinlich das Beste.“ Dann fiel mir etwas anderes ein. „Was ist aber, wenn Toshiya die Geschichte mit ihm und mir abstreitet?“ Da musste Hakuei lächeln. „Bist du so naiv oder tust du nur so? Du hast doch selbst gesagt, dass Toshiya auf dich steht.“ Ich blinzelte ungläubig. „Ich soll.... WAS?!“ „Woran du wieder denkst....“ Er seufzte frustriert. „Zu viel Zitronentee getrunken? Du sollst nicht gleich mit ihm ins Bett gehen, lass ein bisschen deinen Charme spielen.“ „Charme?“, fragte ich zweifelnd. Hakuei grinste. „Hast du nicht, oder wie?“ „Ich.... weiß nicht.“ „Wenn du keinen hättest, dann hätte er dich ganz bestimmt nicht angemacht. Du versuchst einfach, verführerisch zu wirken, umschnurrst ihn ein wenig, machst ihm die Sache schmackhaft und haust wieder ab.“ „Okay.“ Ich atmete einmal tief durch. „Das hört sich nach einem Plan an. Danke, Hakuei.“ „Also so langsam solltest du lernen, wie es ist, auf eigenen Beinen zu stehen und nicht immer von den Meinungen oder Ratschlägen anderer abhängig zu sein“, warf Hakuei ernst ein und musterte mich. Ich nickte langsam. „Ja, das... sollte ich wohl. Trotzdem danke.“ Nachdem Hakuei gegangen war, schaute ich nach, ob ich Toshiyas Telefonnummer noch in meiner Brieftasche hatte. Ja, hatte ich. Perfekt. ~☆~ Na ja, und etwas mehr als zwei Tage, einige Stunden und offensichtlich zu viel Charme sowie zu wenig Durchsetzungsvermögen meinerseits später hörte ich mich selbst aufkeuchen, als Toshiya ohne Vorwarnung mit zwei Fingern in mich eindrang und dabei mit den Zähnen eine sehr empfindliche Stelle an meinem Hals bearbeitete. Ich weiß auch nicht mehr so ganz, wie es dazu gekommen war, wir hatten uns bei ihm verabredet, und nachdem ich ihn ein wenig ‚angeschnurrt’ hatte (hieß so viel wie Komplimente machen, ihn immer wieder verstohlen anlächeln, gewisse Andeutungen fallen lassen und hinterher behaupten, nichts in der Richtung gesagt zu haben, kurz: ich hatte geflirtet, was das Zeug hielt), hatte er mich irgendwann gepackt, auf den Esstisch gesetzt und angefangen, mich auszuziehen, während er mir die Zunge in den Hals schob. Was hatte Hakuei noch mal gesagt? Ich musste nicht gleich mit Toshiya ins Bett gehen? Tja, nun sah es wohl so aus, als käme ich nicht mehr darum herum. Ich seufzte leise auf und krallte mich etwas in Toshiyas Schultern, kniff dabei die Augen zusammen, weil es nun doch schon ein paar Tage her gewesen war, seitdem ich das letzte Mal mit Kiyo geschlafen hatte, und da hatte sich natürlich ein gewisser Druck aufgestaut. „T-Toshiya...“, machte ich noch einen verzweifelten letzten Versuch und klammerte mich gleichzeitig mit einem Arm an ihn, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. „Ich... will...“ Ich wollte, dass er verdammt noch mal aufhörte und mich für den Rest meines Lebens in Ruhe ließ, aber wenn ich wie ein Mädchen etwas zwischen die Beine gesteckt bekam, dann funktionierte mein Gehirn nicht mehr richtig, und so kam sonst nichts weiter über meine Lippen. „Mehr?“, hauchte er mir ins Ohr und grinste dreckig, ehe er mir seine Finger entzog und dann meine Beine weiter auseinander drückte, bis es beinahe weh tat. Auch, als ich den Kopf schüttelte, um ihm zu zeigen, dass ich das nicht hatte sagen wollen, zeigte er sich unbeeindruckt. „Nicht? Willst du, dass ich aufhöre?“, wisperte er und biss in meinen Hals. Ich nickte langsam und stöhnte erstickt auf, als er in mich stieß. Er war längst nicht so zärtlich, vorsichtig oder leidenschaftlich wie Kiyo oder Hakuei (geschweige denn Rose), sondern schien wirklich nur auf meinen Körper scharf zu sein, mehr nicht. Er wollte mich nicht, weil er mich mochte, weil ich ihn faszinierte oder sonst irgendetwas. Er wollte mich, um pure Lust zu erleben. Und irgendwie ließ mich dieses Wissen nur noch genüsslicher aufstöhnen, während er immer wieder unbarmherzig in mich drang und mir noch nicht einmal Zeit gab, mich an ihn zu gewöhnen. Es machte mich an, dass er nur heiß auf meinen Körper war – war das krank? „Willst du immer noch, dass ich aufhöre?“, flüsterte Toshiya lächelnd. Ich schnappte atemlos nach Luft und schüttelte sofort den Kopf. „Ich kann dich nicht hören...“ „Nein...“, presste ich hervor und stöhnte erneut laut auf, als er unvermittelt meinen Punkt traf. „Mach... weiter...“ Ich hasste ihn dafür, dass er sich in so einer Situation noch so gut artikulieren konnte. Er grinste und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen. „Fühlt es sich so gut an?“, wollte er gnadenlos weiter wissen. „Ja...“, stöhnte ich als Antwort und schlang die Beine um seine Taille. „So... gut... schneller...“ Und Toshiya gehorchte mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen. Nach dem einen Mal auf dem Küchentisch vernaschte er mich einmal mitten im Flur, weil wir es nicht mehr bis zum Schlafzimmer geschafft hatten, und dann in seinem Bett noch einmal. Hinterher lagen wir nebeneinander, er rauchend, ich ihn zuheulend. „Weißt du, und dabei BIN ich eigentlich schon glücklich vergeben....“, murmelte ich fassungslos und schüttelte immer wieder den Kopf. Toshiya grinste mich an. „Ich doch auch, oder glaubst du ernsthaft, dass jemand wie ich lange Single bleiben kann?“ „Dann hoffe ich für dich, dass du keinen Stress wegen mir kriegst...“, erwiderte ich. „Ach, Quatsch, er weiß, dass ich mich gerne mal aushäusig bediene, das ist kein Problem. Und wenn dein Kerl auch aus der Modebranche ist, dann wird er wissen, dass es ohne ein bisschen Fremdgehen auch nicht geht.“ Er sah mich an. „Oder?“ „Ich bin ihm aber bis jetzt noch nie fremd gegangen“, bemerkte ich leise und schuldbewusst. „Und wie lange seid ihr zusammen?“ „Uhm... RICHTIG zusammen oder zählt auch nur so halb?“ „Nur so halb zählt auch.“ „Dann...“ Ich überlegte. „Ungefähr ein halbes Jahr.“ „Und du hast ihn ein HALBES JAHR nicht betrogen?“ Toshiya hob die Augenbrauen. „Glaub ich dir nicht. Nicht bei eurer... was ist das? Weihnachtsparty? Da werden doch haufenweise Typen durchgevögelt, erzähl mir nicht, dass du Häschen da außen vor geblieben bist.“ „Hm.“ Okay, da hatte er recht. „Außerdem, wenn man berühmt ist, dann muss man teilweise Sex einsetzen, um das zu kriegen, was man haben will. Nicht wahr?“ Er lächelte und strich mir durchs Haar. „Du wolltest doch eigentlich nur ein bisschen schleimen, damit ich dir aus deiner Misere helfe, richtig?“ Ich schob seine Hand beiseite. „Na ja....“ „Keine Panik, wenn du schlecht im Bett gewesen wärst, dann hätte ich es allein schon abgestritten, um dich zu ärgern, aber du gefällst mir, Gara. Auch wenn du ein bisschen planlos bist.“ Er grinste wieder, drückte seine Zigarette aus und mir einen Kuss auf den Mund. „Ich bin nicht planlos!“, protestierte ich. „Ich komm auch ganz gut alleine klar!“ „Ach?“ Toshiya setzte sich auf und zog mich auf seinen Schoß. „Dann zeig doch mal, was du kannst.“ ~☆~ Im Endeffekt konnte ich doch einiges von meinem Image retten, vor allem durch mein Interview im Honshū News, das ich am 1. März gegeben hatte – überraschender- und glücklicherweise war es Sachiko gewesen, die mich hatte interviewen sollen (sie war schon wieder befördert worden), und so konnte ich ihr die Sache erklären, mich von ihr beraten lassen, was wohl das Beste für mich wäre, und erst einmal klarstellen, dass Jui bei dem gesamten Shooting, vorher und auch nachher nie ein Thema gewesen war. Und dann, als Toshiya die Geschichte, die ich zum Besten gegeben hatte, auch noch offiziell bestätigte und abstritt, dass wir was zusammen hatten (spätestens dabei wäre ich am liebsten im Boden versunken), ebbte die Flut an empörten Mails, Briefen und Anrufen endlich ab. Es kamen immer noch welche, klar, ganz würde ich diese Sache auch niemals loswerden können, aber wenigstens hatte ich nicht komplett mein Gesicht verloren. Seltsamerweise stellte sich aber auch noch ein anderer Effekt ein, den ich mir so überhaupt nicht vorgestellt hätte – mein Bekanntheitsgrad stieg mit einem Schlag drastisch. Ich war zwar nicht unbedingt beliebter (außer bei den Yaoi-Fangirls etc.), aber berühmter auf jeden Fall, inzwischen kursierten die Bilder aus der einen Modezeitschrift und aus GLAMOUR ☆ FASHION (es waren verschiedene genommen worden, um das Ganze etwas interessanter zu gestalten), fast überall im Internet, die Zeitschriften verkauften sich wie sonst was, ich war Thema Nummer 1. Mir fiel ein Satz ein, den ich irgendwo gehört hatte: Selbst wenn es Kritik ist – Aufmerksamkeit bleibt Aufmerksamkeit. Ich hatte vorher nicht daran geglaubt, dass man sich über negative Aufmerksamkeit freuen könnte, aber offenbar tat ich genau das. Ich hatte natürlich ein schlechtes Gewissen wegen Jui (bei dem ich mich bereits hatte entschuldigen wollen, aber seitdem gingen er und Miyavi mir nur noch aus dem Weg), und ein noch schlechteres wegen Toshiya beziehungsweise wegen Kiyo – ich hatte ihn betrogen! Und trotzdem fühlte es sich nicht halb so schlimm an wie erwartet, mich traf auch nicht der Blitz, ich log einfach ein paar Mal und die Sache war gegessen. Seltsam, ich hätte erwartet, nicht so leicht davon zu kommen. Hakuei und Rose sahen die zweite Sache allerdings nicht so eng wie die erste – sie fanden es zwar schade, dass ich es mir wahrscheinlich mit Jui verdorben hatte, aber sie lachten mich dafür aus, dass ich Toshiya nicht mal hatte widerstehen können. „Ich habe Kiyo betrogen, versteht ihr das nicht?!“, versuchte ich ihnen die Sache begreiflich zu machen. „Und was war auf der Weihnachtsparty?“, fragte Rose lächelnd und zog eine Augenbraue hoch. „Das ist was anderes! Da hatte ich seine Erlaubnis.“ Ich runzelte die Stirn. „Zumindest fast.“ „Und als du fast mit Rose geschlafen hast und es auch HÄTTEST, wenn ich nicht just in dem Moment vorbeigekommen wäre?“, fragte Hakuei, ebenfalls lächelnd. „Das ist auch was anderes!“, verteidigte ich mich. „Ich hab ja schon einmal mit ihm, da zählt ein zweites Mal doch auch nicht mehr!“ Aus irgendeinem Grund lachten sie dabei noch mehr. Oh, stimmt, fast hätte ich das Wichtigste vergessen – wen hatte ich seit dem 1. März nicht mehr gesehen und nur ganz selten gesprochen? Richtig. Kiyo. Nicht, dass er mich abblockte, aber er musste ständig arbeiten, immer hatte er etwas zu tun, und ich konnte es ihm nun mal nicht übel nehmen – die neuen Kollektionen waren erschienen, und er musste neue Verträge abschließen, die richtigen Entscheidungen treffen, solche wichtigen Dinge eben. Da hatte er keine Zeit für mich. Und dabei wollte ich ihm so einiges erzählen. Anfang der zweiten Märzwoche fand sich endlich ein halber freier Tag, den er mit mir verbringen konnte. Er wirkte gestresst und müde, und trotzdem lud er mich zum Essen ein, war so lieb wie immer und brachte mich immer wieder zum Lachen, obwohl ich ihn eigentlich hätte aufmuntern sollen. Gut, vielleicht tat ich das auch, zumindest wirkte er, als wir zurück bei ihm zuhause waren, nicht mehr ganz so angespannt. Massieren tat ich ihn trotzdem, ich fand, das hatte er verdient. Und außerdem würde er dann das Gefühl kriegen, mir meine Frage auf jeden Fall beantworten zu müssen, wenn ich schon so viel für ihn tat. „Kiyo~...?“, fing ich an. Er saß vor mir, hatte die Augen geschlossen und fuhr mit den Fingerspitzen zärtlich über einen meiner Oberschenkel, während ich seine Schultern massierte. „Was ist, Süßer?“, fragte er sanft. Schon alleine, wie liebevoll er dieses ‚Süßer’ sagte.... ich konnte ihm überhaupt nicht mehr böse sein. Am liebsten hätte ich ihn geknuddelt und ihm tausend mal gesagt, wie sehr ich ihn liebte. „Zu der Sache mit Toshiya.....“ „Du wusstest nicht, wer er war, oder?“, wollte er ruhig wissen. Ich hielt inne und senkte den Blick. „Wenn du es gemerkt hast... warum hast du nichts gesagt? Warum hast du vorher nichts gesagt? Warum hast du überhaupt IHN genommen?“ Mit einem leisen Seufzen drehte er sich zu mir um und legte mir eine Hand auf die Wange. „Es tut mir leid. Du hast Recht, ich hätte dir Bescheid sagen sollen, ich hätte dich um Erlaubnis fragen sollen... aber ich habe befürchtet, dass du dann nicht mehr dazu bereit wärst. Es war ein großer Schritt für dich, oder? Und dass du ihn gemeistert hast, siehst du daran, dass das Land dich noch immer liebt, dass die Bilder absolute Spitze geworden sind und dass du ohne große Probleme und auch ohne meine Hilfe damit fertig geworden bist. Das war wirklich eine wichtige Stufe, Gara, dass du dich nicht immer auf mich verlässt – eigentlich solltest du dich alleine um deinen Bekanntheitsgrad, um deine Shootings und so weiter kümmern.“ Warum redete in letzter Zeit jeder irgendwas davon, dass ich nicht selbstständig war und mir ständig Hilfe holen musste? Als würde ich jedes Mal um Hilfe schreien, wenn ich mit einer Situation nicht klar kam.... „Hm. Stimmt eigentlich“, erwiderte ich nachdenklich. „Aber warum hast du ausgerechnet Toshiya ausgesucht? Warum nicht irgendwen anderen?“ „Um bewusst zu provozieren“, antwortete er lächelnd und küsste mich lange. „Und offensichtlich war es doch ein Erfolg, oder?“ Er wich mir aus. So langsam bekam ich das Gefühl, abgefertigt, wenn nicht sogar abserviert zu werden. Warum hatte er mich nicht vorher GEFRAGT? Schließlich war es MEINE Person, die jetzt in aller Munde war, nicht seine! Er hätte mir wenigstens, allerwenigstens Bescheid sagen können. War das denn zu viel verlangt? Ich machte den Mund auf. „Und ihr beiden scheint euch – wenn das stimmt, was ich gehört habe – doch auch gut verstanden zu haben, oder?“, wechselte er das Thema abrupt und lächelte wieder. Oh-oh.... Jetzt begab ich mich auf gefährliches Terrain. „Er ist ganz nett“, wich ICH ihm dieses Mal aus. Ich musste aufpassen, erstens war Toshiya Teil von GLAMOUR ☆ FASHIONs Erzfeind, und zweitens sollte ich wohl mein Treffen mit ihm möglichst unter den Tisch kehren und hoffen, dass er dasselbe tat. Um abzulenken, wollte ich wieder auf das eigentliche Thema zurückkommen, aber auch dieses Mal war Kiyo schneller als ich. „Nur, was mich gewundert hat, ist, dass er deiner Geschichte, dass ihr euch vorher schon getroffen habt, einfach so zugestimmt hat, schließlich-“ „Bitte, red nicht mehr von der Arbeit“, bat ich leise und setzte meinen liebsten Blick auf. Er grinste und küsste mich ein zweites Mal. „Wie du wünschst.“ Verdammt. Ich fühlte mich in dem Moment ein wenig ratlos – konnte Kiyo sich denken, was zwischen Toshiya und mir passiert war? Wenn ja – warum störte es ihn nicht? Wenn nicht, warum hatte er dann so zielgerichtet gefragt? Ach, ich sollte mit dem Denken aufhören. Das verkomplizierte die Dinge doch nur. ~★~☆~★~☆~★~ tbc~ Es kommen nicht mehr viele Kapitel, nur noch bis 12, und die hab ich alle fertig... >_>; Kommentare, die konstruktiv sind, verdienen einen Kuchen, die anderen kriegen nur einen Keks ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)