Die Magie der Musik 2 von abgemeldet (Die Fürsorge eines Bruders) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Die Magie der Musik 2 - Die Fürsorge eines Bruders Kapitel 1 Die Ruhe, die im Zimmer herrschte, bemerkte Serdall erst jetzt. Eben hatte er noch seine Geige gespielt, doch nun wurde ihm die Stille im Haus richtig bewusst. Keiner war daheim, außer ihm. Es war eine ungewohnte Situation. In dem letzten Jahr und fast sieben Monaten, in denen er mit Daniel zusammen war, war in diesem Haus ständig etwas losgewesen und nie war es so still wie jetzt. Seufzend lehnte Serdall den Kopf in den Nacken und sah an die Wohnzimmerdecke. Es war alles so perfekt im Moment. Mit seinem Freund lief es wunderbar, Taki verstand sich mit Daniel auch mehr als gut und die Hunde waren mithilfe der Hundeschule zwei anständige und schöne Tiere geworden. Die beiden schliefen träge neben dem Sofa auf ihren Kissen und Serdall ließ sie. Seit sie so groß waren, haarten sie sich auch schrecklich, da überließ er Daniel das Streicheln. Dustin war mit Ethan gerade irgendwo unterwegs. Serdall war auch nicht wirklich versessen darauf zu erfahren, wo die beiden waren. Mittlerweile war der rothaarige Engländer genauso eine kleine Plage wie Serdalls Schwager. Was der Junge Daniel zum Teil für Ratschläge für ihr Sexleben gab, war wirklich weder sehr amüsant, noch erotisch. Serdall wollte gar nicht wissen, was Dustin mit dem Jungen angestellt hatte, doch Ethan schien wahrscheinlich irgendwie empfänglich dafür gewesen zu sein. Tief durchatmend strich sich Serdall durch die schwarzen Haare und stand dann mit einem Ruck auf. Im Schlendergang bewegte er sich zur Terrassentür. Ein anderer Gedanke machte sich in seinem Kopf breit. Je besser es mit Daniel lief, umso mehr verschlechterte sich Serdalls Verhältnis zu seinem eigenen Bruder. Die Anrufe wurden immer seltener. Fei war es langsam leid, mit ihm über eine Hochzeit zu reden, was Serdall sehr begrüßte. Diese Gespräche waren einfach nur noch ermüdend und so langsam glaubte er, dass sein Bruder ihn so gar nicht mehr wirklich kannte. Serdall hatte auch nicht wirklich das gesteigerte Bedürfnis, Fei über sein jetziges Leben aufzuklären. „Er würde es nicht verstehen“, flüsterte Serdall zu sich selbst und lehnte seine Stirn an die kalte Fensterscheibe neben der Terrassentür. Seufzend bedachte er die kahlen Büsche mit einem schwachen Blick und ließ seine Augen zu dem grau verhangenen Himmel blicken. Sein Bruder war doch immer noch der Meinung, dass eine neue Ehefrau das Beste für ihn und Taki wäre. Dass Serdall nicht wollte und angab, dass Louise die einzige Frau in seinem Leben bleiben würde, interessierte ihn dabei nicht im Geringsten. Seit dem letzten Besuch von Fei waren nun auch schon mehr als anderthalb Jahre vergangen. Serdall befürchtete, dass er vielleicht wieder darauf zu sprechen kommen würde, so kurz vor Weihnachten. Nun gut, es waren noch fast zwei Monate bis dahin, aber so ein Flug plante Fei eher langfristig ein, bei seinem vollen Terminkalender. Serdall erinnerte sich nur an die Kollision von Fei und Daniel, an dem Tag, als Kikuchi angeschossen worden war. Allein deswegen wollte Serdall, dass Fei nicht wieder kam. Er hatte Angst um Daniel. Schließlich wusste er nicht wie sein Bruder reagieren würde, wenn er wüsste, dass Daniel mit ihm zusammen war. Fei würde wohl kurzen Prozess machen… Gepeinigt schloss Serdall die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihm war plötzlich eiskalt. Er wandte sich vom Fenster ab und setzte sich wieder auf das Sofa, um erneut in die Gegend zu starren. Es bereitete ihm Kopfschmerzen, wenn er daran dachte, dass Fei vielleicht herkommen würde. In letzter Zeit kam ihm diese Sorge immer öfter. Besonders weil Fei immer gereizter am Telefon war und es ihm langsam reichte, wie Serdall sich einfach strikt weigerte, seinen Ratschlag anzunehmen und sich von ihm eine Frau suchen zu lassen. Sein Bruder würde es einfach nicht einsehen, dass Serdall lieber mit Daniel zusammen lebte. Serdalls Herz machte einen Hüpfer, als er das Klirren eines Schlüssels in der Haustür vernahm. Sofort machte er sich auf den Weg in den Flur. Daniel zog seine Jacke aus und stellte fluchend den tropfenden Schirm in den Ständer. Seine Schuhe waren durchweicht und seine Socken widerlich nass. „Mistwetter“, grummelte er. „Anfang November sollte es nicht regnen, sondern langsam mal anfangen zu schneien.“ Sein Blick fiel auf Serdall und auf Daniels Gesicht erschien ein sanftes Lächeln. „Hey“, meinte er und küsste seinen Freund. „Wie war dein Tag?“ Serdall zuckte mit den Schultern. „Ein bisschen langweilig“, meinte er leise. Taki war derzeit bei seinem Freund zwei Straßen weiter zum Spielen und er selbst hatte nur zwei Stunden gegeigt. Er war froh, dass Daniel endlich wieder von der Uni da war. Seufzend sah Serdall Daniel dabei zu, wie er sich die Schuhe auszog. „Ist der Kamin an?“, fragte Daniel fröstelnd. „Ich hätte jetzt nichts dagegen, mir mit dir einen gemütlichen Abend vorm Feuer zu machen nach all dem Stress.“ Er merkte immer wieder, wie sehr er sich an Serdall und den mit ihm verknüpften Tagesablauf gewöhnt hatte. Daniel würde echt nicht wissen, was er mit seiner Zeit anfangen sollte, wenn er seinen Freund nicht hätte. Was hatte er früher eigentlich den ganzen Tag lang gemacht? Liebevoll zog Serdall ihn in eine feste Umarmung. „Ich mach ihn gleich an“, meinte er leise und küsste Daniel innig. „Wie war die Uni?“, fragte er leise. „Wieso bist du überhaupt zu Fuß unterwegs gewesen?“ Schließlich besaß sein Freund ja nicht umsonst einen vernünftigen Wagen. Serdall versuchte die Gedanken an Fei wieder völlig von sich zu schieben. Er wollte nicht, dass Daniel seine Sorgen diesbezüglich mitbekam. „In meinem Auto haben sich ein paar Mader eingenistet und sich die Kabel schmecken lassen“, zischte Daniel zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Die Viecher waren daran schuld gewesen, dass er mitten in die Vorlesung geplatzt war. „Der Bus war gerade weg und ich wollte dich nicht wecken und fragen, ob du noch wohin musst“, fügte er noch hinzu. Daniel schälte sich aus seiner nassen Jeans und entledigte sich auch noch seines Pullovers. Regenschirme waren ja schön und gut, aber wenn der Regen fast waagerecht von der Seite kam, nützten sie nicht wirklich viel. Serdall sah Daniel mitleidig an und zog ihn mit sich, um ihn im Wohnzimmer eine Decke um die Schultern zu legen. „Das sollten wir so schnell wie möglich beheben lassen“, murmelte Serdall. „Morgen kannst du ja meinen Wagen nehmen“, fügte er hinzu und schob Daniel zum Fell vor dem Kamin. Während Daniel sich zurechtsetzte, begann Serdall die Holzscheite anzuzünden. Seine Putze Anja kümmerte sich ebenfalls darum, dass der Kamin immer hergerichtet war. Natürlich gegen ein kleines Bonushonorar. Als das kleine Feuer anfing leise zu knistern, setzte Serdall sich hinter Daniel und schlang die Arme um ihn, wobei er sein Kinn auf die Schulter vor sich stützte. „Ich werd mich morgen um dein Auto kümmern“, flüsterte und küsste Daniel am Hals. Befreit und entspannt aufseufzend lehnte Daniel sich an Serdall und schloss etwas erschöpft die Augen. Der Weg von der Uni bis hierher war doch recht lang, vor allem wenn man durch den Regen hastete und schon einen ewig langen von langweiligen Vorlesungen begleiteten Tag hinter sich hatte. Einige Zeit saßen sie schweigend da. Daniel hatte es sich mittlerweile mit dem Kopf auf Serdalls Schoß bequem gemacht und lag nur in Boxershorts vor dem warmen Kamin. Kimba war nach einiger Zeit herübergekommen und hatte sich halb auf Daniel niedergelassen. „Ist alles in Ordnung?“, wollte Daniel irgendwann von Serdall wissen. „Du wirkst etwas bedrückt.“ Serdall lächelte schief. Daniel hatte sich mittlerweile viel zu gut auf ihn eingespielt und merkte leider viel zu schnell, wenn bei ihm irgendetwas nicht stimmte. „Liegt am Wetter. Ist einfach zu trüb“, seufzte Serdall und strich Daniel zärtlich durch die Haare. „Und allein ist das ziemlich schlimm“, meinte er leise. „Warum hast du denn nicht angerufen vorhin? Ich hätte dich doch auch abgeholt“, versuchte er das Thema wieder in andere Bahnen zu lenken. Er wollte mit Daniel nicht über Fei reden. Das wäre einfach nur ein unnötiger Sorgenfaktor und solange Fei nicht Ernst machte, gab es nun mal keinerlei Grund zu Sorge. Zumindest für Daniel nicht. „Ich hab nicht dran gedacht. Bin einfach los, ohne an irgendwas einen Gedanken verschwendet zu haben“, meinte Daniel mit skeptisch verzogener Augenbraue. Es war aber auch dämlich, dass ihm diese Möglichkeit nicht eingefallen war. Serdall ging immer noch nicht von selbst und allein aus dem Haus und wäre garantiert hier gewesen. Stattdessen ließ Daniel sich lieber einmal von oben bis unten durchweichen. Serdall seufzte leicht. Daniel war leider immer noch manchmal sehr kopflos. Das hatte sich in der Zeit, in der sie zusammen waren, auch nicht wirklich geändert. „Beim nächsten Mal dann“, meinte Serdall. Es brachte ja nichts, sich jetzt darüber unnötig aufzuregen. Das war nun mal Daniel und Serdall liebte ihn so, wie er war. „Zum Glück ist morgen schon Freitag“, flüsterte Serdall und legte sich nun hinter Daniel, um seine eine Hand über dessen nackten Bauch gleiten zu lassen und ihn in den Nacken zu küssen. „Ja, zum Glück“, wiederholte Daniel seufzend. „Das Semester hat erst vor einem Monat angefangen und ich bin schon vollkommen alle. Ich hätte nicht gedacht, dass es solche Phasen während des Studiums gibt.“ Er drehte sich auf den Bauch. Kimba ließ sich nicht stören und legte sich wieder auf Daniels Beine. „Aber ich habe ja dich. Du bist immer da, wenn ich wiederkomme und lässt mich meine alten müden Knochen entspannen.“ Serdall lachte leise. „Wenn es nach mir ginge, würdest du eigentlich nur sexuelle Schwerstarbeit bei mir leisten“, flüsterte er neckisch und kraulte beruhigend über Daniels Bauch. „Aber der Herr musste ja unbedingt ein Studium anfangen“, murrte Serdall und küsste Daniel auf die Wange. Es war schon komisch. Er selbst wünschte sich sogar die Semesterferien zurück, in denen er mit Daniel mehr Zeit verbringen konnte. „Klar musste ich ein Studium anfangen. Wohin soll ich sonst mit meiner geballten Intelligenz?“, schoss Daniel lachend zurück. Es war schon seltsam, wie sehr sie sich aneinander gewöhnt hatten. Vor allem seit sie zusammen wohnten waren sie eigentlich unzertrennlich, wenn Daniel nicht gerade am Studieren war. Augenrollend beugte sich Serdall über Daniel und sah ihm schelmisch grinsend in die hellblauen Iriden. „Ja, ganz schlau bist du. Genauso schlau wie Dustin“, flötete er böse und küsste Daniel auf die Nasenspitze. Schließlich wollte Daniel auch Lehrer werden, ebenfalls an der Reitling. Aber dass Dustin überhaupt noch seinen Beruf hatte, war sowieso mehr Glück als Verstand. „Vergleiche mich nicht mit Dustin“, grummelte Daniel. „Wobei du ihm zugestehen musst, dass er sich in seinen Fachgebieten wirklich gut auskennt.“ Das stimmte. Dustin war vielleicht im alltäglichen Leben noch ziemlich grün hinter den Ohren, aber als Lehrer extrem gut und beliebt. „Ja“, murrte Serdall. „In seinem Fachgebiet Sex und Englisch“, murmelte er und ließ sich neben Daniel wieder nieder. Seinen Kopf auf seinen Oberarm bettend, sah er Daniels Profil kurz an, ehe er die Augen schloss. Serdall war ja schon froh, dass Dustin nun nur noch mit Ethan zusammen war und anscheinend sogar treu. Aber die beiden im Duo waren manchmal extrem anstrengend. Zumindest empfand Serdall es so. „Nun, er ist auf diesen Gebieten gut“, erwiderte Daniel amüsiert. „Wobei du ihn bei ersterem noch übertrumpfst, möchte ich meinen. Zumindest was meinen persönlichen Geschmack angeht. Und du kannst Japanisch. Im Vergleich zu Englisch bei Weitem schwieriger. Nun, ich denke, dass ich lieber bei dir bleibe. Du hast mehr auf dem Kasten.“ „Oh wie nett, das du mich ihm vorziehst“, knurrte Serdall. Wütend setzte sich Serdall im nächsten Moment auf Daniels Lenden und umfasste seine Handgelenke, um sie über Daniels Kopf festzupinnen. „Glaub ja nicht, dass du noch irgendeine Wahl hast“, zischte er leise und lehnte seine Lippen an Daniels. „Die lass ich dir nicht mehr“, flüsterte er gegen Daniels Mund und erschauerte selbst leicht bei dieser Berührung, ehe er seine Zunge zwischen Daniels Lippen gleiten ließ. Begeistert erwiderte Daniel den Kuss, bis sich Serdall wieder von ihm löste. „Ich will gar keine Wahl haben und ich würde dich jedem Adonis, der dort draußen herumläuft, vorziehen. Ich hoffe, das weißt du. Ich liebe dich.“ Ernst sah Daniel Serdall an. Er hatte ab und an immer noch diese Phasen, in denen er meinte, sich beweisen zu müssen. Dabei würde Daniel ihn für nichts auf der Welt mehr hergeben und dachte nicht im Traum daran, ihn jemals zu betrügen. Innerlich seufzte Serdall schwer. Er vertraute Daniel ja, aber die Angst, ihn irgendwie zu verlieren, machte ihm allein bei dem Gedanken Magenschmerzen. „Ich dich auch“, flüsterte Serdall beruhigt, küsste Daniels Lippen noch einmal kurz, bevor er seinen Kopf auf Daniels Brust bettete. Er gab es für sich selbst zu. Er war schlicht und ergreifend total abhängig von Daniels Nähe geworden. Serdall konnte Daniel einfach nicht mehr aus seinem Leben wegdenken. Das ging einfach nicht. „Serdall, habe ich dir in den letzten neunzehn Monaten nicht gezeigt, dass du der Einzige für mich bist? Ich habe noch nicht mal irgendeinem knackigen Männerhintern auf der Straße nachgesehen, weil ich wusste, was mich zuhause erwartet. Was meinst du, warum ich mit dir zusammengezogen bin? Du brauchst dir echt keine Sorgen zu machen.“ Daniel seufzte leise. Er konnte ihn ja irgendwie verstehen. Serdall hatte in solchen Dingen ein Gedächtnis wie ein Elefant und erinnerte sich bestimmt noch an die Knutscherei mit Dustin in der Küche, auch wenn es noch so lange her und nicht ganz freiwillig war. Trotzdem würde dieses Erlebnis wie ein kleiner Dorn bleiben, der sich gelegentlich bemerkbar machte. „Hast du“, meinte Serdall leise. „Und ich weiß, dass ich dir glauben kann. Trotzdem habe ich immer wieder Angst, dich irgendwie zu verlieren. Auch anders“, meinte er leise und sah Daniel wieder in die Augen. Genauso, wie ich Louise verloren habe, dachte er sich traurig und ließ seine Stirn in Daniels Halsbeuge fallen. Das wäre sein Ende, wenn er das wieder durchmachen müsste. Deswegen hatte er Daniel auch zu seinem zwanzigsten Geburtstag den neuen Wagen geschenkt. Die alte Rostlaube von Daniel war ihm nie geheuer gewesen und die Sache jetzt mit den Mardern machte ihm auch Sorgen. Er würde da wohl noch eine Firma kommen lassen, die die Garage vor diesen Tieren sicher machte. Nicht auszudenken, wenn ein anderer Schlauch durchgefressen wäre. „So schnell wirst du mich nicht los“, murmelte Daniel und umschlang Serdall mit seinen Armen. Es war schon rührend, wie viele Sorgen Serdall sich um ihn machte, aber er musste wirklich keine Angst haben. Daniel konnte sich ein Leben ohne Serdall gar nicht mehr vorstellen. Sowas nannte man wohl Liebe bis in den Tod. Zumindest aus seiner momentanen Sicht heraus. Gehen lassen würde Daniel seinen Freund jedenfalls nicht mehr. Seufzend löste sich Serdall nach einem Moment von Daniel und setzte sich gesittet neben ihn. Ein schlechtes Gefühl übermannte ihn in diesem Moment und er strich sich genervt über die Stirn. Daniel würde ihn für seine blöden Befürchtungen irgendwann noch einmal auslachen. „Ich hol dir lieber mal etwas zum Anziehen“, murmelte er und stand auf. „Taki kommt bestimmt bald und Dustin mit Ethan sicher auch“, erklärte er sich und ging sogleich zum Flur, um die Treppen hinauf in die dritte Etage zu gehen. In ihrem nun gemeinsamen Schlafzimmer trat Serdall vor den großen Kleiderschrank und sah kurz regungslos auf Daniels Seite, auf der seine gesamten Sachen ruhten. Ihm war leicht unwohl. Die blöden Gedanken ließen ihn jetzt nicht mehr los. Wahllos griff sich Serdall einen der warmen Pullover von Daniel und eine seiner bequemen Hosen, ehe er langsam nach unten ging und versuchte, seinen Kopf von diesen bedrückenden Dingen zu befreien. „Wow, als ob du Gedanken lesen könntest“, lachte Daniel, als Serdall wieder zurück ins Wohnzimmer kam. „Das sind genau die Sachen, an die ich gerade gedacht habe.“ Dankend nahm er beides entgegen und zog es sich schnell über. Zwar war es hier vor dem Kamin auch in Shorts sehr warm gewesen, aber in seinen bequemen Schluderklamotten, die er immer zuhause anzog, war es eben doch angenehmer. Außerdem hatte Daniel keine Lust auf einen neckischen Kommentar von Dustin und Ethan, wenn sie zurückkahmen. Serdall lächelte minimal, doch das Lächeln schwand wieder, als es plötzlich an der Tür laut wurde und Dustins sowie Ethans Stimmen zu ihnen drangen. „Als ob ich es geahnt hätte“, murmelte Serdall und setzte sich wieder zu Daniel auf das Fell, um ihn mit den Armen zu umfangen. „Wir sind wieder da!“, rief Dustin auch gleich unnötigerweise, als er den Kopf ins Wohnzimmer steckte. „Und wir haben Abendessen mitgebracht“, fuhr er fort du schwenkte einen Beutel mit Pizza-Logo darauf. Serdall seufzte genervt. Langsam hatte er von dem Fastfood genug. Seit einem halben Jahr versuchten sie sich die Küche zu teilen. Abwechselnd kochten Dustin, Ethan und Daniel. Taki half immer fleißig und Serdal… Nun ja, er stellte halt die Küche. Seine Abneigung gegen diesen Raum würde auch nie abklingen. Daniel rümpfte ebenfalls etwas angewidert die Nase. „Ehrlich, ich habe nichts gegen Pizza. Aber wenn es an drei von vier Tagen, die ihr für Essen sorgen müsst, so ein Zeug gibt, dann habe selbst ich irgendwann genug. Das ist mit der Zeit einfach nur widerlich und deine Speckrolle am Bauch wird auch immer größer, Dustin.“ Dustin sah Daniel ungläubig an und schob sofort seinen Pullover nach oben. „Da ist kein Gramm Fett dran, wie du siehst“, meinte er lachend und Ethan strich verliebt einmal über Dustins Bauch, als er neben ihn trat. „Hey“, meinte er leise und schlang einen Arm um Dustins Hüfte. „Zieh dich vernünftig an“, zischte Serdall genervt. Kurz verzog Dustin den Mund, ruckelte dann aber wieder den Pullover zurecht. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, Ethan verlangend zu küssen. Augenrollend nahm Daniel das Essen an sich und ging damit in die Küche. Schnell waren ein paar Teller auf dem Tisch verteilt und etwas zu trinken eingeschenkt. Serdall sah genervt auf die Uhr. Wo blieb denn Taki nur? Aß er wieder bei seinem Freund? Wenn er nicht in zehn Minuten hier war, würde er bei der Familie anrufen. Lustlos kaute Serdall auf dem Hawaiistück herum und sah auf die Tischplatte. Dustin und Ethan fummelten eh nur wieder aneinander herum. Daniel linste verstohlen zu Serdall hinüber. Er konnte sich vorstellen, dass sein Freund sich etwas um Taki sorgte. Seit zu Beginn dieses Schuljahres die Klassen aus diversen Gründen etwas durcheinander gewürfelt wurden, hatte der Kleine einige neue Freunde gefunden, bei denen er jetzt sehr gern und sehr viel Zeit verbrachte. So kam es, dass es teilweise so schön war, dass noch ein paar Stunden mehr rangehängt wurden und Taki ab und an einfach im Eifer des Gefechts vergaß, Bescheid zu sagen. Beim ersten Mal hätte Serdall fast die Polizei, einen Detektiv und seinen Bruder verständigt, als Taki einfach nicht aufgetaucht war. Nach einem Anruf bei den entsprechenden Eltern hatte sich die ganze Sache aber schnell erledigt gehabt. Trotzdem war Serdall immer ziemlich hibbelig, wenn Taki sich ein paar Minuten verspätete, vor allem, da er die zwei Straßen meist zu Fuß ging. „Taki hat sich bestimmt mal wieder an der Tür verquatscht“, meinte Daniel in die Runde. Dustin sah amüsiert zu seinem Schwager. „Sei nicht so eine Glucke, Serdall“, meinte er belustigt und ließ sich auch nicht von Serdalls finsterem Blick beirren. Taki würde sicher gleich auftauchen und dann war wieder alles in Ordnung. Da musste Serdall nicht so ein Drama daraus machen. Wütend warf Serdall sein Pizzastück zurück auf den Teller und stand auf. Dustin zuckte zusammen, doch Serdall ging, ohne ein Wort, an ihm vorbei und zur Haustür. Er öffnete sie und sah besorgt die Straße entlang. Dustins dumme Kommentare brauchte er wirklich nicht. Es war ja bekannt, dass sich sein Schwager um fast nichts außer Ethan scherte, seit er mit dem Engländer zusammen war. Seufzend stand Daniel ebenfalls auf. Serdall verhielt sich heute irgendwie seltsam. Seine Stimmungen waren so extrem. Das schlechte Wetter konnte es eigentlich nicht sein, oder? Immerhin war es schon seit einiger Zeit nicht wirklich schön draußen. Irgendetwas schien ihn zu belasten. Mal sehen, ob sich nachher noch die Möglichkeit bot, darüber zu reden. Ansonsten würden sie es halt morgen machen. „Hey“, meinte Daniel leise und umarmte Serdall von hinten. „Meinst du, er kommt schneller, wenn du auf die Straße starrst und dein Essen kalt werden lässt? Wenn du dir Sorgen machst, ruf doch einfach bei Lucas’ Eltern an und frag nach, ob Taki noch zum Essen geblieben ist oder sie sich verquatsch haben.“ „Ich hab keinen Hunger mehr“, meinte Serdall leise und legte seine Hände auf Daniels. Er wusste doch selber, dass sein Verhalten in den Augen der Anderen wirklich heftig war. Aber Taki war einfach sein Sohn und er wusste doch, wie schnell etwas passieren konnte. Seufzend wollte Serdall die Haustür nun doch wieder schließen, hielt aber inne, als er einen neongelben Regenschirm um die Ecke biegen sah und Taki nun doch endlich kam. Lächelnd wartete Serdall auf ihn und nahm ihm den Schirm ab, als er hereinkam. „Entschuldige Papa, Lucas und ich haben noch über das neue Flugzeugspiel geredet“, meinte er leise und zog seine Jacke und Schuhe aus. „Hallo, Dan“, sagte er lauter und umarmte den Schwarzhaarigen. Daniel drückte Taki einmal an sich und ließ ihn dann erst einmal richtig ins Haus kommen. „Du solltest dich das nächste Mal trotzdem gleich verabschieden oder ein wenig früher gehen. Du weißt doch, dass wir uns Sorgen machen, wenn du nicht zur vereinbarten Zeit zurück bist. Vor allem wird dann auch das Essen kalt“, meinte er und schob Taki in die Küche. „Deine Pizza ist jetzt bestimmt auch nur noch lauwarm. „Tut mir leid. Ich werde das nächste Mal dran denken“, erwiderte der Kleine und setzte sich mit an den Tisch. Man sah Taki an, dass er meinte, was er sagte. Er kannte seinen Vater ja auch und wusste, wie viele Gedanken er sich um alles machte, was mit seinem Sohn zu tun hatte. „Iss erst mal, sonst wird es noch ganz kalt.“ Daniel schob Taki seinen Karton hinüber und aß dann selbst seine letzten beiden Stücke auf. „Willst du wirklich nichts mehr?“, fragte er Serdall uns schielte auf die letzten Happen seiner Pizza. „Nein“, erwiderte Serdall schlicht und trank sein Glas Wasser. Dustin warf er noch einen kalten Blick zu, als der kurz zu ihm sah. Wurde dieser Kerl nie erwachsen? Er war nun schon fast Anfang dreißig mit seinen noch siebenundzwanzig Jahren, was im Januar auch vorbei war. Serdall schnaubte nur und wandte seinen Blick ab, ehe er Taki kurz durch die Haare strich. Wenig später war sein Sohn auch schon fertig mit essen und man begann die Küche gemeinsam aufzuräumen, wobei Serdall seinen Teller und sein Glas sogar neuerdings zur Spüle brachte. „Papa? Darf ich noch fernsehen?“, fragte Taki ihn. Der Schwarzhaarige nickte und sein Sohn machte sich auf ins Wohnzimmer, während Serdall selbst auf Daniel wartete. Der räumte nur noch schnell die letzten Teller in die Spülmaschine und kam dann zu ihm. „Ich glaube, wir machen es uns auch wieder im Wohnzimmer bequem, oder?“, wollte er wissen und zog Serdall schließlich mit sich, der etwas unentschlossen in der Tür stand. „Komm, Taki ist so oft weg in letzter Zeit, da sollten wir die restliche Zeit auch mit ihm verbringen.“ Gemeinsam setzten sie sich auf die Couch. Dustin und Ethan waren schon nach oben gegangen und würden sich wohl wieder ihrem liebsten Hobby widmen. Daniel hingegen war momentan eher etwas nach kuscheln. Serdall legte einen Arm um ihn und begann dann mit Taki über seinen Tag zu erzählen. In letzter Zeit stand Taki viel zu sehr auf jegliche Art von Videospielen. Seine Gespräche drehten sich meistens darum und Serdall fühlte sich dabei irgendwie in einer anderen Welt. Er hatte davon kaum Ahnung, Daniel hingegen zumindest etwas. Wenigstens war Taki immer noch gut in der Schule und interessierte sich auch noch für Mücke, die ihren Kopf auch auf Takis Schoß gelegt hatte und sich von ihm die Schnauze streicheln ließ. Um kurz vor neun brachte Serdall seinen Sohn aber endlich ins Bett. Mücke schlief allerdings im Wohnzimmer. Taki zudeckend, wünschte Serdall ihm eine Gute Nacht und küsste ihn auf die Stirn, bevor er in sein Schlafzimmer wechselte. Daniel stand mittlerweile schon unter der Dusche und Serdall gesellte sich zu ihm. Einen Moment umarmte er ihn, ehe er Daniel wortlos beim Einseifen half. In der Woche gingen sie eh relativ früh schlafen, da Daniel sein Studium ernst nahm und abends auch immer ziemlich geschafft war. Von dem warmen Wasser tatsächlich angenehm ermattet schlüpfte Daniel neben Serdall unter die Decke und rutschte gleich zu ihm. Zwar hatten sie beide sozusagen ihre eigene Hälfte im Bett, allerdings schliefen sie fast immer auf Serdalls Seite. „Gute Nacht. Schlaf schön“, murmelte Daniel und gab seinem Freund einen längeren Kuss. „Du auch“, flüsterte Serdall, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten und schlang einen Arm um Daniels Rücken. Ihn ließ immer noch nicht diese bedrückte Stimmung los, auch wenn er hier so ruhig und eigentlich glücklich mit Daniel lag. Er fühlte sich irgendwie unwohl und Fei hatte seit längerem nicht angerufen, was ihn noch mehr beunruhigte. Seufzend kuschelte Serdall sich an Daniel und versuchte ebenfalls einzuschlafen. So wie es schien, war Daniel schon ins Traumland abgedriftet. ------------------------------------- Schrilles Geklingel riss Daniel aus seinem Schlaf. War es etwas schon Morgen? Er fühlte sich noch vollkommen erschlagen. Mühsam öffnete er seine noch ziemlich verklebten Augen und starrte in der Dunkelheit auf die Leuchtziffern seines Weckers. 3:57 Uhr. Und der Lärm kam auch nicht aus der Richtung, sondern von Serdalls Nachttisch. Ächzend langte Daniel mit einer Hand aus dem Bett. Seine Finger ertasteten einen Hörer. Wenn irgendwer es wagte, um diese Zeit einen Telefonstreich zu machen, war er morgen Geschichte. Sein Schlaf war ihm während der Studienzeit mehr als wichtig. „Daniel Erhard“, meldete er sich verschlafen und mit noch etwas dumpfer Stimme. „Wie bitte?“, zischte es in der Leitung aggressiv. „Was machst du an Serdalls Telefon?“, knurrte Fei böswillig. Geschockt riss Daniel die Augen auf und fuhr hoch. Er starrte kurz auf das Gerät in seiner Hand. Scheiße, das war Serdalls Handy und sein Bruder klang nicht gerade glücklich, dass Daniel sich gemeldet hatte. „Mist“, fluchte Daniel leise und rüttelte leicht an Serdalls Schulter, der noch immer schlief. Eine Ausrede für Fei hatte er gerade echt nicht parat. Murrend murmelte Serdall etwas Unverständliches, doch Daniel rüttelte ihn weiter und rief leise seinen Namen. „Was ist denn?“, nuschelte Serdall verschlafen und drehte sich zu Daniel, in dessen Hand ein Mobiltelefondisplay leuchtete. „Fei“, kam nur kurz über Daniels Lippen und Serdall war sofort wach und ergriff das Telefon. „Ja?“, fragte er und sofort erklang Feis Stimme. Natürlich auf Japanisch. Serdall musste im ersten Moment umdenken, um Fei überhaupt zu verstehen. „Ich nehme den nächsten Flieger nach Deutschland“, erklärte sein Bruder gerade und Serdall riss entsetzt die Augen auf. „Nein!“, herrschte Serdall ihn an, doch das Tuten signalisierte ihm nur, dass Fei definitiv nichts zu diskutieren hatte. „Scheiße!“, sagte Serdall laut und pfefferte sein Handy auf den Nachtschrank, ehe er sich vollkommen fassungslos in die Kissen sinken ließ. Er musste erst einmal realisieren, was gerade überhaupt geschehen war. „Was hat er gesagt?“, fragte Daniel etwas nervös. Er war furchtbar erschrocken, als er Fei plötzlich an seinem Ohr gehört hatte. Wie konnte er auch nur so blöd sein und einfach an Serdalls Handy gehen? Aber noch im Halbschlaf hatte er nicht richtig geschaltet. Nun hatten sie den Salat. Irgendwie hatte Daniel ein schlechtes Gewissen. Serdalls Bruder schien nicht sehr begeistert gewesen zu sein. Serdall griff sich schwach an die Stirn und schloss die Augen. „Er kommt her“, sagte Serdall schlicht. Wusste Fei nun von ihrem Verhältnis? Natürlich wusste er es. Was sollte Daniel auch sonst, gegen vier Uhr in der Früh, in Serdalls Schlafzimmer tun? Er hatte ja damals schon geahnt, dass Daniel mehr von Serdall gewollt hatte. Aber was sollte er jetzt tun? Er war gerade einfach nur überfragt. Der einzige Gedanke, der sogleich durch seinen Kopf waberte, war der, dass Fei Daniel umbringen wollte. „Er kommt her?“, wiederholte Daniel entsetzt. „Wann? Wobei, es ist ganz egal, wann er kommt. Was will er hier überhaupt?“ Daniel konnte die Gänsehaut, die über seinen Körper kroch, nicht unterdrücken. Er hatte mit Fei zuletzt keine sehr nette Begegnung gehabt. Ganz davon abgesehen, dass Serdalls Bruder bislang noch nicht gewusst hatte, dass Serdall überhaupt bisexuell und mit ihm zusammen war. Fei würde ausrasten, garantiert. Das konnte sogar Daniel sagen. Eben weil er es war, der mit Serdall zusammen war. Serdall kroch zitternd zu Daniel und umarmte ihn fest. Was er wollte konnte Serdall nur ahnen. Daniel beseitigen, ihn verheiraten und die sogenannte japanische Ordnung und Normalität hierher bringen. „Er hat immer noch die selbe Absicht wie damals“, meinte er leise und bebend. „Nur weiß er jetzt den Grund für meine Weigerung zu heiraten.“ Tief durchatmend sammelte Serdall sich. Er musste jetzt klar und logisch denken. „Du musst hier weg, wenn er kommt.“ „Wieso sollte ich hier weg?“, wollte Daniel stur wissen. „Ich wohne hier. Wenn er dasselbe vor hat wie vor eineinhalb Jahren, dann will er dir immer noch eine Frau an die Seite stellen. Und er sieht doch jetzt, dass du nicht unbedingt heiratswillig bist. Also wo liegt das Problem? Wenn er merkt, dass er hier nichts reißen kann, wird er schon wieder nach Hause fliegen.“ Ganz nachvollziehen konnte Daniel Serdalls unterdrückte Panik nicht. Fei konnte ihn immerhin nicht zwingen zu heiraten. Serdall löste sich von Daniel und knipste die Nachttischleuchte an, um ihm in die Augen zu sehen. „Sei nicht dumm. Du vergisst einfach, wer meine Familie ist und wer Fei ist. Er verabscheut dich und Homosexuelle, auch wenn er es bei Kikuchi und Dustin duldet“, meinte Serdall ernst. „Fei macht kurzen Prozess, wenn er hier ist“, flüsterte Serdall emotionslos und starrte kurz einfach nur an einen Punkt hinter Daniel, ehe er sofort seine Beine aus dem Bett schwang. „Von daher musst du weg.“ Gehetzt sah sich Serdall im Zimmer um, nicht wissend, was er zuerst tun sollte. Im ersten Moment war Daniel von Serdalls Worten etwas erschrocken, doch dann ließ er sie sich noch einmal durch den Kopf gehen. „Ehrlich, Serdall. Meinst du nicht, dass du ein wenig übertreibst? Fei wird mich nicht gleich abmurksen, nur weil ich mit dir zusammen bin. Gerade deswegen nicht. Auch wenn ich homosexuell bin scheinst du mich ja trotzdem gern zu haben. Das wird auch ihm klar sein. Und seit wann töten Yakuza einfach Leute, weil ihnen ihre Nase nicht gefällt?“ Versucht seine Atmung zu beruhigen und die Angst in sich niederzukämpfend ging Serdall zum Kleiderschrank. Sofort begann er nach einer Reisetasche zu suchen, um Daniels Klamotten einzupacken. Warum war sein Freund nur so gutgläubig und sah verdammt noch eins nicht die Gefahr, die Fei darstellte? „Ihm gefällt nicht nur dein Nase nicht“, zischte Serdall leise, als er einen Hosenstapel in die Reisetasche verfrachtete, die er ganz unten im Schrank gefunden hatte. „Er knallt dich ab, wenn er dich sieht, egal was ich sage“, erklärte er sich weiter. „In jedem Anruf von ihm geht es einfach nur darum, dass ich wieder heiraten soll. Eine japanische Frau, um genau zu sein. Das ist Feis Wille und dich wird er unter allen Umständen nicht akzeptieren und zum Schweigen bringen. Egal jetzt“, zischte er gereizt und packte weiter. „Du musst jedenfalls hier raus, bevor er kommt.“ „Und du glaubst, dass es das bringt, wenn ich einfach davonlaufe? Wo soll ich denn bitteschön hin? Außerdem wird er, wie du ihn gerade beschreibst, ohnehin nicht wieder fliegen, bevor er dich vor den Traualtar geschleift hat. Und glaubst du, dass ich mir das ansehen werde?“ Daniel stand auf und schlug den Kleiderschrank wieder zu. Es war einfach unsinnig zu glauben, dass Fei extra hierher kommen würde, nur um ihn mal kurz um die Ecke zu bringen, Serdall zu verheiraten und dann wieder zurückzufliegen. Er war um Serdalls Wohl besorgt, soviel hatte Daniel schon mitbekommen, und das war wohl nicht darin gelegen, wenn Fei seine derzeitige Liebe über den Haufen schoss. „Daniel!“, herrschte Serdall seinen Freund an. „Du kennst ihn nicht. Seine Prinzipien und seinen Charakter ganz besonders!“, schrie Serdall halblaut. „Ich brauche Zeit, um ihm verständlich zu machen, was los ist! Die habe ich aber nicht, wenn er auf dich losgeht, ehe ich ein Wort sagen kann!“ Wütend riss Serdall die Kleiderschranktür wieder auf. „Er hat ein nicht vorstellbares Temperament, wenn es um die Familie geht“, zischte Serdall leise. Himmel, warum verstand Daniel ihn denn nicht? Er würde doch nicht so einen Aufstand machen, wenn es nicht absolut ernst war! „Ich wiederhole mich noch mal: Wo denkst du, soll ich hingehen? Ich habe zuhause kein Zimmer mehr und habe kein gesteigertes Interesse daran, auf der Couch zu schlafen. Außerdem, wenn Fei tatsächlich daran interessiert ist, mich umzubringen, was ich ganz nebenbei etwas übertrieben und aus der Luft gegriffen finde, wird er mich finden, egal wo ich bin. Des Weiteren lasse ich dich bestimmt nicht mit ihm allein. Ich vertraue dir zwar, aber ihm ganz bestimmt nicht. Wer weiß, zu was der dich in meiner Abwesenheit bringen wird!“ Wütend funkelte Daniel Serdall an. Er würde garantiert nicht erwarten, dass Daniel ihn in einer solchen Situation im Stich ließ. Wenn Fei ein Problem mit ihm hatte, dann diskutierten sie das wie zwei vernünftige Menschen aus. Da es ohnehin zwei gegen einen stand, würde Serdalls Bruder logischerweise unverrichtete Dinge nach Hause fliegen und sie hätten wieder ihre Ruhe. Überreizt packte Serdall Daniel am Kragen. „Warum hörst du nicht? Er wird dich töten und deine Leiche irgendwo verscharren.“ Nun wirklich heftig an den Händen zitternd ließ Serdall wieder von Daniel ab, um ihn fest zu umarmen. „Es ist doch nur für ein paar Tage. Ich will kein Risiko eingehen“, flüsterte er schwach und versenkte sein Gesicht in Daniels Halsbeuge. „Vertrau mir, er wird mich zu gar nichts bringen. Ich liebe dich, mehr als mich selbst, da kann Fei nichts gegen tun. Nur sei so gut und komm für die paar Tage bei deiner Mutter unter. Bitte“, hauchte Serdall verzweifelt. Daniel seufzte resigniert. Wie sollte er da noch nein sagen? „Okay“, meinte er nach einer Weile und schlang seine Arme nun ebenfalls um Serdall. Er schien richtig fertig zu sein und wenn es ihn sich besser fühlen ließ für die Zeit, in der Fei hier war, würde Daniel eben ein paar Nächte bei seiner Mutter auf dem Sofa verbringen. „Können wir vielleicht trotzdem erst einmal schlafen? Allein der Flug hierher dauert zwölf Stunden. Dann noch ein- und auschecken, die Fahrt zum Flughafen. Fei wird ohnehin erst heute Abend da sein. Ich lasse morgen die Uni sausen, wir schlafen aus und ich gehe dann am frühen Nachmittag, in Ordnung?“ Er strich Serdall über den leicht bebenden Rücken. Sein Freund machte sich mal wieder viel zu viele Sorgen und Gedanken. Serdall nickte unbehaglich. Er hatte so eine heftige Angst, dass er Daniel verlieren könnte, dass es ihm ganz flau in der Magengegend wurde. Er ließ sich von Daniel zurück zum Bett dirigieren und schmiegte sich Halt suchend an ihn. Allein das Gespräch mit Fei würde eine Menge Nerven kosten, bis er ihn überhaupt an einem Punkt haben würde, an dem er vielleicht einlenken würde, wenn er sich überhaupt soweit bringen ließ. „Fei war schon die ganzen letzten Telefonate über schrecklich aggressiv“, meinte Serdall leise. „Er will ständig nur, dass ich heirate, wahrscheinlich hat er das mit dir irgendwie geahnt, aber nie gedacht, dass es wahr wäre. Er hat sich wirklich sauer angehört.“ „Vielleicht ist er auch einfach nur enttäuscht“, gab Daniel zu bedenken. „Ihr hört auch so schon nicht sehr viel voneinander und wenn er noch nicht mal über solch wichtige Ereignisse wie eine jahrelange Beziehung seines Bruders im Bilde ist, ist es verständlich, dass er leicht wütend ist. Immerhin hast du ihm gerade die Chance verbaut, noch einmal Onkel zu werden.“ Serdall etwas bequemer auf sich ziehend starrte Daniel an die Zimmerdecke. Er langte zur Nachttischlampe und knipste das Licht wieder aus. Die Frage war, wer mit seiner Annahme richtig lag, er oder Serdall. Natürlich, Fei war Serdalls Bruder und man konnte davon ausgehen, dass sie sich gegenseitig gut kannten. Wie gut in Wirklichkeit zeigte allerdings ihre vor Fei geheim gehaltene Beziehung. Vielleicht schätzte Serdall Fei auch einfach nur falsch ein. Er war in letzter Zeit ohnehin etwas zu beschützend, ob nun zu ihm oder zu Taki. Außerdem wäre es wirklich wie in einem schlechten Film, wenn Fei kommen würde, um die Ehre seines Bruders und ihn somit vor dem bösen Homosexuellen zu retten, der ihn in seinen Klauen hielt. Daniel schüttelte leise schnaubend den Kopf. Nein, ehrlich nicht. Serdall seufzte resigniert. Daniel war einfach zu gutgläubig. Was meinte er denn, was hinter den Worten ‚japanische Mafia‘ steckte? Bestimmt kein Musikensemble. Es ließ ihm keine Ruhe. Fei würde nicht so schlagartig entscheiden, dass er nach Deutschland fliegen wollte, wenn er nicht absolut in Rage war. Fei war ein vielbeschäftigter Mann, der eigentlich nicht so mir nichts, dir nichts von seiner Stelle wegkonnte. Wenn er solch eine Entscheidung traf, war es schon sehr aussagekräftig. „Er ist nicht nur leicht wütend“, murrte Serdall und stützte sein Kinn auf Daniels Brust. „Du weißt doch, wie das Temperament bei uns ist. Er wird im ersten Moment nur rot sehen.“ „Und wenn er erst mal zwölf Stunden im Flieger saß und Zeit hatte sich abzureagieren, du danach auch noch mal in Ruhe mit ihm redest, wird schon alles wieder in Ordnung kommen. Ich verlange ja auch gar nicht, dass er mich mag, meinetwegen kann er mich auch weiterhin hassen, allerdings sollte er unsere Beziehung zumindest einfach akzeptieren.“ Daniel gab Serdall einen kurzen Kuss und strich ihm aufmunternd über die Wange. „Ich schlafe einfach ein paar Tage zuhause, damit du dich in Ruhe mit ihm aussprechen kannst. Es wird schon nicht das große Chaos werden, das du dir ausmalst.“ Wieso glaube ich nur, dass er es einfach nicht akzeptieren kann?, dachte Serdall sich ängstlich. Weil Fei wohl genauso wie er war. Einfach strikt für Normalität. Serdall hatte es ja auch erst eingesehen, dass er Daniel brauchte, als sein Körper fast restlos den Geist aufgegeben hatte und er im Krankenhaus gelandet war. Mit am Schlimmsten war es eigentlich, dass er Daniel für ein paar Tage nicht sehen würde. Gerade, wo gleich Wochenende war, das eigentlich ihnen gehörte. „Hoffentlich“, meinte er leise. „Ich bin aber nicht so optimistisch wie du.“ Serdall stemmte sich im nächsten Moment nach oben und stupste seine Nase gegen Daniels. „Das wird schrecklich“, sagte er leidlich. „Ich kann ohne dich nicht einschlafen und überhaupt“, Serdall küsste Daniel sanft auf den Mund, „wirst du mir schrecklich fehlen.“ „Du kannst mich ja besuchen kommen und wie Romeo nachts das Wohnzimmerfenster erklettern“, scherzte Daniel und gab Serdall noch einen kleinen Kuss. Er versuchte einfach optimistisch zu bleiben. Fei würde nur einmal richtig mit Serdall reden müssen und dann war wieder alles gut. Zumindest hoffte Daniel das. Denn er hatte eigentlich auch kein gesteigertes Interesse daran, Serdall so lange nicht zu sehen. „Aber anrufen wirst du mich zumindest. Und besuchen auch, wenn ich schon nicht hierher kommen darf.“ „So oft es geht“, flüsterte Serdall leise und küsste Daniel tief. Er wollte wenigstens die Zeit, die sie bis Feis Ankunft noch hatten, ein wenig nutzen. „Ich werde Fei erklären, wie viel mir an dir liegt“, meinte er und rieb seine Wange an Daniels, während er sich zwischen dessen Beine schmuggelte und sich nun vollends auf ihn legte. „Ja, es wäre wohl von Vorteil, wenn ihr mal klare Verhältnisse schaffen würdet“, bestätigte Daniel und sah Serdalls Umrisse in der Dunkelheit etwas skeptisch an. „Du willst doch nicht wirklich jetzt…“ Daniel stoppte abrupt, als Serdall eine seiner Hände an seinem nackten Oberkörper hinab in den Schritt wandern ließ. Er schien tatsächlich zu wollen. Leise stöhnte Daniel auf und krallte sich an Serdalls Oberarmen fest. „Du willst schon mal für die nächsten Tage vorarbeiten, was?“, keuchte er. Lächelnd rieb Serdall mit den Fingern über Daniels noch schlaffes Glied. Wenn sie schon für ein paar Tage getrennt sein mussten wollte Serdall, dass Daniel keinesfalls auf dumme Ideen kam. Sich über die flache Brust küssend, wanderte er mit den Lippen immer tiefer. Bei Daniels Bauchnabel stoppte er kurz. Langsam ließ er seine Zunge in die kleine Vertiefung gleiten. Gleichzeitig ließ er seine Fingernägel sanft über Daniels Unterbauch kraulen. Sein Freund keuchte unterdrückt auf. Eine angenehme Wärme breitete sich in Serdall aus. Er würde Fei die Meinung sagen. Niemals würde er sich von Daniel trennen, egal was sein Bruder sagte und verheiraten würde er sich schon gar nicht. Diese Gedanken fest in sich manifestierend, wanderte Serdall weiter an Daniel hinab. Seine Hände schoben sich über Daniels Unterbauch hinweg, an dem schon halb erigierten Penis vorbei und über die Innenschenkel, um Daniels Beine zu spreizen. Währenddessen begann Serdall Daniel mit dem Mund zu verwöhnen. Stöhnend biss sich Daniel auf die Lippe und vergrub seine Hände leicht in Serdalls Haaren. Was den Oralsex anging war sein Freund im Laufe der Zeit immer aktiver geworden. In diesen Genuss kam er momentan fast vor jedem Sex. „Serdall, zögere das Vorspiel heute bitte nicht so lange heraus“, flüsterte Daniel mit rauer Stimme. „Ich möchte dich möglichst schnell in mir spüren.“ Serdall lächelte verstohlen, als er von Daniel abließ und sich zum Nachtschrank beugte, um Kondome und Gleitcreme aus der Schublade zu befördern. Er wollte Daniels Wunsch erfüllen, schließlich wollte er selbst Daniel so schnell wie möglich ganz für sich haben. Wie immer bereitete Serdall Daniel behutsam vor, obwohl sein Freund das immer mehr beanstandete. Aber Serdall würde nicht aus Daniels Ungeduld heraus irgendetwas überstürzen. Nach einer Weile zog er die mit Gel benetzten Finger wieder aus Daniel heraus und präparierte sein eigenes Glied mit einem Kondom. Langsam schob er sich in Daniel. Als er vollständig in ihm war, küsste er ihn tief und verwickelte seine Zunge in ein kleines Gefecht. Keuchend erwiderte Daniel den Kuss. Die Gefühle, die ihn überschwemmten, wenn er mit Serdalls schlief, wurden auch nach über eineinhalb Jahren nicht weniger. Daniel wartete gar nicht lange, sondern bewegte sich gegen Serdall, der auch gleich einen recht kräftigen Rhythmus anschlug. Serdall verschränkte ihre Hände miteinander und beugte sich zu Daniel, um ihm kleine Küsse an den Hals zu hauchen und die Zunge über das Schlüsselbein gleiten zu lassen, was Daniel sofort zum Erschauern brachte. Er löste sich wieder von Daniels Händen und fasste ihn bei den Hüften. Immer wieder glitt er kurzzeitig vollständig aus Daniel heraus, um sich dann erneut in voller Länge zu versenken. Daniel warf stöhnend den Kopf in den Nacken und krallte eine Hand hart ins Bettlaken. Wellen der Erregung brandeten durch seinen Körper und er wusste nicht, wie lange er diesen Gefühlen noch standhalten konnte. Irgendwie war er heute in höchstem Maße empfindlich und jeder Stoß von Serdall beförderte ihn fast in den Himmel. Serdall begann einen schnellen Rhythmus einzuschlagen, der Daniel leicht in die Matratze drückte und das Bett hin und her wackeln ließ. Daniel keuchte und stöhnte unter ihm, klammerte sich in ein Kissen, während Serdall sich darauf konzentrierte, nicht aus dem Takt zu kommen. Kurz kam ihm der Gedanke, dass es schade war, dass Daniel das Licht ausgeknipst hatte und er nun seinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte, doch er verflog genauso schnell, wie er gekommen war, als Daniel wieder grollend stöhnte. Aufbäumend kam Daniel zwischen ihren Körpern, ohne dass Serdall ihn noch zusätzlich gereizt hatte und spürte auch kurz darauf, wie Serdall seinen Höhepunkt erreichte. Mit vor Erschöpfung leicht zitternden Armen umarmte er seinen Freund und atmete versucht ruhig, um seinen rasenden Puls wieder unter Kontrolle zu bekommen. „So stürmisch heute?“, fragte er Serdalls grinsend. Serdall schöpfte geräuschvoll Atem und legte matt seine Wange auf Daniels Brust. Er nickte nur abgehackt und hauchte einen Kuss auf die Haut der linken Brusthälfte. „Ich liebe dich, Prinzesschen“, flüsterte er ermattet und schloss kurz die Augen. Er genoss es mit Daniel so zu verharren, ihn immer noch zu spüren, in ihm zu sein und dem schnellen Herzschlag zu lauschen. Er wollte nicht, dass Daniel für ein paar Tage wegmusste, doch es ging nicht anders. Fei würde einfach rasend vor Wut sein, wenn hier ankam. „Ich liebe dich auch“, hauchte Daniel zurück und öffnete seine geschlossenen Augen einen Spalt breit. Eigentlich hatte er kein gesteigertes Verlangen noch duschen zu gehen. Vor allem, da er ohnehin noch total müde und durch ihre Aktivitäten gerade obendrein auch noch extrem erschöpft war. Träge griff er nach der Taschentuchpackung auf dem Nachtschrank und säuberte sie zumindest notdürftig. Die Feinarbeit wurde eben morgen gemacht. Serdall zog sich vorsichtig aus ihm zurück und entsorgte das Kondom, bevor er sich wieder an Daniel schmiegte. Müde strich Serdall Daniel durch die Haare. Es war jetzt schon fast fünf Uhr morgens. Um diese Uhrzeit war er normalerweise nie wach und auch nicht länger als nötig. Die Sache mit Fei war einfach zu viel für ihn. Er wusste eigentlich gar nicht, wie er seinem Bruder überhaupt gegenübertreten würde. Was er wohl dazu sagen würde, dass er mit Daniel zusammen war… Egal wie Fei dazu stand, Serdall würde seinen Freund sicherlich nicht aufgeben. Träge spielte er mit dem Armband um Daniels linkem Handgelenk und schloss ruhig die Augen. So, mit Daniel in seinen Armen, glaubte er auch, dass Fei ihnen eigentlich nichts anhaben konnte. Verhalten gähnte Daniel und zog die Decke wieder richtig über sie. Alles, was er gerade wollte, war schlafen. Morgen würde ein anstrengender Tag werden. Er musste noch packen und seiner Mutter klar machen, warum er plötzlich auf der Matte stand. Sie wusste immerhin nicht, dass Serdalls Bruder bei der japanischen Mafia war. Mal sehen, was ihm für eine Ausrede einfallen würde. So in seine Gedanken vertieft schlief er schließlich ein. Ende Kapitel 1 Kapitel 2: ----------- Kapitel 2 Stunden später, nachdem sie endlich aufgestanden waren, sah Serdall Daniel dabei zu, wie er seine Sachen in der Reisetasche verstaute. Ihm versetzte es einen Stich, allein dieses Bild schon zu sehen. Aus einem Impuls heraus ging Serdall wieder auf seinen Freund zu und umarmte ihn fest von hinten. „Versprich mir, dass du auf dich aufpasst und keine dummen Sachen machst“, flüsterte er ernst und lehnte seine Stirn in Daniels Nacken. Er hatte eine verdammte Angst, dass Daniel irgendeinen Fehler beging oder ihm etwas passierte „Sieh lieber zu, dass du auf dich aufpasst“, erwiderte Daniel ebenfalls in gedrückter Stimmung und legte den letzten Pullover in die Tasche. „Ich muss mir nur eine plausible Erklärung für meine Mutter ausdenken, du stehst deinem Bruder gegenüber. Ich denke, dass ich es da schon etwas besser getroffen habe.“ Er schloss den Reisverschluss und drehte sich dann zu Serdall herum. Etwas verzerrt lächelnd strich er ihm über die Wange. Daniel sagte sich immer wieder, dass es nur für ein paar Tage war, aber er wollte eigentlich noch nicht mal für ein paar Stunden von Serdall weg. Seufzend schnappte er sich die Tasche. „Kommst du mit nach unten? Ich will noch schnell ein spätes Mittag machen, bevor ich nach Hause fahre.“ Serdalls Magen krampfte sich allein bei dem Gedanken an Essen schmerzhaft zusammen. Er hatte so gar keinen Hunger, wenn er daran dachte, was ihnen bevorstand. „Ja“, meinte er schwach und ergriff sogleich Daniels Hand. Eigentlich wollte er sich viel lieber mit Daniel im Bett verkriechen, ihn im Arm halten und nie mehr gehen lassen. Sie waren nie mehr als ein paar Stunden getrennt gewesen seit sie zusammen waren. Es war der reinste Horror für Serdall zu wissen, dass es vielleicht für zwei oder drei Tage sein würde. Denn sein Bruder war genauso schwer von Begriff, wie er selbst. Serdall drückte Daniels Hand fest, als sie nach unten gingen. Als Daniel die Tasche im Flur abstellte, musste Serdall ihn an sich ziehen und tief küssen. Seine Gedanken begannen jetzt schon Amok zu laufen. Erst verzweifelt erwiderte Daniel den Kuss. Er benahm sich lächerlich, das wusste er. Immerhin war es nicht so, als ob sie sich nicht sehen oder hören würden. Serdall hatte ihm versprochen auf jeden Fall anzurufen und ihn eventuell auch besuchen zu kommen, bis die Sache mit Fei ausgestanden war. Resigniert löste Daniel sich. Es brachte nichts, so einen verzweifelten Abschied aufs Parkett zu legen, obwohl sie sich noch nicht mal voneinander verabschiedeten. Er lächelte Serdall zu und ging dann in die Küche, um ihnen ein schnelles Essen zu machen. Serdall ließ den Kopf hängen, als sich Daniel von ihm löste. Zögernd ging er ihm nach und setzte sich an die Theke, beobachtete seinen Freund die ganze Zeit. Dustin kam im nächsten Moment hereingeschneit und betrat verwirrt in die Küche. „Wessen Tasche ist das denn im Flur? Wollt ihr verreisen?“, fragte er hoffnungsvoll und malte sich schon in Gedanken aus, was er mit Ethan alles tun könnte, wenn alle nicht da waren. „Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber es zieht nur einer kurzzeitig aus und andere Personen werden das Haus zusätzlich bevölkern“, meinte Daniel schlicht. Dustin sah ihn verständlicherweise nicht verstehend an und Daniel beschloss, deutlicher zu werden. „Fei kommt spontan auf einen Besuch vorbei, nachdem ich heute Nacht versehentlich an Serdalls Handy gegangen bin“, erklärte er und wusste, dass Dustin verstehen würde, was das für Konsequenzen hatte. Schließlich kannte er Serdalls Bruder auch ein wenig. Sofort riss Dustin die Augen auf. „Du machst Witze!“, meinte er ungläubig und sah zu seinem Schwager, der betrübt auf seine Finger starrte. Dustin schüttelte fassungslos den Kopf. Er wollte eigentlich nicht noch einmal auf Kikuchi treffen, ganz besonders jetzt nicht, wo es mit Ethan so gut lief. Und überhaupt, es würde eh eine angespannte Atmosphäre herrschen, wenn Fei wusste, dass Serdall im Moment so ziemlich gar nicht an einer Frau interessiert war. Er hielt es wirklich für eine gute Entscheidung, dass Daniel vorerst nicht auf Fei traf. Allein der letzte Besuch und ihr Aufeinandertreffen waren in einer Katastrophe geendet. „Na das wird lustig“, murrte er genervt und setzte sich an den Tisch, um seinen Kopf in die Hand zu stützen. „Oh ja, und wie lustig das wird“, knurrte Daniel genervt, während er etwas zu heftig in der angesetzten Tomatensoße rührte, die er schnell zusammengepanscht hatte. Er konnte auf noch einen Miesmacher verzichten. Es würde alles gut werden und fertig. „Er bleibt hoffentlich nicht lange“, warf Serdall ein. Mehr als drei Tage würde er auch nicht ohne Daniel auskommen. „Das ist schließlich immer noch mein Haus“, murrte er langsam missgestimmt. Jetzt, wo sich der erste Schock gesetzt hatte, fühlte er einfach nur leise Wut. Was sich Fei eigentlich einbildete. Er war ja wohl selbst erwachsen genug und Fei brauchte nicht über ihn zu bestimmen. Dazu hatte er ja seine ganzen treu ergebenen Männer. Serdall hatte nicht umsonst den Großteil des Geldes von seinem Vater geerbt, damit er eben nicht die ganze Yakuzahierarchie erdulden musste. Daniel nickte zustimmend. Warum sollte Serdall sich überhaupt seinem Bruder fügen und unterwerfen? Schön, dann war Fei der Boss von einem ganzen Haufen Yakuzas, aber hier in Deutschland hatte Serdall das Ruder in der Hand. Wenn er wollte, konnte er seinen Bruder ganz legal einfach vor die Tür setzten. Es stellte sich ohnehin die Frage, warum Serdall so oft vor seinem Bruder den Schwanz einzog. „Genau“, knurrte Daniel jetzt. „Wenn er frech wird, fliegt er raus.“ Dustin lachte befreit auf. „Das möchte ich sehen. Kampf der Giganten. Fei gegen Serdall, wer wird das Haus schlussendlich beherrschen?“, meinte er in einer dieser Kommentator-Stimmen und wich dem geworfenen Bonbon von Serdall aus. Grinsend streckte der Blonde Serdall die Zunge heraus. „Du wirst das schon hinkriegen, Serdall. Aber nimm es mir nicht übel, mein Wetteinsatz geht auf Fei.“ „Tu, was du nicht lassen kannst“, murrte Serdall. Er war jedoch froh, dass Dustin die Stimmung ein wenig auflockerte. In den letzten Stunden hatte Serdall sich viel zu sehr in seine Befürchtungen gestürzt, als dass er einmal vernünftig über die Situation nachgedacht hätte. Auch wenn Fei ein Problem damit hatte, dass er nicht wieder heiraten wollte, konnte er ihn schlussendlich nicht zwingen. Und wenn Fei ihn vor ein Ultimatum stellen würde, in dem es um ihn oder Daniel gehen würde, wüsste Serdall die Antwort sofort. Fei würde den nächsten Flieger wieder zurück nach Japan nehmen, dort wo er ja auch die meiste Zeit war. Daniel war ihm wichtiger als sein Bruder, der sich nur in seine Angelegenheiten einmischen wollte. Eine japanische Frau wäre nur ein Mittel, um ihn mehr unter seine Kontrolle zu bringen und das wollte Serdall vermeiden. Sein Leben, seine Entscheidung. Punkt. Befreit lächelte Daniel. Es war gut, dass es doch noch stimmungstechnisch bergauf ging, bis Fei ankam. So hatte Serdall zumindest kein mentales Defizit, wenn er seinem Bruder gegenübertrat. „So, kommt ihr dann Essen?“, fragte Daniel, als die Nudeln gar waren. „Sonst bin ich doch noch hier, wenn Fei ankommt.“ Serdall stand auf, ging zu Daniel und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. Sobald sie saßen, schob er seinen Fuß zu Daniels Bein und strich zärtlich daran auf und ab. Bevor die große Durststrecke ohne Daniel kam, wollte er noch ein paar Zärtlichkeiten von ihm bekommen. Daniel munter zulächelnd begann er zu essen, als er sich aufgetan hatte. Dustin seufzte resigniert auf. Das würde hart für die beiden werden. Er wusste doch, wie sehr Serdall und Daniel schon aneinander hingen. Und irgendwie ahnte er, dass Serdall in den nächsten Tagen sehr schlecht gelaunt sein würde. Dustin beschloss, sich lieber den größten Teil der Zeit in anderen Räumen aufzuhalten, in denen Serdall nicht war. Er hatte kein gesteigertes Interesse Serdalls unleidliche Art wieder zu spüren zu bekommen. Er war Daniel insgeheim sehr dankbar, dass er solche eine positive Wirkung auf den Violinisten hatte. Die Jahre nach Louises Tod waren wohl die Härtesten, die er mit Serdall erlebt hatte. Relativ schweigend und unterbrochen vom Austausch weiterer Zärtlichkeiten beendeten sie das Essen. Serdall zeigte guten Willen und brachten die schmutzigen Teller zur Spülmaschine, während Dustin und Daniel sich um den Rest der Küche kümmerten. Einige Zeit später standen sie sich dann im Flur gegenüber. Daniel kam sich so vor, als würde er für eine lange, unbestimmte Zeit ins Ausland verreisen, unerreichbar für Serdall und andere. „Macht’s gut“, meinte er leise und sah etwas betreten auf seine Fußspitzen. „Wir telefonieren heute Abend, in Ordnung?“ Im nächsten Moment schloss Serdall fest die Arme um ihn. „Ja, tun wir“, meinte er leise. „Pass auf dich auf und vergiss nicht, dass du deinen Kopf nicht nur zur Zierde trägst, ja?“ Er vertraute Daniel, in jeglicher Hinsicht, aber den anderen Menschen eben nicht. Daniel war ein hübscher, junger Mann und Serdall wünschte sich in diesem Moment, dass er Daniel wirklich damals den Elektroschocker gekauft hätte, nachdem Dustin ihn geküsst hatte. Diese Gedanken beiseite schiebend umfasste er Daniels Kinn und drehte sein Gesicht so, dass er ihm in die hellblauen Augen sehen konnte. „Ich liebe dich“, flüsterte er und küsste Daniel tief und lange. „Ich liebe dich auch“, raunte Daniel zwischen zwei Küssen zurück und umarmte Serdall dann noch einmal. „Man, wir machen eine ganz schöne Szene daraus, obwohl wir uns heute Abend schon wieder hören und du mich bestimmt mal besuchen kommst. Ganz davon abgesehen, dass ich in ein paar Tagen wieder hier sein werde“, meinte Daniel leise lachend. Dustin wirkte auch äußerst amüsiert. Serdall seufzte leise. „Mir egal. Ich vermisse dich jede Sekunde, die du nicht bei mir bist“, murrte er, ließ seinen Kopf in Daniels Halsbeuge fallen und genoss kurz die Wärme von seinem Körper. Er zwang sich innerlich zu Ordnung und ließ von Daniel ab. Sogleich rammte er seine Hände in seine Hosentaschen und sah schief lächelnd zu Daniel. „Tschüss“, meinte er ruhig. „Sonst kommst du hier wirklich nicht mehr weg.“ Kurz seufzte Daniel auf und trat dann einen Schritt von Serdall weg. „Ja, da hast du wohl recht“, erwiderte er und grinste ziemlich verunglückt. Sein Blick fiel auf Dustin. Auch ihn umarmte Daniel noch einmal. So verrückt der Typ auch war, Daniel würde es vermissen, wenn Dustin ihn nicht mehrmals am Tag neckte. „Bis bald“, verabschiedete er sich jetzt auch von Serdalls Schwager und ging dann zur Tür hinaus. „Wehe, du vergisst mich anzurufen!“, rief er Serdall noch zu und stieg dann in Serdalls Wagen, den er sich für die paar Tage, bis sein eigenes Auto wieder heil war, nehmen sollte. ------------------------------------- Daniel klingelte an der Haustür. Wo er seinen Schlüssel hingetan hatte, wusste er im Moment beim besten Willen nicht mehr und er hatte vorhin weder Lust noch Gelegenheit oder Zeit gehabt, danach zu suchen. Aber es wäre ohnehin egal, ob seine Mutter ihn jetzt selbst reinlassen würde oder er auf einmal im Flur stand. Die Überraschung wäre immer groß. „Was machst du denn hier?“, kam auch gleich die entsetzte Frage, als seine Mutter ihm die Tür öffnete. Ihre erste Verwunderung wandelte sich schon nach wenigen Sekunden in Besorgnis, als sie seine Reisetasche sah. „Oh nein, sag nicht, dass ihr Zwei Streit miteinander habt.“ „Nein, das ist es wirklich nicht“, meinte Daniel doch etwas erleichtert. Wenigstens war nur Fei zu Besuch. Gerade kam es Daniel so vor, als sei das tatsächlich das kleinere Übel, wenn man dem auf der anderen Seite einen heftigen Krach mit Serdall gegenüber stellte. „Serdalls Bruder kommt hier in die Stadt und wir beide können uns auf den Tod nicht ausstehen. Das haben wir schon das letzte Mal festgestellt, als er nach Deutschland gekommen ist. Also habe ich auch für Serdalls Wohl beschlossen, mich ein paar Tage hier einzuquartieren, damit der Haussegen unseretwegen nicht schief hängt.“ Daniel bewunderte sich für diese Ausrede. So weit weg war das gar nicht von der Wahrheit. Zumindest musste er kein schlechtes Gewissen haben, dass er seiner Mutter nicht alles sagte. Sie würde es ohnehin wohl lieber haben, wenn sie nicht alles wusste. Wer wollte schon erfahren, dass der Bruder des Freundes des Sohnes der Boss eines Yakuzaclans in Japan war? „Und wie lange hast du vor zu bleiben?“, fragte Daniels Mutter und ließ ihn erst einmal hineinkommen. Seit sie den ersten Schreck überwunden hatte, machte sich etwas Freude in ihr breit. Wie lang war es schon her, dass sie Daniel mal mehr als ein paar wenige Stunden bei sich gehabt hatte? „Ich weiß nicht“, erwiderte Daniel zögerlich. „Es kommt darauf an, wie lange Fei bleiben will. Und da er recht kurzfristig durch eine Art Kurzschlussreaktion aufgebrochen ist, weiß er wohl selbst nicht, wie lange er hier in Deutschland bleibt.“ „Wahrscheinlich will er einfach seinen Bruder mal wieder sehen, was?“, tippte seine Mutter und Daniel verzog leicht die Mundwinkel. „Ja, so könnte man es auch nennen“, meinte er. Er schleppte seine Tasche ins Wohnzimmer und machte es sich mit seiner Mutter auf der Couch gemütlich. „Das muss spannend sein, einfach mal so spontan den Entschluss zu fassen, sich in das Flugzeug zu setzen und aus Japan wegzufliegen.“ Daniels Mutter hatte Sternchen in den Augen und Daniel schüttelte missmutig den Kopf. „Ja, unglaublich spannend“, grummelte er. „Du kannst ihn wirklich nicht sonderlich leiden, wie es scheint“, stellte seine Mutter fest und Daniel zuckte mit den Schultern. „Es war schon immer so. Das Gegenteil von Liebe auf den ersten Blick, würde ich mal so sagen. Wir hatten auch die ein oder andere Auseinandersetzung. Uns sollte man wohl echt nicht in einem Raum allein lassen. Deswegen bin ich ja jetzt auch hier.“ „Aber du weißt, dass hier kein Bett mehr für dich frei ist. Du musst dir wohl oder übel eine Couch suchen. Entweder du schläfst hier im Wohnzimmer oder du gehst in dein altes Zimmer, das Charline sozusagen zu ihrer kleinen Lobby gemacht hat.“ Seine Mutter sah ihn entschuldigend an. „Kein Problem“, wiegelte Daniel ab. „Warum sollte mein Zimmer auch noch so bleiben wie es ist, wenn ich schon seit einem Jahr ausgezogen bin? Es hätte ja keiner damit rechnen können, dass ich noch mal für ein paar Tage hier übernachten muss. Solange du ein Kissen und eine Decke für mich hast, bin ich glücklich.“ „Natürlich. Ich mach dir gleich mal was fertig.“ Mit diesen Worten verschwand seine Mutter aus dem Raum und Daniel streckte seufzend seine Beine. Nun war es also amtlich und er wohnte wieder für die nächsten Tage bei seiner Familie. Irgendwie vermisste er Serdall jetzt schon und würde ihn am liebsten anrufen. Aber Daniel sagte sich, dass es momentan ohnehin nichts bringen würde und Serdall gerade mit anderen wichtigen Dingen beschäftigt war. Er würde sich heute Abend melden, das würde reichen. Daniel stand auf und ging in den Flur, um seine Reisetasche vorerst dort in die kleine Abstellkammer zu bringen. ------------------------------------- Allein saß Serdall im Wohnzimmer. Dustin hatte sich bereit erklärt, Taki vom Karateunterricht zu holen. Nun wartete Serdall darauf, dass Fei hier ankommen würde. In ihm baute sich langsam eine gereizte Anspannung auf. Wie würde ihr Aufeinandertreffen überhaupt ablaufen? Serdall war sich sicher, dass Fei sich in seiner Ehre verletzt fühlte. Sein Handeln bestätigte das so an sich nur. Seufzend ließ Serdall seinen Kopf in den Nacken fallen. Er versuchte sich Mut zuzusprechen, um dieser Diskussion mental bereit gegenüberzutreten. Mücke legte fiepend ihre Schnauze auf Serdalls Bein. Mit einem Auge linste er zu dem schwarzen Labrador Retriever und strich ihr über den Kopf. Kimba lag vor seinen Füßen und schien zu schlafen. Er fand es schön, dass die beiden sich so vor ihm positioniert hatten. Als ob sie verstehen würden, dass er sich gerade unwohl fühlte. Serdall beschloss, das Ganze einfach auf sich zukommen zu lassen. Fei würde er schon irgendwie beruhigen und zur Einsicht bringen. Erschrocken zuckte Serdall zusammen, als es an der Haustür Sturm klingelte. Den Klos in seinem Hals herunterschluckend stand Serdall auf. Kimba und Mücke taten es ihm gleich, aber sie hetzten nicht zur Tür, sondern blieben an seiner Seite. Die Hundeschule hatte wirklich das Beste aus den beiden herausgeholt. Serdall strich ihnen noch einmal über die Köpfe, ehe er die Hände zu Fäusten ballte, als er zur Haustür ging, an der es immer noch unverschämt lange klingelte. Serdall hielt am Bücherregal an. Er griff nach dem blauen Einband und beförderte sein Springmesser, das er immer noch dort aufbewahrte, heraus und steckte es sich in die hintere Hosentasche. Fei war zwar sein Bruder, trotzdem vertraute er der Yakuza am heutigen Tag sicher nicht. Er führte seinen Weg fort und stand einen Moment regungslos vor der Tür. Tief durchatmend fasste er nach der Klinke und drückte sie herunter. Fei stand kalt blickend vor ihm. Sofort stellte sich auch bei Serdall dieser Ausdruck ein. Hier würde sicherlich kein Kaffeekränzchen seinen Anfang finden. „Guten Abend, Fei“, sagte er emotionslos. Serdall ließ den Blick nicht über die übrigen Anwesenden schweifen, jetzt hieß es Fei standhalten. „Ich bin hoch erfreut dich hier zu sehen“, fuhr Serdall fort und baute eine eiserne Beherrschung in sich auf. Er würde hier den Ton angeben. Kurz verbeugte sich Serdall vor Fei, jedoch hielt er den Augenkontakt bei. Er sah es seinem Bruder an, dass er um seine kühle Fassung rang. Serdall wusste, dass sein Temperament in ihm hochbrausen wollte. Es war ein Laster der Agamies, dass sie meist zu emotional waren, aber mit viel Disziplin hatte Fei es erfolgreich niedergerungen. Dafür hatte er nun eine gewisse Unberechenbarkeit erlangt, die jeder fürchtete, genauso wie sein Gedächtnis, das nie etwas zu vergessen schien. Es zuckte in Feis Mundwinkel und Serdall spannte sich augenblicklich an. „Serdall, was für eine vornehme Begrüßung“, sagte der Yakuza kalt und trat einen Schritt auf Serdall zu. Dieser wich keinen Zentimeter zurück, auch nicht, als Fei die Arme ausbreitete und ihn kurz umarmte. Serdall ließ es wortlos geschehen, regte sich nicht. „Ich bin auch froh hier zu sein“, flüsterte er an Serdalls Ohr. „Es wird mir auch eine Freude bereiten, Herrn Erhard zu begrüßen“, sagte er kalt und ließ wieder von Serdall ab. Dem Violinisten lief ein unwillkommener Schauer über den Rücken, er behielt aber seine steinerne Maske bei. Falsch lächelnd trat Serdall beiseite und wies mit seiner Linken ins Hausinnere. „Komm doch bitte erst einmal herein, Fei“, sagte er freundlich. Er würde sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Fei legte sich mit dem Falschen an. Nickend trat sein Bruder an ihm vorbei, dicht gefolgt von Kikuchi, der dem Yakuzaoberhaupt den weißen Mantel von den Schultern nahm und ihn an die Garderobe hängte. Serdall krampfte der Magen, als eine japanische Frau sich tief vor ihm verbeugte und ihn mit einem unschuldigen Wimpernschlag bedachte. Das war nach Feis Ansicht wohl seine Zukünftige. Serdall schenkte ihr einen bitterbösen Blick aus blaugrünen Augen und sie wandte sich sogleich ab, um Fei zu folgen. Feis Bodyguards gingen zurück zu dem Wagen, mit dem sie hergekommen waren. Ein weißes Importmodell. Abschätzig verzog Serdall nun den Mund. Fei war mit seinem Mafiawagen hier. Dieser Besuch war wirklich ein Yakuza gerechter. Serdall unterdrückte sofort die Unruhe, die sich in ihm aufbauen wollte, und folgte seinen Gästen, die sich ins Wohnzimmer zurückgezogen hatten. Er wurde innerlich wütend als er sah, wie Fei sich in seinem Haus verhielt. Sein Bruder saß selbstgerecht im Sessel. Zu seiner Linken stand artig die junge Japanerin und zu seiner Rechten pflichtbewusst Kikuchi, Feis Auftragskiller. Kimba und Mücke folgten Serdall, als er sich Fei gegenüber auf das Sofa setzte. Die beiden Hündinnen beobachteten die ihnen Unbekannten mit argwöhnischem Blick und ließen sich wie zwei Säulen vor Serdalls Beine nieder. Fei rief mit einem Finger Kikuchi zu sich herunter. Der Assassine beugte sich zu seinem Boss herab und Fei flüsterte ihm etwas ins Ohr. Serdall beobachtete wie Kikuchi nickte und dann mit der jungen Japanerin aus dem Raum ging. Stumm sahen sich die Brüder einen Moment lang an, nachdem die Tür hinter der Frau zugefallen war. „Serdall“, begann Fei und beendete somit die greifbare Stille. „Ich glaube du weißt, warum ich hier bin.“ „Um deinen Neffen und mich zu besuchen“, erwiderte der Violinist kalt. Er würde Fei den Ball in diesem kleinen Machtkampf nicht zuspielen. Serdall wollte einfach nur, dass Fei wieder verschwand. Mücke und Kimba legten sich wieder anmutig zu Serdalls Füßen und kurz glitt Feis Blick auf die Tiere. Serdall war irgendwie froh, dass er Fei nicht ganz allein gegenüberstand, auch wenn sein Beistand nur aus den beiden Hündinnen bestand. „Das auch“, gab Fei nach. „Aber ich hatte gehofft, auch deinen Freund zu treffen. Daniel? Hieß er nicht so?“, fragte er und musterte Serdall. „Entschuldige, aber er ist leider nicht zugegen“, erwiderte Serdall und lehnte sich zurück, ohne aber seine körperliche Spannung zu verlieren. „Ich will offen zu dir sein“, meinte Fei brüderlich. „Du hast in meinen Augen dein Gesicht verloren.“ Serdall schluckte. Wollte ihm Fei nun wirklich als der Yakuza gegenübertreten, der er war, und nicht als sein Bruder? „Habe ich das?“, stellte Serdall auf stur und sah seinen Bruder auffordernd an. „Sonst würde ich es nicht sagen“, zischte Fei. Serdall zog überrascht eine Augenbraue nach oben. Feis Geduld schien aufgebraucht zu sein. „Möchtest du auch etwas zu trinken?“, fragte Serdall freundlich und stand auf, um sich einen Scotch zu holen. Er wusste, dass er Fei übermäßig reizte. Sein Bruder wollte, dass er sich entschuldigte, um Vergebung oder etwas in der Art bat, doch Serdall sah nicht ein, dies zu tun, auch wenn es Fei anders von seinen Untergebenen gewohnt war. Fei blieb still sitzen, als der Violinist zum Barschrank schritt. Gerade als Serdall noch am Schrank stehend den ersten Schluck tat hörte er, wie Fei sich plötzlich erhob. Sofort setzte Serdall das Glas in seiner Hand ab und drehte sich um. Ein fester Faustschlag traf ihn an der Wange und ließ ihn in die Knie gehen. Keuchend schöpfte er Atem, versuchte die Situation zu realisieren. Aus einem Instinkt heraus griff er zu seiner Hosentasche, um das Springmesser mit einer Hand zu umschließen. Fei schubste ihn kräftig zur Seite, sodass er der Länge nach auf den Rücken fiel. Sofort war sein Bruder über ihm, drückte mit einer starken Hand seine Kehle zusammen. Serdall schaffte es erst nicht das Messer aus seiner Tasche zu ziehen, weil er nun darauf lag. Feis dunkelbraune, fast schwarze Augen sahen ihm kalt ins Gesicht, während Serdall krampfhaft versuchte ruhig zu bleiben und mit zitternden Fingern langsam das Springmesser aus seiner Tasche zu Tage förderte, noch ungesehen von Fei. „Du hast die Familienehre beschmutzt. Wie kannst du es nur wagen, dich mit einem Mann im Bett zu vergnügen?“, knurrte Fei mit tiefer Stimme und beugte sich tiefer zu Serdall, der vor Atemnot langsam rot im Gesicht wurde. „Serdall“, zischte er bebend und näherte sein Gesicht dem seines Bruders. „Ich werde ihn töten, wenn er sich dir noch einmal nähert, verstanden?“ Endlich schaffte es Serdall sein Messer so in seiner Hand zu drehen, dass er es aus dem Schaft springen lassen konnte. Das Metall blitzte im Licht der Glühlampe, als er es Fei hart an den Kehlkopf drückte. Feis Mundwinkel zuckten angewidert, doch er verringerte den Druck auf Serdalls Hals. Zitternd schöpfte Serdall Atem. Sein ganzer Kopf pochte vor brennendem Schmerz. Seine Wange kribbelte qualvoll und seine Kehle war staubtrocken. Dennoch blieb er beherrscht, versuchte alles auszublenden, als er Fei in die böse blickenden Augen sah. „Geh nach Japan zurück, wenn du jemandem etwas befehlen willst“, fauchte er leise und heiser. „Mein Bruder ist hier willkommen, aber nicht der Oyabun von Kyoto.“ Serdall drückte das Messer stärker gegen Feis Kehle, sodass er langsam zurückwich und die Hände von Serdalls Hals nahm. Serdall kämpfte sich langsam mit Fei in die Höhe, bis sie sich gegenüberstanden und Serdall das Metall immer noch drohend an Feis Haut hielt. Serdalls Bruder schien zu überlegen. Sie hatten sich noch nie so verhalten. Er hatte Serdall ihm gegenüber noch nie so erlebt. „Dieser Mann ist dir wichtiger als ich?“, fragte Fei mit unterdrückter Wut in der Stimme. Serdall leckte sich über die Lippen. Er konnte es nicht sagen… Er würde seinen Bruder endgültig verlieren, wenn er es tat. „Du bist etwas Anderes als er“, flüsterte Serdall nun ruhiger, ließ jedoch nicht seine Waffe sinken. „Ich bin ein richtiger Mann“, zischte Fei übellaunig. „Er ist nur ein minderwertiger Mensch, der nicht in der Lage ist, eine Frau zu beglücken.“ Wut kochte in Serdall hoch. Er drückte das Messer stärker gegen Feis Kehlkopf. Jemanden so über Daniel reden zu hören, machte ihn rasend vor Zorn. „Dann bin ich genauso minderwertig, wie er“, flüsterte Serdall drohend und verringerte die Distanz zu Feis Gesicht. „Ich liebe ihn nämlich“, surrte er mit schmalen Augen und lächelte leicht, als er sah, wie Fei erstarrte. Der Oyabun schluckte sichtlich und Serdall war irgendwie erleichtert. Er hatte es Fei gesagt, auch wenn es eine bescheidene Situation war. „Das werden wir noch sehen“, zischte Fei plötzlich. Serdall sah nur, wie sein Bruder etwas hinter Serdall ansah. Blitzschnell verlor Serdall sein Messer. Es ging scheppernd zwischen ihnen zu Boden, als zwei Arme effektiv Serdalls Hände griffen und sie hinter seinen Rücken pressten. Ein schwaches Aftershave kroch Serdall in die Nase, als sich jemand näher an ihn drückte, um ihn vor Fei in die Knie zu zwingen. Eine schallende Ohrfeige traf seine schon schmerzende Wange. Serdalls Kopf flog mit in die Schlagrichtung. Er stöhnte vor Schmerz, biss sich jedoch im selben Moment auf die Zunge. Fei stand selbstgefällig über ihm. Serdall musste seinen Kopf heben. Wütend verzog er die Augenbrauen und blitzte Fei aus seinen blaugrünen Augen an. „Ich werde dafür sorgen, Serdall“, flüsterte Fei zufrieden, beugte sich zum Ohr seines Bruders, „dass du wieder vernünftig wirst.“ Serdall ruckte vor und lehnte sich nah an Feis Gesicht, als dieser sich wieder entfernen wollte. „Dann bist du nicht mehr mein Bruder“, zischte Serdall kalt. „Wer weiß. Aber vielleicht dankst du mir auch irgendwann für meine Großzügigkeit. Dass ich mich dennoch um dich kümmere, obwohl du so ungehobelt bist.“ Fei ging zu Serdalls Barschrank und nahm sich das Glas, aus dem sein Bruder vor ein paar Minuten noch getrunken hatte. Grinsend trank er seinen Schluck und sah süffisant zu Serdall. „Übrigens, deinen kleinen Freund finde ich auch noch. Wozu gibt es denn Detektive?“ Entsetzt riss Serdall die Augen auf. „Lass ihn in Frieden, Fei!“, schrie er ihn an. Die Angst um Daniel besetzte wieder seinen Körper. Fei würde ihn wirklich töten! „Warum sollte ich das tun?“, erwiderte der Oyabun ruhig und beugte sich wieder zu seinem Bruder. Sanft strich er ihm eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn. „Ich wüsste nicht, dass ich auf dich hören müsste“, meinte er lächelnd. Serdall ließ den Kopf hängen. Was sollte er bloß tun? Wie sollte er Daniel vor Fei bewahren? Er wusste es nicht. Seine Gedanken waren ein einziger Wust aus Befürchtungen, Sorgen und Angst um Daniel. „Serdall“, Fei legte einen Finger unter das Kinn des Violinisten und zwang ihn so, ihn wieder anzusehen. „Ich will nur das Beste für dich“, flüsterte er brüderlich. „Versprich mir, dass du vernünftig werden willst.“ „Das kann ich nicht“, hauchte Serdall. Er konnte dieses Versprechen nicht geben, nicht, wenn er dafür Daniel aufgeben musste. „Dann muss er sterben, Serdall“, drohte Fei leise und strich ihm zärtlich über die Wange. Alles krampfte sich in Serdall zusammen, als er diese Worte hörte. Fei war absolut ernst und dies verstärkte Serdalls Angst nur noch. Er wollte nicht, dass Daniel getötet wurde! Egal, was es kostete, er wollte Daniel nur am Leben wissen, auch wenn er sich selbst bei dieser Entscheidung einen halben Todesstoß gab. „In Ordnung“, ergab sich Serdall und wandte den Blick von Fei ab. „Aber dafür lässt du ihn in Ruhe“, forderte er leise. „Einverstanden“, rief Fei erfreut und bedeutete Kikuchi, Serdall loszulassen. „Nun können wir meinen Besuch doch angemessen feiern!“ Serdall nickte matt. Er fühlte absolut gar nichts mehr. Er konnte gar nichts fühlen, weil er diese Situation noch gar nicht richtig realisiert hatte. Hatte er Fei wirklich gerade zugestimmt? Daniel aufgegeben? Übelkeit breitete sich sofort in ihm aus. Würgend lief er aus dem Zimmer. Fei und Kikuchi ließen ihn glücklicherweise und er schloss sich im Bad ein. Nach und nach begann er zu zittern, als er gekrümmt über der Toilette hing. Das war einfach nur ein schlechter Albtraum. ------------------------------------- Sorgenvoll sah Daniel auf die Uhr. Es war schon fast zehn und Serdall hatte sich noch immer nicht gemeldet. War Fei noch nicht da? Ob der Flug Verspätung hatte? Oder waren sie noch am Reden? Hatten sie womöglich Streit? Sich leise aufschreiend durch die Haare fahrend griff Daniel nach dem Telefon. Egal was war, er wollte und konnte jedenfalls nicht länger warten. Wenn er gerade irgendein wichtiges Gespräch unterbrach, war das halt Pech. Aber Serdall hatte ihm versprochen, dass er ihn heute Abend noch anrufen würde und es war schon seltsam, dass er sich nicht zumindest bei ihm gemeldet hatte, um zu bestätigen, dass alles in Ordnung war. Daniel wählte er die Nummer von Serdalls Handy, doch das war ausgeschaltet. Wahrscheinlich hatte der Schreck von heute Nacht seine Spuren hinterlassen oder er wollte einfach nicht gestört werden. Mit den Schultern zuckend rief Daniel auf dem Haustelefon an. Wieder Erwarten ging Dustin ans Telefon. „Canter“, nuschelte der Lehrer minder begeistert in den Hörer und signalisierte so schon einen gewissen Unmut. „Hey Dustin, hier ist Daniel. Ist alles okay bei euch?“ Leicht nervös spielte Daniel mit einer Falte seiner Hose. „Hey du“, murmelte Dustin. „Naja, geht so. Die Japaner besetzen die erste Etage und Fei scheint ziemlich gut gelaunt zu sein. Keine Ahnung, die reden da nur noch Japanisch. Ist voll nervig“, murrte er. Er zählte selbst schon die Stunden, bis die Yakuzas wieder abgereist waren. Auch die Tatsache, dass Kikuchi ihn unmissverständlich angesehen hatte, obwohl er Ethan am Arm gehabt hatte, machte die Situation nicht sehr einfach. Daniel atmete kurz hörbar aus. Er wusste nicht, ob er über diese Information glücklich sein sollte oder nicht. Es war klar, dass Fei nicht gerade glücklich über sein neu gewonnenes Wissen war, sonst wäre er garantiert auch nicht nach Deutschlang gekommen. Zumindest nicht so plötzlich und überstürzt. Dass es eine Zeit lang recht laut im Haus war, war abzusehen gewesen. Hoffentlich glätteten sich die Wogen bald. Aber warum war Fei jetzt gut gelaunt? „Ich denke, du kannst mir Serdall nicht geben, was?“, fragte er Dustin hoffnungslos. „Wann sind die da unten denn fertig?“ „Ich denke nicht“, sagte Dustin und kratzte sich am Kopf. „Ehrlich Daniel, ich will dich nicht beunruhigen, aber ich glaube, dass Fei richtig Ernst machen will hier. Der hat sogar eine Japanerin mitgebracht, die das Essen kocht und sich mit Taki anfreundet.“ „Er hat was?“, rief Daniel perplex. Dass Fei mit der Situation nicht klarkam, war wohl jedem von ihnen bewusst gewesen, aber dass er Serdall tatsächlich wieder einhundertprozentig hetero machen und ihn in eine Zwangsehe drängen wollte, damit hatte wohl keiner gerechnet. „Serdall lässt sich doch nicht darauf ein, oder?“ Zwar glaubte Daniel nicht daran, aber er wollte sich zumindest erkundigt haben. Immerhin waren bei ihm zu Anfang auch zwei wichtige Punkte gewesen, dass er gut mit Taki klarkam und kochen konnte. Auch wenn das jetzt wohl hundertmal nicht reichen würde, um Serdall von ihm weg und in die Arme dieser Frau zu treiben. „Das glaubst du doch selber nicht“, zischte Dustin und strich sich durch die Haare. Er ging mit dem schnurlosen Telefon in sein Zimmer und setzte sich zu Ethan auf sein Bett. Sein Freund kam zu ihm gekrochen und legte den Kopf auf seinen Schoß. „Serdall sieht eher so aus, als ob er gleich Amok läuft und als ob er sich einen Ringkampf mit Fei geliefert hätte. Da prangt ein ganz schön blaues Ding an seiner Wange, sieht echt unschön aus.“ „Fei hat ihn geschlagen?“ Daniel musste den Impuls unterdrücken sofort aufzuspringen und zu Serdall zu fahren. Mit dieser Aktion wäre keinem von ihnen geholfen und er würde vermutlich alles nur noch verschlimmern. Trotzdem würde er Fei für diese Aktion am liebsten den rechten Arm brechen. Hauptsache, der Kerl war auch Rechtshänder. „Dustin, kannst du denn da nicht als neutrale Person hingehen, damit die Zwei miteinander reden, statt sich zu prügeln?“, bat er flehentlich. „Daniel“, sagte Dustin ruhig. „Das war alles schon vorbei, als ich mit Taki vom Karatetraining zurückgekommen bin. Jetzt scheinen die alle ganz entspannt zu sein. Nur kommt es mir irgendwie so vor, als ob Fei Serdall nicht mehr aus den Augen lässt. Ich habe bisher kein Wort mit ihm reden können“, murrte er nicht begeistert. Er wollte Daniel nicht erzählen, wie schlecht Serdall wirklich aussah. Schrecklich blass und irgendwie kraftlos. Er machte sich wohl schon genug Sorgen. Dustin hoffte nur, dass er morgen dazu kam mit Serdall zu reden oder vielleicht später noch einmal. „Nun, solange er ihm nicht noch mehr blaue Flecken verpasst…“, murmelte Daniel unbestimmt. Zumindest schienen beide schon ihre Ansichten klargemacht zu haben. Was weiter passieren würde, zeigte sich wohl in den nächsten Tagen. Dass Fei skeptisch war, war irgendwie klar. Hauptsache er sah möglichst schnell ein, dass Serdall mit Daniel wirklich glücklich war und flog wieder nach Hause. „Sag Serdall, dass ich morgen nochmal anrufe oder er sich bei mir melden soll. Und wünsche ihm von mir eine gute Nacht“, bat Daniel. „In Ordnung. Ich werde es ihm ausrichten.“ Dustin zog zischend die Luft ein. Ethan begann doch tatsächlich seine Hose zu öffnen. „Ethan“, flüsterte er leise mahnend, stöhnte jedoch heiser, als sein Freund tatsächlich begann, ihm einen zu blasen. „Also bis dann“, meinte Dustin gepresst. „Mach dir nicht zu viele Sorgen“, sagte Dustin noch beherrscht. Daniel konnte gar nicht mehr antworten, da hatte Dustin schon aufgelegt. Er schnaubte. In solchen Situationen würde er Ethan am liebsten auf den Mond schießen. Schön und gut, dass es in sexueller Hinsicht zwischen ihm und Dustin so gut lief, aber musste er seinen Freund ausgerechnet befummeln, wenn er mit Daniel telefonierte? Dann auch noch in solch einer Situation? Missgelaunt ließ Daniel sich auf sein Bett zurückfallen. Er hatte nichts von dem erreicht, was er sich vorgenommen hatte. Er wusste nicht wirklich, was genau bei Serdall im Haus vorfiel. Alles, was Dustin ihm gesagt hatte, war recht schwammig und stützte sich meist auf Vermutungen. Außerdem hatte Daniel Serdall nicht sprechen können. Noch nicht mal ein gute Nacht Gruß war drin gewesen. Seufzend erhob Daniel sich wieder. Er sollte aufhören zu grübeln und sich bettfertig machen. Schließlich musste er morgen noch einmal vor dem Wochenende zur Uni. Danach würde er hoffentlich auch mit Serdall telefonieren können. Wenige Minuten später lag er doch recht müde im Bett. Zwanghaft schaltete Daniel seine Gedanken ab und fiel schnell in einen leichten, recht unruhigen Schlaf. ------------------------------------- Schweigend saß Serdall auf dem Sofa und streichelte Kimba, die ihre Schnauze auf sein Bein abgelegt hatte. Taki lag schon im Bett. Er hatte kaum mit ihm gesprochen, weil sein Sohn sich so sehr mit Fei und der Japanerin beschäftigt hatte. Mittlerweile wusste Serdall auch ihren Namen. Yoshiko. Er sah sie aus Prinzip nicht an, obwohl sie neben ihm saß. Fei saß ihm gegenüber im Sessel, während Kikuchi an der Terrassentür stand, die für die Hunde geöffnet war, damit sie noch ein bisschen im Garten toben konnten. Mittlerweile war es auch schon sehr dunkel draußen und Serdall erhob sich wortlos, um Mücke hereinzurufen und nun die Terrassentür zu schließen. Kein Gedanke manifestierte sich in Serdall. Die letzten Stunden lief er nur noch wie aufgezogen Fei hinterher, der es ausnutzte, dass Serdall ihm nun keinen Widerstand mehr leistete. „Serdall“, rief Fei ihn herbei und Serdall blieb neben seinem Sessel stehen. „Spielst du noch etwas für uns? Es wäre schön, deine Geige heute noch einmal zu hören.“ Emotionslos blickte Serdall seinem Bruder in die Augen. Vergiss es, dachte er sich trotzig. Seine letzte Ehre ließ er sich nicht nehmen und von Fei auch nicht bestimmen. Außerdem war er sich sicher, dass er nicht einmal vernünftig nach Noten spielen könnte, so wie er sich gerade fühlte. „Entschuldige mich, Fei“, erwiderte er ruhig. „Aber ich bin müde und wollte mich jetzt schlafen legen.“ „Die Gästezimmer sind für uns hergerichtet?“, fragte Fei noch. „Nein. Ich habe nur noch eins in der ersten Etage.“ Gelassen blickte Fei zu ihm auf. „Nun gut, dann muss Yoshiko bei dir schlafen“, bestimmte er feist lächelnd und Serdall wollte ihn am liebsten schlagen. Er beherrschte sich zwanghaft, als er weitersprach. „Sie kann in Daniels Zimmer übernachten. Kikuchi wird in der zweiten Etage nächtigen und dir bleibt das Gästezimmer, Fei.“ Zufrieden nickte der Yakuza und bedeutete Yoshiko und Kikuchi, Serdall zu folgen. Serdall sagte Dustin kurz Bescheid, dass Kikuchi in Ethans Zimmer nächtigen würde, ehe er mit Yoshiko hinter sich die Stufen zur dritten Etage hinaufstieg. Yoshiko folgte ihm gehorsam. Sie war auf Wunsch ihres Vaters hier. Er stand in der hausinternen Rangfolge direkt unter dem Oyabun und sah es als Ehre an, durch eine Hochzeit zwischen dessen Bruder und seiner Tochter seinen Rang wohl auf Lebzeiten zu festigen. Sie hatte nicht widersprochen. Sie widersprach nie, denn das verbot sich schon allein durch ihre Erziehung. Natürlich hatte sie ihre eigene Meinung zu den Themen, doch die äußerte sie nicht laut, es sei denn, sie wurde danach gefragt. In den Familien der Yakuza ging es in der Hinsicht noch vor wie vor Dutzenden von Jahren in der normalen Bevölkerung. Als ihr Vater plötzlich heute mitten in der Nacht in ihr Zimmer gekommen war und ihr mitgeteilt hatte, dass sie für den Bruder des Oyabun als Ehefrau auswählt worden war, hatte sie gelächelt und gemeint, dass es eine große Ehre sein. Innerlich dachte sie da anders. Von einer auf die andere Minute war sie aus ihrem Leben rausgerissen worden, hatte ihre Familie und ihre Freunde hinter sich lassen müssen, um in ein Land zu fliegen, dessen Sprache sie nicht verstand, um einen Mann zu heiraten, den sie vorher noch nie gesehen und mit dem sie noch nie gesprochen hatte. Trotzdem schwieg sie. Im Laufe ihres Lebens hatte sie gelernt, dass es am leichtesten war, sich den Wünschen ihrer Eltern zu beugen. Das brachte die wenigsten unangenehmen Nebenwirkungen mit sich. Zwar musste sie sich in vielen Dingen einschränken, doch trotzdem war sie in genauso vielen anderen Sachen auch frei und lebte ihr eigenes Leben. Genauso würde sie es auch hier machen. Sie würde die nette Ehefrau spielen, sich aber ihren eigenen Freundeskreis aufbauen. Und wer wusste schon, ob es nicht doch eine liebende Ehe oder zumindest eine mit gegenseitigem Respekt werden würde. Allerdings fragte sie sich, wie es zu dieser Hochzeit gekommen war. Schon lange nicht mehr wurde die Ehefrau für ein Mitglied ihrer Yakuzafamilie ausgesucht. Scheinbar führte Serdall ein Leben, das dem Oyabun nicht unbedingt gefiel. Durch sie als Fußfessel sollte er wieder auf den richtigen Weg geführt werden. Sie hasste die Vorstellung, dass sie ihn in seiner Freiheit einschränken sollte, denn sie wusste, dass die Freiheit mit das Wichtigste war, das ein Mensch besaß. Vor einer Tür in der dritten Etage hielten sie schließlich an. Unwohl sah Serdall auf die Tür. Es war Daniels Zimmer. Eigentlich wollte er es dieser Yoshiko nicht wirklich überlassen, doch was sollte er anderes tun? Daniel würde es womöglich auch vorziehen, dass Yoshiko in seinem Zimmer schlief, anstatt mit ihm in einem Bett. Er drehte sich zu Yoshiko um, die wohlerzogen gen Boden blickte und ihm nicht in die Augen sah. Er wollte nicht wissen, was sie dachte, welche Hoffnungen sie sich vielleicht machte. „Hier wirst du erst einmal schlafen“, sagte er ruhig auf Japanisch. Nach einem kurzen Zögern öffnete er die Tür zu Daniels Reich und sah einen Moment wehmütig hinein, ehe er seine Hände verkrampft in den Hosentaschen versenkte. „Ich bitte dich nichts am Schreibtisch und in den Regalen zu berühren oder durcheinander zu bringen. Das Zimmer gehört meinem Freund.“ Yoshiko horchte auf. Seinem Freund? Sie war nicht dumm. Aus der Situation heraus, wie sie sie bislang wahrgenommen hatte, konnte sie die Fakten zusammenzählen. Das war also der Grund, weswegen sie hier war. Scheinbar konnte der Oyabun es nicht ertragen, dass sein Bruder schwul war und wollte ihn jetzt mit seinem momentanen Freund auseinander bringen, indem er ihn verheiratete. Diese Wendung der Ereignisse behagte ihr gar nicht. Sie wollte nicht der Grund für das Zerbrechen einer Beziehung sein, wenn auch nur indirekt. Auf der anderen Seite wollte sie auch nicht, dass Serdall, während sie verheiratet waren, weiterhin mit seinem Freund zusammen war. Auch wenn es nur eine arrangierte Ehe war, würde sie persönlich all ihre Pflichten erfüllen. Kurz dachte sie noch nach. Die Entscheidung in dieser Sache oblag nicht ihr. Andere hatten schon ihr Urteil darüber gefällt. In wenigen Tagen würde sie verheiratet sein. Sie sollte versuchen, das Beste daraus zu machen. Dazu gehörte für sie auch, dass sie sich ihrem zukünftigen Mann so gut wie möglich schmackhaft machte. Schon auf dem Weg hierher hatte sie sich Gedanken darüber gemacht, wie sie das angehen konnte und sie würde ihre Pläne heute auch noch in die Tat umsetzen. Recht knapp verabschiedeten sie sich voneinander. Kurz wartete Yoshiko noch, bevor sie begann sich zu entkleiden und sich kurz im Badezimmer abduschte. Sie legte ein dezentes Parfum auf und betrachtete ihr Erscheinungsbild im Spiegel. Die getuschten schwarzen Wimpern hoben sich kontrastreich von der blassen Haut ab. Die dezent rot geschminkten Lippen unterstützen diesen Eindruck noch und gaben ihrem wohl proportionierten Gesicht etwas Edles. Die Herren daheim in Japan hatten oft mehr als nur einen Blick in ihre Richtung riskiert, doch ihr Vater hatte kritisch jede Art von schüchterner Beziehung beäugt, die sich zwischen ihr und einem dieser Männer angebahnt hatte. Er hatte wohl immer gehofft, seine Tochter so gewinnbringend verheiraten zu können und wollte nicht, dass sie davor beschmutzt wurde. Ihr Blick wanderte weiter nach unten, an ihrem gut ausgestatteten Busen den schlanken Körper hinab, hin zu ihrem rasierten Intimbereich. Seufzend griff sie sich, als sie zurück in ihrem momentanen Zimmer war, aus ihrem Koffer einen hauchdünnen knappen Morgenmantel und warf ihn sich über den nackten Körper. Noch einmal fasste sie Mut und klopfte dann an der Tür nebenan. Ende Kapitel 2 Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 Apathisch blickend saß Serdall auf seinem Bett. Er hatte das kurze Klopfen gehört, doch er war nicht gewillt, die Tür zu öffnen. Wenn es Taki war, würde er hereinkommen. Aber dieses Klopfen war nicht von seinem Kleinen. Taki klopfte ungeduldiger und nicht so zaghaft. Serdall wollte einfach nur noch seine Ruhe. Er fühlte sich so bescheiden und verdammt einsam ohne Daniel. Er musste irgendwie einen Weg finden, wie er Fei dazu bringen konnte, wieder nach Japan zu gehen, ohne dass er Yoshiko heiraten musste. Serdall ließ sich rücklings auf das Bett fallen. Sein Bruder hatte vorhin an alles gedacht. Er hatte ihm sogar sein Handy abgenommen und ihm verboten, ohne ihn oder Kikuchi das Haus zu verlassen! Gefangen in seinem eigenen Haus, dachte Serdall sich wütend und starrte die Decke böse an. Noch heute Morgen hatte er mit Daniel auf diesem Bett Sex gehabt, jetzt lag er hier alleine und kämpfte mit Kopf- und Magenschmerzen. Verkrampft rollte er sich auf die Seite und zog die Beine eng an seinen Körper. Er vermisste Daniel so furchtbar sehr und der Gedanke, dass er ihn vielleicht nie wieder sehen würde, machte ihn fast wahnsinnig. Hass auf Fei machte sich langsam in seinem Inneren breit. Fei wollte ihn wirklich zwingen zu heiraten. Er erpresste ihn damit, Daniel zu töten, wenn er es nicht tat. Verzweifelt legte Serdall eine Hand über die Augen. Das machte ihn mehr fertig, als alles andere. Daniel könnte sterben, wenn er einen Fehler machte. Erneut klopfte Yoshiko kurz an die Tür. Sie glaubte nicht, dass Serdall schon schlief. Sie waren erst vor kurzem in ihre Zimmer gegangen und so aufgewühlt, wie er nach dem Gespräch mit seinem Bruder war, würde Serdall bestimmt noch lange keine Ruhe finden. Folglich wollte er ihr Klopfen nicht hören. Trotz ihres aufgeregt schnellen Pulses drückte sie betont ruhig die Klinke hinunter. Serdall lag zusammengerollt auf seinem Bett. Das schlechte Gewissen machte sich in Yoshiko breit. Sie sollte diese Situation nicht ausnutzen. Allerdings wäre es so vielleicht auch leichter für Serdall, über seine wohl verlorene Liebe hinwegzukommen. „Hast du mich nicht gehört?“, fragte sie mit leiser, melodischer Stimme, als sie behutsam die Tür hinter sich schloss. Das Erste, was sie gemacht hatten, als sie sich vorgestellt worden waren, war zur vertrauten Anrede zu wechseln. Es war nur der äußere Schein, der dadurch für alles Kommende positiver gemacht wurde, doch das schien niemanden zu stören. Serdall blieb liegen, sah nicht zu Yoshiko. Konnte diese Frau ihn nicht wenigstens noch heute in Ruhe lassen? Er hieß ihre Gesellschaft im Moment nun wirklich nicht willkommen. „Ich möchte meine Ruhe haben. Geh, Yoshiko“, wies er sie kalt an und setzte sich nun doch auf, um ihr eisig entgegen zu blicken. Auch wenn sie sich augenscheinlich hübsch für ihn gemacht hatte, interessierte ihn dies nicht im Geringsten. Wut und Hass zogen sich langsam durch seinen ganzen Körper und er verhehlte diese Gefühle nicht, als er sie aus seinen blaugrünen Augen ansah. Emotionslos sah Yoshiko zurück und ließ sich in keinster Weise von der geballten Ladung Ablehnung, die ihr entgegen geworfen wurde, abschrecken. Stattdessen setzte sie sich leicht auf der anderen Seite des Bettes nieder und sah Serdall forschend an. Es war klar, wie er sich fühlte. Seine Augen zeigten deutlich das Gefühlschaos in seinem Inneren, die Verwirrung, die Angst, die Resignation. Seufzend ließ sie ihre steife Haltung ein wenig fallen und machte es sich ein bisschen bequemer. Sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, aber Serdalls Haltung beseitigte auch noch die letzten Zweifel, dass heute Nacht in diesem Raum nichts geschehen würde. „Du vermisst ihn jetzt schon, hab ich Recht?“, fragte sie leise, wobei sie ihren Blick nach draußen aus dem Fenster wandte, wo ein Vogel schnell an der Straßenlaterne vorbei flog. Schluckend wandte Serdall sein Gesicht von der Frau ab. Hatte er wirklich vorhin gesagt: von meinem Freund? Bisher hatte noch kein anderer als der engste Bekanntenkreis von ihm und Daniel erfahren. Yoshiko darüber sprechen zu hören, dass er Daniel vermisste, ließ ihn noch wütender werden. „Du hast keine Ahnung“, sagte er tonlos und verschränkte die Arme. Er wollte seine Ruhe haben. „Nein, wohl nicht“, meinte sie schlicht und wandte ihren Blick immer noch nicht vom Fenster ab. „Vielleicht hilft es dir ja zu wissen, dass ich mir die Situation auch nicht ausgesucht habe. Es ist berechtigt, dass du wütend und enttäuscht bist, aber du solltest darauf achten, an wem du diese Gefühle auslässt.“ „Tja“, zischte Serdall leise. „An dich wäre jedes Gefühl eine Verschwendung.“ Er musste es sich nicht bieten lassen, von ihr auch noch zurechtgewiesen zu werden. Sie würde wieder nach Japan gehen können, wenn diese Hochzeit nicht stattfand. Wenn sie aber stattfand, würde er den Menschen verlieren, den er mehr als sich selbst liebte. Du hast ihn schon verloren, dachte Serdall sich verzweifelt. So sah nun mal die momentane Lage aus. Er hatte keine Wahl. Er musste Yoshiko heiraten, ansonsten würde Fei Daniel töten. Und wenn er Yoshiko als Frau hatte, war es undenkbar, dass er noch mit Daniel zusammen sein konnte. Wahrscheinlich würde er dann nach Japan gehen müssen. Langsam fragte er sich wirklich, wieso sich das Schicksal wieder einmal nur gegen ihn wendete. Erst hatte er Louise vor fast vier Jahren verloren und jetzt sollte er auch noch Daniel verlieren? Kam dann Taki als nächstes? Leise keuchend stand Serdall auf und ging eilig ins Bad. Er vertrug diesen nervlichen Stress rein gar nicht. Sich übergebend, beugte er sich über die Toilettenschüssel. Besorgt ging Yoshiko Serdall nach. Er schien jemand zu sein, bei dem sich Gefühle sehr schnell auch körperlich äußerten. Sie griff sich einen Zahnputzbecher, füllte diesen mit Wasser und gab ihn zusammen mit einem Handtuch an Serdall weiter, als sich dessen Magen etwas beruhigt hatte. „Ich denke, dass wir wenigstens versuchen sollten, einigermaßen miteinander auszukommen, damit die Situation nicht noch schlimmer wird, als sie es ohnehin schon ist“, meinte sie neutral. Auf Serdalls fiesen Kommentar von vorhin ging sie nicht weiter ein. Wer konnte es ihm verübeln, dass er gerade etwas überreagierte? Serdall trank einen Schluck von dem Wasser und versuchte seine Gedanken zu beruhigen. „Und was soll mir das bringen? Für mich ist das Schlimmste passiert, was ich mir vorstellen konnte. Das würdest du noch nicht mal verstehen“, knurrte er sie an und ging wieder zurück ins Schlafzimmer. Er hatte keine Lust sich mit ihr zu unterhalten. Yoshiko schien wirklich zu glauben, dass ihr Leid mit seinem auf irgendeine Art und Weise zu vergleichen wären. Er hatte im Moment auch noch nicht die Ruhe, sich überhaupt mit ihr zu arrangieren. Warum war diese Frau denn nicht müde von dem langen Flug? Serdall war sich langsam sicher, dass sich alles gegen ihn und Daniel stellen wollte. Im Grunde waren es ja eigentlich nur Fei und sein Yakuzaclan. Ermattet setzte er sich wieder auf sein Bett. Er hielt das langsam nicht mehr aus. Er sah Yoshiko dabei zu, wie sie sich wieder neben ihn setzte. „Ich kann es vielleicht nicht gänzlich verstehen, da ich nun mal nur meine Familie, aber keinen Geliebten in Japan zurücklasse, aber ich kann es mir zumindest in Ansätzen vorstellen, wie du dich fühlst“, erklärte sie ruhig. „Und genau deswegen finde ich es unnötig, dass wir uns noch zusätzlich bekriegen. Als wären die Umstände nicht auch so schon schwer genug. Da müssen wir uns nicht noch zusätzliche Feinde schaffen.“ Ernst sah sie ihn an. Vielleicht vertiefte Serdall sich gerade etwas zu sehr in seinem Leid. Natürlich war die Situation, in der er sich gegenwärtig befand, schrecklich. Doch statt sich gegen sein Schicksal zu stellen, sollte man es lieber akzeptieren, wenn man nichts dagegen tun konnte – Yoshiko konnte nur ahnen, dass Fei Serdall bei Widerstand schlimme Konsequenzen angedroht hatte – oder kämpfen, wenn es noch einen Ausweg gab. Momentan machte er sich mit seinem Verhalten nur kaputt. Serdall konnte nur unwillig den Kopf schütteln. „Du kannst es vielleicht einfach hinnehmen, aber ich nicht“, zischte er leise und stützte seinen Kopf in die Hände. Sein silbernes Armband fiel ihm vor die Augen, als es an seinem Unterarm entlang rutschte und er betrachtete es wehmütig. Er vermisste ihn so schrecklich sehr und er kam sich schäbig vor, dass er hier mit Yoshiko mehr als drei Worte wechselte. Daniel würde ausrasten, wenn er ihn hier so sehen würde. Wieder machte sich einfach nur der Schmerz in Serdall breit, wenn er daran dachte, Daniel für immer zu verlieren. Die Hände zu Fäusten ballend schlug er sie heftig mehrmals gegen seine Schläfen, als sich Tränen in seinen Augen bilden wollten. Jetzt reiß dich zusammen, fauchte er sich in Gedanken an. Wütend stand er auf und blendete Yoshiko komplett aus, als er im Raum auf und ab ging, wie ein Tiger gefangen in einem Käfig. Er musste einen Weg finden mit Daniel zu reden, ihm die Situation zu erklären. Irgendeinen Weg musste es doch geben, wie er Fei von seinem Willen abbringen konnte. Verdammt, da muss doch etwas sein!, dachte er verzweifelt und ging mittlerweile zum sechsten Mal den Weg einmal quer durch sein Zimmer. Wieso hatte er nichts gegen Fei in der Hand? Wieso nur hatte Daniel überhaupt an sein Handy gehen müssen? Fahrig strich Serdall sich durch die Haare und ging erneut den Weg bis zur Balkontür und riss sie wütend auf, um frische Luft zu schnappen und nicht ständig Yoshikos Blick auf sich fühlen zu müssen. Schwer stützte er sich auf das Geländer und sah in die Tiefe. Die Kälte, die ihm eine Gänsehaut über die Arme trieb und der leichte Novemberregen, der auf ihn niederging, halfen ihm dabei, sein Gemüt zu beruhigen. Er würde daran kaputt gehen, wenn er Daniel für immer verlieren würde. Er überstand es nicht noch einmal, einen Menschen zu verlieren, der ihm dermaßen viel bedeutete, den er über alles liebte. Er wünschte sich, Daniel würde ihn wieder umarmen, ihm Halt geben in seinem Gedankenchaos. Erste Tränen bildeten sich nun doch in Serdalls Augen, doch sie mischten sich mit dem Regen, der über seine Wangen tropfte. Er hasste sich selbst dafür, dass er Fei überhaupt in sein Haus gelassen und Daniel weggeschickt hatte. Er hatte es doch geahnt, wie sein Bruder reagieren würde. Er biss sich auf die Unterlippe und schloss gepeinigt die Augen. Serdall schnürte es langsam die Kehle zu, aber er wollte nicht auch noch aufschluchzen. Es musste doch irgendeine sinnvolle Lösung geben. Er wollte Yoshiko nicht heiraten! Er wollte niemanden heiraten, sondern mit Daniel zusammen sein. Wieso durfte er das denn nur nicht? Fei lebte doch in Japan. Kaum jemand wusste dort von Serdall. Wieso war es plötzlich so wichtig, dass er an die Familienehre dachte? Seine Finger krallten sich schmerzhaft in das Steingeländer. Überrascht nahm er sie fort von dem Stein, als er es bemerkte und verschränkt die Arme vor der Brust. Yoshiko ließ ihn sich draußen abreagieren und nachdenken. Vielleicht fand er doch noch einen Ausweg oder immerhin einen Mittelweg, mit dem er sich arrangieren konnte. Es würde schwer werden, aber er kannte seinen Bruder wohl besser als einige andere. Und wenn nicht half ihm die zeitweilige Einsamkeit vielleicht, zumindest erst einmal einigermaßen mit der Situation klarzukommen. Entschlossen stand Yoshiko auf und ging kurz in ihr Zimmer, um aus ihrem Koffer eine Schlaftablette zu holen. Anders würde Serdall wohl keine Ruhe finden. Er tat ihr wirklich leid, stellte sie fest, als sie den Zahnbecher ein zweites Mal an diesem Tag mit Wasser füllte. Sie war daran gewöhnt, dass andere Leute ihr das Leben diktieren und hatte einen eigenen Weg dort hindurch gefunden, mit dem sie eigentlich recht gut klar kam. Serdall hingegen hatte hier in Deutschland seine grenzenlose Freiheit gehabt, die ihm jetzt mit einem Ruck komplett entzogen wurde. Natürlich brauchte er seine Zeit, bevor er das zumindest einigermaßen verkraftet hatte, damit er wieder recht klar denken und seine Möglichkeiten abschätzen konnte, die ihm noch offen standen. Nach einiger Zeit, die sie noch grübelnd im Bad verbracht hatte, trat Yoshiko zu Serdall, der immer noch auf dem Balkon stand. Mittlerweile war er komplett durchnässt. Sorgsam drapierte sie ihm das Handtuch, das sie wohlweißlich mitgenommen hatte, auf den Schultern und hielt ihm die Tablette und den Becher unter die Nase. „Hier, ein Schlafmittel“, meinte sie. „Du nützt keinem was, wenn du leichenartig und unausgeschlafen durch das Haus wanderst.“ Böse blitzte Serdall sie an. „Willst du mir auch noch meine letzte Freiheit nehmen? Behalt deinen Mist, ich brauch es nicht“, fauchte er. Er sah ihr kalt in die braunen Augen. Sie hatten diese typische Mandelform und wirkten so normal, dass es Serdall schon nervte. Er wollte Daniels himmelblaue sehen. Seinen Freund wieder an sich fühlen. „Wieso lässt du mich nicht einfach in Ruhe? Ich werde dich bestimmt nicht vögeln, auch wenn du dich so billig anziehst. Hat dir Fei vielleicht noch befohlen, das zu tun? Oder deine Familie?“, fuhr Serdall sie weiter an. Er war so dermaßen sauer, weil sie ihn ständig irgendwie bemuttern wollte, auch wegen ihrer Beherrschtheit die im Gegensatz zu seinen Gefühlsausbrüchen stand. Er wollte jetzt nicht das Ganze erdulden, wie sie es vielleicht tat. Er wollte darüber nachdenken und wenigstens seine Gefühle frei lassen. „Ich komme alleine zurecht.“ „Das merke ich“, meinte Yoshiko jetzt eine minimale Spur kühler wirkend als bislang. „Wenn ich mich umdrehe, wirst du dich hier runterstürzen nehme ich an? Oder bevorzugst du den traditionellen Tod durch das Schwert“, fragte sie sarkastisch. Sie trat jetzt ganz neben Serdall und stellte den Becher auf das Steingeländer. „Falls es dich interessieren sollte, wurde mir nur die Hochzeit befohlen. Alles Weitere ist meine Entscheidung. Aber normalerweise mache ich die Sachen, die ich einmal angefangen habe, auch vollständig und ohne Abstriche.“ Yoshiko hatte sich gegen den kalten Stein gelehnt und starrte in den Regen hinaus, der im Schein der Straßenlaternen zu erkennen war. Die Nässe hatte ihren Morgenmantel schon längst durchdrungen und ihn hauteng an ihren Körper gepresst. Serdall schnaubte genervt. Er hatte absolut keine Lust sich mit ihr hier irgendwie auseinanderzusetzen, besonders in dem Punkt, wie sie es handhaben wollte mit ihm umzugehen. Serdall stieß sich vom Geländer ab und ging zurück in sein Zimmer. Er hatte sicher nicht die Absicht sich umzubringen, schließlich ging das Sterben von ganz allein, wenn er Daniel nicht mehr sehen konnte. „Wenn du dich jetzt bitte aus meinem Zimmer entfernen würdest“, entgegnete er ihr kühl und ging zu seinem Kleiderschrank. „Ich möchte schlafen, jedoch ohne deine Gesellschaft.“ Kurz blieb Yoshiko noch draußen stehen, dann wollte sie ebenfalls reingehen. Skeptisch sah sie auf ihren tropfenden Morgenmantel. Schulterzuckend entledigte sie sich kurzerhand von ihm und wrang ihn aus, bevor sie nackt durch Serdalls Zimmer hin zur Tür ging. Sie schämte sich ihres Körpers nicht und Serdall war, wenn alles so kommen würde, wie sein Bruder sich das vorstellte, in Kürze ohnehin ihr Ehemann. „Gut, wie du meinst“, meinte sie schlicht. „Du weißt ja, wo du mich findest, wenn etwas sein sollte. Auch wenn du nur jemanden brauchst, der unparteiisch ist und mit dem du reden kannst.“ Ohne eine Antwort abzuwarten drehte sie sich um und ging in ihr vorläufiges Zimmer. Angewidert schüttelte Serdall den Kopf. Er hatte nichts mit ihr zu bereden. Dass sich diese Frau so präsentieren musste, zeugte für Serdall nur von ihrer gesteigerten Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Schicksal. Und als unparteiisch sah er Yoshiko nicht. Sie hatte in seinen Augen einfach keine Meinung. Genervt ging er zur Tür, um sie abzuschließen. Er würde Taki ab morgen mit zu sich ins Zimmer nehmen, bevor er irgendwann noch einmal aufwachte und diese Frau plötzlich neben ihm lag. Er liebte Daniel, da interessierte er sich ganz sicher nicht für diese ihm eigentlich Unbekannte, auch wenn er sie heiraten musste. Wütend ging Serdall ins Badezimmer und entledigte sich zitternd seiner nassen Klammotten. Er musste unbedingt mit Dustin reden. Vielleicht konnte sein Schwager ihm helfen, dass Serdall es wenigstens schaffte mit Daniel zu telefonieren. Serdall schlüpfte in seine Schlafsachen, die er, seit er mit Daniel zusammen war, eigentlich tief in den Schrank verbannt hatte. Daniel liebte es mit ihm Haut an Haut zu schlafen und Serdall fand es so auch viel angenehmer. Ohne Daniel jedoch würde ihm wohl in der Nacht viel zu kalt sein. Als er aus dem Bad zurück in sein Bett ging, fiel mit jedem Schritt die Anspannung und wich der Angst und Einsamkeit. Er zog sich die Decke über den Kopf, als er das Licht ausgeschaltet hatte und versuchte die Gedankenspirale, die sich langsam in seinem Kopf bildete, zu verdrängen. Unruhig begann er sich hin und her zu drehen, schaffte es aber nicht zur Ruhe zu kommen. Irgendwann gab er es auf und dachte nur noch an Daniel. An sein Lächeln, an seine Stimme und die Wärme, die er Serdall immer vermittelte, wenn er bei ihm war. Serdall schaffte es so wirklich, wenigstens für ein paar Stunden in einen Albtraum begleiteten Schlaf zu fallen. Am nächsten Morgen stand Yoshiko in der Küche und machte Frühstück. Es schien keiner hier im Haus wach zu sein, abgesehen von Dustin und Taki, die schon in der Schule waren. Serdall schien entweder entkräftet länger zu schlafen oder er wollte einfach nicht aus seinem Zimmer herauskommen. Verständlich, denn immerhin erwartete ihn hier nichts anderes als sein Bruder mit seiner Truppe und seine verhasste zukünftige Ehefrau. Yoshiko seufzte. Sie hatte schon vor längerer Zeit gelernt, sich mit allem zu arrangieren, was von ihr verlangt wurde, solange sie ihre nötigen Freiräume eingeräumt bekam. Vielleicht war es feige, aber das Leben war, wenn man in einer eingeschworenen Gemeinschaft wie die Yakuza es war, aufwuchs, so nun mal bedeutend einfacher. Der Oyabun, Kikuchi und die Bodyguards schliefen noch. Der Jetlag hing noch nach und die Reise war anstrengend gewesen. Ganz die anständige und wohlerzogene Frau, die sie nun mal laut ihrer Erziehung war, hatte sie sich den Wecker gestellt und bereitete den Herren nun ihr Essen zu. Sie machte eine große Platte für den Oyabun und seine Männer und einen separaten Teller für Serdall, der wohl lieber nicht runterkommen würde. Als sie fertig war, brachte Yoshiko Serdalls Essen nach oben. „Serdall, ich habe dir Frühstück gemacht“, meinte sie halblaut, nachdem sie an seiner Zimmertür geklopft hatte. Jener saß im Schneidesitz auf seinem Bett und starrte unbestimmt in den Raum. Ihm war nicht nach essen, eher im Gegenteil. Ihm war speiübel und sein Magen krampfte sich nur noch zusammen, seit er aufgewacht war. Es war derselbe Schmerz wie damals, als er sich strikt gegen Daniel gewehrt hatte, nur schlimmer. Er hatte ständig den Gedanken im Hinterkopf, dass Fei Daniel töten würde. Nach dieser halbdurchwachten Nacht war er blass und fühlte sich wie der letzte Dreck, aber es war besser, als sich seinem Schicksal einfach zu fügen. Er klammerte sich an den Gedanken, Dustin irgendwie mitzuteilen, dass er sich sein Handy leihen musste. Mittlerweile war er soweit, dass er sich überlegt hatte, ihm einen Zettel zukommen zu lassen, aber Serdall schreckte noch, dass Fei es vielleicht mitbekommen könnte und Daniel umbringen würde, wenn er es erfuhr. Nachdem auch nach einer Minute kein Geräusch aus dem Zimmer gekommen war, stellte Yoshiko seufzend das Tablett auf den Boden. Sie glaubte nicht, dass Serdall noch schlief, aber scheinbar hatte er kein gesteigertes Interesse daran, jemanden zu sehen. „Ich lasse dir das Frühstück hier. Wenn du Hunger haben solltest, musst du es dir nur holen“, sprach sie noch kurz gegen die geschlossene Tür und machte sich dann auf den Weg nach unten. Sie würde langsam schon mal damit anfangen Mittag zu machen. Bis sie das ganze Gemüse geschnitten hatte, würde einiges an Zeit vergehen und gar werden musste das Alles auch noch. Yoshiko ging wieder in die Küche und machte sich tatkräftig an die Arbeit. Das hatte außerdem den netten Nebeneffekt, dass sie sich ablenken konnte, denn, obwohl sie es sich verbot, zu oft daran zu denken, vermisste sie ihre Heimat und vor allem ihre Freunde schon ein wenig. Immerhin konnte keiner sagen, ob sie hier bleiben oder Serdall nach Japan gehen würde. Genau eine Stunde später ging die Tür der Küche auf und Fei Agamie trat fein säuberlich angezogen in den Raum und ließ seinen Blick über die Einrichtung schweifen. „Guten Morgen, Yoshiko“, grüßte er sie freundlich, schließlich würde sie seine zukünftige Schwägerin sein. „Ich hoffe, du hattest eine angenehme Nacht?“, fragte er, setzte sich an den Tisch und stützte sein Kinn in die Hände. „Ja, nach dem doch recht spontanem Aufbruch und dem langen Flug habe ich sehr tief und gut geschlafen“, bestätigte sie und ließ die gerade eben geschälte Kartoffel ins Wasser gleiten. „Auf der Theke steht eine Platte mit Frühstück, falls Sie Hunger haben sollten. Mittag wird es wohl erst in eineinhalb Stunden geben.“ Fei nickte, stand auf und holte sich von dem Frühstück etwas, sowie eine Tasse Tee. „Hast du dich mit Serdall unterhalten?“ Er wusste um Yoshikos Art. Ihr Vater hatte ihm versichert, dass sie auf jeden Fall ehrgeizig sein würde und das brauchte er, um seinen Bruder von seinem Wahn abzubringen. „Ja habe ich“, bestätigte sie und legte das Messer zur Seite. Es gehörte sich nicht, vor dem Oyabun zu sitzen und durch irgendwas abgelenkt zu sein. „Er schien… nun… nicht besonders angetan zu sein von Ihrem Vorschlag, demnächst zu heiraten“, meinte sie vorsichtig. Yoshiko hatte keine Ahnung was passieren würde, wenn sie dem Oyabun sprichwörtlich auf den Schlips trat. Sie hatte einige Geschichten über ihn gehört, die fast alle garantiert maßlos übertrieben waren, damit sein Ansehen außerhalb gewahrt und er gefürchtet blieb, allerdings konnte sie selbst nicht bestätigen, ob sie tatsächlich unwahr waren, da sie Serdalls Bruder vorher noch nie direkt begegnet war. Fei lächelte geringschätzig. „Es ist mir bewusst, wie er dem Ganzen gegenüber steht, doch seine Meinung zählt nicht mehr. Er hat sich dieses Recht selbst genommen, als er sich mit einem Mann eingelassen und mich jahrelang belogen hat.“ Er sah ihr freundlich in die braunen Augen und legte eine Hand auf ihre. „Ich möchte nur noch, dass er mit deiner Hilfe wieder den rechten Weg findet und erneut mein kleiner Bruder ist, der er einmal war. Du verstehst mich, nicht wahr?“ Skeptisch betrachtete Yoshiko ihn. Das war also wirklich der Grund? Die Tatsache, dass sich Serdall in einen Mann verliebt hatte, zeichnete ihn jetzt für sein Leben und es bedurfte der Unterstützung seines Bruders, um ihn wieder auf den rechten Weg zu bringen? „Nun, ich fürchte, ich verstehe Sie nicht so ganz“, erwiderte Yoshiko, während sie Fei fest in die Augen sah. Wenn sie schon gefragt wurde, würde sie mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg halten. „Ich persönlich finde es nicht schlimm, wenn man sich in dasselbe Geschlecht verliebt. Sie beschäftigen Leute, die selbst diese Neigung haben, aber sie werfen sie nicht raus. Ihren Bruder hingegen zwingen Sie in eine Ehe. Das ist für mich etwas widersprüchlich.“ Fei atmete ruhig durch und verschränkte gelassen die Hände auf dem Tisch. „Yoshiko“, begann er väterlich und sah ihr offen in die Augen. „Er ist nach dem Tod seiner Frau in ein Tief gefallen, das sich dieser Daniel zu Nutze gemacht hat. Serdall ist nicht einer dieser Perversen, die auch in den Kreisen der Yakuza vorkommen. Er ist ein Agamie, der einen Sohn hat und zu Besserem bestimmt ist, als zum Liebhaber eines Mannes“, erklärte er ruhig und hielt kurz inne, um von seinem Tee zu trinken, ehe er fortfuhr. „Du musst wissen, Serdall ist ein sehr feinsinniger und künstlerischer Mensch. Er kann sich nur wirklich entfalten, wenn er sich in den Armen einer Frau niederlassen kann. Dieser Daniel hingegen war mir gegenüber unverschämt und hat sich gegen mein Wort gestellt. Nur Serdall zuliebe habe ich ihn nicht schon bei meinem letzten Besuch getötet. Da wusste ich aber noch nicht, dass Serdall sich je auf diesen Jungen einlassen würde.“ Fei verzog leidlich das Gesicht. „Wie du siehst kann sich selbst der Oyabun nicht auf die Personen verlassen, denen er mehr als nur vertraut. Jedoch begehe ich diesen Fehler nicht noch einmal. Entweder Serdall heiratet dich oder ich töte diesen Abschaum.“ Yoshikos Augen weiteten sich minimal, bevor sie sich wieder im Griff hatte und eine neutrale Maske aufsetzte. Damit wurde Serdall also zu der Hochzeit gezwungen. Mit der Drohung, dass ihm der Mensch, den er momentan wohl mit am meisten liebte, genommen werden sollte. Der schnelle Tod eines geliebten Menschen oder langes Leid für beide. Was waren das für zwei grausame Optionen, aus denen er wählen musste? Ihr Mitgefühl für Serdall wurde noch größer und sie verstand nicht, wie der Oyabun so extrem handeln konnte. Der Tod eines Menschen war das allerletzte Mittel der Yakuza. Normal wurde verhandelt und vielleicht mal gedroht, aber nur selten wirklich Gewalt angewandt. Es schien Serdalls Bruder tatsächlich ernst zu sein. Er glaubte wirklich, dass Serdall einen äußerst falschen Weg beschritt und Hilfe brauchte. „Meinen Sie nicht, dass Sie ihm gerade sehr viel mehr Leid antun, als ihm durch die Beziehung zu diesem Daniel passieren könnte?“, versuchte sie es vorsichtig. Fei schüttelte gutmütig den Kopf. „Er wird in der Anfangszeit noch sehr stur sein, aber ich bin davon überzeugt, dass er einsehen wird, wie gut die Hochzeit mit dir ist. Besonders für Taki. Mein Neffe braucht eine Mutter und Serdall braucht die Weichheit einer Frau, nicht diesen groben und schlechten Mann. Und ich bin mir sicher, dass du nach bestem Wissen deine Pflichten für mich erfüllen wirst, damit er glücklich wird. Verstanden, Yoshiko?“ Fei sah sie mit einem ernsten Blick an, der ihr bedeuten sollte, dass diese Unterredung nun beendet war. Sie nickte ergeben und Fei stand nun auf. „Ich werde im Wohnzimmer noch ein paar Anrufe erledigen“, erklärte er ihr, bevor er den Raum mit seiner Teetasse verließ. Yoshiko richtete sich wieder aus der Verbeugung auf, in die sie gefallen war. Etwas bedrückt nahm sie ihre Schälarbeit wieder auf. Es war nicht nur für Serdall schlimm, in diese Ehe gezwungen zu werden. Ihn traf es bestimmt am härtesten, aber es litten so viele Leute darunter. Sein Freund wäre als zweites zu nennen. Er wusste wahrscheinlich noch gar nicht, was überhaupt los war. Er wartete bestimmt darauf, demnächst von Serdall angerufen zu werden und die Erlaubnis zu bekommen, zurückzukommen. Denn, soviel hatte sie mitbekommen, Serdall hatte ihn irgendwo in Sicherheit gebracht. Sie wollte gar nicht wissen, was mit ihm passiert wäre, wenn er sich hier aufgehalten hätte, als ihre kleine Reisegruppe eingetroffen war. Taki würde auch unter der ganzen Situation leiden. Gerade hatte er sich an diesen Daniel gewöhnt, dann wurde er ihm auch schon wieder weggerissen, ohne dass er verstand warum und sich von ihm hätte verabschieden können. Und dann war auch noch sie da. Doch über sie dachte wohl keiner nach. Sie war die Ware, die gehandelt wurde. Allerdings stellte sich die Frage, wie sie damit klarkommen sollte, dass ihre Ehe auf dem Unglück anderer gegründet wurde und wohl nur auf dem Papier bestehen würde. Sie war gerade mal zweiundzwanzig und ihr Leben dann jetzt schon in der Art und Weise besiegelt. „Autsch“, zischte sie leise, als ein scharfer Schmerz ihre Handfläche durchfuhr. So in ihre Gedanken vertieft hatte sie keine Konzentration und war unglücklich mit dem Messer an der Kartoffel abgerutscht. Ein recht tiefer Schnitt prangte in ihrer Haut und Blut quoll hervor. „Deswegen hasse ich die Küche“, meinte jemand emotionslos von der Tür herüber. Serdall schritt mit dem noch gefüllten Teller zu Yoshiko herüber, stellte ihn auf die Anrichte und dirigierte sie zum Spülbecken. Er ließ kaltes Wasser über den Schnitt laufen und ging währenddessen zum Erste-Hilfe-Kasten, um Yoshiko ein Pflaster zu holen. Mit Küchenrolle tupfte er den Schnitt trocken. „Du solltest besser aufpassen“, murmelte er kühl, als er das Pflaster vorsichtig auf die Wunde klebte und kurz darüber strich, um es festzudrücken. Serdall ließ wieder von ihr ab, um sich ein Glas mit Wasser zu füllen und sich an die Theke zu setzen. Er wollte gleich wieder nach oben gehen nachdem er etwas getrunken hatte und seinen Geigenkoffer holen konnte. Serdall wartete nur auf die Gelegenheit, dass Fei aus dem Wohnzimmer ging, denn er hatte keinen Bedarf, seinem Bruder gegenüberzutreten. „Danke“, murmelte Yoshiko leise und setzte sich wieder. Obwohl Serdall sie nicht zu mögen schien, was nicht an ihrem Charakter lag, denn kennen gelernt hatten sie sich noch nicht wirklich, sondern eher an dem, was sie für ihn darstellen sollte, hatte er dennoch einen gewissen Anstand ihr gegenüber und war hilfsbereit. Das war ein Punkt, der für ihn sprach. Yoshiko seufzte leise auf. Wenn Serdall ein Kerl gewesen wäre, der keine Gefühle hatte und zu jedem nur unfreundlich war, wäre es vielleicht nicht so schlimm gewesen, ihn in sein Unglück rennen zu sehen. Nur war ihr wohl zukünftiger Ehemann allerdings scheinbar ein richtig netter Kerl, auch wenn Serdall sich auf Grund dieser besonderen Umstände bislang noch nicht von seiner besten Seite gezeigt hatte. Trotzdem machte diese Erkenntnis es ihr noch schwerer die Tatsache zu verkraften, dass sie Mitschuld am Zerbrechen dieser Beziehung hatte. Wenn sie könnte würde sie versuchen ihm zu helfen. Nur wie sollte sie das anstellen? Müde sah Serdall ihr bei der Arbeit zu, jedoch war er in Gedanken nur wieder bei Daniel. Er hatte es nicht mehr in seinem Zimmer ausgehalten, wo jede Stelle ihn nur an seinen Freund erinnerte. Auch hier in der Küche war es kaum besser. Allein der Tisch, auf dem sie mehrmals Sex gehabt hatten, erweckte in ihm die unendliche Sehnsucht nach seinem Freund. Apathisch ließ Serdall seinen Blick auf die Theke schweifen und spielte abwesend mit dem Wasserglas in seinen Händen. Er wollte seine Geige spielen, seine Emotionen bannen, damit sie ihn nicht zerfraßen. Aber er wollte nur für sich spielen, nicht für Fei oder Yoshiko. Tief stieß er die Luft aus seinen Lungen, ehe er den letzten Schluck aus seinem Glas trank und wieder zu Yoshiko sah. Wer hatte ihr eigentlich gesagt, dass sie kochen sollte? Sollten Fei und Kikuchi doch verhungern oder woanders essen. Serdall passte es nicht, dass er seinem vermaledeiten Bruder auch noch den Aufenthalt genehm machte, indem er sie hier arbeiten ließ. Aber er konnte dagegen wohl auch nichts tun. Jedes Mal würde Fei ihm nur mit derselben Drohung kommen und Serdall wollte kein Risiko eingehen. Seufzend ließ er den Kopf hängen. Er hoffte, dass Dustin bald kam. In der Zwischenzeit war Yoshiko mit schälen und schneiden fertig geworden und stellte sich jetzt an den Herd, um richtig mit dem Kochen anzufangen. Immer wieder sah sie verstohlen zu Serdall. Ihr ging nicht aus dem Kopf, mit was ihm gedroht wurde, wenn er sich seinem Bruder nicht unterordnete. „Serdall…“, begann sie zögernd. Sie wollte ihm sagen, wie leid ihr das Ganze tat, ihn fragen, ob sie etwas tun könnte um die Katastrophe zu verhindern und er ihre Hilfe vielleicht sonst irgendwie gebrauchen konnte, doch in dem Moment kam Fei wieder in die Küche und Yoshiko verstummte abrupt. Sie wollte lieber nicht wissen, was der Oyabun mit ihr machen würde, wenn er wüsste, dass sie sich gegen ihn stellte und mit seinem Bruder verbündete. Fei ging auf Serdall zu, der ihn nicht zu registrieren schien. Er stellte sich vor die Theke, ihm genau gegenüber. Serdall gab ihm nicht die Ehre, ihn zuerst zu grüßen. Stattdessen hob er den Kopf und sah Fei emotionslos in die Augen. Ich hasse dich, dachte er, doch Serdalls Wut wollte sich nicht einstellen. Es war einfach die Erkenntnis, dass Fei nicht mehr sein Bruder war, sondern nur der Oyabun, der über ihn bestimmen wollte. „Serdall, ich möchte, dass du für mich spielst“, sagte Fei freundlich und lächelte seinen Bruder an, obwohl ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken rann, als er diesen Blick sah. Er wusste, dass Serdalls Unmut vergehen würde, sobald er den wahren Wert von Yoshiko erkannte. Serdall schüttelte langsam den Kopf. „Ich spiele nicht für den Oyabun“, hauchte Serdall kalt und lächelte Fei ebenfalls an, jedoch war es nur das Zucken seiner Mundwinkel entgegen der Erdanziehungskraft, als ein wirkliches Lächeln. Feis Lippen wurden schmal und blutleer, als er sie zusammenpresste. In diesem Punkt schien Serdall engstirnig zu sein und Fei gestand sich ein, dass er es Serdall nicht verübeln konnte. Kimba und Mücke begannen plötzlich an der Haustür zu bellen. „Wenn du mich entschuldigst. Ich gehe meinen Sohn begrüßen“, erklärte Serdall kalt und ging zur Haustür, die er sogleich öffnete. Taki kam freudig auf ihn zugelaufen und schmiss sich in seine Arme. Serdall hob ihn glücklich hoch und stupste mit dem Zeigefinger gegen die kleine Nase. „Na Großer, wie war dein Tag?“, fragte Serdall seinen Lockenschopf und lächelte nun wirklich, als Taki ihn freudig anlachte. „Der war super cool! Wir haben heut zwei Stunden lang nur Geschichten von unserer Lehrerin erzählt bekommen und dabei Kekse gegessen, die Lukas mitgebracht hat, weil er heute Geburtstag hat. Und wir haben einen neuen Spielturm auf dem Pausenhof gekriegt! Da kann man klettern und rutschen!“ Serdall war froh, dass es seinem Sohn gut ging und ihm die Schule so sehr gefiel. Dustin kam nun auch endlich zur Haustür und sah ihn besorgt an. Er konnte erkennen, dass es Serdall schlecht ging und es wohl immer schlimmer wurde. Die Wange hatte immer noch die Blaufärbung, nun aber in einem tieferen Violett, was sich krass von der hellen Haut abhob. Taki lief mit Mücke und Kimba in den Garten, als Serdall ihn herabgesetzt hatte. Die Gelegenheit nutzend legte Dustin besorgt eine Hand auf Serdalls Unterarm. „Daniel hat mich gestern Abend angerufen“, flüsterte er Serdall zu. „Du sollst dich bei ihm melden.“ „Ich kann nicht. Fei hat mein Handy“, zischte Serdall ihm zu und wandte abrupt den Kopf, als Fei sich im Türrahmen zu Küche laut räusperte. Finster sah Dustin zu dem Yakuza. So war das also. Fei kontrollierte Serdall. Stellte sich nur die Frage womit? Missbilligend den Kopf schüttelnd schloss Dustin die Haustür, als Serdall wie ein getretener Hund an Fei vorbeitrottete, um zum Wohnzimmer und womöglich hinaus zu Taki zu gehen. Fei ging ebenfalls ins Wohnzimmer und setzte sich zurück auf das Sofa, vor seinem Laptop, den er wohlweißlich für seine Geschäfte mitgebracht hatte. Dustin lief jedoch eilenden Schrittes die Treppen hinauf. Er musste Daniel wenigstens Bescheid geben, dass Serdall wohl keine Möglichkeit hatte ihn zu erreichen. Schnell war die Nummer gewählt und er wartete ungeduldig darauf, dass Daniel abnahm. Es kotzte ihn an, dass Fei anscheinend Serdalls derzeitiges Glück mit einer Zwangsehe zerstören wollte, aus Gründen, die wahrscheinlich nur er wusste. „Hey Dustin“, kam es vom anderen Ende der Leitung. Daniel befand sich gerade auf dem Rückweg von der Uni nach Hause und hatte am Straßenrand gehalten, um das Gespräch anzunehmen. Sein Magen hatte einen kleinen Hüpfer gemacht als er gesehen hatte, wer genau ihn anrief. Zwar war es nicht Serdall persönlich, aber auch Dustin würde ihm neue Informationen geben können. „Wie sieht es aus? Hat Fei sich inzwischen schon etwas beruhigt?“, wollte er wissen. „Eher nicht, Daniel“, erwiderte Dustin finster. „Fei scheint Serdall zu kontrollieren. Er hat ihm jedenfalls sein Handy weggenommen und uns unterbrochen, als wir miteinander reden wollten. Serdall fügt sich ihm. Keine Ahnung warum.“ „Wie, er fügt sich ihm?“ Daniel war bei Dustins Worten fast das Handy aus der Hand gefallen. Sein Puls raste und er konnte das Blut in seinen Ohren pochen hören. „Fei will ihn von mir fernhalten, soviel kann ich mir denken. Und Serdall gibt seinem Bruder gegenüber in dem Aspekt klein bei?“ Seine Stimme war lauter geworden. Er konnte einfach nicht glauben, dass Serdall zurücksteckte. Daniel hätte gedacht, dass er seinem Bruder die Meinung sagen würde und dass dann hoffentlich alles gut wäre. War es vielleicht nur eine Taktik von Serdall, um seinen Bruder zu beruhigen und sobald er abgereist war, würde er Daniel wieder zu sich holen? Dustin seufzte. Wie sollte er Daniel das denn erklären? Er verstand selber kaum, was hier überhaupt ablief. „Naja, er hat eben einfach aufgehört sich mit mir über dich zu unterhalten, nur weil sich Fei zwei Meter von uns entfernt geräuspert hat. Ich hab keinen Schimmer, warum Serdall hier leichenblass und kommentarlos durch die Bude streift, ich weiß nur, dass Fei daran schuld ist. Ich mache mir Sorgen, Daniel“, meinte Dustin leise. Egal wie fies Serdall manchmal war, er war sein Schwager und er fühlte sich immer noch irgendwie ihm gegenüber verantwortlich. In Daniel krampfte sich alles zusammen. Wenn der immer optimistische Dustin sich schon Sorgen machte, musste es wirklich schlimm sein. Er startete den Wagen wieder und fuhr mit einer Hand am Lenkrad und der anderen am Handy Richtung Serdalls Haus. Er musste wenigstens einen Blick riskieren, sonst würde er keine ruhige Minute haben. „Was veranstaltet Fei denn bei euch?“, fragte er perplex. Was war es, dass Serdall derart aus der Bahn werfen konnte? „Was weiß ich? Ich krieg hier selber kaum etwas mit“, zischte Dustin genervt und ließ sich auf sein Bett fallen. „Ich weiß nur, dass definitiv etwas faul ist und du besser nicht herkommen solltest, bis sich die Situation entspannt hat. Schließlich warst du doch der Auslöser dafür, dass Fei überhaupt nach Deutschland gekommen ist, oder nicht?“ Er hatte gehört, wie Daniel den Motor gestartet hatte und hoffte wirklich, dass Daniel jetzt nicht den Wahnsinn beging herzukommen. Langsam glaubte Dustin, dass Serdalls Entscheidung, Daniel wegzuschicken, die Richtige gewesen war. „Ich versuch derweil Serdall mein Handy zuzuspielen, okay? Oder mit ihm irgendwie zu reden oder etwas heraus zu bekommen.“ Daniel ignorierte die Warnung und bog auf eine der letzten Straßen ein. „Ist Serdall gerade in der Nähe?“, fragte er etwas nervös. Ihm war es selbst nicht ganz geheuer, sich jetzt bei Serdall blicken zu lassen, allerdings wäre es für ihn noch schlimmer, wenn er gar nicht wissen würde, was los war. Wenn noch nicht einmal Dustin mitbekam, was zwischen Serdall und seinem Bruder lief, wie sollte Daniel dann überhaupt etwas mitbekommen? Und so ganz ohne Informationen, mit dem neuen Wissen im Hinterkopf, dass Serdall seinem Bruder scheinbar gehorchte, hätte er keine Ruhe mehr. „Er ist unten, wie gestern auch. Ständig bei Fei halt. Ich bekomm ihn nur zu Gesicht, wenn ich runtergehe. Sag mal, wo fährst du jetzt gerade hin?“, fragte er Daniel misstrauisch. Er kannte seinen ehemaligen Schüler doch, besonders seine überstürzte Art in manchen Dingen. „Nach Hause, wohin denn sonst?“, meinte Daniel ausweichend. Diese Aussage war doppeldeutig, da er Serdalls Haus inzwischen mehr als sein Zuhause betrachtete wie die Wohnung, in der seine Mutter mit Charline lebte. „Ich muss jetzt auflegen. Während des Autofahrens telefoniere ich nicht so gern. Ist mir zu unsicher. Melde dich sofort, wenn du neue Informationen hast.“ Daniel legte auf und stoppte das Auto eine Straße vor seinem eigentlichen Ziel. Er wollte nicht sofort gesehen werden. Er stieg aus und ging die letzten Meter zu Fuß. Aus der Ferne sah er schon die griechische Villa und beschleunigte seinen Schritt noch mal. Eine nicht zu identifizierende Angst hatte sich in ihm breit gemacht. Angst um Serdall. Warum kuschte er vor seinem Bruder, wenn er doch zu Anfang gesagt hatte, dass er sich ihm entgegenstellen würde? Zischend sprang Dustin von seinem Bett. „Dieser Vollidiot“, rief er leise und rannte aus seinem Zimmer und die Treppen runter. Er kannte den Kerl doch und er verwettete seine Potenz, dass Daniel gleich an der Tür klingeln würde, wenn er überhaupt an den Bodyguards vorbeikam. Gezwungen ruhig ging er die Treppe zügig hinab und ging normalen Schrittes an der Wohnzimmertür vorbei. Sofort hastete er dann in seine Schuhe, schnappte sich seinen Schlüssel und eilte aus der Tür, um sich in seinen Wagen zu schmeißen und eilig die Einfahrt herauszufahren. Er sah Daniels schwarzen Schopf bedrohlich nah bei ihnen und bretterte auf ihn zu, um mit quietschenden Reifen neben ihm zu halten. „Steig ein“, zischte Dustin ihn durch das offene Fenster an. „Bestimmt nicht“, raunzte Daniel zurück und schritt stramm weiter aus. Dustin fuhr rückwärts vor ihm her. „Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht. Das Einzige, was ich weiß ist, dass Fei Serdall scheinbar irgendwie erpresst. Ansonsten würde er nicht vor seinem Bruder zurückzucken. Und da verlangst du von mir, dass ich ruhig zuhause sitzen bleibe und Däumchen drehe? Das kannst du vergessen!“ Daniels Stimme hallte über die Straße. Er hatte sich in Rage geschrien. Mittlerweile waren sie nur noch drei Häuser von seinem Ziel entfernt. Sofort hielt Dustin seinen Wagen an, stieg aus und griff Daniel hart an der Schulter, stoppte ihn so in seinem Aufmarsch. „Bist du denn komplett bescheuert? Diesmal wir Fei dich bestimmt nicht nur grün und blau schlagen wie beim letzten Mal.“ Wütend zerrte er Daniel zum Auto und verfrachtete ihn auf den Beifahrersitz. Schnell sprintete er auf den Fahrersitz und zog Daniel wieder zurück, als er nach kurzem Zögern wieder aussteigen wollte. „Jetzt reiß dich zusammen!“, schrie Dustin ihn an, verriegelte die Tür und fuhr an und aus der Wohngegend heraus. „Lass mich sofort aussteigen!“, raunzte Daniel ihn aufgebracht an und hatte zuerst seine liebe Mühe, die Verriegelung wieder aufzubekommen. Da fuhren sie jedoch schon so schnell, dass er es sich dann doch nicht traute, einfach rauszuspringen. „Du weißt doch überhaupt nicht, wie es mir geht!“, schrie er jetzt fast in Dustins Ohr und trat wütend gegen das Handschuhfach. „Außerdem wäre es mir scheißegal, ob Fei mich verprügelt, wenn ich bei euch ankomme. Ich will gefälligst wissen, was er mit Serdall macht. Und abknallen wird er mich schon nicht. Würde einige unschöne Fragen aufwerfen, wenn ich tot auf euren Wohnzimmerteppich liege.“ Schnaubend und immer noch mit extrem angestauter Energie rammte Daniel seinen Ellenbogen gegen die Tür, die unschön knallte. „Sag mal, hast du sie noch alle? Das ist die Yakuza!“, schrie Dustin ebenso laut und bretterte nun wütend über eine Landstraße. „Die töten dich und es erfährt kein Schwanz, in welchem Land sie dich verscharren oder an wen sie deine Organe verscherbeln! Glaubst du Serdall ist geholfen wenn du reinplatzt, den Retter spielen willst und Fei dir eine Kugel in den Kopf jagt?“, zischte Dustin wütend und bog auf einen Feldweg ein, auf dem er nun, weit genug von der Stadt entfernt, anhielt. Ruppig zog er die Handbremse an, nachdem er dem Motor ausgestellt hatte und wandte sich Daniel zu. „Reg dich erst mal ab, bevor du Serdall noch Kopf und Kragen kostest!“ Daniel kam langsam wirklich von seinem Trip wieder herunter. Da er seinem Ärger erst einmal Luft gemacht hatte, fühlte er sich nur noch leer und ausgelaugt. „Ich habe Angst um ihn“, flüsterte er und sah mit leicht feuchten Augen aus dem Fenster. „Er hat mir versprochen, dass er Fei die Stirn bietet und mich anruft und nichts ist bislang passiert. Was, wenn er seinem Bruder wirklich nicht nur zum Schein, sondern tatsächlich nachgibt und ich ihn verliere. Was tut Fei ihm an, dass er auf einmal alle seine Prinzipien über Bord schmeißt?“ Dustin strich Daniel mitfühlend durch die Haare. Jetzt, wo er das mit Daniel dermaßen emotional besprochen hatte, kam ihm eine Idee, womit Serdall von seinem Bruder erpresst wurde. Aber es war so absurd, dass er es nicht glauben wollte. „Hat Serdall dir nicht irgendetwas gesagt, gestern? Ich meine, warum hat er dich denn sonst fortgeschickt? Klar, kann dich Fei nach eurer Auseinandersetzung vom letzen Mal nicht leiden, aber diesmal ist es wohl ein Tick extremer oder?“ „Ach, du kennst Serdall doch“, meinte Daniel mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Er macht sich immer viel zu viele Sorgen. Hat etwas davon geredet, dass Fei mich umbringt, wenn er mich sieht und so. Deswegen würde er mich wegschicken. Wobei es mit Fei und mir nicht gut geht, auch wenn wir uns nur sehen. Warum Serdall so dramatisiert, ist für mich wirklich unverständlich.“ Dustin riss die Augen auf. „Und warum glaubst du ihm diesmal nicht?“, zischte er Daniel genervt an. „Schließlich ist Fei skrupellos und ein mehrfacher Mörder, wenn man es so sieht. Ich verstehe langsam, warum Serdall vor Fei den Buckel macht und sich von ihm alles gefallen lässt. Nämlich deinetwegen.“ „Meinetwegen?“, schnaubte Daniel witzlos. Im nächsten Moment allerdings flackerte Erkenntnis in seinen Augen auf. „Meinetwegen…“, hauchte er entsetzt. Hatte Fei Serdall tatsächlich damit gedroht, Daniel umzubringen? Er war in höchstem Maße wütend gewesen. Außerdem konnte er Daniel nicht leiden. Noch dazu würde es alles erklären. Serdall kannte seinen Bruder. Deswegen hatte er auch damit gerechnet, dass er es auf Daniel abgesehen hatte. Er meldete sich nicht, weil Fei ihm mit so ziemlich dem einzigen erpresste, für das Serdall wirklich zugänglich war und das ihm nicht direkt selbst schadete. „Dustin“, fing Daniel schwach an. „Wird Serdall irgendwie erpresst? Was ist bei euch los?“ Dustin seufzte schwer und lehnte sich nun, da die Anspannung von ihm fiel, matt zurück. „Mehr als das, was ich dir schon erzählt habe, kann ich dir auch nicht sagen. Aber ich glaube wirklich, dass Serdall von Fei zu manchem gezwungen wird. Es geht ihm schlecht, Daniel, aber er scheint Zeit schinden zu wollen. Wir müssen abwarten. Eine Hochzeit mit dieser Japanerin geschieht dann doch nicht so schnell wie vielleicht in Las Vegas“, murmelte er und sah Daniel von der Seite her an. „Außerdem musst du Ruhe bewahren. Fei ist wirklich kein Mensch, mit dem man sich einfach anlegen kann. Er ist nun mal ein Krimineller, auch wenn er eigentlich Serdall gegenüber nie gewalttätig geworden ist, bis auf gestern, soweit ich weiß.“ „Was?“, keuchte Daniel erschrocken. Er erinnerte sich daran, dass Dustin ihm das eine Mal am Telefon erzählt hatte, dass Fei jemanden mitgebracht hatte, der das Essen machte und sich um Taki kümmerte, doch er realisierte erst jetzt, wo Dustin ihn mit der Nase darauf stieß, dass es tatsächlich geplant war, dass Serdall diese Frau heiratete. Davor hatte Daniel zwar auch schon kurz daran gedacht, doch nie im Leben damit gerechnet, dass an diesen Plan von Fei auch nur mehr als ein amüsierter Gedanke verschwendet wurde. Sein Magen drehte sich um. Wenn Serdall sich schon davon abbringen ließ sein Versprechen zu halten oder ihn zu sehen, dann würde Fei mit seinem Zwangsmittel garantiert auch dafür sorgen können, dass Serdall zumindest über diese Hochzeit nachdachte. Und wenn Daniel richtig lag und Fei seinem Bruder tatsächlich mit Daniels Tod drohte, dann war es durchaus wahrscheinlich, dass Serdall diese Hochzeit auch durchführen würde. Denn nichts wäre ihm wichtiger, als dass Daniel am Leben blieb. Daniel selbst würde ja auch nicht anders handeln. Schwer nach Atem ringend versuchte Daniel ruhig zu bleiben. Er wäre gerade wieder in der Lage aus Dustins Auto zu springen und den gesamten Weg bis zu Serdalls Haus zu hetzen, doch damit wäre keinem geholfen. Er musste sich einen Ausweg überlegen. „Sie dürfen nicht heiraten“, hauchte er mit aufgerissenen Augen. „Fei wird dafür sorgen, dass sie es tun. Irgendwie muss ich ihn davon abhalten. Vielleicht kann ich ihm irgendwas anbieten.“ „Und was?“, fragte Dustin zweifelnd. „Ich glaube nicht, dass du ihm irgendetwas geben könntest, was er nicht schon hätte. Wir müssen irgendwie mit Serdall reden. Dann sehen wir weiter. Jedenfalls können wir nicht zulassen, dass Fei ihn und dich auseinander bringt.“ Fahrig strich sich Dustin durch die kurzen, blonden Haare. Er hatte keine Ahnung, wie sie das hinbiegen sollten. Fei war unberechenbar. Genauso wie Serdall es teilweise mit seinen wirren Gedankengängen war, schien Fei diese Eigenschaft in seinen Handlungen zu zeigen. Wer hätte denn je geahnt, dass Fei wirklich solche Mittel zum Einsatz brachte, nur um seinen Bruder zu kontrollieren? Dass er überhaupt Serdall kontrollieren wollte, war schon eine Wucht. Dabei hatten sich Serdall und Fei immer gut verstanden, ganz ohne die Yakuza-Hierarchie. Beruhigend griff Dustin nach einer von Daniels zitternden Händen und umschloss sie fest. „Wir machen das schon irgendwie, Dan“, meinte er leise und strich Daniel über eine vor Aufregung gerötete Wange. „Und wie?“, fragte Daniel schwach. Er musste mehrmals an dem Klos schlucken, der sich in seinem Hals gebildet hatte. Die Situation war aussichtslos. „Noch nicht einmal du schaffst es gerade mit Serdall zu sprechen und du wohnst mit ihm im Gegensatz zu mir noch in einem Haus. Ich kann nicht zu euch kommen, ohne womöglich mein Leben zu riskieren, so wie Fei momentan drauf zu sein scheint und telefonisch kann ich ihn auch nicht erreichen. Außerdem habe ich wirklich nichts, womit ich Fei überzeugen könnte, wieder zurück nach Japan zu gehen und mich und Serdall in Ruhe zu lassen.“ Krampfhaft biss sich Daniel auf die Lippe, doch er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, die sich den Weg über seine Wangen bahnten. Zum ersten Mal hatte er vollständig begriffen, dass Fei gerade derjenige war, der das Zepter in der Hand hielt und der nicht eher gehen würde, bis Serdall sich von Daniel gelöst hatte und erneut verheiratet war. Himmel. Dustin fragte sich wirklich, warum es gerade Daniel und Serdall traf. Warum sie nicht einfach glücklich sein konnten. Tröstlich schlang er die Arme um Daniel und zog ihn in eine Umarmung. „Ich verspreche dir, ich werde Serdall schon irgendwie eine Möglichkeit einräumen, um mit dir zu reden und wir werden sehen, ob Serdall Fei nicht doch noch davon überzeugen kann, euch in Ruhe zu lassen“, flüsterte Dustin an Daniels Ohr und streichelte ihm über den Kopf. „Serdall will vielleicht erst mal warten bis sich Fei beruhigt hat, um dann vernünftig mit ihm zu reden. Das letzte Gespräch scheint wohl eskaliert zu sein, sonst hätte Fei Serdall nicht geschlagen. Du musst jetzt stark sein, okay, Dan? Für Serdall“, meinte Dustin leise und klopfte sich gedanklich auf die Schulter. Normalerweise war er im Trösten nicht sonderlich gut. Jemanden auf andere Gedanken zu bringen war da einfacher, als ihm gut zuzusprechen. Aber mit dem Alter kam wohl die Reife… Dustin seufzte bei dem Gedanken daran schwer, dass er im Januar neunundzwanzig Jahre alt wurde. Wo war nur die Zeit geblieben? „Du hast ja recht“, meinte Daniel und wischte sich entschlossen die Tränen aus dem Gesicht. „Es ist nur so schwer zu wissen, dass ich nichts Anderen tun kann, als dumm herumzusitzen und zu warten, während Serdall gegen seinen Bruder um unsere Beziehung kämpft.“ Kurz schwieg er. Dann hob Daniel den Kopf und sah Dustin mit noch leicht glasigen Augen an. „Fährst du mich gleich nach Hause? Ich fühle mich gerade nicht in der Lage, noch mal so nahe zu Serdall zu fahren und mich dann wieder von ihm zu entfernen, ohne ihn gesehen zu haben.“ Dustin nickte. Daniel war mit den Nerven am Ende, das wusste und sah er. „Ja, kein Problem“, murmelte er, küsste Daniel auf die Stirn und strich ihm noch einmal durch die Haare, ehe er sich wieder richtig hinsetzte. Er wendete geschickt und fuhr zurück auf die Landstraße. Während der Fahrt sah er immer wieder besorgt zu Daniel, der seinen Kopf stillschweigend an das Fenster lehnte und die vorbeiziehende Landschaft wohl kaum wahrnahm. Es musste richtig hart für ihn sein, wieder diese Angst fühlen zu müssen, Serdall zu verlieren. Unwillkürlich grub Dustin seine Finger stärker als nötig ins Lenkrad. Diese Situation ärgerte ihn. Serdall hatte es endlich komplett aus seinem Sumpf von damals heraus geschafft und nun kam der nächste Tiefschlag. Wie lange hielt sein Schwager das überhaupt aus? Ende Kapitel 3 Kapitel 4: ----------- Kapitel 2 Minuten später hielt Dustin vor dem Wohnblock, in dem Daniels Mutter wohnte. Daniel wachte aus seiner Art Trance erst auf, als Dustin den Wagen etwas härter als nötig vor der Wohnung zum Stehen brachte. Er blinzelte ein paar Mal und fokussierte seinen Blick wieder auf Dustin. „Danke“, murmelte er. „Wenn du Serdalls Auto noch zu euch auf den Hof fahren würdest, wäre ich dir mehr als dankbar. Auch, wenn er etwas anderes behaupten würde, es wäre schon schade um das teure Stück.“ Er ließ ein ziemlich schiefes Lächeln sehen und legte dann nach Dustins bestätigendem Nicken den Schlüssel auf die Ablage. „Ruf mich bitte sofort an, wenn du kannst und irgendwas Neues weißt. Egal, was es ist“, bat er und stieg aus. Ohne noch einmal zurückzublicken ging er ins Haus und die Treppen hinauf zu ihrer Wohnung. Daniel war froh, dass gerade keiner da war. Er lief in sein umgebautes, altes Zimmer und ließ sich auf Charlines Couch nieder. Seufzend schlang er die Bettdecke um seine Schultern und starrte dumpf an die Wand. Eigentlich hätte er gedacht, dass seine Gedanken Achterbahn fahren müssten, doch irgendwie war da nichts. Einfach vollkommene Leere. Eine Zeit lang blieb Daniel noch so sitzen, dann glitt er an der Lehne hinab in eine liegende Position und rollte sich zusammen. Aus einem Impuls heraus schloss er die Augen und fiel gnädiger Weise in einen leichten Schlaf, obwohl es immer noch mitten am Tag war. Dustin fuhr zurück. Die ganze Zeit über wälzte er seine Gedanken hin und her. Es musste einen Weg geben, es gab schließlich immer einen Weg. Aber das Ziel war diesmal bedeutend schwerer zu erreichen. Fei war mächtig, besonders durch seine skrupellose Art, Serdall mit Daniels Tod zu drohen. Dustin bezweifelte nicht, dass er diese Drohung nicht auch in die Tat umsetzen würde, wenn Serdall nicht gehorchte. Sie mussten also einen Weg finden, um Fei zu beruhigen, ihm klar zu machen, wie wichtig Daniel für Serdall war. Aber wie sollten sie das schaffen, wenn es Serdall selbst nicht einmal konnte? Seufzend blinkte er und bog in die Einfahrt vor ihrem Haus. Den Bodyguards in Feis weißem Wagen ein anzügliches Zwinkern schenkend, ging Dustin zurück und holte nun auch noch Serdalls Wagen und fuhr ihn neben seinen eigenen, ehe er zurück ins Haus ging. Es brannte in ihm mit Serdall zu sprechen, aber Fei war ständig um ihn herum. Serdall hatte mitbekommen, wie Dustin seinen Wagenschlüssel an das Brett im Flur gehangen hatte und warf ihm nun verwirrte Blicke zu, doch die Gelegenheit, sich mit ihm zu unterhalten, schien sich im Moment nicht zu ergeben. Yoshiko betrachtete die beiden skeptisch. Sie schienen dringend reden zu wollen, doch Fei erstickte jedes Gespräch zwischen ihnen schon im Keim, da er wohl ahnte, dass Dustin noch Kontakt zu Daniel hatte. Immerhin konnte er ihm nicht verbieten zu telefonieren und das Handy abnehmen. Durch seine Stelle als Lehrer musste Dustin immer erreichbar sein und es würde auffallen, wenn er plötzlich ganz von der Außenwelt abgeschnitten wäre. Fieberhaft überlegte Yoshiko, wie sie den beiden ermöglichen könnte miteinander zu sprechen, während sie Fei und Serdall den selbstgebackenen Kuchen servierte. Seit sie erfahren hatte was genau hier gespielt wurde, hielt der innerliche Zwang sie umklammert, das erste Mal in ihrem Leben einem direkten Befehl ihres Vaters nicht Folge zu leisten. Nicht, wenn sie wusste, auf welchem Unglück er sich gründete. Vielleicht konnte sie nicht offen rebellieren, wenn sie die daraus folgenden Konsequenzen nicht erdulden wollte, aber sie könnte es im Verborgenen tun. Umsichtig nahm sie die Teekanne und ging damit auf Fei zu, um ihm eine Tasse einzuschenken. Kurz, bevor sie bei ihm angekommen war tat sie so, als würde sie stolpern und verschüttete etwas von dem heißen Getränk über seinen Schoß. Gespielt erschrocken schrie sie auf, stellte die Kanne auf den Tisch und fiel vor ihm auf die Knie, um sich den Schaden genauer betrachten. „Das tut mir leid“, rief sie entsetzt und griff nach einer Serviette. Fei hielt allerdings ihre Hand noch in der Bewegung fest und stand auf. Mit einer kurzen Entschuldigung, dass er sich umziehen müsse, verließ er das Wohnzimmer und ging nach oben. Yoshiko lächelte grimmig bei dem Gedanken, dass er ihr mehr vertraute als seinem eigenen Bruder und dachte, dass in ihrer Anwesenheit keine Gespräche stattfanden. Sie warf Serdall und Dustin, der noch immer im Türrahmen stand, einen bedeutsamen Blick zu und verschwand in der Küche. Serdall nutzte die Gelegenheit und ging sofort auf Dustin zu, der ihm schon entgegenkam. „Du hast Daniel getroffen, nicht wahr?“, fragte Serdall nervös und sah Dustin hoffnungsvoll in die Augen. „Ja, ich habe versucht ihn ein wenig aufzuklären. Aber jetzt musst du mir sagen, was hier läuft“, flüsterte Dustin ihm zu. Er vertraute dieser Japanerin nicht, obwohl sie ihnen augenscheinlich gerade sehr geholfen hatte. „Fei hat sich in den Kopf gesetzt, mich wieder vernünftig werden zu lassen.“ Bei Dustins nicht verstehendem Blick, fuhr Serdall gehetzt fort. „Das Übliche, mich verheiraten und die japanische Ordnung herstellen“, zischte er weiter. Immer wieder ließ er seinen Blick zur Tür gleiten, in der Angst, dass Fei jeden Moment wiederkommen könnte. „Du musst Daniel sagen, dass er sich nicht mehr hier blicken lassen darf. Fei tötet ihn, wenn er ihn sieht.“ Serdall griff nach Dustins Unterarm und sah ihn ernst an. Dustin schluckte an den Klos in seinem Hals. Seine Vermutung war also richtig. Serdall wurde erpresst. „Was willst du jetzt tun?“, zischte Dustin ihn an. „Warten. Was anderes bleibt mir nicht übrig. Ich kann nichts tun, sonst würde ich Daniels Leben riskieren“, flüsterte Serdall leidlich und seine Augen wurden leicht feucht. Aus einem Impuls heraus nahm Dustin ihn in die Arme. Sein Schwager versuchte stark zu sein, aber Dustin war klar, dass er das nicht lange aushalten würde. Er hing viel zu sehr an Daniel, als dass er es durchstehen könnte, auf ewig von ihm getrennt zu sein. Serdall klammerte sich kurzzeitig an Dustin. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er zitterte. „Ich muss mit ihm reden, Dustin“, hauchte er kraftlos und sein Schwager nickte. Er griff in seine Hosentasche und zog sein Handy heraus. „Hier“, murmelte er. „Steck es dir am besten in den Strumpf oder so, damit Fei es nicht sehen kann und telefoniere heute Abend mit Daniel.“ Serdall tat das Handy schnell in seine Socke, als er Schritte auf der Treppe vernahm. „Los ab“, fauchte Serdall. „Wenn er uns so sieht, wird er kurzen Prozess machen.“ Dustin nickte und ging Fei entgegen, während Serdall eilig in die Küche hinüberwechselte. Sein Herz pumpte wie wild. Er konnte es kaum abwarten wieder mit Daniel zu reden. Er musste sich zu einem neutralen Gesichtsausdruck zwingen, als Fei schon in der Tür stand. Es fiel ihm jedoch nicht schwer, seinen Bruder hasserfüllt anzublicken. All dieser Mist, nur weil Fei sein Leben nicht passte. Es weckte den Kampfgeist in Serdall. Er war nicht allein hier. Dustin half ihm, Daniel würde warten und… Serdall sah zu Yoshiko, die unschuldig das Abendessen vorbereitete. Sie wusste er nicht einzuschätzen. In Gedanken versunken schnitt Yoshiko eine Paprika auf, um damit die Wurstplatte zu dekorieren. Sie hatte keine Ahnung, über was Serdall und Dustin gesprochen hatten, es ging sie in erster Linie auch nichts an, aber es schien wichtig gewesen zu sein. Außerdem schien es Serdall auch etwas besser zu gehen. Scheinbar war Daniel Teil ihrer Unterhaltung gewesen. Inwiefern, darüber würde sie nur spekulieren können. Allerdings, je weniger sie wusste, desto weniger konnte sie Fei sagen, falls er auf die Idee kommen sollte, sie befragen zu müssen. Sie folgte Serdall mit den Augen, als er sich irgendwann von der Theke abstieß, wo er ein Glas Wasser getrunken hatte, und in Richtung Wohnzimmer ging. Entschlossenen Blickes ging Serdall zum Regal, auf dem sein Geigenkoffer ruhte. Er schenkte Fei ein verachtendes Lächeln, als er seine Violine herausnahm und sie sich graziös auf die Schulter legte. Er würde es schon irgendwie schaffen, Fei wieder zu vertreiben. Serdall wollte ihm zeigen, dass er es sich nicht gefallen ließ, sich aber fügen musste. Fei setzte schließlich unfaire Mittel ein und Serdall würde seinem Bruder zeigen, was er davon hielt. Die Augen schließend setzte Serdall den Bogen an und begann eine kraftvolle Melodie anzuspielen, die ihn seine Umgebung ausblenden ließ. Angst und Wut hielten sich in den Tönen die Waage und machten dieses Lied so schrecklich leidenschaftlich, dass es Serdall selbst erbeben ließ. Er funkelte Fei an, als er zu der Passage kam, die alle seine Gefühle ihm gegenüber wiederspiegelte. Sein Bruder stand still im Türrahmen und sah ihm dabei zu, wie er spielte. Er presste die Lippen fest aufeinander, als Serdall ihn so ansah. Er spürte regelrecht den Zorn, den Serdall in sich schürte, doch er beherrschte sich. Seine Entscheidung war die Richtige, das würde Serdall noch einsehen. Wie in Trance schloss Serdall wieder seine Augen. Er wollte sich in diesem Lied fallen lassen, Kraft schöpfen, so wie er es schon lange nicht mehr getan hatte. Ohne Daniel war dies die einzige Möglichkeit, um sein Innerstes zu beruhigen und es wirkte im Moment wahre Wunder. Fei wandte sich leise knurrend ab. Er konnte seinem Bruder die Geige nicht verbieten, da sie nun mal schon immer zu ihm gehört hatte und Serdall nutzte dies schamlos aus, um ihn nun zu verhöhnen. Die Hände zu Fäusten geballt ging Fei in die Küche und versuchte nicht zu sehr den Geigenklängen zu lauschen, die aggressiv bis hierher drangen. Sollte Serdall sich doch austoben, er würde Yoshiko dennoch heiraten. Etwas erstaunt sah Yoshiko auf, als Fei hereinkam. „Das Essen wir noch ein wenig dauern. Vor allem gab es ja auch gerade erst Kuchen“, meinte sie und legte das Messer zur Seite, um ihre Aufmerksamkeit voll und ganz Fei zu widmen. Im Stillen bewunderte sie Serdall für sein Können an der Geige. Es hielt sich beständig auch in Japan das Gerücht, dass der Bruder des Oyabun ein Wundertalent an diesem Instrument war und deswegen in erster Linie in Deutschland wohnte, weil dort schon im Kindesalter seine Ausbildung gefördert werden sollte, aber es nur aus Erzählungen zu hören und jetzt richtig, war schon ein großer Unterschied. Sie schauderte bei den Emotionen, die in den Tönen mitschwangen. Serdall schien gerade wirklich nicht gut auf seinen Bruder zu sprechen sein. „Nimm deine Arbeit wieder auf, Yoshiko. Ich will Serdall diesmal seinen Freiraum lassen“, sagte Fei fest und ließ sich von ihr Tee in eine neue Tasse einschenken. „Er scheint immer noch sehr aufgebracht zu sein, aber seine Wut wird irgendwann verlöschen.“ Er lehnte sich zurück und nippte von seinem Tee, während er Yoshiko beobachtete. „Serdall ist meisterhaft, nicht wahr?“, lobte er seinen Bruder. Es war faszinierend, wie Serdall sich in der Musik gehen lassen konnte. „Dieser Daniel würde sein Talent nur negativ beeinflussen“, meinte er leise. Yoshiko schien in seinen Augen eine sehr intelligente Frau zu sein, vielleicht etwas zu weltoffen, das würde sich jedoch nach dem ersten Kind von Serdall hoffentlich legen. Fei rechnete fest damit, einen zweiten Neffen zu bekommen. Vielleicht würde er Serdall nach der Hochzeit auch mit nach Japan nehmen. Er hielt es für bedenklich, ihn wieder hier allein zu lassen und viel zu viel Freiraum zu gewähren. „Haben Sie ihn schon spielen hören, während er mit Daniel zusammen war?“, fragte Yoshiko vorsichtig. „Vielleicht ändert sich Serdalls Art zu spielen durch ihn, allerdings zum Positiven?“ Konzentriert schnitzte sie eine Mohrrübe zu einer filigranen Rose. Nachdrücklich schüttelte Fei den Kopf. „Yoshiko, du solltest diesen Daniel nicht versuchen zu schützen. Es ist schlecht, was Serdall und Daniel getan haben. Mein Bruder hat mich wegen ihm belogen, unsere brüderliche Beziehung litt wegen diesem Mann und ich als Oyabun kann dies nicht dulden. Eigentlich müsste ich den Weg des Yakuzagebotes gehen, denn Serdall hat sein Gesicht mir gegenüber verloren. Ich bin jedoch so gnädig und erspare ihm das Tantō. Du verstehst hoffentlich, warum.“ „Mit einer Fingerkuppe weniger lässt sich nicht sehr gut Geige spielen“, antwortete Yoshiko kühl. „Und ich versuche nicht, Daniel zu schützen, sondern ich versuche die Tatsachen so zu beleuchten, wie sie sind.“ Sie wusste, dass sie sich momentan auf ziemlich dünnem Eis bewegte, allerdings war sie einfach nur über die Tatsache schockiert, wie engstirnig der Oyabun war, wenn man auf seinen Bruder zu sprechen kam. Er versuchte noch nicht einmal sich ein Bild über Serdalls Beziehung zu Daniel zu machen, sondern verurteilte ihn von vorneherein, auch wenn er sah, wie sehr Serdall darunter litt. Feis Gestalt nahm nun wieder eine ernsthafte Haltung an. Mit abschätzigem Blick griff er hart nach Yoshikos Kinn und zwang sie, in seine emotionslosen Augen zu sehen. „Yoshiko“, sagte er ruhig und sein Griff wurde fester, „zweifelst du an meinem Urteil?“ „Nein, natürlich nicht“, meinte sie schnell und senkte ihre Augen. Sie versuchte sich nicht anmerkten zu lassen, wie sehr sie dieser plötzliche Ausraster erschrocken hatte. „Meine Gefühle sind wohl mit mir durchgegangen. Entschuldigen Sie meine emotionale Art.“ Schaudernd stellte sie fest, dass der Oyabun auf dieses Thema nicht sehr gut zu sprechen war und schnell aus der Haut fuhr. Sie musste in nächster Zeit aufpassen, was sie von sich gab, wenn sie sein Vertrauen behalten, Serdall helfen und sich selbst nicht schaden wollte. Mit einem Ruck ließ Fei sie los. „Lass dich nicht zu sehr von deinen Gefühlen leiten. Wie du an Serdall siehst, bringen sie nichts Gutes, wenn du dich von ihnen beherrschen lässt“, riet er ihr und lehnte sich wieder zurück. Argwöhnisch sah er sie an. Yoshiko war in seinen Augen viel zu neutral. „Du solltest dich mehr um Serdall bemühen, anstatt zu versuchen ihn zu verstehen. Eure Hochzeit liegt nicht mehr in weiter Ferne und ich möchte, dass du ihn auf andere Gedanken bringst. Er soll Daniel auf ewig vergessen.“ „Natürlich“, erwiderte Yoshiko gehorsam und verbeugte sich kurz vor Fei. Sie würde es ihm nicht sagen, aber sie hatte nicht mehr vor Serdall zu verführen oder ähnliches. Vielleicht wollte sie das bei ihrer Ankunft hier tun, dann allerdings auch nur, weil sie noch nicht von den Umständen wusste, die hinter der geplanten Hochzeit standen. Jetzt aber war sie eher auf dem Weg, dass sie Serdall helfen wollte, wenn auch nur aus dem Hintergrund. Yoshiko nahm wieder ihr Messer auf, das vorhin aus Schreck auf ihren Schoß gefallen war, und schnitzte die nächste Mohrrübe. Vielleicht würde es nützlich sein, wenn sie sich ab jetzt in Serdalls Zimmer einquartierte, damit alle wenigstens dachten, dass sie die Befehle des Oyabun befolgte. Sie würde mit Serdall darüber sprechen müssen, wenn er überhaupt mit ihr reden würde. Er mochte sie scheinbar nicht, wohl einfach aus dem Grund, weil sie Teil des Plans seines Bruders war. Serdall endete erst mit seinem Geigenspiel, als man ihn zum Essen rief. Seufzend legte er sein Instrument zurück und betrachtete es kurz, als es auf dem roten Samt im Geigenkoffer lag. Liebevoll strich er über den Holzkörper. Seine Finger kribbelten noch von den Saiten und sein Körper fühlte sich erholt. So würde er vielleicht die Nacht besser überstehen. Kimba und Mücke kamen mit Taki die Treppen herunter. Sie waren wahrscheinlich nach oben geflüchtet, als Serdall mit seinem Lied begonnen hatte. Lächelnd nahm Serdall seinen Sohn auf den Arm und ging mit ihm in die Küche. Sie setzen sich an den Tisch. Plötzlich zupfte sein Sohn an seinem Arm. „Papa, wo ist Dan?“, fragte er mit traurigen Augen und Serdall warf einen kurzen Blick auf Fei, der sich augenblicklich anspannte. Taki darfst du nichts verbieten, dachte Serdall gehässig. Serdall würde Fei wohl eigenhändig erwürgen, wenn er seinem Sohn auch noch irgendwie drohen würde. „Er ist zu Hause“, meinte Serdall und strich Taki durch die Haare. „Aber das ist doch hier!“, erboste sich Taki leise und sah verständnislos in die Runde. „Wann kommt Dan wieder?“, fragte er weiter und sah seinen Vater ernst an. „Das weiß ich nicht“, flüsterte Serdall traurig und sah Fei kurz offen in die Augen. Er wollte, dass sein Bruder wusste, was er im Inbegriff war zu zerstören. „Wieso weißt du das nicht? Ich will, dass Dan wiederkommt!“, rief Taki aufgebracht und klammerte seine kleine Hand in Serdalls Hemd. Serdall umarmte Taki fest. „Dan wird wiederkommen. Bald, Taki“, flüsterte er ihm, unhörbar für Fei, ins Ohr. „Du musst jetzt artig sein, ja?“ Verständnislos sah Taki ihn aus großen, wasserblauen Augen an. Er nickte jedoch im nächsten Moment, als Serdall ihm ernst in die Augen sah und einmal mit beiden Augen zwinkerte. Ihre kleine Geheimsprache lebte immer noch und Serdall war froh, dass er dies nicht schleifen lassen hatte. Nach dem Essen stand er sogleich auf und nahm Taki bei der Hand. „Lass uns noch ein bisschen was in deinem Zimmer spielen, ja?“, sagte er zu seinem Sohn und fühlte den argwöhnischen Blick von Fei auf sich. Fei nickte zu Yoshiko, um ihr zu bedeuten, Serdall zu folgen. Sie stand auf und ging ebenfalls nach oben, doch zog sie es vor, in Serdalls Zimmer zu warten, statt ihn und seinen Sohn zu begleiten. Etwas Privatsphäre ohne das wachsame Auge seines Bruders sollte Serdall auch gegönnt sein. Ziellos ging Yoshiko durch Serdalls Zimmer und nahm das erste Mal den Raum wirklich wahr. Er war schön eingerichtet, sodass man sich hier schnell wohl fühlen konnte. Sie lenkte ihre Schritte zur Kommode, auf der einige Bilder standen. Die einen zeigten Serdall mit einer Frau. Wahrscheinlich seiner Frau. Die Gerüchte, die Yoshiko gehört hatte, besagten, dass er mal verheiratet gewesen war, seine Frau allerdings verunglückt war. Der Großteil der Bilder zeigte allerdings einen anderen jungen Mann. Das musste wohl Daniel sein. Neugierig nahm sie einen der vielen Rahmen auf und betrachtete sich das Bild genauer. Daniel strahlte eine Unbekümmertheit und Lebensmut aus, der Yoshiko neidisch werden ließ. Sie hatte sich auch immer gewünscht, einfach nach ihren Vorstellungen leben zu können. Zumindest auf dem Bild machte Daniel so einen netten Eindruck, dass sie verstehen konnte, wie Serdall sich zu ihm hingezogen fühlen konnte. Währenddessen spielte Serdall mit Taki Schach. Sein Sohn hatte das Spiel der Könige für sich als neues Hobby entdeckt. Serdall musste sich auch eingestehen, das Taki mit seinen acht Jahren wirklich außerordentlich gut logisch denken konnte. Besonders Takis Mathelehrer lobte ihn in höchsten Tönen. Zurzeit stand auch die Debatte, ob Taki vielleicht die dritte Klasse überspringen und gleich in die vierte gehen sollte, so wie einst Serdall auch eine Klasse übersprungen hatte, doch Taki wollte schlicht und ergreifend nicht. Schließlich waren alle seine Freunde in seinem Jahrgang und Serdall würde ihn zu nichts zwingen, was ihn vielleicht unglücklich machen würde. In seiner Unachtsamkeit setzte Taki Serdalls König ins Schach und gewann wenige Züge später. „Papa, du hast dich gar nicht angestrengt“, schimpfte Taki, doch er lächelte kurz darauf stolz auf sich selbst. „Du wirst halt immer besser, Taki“, lobte Serdall und strich seinem Sohn die schwarzen Locken aus der Stirn. „Bald verliere ich nur noch gegen dich“, prophezeite Serdall und Taki lachte vergnügt. Der Blick des Violinisten glitt zur Uhr, die kurz nach neun zeigte. Hatten sie wirklich so lange gespielt? Nun, sie hatten auch ziemlich lange am Esstisch gesessen, bis sie nach oben gegangen waren, doch die Zeit war doch viel zu schnell vergangen. „Taki, mach dich bettfertig, ich räume solang das Schachbrett weg“, wies Serdall seinen Sohn an und Taki eilte ohne zu murren los. Wenig später deckte Serdall Taki noch zu und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Gute Nacht, kleiner Schachkönig“, feixte Serdall und Taki kicherte vergnügt, ehe er „Nacht, Papa“ sagte. Seufzend wechselte Serdall in sein Zimmer. Langsam wurde es Zeit, dass er Daniel anrief. Er stockte jedoch in seiner Zimmertür, als er Yoshiko am Fenster stehen sah. „Willst du jetzt die gleiche Show wie gestern abziehen?“, zischte Serdall sie an. Wenn sie hier war, konnte er nicht in Ruhe mit Daniel telefonieren. Außerdem hatte Fei sie sicher hergeschickt. Kurzum, Serdall traute ihr nicht, auch wenn sie ihm vielleicht geholfen hatte. Wer sagte ihm denn, dass es nicht nur ein abgekartetes Spiel war, das Yoshiko hier in Feis Namen spielte? „Nicht wirklich“, antwortete Yoshiko schlicht und drehte sich um. „Allerdings erwartet dein Bruder von mir, dass ich den Pflichten als deine baldige Ehefrau schon jetzt nachkomme und dich damit auch von Daniel ablenke, sodass du ihn möglichst schnell vergisst. Ich dachte, es wäre nicht das Schlechteste, ihn in diesem Glauben zu lassen.“ Serdall fluchte leise, schloss die Tür hinter sich und verschränkte die Arme barrikadenartig. „Ach“, zischte er argwöhnisch und legte den Kopf schief, ehe er auf sie zuging. „Was glaubst du denn, was du hier abziehen willst?“, fragte er sie. Seine blaugrünen Augen sahen abweisend in ihre. „Denkst du, ich würde dir glauben, dass du dem Oyabun“, er sprach diesen Titel verächtlich aus, „etwas verheimlichst?“ „Dir sollte bewusst sein, dass ich ihm schon einiges verheimliche“, erwiderte sie kalt und starrte stur zurück. „Es ist deine Entscheidung, ob du mir vertraust oder nicht, aber viele Leute, die in der Lage sind, dir wenigstens etwas zu helfen, bleiben dir nicht mehr. Außerdem sehe ich nichts Negatives daran, wenn du mich mit hier schlafen lässt. Ich nehme zur Not auch den Boden. Die Tür solltest du abschließen, damit niemand reinsehen kann.“ Serdall lachte emotionslos auf, ging noch näher an sie heran, sodass er ihren ruhigen Atem auf seinem Gesicht fühlen konnte. Er lächelte bedrohlich falsch. Was glaubte diese Frau? Dass er sich ihr dankend in die Arme werfen würde? Alles, was er wollte, war endlich wieder Daniels Stimme zu hören und sich nicht mit dieser Frau auseinandersetzen zu müssen. „Du solltest nicht versuchen rebellisch zu sein“, hauchte Serdall leise hämisch griff sich maliziös lächelnd eine ihrer schwarzen Haarsträhnen. „Du siehst doch, wohin das führt.“ Er ließ wieder von ihr ab und legte den Kopf schief. „Ich traue dir nicht. Für mich steht mehr als mein eigenes Leben auf dem Spiel und ich werde mir meine Möglichkeiten nicht verbauen, indem ich dich ins Zimmer lasse. Schläfst du hier, tue ich es ganz sicher nicht.“ Er wandte sich von ihr ab und öffnete die Balkontür, um die kühle Nachtluft für einen Moment durch das Zimmer ziehen zu lassen, während er unbestimmt hinaus sah. Es regnete leicht und es roch feucht. Fei würde ihn nicht mürbe machen. Nicht sein eigener Bruder. Und Yoshiko würde er eigenhändig aus dem Fenster werfen, wenn sie darauf bestand in dem Bett zu schlafen, in dem er mit Daniel immer geschlafen hatte. Wie viel wollte man ihm hier noch nehmen? Vielleicht sollte er zu den gleichen Mitteln greifen wie Fei? Würde er eben Yoshiko töten, dann wäre Fei erst einmal ruhig gestellt. Serdall schüttelte den Kopf. Dies könnte eine Kettenreaktion auslösen. Yoshikos Familie war in der Yakuza höchstwahrscheinlich einflussreich und eine Racheaktion wäre nicht ausgeschlossen. Sein Leben lang fliehen wollte er auch nicht. Genervt trat Serdall gegen den Türrahmen, ehe er sich umwandte. Was blieb ihm nur? Er musste mit Fei noch einmal reden. Gleich morgen. Vielleicht steckte in Fei dann nicht nur der Oyabun, sondern auch sein sich wirklich sorgender Bruder. Das erste Mal doch etwas ratlos beobachtete Yoshiko Serdall auf dem Balkon. Er schien es tatsächlich ernst zu meinen, dass er nicht mit ihr in einem Raum schlafen wollte. Sie fragte sich, was in den Augen des Oyabun schlimmer wäre, wenn sie vermeintlich unverrichteter Dinge in ihrem eigenen Zimmer schlafen würde oder wenn sie hier übernachtete, Serdall aber auf irgendeiner Couch. Es wäre beides nicht sehr vorteilhaft. Sie straffte sich wieder. Serdall vertraute ihr also nicht. Schön, dann mussten sie halt miteinander reden und sie ihm klarmachen, dass er ihr vertrauen konnte. Yoshiko hatte gehofft, dass es durch ihre Taten klar geworden wäre, denn immerhin stellte sich kein Mensch, der nicht einen vernünftigen Grund hatte, freiwillig gegen den Oyabun, aber scheinbar verschenkte Serdall sein Vertrauen nicht leichtfertig. Verständlich, wenn man bedachte, aus welcher Familie er kam. Yoshiko trat auf ihn zu. „Was muss ich tun, um dir zumindest zu beweisen, dass es nichts Nachteiliges hätte, mich hier schlafen zu lassen“, versuchte sie es auf von hinten herum. Serdall schnaubte genervt. „Ich will keine Kostproben deines Könnens“, zischte er sie an. „Dieses Zimmer ist Daniels und mein Reich“, meinte er leiser und sah ihr traurig in die Augen. „Warst du überhaupt jemals richtig verliebt?“, fragte er sie und legte den Kopf schief. Es war nicht so, dass Serdall sich wirklich mit ihr anfreunden wollte, er wollte ihr einfach erklären, warum es nicht ging, dass sie hier blieb, auch wenn Fei sauer werden würde. Noch waren sie nicht verheiratet und wenn alles gut ging, würde Serdall Yoshiko nie heiraten. „Nein“, erwiderte Yoshiko knapp und versuchte den wehmütigen Ausdruck in ihren Augen zu verbergen, indem sie den Blick durch den Raum schweifen ließ. „Allerdings geht es gerade nicht in erster Linie um mich, sondern um dich und in gewisser Hinsicht auch um Daniel“, fügte sie hinzu, als sie sich wieder gefangen hatte. „Ich habe gewiss nicht vor, dir eine Kostprobe meines Könnens zu geben, von dem ich noch nicht einmal weiß, ob es tatsächlich vorhanden ist. Ich spielte eigentlich darauf an was ich tun muss, damit du mir nicht mehr derart misstraust.“ Serdalls linke Augenbraue wanderte flüchtig in die Höhe. „Ich versuche dir zu erklären, warum ich dir ein solches Misstrauen entgegenbringen muss, Yoshiko“, sagte Serdall ernst und beobachtete sie von der Seite her. „Daniel und ich hatten, bevor wir überhaupt zusammengekommen sind, eine schwere Zeit miteinander, doch“, er trat vor sie, legte einen Finger unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen, „daran war mitunter ich schuld. Weil ich ihm nicht getraut habe und auch, weil es eine Umstellung war, mir klar zu werden, dass ich mich in einen Mann verliebte. Schlussendlich, als ich mit ihm zusammen war, gab es immer noch Probleme, die wir aber mittlerweile überwunden haben. Was ich dir aber eigentlich sagen will, mit jedem Tag, den ich mit ihm verbracht habe, liebte ich ihn mehr.“ Serdall seufzte leise, als Yoshiko den Blick senkte. „Sieh mich an“, zischte er ihr zu und sie tat es. „Ich kann nicht ohne ihn leben. Schaffe ich es nicht Fei davon zu überzeugen, diese ganze Sache mit dir und seinem eigenen Groll gegen Daniel fallen zu lassen, überstehe ich nicht einmal unseren Hochzeitstag. Andererseits, tötet Fei Daniel, weil du ihm vielleicht erzählst, dass ich mich irgendwie mit ihm in Verbindung setze, ist es dasselbe Resultat.“ Serdall biss sich schmerzhaft auf die Lippe, ehe er fortfuhr. „Wie sollte ich dir vertrauen, wenn so viel für mich auf dem Spiel steht? Was würdest du an meiner Stelle denn bitteschön tun? Du stehst unter Feis Befehl, auch wenn du mir die Gelegenheit eingeräumt hast, mit Dustin zu reden. Woher weiß ich denn bitte, dass du es nicht absichtlich getan hast, um mein Vertrauen zu erlangen und so mehr Informationen für Fei zu sammeln?“ Serdall schüttelte unwirsch den Kopf. „Wenn ich dir vertraue, könnte ich alles verlieren, was mir lieb ist.“ „Dann sag mir doch, was du momentan für Möglichkeiten hast, Daniel zu halten“, stellte Yoshiko die Gegenfrage. „Ich weiß nicht, was du mit Dustin besprochen hast, aber du scheinst gerade nicht die Chance zu haben, mit ihm zu kommunizieren. Er sitzt wahrscheinlich krank vor Sorge herum und du hockst hier und wirst von deinem Bruder überwacht. Ich würde mal sagen, dass es nur noch besser werden kann, da du im Moment ganz unten angekommen bist.“ Leicht aufgebracht blitzte sie ihn an. Warum wollte er sie nicht verstehen? Verwirrt zog Serdall eine Augenbraue nach oben und trat einen Schritt von ihr zurück. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass sie von Dustins Handy wusste, welches immer noch in seinem Strumpf steckte. Serdall verzog angewidert die Lippen. „Ich bin noch lange nicht ganz unten angekommen“, flüsterte er und seine Augen wurden zu Schlitze. „Und warum solltest du dich überhaupt um Daniel kümmern? Den Zielen deiner Familie steht er doch auch bloß im Weg. Also komm mir nicht mit deiner Hilfe, ich ahne, worauf sie hinauslaufen soll.“ „Ach, und auf was läuft es deiner Meinung nach hinaus?“, fragte Yoshiko barsch. „Dass ich will, dass du mir vertraust, irgendwann deine Zuneigung schenkst und wir dann eine fröhliche Hochzeit und später ganz viele Kinder haben?“ An der Art, wie Serdall sie anstarrte, merkte Yoshiko, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. „Träum weiter. So verzweifelt bin ich dann auch nicht, dass ich, um einen Mann heiraten zu können, eine Beziehung zerstören muss.“ Gekränkt wandte sich sie ab und ging hinaus auf den Balkon, den leichten Regen ignorierend. Sie brauchte frische Luft. Dringend. „Außerdem heißt es nicht, dass ich mit den Zielen meiner Familie übereinstimmen muss, nur weil ich mit ihnen blutsverwandt bin. Du stimmst ja auch nicht mit denen deines Bruders überein“, fügte sie noch leise hinzu. Kopfschüttelnd wandte sich Serdall ab und setzte sich auf sein Bett. Er konnte ihr einfach nicht vertrauen. Er wollte erst mit Daniel sprechen, ihn wegen ihr um Rat bitten. Aber besonders wollte er endlich mit ihm reden. Entschlossen stand Serdall auf und schloss die Balkontür, obwohl Yoshiko noch draußen war. Das war ihm jetzt auch egal. Er zog die Vorhänge zu, als sie ihn geschockt ansah und setzte sich dann auf sein Bett, als er endlich ungestört war. Mit zitternden Fingern tippte er Daniels Nummer ein und wartete darauf, dass das Freizeichen von Daniels Stimme abgelöst wurde. Sein Herz pumpte wie von Sinnen und schlug heftig in seiner Brust, als sein Freund endlich ran ging. „Ich bin es“, hauchte Serdall lächelnd, als Daniel dachte, dass er Dustin wäre. „Serdall“, keuchte Daniel überrascht und riss die Augen auf. Er ließ den Stift, den er bis eben noch in der Hand gehalten hatte, auf den Sessel fallen und wechselte hinüber zur Schlafcouch. „Warum rufst du mich an? Dustin hat gesagt, dass Fei dich überwacht. Ist er gerade nicht da und hat er dir erlaubt anzurufen? Was ist jetzt genau los? Wie geht es dir? Stimmt es, dass Fei tatsächlich von dir verlangt, dass du heiraten sollst? Was willst du tun? Womit droht er dir genau? Hör mal, wenn du mir sagst, was ich tun kann, dann werde ich mich darum kümmern. Ich…“ „Dan“, unterbrach Serdall seinen Redeschwall. „Eins nach dem Anderen. Mir geht es ganz gut. Fei will mich verheiraten und Dustin hat mir sein Handy zugesteckt.“ Fahrig strich Serdall sich durch die Haare und schloss die Augen. In ihm jauchzte alles auf. Endlich hörte er seinen Liebsten wieder. „Ich versuche noch einmal mit Fei zu reden, wenn er sich beruhigt hat. Vielleicht schon morgen. Mal sehen. Wie geht es dir?“, fragte er nun besorgt. „Kommst du zurecht? Alles in der Uni okay?“ „An der Uni ist alles in Ordnung, aber wie soll es mir gehen, wenn ich dich schon so lange nicht gesehen habe und weiß, was Fei mir dir plant?“ Betrübt seufzend ließ sich Daniel vollends auf die Couch fallen und zog die Decke über sich. Es war wunderschön, Serdall wieder zu hören, aber umso scheußlicher, sich zumindest in einigen Punkten bestätigt zu sehen. „Sag mal“, fing er zögernd an, „die Frau, die Fei für dich angeschleppt hat, wie ist die denn so?“ Serdall seufzte schwer. „Wie soll sie schon sein? Daniel, ich will nur so schnell wie möglich Fei hier wegbekommen und sie mit ihm. Falls du denkst, ich würde hier freiwillig irgendetwas tun, vergiss es. Fei droht mir und nur deswegen bin ich nicht schon lange wieder bei dir und halte dich in meinen Armen“, flüsterte Serdall und ließ sich rücklings auf sein Bett fallen. „Du musst mir etwas unbedingt versprechen, Daniel, ja? Du musst es schwören!“, sagte Serdall aufgebracht und verstummte kurz. „Daniel, komm nicht hierher, bis die Luft rein ist, in Ordnung? Egal was passiert!“ „Also stimmt es tatsächlich“, meinte Daniel dumpf. „Er droht dir wirklich damit, mir etwas anzutun.“ Gut, er hatte es auch schon vorher gewusst, aber es jetzt noch mal indirekt von Serdall bestätigt zu bekommen, nahm ihm auch den letzten Rest Zweifel, den er noch gehabt hatte. Daniel sackte in sich zusammen. Was sollten sie dagegen schon unternehmen? Fei würde jede seiner Drohungen wahr machen, wenn sie sich gegen ihn stellten. In diesen Dingen war er skrupellos, das konnte sogar Daniel sagen. „Ich verspreche dir, dass ich nicht kommen werde“, antwortete er gequält. Daniel gab damit sozusagen sein Einverständnis, dass er untätig herumsitzen würde, während Serdall allein um alles kämpfte, was sie sich aufgebaut hatten. Aber was konnte er schon ausrichten? Wütend biss sich Daniel auf die Lippen. „Danke“, hauchte Serdall matt. „Ich liebe dich, Prinzesschen. Und ich werde alles versuchen, was ich kann, okay? Vertrau mir“, flüsterte er und rollte sich auf die Seite. „In Ordnung“, murmelte Daniel, obwohl er sich dabei nicht gerade überzeugt anhörte. Was sollte Serdall schon groß ausrichten können, wozu er in den letzten zwei Tagen noch nicht in der Lage gewesen war? Allerdings war die Hoffnung aufzugeben gleichbedeutend damit, Serdall aufzugeben und das wäre das Letzte, was Daniel in seinem Leben tun würde. „Ich vermisse dich.“ „Ich dich auch“, erwiderte Serdall. Plötzlich klopfte es laut am Fenster und Serdall rollte mit den Augen. Jetzt würde er sich sicherlich nicht von ihr stören lassen. Danach würde er sich vielleicht entschuldigen, aber Serdall wollte in diesem Moment einfach nur egoistisch sein. „Taki vermisst dich auch. Und Kimba ist auch ganz traurig, ohne dich.“ „Jetzt hör auf, mich mit noch mehr Sehnsucht zu beladen, als ich ohnehin schon habe“, muffelte Daniel, lächelte dabei aber leicht. „Sag mal, hat da gerade was ans Fenster geklopft?“ Still seufzte Serdall auf und drehte sich nun auf den Bauch. „Ich habe mein Zukünftige ausversehen auf dem Balkon ausgesperrt, nachdem sie mich endlos von meinem Misstrauen ihr gegenüber abbringen wollte“, murrte Serdall unwillig und schloss die Augen. Er hasste Fei dafür, dass er Daniel nicht mehr sehen konnte. Langsam wurde es immer schlimmer. „Ausversehen, ja?“, erwiderte Daniel skeptisch. So wie er Serdall kannte, hätte er auch kein Problem damit, sie eigenhändig auf den Balkon zu befördern und ihr die Tür vor der Nase zuzuknallen. Stellte sich natürlich die Frage, warum sie in Serdalls Zimmer war, denn dort musste man sein, um auf den Balkon zu kommen. Nun, wahrscheinlich hetzte Fei sie hinter Serdall her und er hatte die Nase voll und sie nach draußen verbannt. „Und ist dein Misstrauen ihr gegenüber gerechtfertigt?“, wollte Daniel wissen. „Ich meine, gehört sie zu Fei dazu oder ist sie genauso wie du Opfer in dieser ganzen Scharade?“ „Ich weiß nicht so recht“, antwortete Serdall wahrheitsgemäß. „Zwar haben Dustin und ich mit ihrer Hilfe miteinander reden und er mir das Handy zustecken können, aber ich habe keine Ahnung wie ich das werten soll. Daniel, was ist, wenn sie das einfach auf Feis Wunsch hin tut, um mein Vertrauen zu bekommen und mich dann auszuspionieren? Es steht viel zu viel auf dem Spiel, als dass ich mich zu solchen riskanten Dingen verleiten lasse und sie in meine Pläne mit einspanne.“ „Erst einmal stellt sich die Frage, was es Fei bringen würde, dich auszuspionieren“, meinte Daniel zweifelnd. „Eigentlich hat er doch alles, was er will. Wir haben eigentlich keine Möglichkeit miteinander zu reden, wenn diese Frau und Dustin uns nicht geholfen hätten und außerdem bist du gerade auf dem besten Weg, wieder zu heiraten. Warum sollte er jemanden auf dich ansetzten? Er weiß doch, was Sache ist.“ Nachdenklich runzelte Daniel die Stirn. „Hm, es wäre die Frage, was du verlieren würdest, wenn du zumindest so tust, als würdest du ihr vertrauen. Fei wird nicht viel mehr erfahren, als er ohnehin schon weiß, und wenn dein Gespräch mit ihm schlecht läuft, denkt er immer noch, dass du dich mit ihr angefreundet hast und aus der Hochzeit doch noch was wird. Wer weiß, vielleicht lässt er die Zügel etwas lockerer, wenn er sieht, dass du dich in dein Schicksal fügst. Und vielleicht ist sie dein Vertrauen auch wert.“ Unwirsch schüttelte Serdall den Kopf. „Der Haken bei der Sache ist aber auch, dass Yoshiko meint, in unserem Zimmer schlafen zu müssen, damit es glaubhaft wirkt. Meinst du wirklich, das wäre es mir wert? Ich will sie hier nicht haben und sie könnte Fei vielleicht stecken, dass ich Dustins Handy habe, wenn sie es erfährt. Dann würde er dich töten. Er weiß wo du bist. Er hat dir einen Detektiv auf den Hals gejagt“, zischte Serdall wütend. „Ich habe Angst, dass sie alles kaputt machen könnte, falls es mit Fei gut läuft.“ „Vielleicht musst du dieses Risiko eingehen“, seufzte Daniel matt. „Momentan scheint sie mir eher positiv als negativ zu sein. Auch wenn ich nicht glücklich darüber bin, dass sie bei dir sein darf und ich nicht. Sie scheint sich zumindest Gedanken darüber zu machen, wie ihr auf deinen Bruder wirkt und wie es glaubhaft rüberkommt. Nur… will sie in deinem Zimmer oder in deinem Bett schlafen?“ Serdall schluckte bitter. Wieso kam er sich plötzlich nur so kindisch vor? Jetzt, wo er mit Daniel redete, schien sein Misstrauen ja fast total übertrieben zu sein. „Sie würde auch auf dem Boden schlafen“, murrte Serdall Daniel zu. Er kam sich gerade richtig schäbig vor. Ihm leuchtete erst jetzt ein, dass er selbst gar nicht alle Möglichkeiten durchdachte, wie er eine Lösung in der ganzen Misere finden könnte. „Soll ich sie wirklich hier schlafen lassen?“, fragte er skeptisch und sah an die Wand. „Ehrlich, ich fühle mich bei dem Gedanken nicht sonderlich gut.“ „Nun, ich denke nicht, dass eine zierliche Japanerin dich im Schlaf überwältigen würde“, lachte Daniel amüsiert. Jetzt, wo er Serdall endlich wieder in gewisser Art und Weise bei sich wusste, ging es ihm gleich um ein Vielfaches besser und die Welt sah viel weniger trüb aus. Immer noch nicht wunderbar, denn Fei lauerte als dunkler Schatten im Hintergrund, aber Daniel hatte das Gefühl, als würde man ihn bald vertreiben können. „Außerdem könnte es vielleicht tatsächlich hilfreich sein, wenn Fei denkt, dass du dich ihm unterordnest“, erklärte Daniel seinen Standpunkt weiter. „Wenn sie dir anbietet auf dem Boden zu schlafen und dafür zu sorgen, dass Fei glaubt, dass zwischen euch eine Annäherung stattfindet, warum den Vorschlag nicht annehmen?“ „Okay“, sagte Serdall zaghaft. „Aber wenn sie mir zu nahe kommt oder wegen ihr irgendetwas passiert, dann schmeiß ich sie das nächste mal vom Balkon“, zischte Serdall Daniel zu. „Wir sollten für heute Schluss machen“, flüsterte Serdall traurig. „Ich weiß nicht wie lange Dustins Akku hält, aber ich möchte dich morgen auch noch einmal anrufen.“ Bis er nicht das Ladegerät von Dustin hatte, musste er sparsam mit dem Handy umgehen, auch wenn es ihn schmerzte, Daniel gleich nicht mehr zu hören. „Gott, ich bringe Fei eigenhändig um, wenn er weiter so macht“, zischte Serdall nun wütend. „Das wäre vielleicht eine Maßnahme“, meinte Daniel sarkastisch. „Aber ist okay, leg ruhig auf. Lieber jetzt etwas kürzer und dafür morgen noch, anstatt nur ein Telefonat. Ich hoffe, dass sich bis dahin etwas Neues ergeben hat.“ Kurz zögerte Daniel, dann seufzte er. „Tschüss“, hauchte er in den Hörer. „Ich liebe dich, egal was dein Bruder dir erzählt oder was noch passieren sollte.“ Ein mildes Lächeln breitete sich in Serdalls Gesicht aus. „Ich dich auch, egal was passiert“, flüsterte Serdall leise zurück. „Nun schlaf gut und träume süß. Wir werden bald wieder zusammen in einem Bett liegen.“ Wehmütig legte Serdall auf und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Dafür galt es zu kämpfen. Entschieden stand er auf, versteckte das Handy im Nachtschrank, in dem auch das Gedichtband, wo noch die Pistole ruhte, lag, und ging dann zur Balkontür, um sie zu öffnen und Yoshiko den Eintritt wieder zu ermöglichen. Triefend nass und mit undeutbarem Gesichtsausdruck schob sie die Vorhänge ganz zur Seite und trat ein. Sie zitterte leicht, obwohl sie versuchte, es zu unterdrücken. Die ganze Zeit mit nur einem Pullover im Novemberregen zu stehen, ließ auch sie nicht kalt. „Ich denke, deutlicher hättest du deinen Standpunkt nicht machen können“, verkündete Yoshiko, während sie an Serdall vorbei zur Tür ging. „Mehr als anzubieten, dir zu helfen, kann ich auch nicht. Ob du meine Hilfe annimmst oder nicht bleibt leider ganz allein deine Sache.“ „Yoshiko, warte“, rief Serdall sie leise zurück. „Ich glaube, dass dein Vorschlag an sich nicht schlecht ist.“ Serdall ging auf sie zu und sah ihr wieder in die braunen Augen. „Nur mich zu überwinden, dir mein Vertrauen zu schenken, benötigte einiges an Überlegung. Entschuldige, dass ich dich ausgesperrt habe, aber du bist leider etwas penetrant, wenn du etwas willst“, meinte er mit einem schiefen Lächeln, das jedoch im nächsten Moment wieder verschwand. „Wie dem auch sei, Yoshiko. Es birgt immer noch ein Risiko, wenn ich dir traue.“ Die Arme vor der Brust verschränkend wurde sein Blick ernster. „Schwöre bei deinem Leben, dass du mir wirklich helfen willst.“ Abschätzend sah Yoshiko ihn an. „Nun, wenn ich dir nicht wirklich, sondern nur halbherzig helfen wollte, wäre die Wahrscheinlichkeit, von deinem Bruder erwischt zu werden, noch um einiges größer und dann wäre es das wohl tatsächlich mit meinem Leben gewesen“, erwiderte Yoshiko zynisch. Serdalls böser Blick ließ sie jedoch ernst werden. „Ist ja schon gut“, seufzte sie. „Ich schwöre, dass ich es ernst mit dir meine und ich von niemandem angestiftet werde. Nur frage ich mich, woher dein plötzlicher Sinneswandel kommt. Zeit zum Überlegen hattest du davor doch auch schon.“ Serdall wandte sich von ihr ab und setzte sich wieder auf sein Bett. Sein Blick glitt kurz unstet durch den Raum, ehe er wieder zu Yoshiko sah. Er musste sich überwinden, ihr von dem Handy zu erzählen, den wirklich ersten Schritt zu tun, der auf ihr Vertrauen basierte. Würde sie Fei davon berichten, würde Serdall sie wirklich erwürgen. „Ich habe mit Daniel telefoniert. Dustin hat mir vorhin sein Mobiltelefon zugesteckt“, erklärte er sich. „Mein Freund denkt, dass es ganz gut wäre, dich auf unserer Seite zu haben, auch wenn du hier im Zimmer schläfst.“ „Was meinst du mit ‚auch wenn ich hier im Zimmer schlafe‘? Gerade weil ich auf eurer Seite bin, schlafe ich hier im Zimmer“, machte Yoshiko ihren Plan noch einmal deutlich. „Irgendwie mag ich deinen Freund. Er ist zumindest nicht so misstrauisch wie du und merkt, wenn jemand ihm helfen will.“ Sie wandte sich wieder zur Tür und griff die Klinke. „Wenn du so reizend wärst und mir dann irgendwie eine Schlafgelegenheit auf dem Boden oder so vorbereiten könntest. Ich brauche nämlich erst einmal eine heiße Dusche und trockene Sachen.“ Serdall knurrte in sich hinein, als Yoshiko sich umdrehte und aus dem Zimmer stolzierte. Ihm war die Sache trotzdem nicht wirklich geheuer, auch wenn sie so aufopfernd schien. Kopfschüttelnd ging Serdall in den Flur. Drei Türen weiter war die Abstellkammer, in der er noch einige Decken aufbewahrte, welche er nun mit sich nahm. Auch wenn es unhöflich war, sie auf dem Boden schlafen zu lassen, auch wenn das Bett groß war, würde er es trotzdem nicht zulassen. Serdall war sich nämlich nicht so sicher wie Daniel, dass diese zierliche Japanerin ihn nicht doch überwältigen konnte. Serdall war nun mal ein Mensch, der Anderen nur sehr sehr selten sein Vertrauen schenkte und Freundschaften waren bei ihm auch nur ein Ausnahmefall. Es gab nur die Familie. Daniel war die Ausnahme, die sich kämpferisch in seinem Herzen manifestiert hatte. Seufzend drapierte er die Decken neben der Heizung, damit Yoshiko es in der Nacht nicht zu kalt haben würde. Nachdenklich ließ Yoshiko sich in der Zwischenzeit das heiße Wasser über den Rücken laufen. Langsam bekam sie wieder Gefühl in den Körper. Noch etwas länger und Serdall hätte sie als Eisstatue vom Balkon kratzen können. Gedankenverloren verteilte sie auch gleich Shampoo in den Haaren, wenn sie ohnehin schon unter der Dusche stand. Sie war nicht wirklich glücklich mit dem Ergebnis des Telefongespräches zwischen Serdall und Daniel. Gut, wenigstens hatte Daniel seinen Freund soweit bekommen, dass Serdall sie überhaupt dort schlafen ließ, allerdings nützte es ihr nichts, wenn Daniel ihr vertraute, Serdall aber nicht. Denn immerhin konnten die beiden nicht jedes Mal miteinander telefonieren, wenn es um solch eine Entscheidung ging. Yoshiko konnte schon verstehen, dass Serdall ihr gegenüber skeptisch war. Dass er allerdings auch nicht kapierte, dass er in einigen Dingen eben nichts mehr verlieren und sie einfach akzeptieren könnte, beispielsweise ihre Übernachtung in seinem Zimmer, konnte sich in nächster Zeit wirklich als fatal herausstellen. Sie wollte ihm nun mal helfen und hatte ihrer Meinung nach auch ganz gute Ideen, um in der Hinsicht weiterzukommen, aber wenn Serdall blockte, nützte das Alles nichts. Resigniert wickelte Yoshiko sich in ein großes Handtuch und zog in ihrem vorübergehenden Zimmer einen Slip und ihr Schlafshirt an. Serdall würde sich nicht daran stören, wie sie aussah, dann konnte sie auch in Sachen schlafen, die bequem waren. Schnell föhnte sie sich noch die Haare und ging dann wieder zurück zu Serdall, der sie skeptisch betrachtend auf seinem Bett saß. Schweigend und ohne sich weiter um ihn zu kümmern schloss Yoshiko die Tür ab und machte es sich auf ihrem provisorischen Nachtlager bequem. Sie murmelte ein knappes „Nacht“ in Serdalls Richtung und drehte ihm dann den Rücken zu. Argwöhnisch sah Serdall zu ihr, ließ kurz den Blick über die schmale Schulter gleiten. Ihm gefiel es absolut nicht mit ihr in einem Zimmer zu schlafen. Seufzend stand er noch einmal auf und ging zu seinem Kleiderschrank. Sich sein Nachtzeug herausnehmend ging Serdall dann zum Bad. Er wollte sich noch schnell duschen. Grübelnd und angezogen legte sich Serdall wenig später ins Bett und zog seine Decke bis unter die Nase. Ohne Daniel waren die Nächte grauenhaft, zumindest das Einschlafen fiel ihm ohne seinen Freund extrem schwer. Unruhig drehte sich Serdall auf der Suche nach einer bequemeren Lage hin und her, doch es nützte nichts. Schlussendlich lag er auf dem Rücken und starrte im Dunkeln die Decke an. Er musste unbedingt Fei davon überzeugen, dass Daniel ihm alles bedeutete und er ihn nicht töten durfte. Serdall hoffte, dass sein Bruder vielleicht einsichtig wurde. Irgendwann schlief Serdall dennoch ein. Wirre Träume von Daniel und Louise plagten ihn albtraumhaft. Mitten in der Nacht wachte er keuchend auf. Fahrig strich er sich kalten Schweiß von der Stirn und rieb sich über die nassen Augen. „Scheiße“, fluchte er leise und stützte den Kopf in die Hände. Er zitterte an den Fingern und er fror erbärmlich. Dieser Traum war ihm so echt erschienen. Er hatte Daniel in ihm verloren, für immer. Es trieb ihm jetzt noch kalte Schauer über den Rücken. Serdall biss sich auf die Lippe als er aufstand und ins Bad ging. Er wusch sich das Gesicht, das blass und krank aussah. Sein niedriger Blutdruck machte ihm in diesem Augenblick ebenfalls zu schaffen und er klammerte sich halt suchend an das Waschbecken. „Reiß dich zusammen“, zischte er seiner Reflexion im Spiegel entgegen und sah sich wütend an. Er konnte sich nicht so pathetisch stellen und seine Schwäche die Überhand gewinnen lassen. Es stand zu viel auf dem Spiel und er konnte nicht jetzt schlapp machen. Sich das Gesicht abtrocknend rief er sich weiter zur Ordnung und straffte langsam die Gestalt. Mit festem Blick, verließ er das Bad, nachdem er das Licht ausgeknipst hatte, und legte sich zurück auf sein Bett. Er zwang sich zur Ruhe und schlief nach einer Weile auch wieder ein. Ende Kapitel 4 Kapitel 5: ----------- Kapitel 5 Am nächsten Morgen stand Yoshiko schon recht früh auf. Sie hatte Serdalls unruhigen Schlaf mitbekommen, da sie selbst schon seit jeher bei jedem Geräusch hochschreckte. Allerdings hatte sie nichts gesagt da sie ahnte, dass Serdall seine Träume selbst mit sich ausmachen wollte und garantiert keinen brauchte, der ihm besorgt die Hand tätschelte. Vor allem niemandem, dem er misstraute. Sie schloss Serdalls Tür auf und lugte um die Ecke. Als sie niemandem im Flur sehen konnte, schlich sie in ihr Zimmer und zog sich an, bevor sie in die Küche ging und Frühstück vorbereitete. Ihr Blick fiel auf das Pflaster an ihrer Hand. Serdall war eigentlich gar kein schlechter Kerl, wenn er nicht von Natur aus so misstrauisch und übellaunig wäre. Zumindest Fremden gegenüber, wie es schien. Gähnend kam Dustin in die Küche geschlichen und steuerte sofort auf die Kaffeemaschine zu. Mit müdem Blick und hochgezogener Augenbraue visierte er Yoshiko neben sich an, die eifrig Schnittchen schmierte. „Guten Morgen“, murmelte er ihr zu und erntete von ihr einen fragenden Blick. Den Kopf schief legend überlegte Dustin laut. „Du kannst kein Deutsch, was?“ Yoshiko wandte sich ihm zu und sprach auf Japanisch irgendetwas. „Und ich kein Japanisch“, murrte Dustin und zog nachdenklich die Stirn kraus. „Dann halt auf Englisch?“, fragte er sie in der englischen Sprache und sah sie auffordernd an. „Ja, Englisch ist in Ordnung“, erwiderte Yoshiko mit recht starkem Akzent, allerdings sehr fließend. Sie legte den Kopf schief und sah Dustin fragend an. „Was hattest du gesagt?“ Lächelnd zwinkerte Dustin ihr zu. „Ich meinte guten Morgen“, antwortete er ihr und schenkte sich einen Kaffee ein. „Endlich jemand zum Erzählen!“, meinte er und sah sie grinsend an. „Du musst verstehen, normalerweise bin ich der einzige Frühaufsteher in diesem Haus.“ Dustin genoss es mit Yoshiko auf Englisch zu sprechen. Es war etwas Anderes, als wenn er es seinen Schülern beibrachte, auch wenn Yoshiko stark mit Akzent sprach, doch das war bei Japanern normal. „Ja, ich habe schon mitbekommen, dass Serdall ziemlich lange schläft“, meinte sie und dachte daran, dass es zumindest im Moment kein Wunder war, wenn man so unruhig schlief. „Du sprichst Englisch als Muttersprache, kann das sein?“, wollte sie wissen. Dustin nickte immer noch grinsend. „Ich bin ein waschechter Amerikaner“, meinte er stolz und klopfte sich spielerisch auf die Brust. „Aber ich lebe in Deutschland, seit ich vierzehn bin“, erklärte er weiter. Er musste leise bei seinem nächsten Gedanken lachen. In diesem Haus war es richtig multikulturell. Ethan ein Engländer, Serdall zum Teil Japaner, Russe und Finne, er selbst Amerikaner und nun eine waschechte Japanerin. „Hier treffen irgendwann noch einmal alle Kontinente und Länder zusammen“, feixte er grinsend, lehnte sich an die Anrichte und nippte an seinem Kaffee. „Serdall ist übrigens ein absoluter Morgenmuffel“, eröffnete er ihr noch. „Sprich ihn lieber nicht an, wenn es vor zwölf ist.“ Seit Yoshiko ihnen dazu verholfen hatte, dass er und Serdall miteinander reden konnten, empfand sie Dustin als nicht so schreckliche Plage. „Du bist doch auf Serdalls Seite, oder?“, fragte er sie nun offen. „Ja, bin ich“, bestätigte Yoshiko und legte nun endgültig das Messer beiseite. „Zwar scheint jeder außer Serdall es zu sehen und zu akzeptieren, aber solange er sich von irgendjemandem überreden lässt, sich von mir helfen zu lassen, ist er zumindest etwas besser dran.“ Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schloss etwas erschöpft die Augen. „Was meinst du wie lange dauert es, bis Serdall auch mal erkennt, dass ich ihn an niemanden verraten werde. Ganz davon abgesehen, dass meine Handlungen recht dämlich wären, wenn mich jemand angestiftet hätte.“ Dustin rollte theatralisch mit den Augen und setzte sich neben sie. „Echt, Serdall ist nun mal so. Er ist nicht wirklich sozial. Pflegt kaum Freundschaften und hasst Fremde, weil er ihnen eben nicht vertrauen kann. Ehrlich, du hättest ihn mal erleben müssen, als das mit Daniel sich entwickelt hatte.“ Dustin schüttelte den Kopf. „In der Hinsicht ist er leider wirklich nicht zu gebrauchen. Serdall macht sich immer viel zu viele Gedanken. Man kann manchmal gar nicht nachvollziehen, wie er zu verschiedenen Standpunkten kommt, weil er im Kopf halt ziemlich verquer ist.“ Freundschaftlich berührte er Yoshiko am Arm. „Also mach dir nichts daraus, wenn er deine Hilfe nicht jauchzend annimmt. Dass er sie überhaupt irgendwie berücksichtigt, ist schon ein enormer Fortschritt.“ „Nun, das haben wir auch Daniel zu verdanken“, meinte Yoshiko seufzend. „Er hat gestern noch mit ihm telefoniert und Daniel hat ihm wohl geraten, sich von mir helfen zu lassen. Ansonsten wäre ich gestern wohl wieder hochkant rausgeflogen. Nur wie soll ich ihm helfen, wenn er sich das nächste Mal auch wieder so querstellt? Denn ich möchte wirklich nicht, dass das ganze Fiasko hier in einer Hochzeit endet, wenn die Voraussetzungen dafür so ungünstig sind“, teilte sie Dustin ihre Gedanken mit. „Mir war klar, dass ich irgendwann womöglich irgendeinen Fremden heiraten muss und ich habe generell auch kein Problem damit, da ich nun mal so erzogen wurde, allerdings will ich nicht, dass dem soviel Leid vorausgeht.“ Du kannst dir gar nicht vorstellen wie viel Leid, dachte sich Dustin unwohl. Er glaubte kaum, dass diese Hochzeit gut verlaufen würde, wenn sie denn stattfand. „Serdall ist momentan etwas überfordert, würde ich sagen. Weißt du, er hört viel zu sehr auf seine Gefühle und besonders jetzt macht ihm die Angst um Daniel schwer zu schaffen. Ich kann verstehen, dass er dir nicht auf Anhieb trauen kann, dass er sich darüber erst einmal klar werden muss. Du musst dabei aber konsequent bleiben, weil Serdall wirklich schrecklich verquer ist, wenn es um seine Liebsten geht“, seufzte Dustin schwer. Es war schon verwunderlich, dass er es mit Serdall zusammen so lange ausgehalten hatte und sie eigentlich auch ganz gute Freunde waren, auch wenn sein Schwager ziemlich abgedreht war, manchmal. „Wenn er es erst einmal eingesehen hat, ist er dementsprechend offener. So hab ich das für mich zumindest festgestellt.“ Dustin dachte dabei an die Zeit, als Serdall mit Daniel zusammengekommen war und er mit Ethan. Serdall hatte ihm mehr erlaubt als vorher, wenn auch wiederwillig und nur mit Daniels gutem Zureden. „Du willst gar nicht wissen, wie schwer es für Serdall überhaupt gewesen war, sich einzugestehen, dass er sich in Daniel verliebt hat. Ich sag dir, er war richtig widerwärtig zu der Zeit.“ Ein wenig wunderte sich Dustin über seine eigene Redseligkeit gegenüber Yoshiko, doch irgendwie tat sie ihm leid. Er konnte sie doch nicht ahnungslos auf Serdall loslassen. Wenigstens ein paar Dinge wollt er ihr erklären. Serdall war schließlich ein Rätsel in Person, wenn man ihn nicht kannte. „Noch widerwärtiger als jetzt?“, fragte Yoshiko spitz, senkte aber kurz darauf schuldbewusst die Augen. Sie seufzte. „Tut mir leid. Mir schlägt die ganze Sache nur auch irgendwie aufs Gemüt und jetzt, wo ich jemanden zum Reden habe, kommt es hoch. Wenn man Serdall kennt, ist er bestimmt ganz nett, nur denke ich nicht, dass ich ihn so gut kennen lernen werde, bevor der Oyabun uns vor den Traualtar schleift. Leider wird Serdall mir zumindest freie Hand lassen müssen, damit wir wenigstens eine Chance haben, das zu verhindern, aber er hat sich schon schwer genug damit getan, mich bei sich auf dem Boden schlafen zu lassen.“ Dustin lachte laut auf bei der Vorstellung, wie sich Serdall gegenüber Yoshiko zierte. „Ich glaube, dass du überhaupt da schlafen durftest, ist ein Wunder. Das Zimmer ist ihm heilig, gerade weil es ihm und Daniel gehört. Maximal Taki darf ab und an bei ihnen schlafen, ansonsten ist die Region Sperrzone“, erklärte er ihr und lächelte sie schief an. „Und ich versicher dir, Serdall ist noch wirklich nett im Vergleich zu damals. Daniel ist absolut das Beste, was ihm nach dem Tod von Louise passieren konnte. Hoffentlich fällt er jetzt nicht wieder in dieses Schema“, murrte Dustin leidlich. „Na da habe ich wohl noch Glück gehabt, dass ich nicht schon damals mit ihm verheiratet werden sollte“, murmelte Yoshiko und machte sich jetzt wieder weiter daran, das Frühstück fertig zu bekommen, bevor der Oyabun aufstand. „Sag mal, hast du eine Idee, wie wir Serdall sonst irgendwie helfen könnten? Gut, er hat jetzt die Möglichkeit, ab und an mit Daniel zu reden bis der Akku deines Handys leer ist, aber vielleicht wäre es ganz gut, wenn sie sich mal sehen könnten?“ Abwiegend ließ Dustin seinen Kopf hin und her wandern. „Wie sollen wir denn das einrichten, ohne dass Fei Wind davon bekommt?“, meinte er halblaut und lehnte sich verschwörerisch zu Yoshiko. „Fei macht ernst, wenn er davon erfährt, oder nicht? Schließlich ist er nicht umsonst euer Boss.“ „Wenn er davon erfährt.“ Emotionslos sah Yoshiko Dustin an. „Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man akzeptiert das Schicksal, das einem durch andere Leute vorbestimmt wird, was ich im Übrigen schon viel zu lange getan habe, oder man fängt an zumindest zu versuchen sich dagegen zu wehren und geht das Risiko ein, dass man dabei ertappt wird. Wenn alles aber gut läuft, dann bemerkt keiner, dass wir nicht das machen, was der Oyabun will. Wenn ich beispielsweise sagen würde…“ Yoshiko überlegte kurz, bis ihr etwas Passende einfiel. „Stellen wir uns mal vor, ich würde den Oyabun fragen, ob er mir die Erlaubnis erteilt mit Serdall auszugehen, damit wir uns besser kennen lernen und wir würden es irgendwie schaffen, dass Kikuchi uns nicht folgt. Meinst du nicht es wäre dann machbar, ohne dass es jemand bemerkt, zu Daniel zu gelangen?“ Unsicher legte Dustin den Kopf schief. „Und was, wenn doch? Fei killt Daniel dann und das wäre Serdall wohl zu viel Risiko und wer soll bitte Kikuchi ablenken?“ Ihm kam zwar eine Idee wer, aber das wäre wahrscheinlich nicht mit Ethan vereinbar. „Okay, vielleicht kriege ich das mit Kikuchi hin“, meinte er nach kurzem Zögern, „trotzdem ist die Gefahr immer noch ziemlich hoch und Serdall wahrscheinlich zu groß.“ „Er hätte keine Wahl, wenn er nichts von unserem Plan weiß und vom Oyabun dazu gezwungen wird, mich zu begleiten“, erklärte Yoshiko. „Wenn der Oyabun uns gehen und kommen sieht und Kikuchi nicht dabei ist, um mit uns zu gehen, der Oyabun aber nicht weiß, dass er nicht bei uns ist, wie soll er dann überhaupt erfahren, dass wir tatsächlich nicht zusammen unterwegs waren? Zumindest nicht die ganze Zeit.“ Dustin musste sich wirklich konzentrieren Yoshikos Ausführungen zu folgen. Er nickte schlussendlich doch einigermaßen verstehend. „Du willst also Serdall in deinen Plan nicht einweihen und Fei anlügen, okay.“ Grinsend legte Dustin den Kopf schief, als er an Daniels und Serdalls Begegnung dachte. „Dir ist klar, dass Serdall und Daniel dann wohl ein bisschen Sex haben werden?“, feixte er anzüglich und sah vergnügt, wie die Wangen der beherrschten Japanerin einen sanften Rotton annahmen. „Das ist mir bewusst“, zischte Yoshiko leicht beleidigt. „Aber ich bin schon groß und kann mich anderweitig beschäftigen und bin nicht gezwungen, bei ihnen zu bleiben.“ Yoshiko strich etwas sehr viel Leberwurst auf ein Schnittchen, sonst ließ sie sich anhand ihrer Handlungen aber nichts von ihrer inneren Gemütslage anmerken. „Du bist also dabei?“, wollte sie von Dustin wissen. Dustin nickte grinsend. „Auf jeden Fall und dir rate ich, ein bisschen durch das Schlüsselloch zu schauen, wenn die beiden allein sind.“ Kichernd schob er seinen Kopf in ihr Blickfeld. „Du glaubst gar nicht, wie gut die beiden zusammen aussehen, besonders so“, erklärte er ihr spitzbübisch und lachte laut, als sie noch eine Spur dunkler im Gesicht wurde. „Ich habe nicht das Bedürfnis zu spannen, danke“, erwiderte Yoshiko kühl. Das Gespräch verlief ihrer Meinung nach in eine vollkommen falsche Richtung. „Holst du mir mal ein neues Stück Butter? Du stehst gerade fast.“ Grinsend holte Dustin das Gewünschte und hielt es ihr vor die Nase. Es machte ihm ungemein Spaß, Yoshiko ein wenig zu reizen. Auf gewisse Art und Weise war sie fast wie Serdall, der von so etwas auch nie hören wollte. Er zog dir Butter zurück, als Yoshiko sie ergreifen wollte. „Weißt du, wozu man die auch ganz gut nutzen kann?“, fragte er sie grinsend und lehnte sich an ihr Ohr, um es ihr zuzuflüstern. Ihre Augen wurden groß, als er zu dem spannenden Teil kam und Dustin wich von ihr zurück, als sie empört nach ihm schlug. Das war fast wie mit Louise damals, als er ihr erklärt hatte, was er mit seinen Freunden immer angestellt hatte. „Meine Mutter hätte jetzt gesagt, du solltest dir den Mund mal mit Seife auswaschen, aber ich glaube, dass das bei dir nicht mehr viel helfen würde. Du scheinst von innen heraus so extrem dreckig zu denken“, empörte Yoshiko sich und bekam den dezenten Rotton auf ihren Wangen nicht mehr in den Griff. Dustins kleiner Vortag über andere Anwendungsgebiete von Butter hatte ihr diverse Bilder durch den Kopf schwirren lassen, die sie lieber nicht gehabt hätte. Dank der lieben Fürsorge ihres Vaters hatte sie auf dem Gebiet überhaupt keine Erfahrungen und konnte nicht einmal in der Theorie wirklich glänzen. Und jetzt kam Dustin und… Tränen lachend setzte sich Dustin ihr gegenüber. Dieses Mädchen tat so schrecklich erwachsen und wusste wahrscheinlich nicht einmal über die grundlegendsten Dinge vom Sex Bescheid. „Das war doch noch das Harmloseste. Wenn ich dir erzählen würde, was ich gestern Abend mit Ethan getan habe… Obwohl, warum erzähle ich es dir nicht einfach? Du scheinst ja sowieso sehr offen in der Hinsicht zu sein“, meinte er grinsend und wollte gerade anfangen Yoshiko über alles aufzuklären, was er allein gestern mit Ethan angestellt hatte, doch Feis und Kikuchis Eintreten ließen ihn verstummen. Verschmitzt blickte Dustin zu dem Assassinen. Er würde mit Ethan über ein Ablenkungsmanöver reden müssen. „Guten Morgen, Yoshiko, Dustin“, sagte Fei kalt und ließ sich von Yoshiko seinen Tee bringen. Sie war froh, dass Dustin nicht ausreden konnte. Wahrscheinlich wäre sie vor Scham im Erdboden versunken, wenn die Sprache auf diverse Sexpraktiken gekommen wäre. Es erstaunte sie schon, wie offen einige Menschen über dieses Thema sprechen konnten. „Ich würde Sie gerne etwas fragen“, kam Yoshiko gegenüber Fei gleich auf das Thema zu sprechen, das sie vorhin mit Dustin diskutiert hatte. „Entschuldige, Yoshiko, dafür habe ich im Moment keine Zeit“, erwiderte Fei kalt und stand wieder auf. Mit einem Kopfnicken bedeutete er Kikuchi, ihm ins Wohnzimmer zu folgen, in das sie sich für kurze Zeit zurückzogen. In Japan war ein Geschäft geplatzt, was Fei sehr verärgerte und den Aufenthalt hier in Deutschland in ein schlechtes Licht rückte. Man hörte, obwohl die Tür geschlossen war, wie Fei lautstark mit Kikuchi diskutierte. Dustin zog währenddessen überrascht die Augenbrauen nach oben. „Da brennt die Luft“, meinte er grinsend. „Scheinbar“, erwiderte Yoshiko und sah skeptisch auf die nicht angerührten Schnittchen. Das war schon das zweite Mal innerhalb von zwei Tagen, dass sie fast das komplette Frühstück in den Müll befördern konnte. „Hast du Hunger?“, fragte sie Dustin seufzend. Der Blonde nickte. „Wenn du mich so fragst“, murmelte Dustin und griff beherzt zu. „Alles Banausen“, meinte er zwinkernd zu Yoshiko und biss den ersten Happen ab. Dustin verschluckte sich daran fast, als Serdall zerknittert die Küche betrat und sich richtig griesgrämig ein Glas nahm, mit dem er zum Wasserhahn trottete. „Kannst du plötzlich die Uhr nicht mehr lesen?“, fragte Dustin seinen Schwager und erntete einen finsteren Blick, ehe sich Serdall wortlos an die Theke setzte. „Schnittchen?“, fragte Yoshiko und hielt Serdall den Teller vor die Nase, doch alles, was sie bekam, war ein kurzer, mörderischer Blick, bevor Serdall sich wieder abwandte. „Scheinbar nicht“, stellte sie fest und stellte die Brote etwas lauter als nötig ab, bevor sie aufstand und die Küche in Richtung Flur verließ. Sie hatte keine Ahnung warum, aber gerade war sie ziemlich gereizt. Vielleicht weil es bis jetzt ein recht schöner Morgen gewesen war und Serdall mit seiner Art die Stimmung tötete, vielleicht weil keiner die Arbeit würdigte, die sie sich machte und vielleicht auch nur, weil sie wieder zurück nach Japan und den ganzen Stress der bevorstehenden Hochzeit einfach ignorieren wollte. Jedenfalls ging sie ziemlich geladen in ihr Zimmer und schnappte sich eines ihrer mitgebrachten Bücher. Dustin war sichtlich überrascht über Yoshikos Abgang. Augenrollend griff er sich noch eines der Brote, ehe er sich vor Serdall stellte und ihn ansah, während er kaute. „Schlecht geschlafen?“, fragte er seinen Schwager mit noch vollem Mund und Serdall lehnte sich sogleich genervt zurück. „Ja“, murrte Serdall ihn an und trank von seinem Wasser. „Yoshiko will dir helfen, ist dir klar, oder?“ Serdall sah Dustin wütend an und schnappte ihn am Kragen. Dessen unbekümmerte Art war jetzt total fehl am Platz. „Lass die beknackten Sprüche und sieh den Ernst der Lage“, zischte Serdall ihn an und Dustin schluckte an dem Brocken, den er nur halb gekaut hatte. „Ist ja gut“, knurrte Dustin zurück. Serdall war wirklich massiv schlecht gelaunt. Sein Schwager ließ ihn los und trank finsteren Blickes weiter sein Wasser. Kopfschüttelnd wandte Dustin sich ab. Mit Serdall war jetzt nicht zu reden. Er schien besonders empfindlich zu sein. „Du wirst mit Fei sprechen?“, ging Dustin trotzdem das Risiko ein, von Serdall angeraunzt zu werden. „Nachher“, erwiderte Serdall kühl und seine Gestalt spannte sich sofort an. Dustin nickte. Serdall schien sich wirklich genug Gedanken zu machen und Dustin hatte nicht mehr tun können, als ihm sein Handy zuzustecken. Jetzt hing es eben nur an Serdall und Fei selbst. Seufzend lächelte Dustin sparsam. „Ich drück dir die Daumen“, meinte er leise und Serdall nickte abgehackt. Kopfschüttelnd wandte sich Dustin ab. Serdall brauchte anscheinend wirklich seine Ruhe. ------------------------------------- Yoshiko sah von ihrem Buch auf, als Taki seinen Kopf zur Tür hereinstreckte. „Hey, möchtest du was von mir?“, fragte sie leise auf Japanisch und sah ihn aufmerksam an. Unsicher lugte Taki um die Ecke. „Wieso bist du in Dans Zimmer?“, fragte er sie böse und trat in den Raum. Taki war immer noch im Pyjama und war gerade erst aufgestanden. Unhörbar seufzte Yoshiko auf. Taki vermisste Daniel auch, das war deutlich zu erkennen. Nur warum sah der Oyabun selbst, dem diese ganze Misere zuzuschreiben war, nicht, was er seinem Bruder, seinem Neffen und auch Dustin mit seiner fixen Idee einer arrangierten Hochzeit antat. Schwach lächelnd sah Yoshiko Taki an. „Solange Daniel nicht da ist, darf ich hier wohnen. Sobald er wiederkommt, ist das hier dann wieder sein Zimmer.“ Nicht verstehend ging Taki zu ihr und setzte sich neben sie. „Wann ist Daniel wieder da? Wieso bist du hier? Bist du eine Freundin von Onkel Fei?“, fragte Taki auf seine kindliche Art und sah sie aus großen Augen an. „Dein Papa hat dir doch gesagt, dass Daniel bald wieder da ist“, antworte Yoshiko ihm, da sie Serdalls Geflüster gestern mitbekommen hatte und sah Taki aufmerksam an. Er war wirklich schlau für sein Alter und stellte die richtigen Fragen, die allerdings schlecht zu beantworten waren, wenn man ihn nicht zu sehr in das ganze Geschehen mit reinziehen wollte. Und Yoshiko zweifelte nicht, dass das das Letzte war, was Serdall sich im Moment für seinen Sohn wünschte. Deswegen zog sie es vor, die anderen Fragen erst einmal zu ignorieren und zu hoffen, dass Taki sie auf sich beruhen lassen würde. Kurz zog Taki die Augen zu Schlitze, ehe er Yoshiko freundlich ansah. „Kochst du heute auch das Mittagessen?“, fragte er sie nun unbekümmert. „Ich würde mir gern was wünschen“, sagte er und griff Yoshikos Hand, wobei er seinen besten Bettelblick aufsetzte. „Natürlich koche ich oder denkst du etwa, dass dein Vater sich dem Herd näher als auf einen Meter nähern würde? Und dein Onkel hat genug andere Sachen zu tun. Also, was hättest du denn gern?“ Taki grinste verstohlen. „Nudeln!“, rief er kichernd und fasste Yoshiko bei der Hand. „Bitte, bitte! Ich helfe dir auch“, sagte er ernst. „Nun, ich glaube unter den Umständen könnte ich mich tatsächlich dazu überwinden, heute Nudeln zu kochen“, erwiderte Yoshiko gespielt ernst. „Allerdings brauchen wir dafür nicht so lange, von daher denke ich, dass es reichen wird, wenn wir uns um elf in der Küche treffen, in Ordnung? Dann kannst du dich bis dahin anziehen, fertig machen und noch mit den Hunden beschäftigen.“ Taki nickte glücklich. „Okay, Yoshi!“, rief er vergnügt und lief sogleich in sein Zimmer um sich anzuziehen. „Yoshi“, wiederholte Yoshiko etwas perplex, schüttelte dann aber den Kopf. Zumindest zeigte dieser unfreiwillige Spitzname, dass Taki sie recht gern hatte. Leicht lächelnd nahm sie wieder ihr Buch auf und las weiter. ------------------------------------- Serdalls Finger hielten krampfhaft das Glas fest. Er hörte die Geräusche um sicher herum nur dumpf. Das leise Rauschen, das die Spülmaschine verursachte, die Musik, die von Dustins Zimmer herunter drang und die lautstarke Diskussion, die Fei mit Kikuchi führte, all dies nahm er kaum wahr. Der Albtraum der letzten Nacht beschäftigte ihn. Bilder daraus sprangen ihm sekündlich vor die Augen und zeigten ihm eine sterbende Louise und einen verblutenden Daniel. Unwirsch schüttelte Serdall den Kopf, als Magenschmerzen sich bemerkbar machten. Er schnaubte unwirsch. Wieder musste er sich zusammennehmen und seine Gedanken ordnen. Entschlossen stellte Serdall das Glas weg und stand auf. Er ballte die Hände zu Fäusten, als er festen Schrittes auf die geschlossene Wohnzimmertür zuging, hinter der Fei nun scheinbar ruhig telefonierte. Ohne zu zögern öffnete Serdall die Tür und ließ sein Blick sofort über die Anwesenden schweifen. Kikuchi fasste ihn ins Auge und Serdall sah kalt zurück. Ohne Kikuchi hätte Serdall Fei vielleicht auch mit Waffengewalt wieder aus dem Haus befördern können, durch ihn aber hatte er seinen letzten Trumpf verloren, weil er vorgestern eingeschritten war. Der Assassine bekam ein blankes Lächeln und führte den Zeigefinger am Hals entlang, symbolisch für das Messer, das eine Kehle durchschneiden würde. Unwillkürlich schluckte Serdall bei diesem Anblick, ließ sich aber danach nichts mehr anmerken, auch wenn Kikuchi hämisch zu ihm sah. Serdall erahnte jetzt, wer den Auftrag ausführen würde, Daniel zu töten, wenn es dazu kam und dieser Gedanke behagte ihm gar nicht. Kikuchi war ein blutrünstiges Monster, das berüchtigt war für seine Skrupellosigkeit. Serdall wusste nicht mehr, welchen Spitznamen man Kikuchi in Japan gegeben hatte, doch er glaubte, dass es ihm selbst die Nackenhaare hochgetrieben hatte, als er Kikuchi einmal als Schüler begegnet war. So wie Serdall seine Geige als Leidenschaft pflegte, so hielt es Kikuchi mit dem Töten. Serdall ließ sich von dem emotionslosen Blick nicht irritieren und trat zu seinem Bruder, der immer noch telefonierte. Kurzerhand setzte sich Serdall neben ihn, was Fei schlagartig im Gespräch inne halten und ihn verwirrt ansehen ließ. Serdall lächelte ihn minimal an und Fei beendete sein Gespräch wenige Minuten später. Kikuchi ließ Serdall währenddessen nicht aus den Augen. „Ich muss mit dir reden“, sagte Serdall, als Fei ansetzte ihn etwas zu fragen. „Allein“, fügte er noch an, als sein Blick wieder auf Kikuchi fiel. Fei nickte seinem Untergebenem zu und Kikuchi erhob sich, verbeugte sich kurz vor den Agamies, ehe er ergeben den Raum verließ. Fei lehnte sich zurück und sah seinem Bruder in die blaugrünen Augen. Auffordernd nickte er Serdall zu und der Schwarzhaarige seufzte innerlich. „Warum mischst du dich in mein Leben ein, Fei?“, fragte Serdall ihn schwach. Fei schnaubte verächtlich. „Das fragst du noch? Sieh dich doch an! Schläfst mit einem Mann, belügst deinen Bruder und bietest Taki eine schlechte Familie! Was ist nur aus dir geworden? Was würde Louise zu deinem Lebensstil sagen?“, zischte Fei aufgebracht und sah seinen Bruder fassungslos an. Serdall blickte ihm stur in die Augen. „Und es geht dich trotzdem nichts an“, zischte Serdall. „Es ist mein Leben und Taki ist mein Sohn und Daniel mein Freund. Glaubst du wirklich, ich hätte nicht lang genug über meine Entscheidung nachgedacht?“ „Ja, das glaube ich. Sonst wärst du mit diesem Abschaum nicht zusammen“, knurrte der Yakuza gefühlvoll und schlug mit der Hand auf den Tisch. „Sonst hättest du diesen Mist nie gemacht.“ Serdall schüttelte wirr den Kopf. „Was weißt du schon, Fei!“, rief er aufgebracht, nahm sich aber in seinen Weiteren Worten in der Laustärke zurück. „Du kommst hierher, drohst mir und hältst mich buchstäblich in meinem eigenen Haus gefangen und verurteilst das, was ich schon vor zwei Jahren entschieden habe und mich in dieser vergangenen Zeit glücklich gemacht hat.“ „Glücklich?“, schrie Fei hart und stand auf. Nicht, dass es in Japan gerade drunter und drüber ging, seit er nicht mehr da war, jetzt klagte ihn Serdall auch noch an, weil er ihm helfen wollte. „Ich glaube eher, dass dieser Erhard dir das Hirn vernebelt hat“, fauchte Fei aufgebracht. Seine japanische Beherrschung hatte er schon vor Stunden verloren, als ihm ein Millionengeschäft in Kyoto vereitelt worden war, auf das er mühsam hingearbeitet hatte. „Du hattest schon immer andere Ansichten, besonders als du mit Louise zusammen warst. Bist du wirklich durch ihren Tod so dermaßen abgerutscht?“ Serdall erhob sich ebenfalls, nun wirklich wütend. „Was heißt hier abgerutscht?“, zischte Serdall. „Was kann ich denn dafür, dass ich mich in Daniel verliebt habe?“ Zornig sah Fei seinen kleinen Bruder an. „So einiges“, knurrte er und griff Serdall fest in die schwarzen Haare. „Dass du ihn überhaupt damals als Babysitter für Taki eingestellt hast, war mir unverständlich. Gerade weil er mir nur Obszönitäten an den Kopf geworfen hat und schon da hat sich herausgestellt, dass er dir den Weg in eine Hochzeit nicht gegönnt hat“, zischte Fei. Schmerzlich verzog Serdall das Gesicht und packte Feis Hand. „Er hat mich aus meinem Tief geholt“, fauchte Serdall und versuchte seine Haare aus Feis Griff zu befreien. „Und in welches hat er dich nun hineingezogen? Du hintergehst dich und deine eigene Familie für diesen Mann und du merkst es noch nicht einmal. Ist es dieser Arschfick wert?“, schrie Fei laut und zog stärker an Serdalls Haaren. „Ist er es?“, bohrte er wütend weiter, als Serdall nicht antwortete. „Ich sag es dir, Serdall“, flüsterte Fei böse. „Er ist es nicht. Was hast du denn davon, wenn du dich mit ihm abgibst? Er gebärt dir keine Kinder, er hat sicher keinen finanziellen Rückhalt, er ist ein Nichts, das in dir ein lukratives Geschäft sieht, mehr nicht.“ „Das stimmt nicht“, erwiderte Serdall gepresst. „Er liebt mich auch“, flüsterte er, doch kam er sich jetzt, wo er in Feis wütende Augen sah, bei diesen Worten ziemlich dumm vor. „Ja“, flüsterte Fei hämisch grinsend, „dich, dieses Haus, dein Geld, alles was mit dir zusammenhängt.“ Serdall verzog wütend die Augenbrauen. „Du kennst Daniel nicht“, hauchte er. „Er ist nicht so, wie du denkst. Du hast keine Ahnung, wie ich mich bei ihm fühle.“ „Ich weiß es wirklich nicht, denn soviel Verblendung habe ich zum Glück noch nie empfunden“, gab Fei kalt zurück. „Wenn du nur eine Minute dein Hirn anschalten würdest, Serdall, wüsstest du was ich meine.“ Fei ließ von Serdall ab. Der Schwarzhaarige taumelte kurz und rieb sich krampfhaft über die Kopfhaut. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Wie auch? Er konnte Fei nicht einmal seine Gefühle erklären, geschweige denn, dass Fei es hören wollte. Unsicherheit machte sich jedoch in ihm breit. War es so, wie Fei es sagte? „Er nutzt dich aus, Serdall. Sieh es ein.“ Tut er das? Nutzt er mich aus?, fragte sich Serdall und wusste nicht, wo ihm der Kopf stand. Bisher hatte ihn Dustin immer wieder nur zu Daniel geraten, doch jetzt, wo sein eigener Bruder ihm diese Dinge so offen an den Kopf warf, machten ihm seine eigenen Gefühle Angst. Fei ging auf ihn zu, denn er sah es seinem Bruder an, dass ihn die Zweifel plagten. „Er hat dein Tief nach Louises Tod ausgenutzt, siehst du das nicht? Serdall, was hat er sich denn von dieser Beziehung versprochen? Du bist viel zu gut für diesen Mann, merkst du das nicht? Er hat es gesehen, er hat deinen materiellen Wert erkannt und wahrscheinlich wohl auch deine absolute Treue. So ist ihm doch alles sicher, oder nicht?“ Keuchend schüttelte Serdall den Kopf. „Lass den Mist“, zischte Serdall. „Ich brauche keine Gehirnwäsche“, fauchte er, doch insgeheim hatte Fei in ihm einen wahren Wust an Fragen aufgewirbelt und seine alte Unsicherheit begann wieder zu keimen. War es wirklich so, wie Fei es sagte? Verwirrt trat Serdall noch einen Schritt zurück, dabei den Kopf immer noch schüttelnd. Wortlos wandte er sich um und ging aus dem Zimmer heraus und nach oben. Fei grinste selbstzufrieden, als er seinem Bruder nachsah. So war es doch schon viel besser, dachte er sich erfreut und setzte sich zurück an seinen Laptop. Serdall würde ihm wirklich noch einmal danken, das wusste er. Serdall verkroch sich indes in seinem Schlafzimmer. Er legte sich schwach in sein Bett und zog die Decke über seinen Kopf. Ihn ließ der Gedanke nicht mehr los. Hatte Daniel ihn wirklich nur ausgenutzt? War es ihm wirklich nur gelegen gekommen, dass Serdall es so schlecht gegangen war? Hatte er all dies geplant? „Oh Himmel“, flüsterte Serdall verängstigt und drückte seine Hände auf die Ohren, doch er konnte Feis Stimme nicht mehr abschalten, die immer weiter ihre Beziehung zerpflückte. ------------------------------------- Gähnend verließ Daniel am Montag den großen Hörsaal und machte sich auf den Weg in die nahe gelegene Mensa. Er wäre gerade während der Vorlesung fast eingeschlafen, da er dank der nervenaufreibenden letzten Tage total übermüdet war. Er hatte sich nicht aus dem Haus getraut, da er jede Minute damit gerechnet hatte, dass Serdall anrief und bei diesem Gespräch ungestört sein und nicht zufällig irgendwo auf der Straße stehen wollte. Doch Serdall hatte nicht angerufen. Das gesamte Wochenende hatte er sehnsüchtig darauf gewartet, dass sein Handy klingelte, jetzt wo Serdall Dustins Mobiltelefon hatte, doch er hatte sich umsonst zuhause verschanzt. Nervös war Daniel in seinem ehemaligen Zimmer auf und ab getigert und hatte sich verzweifelt gefragt, ob irgendwas passiert war, gehofft, dass nur der Akku leer war oder Serdall einfach keine Zeit hatte, ihn anzurufen. Getraut, selbst auf Dustins Handy anzuklingeln, hatte er sich nicht. Was, wenn Fei es beschlagnahmt hatte? Es käme nicht gut, wenn er schon wieder unerwartet Serdalls Bruder an der Strippe hatte. Seufzend trat Daniel vor zur Essensausgabe und nahm sich einmal Geschnetzeltes mit Reis. Sich noch Besteck auf das Tablett ladend und einen Kakao dazustellend schlenderte er in Gedanken versunken in Richtung seines Stammplatzes, wo meist ein paar seiner Bekannten saßen und sich während des Essens unterhielten. Hoffentlich hörte er bald etwas von Serdall. Aus Angst und Sorge um seinen Freund machte er nachts kein Auge zu und sein Handy kontrollierte er auch alle fünf Minuten, ob zumindest eine Nachricht eingegangen war. Betrübt starrte Daniel auf sein Essen. Normalerweise kam er oft, wenn er Mittagspause hatte, schnell zuhause bei Serdall vorbei und kochte ihnen selbst etwas. Dann hätte er jetzt kein Geschnetzeltes aus der Großküche auf dem Teller, sondern etwas aus der eigenen Küche. Außerdem würde er nicht mit eher flüchtigen Bekannten essen und über unwichtige Themen reden, die sie ohnehin eine halbe Stunde später wieder vergessen hatten, sondern vielleicht über die Pläne, was Serdall und er noch unternehmen würden oder über vollkommen belanglose Dinge. Ein plötzlicher Ruck ging durch sein Tablett und Daniel stolperte zwei Schritte zur Seite. Das Geschirr klirrte, als es kurz vom Holz abhob und ein Schwall Kakao ergoss sich über die Person, mit der Daniel gerade zusammengestoßen war. „Oh verdammt, das tut mir leid!“, rief er erschrocken. Überrascht sah ihn ein etwa eins neunzig großer, junger Mann an und lachte im nächsten Moment laut auf. „Himmel, und ich hab mich bis eben noch gefragt, warum mein Tag so langweilig war. Jetzt weiß ich warum“, meinte er kichernd. „Ich habe dich noch nicht getroffen.“ Grinsend nahm sich der blonde Mann die Serviette von Daniels Tablett und wischte sich den Kakao von seinem Markenshirt. „Hey, ich bin Kai“, stellte er sich in diesem unpassenden Moment vor. Ziemlich verwirrt starrte Daniel ihn an. Kein Gezeter, weil er sein teures Shirt versaut hatte? Nur ein flachsiger Kommentar? „Daniel“, erwiderte er reichlich perplex und stand ziemlich dumm noch immer mit seinem Tablett in den Händen vor Kai. „Okay, Dan“, erwiderte Kai, nun wieder einigermaßen trocken und um einen satten braunen Fleck auf dem gelben Shirt reicher. Grinsend legte Kai einen Arm auf Daniels Schulter. „Dafür, dass du mein Shirt versaut hast, freunden wir uns ein bisschen an, okay? Ich habe nämlich gerade echt nichts zu tun und dich hat mir der Himmel geschickt.“ Daniel zog die Augenbrauen nach oben, folgte Kai aber widerstandslos zu einem der entfernteren Tische, an dem sie sich gegenüber niederließen. Irgendwie war Kai Daniels Meinung nach ziemlich schräg, allerdings fand er das nicht wirklich unsympathisch an ihm. Dustin war beispielsweise auch recht aufgedreht und Daniel konnte mit Leuten, die so offen waren, eigentlich ziemlich gut umgehen. „Du studierst hier auch“, fragte Daniel beiläufig, während er sich die erste Gabel seines Essens in den Mund steckte und etwas schuldbewusst auf Kais ruiniertes Shirt starrte. „Ja“, meinte Kai grinsend. „Medizin im achten Semester. Du kannst mich auch ruhig schon Dr. Kai Hahn nennen“, lachte er vergnügt und musterte Daniel kurz. Himmelblaue Augen, pechschwarzes Haar und einen zuckersüßen Gesichtsausdruck, wenn er erschrocken war. „Und was studierst du? Wie alt bist du? Was machst du heute Nachmittag?“, bombardierte Kai Daniel mit Fragen und legte grinsend den Kopf schief. Kopfschüttelnd lächelte Daniel zurück und kaute noch schnell zu ende. „Ich studiere Grundschullehramt im dritten Semester, bin einundzwanzig und habe heute Nachmittag noch nichts vor“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Warum? Hast du etwa vor, unsere Freundschaft gleich noch zu vertiefen und mich irgendwohin einzuladen?“ Kai grinste verschmitzt. „Genau das hatte ich vor. Weil alle meine Freunde heute leider keine Zeit für mich haben und ich mich jetzt gezwungen fühle, mit dir nettem Kerl eine bessere Freundschaft aufzubauen. Du bist hoffentlich nicht so eine treulose Tomate, oder?“, fragte er grinsend und klaubte sich den Apfel von Daniels Tablett. „Haste Bock auf Tennis? Würde ich gern mal ausprobieren.“ „Klar“, meinte Daniel schulterzuckend. „Tennis habe ich noch nie gespielt. Das wäre mal eine Erfahrung wert. Stellt sich nur die Frage, wo wir Schläger und so weiter herbekommen? Nur muss ich dich leider enttäuschen, da ich unter gewöhnlichen Umständen leider auch nicht so extrem viel Zeit habe.“ Er dachte an Serdall und dass er normalerweise fast den ganzen Tag mit ihm verbrachte. Immer noch. Auch nach über eineinhalb Jahren Beziehung. Momentan wusste Daniel echt nicht, was er den ganzen Tag lang mit sich anfangen sollte und so kam es ihm gerade recht, dass er in Kai gelaufen war. „Ach, die werden die Dinger uns schon irgendwie leihen. Und ich sage ja, dich schickt der Himmel, denn anscheinend hast du ja jetzt Zeit“, meinte Kai grinsend. „Außerdem, wenn du erst mal siehst, was ich eigentlich für ein superlieber Kerl bin, nimmst du dir freiwillig für mich Zeit. Schließlich kannst du mich doch nicht guten Gewissens meinen treulosen Freunden überlassen, oder?“ „Nun, wenn ich dich ihnen überlasse, assoziiere ich damit, dass ich dich in ihre Arme übergebe und dann haben sie ja Zeit für dich. Denn ich fürchte, dass mein Freund nicht so glücklich sein wird, wenn ich meine freie Zeit immer mit jemand anderem als ihm verbringe. Er ist da sehr nachtragend, weißt du“, grinste Daniel jetzt auch. Nun wirklich überrascht zog Kai eine Augenbraue hoch. „Du meinst jetzt richtiger Freund, oder? So mit Sex und allem drum und dran?“, fragte er ziemlich geschockt und lehnte sich zurück. „Na toll, das habe ich jetzt davon. Bis eben hatte ich ja noch Hoffnungen, aber jetzt zerschlägst du sie wie Seifenblasen!“, rief er gespielt empört und fasste sich an die Stirn. „Na egal, wir können trotzdem Tennis spielen, meine Kumpels haben da nie Bock drauf und ich brauche unbedingt einen neuen Kumpel, der das mit mir mal testet. Also, was sagst du, Dan? Ein bisschen Zeit wirst du doch für mich abzwacken können, oder?“ Glücklich stellte Daniel fest, dass Kai scheinbar überhaupt kein Problem damit hatte, dass er schwul und in festen Händen war. Ehrlich gesagt hätte es ihn aber, obwohl sie sich erst so kurz kannten, bei Kais Charakter auch gewundert, wenn er in so einem Punkt nicht tolerant gewesen wäre. Im Gegenteil, er… Daniel stutzte und rief sich Kais Antwort noch einmal ins Gedächtnis. „Entschuldige, wenn ich hier mal kurz nachhake, aber bist du auch schwul?“, fragte er erstaunt. Plötzlich ernst verzog Kai das Gesicht. „Daniel“, sagte er nun ruhig und blickte ihm in die Augen. „Du sitzt hier einem angehenden Arzt gegenüber“, erklärte er doktorhaft und wedelte mit dem Zeigefinger durch die Luft. „Ich bin jedenfalls nicht schwul, wenn wir das schon diskutieren“, meinte er weiterhin sehr ruhig, grinste dann aber, als Daniel langsam die Unsicherheit ins Gesicht geschrieben stand. Lachend schnippte Kai mit dem Finger gegen Daniels Nase. „Homosexuell, Schatzi. Schwul hört sich so abwertend an.“ „Wenn du meinst“, erwiderte Daniel schlicht, aber lächelnd. „Nur habe ich nicht ganz verstanden, was dein Doktor sein mit Homosexuellen zu tun hat.“ „Als Arzt ist es meine Pflicht, auch medizinische Fachbegriffe zu verwenden und nicht den Jargon. Ich meine, mal ehrlich, schwul ist so sozial geprägt und hört sich an, als ob es eklig wäre, was wir tun. Und wir wissen doch beide, dass es alles ist, aber nicht eklig“, meinte er grinsend. „Und nun iss, Danniboy. Ich will in dieser verkeimten Mensa nicht versauern, sondern den Spaß des Lebens mit dir genießen.“ „Du bist echt schräg“, stellte Daniel lachend fest, machte sich aber brav weiter über sein Essen her. Er warf immer mal wieder einen Blick auf Kai, der ihm interessiert aus seinen braunen Augen zusah, die wahrscheinlich ebenfalls braunen, aber momentan blond gefärbten Haare wurden durch Gel in einem geordnetem Chaos gehalten, das ihn verwegen aussehen ließ. Daniel befand für sich, dass die Frisur zu Kai passte wie die Faust aufs Auge. „Willst du jetzt gleich Tennis spielen gehen?“, fragte er Kai, als auch der letzte Rest Reis vom Teller verschwunden war. „Ich persönlich bin heute fertig mit der Uni.“ „Na und ich erst“, meinte Kai geschafft und griff sich sogleich Daniels Tablett. „Also, wenn du nichts dagegen hast, fahren wir erst mal zu mir. Egal wie cool und künstlerisch der Kakaofleck hier“, er deutete auf seine Brust, „auch aussehen mag, er trägt sich doch ganz eklig.“ Zwinkernd ging Kai gleich zum Tablettwagen und dann wieder zu Daniel, dem er kumpelhaft den Arm um die Schulter legte. „Also, bist du mit Auto da oder soll ich dich mitnehmen?“ „Kein Auto. Ist kaputt“, erwiderte Daniel und ließ sich von Kai aus der Mensa in Richtung Parkplatz leiten. Schmerzlich dachte er daran, dass Serdalls Auto wohl wieder bei ihm auf dem Hof stehen würde. Wie sehr er seinen Freund doch vermisste. Leise seufzte Daniel auf und zog seine Jacke enger um sich, als sie ins Freie traten. Kai führte Daniel zu einem schwarzen-orangen Motorrad. Er steckte seinen Schlüssel kurz in ein Schloss am Sitz und klappte ihn danach hoch. Hervor holte er einen Motorradhelm, den er Daniel reichte, während er seine Lederjacke zuzog. „So, Daniel. Jetzt begehe ich eine Straftat“, meinte er mit einem Augenzwinkern und setzte sich ohne Helm auf seine Maschine. „Machen wir eine kleine Wette. Schaffe ich es bis zu mir nach Hause, ohne von den Bullen angehalten zu werden, gehen wir heute Abend noch auf die Piste. Schaffe ich es nicht, gebe ich dir ein Essen aus, okay?“ „Gut, meinetwegen“, bestätigte Daniel und stieg hinter Kai auf. Er war beiden Dingen nicht abgeneigt. Jede Ablenkung war momentan wohl nur zu seinem Besten. Außerdem hatte er schon lange nicht mehr solche für seine Altersgruppe normale Sachen gemacht, wie mit einem Bekannten um die Häuser zu ziehen. „Nur wenn ich eingefroren bin, bis wir bei dir ankommen und du mich dann vom Motorrad runterkratzen musst, müssen wir das wohl knicken“, fügte er noch an. Daniel schlang die Arme um Kai und machte es sich einigermaßen bequem. Er war noch nie Motorrad gefahren. Leichtes Bauchkribbeln machte sich bemerkbar. Kai tätschelte kurz Daniels Finger an seinem Bauch. „Keine Sorge, es ist nicht weit bis zu mir“, meinte er gut gelaunt, ließ dann seine Maschine aufheulen und langsam die Kupplung kommen. Auf dem Uniparkplatz fuhr er noch relativ langsam, als er sich jedoch im Straßenverkehr eingeordnet hatte, drehte er seine Ninja auf und preschte auf dem Mittelstreifen an den Autos vorbei. Ende Kapitel 5 Kapitel 6: ----------- Kapitel 6 Gute fünf Minuten später hielt Kai vor einem dreistöckigen Altbau und rollte auf dem Gehweg zu einer Garage. „Na, schon erfroren?“, fragte er Daniel amüsiert, weil sich die dünnen Finger immer noch krampfhaft in seinen Bauch gruben, als sie schon in der Garage standen und Kai darauf wartete, dass Daniel abstieg. „Geht schon“, antwortete Daniel schwach, bewegte sich aber immer noch nicht. Das eben war schlimmer als die schlimmste Achterbahnfahrt seines Lebens gewesen. Vor allem die Kurven. Die ganze Zeit hatte er vor Angst erstarrt befürchtet, dass das Motorrad seitlich wegrutschen und sie auf der Straße landen würden. Wahrscheinlich würde noch ein Auto von hinten herangerast kommen und sie überrollen. Tief durchatmend löste sich Daniel doch noch von Kai und stieg etwas zittrig und mit wabbeligen Beinen ab. Er zog sich den Helm vom Kopf und fuhr sich einmal durch die Haare, um wieder etwas Ordnung hineinzubekommen. „Ich hoffe, hier in der Nähe gibt es einen Tennisplatz, der zu Fuß zu erreichen ist.“ Kai lachte befreit und bockte hibbelig sein Motorrad auf. „Ach quatsch“, sagte er grinsend, nahm Daniel den Helm aus den Fingern und hängte ihn ans Lenkrad. „Ich finde es toll, wenn sich jemand ängstlich an mich klammert.“ Lächelnd schnippte Kai Daniel gegen die Nase, als der erbost schaute. „Und ich glaube eh, dass wir in die Halle müssen, um Tennis zu spielen. Für draußen ist es zu kalt“, meinte er wieder mit diesem kecken Zwinkern im linken Auge. „Du meinst doch nicht etwa die Halle am anderen Ende der Stadt?“, fragte Daniel schockiert, doch als Kai grinsend nickte, sackte er stöhnend gegen das Motorrad. Das überlebte er nicht. Ganz bestimmt nicht. Er würde schon während der Fahrt an einem Herzinfarkt sterben und tot vom Motorrad kippen. Amüsiert griff Kai nach Daniels Hand und zog ihn mit sich. „Mensch, das sind nur zehn Minuten, wenn ich fahre“, meinte er spitzbübisch und lachte leise, als er Daniels unwilliges Schnauben vernahm. In der zweiten Etage wurde Kai plötzlich etwas schneller. Jedoch vergebens, als die Tür der Wohnung in diesem Stockwerk aufging. Eine Frau Mitte vierzig steckte den Kopf, der vollgewickelt war mit kreisch bunten Lockenwicklern, heraus. „Herr Hahn“, quietschte sie in einer piepsigen Stimme und Kai verzog von ihr ungesehen das Gesicht. „Frau Papenstiel“, meinte er nun nett lächelnd zu ihr, als er sich umwandte. „Sie sind dran mit dem Flur“, schimpfte sie ihn an und sah böse auf Daniel, der immer noch an Kais Hand hing. „Ach, das habe ich glatt vergessen!“, rief Kai nun überrascht und sah anklagend zu Daniel. „Man, Dan, du wolltest mir das doch sagen!“, sagte er empört zu dem Schwarzhaarigen der ganz perplex den Mund wortlos auf und zu machte. „Keine Angst, Frau Papenstiel“, sagte Kai fachmännisch. „Ich erledige das gleich nachher.“ Argwöhnisch verzog die Frau die Augen, nickte dann aber. Sogleich sprintete Kai mit Daniel weiter und schloss schnell seine Wohnung auf. „Alter Hausdrache“, zischte Kai, als er die Tür hinter sich ins Schloss warf. „Soso“, meinte Daniel und lehnte sich im Flur gegen die Wand. „Ich sollte dich also daran erinnern, dass du den Putzlappen schwingst. Was du natürlich nachher auch noch machen wirst. Wahrscheinlich, während wir Tennis spielen sind.“ Er grinste Kai an und ging dann weiter in die Wohnung hinein. Geradeaus kam man in ein recht großes Wohnzimmer, das durch eine Durchreiche mit der Küche verbunden war. Die anderen beiden Türen führten wohl zu Kais Zimmer und zum Bad. Soweit Daniel das beurteilen konnte, war alles sehr geschmackvoll und scheinbar ziemlich teuer eingerichtet worden. Wenn er in eine eigene Wohnung gezogen wäre, hätte diese wohl aus zusammen gewürfelten Möbelstücken bestanden, aber nicht aus einer zueinander passenden Couchgarnitur mit kleinem Glastisch davor, umgeben von ausgesuchten Lampen und Zimmerpflanzen. „Ja, natürlich mache ich das nachher während wir Tennis spielen“, meinte Kai lachend und zog sich seine Jacke aus, um sie an die Garderobe zu hängen. „Setz dich ruhig“, murmelte Kai, als er sich sein gelbes Shirt über den Kopf zog und einen muskulösen Oberkörper mit einer Tätowierung von der linken Brusthälfte, bis über den linken Oberarm zur Elle hinunter, präsentierte. „Ich zieh mich nur schnell um.“ „Das sehe ich“, meinte Daniel amüsiert und ließ sich auf einem der bequemen Sessel nieder, der ihn fast verschluckte und es ihm scheinbar unmöglich machen wollte, je wieder aus ihm aufzustehen. Befreit aufseufzend entspannte sich Daniel und schloss kurz die Augen. Was für ein verrückter Tag. Allerdings waren seine Gedanken seit dem Mittagessen erschreckend selten zu Serdall gewandert, wofür er aber sehr dankbar war. Kai vermittelte durch seine ungezwungene, offene und lockere Art den Eindruck, als würde man ihn schon ewig kennen. Außerdem war er schwul und Daniel sich so einhundert prozentig sicher, dass er nicht nur sagte, dass es für ihn in Ordnung war dass Daniel auf Männer stand, sondern es auch tatsächlich so meinte. Wenig später kam auch Kai zu Daniel zurück, nun in einem knallgrünen Shirt mit großem Markenlogo darauf gekleidet. Er lächelte Daniel an, als er ihn so entspannt im Sessel sitzen sah. „Also, heute Abend gehen wir noch in die Disko im Zentrum, ja? Schließlich habe ich die Wette gewonnen!“, meinte er und hockte sich vergnügt und aufgedreht vor Daniel. „Keine Ahnung wie das ist mit Tennis, aber ich glaube, du bräuchtest schon ein paar Sportklamotten“, dachte er laut nach. Daniel öffnete die Augen einen Spalt breit und schielte an sich hinab. Kai hatte Recht. In Jeans und Pullover würde er wohl einen Hitzschlag bekommen, wenn er durch die Halle raste. Ganz davon abgesehen, dass es nicht die bequemste Kleidung war und er anschließend in seinen verschwitzen Sachen herumlaufen musste. „Stimmt“, bestätigte er und stand auf. „Hast du was für mich, das ich mir leihen könnte? Dann müssen wir nicht extra zu mir nach Hause fahren. Und ja, wir gehen in die Disko. Ich habe die Wette ja gehalten.“ Wieder griff Kai nach Daniels Hand und zog ihn mit sich in sein Schlafzimmer vor den Kleiderschrank. „Moment, ich muss mal gucken, ob ich was hab, das dir passen könnte“, meinte er nachdenklich und musterte Daniel genau. Daniel war deutlich schmaler als Kai selbst und auch fast fünfzehn Zentimeter kleiner. „Irgendwo hatte ich doch noch was“, murmelte er und steckte sogleich seinen Kopf suchend in den Schrank. „Es kann auch ein bisschen zu groß sein, Hauptsache ich stehe irgendwann nicht versehentlich ohne Hose da“, scherzte Daniel und fing das T-Shirt auf, das Kai ihm gerade über die Schulter zugeworfen hatte. „Nein“, meinte Daniel entschieden und sichtlich geschockt. „Du kannst mir alles geben, aber pink ziehe ich auf keinen Fall an!“ Leicht schaudernd schmiss er das pinke Etwas auf Kais Bett. Verwirrt drehte sich Kai zu Daniel um und blickte ihn nicht verstehend an. „Was hast du denn jetzt gegen mein geiles, pinkes Shirt auszusetzen?“, fragte er empört. „Banause“, schimpfte er Daniel zu und drehte sich wieder zum Schrank, zog diesmal ein schwarzes Shirt heraus und eine Sporthose mit Kordelzug. „Ich zieh dann das Pinke an“, meinte er hochnäsig und zog noch eine seiner Sporthosen heraus. „Und du schimpfst dich schwul“, meinte Kai grinsend und zwinkerte Daniel wieder einmal zu. „Nur weil ich schwul bin heißt das nicht, dass ich mich in rosa kleiden muss“, erwiderte Daniel mit gerümpfter Nase. „Ich rasiere mir ja auch nicht die Beine oder lackier mir die Nägel oder so. Ich stehe zwar auf Männer, benehme mich aber trotzdem wie jeder andere Kerl auch.“ Er nahm seine nun akzeptable Sportkleidung und stopfte sie in seine Tasche. Kai hatte echt einen seltsamen Modegeschmack. Als wäre das knallgrüne Shirt nicht schon schlimm genug, schien er nun tatsächlich das pinke Ding anziehen zu wollen. „Tze“, meinte Kai beleidigt. „Ich rasiere mir sogar die Eier“, meinte er vulgär und legte seine Sachen in einen Rucksack. „Mal ehrlich, ist doch egal wie ich mich kleide. Solange mein Ding mir zwischen den Beinen baumelt, bin ich unzweifelhaft ein Mann. Also aus rein biologischer Sicht“, erklärte er grinsend. Im nächsten Moment zog er amüsiert eine Augenbraue nach oben. „Außerdem, was hast du gegen tuffige Typen? Die sind famos im Bett“, meinte er grinsend. „Das sind nicht tuffige Typen auch“, gab Daniel zurück und ließ sich auf Kais Bett nieder. „Dir kann es auch egal sein, was du dir anziehst. Du siehst dich nicht. Mir fliegen bei deinen kreischenden Farben fast die Augen aus dem Kopf.“ Keck grinste er Kai an. Empört sah Kai an sich herab. „Was denn? Soll ich mich etwa schwarz kleiden? Da wirke ich ja viel zu blass. Nee, lass man, du musst mich ja nicht anschauen“, erwiderte er feixend und stellte sich vor Daniel. „Und wie viele tuffige Typen kannst du im Vergleich zu richtigen Kerlen ziehen?“, fragte er Daniel nun noch ziemlich ernst. „Keinen“, erwiderte Daniel wahrheitsgemäß und sah Kai fest in die Augen. „Trotzdem kann ich nicht sagen, dass ich unzufrieden mit meinen Sexualleben wäre. Im Gegenteil.“ Nur leider ist es momentan auf Grund anderer Umstände sehr dürftig, dachte er anschließend und seufzte. Er wollte Serdall endlich wieder sehen. Wieder mit ihm schlafen und einfach bei ihm sein und nicht zwangsweise von ihm getrennt. „Darum geht es ja auch nicht“, erwiderte Kai kopfschüttelnd. „Naja, auch egal. Erzähl mir lieber mal von deinem Freund. Wie lange seid ihr schon zusammen?“, fragte er Daniel neugierig und setzte sich neben ihn. Kurz durchfuhr Daniel ein scharfer Schmerz, als er so bewusst auf die Erinnerungen mit Serdall gestoßen wurde. Er vermisste ihn trotz der wenigen Tage Trennung. Da es so extrem unsicher war, wann sie sich wieder sahen, schien die Sehnsucht sich noch zu verdoppeln. „Wir kennen uns seit knapp zwei Jahren, aber richtig zusammen sind wir seit einem Jahr und sieben Monaten“, antwortete er mit in die Ferne gerichtetem Blick. Kai runzelte die Stirn. Daniel schien nicht wirklich gut auf das Thema zu sprechen zu sein. Unhörbar seufzend sprang Kai wieder auf und packte Daniel bei der Hand. „Na komm, Danniboy. Ich hol noch schnell Duschgel und Handtücher und dann düsen wir gleich los.“ Energiegeladen zog Kai Daniel mit sich und ließ ihn kurz im Flur allein. Aus dem Bad holte er zwei grellorangene Handtücher, die Daniel unweigerlich wieder zum Lachen brachten. Keck zwinkerte Kai dem Schwarzhaarigen zu, ehe er noch zum Schrank im Flur ging und eine andere Motoradjacke herausholte, die er Daniel zuwarf und noch einen Helm nahm, der auf dem Schrank ruhte. „Ich versuch auch nicht zu schnell mit dir zu fahren, okay?“, meinte er leise und strich Daniel unbekümmert eine schwarze Strähne aus der Stirn. „Will ja nicht, dass du ausversehen den Tennisschläger durch die Gegend schmeißt, nur weil deine Finger von der Höllenfahrt noch zittern.“ „Ich fürchte, dass ich den Schläger auch so durch die Gegend schmeißen werde. Mal sehen, wie ich mich bei meinem ersten Mal anstelle. Und meine Finger werden schon nicht zittern, wenn du dich an die Straßenverkehrsordnung hältst und dein Motorrad nicht ganz so doll in die Kurven legst.“ Er folgte Kai, der ihn aus der Wohnung geleitete. Leise kichernd schlichen sie die Treppen in der zweiten Etage hinunter, um nicht noch einmal eine Standpauke von Frau Papenstiel zu bekommen und stiegen dann wieder auf Kais Motorrad. Daniel krallte sich lieber gleich etwas fester an ihn, doch Kai hielt Wort und fuhr für seine Verhältnisse wohl ganz gesittet, wenn er auch hier und da ein Auto recht spektakulär überholte. Nach knapp einer Viertelstunde standen sie vor der großen Tennishalle. „So“, sagte Kai, als er sein Motorrad sicher geparkt hatte und sich zu Daniel gesellte, der immer noch vor der Halle stand. „Dann mal los, was?“ Schnell fasste er wieder nach Daniels Hand und zog ihn mit sich in die Halle. An der Info begann er mit der Frau zu diskutieren, als sie ihm eröffnete, dass sie ohne Termin keinen Platz für sie hätte. Seufzend begann Kai dann eine lange, sehr nervige Unterhaltung mit ihr und die brünette Frau sah schon entschuldigend zu den übrigen Gästen, die wartend in der Schlange standen. „Ist ja gut!“, rief sie schlussendlich aus. „Nehmen Sie halt den reservierten Platz des Vereins. Heute ist der eh nicht besetzt, weil ein Wettkampf in Berlin ist“, zischte sie und knallte Kai Tennisschläger vor die Nase. „Geht doch“, meinte er grinsend und ging voran in die Halle. Kopfschüttelnd aber dennoch leise vor sich hin glucksend folgte Daniel ihm zu den Umkleiden, wo sie rasch in ihre Sportklamotten wechselten und dann schließlich zu ihrem Platz schlenderten. Daniel stellte sich gegenüber von Kai auf und sah erst ihn und dann seinen Schläger skeptisch an. „Wenn du lachst, falls ich mir mit dem Ding hier selbst eine verpasse, hau ich dir den Schläger über den Kopf“, meinte er. Kai lachte laut auf. „Ey, ich bete dich allein dafür an, dass du mit mir hergekommen bist“, meinte er keck. „Und jetzt erzähl mir mal, was wir hier machen sollen“, meinte er grinsend und ließ den Blick über die anderen Plätze schweifen. Um die Regeln zu lernen war es sowieso zu spät, aber ein wenig spielen war dann sicher drin. „Okay, ich glaube ich mach mal einen Aufschlag“, rief er Daniel zu und spielte ihm dann etwas schief den Ball zu. Daniel eilte der gelben Kugel überrascht nach und schlug den Ball ziemlich eiernd zu Kai zurück, war aber erst einmal froh, ihn überhaupt über das Netz bekommen zu haben. Mit der Zeit wurden sie beide allerdings etwas sicherer, nachdem sie einige Bälle durch verunglückte Schläge halb k.o. geschlagen hatten und sie mehrmals über ihre eigenen Füße gestolpert waren. „Pause“, jappste Daniel nach einer dreiviertel Stunde und schlurfte geschafft zur Bank an der Seite des Platzes. Kai kam zu ihm und setzte sich neben ihn. „Boah, also mir persönlich reicht es für heute“, meinte er geschafft. „Sonst können wir heute Abend gar nicht so lang tanzen.“ Sich den Schweiß von der Stirn wischend sah er zu Daniel, der von der Anstrengung sichtlich gerötete Wangen hatte. „Tennis gefällt mir doch nicht so ganz“, kicherte Kai und lehnte sich zurück. „Was gibt es denn noch so an Sportarten?“ Überlegend sah er an die Deckenhalle. „Ich weiß, das nächste Mal testen wir Golf!“, rief er begeistert. „Nee, danke. Ohne mich“, erwiderte Daniel mit kraus gezogenem Mund. „Sogar in Minigolf bin ich eine Niete. Außerdem habe ich da mal einen Schläger gegen die Lippe bekommen und hatte dann fast ein Jahr so einen komischen festen Knubbel drin.“ Der Erinnerung nachfühlend kaute Daniel kurz auf seiner Unterlippe rum und sah anschließend wieder zu Kai. „Wenn du schon unbedingt meinst alle Sportarten durchtesten zu müssen, könnten wir auch schwimmen gehen oder Tischtennis spielen. Irgendwas Normales.“ „Das ist ja unspektakulär“, murrte Kai und zog einen Schmollmund. „Na ja, dann lass uns mal verschwinden. Ich hab jetzt einen mörderischen Hunger“, meinte er und zog Daniel mit sich zu den Duschen. Er warf unterwegs zwei Typen, die sie angeekelt ansahen eine Kusshand zu, ehe er mit Daniel weiterging. „Wir essen bei mir?“, fragte er Daniel, als er ihm eines der grellorangenen Handtücher gab. „Können wir“, bestätigte Daniel schulterzuckend und schlüpfte aus seinen Sportsachen. „Wobei wir bis zum Abendbrot noch ein wenig Zeit haben.“ Er stellte das Wasser an und stellte sich unter eine der Gemeinschaftsduschen. Mit geschlossenen Augen fuhr er sich ein paar Mal durch die Haare und blinzelte dann rüber zu Kai. „Kannst du mir mal das Shampoo rüber werfen?“ Ungeniert ließ Kai seinen Blick über Daniels schlanke Gestalt gleiten. „Klar“, meinte er heiser und hustete ob seiner rauen Stimme. Was für ein hübscher Körper, dachte er sich, als er Daniel sein Duschgel reichte und sich selbst weiter einseifte. Es war schon schade, dass Daniel in festen Händen war und sich rein gar nicht für Kai zu interessieren schien. Was Kai schon sehr seltsam fand. Normalerweise rief er wenigstens eine gewisse Reaktion bei den Männern hervor, aber Daniel schien ihn nur sehr nett zu finden. Seufzend duschte Kai weiter, nicht ohne Daniels Hintern mit den Blicken zu umfahren. „Nun, eigentlich wollte ich Shampoo und nicht Duschgel, aber womit ich anfange ist wohl zweitrangig“, lachte Daniel und errötete leicht, als er Kais Blicke auf sich spürte. War Kai überhaupt solo oder war er in festen Händen? Daniel gestand sich ein, dass er es bislang gewesen war, der über sich erzählt hatte. Er würde Kai später danach fragen. Allerdings dachte Daniel sich, dass Kai nicht ganz so gucken würde, wenn er nicht solo wäre. „Das ist für die Haare und deinen schnuckeligen Körper“, meinte Kai schelmisch zwinkernd und spülte sich ab, ehe er das Wasser ausdrehte und sich das Handtuch um die Hüften schlang. „Auf was hast du Bock? Nudeln? Reis? Bratkartoffeln?“, fragte Kai wieder energiegeladener und sah Daniel dabei zu, wie er sich abtrocknete. Wäre er nicht wirklich beherrscht und schon aus seiner Teenagerzeit raus, würde ihm genau jetzt viel zu viel Blut in die Lenden schießen. So lächelte er nur anzüglich, bevor er wieder zur Kabine ging. „Mir ist das egal. Wenn wir selbst kochen, dann einfach etwas, das schnell geht“, antwortete Daniel und drapierte sein Handtuch ebenfalls um seine Hüfte. Kai seufzte etwas enttäuscht auf und Daniel wurde wieder rot. Er war es nicht mehr gewöhnt, von einem ziemlich fremden Mann so betrachtet zu werden. „Sag mal, gehe ich richtig in der Annahme, dass du momentan solo bist?“, fragte er Kai. Sie schlüpften in der Zwischenzeit wieder in ihre Klamotten. „Ach nein“, meinte Kai. „So ein richtiger Single bin ich nicht. Ich habe ab und zu meine Freunde bei mir, mit denen ich meinen Spaß habe“, sagte Kai lapidar und zog sich sein grünes Shirt über den Kopf. „Aber für so eine richtige Beziehung bin ich wohl zu sprunghaft“, meinte er schulterzuckend und verstaute alle seine Sachen. „Keine Angst, Dan“, meinte Kai im nächsten Moment. „So nötig, dass ich über dich herfallen muss, habe ich es auch nicht. Und heute Abend wird sicher ein Hübscher für mich abfallen“, meinte er grinsend und ging mit Daniel wieder aus der Halle heraus. „Ich habe nicht gedacht, dass du dich über mich…“ Daniel brach ab. Wenn er ehrlich war, hatte er schon den ein oder anderen Gedanken daran verschwendet, dass Kai an ihm interessiert war. Aber selbst, wenn er ihn vielleicht körperlich nicht unbedingt abstoßend fand, war da immer noch der Fakt, dass zumindest Daniel in festen Händen war, der scheinbar dafür sorgte, dass Kai die Finger von ihm ließ. „Tut mir leid“, seufzte er entschuldigend und steuerte auf Kais Motorrad zu. „Dan!“, rief Kai vergnügt und legte einen Arm um seine Schultern. „Kein Grund sich zu entschuldigen. Wenn du willst, fummel ich auch ein bisschen an dir rum“, meinte er grinsend und kniff Daniel in den festen Hintern. „Mir war aber nur so, dass dir das nicht wirklich zusagen würde, oder nicht?“, fragte Kai, als er schon den Schlüssel in den Lenker seines Motorrades steckte. „Nein, nicht wirklich“, grummelte Daniel und rieb sich über die leicht schmerzende Stelle, bevor er sich hinter Kai auf das Motorrad schwang. „Ich bin glücklich mit Serdall und muss echt nicht riskieren, ihn noch einmal fast zu verlieren.“ Bei den Worten machte sich ein flaues Gefühl in Daniels Magen breit, als er an Fei und die junge Japanerin dachte, die sich unter anderem in Serdalls Haus einquartiert hatten. Er schlang seine Arme um Kais Bauch und klammerte sich an ihm fest, als wäre er sein letzter Anker. „Serdall? Na das ist ja ein seltsamer Name. Kannst du mir ja mal nachher erklären“, meinte Kai, ehe er das Visier am Helm herunterklappte und losfuhr. Sie gerieten in den Feierabendverkehr, was Kai ein wenig zu nervös werden und wieder den Mittelstreifen benutzen ließ. Sie brauchten diesmal mehr Zeit für den Rückweg, als sie für den Hinweg benötigt hatten und an Frau Papenstiel kamen sie auch nicht ungeschoren vorbei. Kai beschwichtigte sie, indem er Versprechungen rauf und runter ratterte und nach gut zehn Minuten wurden sie von ihr entlassen, nachdem Kai sogar ihr Auto putzen würde und noch viele andere Dinge. Seufzend schlug Kai wieder die Tür hinter sich zu. „Bei aller Liebe, aber irgendwann vergifte ich sie“, knurrte er grinsend und streifte sich die Schuhe von den Füßen. „Nun, ich denke du hättest die Probleme nicht, wenn du einfach machen würdest, was deine Pflicht als Mieter dir gebietet und den Flur putzt“, erwiderte Daniel leicht lachend und ging schnurstracks ins Wohnzimmer, wo er sich in den Sessel fallen ließ. Glücklich stöhnte er auf. „Man, ich habe gar nicht gewusst, welche Muskelgruppen beim Tennis alle beansprucht werden.“ „Ich und für die putzen? Im Leben nicht“, knurrte Kai und lehnte sich in den Türrahmen, „Ist dein Freund ein Ausländer?“, fragte er im nächsten Moment. „Serdall hört sich nämlich nicht sehr deutsch an, wenn ich das mal bemerken darf.“ Er lächelte, als er Daniel so entspannt in seinem Lieblingssessel hängen sah und fuhr sich kurz durch die, nun nicht mehr gegelten Haare, die ihm wirr vom Kopf standen. „Er ist Japaner“, bestätigte Daniel Kais Verdacht und schielte zu ihm rüber, da er zu faul war den Kopf zu drehen. „Aber ein bisschen Finne und Russe stecken wohl auch noch in ihm, zumindest laut Stammbaum.“ Er rutschte schräg die Lehne hinunter, sodass er mit dem Kopf auf der einen Armlehne lag und seine Beine über die andere baumelten. „Du darfst gern kochen, wenn du magst“, meinte er erschöpft. „Du bist ja echt nicht belastbar“, erwiderte Kai grinsend. „Aber schon krass dein Freund. Ich frage mich schon wie diese Mischung aussieht. Vielleicht lerne ich ihn mal kennen? Würde mich interessieren“, sagte Kai und sah kurz hinter sich zur Küche. „Na, ich werde erst mal was zum Abendessen zaubern, du kannst ja rüberkommen, wenn du wieder fit bist“, meinte Kai und stieß sich vom Türrahmen ab, um in die Küche zu wechseln und Bratkartoffeln zu machen. Daniel blieb im Wohnzimmer zurück. Serdall würde sich bedanken, wenn er mit einem anderen Typen bei ihm ankam. Auch wenn Kai nur ein Freund war. Serdall war so vernichtend eifersüchtig, dass es fast schon penetrant war. Aber das war so ziemlich der einzige Makel an ihm. Was Daniel momentan mehr beschäftigte war, dass er schon nach einem Tag von Kai als Freund dachte. Der Kerl verstand es, sich bei anderen Leuten schnell einzuschmeicheln. Daniel grinste kopfschüttelnd, doch schnell gefroren ihm die Gesichtszüge wieder. Selbst wenn Serdall eifersüchtig werden würde, würde Daniel momentan alles tun, um ihm Kai vorstellen zu können, wenn das der Preis dafür wäre, um ihn wiederzusehen. Trübe Gedanken begannen wieder finster in Daniels Kopf herumzuwabern und er stand entschlossen auf, um sich von Kai in der Küche ablenken zu lassen. Außerdem war es ziemlich frech, wenn er sich auch noch von ihm bekochen ließ. „Hey“, meinte Kai hüftschwingend. Es lief leise Radiomusik und er bewegte sich vergnügt dazu. Bei Daniels tristem Gesichtsausdruck ging er auf ihn zu, schnappte ihn bei den Händen und wirbelte sich mit ihm durch die Küchenzeile. Daniel war im ersten Moment so perplex, das er es mit sich geschehen ließ, bis Kai wieder von ihm abließ und weiter seine Kartoffeln in die Pfanne schnitt. „Und, Danniboy, wie oft gehst du mit Serdall in die Disko?“, fragte Kai beiläufig und hibbelte vor dem Herd hin und her. Er war gerade total in Feierlaune. „Gar nicht?“, fragte Daniel eher, als dass er antwortete. Serdall konnte er ab und an mal zu einem Spaziergang überreden oder zu einem Besuch im Eiskaffee und mit Takis unterstützendem Bettelblick hatten sie ihn sogar mal in den Zoo und ins Schwimmbad gezerrt, aber normalerweise verbrachten sie ihre Tage und Abende zuhause. Geschockt hielt Kai in seiner Bewegung inne. „Also echt, entweder ist dein Freund ein richtiger Miesmuffel oder aber an die sechzig Jahre alt und hängt an einem Beatmungsgerät“, rief Kai empört und sah ungläubig zu Daniel. „Du bist doch gerade mal einundzwanzig! Da gehört das doch zum Studentenleben dazu!“ „Nun, Serdall ist teilweise etwas… anders“, versuchte Daniel es nett und möglichst verständlich zu formulieren. Unsozial wäre etwas gemein gewesen. „Aber auch ohne uns die Ohren weglärmen zu lassen und betrunken in irgendwelchen Gräben zu landen, sind wir recht zufrieden“, versuchte er sich irgendwie zu verteidigen. „Anders?“, fragte Kai verwirrt und malte sich die wildesten Sachen aus. „Das ist schon ganz schön langweilig, wenn man die ganzen Nachmittage daheim verbringt, oder? Also für mich wär das nichts“, sagte er entschieden und sah Daniel mit schief gelegtem Kopf an. „Außerdem, ihr werdet doch ab und an mal zusammen auf ein Date gehen, oder? Du versauerst doch sonst nur.“ „Klar gehen wir mal zusammen weg“, empörte Daniel sich. „Naja, ab und an“, fügte er leiser hinzu. Er seufzte. Kai hatte schon recht. Nach über eineinhalb Jahren Beziehung war schon etwas wir Routine bei ihnen eingekehrt, eben weil sie fast immer dasselbe machten. Das tat zwar Daniels Liebe gegenüber Serdall keinen Abbruch, aber ab und an war es schon recht trübselig, andauernd nur mit Serdall auf der Couch zu sitzen. Energisch schüttelte Daniel den Kopf. Was dachte er denn? Er war zufrieden mit der Art und Weise, wie ihre Beziehung lief. Und er wäre froh, wenn er jetzt mit Serdall zuhause auf der Couch sitzen und kuscheln konnte. Zweifelnd zog Kai eine Augenbraue nach oben. „Na ja, jetzt kennst du ja mich und ich bringe mal ein bisschen Abwechslung in dein ödes Leben“, meinte er grinsend und nahm seine Arbeit wieder auf. „Also ist dein Freund eher einer von der ruhigen Sorte, hm?“ „Wenn du es so ausdrücken willst“, meinte Daniel schulterzuckend und trat zu Kai an den Herd. „Kann ich dir noch irgendwie helfen?“ „Nein, bin gleich fertig“, erwiderte Kai. „Aber wie soll ich es denn sonst ausdrücken?“, wollte er dann wissen. Ihm kam es komisch vor, dass Daniel nur so Bruchstückhaft von sich erzählte, wenn man ihn etwas fragte. „Wie alt ist dein Freund denn? Arbeitet er viel, dass er zu nichts Lust hat?“ „Er ist sechsundzwanzig und arbeitet gar nicht. Er hat gut geerbt und genießt momentan sozusagen das Leben.“ Daniel fand es etwas seltsam, dass Kai so viel aus seinem Leben wissen wollte, aber das war scheinbar einfach seine Art. „Tja, und er ist halt generell jemand, der lieber für sich ist. Er kann nicht so gut mit anderen Leuten, ist eher misstrauisch und zurückhaltend. Aber wenn er mal gegenüber jemandem aufgetaut ist, ist er treu wie ein Hund und weicht dir nicht mehr von der Seite“, erzählte Daniel leicht lächelnd. „Wow, ich hätt nicht gedacht, das es solche Wesen wie ihn überhaupt gibt“, meinte Kai lachend. „Echt, so ein Leben wäre wirklich nichts für mich. Ständig daheim, nichts zu tun“, Kai schauderte sichtlich. Das war rein gar nichts für ihn. Das glich in seinen Augen eher einer Hölle auf Erden. „Aber er sieht gut aus, oder?“, fragte Kai keck über die Schulter grinsend. „Ja, sieht er“, bestätigte Daniel verträumt lächelnd. „Aber glaub ja nicht, dass ich nur mit ihm zusammen bin, weil er gut aussieht und Geld wie Heu hat. Ich liebe ihn und musste lange um ihn kämpfen. So schnell lasse ich ihn nicht mehr gehen.“ Daniel suchte in den Schränken herum, bis er Teller und Besteck gefunden hatte und begann schon mal den Tisch zu decken. Aufhorchend zog Kai die Augenbrauen nach oben. Daniel hatte also einen richtig reichen Typen. Das hörte sich ja gar nicht mal schlecht an. „Ah, die Liebe“, lachte Kai nun wieder frohen Gemüts und wendete die Kartoffeln in der Pfanne. „Meine erste große Liebe hat mich nach einer Woche komplett ausgeraubt“, erwiderte Kai leise lachend. „Zum Glück hat man den Vogel wenig später gefangen und ich habe alles zurückbekommen. Echt, für mich gibt’s die Liebe zurzeit eher nicht“, erwiderte er ehrlich. „Das kann ich verstehen“, meinte Daniel mitfühlend. Wenn sich herausstellen würde, dass Serdall ihm nur etwas vorspielte, um ihn seiner wenigen Habseligkeiten zu berauben, würde für Daniel eine Welt zusammenbrechen. Es würde sehr lange dauern, bevor er wieder solch ein starkes Vertrauen zu jemandem aufbauen können würde. Kai tat ihm wirklich leid. Etwas betreten holte er noch Gläser aus dem Schrank. Währenddessen füllte Kai die Teller mit den Bratkartoffeln und stellte die Pfanne zurück auf den Herd. Er holte aus dem Kühlschrank noch eine Cola heraus und schenkte ihnen ein, ehe er sich zu Daniel setzte. „Hey“, flüsterte Kai zu Daniel, der bedrückt auf seinen Teller starrte. „Jetzt bleib locker und mach dir nicht so viele Gedanken. Du siehst doch, dass es mir super geht und ich eigentlich extrem gut drauf bin“, meinte er grinsend. „Und jetzt koste mal“, meinte er mit der Gabel zu Daniels Teller wedelnd. „Ich hab‘s drauf, auch wenn es nur Bratkartoffeln sind“, lachte er verschmitzt und begann ebenfalls zu essen. Daniel grinste kurz und steckte sich eine Gabel der wirklich ziemlich guten Bratkartoffeln in den Mund. Bei Kai konnte man einfach keine trüben Gedanken haben. Mit seiner euphorischen Art steckte er jeden, der sich mit im Raum befand, einfach an. „Wo willst du heute Abend eigentlich hin?“, fragte er Kai. „Du hast vorhin etwas von einer Disko in der Innenstadt gesagt oder so. Muss man sich dafür irgendwie besonders anziehen? Dann müsste ich wohl nämlich doch noch mal nach Hause. Wobei, warte. Ich komme gerade nicht so richtig an alle meine Sachen dran.“ Skeptisch bemerkte Daniel, dass der Großteil seiner Klamotten noch bei Serdall war, da er den Koffer nur für ein paar Tage gepackt hatte. „Ach, du musst dich nur ein bisschen hübsch machen“, meinte Kai lapidar. „Und das würde dir in einem Müllsack noch super gelingen“, komplimentierte er Daniel und lachte leise über die roten Wangen. „Aber ich glaube, ich hab noch ein schönes enges Shirt für dich, natürlich in Pink“, feixte Kai und grinste Daniel an. „Dann müssen wir nicht nochmal zu dir fahren. Und nicht, dass es dich irgendwie schockt, aber wir gehen in eine Disco nur für große Jungs“, meinte er keck zwinkernd und aß weiter. Zwischen zwei Happen sagte er noch: „Ich rate dir also auf deinen süßen Hintern aufzupassen.“ „Dein pinkes Shirt kannst du gern als Kopftuch benutzen“, grummelte Daniel. „Eher gehe ich nackt, als das Ding anzuziehen. Und ich denke schon, dass ich mich gegen die bösen Typen wehren kann, die wegen nichts anderem kommen als zu versuchen, mich mit sich nach Hause zu nehmen.“ Grinsend steckte er sich die letzte Gabel Bratkartoffeln in den Mund und tat sich nach einer kurzen Bedenkpause noch eine Schaufel voll auf. Er war ziemlich neugierig, wie es in so einer richtigen Schwulendisco war. Er hatte noch nicht einmal gewusst, dass es hier überhaupt so etwas gab. Kai zog nachdenklich die Stirn kraus. „Das mit dem Kopftuch ist vielleicht gar keine so schlechte Idee“, meinte er grinsend und schob satt seinen Teller von sich. „Aber ich werde trotzdem ab und an nach dir schauen, will ja nicht, dass du wirklich noch unfreiwillig in irgendeiner dunklen Ecke landest.“ Interessiert beobachtete Kai, wie Daniel noch zu Ende aß. „Dir hat es anscheinend wirklich geschmeckt“, meinte er grinsend. „Klar“, bestätigte Daniel ehrlich. „Aber so wie du vorhin angegeben hast, war es dir doch ohnehin bewusst, dass es mir schmecken würde“, zog er Kai auf. Daniel schob seinen Stuhl zurück und schraubte sich in die Höhe, um das Geschirr wegzuräumen. „Nun, wenn du meinst, dass ich einen Babysitter brauche, damit ich nicht weggeschnappt werde, darfst du gern bei mir bleiben. Aber ich habe auch so nichts gegen deine Gesellschaft.“ „Oh wie freundlich, euer Hochwohlgeboren“, erwiderte Kai feist und half Daniel kurz beim Abwasch. „Ich muss dir mal was ganz Ernstes sage, Dan“, meinte Kai plötzlich und fasste Daniel am Oberarm, um seine volle Aufmerksamkeit zu bekommen. „Dich hat wirklich der Himmel geschickt“, grinste er nun wieder. „Echt, du bist ein ganz netter Kerl, auch wenn dein Freund ein wenig komisch ist.“ Bevor Daniel etwas sagen konnte, lief Kai schon wieder quirlig aus der Küche. „Los komm, Daniel! Wir machen uns jetzt mal schick!“, rief er ihm noch zu. Ziemlich verdutzt trocknete Daniel sich noch die Hände ab und ging dann Kai hinterher. Der Kerl hatte echt nicht alle Tassen im Schrank, aber das machte ihn trotzdem nicht unsympathisch. Er folgte Kai in sein Schlafzimmer und erblickte ein pinkes Shirt, das auf dem Bett lag. „Wenn du mir das Ding da andrehst, gehe ich zu Frau Papenstiel und petze ihr, dass du dir zu fein zum Putzen bist“, knurrte er. Traurig verzog Kai den Mund. „Man, du bist so ein Spielverderber, dabei würde dir Pink absolut geil stehen.“ Schmollend sah Kai zu seinem Schrank und wühlte weiter darin. Er warf einige kunterbunte Klamotten heraus und auf sein Bett, während er sich selbst auch noch ein paar Sachen über den Arm legte, die für ihn in die engere Auswahl gehen würden. Skeptisch blickend drehte er sich dann zu Daniel um, der sich konzentriert und teilweise schockiert die Shirts ansah. Einige Netzteile schien er gar nicht erst anfassen zu wollen. Langsam fragte sich Kai schon, aus welchem Kloster der Kleine entsprungen war. Kai ging auf ihn zu und strich nachdenklich durch Daniels schwarze Haare. „Hast du die schon einmal gegelt?“, fragte er ihn und zwirbelte einige Haarsträhnen hin und her. „Ja, mit sechzehn“, antwortete Daniel. „Sag mal, hast du auch irgendwas Normales? Etwas, bei dem ich, wenn ich es anziehe, nicht gleich auf einhundert Meter Entfernung allen ins Auge springe?“ „Himmel“, murrte Kai wiederwillig du zog ein schwarzes Shirt aus seinem Schrank. „Du tust echt fast wie die Unschuld vom Lande“, knurrte er. „Und deine Haare sind ein Zustand“, meinte er ernst. „Warum machst du denn nichts aus dir? Ich mein okay, so an sich ist deine Frisur in Ordnung, aber das würde auch noch besser gehen. Komm schon, lass uns ein bisschen Spaß haben.“ „Nun, ich weiß nicht, ob ich unter Spaß verstehe, mich in grelle Farben zu kleiden und meine Haare hochzugelen, sodass ich aussehe, als hätte ich in eine Steckdose gefasst.“ Kai sah ihn enttäuscht und leicht verletzt an und Daniel seufzte resigniert. „Gut. Ist ja gut“, meinte er unwillig. „An meine Haare lass ich dich ran, aber glaub nicht, dass ich deine Shirts da anziehe.“ Er griff nach dem schwarzen Stück Stoff, das Kai in der Hand hatte, und zog es sich über. Entsetzte stellte er fest, dass ihm dieses topartige Shirt gerade mal bis zum Bauchnabel reichte. Begeistert stellte sich Kai vor Daniel. „Oh Mann, du bist echt ne Sahneschnitte“, meinte er grinsend und wich dem Klaps aus, den Daniel ihm verpassen wollte. „Warum du dich so verstecken willst, ist mir ein Rätsel“, murrte Kai ihn an und fasste Daniel wieder bei der Hand, um ihn mit sich ins Bad zu ziehen. „Mach mal deine Haare ein bisschen feucht“, kam es dumpf von Kai, der seinen Kopf in den Spiegelschrank steckte und nach seinen Utensilien suchte, ohne dass unbedingt seine Kondome herunterfielen und im Waschbecken landeten. Daniel sah sich etwas entsetzt im Spiegel an. „Kai, dieses Ding taugt vielleicht noch als Unterwäsche, aber nicht als Oberbekleidung“, beschwerte er sich, steckte dann allerdings brav den Kopf unter den Wasserhahn, als ihn ein vernichtender Blick traf. Zufrieden stellte Kai Haargel, Kamm und Haarspray vor sich und griff sogleich in Daniels Haare, als er sich nun vor ihn stellte. „Jetzt lass Kai mal machen“, murmelte der Blonde zu sich selbst, drückte eine gute Ladung des Haargels auf Daniels Haupt und begann fachmännisch mit seinen Hände hier und da zupfen. Mit dem Kamm brachte er die richtige Grundlage herein und die Feinarbeit fixierte er dann mit einer Nebelwolke aus Haarspray. „So, mein Bester“, sagte er vergnügt. „Du siehst fast aus wie ein komplett neuer Mensch.“ Anerkennend pfiff er im nächsten Moment durch die Zähne, als Daniel noch dazu seine himmelblauen Augen öffnete. „Wow.“ Skeptisch betrachtete Daniel sein Spiegelbild. „Ich muss zugeben, dass es wirklich nicht schlecht aussieht“, meinte er ehrlich und tippte mit dem Finger an eine steinharte Haarspitze. „Nur zum Durchwuscheln ist es nichts mehr.“ Er zupfte wieder an seinem Shirt. „Trotzdem denke ich nicht, dass ich das hier anziehen sollte. Da habe ich so wenig Stoff am Körper, dass ich genauso gut nackt gehen könnte.“ Kai fasste sich genervt an die Stirn und seufzte lautstark. „Daniel“, sagte er ernst, sah ihm geduldig in die Augen und legte eine Hand auf seine Schulter. „Von welchem Stern kommst du denn bitte? Echt, wenn du in der Disco bist wirst du froh sein, dass ich dir nicht andere Dinge zum Anziehen gegeben habe. Ehrlich, du bist noch sehr gut verpackt. Außerdem, vertrau mir doch ein bisschen, ja? In deiner Schluderkleidung fällst du mehr auf als in dem hier“, murrte er und grinste in dem Moment schon wieder. „Ich verstehe deinen Freund langsam. Der will mit dir nicht ausgehen, weil du so ein süßer Kerl bist. Selbst mir läuft gerade das Wasser im Mund zusammen“, gab Kai zu und strich Daniel einmal verführerisch über den flachen Bauch. „Schade, dass du vergeben bist“, seufzte Kai und ließ wieder von Daniel ab, um sich selbst die Haare zu machen. Daniel ersparte sich einen Kommentar und ging dann zurück in Kais Schlafzimmer, um sich eine passende Hose herauszusuchen, die möglichst nicht in einer grellen Farbe gehalten war und nicht aus Leder oder sonstigen ungewöhnlichen Materialien bestand. Schlussendlich blieb nur noch eine ziemlich knappe Hose über, die kurz über seiner Schambehaarung endete und recht eng saß. Daniel wollte gar nicht wissen, wo sie bei Kai hing, aber er hatte ja gesagt, dass er recht gründliche Intimrasur pflegte. Seufzend machte er sich wieder auf den Weg ins Badezimmer, mit dem über zwanzig Zentimeter langem Streifen Haut an Bauch und Unterbauch irgendwie gar nicht zufrieden. Kai blieb buchstäblich die Spucke weg, als er sein Gesicht, nach einem letzten prüfenden Blick über seine Haare, zu Daniel wandte. „Oh heilige…“, flüsterte er leise und sein Herz begann unweigerlich schneller zu pumpen, als Daniel ihm mürrisch, mit roten Wangen und unwohl an dem Shirt und der Hose zupfend, ansah. Jetzt wusste er, warum Serdall diesen Jungen hinterm Berg hielt. Sowas Niedliches hatte er ja seit Jahren schon nicht mehr gesehen und wenn, war es eine kleine, schwule Schlampe gewesen. Daniel hingegen hatte diesen Unschuldsfaktor, gepaart mit ein bisschen Hilflosigkeit in Anbetracht ihres Vorhabens. „Ich glaube es ist besser, wenn ich dir nicht von der Seite weiche“, murmelte Kai perplex. Daniel war nicht wirklich zum Lachen zumute. Etwas mürrisch dreinblickend sah er Kai an und seufzte auf. „Ich hoffe für dich, dass die Leute dort echt noch weniger anhaben und ich nicht auffalle. Wobei ich es seltsam finde, dass sie da alle mit irgendwelchen übrig gebliebenen Stofffetzen rumlaufen und… Nein! Kai, bleib mit dem Ding da von mir weg!“ Entsetzt wich Daniel zurück, als Kai einen schwarzen Kajal ans Tageslicht befördert hatte. „Dan, jetzt stell dich nicht so an“, meinte Kai grinsend und pinnte Daniel an die Wand. „Heute ist ganz oder gar nicht und deine superblauen Augen muss man doch ein bisschen betonen. Echt, dein Wimpernschlag ist ja der Wahnsinn“, meinte Kai vergnügt und sah Daniel aus der Nähe in die Augen. Resigniert hielt Daniel still und sah kurzzeitig an die Decke, wie Kai ihn anwies. Er konnte trotzdem die Tränen nicht unterdrücken, die aus seinen Augen tropften, da er diese Reizung einfach nicht gewöhnt war. „Fertig?“, fragte er Kai ungeduldig und wollte sich über die Augen reiben, doch wurde er von Kai daran gehindert. Sanft wischte Kai die Tränen weg, ohne dass der Kajal verschmierte. Er lächelte kurz versonnen. Die Nähe zu Daniel machte ihn plötzlich ganz verrückt. „Jap“, meinte er energisch und ließ wieder von Daniel ab. „Und du siehst echt zum Anbeißen aus“, eröffnete Kai und zog den Schwarzhaarigen mit sich zum Spiegel. „Ein ganz anderer Mensch, nicht wahr?“, flüsterte er an Daniels Ohr und sah fasziniert seine Reflexion an. Daniel war vorher auch nicht hässlich gewesen, aber er hatte nicht das Besondere an ihm hervorgehoben und schien für Kai eher uninteressant, doch jetzt konnte er kaum die Augen von dem hübschen Schwarzhaarigen nehmen. „Nun, es ist nicht schlecht geworden“, gestand Daniel sich widerwillig ein. Kai hatte tatsächlich gute Arbeit geleistet und die Kleidung, das Gel und der Kajal unterstrichen seine Vorzüge in dezenter, nicht aufdringlicher Weise. „Was ziehst du an?“ Kai seufzte laut. „Also wenn ich dich so ansehe, werde ich mich wohl auch mal richtig in Schale werfen“, murmelte Kai und flitzte im nächsten Moment schon wieder in sein Schlafzimmer. Verzweifelt wühlte er seinen Schrank durch. Er beförderte eine weiße Hose hervor, die ihm relativ niedrig auf den Hüften saß. Anzüglicherweise zog er einen schwarzen String unter. Dafür zog er ein dunkelrotes Muskelshirt an, das seine Oberkörperpartie perfekt betonte. Eine dicke Silberkette legte er sich noch um den Hals und ruckelte dann seine Hose noch ein Stück tiefer, ehe er wieder zu Daniel lief und sich ihm präsentierte. „Was meinst du?“ Heiß, ging es Daniel durch den Kopf, doch er gab sich für den Gedanken eine mentale Ohrfeige. „Kein Pink, keine knalligen Farben. So darfst du dich mit mir blicken lassen“, meinte er stattdessen und grinste Kai an. Schmollend verzog der das Gesicht. „Du bist manchmal echt fies, Daniel. Weißt du das?“, murrte Kai und zog Daniel mit sich. „Da überhäufe ich dich mit Komplimenten“, murrte Kai nörglerisch und warf Daniel wieder die Motorradjacke entgegen, „und du hast nur das für mich übrig.“ Kai zog sich selbst die schwarze Jacke über und schnappte sich wieder den einen Helm. Plötzlich schlug er sich gegen die Stirn. „Wo hab ich nur meinen Kopf?“, murrte er dann. „Ich brauche doch noch meine Geldbörse.“ Sogleich lief er zurück in die Wohnung, auf der Suche nach besagtem Gegenstand. Lautes Gefluche drang sogar bis in den Flur. Leise glucksend wartete Daniel, bis Kai wiederkam. „Du siehst heiß aus“, sprach er seinen Gedanken von vorhin aus. Kai hatte ja recht. Vielleicht war es etwas gemein gewesen, dass er ihn auch in der Hinsicht aufgezogen hatte. Glücklich lächelte Kai ihn an. „Na siehst du, hast dir keinen Zacken aus der Krone gebrochen“, ärgerte Kai Daniel und schlüpfte in seine Schuhe. „So, bist du dann bereit? Wir müssen aber ganz leise machen, sonst erwischt uns die Schreckschraube.“ „Die erwischt dich morgen ohnehin wieder“, gab Daniel zurück, folgte Kai aber brav. „Fahren wir wieder mit deinem Motorrad oder nehmen wir den Bus?“ „Was meinst du, wozu ich das Ding hier mitschleppe?“, fragte Kai grinsend und hielt Daniel den Helm vor die Nase. Sie schafften es sogar Frau Papenstiel zu entkommen und ungestört zur Garage zu gelangen. „Außerdem fährt kein Bus mehr, wenn wir heim wollen, außer du hast Bock bis zum Morgengrauen zu feiern, bis der erste Linienbus wieder fährt.“ „Nicht unbedingt“, erwiderte Daniel und setzte dich den Helm auf. „Allerdings wirst du dich dann leider mit dem Alkoholgenuss etwas zurückhalten müssen.“ Er setzte sich hinter Kai, der schon aufgestiegen war, und schlang zum dritten Mal an diesem Tag seine Arme um ihn. „Ach, ich trinke eh lieber daheim“, murmelte Kai, bevor er wieder sein Visier herunterklappte und kurz die nun behandschuhte Hand über Daniels Finger gleiten ließ. Wie hatte er mit Daniel an dieselbe Uni gehen können, ohne ihn je zu bemerken? Das lag wirklich nur daran, dass Daniel sich viel zu unauffällig kleidete. Kai startete seine Ninja und fuhr ruhig die Straßen entlang, die nun, am Montagabend, relativ leer waren. Das Studentenleben war in der Hinsicht einfach nur toll. Das erste Mal genoss Daniel die Fahrt einigermaßen. Zwar fühlte er sich noch etwas wacklig auf dem Motorrad, nur Kai in seinen Armen als Stütze, damit er nicht hinunterfiel, doch der saß fest wie ein Anker auf seiner Maschine und vermittelte Daniel so sicheren Halt. Ende Kapitel 6 Kapitel 7: ----------- Kapitel 7 Schon nach kurzer Zeit hielten sie auf einem Parkplatz in der Nähe der Innenstadt. Leise hallten die Bässe von Musik durch die spätabendliche Luft und Daniel wappnete sich mental für seinen ersten Besuch in einer Disco, die ausschließlich für homosexuelle Besucher ausgelegt war. Kai schloss seinen eigenen Helm wieder im Sitz ein, den anderen sowie ihre Jacken gaben sie dann an der Garderobe ab. Schon bevor sie überhaupt die Discothek betraten, warf man ihnen interessierte Blicke zu. Kai hatte Daniel wieder bei der Hand. Als sie dann im Vorraum waren, hallten schon tiefe Bässe durch ihren Körper. Kai zog Daniel mit sich zur Bar und bestellte ihm einen Drink und sich selbst eine Cola. Überall waren männliche Pärchen, küssten sich ungeniert und fummelten aneinander herum. Teilweise trugen einige Männer Hosen, die keinen Stoff über den Pobacken besaßen und auch viele trugen erst gar kein Shirt. Musternde Blicke wurden zu Kai und Daniel geworfen und Kai schlang besitzergreifend einen Arm um Daniel, flüsterte ihm dann ins Ohr. „Siehst du? Du fällst hier nur auf, weil du absolut süß bist.“ „Im Vergleich zu denen müsste ich schon in Lack und Leder rumlaufen, um anhand meiner Klamotten auffallen zu können“, erwiderte Daniel erstaunt und leicht entsetzt und starrte zwei Männern hinterher, die lediglich in extrem engen Hotpants herumliefen. „Ehrlich, was erhofft man sich, wenn man so hier aufkreuzt?“, fragte Daniel sich laut, doch seine Aufmerksamkeit wurde von einem Kerl in weißem Tanga und Engelsflügeln beschlagnahmt, der auf einem Podest in der Mitte des weitläufigen Raumes tanzte. Daniels Augen weiteten sich. Kai lehnte sich näher an Daniels Ohr. „Im Gegensatz zu dir geht es bei ihnen um sehen und gesehen werden und darum, heute Nacht nicht allein im Bett zu schlafen“, meinte Kai keck und genoss die Nähe zu Daniel ungemein. Daniel schien für ihn echt wie aus einer anderen Welt. Allein jetzt die großen blauen Augen, wie sie erstaunt alles in sich aufnahmen, waren absolut liebenswert. „Außerdem ist das hier nur ein magerer Abklatsch von dem, was hier am Wochenende herumläuft.“ „Da kann ich ja froh sein, dass ich vorgestern nicht das erste Mal hier war“, stellte Daniel fest und starrte den tanzenden Mann mit den Engelsflügeln recht ungeniert an. Wenn Serdall ihn hier jetzt so sehen würde, wäre wohl die Hölle los. Daniel war recht froh, dass er momentan zuhause war. Zwar war er immer noch bekümmert, dass er gerade nicht bei seinem Freund sein konnte, aber Kai lenkte ihn ziemlich gut ab. Eine Hand legte sich von hinten auf seine Schulter und Daniel wandte den Kopf um. Ein Mann Mitte dreißig sah ihn fragend und lächelnd an. „Hey. Wie sieht es aus, Lust, mit mir ein bisschen was zu unternehmen?“ „Sehe ich so aus?“, zischte Daniel und der Andere suchte schulterzuckend das Weite. Schnaubend nahm Daniel einen großen Schluck von seinem Drink. Wie dreist musste man sein, um einfach jemanden anzusprechen, der gerade den Arm eines anderen Kerls auf der Schulter liegen hatte? Denn Kais Arm war immer noch um Daniel geschlungen. Kai lachte neben ihn auf und nippte an seiner Cola. „Du hättest dir wenigstens nen Drink von ihm spendieren lassen können, Danniboy“, meinte er amüsiert. „Aber ich glaub dir jetzt, dass du dich ganz gut allein verteidigen kannst.“ Der Blonde rieb mit dem Daumen leicht über die nackte Haut an Daniels Hüfte und ließ seinen Blick ebenfalls zu den jungen Mann auf dem Podest gleiten, der graziös seinen Körper bewegte und dabei seine Flügel unschuldig auf und ab wippen ließ. Daniel griff sich Kais Hand und stoppte ihre Bewegung. „Du kannst sie gern dort liegen lassen, da ich hoffe, mir so die meisten Typen vom Leib zu halten, aber sie bleibt dort einfach liegen und das war es, in Ordnung?“ Scharf sah er Kai an. Daniel wollte nicht, dass Kai sich irgendwelche Hoffnungen machte oder so. Außerdem kam er sich schäbig vor, wenn er sich von Kai anfassen ließ, während Serdall zuhause saß und wohl genau in diesem Moment an ihn dachte. „Bleib cool, Dan. Ich weiß, dass ich bei dir nicht landen kann“, meinte Kai beschwichtigend. „Und ich hab keinen Bock, deine Beziehung kaputt zu machen“, murrte er Daniel zu und lächelte schief. „Aber diese Grabbelfinger können einfach nicht still halten“, erklärte er lachend und wedelte mit seinen Händen vor Daniels Gesicht herum, ehe er den einen Arm wieder um Daniel legte. Er kicherte immer wieder leise. „Du bist wirklich ne kleine Diva“, meinte Kai belustigt und trank seine Cola aus. „Wollen wir dann tanzen?“ „Und du kommst mir vor, als hättest du dir heimlich in deine Cola puren Alkohol gekippt“, antwortete Daniel und sah Kai dann nicht gerade sehr begeistert an. „Tanzen? Ich weiß nicht.“ Doch seinen Widerspruch ließ Kai nicht gelten, sondern zog ihn an der Hand in Richtung Tanzfläche. Kurz hielt Daniel ihn noch auf und trank seinen Drink mit wenigen Zügen leer, bevor er sich mitschleifen ließ. Unbeaufsichtigt wollte er hier wirklich nichts stehen lassen. Kai stürmte dann mit ihm auf die Tanzfläche und begann geübt den Takt in sich aufzunehmen. Rhythmisch bewegte er sein Becken und führte einige gutaussehende Schritte aus. Daniel sah ihn unbeholfen an und Kai lächelte ihn nachsichtig an, ehe er vorsichtig seine Hände auf Daniels schmale Hüften legte und ihn ein wenig in den Takt hinein dirigierte. Nach und nach wurden Daniels Bewegungen besser und Kai schien es, als ob es ihm Spaß machen würde, zwischen der schillernden Masse zu tanzen und die Wärme der anderen Körper zu spüren, die aufgeheizt um sie herum tanzten. Kai ließ wieder von Daniel ab und ließ seinen Blick durch die Menge schweifen, auf der Suche nach ein paar bekannten Gesichtern. Daniel fand tatsächlich langsam Gefallen an der Sache. Durch den Alkohol schon etwas gelöst bewegte er sich im Takt der Musik. Wenigstens das Rhythmusgefühl hatte er durch seine Gitarre schon seit langem. Zwar sahen seine Bewegungen nicht so gut und geübt aus wie die von Kai, aber er befand für sich, dass er die Sache nicht schlecht machte. Er spürte, wie sich eine Hand auf seinen Po legte, doch als er sich entsetzt umwandte, sah ihn keiner direkt an. Es hätte jeder von dem halben Dutzend Typen sein können, die hinter ihm dicht gedrängt tanzten. „Das ist das Manko an diesem Laden“, rief er Kai über die Musik hinweg zu. „Du kommst halt gut an“, hielt Kai dagegen. „Passiert mir ständig sowas“, meinte er stolz und streckte Daniel die Zunge heraus, als er ihn erbost ansah. Der DJ drehte derweil voll auf und holte die richtige Musik heraus, die die Masse zum Kochen brachte. Plötzlich fiel Kai ein dürrer Kerl um den Hals und drückte ihm die Lippen auf den Mund. „Andi!“, rief Kai vergnügt und küsste den Brünetten zur Begrüßung tief. „Ich bin mal kurz weg, Dan“, meinte Kai zwinkernd zu dem Schwarzhaarigen. „Zehn Minuten, ja?“, rief er ihm noch laut zu, was in dem Bass fast unterging. Etwas perplex sah Daniel ihm hinterher. Das war wohl einer der Freunde, von denen Kai gesprochen hatte, die er ab und an bei sich und mit denen er seinen Spaß hatte. Zehn Minuten also. Das reichte wohl für einen Quickie auf dem Klo. Kopfschüttelnd aber trotzdem leicht grinsend ging Daniel wieder zurück zur Bar. Kai war echt eine Klasse für sich. Daniel hatte nichts drum, dass er sich mit so vielen Typen abgab. Dustin war früher ja genauso und solange Kai ihn nicht in diese Reihe eingliedern wollte, war ja alles in Ordnung. Er bestellte sich noch einen Drink, doch eine andere Hand schob seine weg, als er bezahlen wollte und beglich stattdessen die Rechnung. „Na, so ganz allein jetzt“, fragte derselbe Kerl von vorhin und ließ sich neben ihm nieder. „Hör mal“, fing Daniel an und verdrehte die Augen. „Es ist nett, dass du mein Getränk bezahlt hast, aber mein Interesse ist auch nach etwas Alkohol seit vorhin nicht sprungartig gestiegen.“ „Nun, dein Freund ist scheinbar grad mit einem Anderen abgezischt, also warum gönnst du dir nicht auch ein bisschen Spaß.“ „Er ist nicht mein Freund“, gab Daniel zurück. „Dann steht dem doch noch weniger im Weg“, kam die prompte Antwort. Daniel fragte sich, ob der Typ zu dämlich war oder ob er einfach nicht kapieren wollte, dass er keine Lust auf eine schnelle Nummer hatte. „Hör zu“, sprach Daniel jetzt langsam und deutlich. „Ich habe einen Freund, bin also in festen Händen. Ich bin treu und habe keine Lust, mir von einem dahergelaufenen Typen, der nur seinen Trieben zu folgen scheint, in einer abgefuckten Toilette seinen Schwanz in den Arsch schieben zu lassen. Und wenn das auch noch nicht angekommen ist, dann tust du mir echt leid, denn dann weist dein Hirn scheinbar noch nicht mal die Größe einer Erbse auf.“ Ziemlich angepisst suchte der Kerl tatsächlich das Weite und Daniel schlürfte missmutig sein Getränk. Ehrlich, solche Typen vermiesten ihm den gesamten Abend. Grinsend und mit roten Wangen trat Kai wenig später wieder zu ihm und ließ sich keuchend auf dem Hocker neben Daniel nieder. „Na, hast du die Angriffe von dir abhalten können?“, meinte er kurzatmig und bestellte sich noch eine Cola, wobei er dem Barkeeper verführerisch in die Augen sah und sich kurz vorlehnte, um ihn etwas ins Ohr zu flüstern. Der junge Kerl lachte vergnügt. „Kai, du alter Charmeur“, meinte er grinsend und küsste Kai auf die Wange. „Geht aufs Haus“, meinte der Barkeeper, als Kai zahlen wollte und wandte sich wieder zu seinen anderen Gästen. „Was hast du ihm gesagt?“, fragte Daniel neugierig und überging Kais eben gestellte Frage. Kai grinste Daniel amüsiert an. „Das ist nicht jugendfrei und auch keinesfalls für deine Ohren bestimmt“, erwiderte Kai. Schließlich ging es Daniel auch nichts an, was er dem Barkeeper ab und zu verkaufte. Kai machte da manchmal auch seine Sonderangebote, aber Daniel ging das in erster Linie nichts an. Der Barmann zwinkerte Kai noch einmal zu und der Blonde nickte zurück. „Also, wie war es so ohne mich? Schon ein paar Nummern zugesteckt bekommen?“ „Hör bloß auf“, grummelte Daniel missgelaunt. „Der Typ von vorhin war noch mal da. Ehrlich, wie penetrant kann man sein? Hier laufen weit über hundert Kerle rum und er muss sein Glück zweimal bei demselben versuchen.“ Daniel trank den Rest seines Drinks auf Ex und bestellte sich noch einen, den er dieses Mal selbst bezahlte. Im Moment war seine Stimmung eher auf dem Nullpunkt. „Aber du scheinst dich ja recht gut amüsiert zu haben“, meinte Daniel mit einem Seitenblick auf Kais noch geöffneten Reisverschluss. „Du solltest vielleicht mal deine Hose schließen. Sieht besser aus.“ Lachend tat Kai, was Daniel ihm riet. „Ja“, meinte der Blonde vergnügt. „Andi ist ganz unterhaltsam“, erklärte er Daniel und nippte wieder an seiner Cola. „Aber manche Kerle scheinen es schriftlich zu brauchen, wenn man ihnen eine Abfuhr verpasst, was?“ Kai nickte in die eine Ecke des Vorraumes, wo der Mittdreißiger saß und böse zu ihnen sah. „Oder auf die harte Tour begleitet von ein paar unschönen Worten“, fügte Daniel an und sah ebenfalls in die Richtung, in die Kai blickte. Ihm war schon etwas unwohl, wenn er daran dachte, dass der Kerl vielleicht nicht ganz so harmlos war, wie er aussah. „Sag, wie lange willst du hier eigentlich bleiben?“, fragte er Kai etwas unbehaglich. „Wir sind doch gerade erst gekommen!“, rief Kai empört. „Komm schon, du lässt dir doch von dem den Abend nicht versauen, oder? Ich pass auch auf dich auf, wenn du Angst hast“, meine Kai beschwichtigend und legte wieder vertraut seinen Arm um Daniels Taille. „Wenn du willst rede ich auch mal ein paar Takte mit dem Typ.“ „Ich denke nicht, dass das nötig ist“, seufzte Daniel. „Der hat seine Lektion bei mir heute wohl gelernt. Außerdem, wie willst du den ganzen Abend bei mir bleiben? Soll ich dich das nächste Mal mit auf die Toilette begleiten?“ Er grinste schief. „Danke, aber ich komm schon klar. Amüsier du dich.“ Kai seufzte genervt. „Was soll die Lämmchenhaltung? Ich rede jetzt mit dem Kerl“, murrte Kai und stand auf. Er wollte sich von dem Mann nicht den Abend versauen lassen. Er sah es dem Mittdreißiger an, dass er sich anspannte, als Kai auf ihn zuging. Lächelnd lehnte sich Kai neben ihn an die Bar und flüsterte ihm etwas zu, als er ihm unbekümmert durch die Haare strich. Kurz wanderte der Blick des Mannes im Sichtschutz der Theke zwischen sie. Plötzlich nickte der Mann grinsend und schüttelte Kai die Hand. Nickend verabschiedete sich Kai von dem Typen und ging zurück zu Daniel. „So“, meinte er entspannt und nippte an seiner Cola, während der Mittdreißiger sich an den nächsten jungen Kerl ranmachte. „Wie machst du das?“, fragte Daniel erstaunt. „Jeder hier, mit dem du ein Wort wechselst, scheint dir schon nach wenigen Sekunden aus der Hand zu fressen.“ Verdattert starrte er Kai an. Das war doch nicht normal. Lernte man so was im Medizinstudium? Geschicktes Verhandeln? Er hatte gedacht das wäre etwas für die Leute, die Marketing oder Wirtschaft studierten. „Mit ein bisschen Charme geht alles“, lachte Kai. „So biestig wie du immer bist, machst du die Kerle ja geradezu scharf, Danniboy“, erklärte er Daniel. Es war schon überraschend, wie der Schwarzhaarige anderen eine Abfuhr erteilte. Kai konnte sich wohl glücklich schätzen, Daniel in der Mensa begegnet zu sein. In einer Disko hätte er ihn sonst nie kennengelernt. „Wenn der mich zweimal so doof von der Seite anmacht, werde ich ihm bestimmt nicht lieb anblinzelnd von mir weg komplimentieren“, erwiderte Daniel leicht gereizt. Allerdings kam er schnell von seinem Trip wieder runter. „Wie dem auch sei“, meinte er und sah Kai an. „Danke, dass du mir geholfen hast. Hast du Lust, noch ein wenig zu tanzen?“ Kai nickte und Daniel ließ sich dann wirklich besser gelaunt auch ein wenig mehr auf die Musik ein. Schlussendlich blieben sie noch drei Stunden ohne schwere Zwischenfälle, außer ein paar frechen Händen, die sie am Hintern betatschten. Lachend ging Kai mit Daniel am Arm aus der Diskothek. Ihre Ohren nahmen nur dumpf die plötzliche Stille um sie wahr und sie sprachen noch zu laut, als sie miteinander redeten. „So, soll ich dich Heim bringen? Oder hast du noch Lust bei mir was zu trinken?“, fragte Kai, während er sich auf seine Maschine setzte und seinen Helm auf seinem Kopf befestigte. „Ich schätze, wenn ich bei dir noch was trinke, komme ich nicht mehr weg, was?“, wollte Daniel grinsend wissen. Nach seinem fünften Cocktail war er schon nicht mehr wirklich nüchtern. „Immerhin wirst du dann auch was trinken und dann war es das mit Motorrad fahren.“ „Genau so sieht es aus“, meinte Kai grinsend und musterte Daniel genüsslich. Die roten Wangen rührten vom Alkoholkonsum her und mit der voranschreitenden Zeit an diesem Abend war Daniel auch lockerer geworden. „Ich würd dir auch das Sofa für heute leihen“, meinte Kai vergnügt und half Daniel das Kinnband seines Helmes richtig zu schließen. „Na wenn du meinst“, erwiderte Daniel schulterzuckend und wartete, bis Kai vor ihm auf das Motorrad stieg und er sich an ihm festhalten konnte. „Mich erwartet ohnehin keiner und morgen habe ich nur zwei Stunden Uni am frühen Nachmittag, also kann ich mich heute nach Lust und Laune besaufen.“ Er kicherte leicht und umklammerte mit der einen Hand Kais Hosenbund, den Daumen innen an die warme Haut gepresst, da er an der Jacke keinen Halt fand. Verwirrt klappte Kai sein Helmvisier herunter. Warum erwartete Daniel denn niemand? Was war denn mit seinem Freund? Es passte nicht zusammen, wenn Daniel behauptete, dass sein Freund treu wie nichts sei, sonst nichts zu tun hatte und nun nicht mal auf seinen Daniel wartete. Ihm war es egal, denn Daniel ein wenig länger bei sich zu haben hatte auch seine Vorzüge. Kai lächelte hämisch. Die warmen Finger, die sich an seiner Haut befanden, waren ein netter Vorgeschmack und Daniel schien eigentlich für vieles offen zu sein. Kai fuhr an. Das Motorensummen hallte auf dem leeren Parkplatz wieder, bevor Kai sich in den kaum vorhandenen Straßenverkehr einfädelte und zurück zu sich fuhr. Daniel an seinem Rücken schmiegte sich genießerisch eng an ihn und schien diese Fahrt wirklich zu genießen. Es war fast schade, als er die Garage erreichte und Daniel absteigen musste. Leise schlichen sie sich nach oben. Wieder hielt Kai Daniels Hand, als sie endlich in seiner Wohnung waren. „So, dann wollen wir doch mal schauen, was ich feiner Kerl noch so zum Trinken habe“, meinte Kai laut, schob sich die Schuhe von den Füßen und zog die Jacke von seinen Schultern, ehe er schon in die Küche und zum Kühlschrank tigerte. Daniel machte es sich mal wieder in seinem fast schon Stammsessel im Wohnzimmer bequem. Ihm ging es gerade wirklich gut. Er wusste, dass er das dem Alkohol zuzuschreiben hatte. Die wenigen Male, die er schon gut angeheitert gewesen war, war es ihm genauso ergangen. Lächelnd schloss er die Augen und konnte fast noch die dumpfen Bässe der Disco hören, die durch seinen Körper pulsierten. Etwas Kaltes berührte seine Wange und Daniel schlug wieder die Augen auf. Lächelnd hielt Kai ihm eine Bierflasche hin, die Daniel dankend annahm, bevor sich der Blonde ächzend auf sein Sofa fläzte und die Füße auf den niedrigen Tisch ablegte. „Ja, so ist das toll“, seufzte er zufrieden und trank von seinem Bier. „Und, was sagst du zu diesem wunderbaren Tag? Ist doch sicher besser, als die ganze Zeit zu Hause rumhängen.“ Kai musterte Daniel, wie er schief lächelnd aus der Flasche trank. „Es ist auf jeden Fall eine sehr schöne Bereicherung zu meinem momentanen Tagesablauf gewesen“, gab Daniel zu und leerte sein Bier mit einem Zug bis zur Hälfte. „Aber ich glaube, wenn ich das jeden Tag mache, dann kann man mich vergessen. Besoffen zur Uni, das wäre was.“ Er kicherte wieder etwas albern. Unweigerlich kicherte Kai mit. Es war wirklich verrückt, wie normal es mit Daniel eigentlich war, obwohl Daniel zum Teil etwas verklemmt schien. „Was machst du die Woche so? Triffst du dich mit deinem Freund oder können wir noch ein paar Sportarten und Diskos austesten?“ „Gegen andere Sportarten bin ich nicht abgeneigt, Diskos aber wohl eher nicht. Ich habe nur dienstags erst so spät Uni. Am Wochenende habe ich dann hoffentlich keine Zeit. Also nicht, dass es mir mit dir nicht gefallen würde, aber mein Freund ist im Moment leider sehr… beschäftigt“, versuchte Daniel trotz seinem sich langsam sehr schwer anfühlendem Kopf die richtigen Worte zu finden. Skeptisch zog Kai die Augenbrauen hoch. Beschäftigt also, dachte er sich misstrauisch. „Wir werden sehen, wenn nicht meldest du dich einfach. Ich gebe dir nachher auch noch meine Handynummer und du mir deine. Dann ist man doch gleich viel flexibler“, meinte Kai mit einem Augenzwinkern und trank einen großzügigen Schluck von seiner Flasche. „Aber ich dachte dein Freund arbeitet nicht?“, hakte er noch einmal interessiert nach. „Nein, aber sein Bruder ist grad aus Japan zu Besuch und beansprucht verständlicher Weise viel von seiner Zeit“, meinte Daniel etwas unwirsch. Er wollte jetzt nicht an Serdall denken. Der Abend war grad so schön und die unnützen Gedanken würden ihn nur trüben. Kai nickte beeindruckt. Einen Bruder in Japan zu haben war sicherlich aufregend. „Dein Freund ist schon ziemlich… krass“, meinte Kai schulterzuckend und lief noch einmal in die Küche. Er holte noch ein paar alkoholische Getränke, die sie nach und nach tranken. Nebenbei ging Kai dazu über, versaute Witze und peinliche Anekdoten von sich zu erzählen, was Daniel so zum Lachen brachte, dass er kaum mehr Luft bekam. Sehr angeheitert und ziemlich taumelnd stand Kai später auf, um auf die Toilette zu gehen. Als er wiederkam schmiss er sich rigoros auf Daniels Schoß. „Boah, bin ich voll“, lallte Kai fertig. Mittlerweile hatten sie den Bierkasten geleert, den Kai noch in Reserve gehabt hatte. Daniel hatte angefangen, jetzt bei jeder Kleinigkeit vor sich hinzukichern und schien sich nicht sonderlich darum zu scheren, dass Kai es sich auf ihm bequem gemacht hatte. Im Gegenteil. Vergnügt wuschelte er Kai durch die blondierten Haare, die jetzt auf Grund des Gels in alle Richtungen abstanden, und verfiel wieder in schreckliches Kichern. „Man, so besoffen war ich glaub ich noch nicht mal, als ich mit Fei den ganzen Sake geleert hatte. Zwei Sorten Alkohol scheinen zu viel für mich zu sein.“ „Was is‘n Sake?“, fragte Kai nuschelnd und lehnte schwach seine Wange an Daniels Brust. „Himmel, lass uns pennen gehen, sonst schlaf ich gleich hier ein“, lallte er und erhob sich wackelig von Daniel. Er streckte schwankend die Hand nach Daniel aus, um ihn aus dem Sessel zu hieven. Bei diesem Unterfangen verschätzte er sich und zog zu stark, sodass sie rücklings auf der Erde landeten, wobei Kai erschrocken schrie. Augenrollend rieb sich Kai über den Hinterkopf, auf dem er unschön gelandet war, ehe er laut loslachte. Daniel sah ihn nur bedröppelt an und ließ sich dann vollständig auf Kai sinken. „Könn’ auch hier pennen“, murmelte er und schloss schon mal die Augen. „Hab ja mein Kissen.“ „Mir is das zu unbequem“, murrte Kai und schob Daniel von sich, um ihn dann beim Aufstehen zu helfen. Sie schafften es sogar ohne schwere Zwischenfälle bis in Kais Schlafzimmer. Obwohl es gar nicht geplant war, dass Daniel mit in Kais Bett schlafen sollte, sagte Kai nichts, als Daniel schon begann sich auszuziehen. Daniel legte sich unter die riesige Bettdecke, die ihm scheinbar einladend von Kais riesigem, spielwiesenartigem Doppelbett zuwinkte und sah ihn durch die nur noch einen Spalt weit geöffneten Augen an. „Wenn du nen Problem damit hast, darfste auch auf die Couch gehen“, erklärte Daniel kackfrech. Kai lächelte verschmitzt, als er zu Daniel ging und sich zu ihm unter die Decke stieg. „Und wenn du ein Problem hiermit hast“, flüsterte Kai Daniel ins Gesicht, als er die Arme um ihn schlang, „darfste auch auf der Coach schlafen.“ Seufzend kuschelte sich Kai näher an Daniel. Er wollte nur ein bisschen dessen Nähe spüren. „Kai“, murrte Daniel, tat aber nichts weiter gegen Kais plötzliche Nähe. Stattdessen rutschte er selbst noch ein Stück näher auf ihn zu. „Endlich mal wieder warm beim Schlafen“, seufzte er glücklich und legte seinen Kopf auf Kais Schulter. Sanft ließ Kai seine Finger an Daniels Nacken entlang und über die Schulterblätter streichen. Der Schwarzhaarige in seinen Armen seufzte zufrieden und Kai lief dabei ein warmer Schauer über den Rücken. Versonnen lächelnd, hob Kai Daniels Kinn an und sah ihm in die verschleierten, himmelblauen Augen. Ohne nachzudenken legte Kai seine Lippen auf Daniels Mund und begann ihn zärtlich zu küssen. Einige Zeit bewegte sich Daniel nicht und ließ Kai reglos machen. Sein Gehirn schien sich abgeschaltet zu haben und sendete nur noch nicht zusammenhängende Teilinformationen. Schließlich öffnete Daniel skeptisch die Augen und sah Kai fragend an. „Warum küsst du mich?“ „Einfach weil ich Lust zu hab. Steckt nichts dahinter, Dan“, lallte Kai und ließ verspielt seine Zunge über Daniels rote Unterlippe gleiten. „Kannst auch mitmachen“, murmelte Kai noch, bevor er seine Zunge in Daniels Mund schob und ihn tief zu küssen begann. Erst blieb Daniel ziemlich bewegungslos auf dem Rücken liegen. Kai war schon ulkig. Er küsste andere Leute, weil er Bock dazu hatte. Seltsam. Daniel überlegte kurz. Eigentlich hatte er auch ziemlich Lust, rumzuknutschen. Er hatte schon lange keinen mehr geküsst. Etwas versuchte sich am Rand seines Bewusstseins Gehör zu verschaffen, doch Daniel war es ein Leichtes, dieses Etwas mit Hilfe des Dunstes aus Alkohol zu verdrängen. Er schlang seine Arme um Kai und erwiderte den Kuss. Heiß umfuhren sich ihre Zungen und Daniel fühlte Kais heißen Atem in seinem Mund. Leise keuchte er auf. Das, was er hier geboten bekam, war wahrlich nicht schlecht. Kai schickte seine Hände über Daniels Brustkorb, während er leicht an Daniels Unterlippe saugte. Es war eine willkommene Abwechslung, dass Daniel sich wirklich als erfahrener Küsser bewies. In diesem Moment war Kai alles egal, besonders dass Daniel eigentlich einen festen Freund hatte. Es verursachte ein leises Bauchziehen in ihm, als Daniel genüsslich stöhnte. Himmel, hatte der Kleine eine erotische Stimme. Seufzend ließ Kai seine Hand unter den Bund von Daniels Short gleiten und nach dessen Glied tasten. Doch Kai wurde von Daniels Hand, die zu seiner hinabgeschnellt war, als er sein Ziel noch nicht mal erreicht hatte, aufgehalten. Daniel löste sich aus ihrem Kuss. „Nicht“, nuschelte er. „Ich bin müde. Außerdem ist das nicht richtig. Irgendwie.“ Zwar hatte Daniel gerade keine Ahnung, warum er vor allem die letzten Worte gesagt hatte, da seine Gedanken scheinbar keine zwei Sekunden an einer Sache festhalten konnten, aber dass Kai versuchte, ihn zu irgendwas herumzukriegen, war falsch. Das war ihm seltsamerweise mit aller Klarheit bewusst. Kai nickte. „Hast recht“, murmelte er und ließ seinen Kopf in Daniels Halsbeuge fallen, als er seine Hand zurück nach oben zog. „Ich bin auch schrecklich fertig“, lallte Kai noch und schloss die Augen. „Du kannst trotzdem verdammt gut küssen“, flüsterte er noch, ehe er die Decke höher über sie beide zog und einen Arm um Daniel legte. „Nacht.“ Komisch, dachte sich Daniel. Er konnte sich nicht erklären, woher diese riesige Woge Erleichterung kam, die ihn durchflutete. „Nacht“, erwiderte er, anstatt sich darüber noch weitere Gedanken zu machen und schloss die Augen. Keine zwei Minuten später war er schon eingeschlafen. Grinsend schickte Kai noch einmal seine Hände in Daniels Schoß und hob die Decke über ihnen an. Im Schein der Nachttischlampe besah er sich Daniels Penis, ehe er die Shorts wieder zurecht zog. „Rasieren könnteste dich wirklich“, murrte Kai und schaltete die Nachttischlampe aus. Seufzend schmiegte er sich wieder an Daniel und schloss genüsslich die Augen. Blinzelnd schlug Daniel die Augen auf und schloss sie stöhnend wieder, als grelle Sonnenstrahlen ihn blendeten und seinen Kopf fast zersprengten. Fluchend tastete er nach links, in der Hoffnung, auf Serdalls Nachtschrank die Fernbedienung greifen zu können, mit der er die Jalousien herunterlassen konnte, ohne extra aufstehen zu müssen. Doch statt wie erwartet das schwarze Holz fuhren seine Finger auf warmer Haut entlang. Seltsam. Normal lag Serdall doch immer auf der rechten Seite. Testend öffnete Daniel sein linkes Auge einen Spalt breit. Er brauchte einen Moment, bevor er seine Umgebung scharf sah, doch auch ohne verschwommenen Nebel vor den Augen waren die Haare der Person neben ihm blond und nicht schwarz. Geschockt fuhr Daniel auf und schrie gequält, als sein Schädel zu zerspringen drohte. Erinnerungsfetzen von gestern fuhren vor seinem inneren Auge entlang. Er und Kai in der Mensa, beim Tennis, in der Wohnung und der Disko, auf dem Motorrad und wieder in Kais Wohnung im Wohnzimmer. Und dann? „Wach auf“, rief Daniel leicht panisch und stieß Kai an. Zwar war er noch mit Shorts bekleidet, aber allein die Tatsache, dass er in Kais Bett lag, war für ihn schon schlimm genug und bedurfte wirklich einer Erklärung. Wiederwillig hob Kai seinen Kopf und gähnte laut. „Was ist denn“, murrte Kai und drehte sich nun auf den Rücken, wobei er gequält seinen Arm über die Augen legte. „Brennt es irgendwo?“ „Irgendwo bestimmt“, erwiderte Daniel sarkastisch. „Was mache ich hier in deinem Bett? Wir haben doch nicht…? Nein, das würde ich garantiert auch nicht mit zwei Promille im Blut machen. Aber warum bin ich hier?“ „Man, Dan“, murrte Kai und drehte sich wieder auf den Bauch, weil er so besser sein Gesicht vor der Helligkeit abschirmen konnte. „Keine Ahnung warum du hier bist“, knurrte Kai, weil er einen Kater hatte. „Wahrscheinlich war ich zu voll, um dir das Sofa zu beziehen oder so.“ „Du hast also auch keine Ahnung mehr, was gestern noch passiert ist?“, wimmerte Daniel leidlich. Serdall würde ihn schon dafür köpfen, dass er mit einem anderen Typen in einem Bett geschlafen hatte. Wenn sich herausstellte, dass Kai ihn auch nur mit dem kleinen Finger berührt hatte, würde er aus zumindest einem von ihnen Hackfleisch machen. „Lass mich erst mal wach werden“, murmelte Kai und öffnete nun gewaltsam seine Augen, um zu Daniel zu sehen. Er musste scharf nachdenken. Es wäre nicht sehr vorteilhaft, wenn er Daniel von den Küssen erzählen würde, denn so wie Daniel aussah, befürchtete er das Schlimmste und das wäre wohl fatal. „Also, soweit ich weiß sind wir, nach dem wir viel zu viel gesoffen haben, ins Schlafzimmer gegangen und todmüde und total voll eingeschlafen. Na ja“, setzte Kai noch an, „ich glaube, ich hab mich etwas zu sehr an dich angeschmiegt, sorry deswegen. Aber sonst war nichts“, log Kai ohne rot zu werden. Schließlich wollte er mit Daniel noch ein paar lustige Abende verbringen und es kam ihm sehr gelegen, dass der Schwarzhaarige sich nicht mehr erinnern konnte. „Ehrlich?“, fragte Daniel lieber noch mal nach, doch nachdem Kai wiederholt genickt hatte, entspannte er sich. „Gott sei Dank“, flüsterte er und ließ sich wieder zurück ins Bett fallen. Sein Kopf dankte ihm diese ruckartige Bewegung mit einem Schmerz, als wäre ihm mit dem Hammer eins übergezogen worden. Schmerzvoll stöhnte Daniel auf. „Scheiß auf die Uni. Wen interessieren die zwei Stunden?“, wimmerte er und zog sich die Decke über den Kopf. Wenn er wieder aufwachte, war der Schmerz hoffentlich weg. Kai lachte leise und schloss auch wieder die Augen. „Ja, scheiß auf meine acht Stunden heute.“ Kai warf noch einen Blick auf die Uhr, die schon halb elf zeigte. „Hab eh schon verpennt“, maulte er und tat es Daniel nach und zog seine Decke über den Kopf. Sein Freund Kalle würde ihn schon bei den Vorlesungen, die er verpasste, einschreiben. ------------------------------------- Starr sah Serdall zum Balkon heraus. Er saß mit dem Rücken an sein Bett gelehnt und ignorierte seine Umwelt. Yoshiko hatte es irgendwann aufgegeben mit ihm zu reden, als er ihr nicht geantwortet hatte, was Serdall sehr begrüßte. In ihm gähnte eine schmerzende Leere und schien sich nicht mehr vertreiben zu lassen. Seine Gedanken drehten sich nur noch um Feis Worte. Daniel hatte ihn benutzt. Hatte er es wirklich? Serdall wusste es nicht. Er hatte einfach nur eine schreckliche Angst, dass es wahr war. Was sah Daniel ihn ihm? Liebte er ihn? Serdall war eigentlich überzeugt von Daniels Liebe, doch in welche Verhältnisse Fei Daniels Liebe gestellt hatte, bereitete Serdall Magenschmerzen. Daniel hatte ihn jedoch nie um etwas gebeten, sich nie etwas gewünscht, was Serdall ihm kaufen sollte. Doch Serdall hatte ihm jeden Wunsch von den Lippen abgelesen, egal ob es Daniel nicht gesagt hatte. Hatte sein Freund darauf hingearbeitet? Um ihn so auszunutzen? Serdalls Finger gruben sich in sein eigenes Shirt, direkt über seinen Bauch, der ihn rumorend zu peinigen begann. Wenn Daniel wirklich diese Hintergedanken gehabt hatte, dann… Serdall wusste nicht was dann. Es brachte ihn fast um, dass Daniel womöglich nur all die Dinge um ihn herum liebte, aber ihn nicht wirklich. Keuchend schloss Serdall die Augen. Das war die Hölle. Sein ganzer Körper rebellierte und jeder Muskel schien in ihm zu verkrampfen. „Er liebt mich“, flüsterte Serdall fest und versuchte die Schmerzen in sich zu unterdrücken. Die Zeit mit Daniel konnte einfach nicht gelogen sein. Matt ließ er einen Arm auf das Bett gleiten und zog sich das Kopfkissen heran, welches er sich auf den Bauch legte und das er dann fest umklammerte, während sein Blick weiterhin starr aus dem Fenster ging, hinaus auf den grauen Himmel. Betrübt sah Yoshiko aus dem Fenster der Küche und starrte ebenfalls in den tristen Himmel. Die Stimmung in diesem Haus konnte man bestenfalls als gedrückt und teilweise gereizt bezeichnen. Nach dem angeblichen Gespräch, das sich von oben eher wie ein saftiger Streit angehört hatte, redeten Serdall und der Oyabun nur noch das Nötigste miteinander. Stattdessen verkroch sich Serdall in seinem Zimmer und litt scheinbar stumm vor sich hin, während der Oyabun fast den ganzen Tag am Telefonieren war und versuchte, das geplatzte Geschäft mit anderen Sachen wieder aufzufangen. Wenigstens war Dustin da, mit dem sich Yoshiko irgendwie angefreundet hatte. Zumindest redeten sie ab und an. Er war eigentlich der einzige in diesem Haus, mit dem sie sich regelmäßig unterhielt. Gut, Taki kam auch manchmal zu ihr, aber die trübe Stimmung seines Vaters wirkte sich auch auf ihn aus und so blieb auch er in letzter Zeit viel allein in seinem Zimmer. Seufzend wandte sich Yoshiko von dem düsteren Bild vor sich ab und ging durch die Küche zum Herd. Ihr kam es so vor, als würde sie den ganzen Tag nichts anderes machen als zu kochen und zu lesen. Langsam war sie es satt und das schon nach nur wenigen Tagen. Sie kam sich eingesperrt vor und wusste, dass sie das auch in gewisser Hinsicht war. Jemand betrat den Raum und sie stellte freudig fest, dass es sich um Dustin handelte. „Hey“, begrüßte sie ihn. „Na“, meinte Dustin mit einem schiefen Lächeln, das ihm auch sogleich aus dem Gesicht wich. Er setzte sich ermattet neben Yoshiko an den Tisch und stützte den Kopf in die Hände. „Serdall muss Daniel so schnell wie möglich sehen“, meinte er geradeheraus und sah stur auf die Tischplatte. „Ja, momentan ist er einfach unerträglich. Wobei, er versucht eben einfach die ganze Zeit für sich allein zu sein und ignoriert alles um sich herum. Aber genau das ist es, was mich so nervt. Ich habe keine Ahnung, um was es in dem Streit letztens ging, aber scheinbar hat es ihm einen gehörigen Dämpfer gegeben. Ich gebe dir vollkommen recht, dass die einzige Möglichkeit, ihn wieder aus seinem Tief herauszuziehen, ein Treffen mit Daniel wäre.“ Sie setzte sich zu Dustin und sah ihn ernst an. „Also machen wir das mit dem Scheindate? Du lenkst Kikuchi irgendwie ab und ich überrede den Oyabun, dass Serdall momentan scheinbar so psychisch labil ist, dass er auf mein Werben anspringen wird." „Je eher, desto besser. Ich glaube Serdall ist wieder an dem Punkt angelangt, an dem er alles mit Daniel anzweifelt. Echt“, Dustin seufzte schwer und strich sich fahrig durch die blonden Haare, „ohne Daniel kann der Kerl nicht leben. Kaum ist Dan weg, geht der ganze Mist von damals scheinbar wieder los. Das letzte Mal, als ich Al so gesehen habe, ist er eine Woche später im Krankenhaus gelandet“, beichtete Dustin seine Sorgen. Serdall konnte man im Moment ziemlich leicht mit einer Kalkwand verwechseln, von der Hautfarbe her. Und auch seine Stimmung schien nur noch aus Apathie zu bestehen und das bereitete Dustin nicht nur ungemeine Sorgen, sondern auch eine ziemliche Angst. Serdalls Kopf schien wieder Amok zu laufen und das war in dieser Situation sehr unpassend, da Fei scheinbar sehr zufrieden damit war, dass Serdall keinerlei Diskussion mehr anfing. Yoshiko nickte entschieden. Sie kannte Serdall zwar fast gar nicht, aber selbst ihr war aufgefallen, dass er langsam aber sicher zusammenzubrechen schein. Schon früher hatte er nicht viel gegessen, doch seit gestern rührte er eigentlich gar nichts an, wenn man ihn nicht dazu zwang. Kein Wunder, dass er das eine Mal scheinbar im Krankenhaus gelandet war. „Okay. Dann werde ich gleich mal ins Wohnzimmer zum Oyabun gehen und ihn um die Erlaubnis bitten, morgen mit Serdall auszugehen. Und du bist dir sicher, dass du Kikuchi auf den letzten Drücker davon abhalten kannst, uns zu begleiten oder zu folgen?“ Dustin grinste nun versaut. Er hatte mit Ethan schon darüber gesprochen und es stand ihrem Unterfangen nichts im Wege. Kikuchi musterte sie ständig ziemlich eindeutig und Ethan hatte zugestimmt. Ihr Plan würde aufgehen und alles würde wunderbar werden. „Aber sicher doch“, erwiderte Dustin überzeugt. „Es liegt nur noch an Feis Zustimmung und daran, ob Serdall mitgeht.“ „Gut“, meinte Yoshiko ziemlich skeptisch. Wollte sie wissen, was Dustin geplant hatte? Nein, wohl eher nicht. So wie er dreinsah, war es etwas, von dem sie ohnehin keine Ahnung hatte und das ihre innerliche Ausgeglichenheit wohl ziemlich ins Wanken bringen würde. „Nun, drück mir die Daumen“, sagte sie nach kurzer Zeit des Schweigens und ging dann in Richtung Wohnzimmer. Fei telefonierte mal wieder und schielte nur kurz aus den Augenwinkeln zu ihr, bevor er sich wieder seinem Gesprächspartner zuwandte. Yoshiko wartete einige Zeit geduldig, bis er aufgelegt hatte. Fei richtete seine braunen Augen auf sie und lehnte sich zurück. „Hast du etwas auf dem Herzen, Yoshiko?“, fragte er sie freundlich und nahm sich kurz für sie Zeit. Langsam entspannte sich die Situation in Japan wieder und so war Fei auch nicht mehr so missgestimmt. „Ich wollte Sie bitten mir zu erlauben, morgen mit Serdall auszugehen“, kam Yoshiko gleich zum Punkt und trat etwas weiter auf Fei zu. Sie versuchte ihre Miene so neutral wie möglich werden zu lassen und hoffte, dass er nicht dahinter sehen konnte. Überrascht zog Fei eine Augenbraue nach oben. „Er scheint davon momentan eher nicht angetan zu sein. Zumindest sieht Serdall nicht so aus, als ob er in der Lage wäre, mit die vernünftig auszugehen“, erwiderte Fei spitz und verschränkte die Arme. „Aber, wenn er mich darum bitten würde, wäre ich natürlich sehr großzügig, ihm diese Bitte zu gewähren.“ „Ich denke nicht, dass er Sie darum bitten würde“, erwiderte Yoshiko freudlos und sah Fei jetzt ziemlich direkt an. „Es ist tatsächlich deutlich zu erkennen, dass er im Moment eher nicht freudig durch die Gegend springt. Das ist auch in erster Linie der Grund, weswegen ich Sie darauf anspreche. Ich weiß nicht, was Sie ihm vor ein paar Tagen gesagt haben, aber es scheint ihn nachdenklich und angreifbar gemacht zu haben. Wenn er jetzt mit mir ausgehen würde, wäre vielleicht eine gute Gelegenheit gekommen, um mich ihm zu nähern. Denn dort kann er sich nicht verkriechen.“ Erstaunt sah Fei Yoshiko an, ehe er selbstzufrieden lächelte. Sie schien ihre Chance zu sehen, seinen Bruder endlich von ihren Qualitäten zu überzeugen. Mittlerweile hatte Fei daran gezweifelt, ob sie überhaupt wirkliches Interesse an Serdall hatte, doch nun war er wirklich zufrieden. „Das wäre vielleicht keine schlechte Idee“, überlegte Fei nun laut. „Er scheint langsam einzusehen, was Daniel eigentlich in ihm sieht und ich denke, dass du ihm in seinem freien Fall bremsen solltest. Schließlich schadet er sich im Moment nur selbst“, gab Fei zu bedenken. „Also gut“, meinte er großzügig, „morgen dann. Und ich will einen Erfolgsbericht hören, Yoshiko“, sagte er scharf und sah ihr gnadenlos in die Augen. Langsam war seine Geduld mit Serdall auch auf ein Mindestmaß herunter geschraubt. „Natürlich“, bestätigte Yoshiko, verbeugte sich leicht und ging wieder zur Küche. Bei dem Blick waren ihr sämtliche Nervenbahnen im Körper gefroren. Wenn ihr Plan misslang und der Oyabun etwas mitbekam, dann würde sie leiden, soviel war sicher. Allerdings konnte sie jetzt auch nicht mehr zurück und wenn Dustin Kikuchi tatsächlich zurückhalten konnte, würde sie keiner sehen, der sie verraten konnte. Sollte Kikuchi wider erwarten mitkommen, dann taten Serdall und sie eben so, als würden sie tatsächlich auf ein Date gehen. Sie musste ihn noch einweihen. In der Küche nickte sie Dustin einmal knapp zu zum Zeichen, dass ihr Plan anlaufen würde. Es wäre verdächtig, wenn sie gleich nach ihrem Gespräch mit dem Oyabun einen leisen Plausch mit ihm halten würde. Vor allem, falls der Oyabun sie eventuell noch skeptisch belauschen würde. Stattdessen ging sie einfach aus der anderen Tür wieder hinaus und machte sich auf den Weg nach oben zu Serdall. Einmal tief durchatmend, weil jedes Gespräch mit ihm im Moment nur eine Qual war, klopfte Yoshiko leise an und trat dann ins Zimmer. „Serdall?“, fragte sie vorsichtig. Jener reagierte nicht auf Yoshiko. Er starrte nur weiter in seinen Gedanken verloren hinaus auf den aschgrauen Himmel. In ihm wirbelten nur noch dieselben Fragen und er hatte kein gesteigertes Interesse, sich mit irgendjemandem zu unterhalten. Er wollte die Zeit zurückdrehen. Zurück, wo er sich noch nicht solche fatalen Gedanken gemachte hatte. Serdall griff unweigerlich fester in das Kissen, welches an seinem Bauch ruhte und zog die Beine enger an seinen Körper. Seufzend setzte sich Yoshiko zu ihm auf das Bett. Dustin hatte Recht. Wenn Serdall so weitermachte, wäre die nächste Konsequenz wohl das Krankenhaus. Kein Essen, keine Bewegung, wer brach da nicht nach ein paar Tagen zusammen? „Wenn du magst, gehen wir Daniel morgen besuchen“, spielte sie gleich als erstes ihren Trumpf aus und wartete gespannt darauf, wie Serdall reagieren würde. Nicht verstehend verzog Serdall die Augenbrauen, sah jedoch immer noch nicht zu Yoshiko. Wie sollten sie denn Daniel besuchen? Wollte er überhaupt Daniel besuchen? Was wenn er wirklich plötzlich merkte, dass Fei ihm die Augen geöffnet hatte? Dass Daniel ihn nicht wirklich liebte? Serdall lehnte seine Stirn an seine eigenen Knie. Er begann bei diesen Gedanken leicht zu zittern und keuchte unterdrückt. Pure Angst lief durch seinen Körper. Er fürchtete sich vor der vermeintlichen Wahrheit. „Ich will nicht“, flüsterte er schwach. „Was soll das heißen, du willst nicht?“, fragte Yoshiko perplex. Sie hätte erwartet, dass Serdall durch diese Neuigkeit aus seinem Loch hervorkommen und sich mal wieder freuen würde, stattdessen schien ihn die Aussicht, Daniel zu treffen, total abzuschrecken. Yoshiko runzelte die Stirn. Sie hatte da so einen Verdacht. „Was hat dein Bruder dir gesagt?“, wollte sie harsch wissen und griff Serdall recht hart an den Schultern, während sie sich vor ihn stellte. Serdall sah ihr emotionslos ins Gesicht. Seine Augen waren glanzlos, als er sie wieder abwandte und gen Boden blickte. „Lass mich los, Yoshiko“, murmelte er leise und wartete bis sie es tat, ehe er leise mit ihr sprach. „Fei hat mir die Augen geöffnet“, erklärte er ihr, brach dann jedoch ab. Er wollte mit ihr nicht darüber reden. Er war sich ja noch nicht einmal selbst im Klaren darüber, was er denken sollte. „Inwiefern die Augen geöffnet?“ Yoshiko behielt zwar ihre Hände bei sich, starrte Serdall dafür allerdings in Grund und Boden. Ihre Stimme war schneidend. Er liebte Daniel über alles, war vollends am Boden zerstört, weil er ihn nicht mehr sehen konnte und ließ sich von seinem Bruder irgendeinen Schund einreden? „Hast du eingesehen, dass der einzige Weg, eine glückliche Beziehung zu führen, der ist, eine Frau statt einen Mann zu wählen? Oder meinte er, dass Daniel nicht gut genug für dich ist?“ Serdall atmete tief durch, ehe er zu einer Antwort ansetzte. „Wenn Daniel nicht gut genug wäre, wäre es mir egal“, zischte Serdall nun mit leichter Wut in der Stimme. „Alles wäre mir egal, ob Daniel dumm oder todsterbenskrank wäre“, fauchte er weiter. Er hob seinen Kopf und sah ihr traurig in die Augen. „Das alles wäre mir gleich, wenn er mich lieben würde“, meinte Serdall leise und ließ seine Stirn wieder auf seine Knie fallen. „Er liebt mich nicht, Yoshiko“, murmelte Serdall abwesend und verkrampfte sich augenblicklich. Ende Kapitel 7 Kapitel 8: ----------- Kapitel 8 Ein lautes Klatschen hallte durch den Raum, von der Ohrfeige herrührend, die Yoshiko Serdall verpasst hatte. Etwas ungläubig starrte sie auf ihre Hand, beschloss aber, sich später dafür zu entschuldigen, wenn Serdall wieder bei Verstand war. „Bist du bescheuert?“, zischte sie aufgebracht. „Ich kenne ihn nicht, aber ich bin mir in einem sicher, nämlich dass er dich liebt. Da reichen allein schon die Erzählungen von Dustin und dir aus, um mir in diesem Punkt eine Meinung bilden zu können. Hat dein Bruder dich einer Gehirnwäsche unterzogen oder was? Vor ein paar Tagen warst du noch in Liebeskummer versunken, weil du ihn nicht sehen kannst und jetzt hängst du hier rum, weil er dich angeblich nicht liebt. Aber eines sage ich dir, du wirst ihn morgen sehen und wenn ich dich eigenhändig dorthin schleifen muss. Dustin und ich halten bestimmt nicht unseren Hals hin, während du eine Anwandlung von Selbstzerstörung bekommst.“ Sprachlos rieb sich Serdall über die Wange. Wut brandete in ihm hoch und sein Gesicht verzog sich zu einer zornigen Maske, als er aufsprang und seine Hand an Yoshikos Kehle legte. Erbittert drückte er zu und brachte sein Gesicht näher an ihres. „Was bildest du dir überhaupt ein?“, grollte Serdall. „Du weißt rein gar nichts über Daniel. Woher willst du denn wissen, dass er mir nicht jahrelang etwas vorgespielt hat?“ Serdall ließ von ihr ab, als sie puterrot im Gesicht wurde. Er wandte sich ab, als sie ächzend nach Luft schnappte. „Und was glaubst du eigentlich, was mit Daniel passiert wenn Fei rausbekommt, was du vorhast?“ Wütend wandte sich Serdall wieder zu ihr und sah ihr kalt in die Augen. „Ich geh doch Recht in der Annahme, dass Fei davon nichts weiß?“, fuhr er kühl fort. „Natürlich nicht“, gab Yoshiko ebenso kalt zurück, als sie wieder einigermaßen Luft geschöpft hatte. Dieser Angriff kam unerwartet und zeigte, dass Serdall wirklich der Bruder des Oyabun war. Doch davon ließ sie sich nicht einschüchtern. Sie hatte in ihrem Leben schon zu viel gesehen und mitgemacht, als dass so eine simple Drohung sie kuschen ließ. „Er wird es nicht rausbekommen, es sei denn du kannst deine Klappe nicht halten. Kikuchi ist abgelenkt und begleitet uns nicht. Des Weiteren ist es beschlossene Sache, dass wir Zwei morgen zusammen ausgehen. Entweder du verbringst deinen Tag tatsächlich mit mir in irgendeinem Café und im Kino oder du schwingst deinen Arsch zu Daniel. Da kannst du ihn dann auch selbst fragen, ob er dich verarscht hat oder nicht.“ Die Hände zu Fäusten ballend stand Serdall wütend vor ihr. Ratlos biss er sich auf die Unterlippe. Er wollte, nein, er musste mit Daniel reden. Aber er würde es nicht ertragen, wenn es die Wahrheit war, dass Daniel ihn nur benutzt hatte. Warum war er plötzlich nur wieder so unsicher? Keuchend legte Serdall eine Hand auf seinen Bauch. Dieser widerliche Schmerz machte ihn im Augenblick auch wahnsinnig. „Ich bring dich um, wenn Fei von der Sache Wind bekommt“, zischte er eisig, stimmte aber so zu, mit ihr morgen zu Daniel zu gehen. „Keine Sorge, das wird er schon selbst erledigen“, erwiderte Yoshiko zynisch und ging dann zur Tür. „Lass dich am besten heute zum Essen unten blicken, damit dein Bruder milde gestimmt ist und uns morgen nicht doch noch einen seiner Bodyguards zusätzlich hinterher hetzt. Denn wenn alles glatt geht, bekommt er gar nicht mit, dass wir allein sind.“ Finster sah Serdall ihr nach. Sie führte sich so auf, als ob sie alles unter Kontrolle hätte und das kotzte Serdall ziemlich an. Es war nicht so einfach, wie es sich diese Frau vielleicht vorstellte. Das Risiko, dass Fei von alldem erfuhr, war verdammt hoch… Serdall seufzte schwer und legte sich auf sein Bett. „Ich muss ihn aber sehen“, flüsterte er leise zu sich selbst und krümmte sich leicht. Er wusste doch, dass alles wieder gut sein würde, wenn er Daniel wieder in seinen Armen hielt. Ohne Daniel ging es einfach nicht. Das Abendessen verlief relativ schweigend. Fei schien es tatsächlich zu würdigen, dass Serdall sich ihnen für diese Mahlzeit angeschlossen und zugestimmt hatte, mit Yoshiko am nächsten Tag auszugehen. Die Stimmung am Tisch war zumindest nicht so angespannt wie in letzter Zeit normalerweise immer. Nachdem sie alles weggeräumt hatte ging Yoshiko in ihr Zimmer, um sich für die Nacht fertig zu machen. Anschließend betrat sie Serdalls Räumlichkeiten und schlug sich ihr Nachtlager an der Heizung auf, wo sie seit dem zweiten Abend immer schlief. Mittlerweile hatte Serdalls Wut sich gelegt. Er saß ruhig auf dem Bett und sah Yoshiko dabei zu, wie sie es sich wieder auf dem Boden gemütlich machte. Eine leise Hochstimmung bahnte sich in Serdall an. Er würde Daniel wiedersehen! Das gab ihm ungemein Kraft und beruhigte auch seine chaosartigen Gedanken. Auch wenn die Zweifel immer noch krampfhaft an ihn nagen wollten, überwog die Sehnsucht nach Daniel und dessen Berührungen. „Glaubst du wirklich, dass alles glatt geht?“, fragte er Yoshiko und setzte sich in einen Schneidersitz auf sein Bett. Yoshiko lächelte ihm ebenfalls wieder milde gestimmt zu. „Bestimmt läuft alles so, wie wir es uns erhoffen. Warum auch nicht? Dein Bruder denkt, wir gehen zusammen aus und dass Kikuchi ein Auge auf uns haben wird. Kurz davor lenkt ihn Dustin allerdings ab, er hat mir versichert, dass es auf jeden Fall funktioniert, und wir können dann ungesehen zu Daniel gehen. Ich lasse euch Zwei dann allein und gehe in die Stadt oder in den Park und komme dann nach vier Stunden oder so wieder und bringe mir ein kleines Pseudogeschenk von dir mit oder so. Was soll bei dem Plan also schief gehen?“ Sie hoffte wirklich, dass alle Eventualitäten bedacht worden waren. Aber so, wie es sich anhörte, wenn sie es runterbetete, schien alles funktionieren zu müssen. Serdall nickte nachdenklich. Vier Stunden mit Daniel würden Serdall den Himmel auf Erden zurückgeben, dennoch machte sich leise Sorge in ihm breit. „Bist du sicher, dass du allein in einer fremden Stadt klarkommst? Versteh mich nicht falsch, du bist zwar nicht auf den Kopf gefallen, aber als Frau alleine ist es nicht wirklich sicher hier“, murmelte Serdall und sah ihr von seiner Position aus ins Gesicht. „Ich habe den ersten Dan in Karate. Damit rechnet meistens keiner, wenn er mich sieht, aber ich kann mich ganz gut selbst verteidigen“, erwiderte Yoshiko schulterzuckend. „Du kannst mich ja zuerst in einem Café in der Nähe absetzen, mir etwas bestellen und mich dann mit meinem Buch zurücklassen. Später holst du mich dann wieder ab. Ich komme schon klar und möchte euch nicht bei irgendwas… stören.“ Sie errötete leicht. Serdall lächelte verschmitzt und lehnte sich leicht vor. „Du störst uns schon nicht, wenn du in der Küche sitzt und dich mit Daniels kleiner Schwester unterhältst“, meinte er mit einem Zwinkern in den Augen. „Außerdem kann Daniel sehr leise sein, wenn er will“, meinte Serdall grinsend und sofort sprangen ihm schöne Erinnerungen in den Kopf, besonders die von Daniel beim Sex. „Ich bevorzuge das Café und ein gutes Buch“, haspelte Yoshiko schnell und verdrängte die Bilder, die vor ihrem inneren Auge erschienen. Außerdem wollte sie Daniels Schwester nicht vier Stunden ihrer Zeit rauben. „Yoshiko“, sagte Serdall ernst, „ich will, dass Dan dich wenigstens einmal sieht, dass du ihm sagst, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht. Oder glaubst du, es würde ihn nicht stören, dass du hier mit im Zimmer schläfst? Mir wäre es zumindest lieber, wenn er wüsste, wer hier um mich herum ist.“ „Aber ich will wirklich nicht bei euch bleiben“, beharrte Yoshiko und sah Serdall entschlossen an. „Gut, ich komme gern mit und treffe ihn. Ehrlich gesagt bin ich auch gespannt auf den jungen Mann, der dir Miesepeter den Kopf so verdreht hat, aber danach will ich in mein kleines Café.“ „Tze, Miesepeter“, zischte Serdall angesäuert. „Wenn du in meiner Situation wärst, würdest du sicherlich auch nicht vor Freude durch die Gegend springen“, fauchte Serdall und verschränkte die Arme. „Nein, wohl nicht“, erwiderte Yoshiko in der Hoffnung, dass der andere Punkt jetzt zu ihrer Zufriedenheit geklärt war. „Aber ich habe mir sagen lassen, dass du auch sonst so bist“, neckte sie weiter. Serdall verzog die Augen zu Schlitzen und blitzte sie böse an. „Wahrscheinlich hat dir das Dustin dann wohl gesteckt“, murrte er sie an. „Mein Schwager ist ein Sonderfall. Den muss man so behandeln.“ „Muss man das?“ Yoshiko zog abschätzig eine Augenbraue hoch. „Also ich fand, dass man sich mit ihm sehr gut unterhalten kann und er auch so ein ziemlich netter Kerl ist.“ Serdall verdrehte die Augen. „Ja, so auf den ersten Blick ist er ein netter und charmanter Mann Anfang dreißig“, murrte er und sah ihr ins Gesicht. „Wenn du ihn kennst ist er ein sexsüchtiger Chaot, der eine abgrundtief versaute Seele hat.“ „Er ist schon Anfang dreißig?“, fragte Yoshiko erstaunt. „Ich hätte ihn jetzt auf gut Mitte zwanzig geschätzt. Aber du hast recht, in dieser von dir genannten Hinsicht scheint er, nun ja, schon irgendwie gut gebildet zu sein.“ Sie errötete wieder leicht und wandte den Kopf ab, um scheinbar interessiert aus dem Fenster zu sehen. „Mehr als nur gut gebildet“, murrte Serdall. „Wohl eher überwiegend experimentierfreudig“, meinte Serdall und legte sich auf den Bauch, dabei immer noch zu Yoshiko sehend. „Dir sind diese Themen sehr unangenehm, oder? Zwar bist du wirklich tolerant“, gab er zu bedenken, „aber mit der ganzen Materie nicht wirklich vertraut, hm?“ Seltsamerweise hatte Serdall seit ihrer ersten Begegnung gedacht, dass Yoshiko sehr erfahren war, aber jetzt blitzte doch die konservative Erziehung durch. Yoshiko zögerte kurz. Eigentlich war das ziemlich privat und sie und Serdall konnte man wirklich nicht als gute Freunde bezeichnen, allerdings wusste sie auch vieles aus seinem Leben, was ein flüchtiger Bekannter eigentlich nicht erfahren hätte. Sie seufzte resigniert. „Nein, nicht wirklich“, gab sie zu und achtete darauf, weiterhin aus dem Fenster zu starren, um Serdall nicht in die Augen sehen zu müssen. Serdall lachte leise und lächelte Yoshiko an, als sie nun doch empört zu ihm sah. „Du kannst doch ganz niedlich sein, wenn du weniger beherrscht bist und mir keine Moralpredigt geben willst“, flachste Serdall nun schon wieder. Allein das Wissen darum, dass er Daniel morgen wiedersehen, mit ihm über seine Zweifel reden und sich wieder in seine Arme legen konnte, ließ ihn sich glücklich fühlen. „Was wirst du tun, wenn du mich nicht heiratest?“ „Ich weiß nicht“, seufzte Yoshiko. Sie nahm ihr Kopfkissen und umarmte es, vergrub das Gesicht etwas in den weichen Daunen. „Wahrscheinlich werde ich auf den nächsten warten, der mir vorgesetzt wird.“ Etwas fahrig zuckte sie mit den Schultern und lächelte Serdall schief an. Serdalls Stimmung sank augenblicklich ein wenig. Yoshiko war ein Instrument ihres Vaters, das nur eingesetzt wurde, um das Ansehen der Familie durch eine Heirat in eine angesehenere Familie zu heben und aufzupolieren. Serdall stützte seinen Kopf auf seine Unterarme. „Würdest du fliehen, wenn du könntest? Ich meine, würdest du dich dem Willen deiner Familie widersetzen, so wie ich es tue?“ Nachdenklich sah Yoshiko ihn an. Merkwürdigerweise hatte sie sich noch nie Gedanken über diese Frage gemacht. „Ich weiß nicht genau“, fing sie an und wählte ihre Worte sorgsam. „Es gibt nichts, was mich noch dort halten würde. Früher war es keine Frage. Als ich noch ein Kind war, war mein Platz nun mal bei meiner Familie. Doch jetzt…“ Sie betrachtete ihre Finger und ließ sich alles erneut durch den Kopf gehen. „Ich meine, ich bin erwachsen. Ich könnte für mich selbst sorgen, wenn ich das Geld hätte, das ich bestimmt nicht bekommen werde, wenn ich von zuhause wegrennen würde. Was mich hält…“ Erneut stockte sie kurz. „Ich denke, ich bin nur noch dort, weil es eben bequem ist. Ich muss mir keine Gedanken machen. Wenn ich mich einfach von ihnen abwenden würde, wüsste ich gar nicht, wie ich anfangen sollte, mir eine eigene Existenz aufzubauen.“ Serdall zog die Augenbrauen nach oben. Er verstand sie und ihre Situation. So ging es vielen Frauen in Japan und das würde sich wohl nie ändern, besonders nicht in der Yakuza. Serdall seufzte leise. Sie tat ihm irgendwie auch leid, schließlich war sein Bruder auch mit Schuld, dass sie jetzt hier war. „Wenn der ganze Mist hier irgendwie vorbei ist, versuche ich dir zu helfen da raus zu kommen“, murmelte er und wunderte sich im nächsten Moment, warum er das gesagt hatte. Er sah ihr in die großen, traurigen Augen. Sie versuchte ihm zu helfen… Serdall wollte sich irgendwann dafür revanchieren. Erstaunt sah Yoshiko ihn an. „Das musst du nicht“, meinte sie, doch ihre Stimme klang nicht ganz so endgültig, wie sie es gerne gehabt hätte. Jetzt, wo Serdall es angesprochen hatte, flammte der immer unterdrückte Wunsch, ein eigenes Leben zu leben, wie ein Inferno in ihr auf. „Ich wüsste auch gar nicht, wie du mir überhaupt helfen solltest“, fuhr sie leiser fort. Serdall lachte leicht. „Das wäre alles nicht das Problem, wenn Fei endlich verschwinden würde“, meinte Serdall schief lächelnd. „Ich könnte dich eine Weile hier unterkommen lassen. Deutsch könnte ich dir auch beibringen und du könntest dir dann eine Arbeit oder so suchen. Oder vielleicht verliebst du dich auch?“ Lächelnd blickte er zu ihr. Serdall sah es Yoshiko an, dass ihr der Gedanke gefiel. Ihr Leben war nur etwas Besseres als eine Zelle in einem vermoderten Gefängnis, das wusste Serdall. Er merkte doch, wie der Zwang in der Familie sein konnte und wenn Fei nicht bald einsah, dass er hier nicht wirklich etwas verändern würde, gäbe es ein Unglück nach dem anderen. Denn Serdall wurde sich langsam wieder sicherer. Daniel liebte ihn und wartete darauf, ihn wiederzusehen. Die Zeit mit ihm konnte nicht gespielt sein. So intrigant war selbst Daniel nicht, egal was Fei behauptete. „Nun, ich muss zugeben, dass dein Vorschlag nicht schlecht klingt“, gestand Yoshiko und lächelte etwas schüchtern. „Ich habe zwar nicht viel Hoffnung, dass das tatsächlich geschehen wird, da einfach zu viel Wenn und Aber dranhängt, aber es ist schön zum Träumen.“ Sie lächelte Serdall jetzt offener an und ließ sich dann nach hinten fallen. „Ich denke, wir sollten schlafen. Du musst doch morgen für Daniel fit sein.“ „Ich bin immer fit für Daniel“, meinte Serdall grinsend. „Manchmal sogar zu fit“, fügte er leise lachend an. „Ich werde mit Fei noch einmal reden müssen“, murmelte Serdall dann jedoch gepresst. „Das kann so nicht weitergehen. Und wenn wir heiraten, Yoshiko“, kühl sah er zu ihr, „werde ich mich wieder scheiden lassen. Es tut mir leid, aber dann tauche ich lieber mit Daniel unter, als mich noch weiter zu irgendetwas zwingen zu lassen.“ „Nein, ist schon in Ordnung“, winkte Yoshiko ab. „Ich hatte es vielleicht anfangs vor, aber unter den gegebenen Umständen bin ich ohnehin nicht gewillt, meine ehelichen Pflichten zu erfüllen. Von daher hast du dann sogar einen guten Grund, dich wieder von mir zu trennen.“ Sie zog die Decke über sich und rutschte noch ein Stück zur Heizung. „Gute Nacht“, sagte sie lächelnd. Serdall nickte und legte sich nun richtig unter seine eigene Decke. Er wollte endlich wieder mit Daniel zusammen in diesem Bett schlafen und sich an ihn schmiegen. Ihn wieder verführen und mit ihm Sex haben… Und so vieles mehr. Nach diesem Mist wäre ein kleiner Urlaub wohl sehr angemessen. Vielleicht in der Karibik oder auf einer Insel im Süden. „Gute Nacht, Yoshiko“, flüsterte Serdall noch, ehe er die Augen schloss. Er begann von weißen Stränden zu träumen, an denen er mit Daniel in der Abenddämmerung entlang gehen würde. ------------------------------------- Etwas mehr als nur leicht nervös stand Yoshiko am nächsten Abend neben Serdall. Sie hatte ihr schwarzes Kleid angezogen, das wohl für draußen etwas kalt sein würde, da es heute Abend angefangen hatte zu frieren, aber für ein Date wohl recht angemessen war. Das Glück war eigentlich auf ihrer Seite. Fei hatte nur einmal in den Flur geschaut und nachgesehen, ob sie tatsächlich ausgingen, dann hatte er sich wieder ins Wohnzimmer zurückgezogen und weitertelefoniert. Dustin hatte Kikuchi kurz mit sich in die Küche genommen, dann waren die beiden nach oben verschwunden. Yoshiko hatte den Verdacht, dass Ethan auch oben war und wollte sich gar nicht vorstellen, was dort ablief. „Können wir?“, fragte sie Serdall etwas zittrig. Lächelnd half Serdall ihr in ihren Mantel und zog sich selbst seinen eigenen an. Seine Handschuhe steckte er in die Taschen, ehe er Yoshiko seinen Arm anbot. „Wenn ich bitten darf, Madame“, flachste er gut gelaunt und führte die Japanerin mit sich zu seinem Wagen. Er half ihr sogar stilgerecht hinein und schloss die Tür für sie, bevor er selbst auf den Fahrersitz stieg. „Wir holen jetzt Daniel ab“, meinte er zu ihr, als er aus der Einfahrt fuhr. „Dann geht es in ein Hotel. Du kannst dich dort im hauseigenen Restaurant bewirten lassen, in Ordnung? Ich kann dich wirklich nicht allein irgendwo in der Stadt lassen“, meinte Serdall fürsorglich und sah sie kurz von der Seite her an. „Übrigens siehst du sehr hübsch aus“, sagte er beiläufig. Yoshiko errötete leicht und bedankte sich etwas peinlich berührt. „Nun, es musste echt aussehen“, versuchte sie ihr Erscheinungsbild abzuschwächen und betrachtete interessiert die Gegend. Bislang war sie noch nicht wirklich aus dem Haus raus gekommen. Sie ließ sich Serdalls Ausführung über seine Pläne des Abends durch den Kopf gehen. „Gut, wenn du meinst, dass du dir ein Zimmer nehmen willst, habe ich nichts dagegen. Für mich ist es wohl wirklich besser, wenn ich dann dort bleibe und esse, statt mich in der Stadt zu verirren. Dort können sie wohl auch Englisch und ich bin nicht ganz so verloren.“ Serdall nickte selbstvergessen. Er war in Gedanken schon vollkommen bei Daniel. Der Weg zu ihm schien plötzlich so endlos weit zu sein. Sein Herz begann heftig zu schlagen, als er in die Straße einbog, in der Daniels Mutter wohnte. Er parkte den Wagen rigoros halb auf dem Bürgersteig und ließ den Motor laufen, als er ausstieg und mit wehendem Mantel zum Eingang lief. Hastig ließ er seinen Blick über das Klingelbrett gleiten. Sofort drückte er auf die Klingel der Erhards und wartete sehnsüchtig darauf, dass jemand sich meldete, vorzugsweise Daniel. Frierend schlug er den Mantelkragen nach oben. Der Wind pfiff schneidend kalt um ihn herum. Ungeduldig wiegte er sich von einem Bein auf das andere. Nuschelnd meldete sich dann endlich sein Freund. „Komm runter. Hier ist Serdall.“ Kurz war noch das leise Rauschen der Gegensprechanlage zu hören, dann war Stille. Nur zehn Sekunden später ging die Tür auf und Daniel schmiss sich außer Atem Serdall um den Hals. „Gott, was tust du hier? Hast du dich raus geschlichen? Ist Fei gerade weg? Bist du allein?“ Doch er ließ Serdall keine Zeit zum Antworten, sondern verschloss sofort seine Lippen zu einem leidenschaftlichen und ausgehungerten Kuss. Sofort schlang der Violinist eng seine Arme um Daniel und presste ihn gegen die Haustür. Er hatte diesen Körper so furchtbar vermisst. Er hatte Daniel total vermisst und erst jetzt merkte er wie tief dieser Schmerz ging, den Daniels Abwesenheit in ihm verursachte. Verzweifelt klammerte Serdall sich an seinen Freund, ließ all seine Emotionen in diesen Kuss hineinfließen. Sein Herz wummerte in seiner Brust, als ob er jahrelang nur gerannt wäre, ohne Atem zu schöpfen. Jede Nervenfaser brannte in Euphorie, weil er Daniel endlich wieder in seinen Armen hatte. Kurz lösten sie ihre Lippen voneinander, um sich in die Augen zu sehen, doch sogleich lehnte sich Serdall wieder zu Daniel und küsste ihn tief. Er musste diese Abstinenz der letzten Tage wett machen. Hungrig ließ Daniel seine Zunge in Serdalls Mund umherwandern. Gott, die letzten Tage waren so schrecklich gewesen, ohne eine Nachricht von ihm. Es war noch gegangen, als sie miteinander telefoniert hatten. Immerhin wusste er dann, wie es Serdall ging, dass er noch da war und an ihn dachte, ihn vermisste, aber so abgeschnitten war in Daniel schon wieder der Drang aufgekommen, alle Warnungen und Versprechungen in den Wind zu schlagen und Serdall auf eigene Faust besuchen zu kommen. Kurz genoss Daniel noch den Kuss, dann löste er sich von Serdall. „Lass uns reingehen“, murmelte er. „Mir ist kalt und ich kann mir bequemere Orte vorstellen, wo du mir Rede und Antwort stehen kannst und wir unser Wiedersehen feiern.“ Serdall hielt ihn bei der Hand zurück. „Hast du alles? Schlüssel? Schuhe?“ Serdall sah auf Daniels Füße, die glücklicherweise in seinen Turnschuhen steckten und in der Hand hielt Daniel sogar seinen Hausschlüssel. Entschlossen zog Serdall Daniel mit sich. „Steig ein“, befahl er ihm. „Wir fahren in ein Hotel. Da reden wir dann ausgiebig.“ Kurz überlegte Daniel noch, ob er seine Jacke holen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Irgendwie hatte er Angst, dass Serdall weg sein würde, wenn er noch mal umdrehte. Er ging also mit seinem Freund zum Auto und steuerte auf die Beifahrerseite zu, wo eine junge, hübsche Japanerin saß. „Ist das…“, fing Daniel an und starrte skeptisch auf den Fahrgast. „Ja, ist sie und sie spricht kein Wort deutsch. Beeil dich jetzt und steig hinten ein, wir haben nicht viel Zeit“, meinte Serdall kurz angebunden und setzte sich schon auf die Fahrerseite. Als Daniel endlich hinten eingestiegen war, fuhr er sofort an und in Richtung eines fünf Sterne Hotels. Er würde diesen Abend mit Daniel wenigstens genießen. „Das ist Yoshiko, Daniel. Sie hat uns zu unserem Treffen jetzt verholfen“, erklärte Serdall seinem Freund, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Nur kurz sah er zu Daniel in den Rückspiegel und begann sofort zu lächeln. Gott, alles in ihm schrie nach Daniel und konnte es kaum noch erwarten, ihn wieder zu küssen. Auch Daniel spürte ein erwartendes Kribbeln in der Magengegend. Er hatte noch so viele Fragen, doch es wäre schlecht, die jetzt alle hier zu stellen. Zwar konnte die junge Frau ihn nicht verstehen, aber er fand es wiederum auch unhöflich zu reden, wenn sie ihm eben nicht folgen konnte. Nervös schlug er mit seinen Fingern auf dem Oberschenkel herum. Serdall fuhr in die Tiefgarage des Hotels. Er schnallte sich ab, als er den Wagen geparkt hatte und wandte sich an Yoshiko, die die ganze Fahrt über ziemlich rot im Gesicht gewesen war. „Wie lange?“, fragte er sie und warf schon wieder einen Blick auf Daniel. „Lasst euch Zeit“, erwiderte sie und ihre Wangen wurden noch eine Spur dunkler, als sie daran dachte, was wohl jetzt bei den beiden anstand. „Ich habe dem Oyabun keine Zeit gesagt und habe genug Beschäftigung mit, um auch zwei Stunden länger zu warten. Du findest mich dann im Restaurant oder in der Lobby.“ Sie lächelte den beiden noch einmal kurz zu und ging dann schon mal vor. Daniel blickte ihr nachdenklich nach. Er hatte kein Wort von dem verstanden, was zwischen ihr und Serdall gewechselt worden war. Vielleicht sollte er als Zweitstudienfach Japanologie belegen. Schaden konnte es jedenfalls nicht. „Sie scheint sehr nett zu sein“, meinte er zu Serdall. „Ist sie“, erwiderte er und sah ihr kurz nach, ehe er einen Arm um Daniels Hüfte schlang. „Sie hat uns ein paar Stunden eingeräumt“, flüsterte er leise und presste Daniel an sich, um ihn wieder zu küssen. Er musste sich regelrecht zwingen, sich wieder von Daniel zu lösen. Sofort zog er ihn mit sich und ging zur Rezeption. Er mietete eine Suite für sie, was mit der entsprechenden Bezahlung auch schnellstmöglich arrangiert wurde. Hektisch steuerte Serdall mit dem Zimmerschlüssel in der Hand zum Aufzug und mit Daniel direkt hinter sich zu ihren Räumen. Sobald die Tür hinter ihnen zugefallen war, zog Serdall Daniel kraftvoll an sich und drückte ihn gegen die nächstbeste Wand. „Ich hab dich so sehr vermisst“, keuchte er zwischen ihren speichelraubenden Küssen und schickte seine Hände sehnsüchtig über Daniel. „Und ich dich erst“, stöhnte Daniel leise, da Serdall ihn hektisch von seinem Pullover befreit hatte und sich jetzt an der Hose zu schaffen machte. Dank Kai war er etwas abgelenkt gewesen, aber immer, wenn er auch nur ein paar Minuten allein war, war die Sehnsucht nach Serdall wieder aufgeflammt, mit jedem Tag stärker und verzehrender. Er konnte es noch gar nicht fassen, dass sein Freund wieder hier vor ihm stand. Energisch drängte Daniel ihn ins Schlafzimmer und auf das Bett, bevor er über Serdall kroch und ihn auch schnellstmöglich von der meisten Kleidung befreite. Jeden Zentimeter Haut, der frei lag, wurde liebkost und erkundet, als wäre dies ihr erstes Mal. „Scheiße!“, fluchte Daniel leidenschaftlich. „Hast du Kondome dabei? Oder noch wichtiger: Gleitgel?“ Unterdrückt keuchend versuchte Serdall seine Gedanken zu ordnen. Das hatte er nicht berücksichtigt… „Keine Kondome“, meinte er heiser, „kein Gel. Vergessen“, erklärte er sich und seufzte resigniert. „Mist“, zischte er und sah Daniel fragend an. „Und was nun?“ „Ehrlich, das kann auch nur von dir kommen, dass du mich hierher schleppst und dann nichts dabei hast“, stöhnte Daniel resigniert und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. So ganz ohne irgendwas Gleitendes wollte er auch nicht mit Serdall schlafen. „Man, mein Portemonnaie hab ich auch nicht dabei“, fluchte er. „Wobei Kondome wohl das geringste Problem sind. Schließlich schleppt keiner von uns irgendwelche Krankheiten mit sich rum und die Dinger sind eigentlich nur dafür da, damit es nicht ganz so dreckig wird.“ Daniel grinste ziemlich schmutzig, dann riss er plötzlich die Augen auf. „Sieh im Bad nach. Wenn du schon eine Suite für ein paar Stunden mietest, dann können wir wohl auch erwarten, dass die hier für die vergesslichen Besucher eingerichtet sind.“ Serdall musste unweigerlich lachen. Wie grotesk war diese Situation eigentlich? Sie trafen sich heimlich und wollten miteinander schlafen und es sollte an ein bisschen Gleitmittel scheitern? Seufzend erhob sich Serdall schnell und eilte nackt zum Bad. Fahrig ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen und entdeckte am Badewannenrand einen kleinen Korb mit Miniaturausgaben verschiedener Hygieneprodukte. Hastig wühlte darin herum. Er schmiss die Dinge, die er nicht gebrauchen konnte, wütend um sich. Erleichtert seufzte er auf, als er eine Handcreme fand. Triumphierend wedelte er damit Daniel entgegen, als er zurück zu ihm ging. Ihm war irgendwie mulmig bei dem Gedanken daran mit Daniel zu schlafen, ohne ein Kondom zu benutzen. Klar sie hatten kein Aids, das war getestet. Trotzdem hatte das ganze einen ziemlichen Hygienefaktor, der ohne Kondom sehr missachtet wurde. Serdall biss sich auf die Unterlippe und sah zu Daniel, der sich vollkommen nackt auf den weißen Laken räkelte. Wie sollte er da auch nur noch einen Moment zögern? Die Gedanken beiseite schiebend, krabbelte Serdall zurück zu Daniel und schob sich zwischen dessen Beine. „Verzichte heute auf das lange Vorspiel und bereite mich gleich vor. Ich will es möglichst oft mit dir tun, damit ich Vorsprung für die nächsten Tage habe, die ich wieder allein bin“, erklärte Daniel, während er Serdall ganz zu sich zog und mit dem Armen umfing. Ein Gefühl beschwingender Vorfreude machte sich in ihm breit und ließ ihn befreit lächelnd. Endlich. Endlich war er wieder bei Serdall, endlich schliefen sie wieder miteinander. Serdall seufzte verlangend. Wie hatte ihm Daniels Gerede vor dem Sex nur gefehlt! Auch wenn Daniel gleich zur Sache kommen wollte, befreite sich Serdall wieder aus seinen Armen und arbeitete sich zurück zu Daniels Unterleib. Er nahm Daniels Glied in den Mund, während er begann ihn mit der Handcreme vorzubereiten. Natürlich wurde Daniel wieder ungeduldig und Serdall konnte es ihm nachempfinden. Ihm ging es nicht anders, dennoch wollte er es nicht einfach überstürzen. Langsam schob er sich wenig später in Daniel und umklammerte ihn dabei fest mit den Armen. Er stöhnte heiser in Daniels Halsbeuge, als er sich immer weiter in Daniel versenkte. Es war schon ein bisschen anders als ihre Male zuvor. Serdall fühlte sich verzweifelt, als er sich an Daniels Hals festsaugte und sein Körper schien vor Glück zu zerspringen. Auch das Gefühl ohne Kondom in Daniel zu dringen, war bemerkenswert. Zwar nur minimal anders, doch es kam ihm so vor, als ob ihre Bindung so viel intensiver war. Hier stand nichts mehr zwischen ihnen, sie waren einfach nur eins. „Ich liebe dich“, hauchte Serdall atemlos und begann sich langsam in Daniel zu bewegen. Daniel stöhnte etwas Unverständliches, das wahrscheinlich eine Erwiderung sein sollte, doch er war zu sehr im Taumel seiner Gefühle gefangen, als sich normal artikulieren zu können. Wie hatte er es auch nur einen Tag ohne Serdall aushalten können, ohne die Gefühle, die durch seinen Körper schwappten, ohne die starken Arme, die ihn umfingen und das Glied, das ihn vollkommen ausfüllte? Keuchend kam er Serdalls Bewegungen entgegen und grub seine Finger in die weiche Haut des Rückens über ihm. Alles kam ihm gerade so viel intensiver vor. Ob es an dem fehlenden Kondom lag, an der langen Abstinenz oder einfach daran, dass es Serdall war, der nach so vielen Tagen wieder bei ihm war, wusste Daniel nicht. Das Einzige, was ihm gerade bewusst wurde war, dass er Serdall nie wieder so lange gehen lassen würde. All die Emotionen, die jetzt über Serdall zusammenbrachen, raubten ihm komplett seinen Verstand. Er fühlte nur noch. Es gab nur noch Daniel und ihn. Nichts um sie herum, nur ihre Körper, ihre unheilbare Liebe. Serdall keuchte laut auf. Sein Becken bewegte sich allmählich schneller. Er spürte nur am Rande wie leiser Schmerz in seinen Schulterblättern entstand, als Daniel seine Fingernägel hart darüber zog. Daniel stöhnte und schrie leise an Serdalls Ohr, als er das scheinbar Richtige Tempo und den besten Winkel für ihn gefunden hatte, nachdem er mit einer Hand Daniels Knie nach oben gezogen hatte. Ihre Lust fand viel zu schnell einen Höhepunkt. Alsbald keuchte Daniel abgehackt und kam zwischen ihren Körpern und Serdall entlud sich nach wenigen Stößen in Daniel. Matt auf ihm zusammensackend vergrub Serdall seine Stirn in Daniels Halsbeuge. Tränen begannen sich in seinen Augenwinkeln zu bilden, als all die Anspannung von ihm fiel. „Endlich“, flüsterte er heiser und keuchend. Noch ein weiterer Tag ohne Daniel hätte ihn wohl schneller dem Grab näher gebracht, als er gewollt hätte. „Endlich“, wiederholte Daniel und fuhr leicht Serdalls schweißbedeckten Rücken auf und ab. Das Sperma in ihm war etwas gewöhnungsbedürftig, aber nicht unbedingt schlimm. Er wusste ja, wo es herkam. Daniel grinste verdorben und rieb seine Wange leicht an Serdalls. Wie er es vermisst hatte, mit ihm in einem Bett zu liegen, die Nachwehen ihres Höhepunktes genießend. „Wie geht es dir eigentlich“, schnitt er allerdings schon nach kurzer Zeit das Thema an, das für ihn doch sehr wichtig war. Serdall rieb sich beschämt über die Augen. Das Ganze nahm ihn einfach viel zu sehr mit. Diese Wiedervereinigung mit Daniel machte ihn so unendlich glücklich, dass er kaum mehr wusste, wie er sprechen musste. „Geht so“, murrte er nach einiger Zeit leise und genoss das Streicheln auf seinem Rücken. „Jetzt viel besser“, flüsterte er und küsste Daniel am Brustbein. „Und dir? Kommst du zurecht?“, fragte er besorgt und strich Daniel durch die klammen Haare. Lächelnd strich Daniel Serdall noch das letzte Bisschen Feuchtigkeit aus den Augenwinkeln. Er war einfach unglaublich süß und toll und einfach nur grandios und Daniel schwor sich, ihn nie wieder gehen zu lassen. „Mir geht es gut. Um mich musst du dir wirklich keine Sorgen machen. Sieh lieber zu, dass du bei dir zuhause alles auf die Reihe bekommst, damit ich dich möglichst schnell wieder ganz für mich habe.“ Serdall schloss schwach die Augen und legte seine Wange auf Daniels Brust. Seine Hände über Daniels Seiten schickend sog Serdall Daniels Geruch tief in sich auf. „Ich hab keine Ahnung wie ich das schaffen soll“, gestand Serdall leise und biss sich auf die Unterlippe. „Ohne dich kann ich mich nicht richtig konzentrieren, zweifele viel zu schnell an dir, wenn Fei etwas behauptet und…“ Serdall brach ab. Fahrig strich er sich über die Stirn, ehe er weitersprach. „Ich bin einfach nur noch ratlos“, flüsterte er verzweifelt und klammerte sich an Daniel. „Du zweifelst an mir?“, fragte Daniel etwas entsetzt, doch eigentlich wollte er es gar nicht so genau wissen. Er kannte Serdall. Er wusste, dass er sich viel zu lange Gedanken über bestimmte Dinge machte, wenn er nicht mit ihnen konfrontiert war und Abstand von ihnen hatte. Seufzend schloss er seine Arme noch enger um Serdall. „Du darfst dich von deinem Bruder nicht verrückt machen lassen“, meinte Daniel mit versucht fester Stimme. „Du siehst doch, wohin das führt. Er hat kein Recht das zu tun, was er tut. Ich weiß, dass er seine Mittel und Wege hat, seinen Willen durchzusetzen, aber du musst irgendwie verhindern, dass er dich zu dieser sinnlosen Hochzeit zwingt. Auch wenn ich nicht direkt bei dir bin, bin ich immer da, okay?" „Ich werde es versuchen“, flüsterte Serdall matt und stützte sich wieder auf. „Und ich zweifele nicht an dir. Fei verunsichert mich nur ständig. Er übt andauernd nur Druck auf mich aus“, meinte er schwach und drehte sich vorsichtig mit Daniel herum, ohne ihre noch bestehende Verbindung zu lösen. Er war so froh Daniel endlich wieder vollkommen an sich zu spüren. „Yoshiko und Dustin haben mir geholfen dich zu sehen. Dustin lenkt gerade Kikuchi ab, trotzdem hab ich eine höllische Angst, dass Fei von unserem Treffen hier erfährt…“ „Wie sollte er das tun können? Es weiß keiner, wo wir sind. Wie denn auch? Feis Handlanger sind nicht hier und du und Yoshiko – so hieß sie doch, oder? – ihr habt eigentlich recht überzeugend gespielt. Zumindest eure Kleidung war dem Zweck angemessen. Auch wenn von deiner nicht mehr allzu viel zu sehen ist.“ Daniel lachte leise und küsste Serdall tief. Er wollte sich jetzt keine Gedanken um mögliche Schwierigkeiten machen. Serdall war hier, endlich, und er wollte ihre knappe gemeinsame Zeit genießen. Ende Kapitel 8 Kapitel 9: ----------- Kapitel 9 „Daniel?“, begann Serdall plötzlich, nachdem sie ihren Kuss gelöst hatten und sah ihm schuldbewusst in die Augen. Er wollte das klären, wegen seinen eigenen Zweifeln, auch wenn Daniel wohl lieber die Zeit ausnutzen wollte. „Sag, was liebst du an mir?“, fragte er leise und sah ihm abwartend in die himmelblauen Augen. Von der Frage etwas überrascht sah Daniel Serdall an. „Ich liebe den Sex“, versuchte er zu scherzen, doch er sah, dass es Serdall wirklich wichtig zu sein schien. „Okay“, fing er erneut an. „Man, wo soll ich anfangen? Ich liebe deinen Charakter im Allgemeinen. Deine skeptische Art gegenüber Fremden, die uns doch schon ein paar Mal den Hals gerettet hat, deine kindische Skepsis gegenüber der Küche, die kleine Falte zwischen deinen Augenbrauen, wenn du angestrengt nachdenkst oder erstaunt bist, deine Art, wie du dich um mich kümmerst und sorgst, oft scheinbar sogar meine Gedanken lesen kannst, deinen Umgang mit Taki, deine geschickten Finger, die es schaffen, mich mit ihren Tönen, die sie der Geige entlocken, fortzutragen, dein…“ Daniel holte kurz Luft. Lächelnd legte Serdall seinen Finger auf Daniels Mund. „Danke, das reicht“, meinte er glücklich und küsste Daniel innig. Wie hatte er auch nur einen Moment darüber nachdenken können, dass Daniel nur die Dinge um ihn herum liebte? „Man, ich bin so ein Volltrottel“, zischte Serdall und ließ seinen Kopf zurück ins Kissen gleiten. Er sah Daniel entschuldigend an und strich ihm verliebt blickend über den Rücken. Womit hatte er Daniel überhaupt verdient? Er war doch eigentlich derjenige, der dieser Liebe nicht gerecht wurde, wenn er zweifelte. Wer war er denn, dass er sich einbildete, dass Daniel nur das um ihn herum lieben würde? Wieso ließ er sich von Fei nur so zum Schwanken bringen? Jetzt könnte er sich einfach nur noch selbst für seine Idiotie schlagen. „Du bist in letzter Zeit einfach zu viel allein. Das sollten wir in Zukunft möglichst vermeiden, sonst kommst du nur wieder auf dumme Gedanken“, erwiderte Daniel grinsend und spielte die Situation runter. Stattdessen legte er seine Lippen wieder auf Serdalls und küsste ihn erneut. Seine Hand wanderte zu dessen Unterbauch, auf dem noch sein eigenes Sperma klebte, und umfuhr leicht den Bauchnabel. „Ich stimme dir voll und ganz zu“, hauchte Serdall und lächelte bei Daniels Berührungen versonnen. Er war froh, dass Daniel nicht unnötigerweise nachhakte, was er geglaubt hatte, was Fei ihn eingeredet hatte. „Weißt du, Dan, ich habe überlegt, ob ich Yoshiko nicht doch heirate, nur um Fei zu beruhigen.“ Bei Daniels entsetzen Gesicht fuhr Serdall sogleich fort. „Nur, dass ich mich gleich danach wieder scheiden lasse und dann mit dir und Taki untertauche. Aber das wäre eine sehr bescheidene Lösung.“ „Eine Hochzeit ist eine Hochzeit“, beharrte Daniel und stützte sich auf seine Ellenbogen auf, um etwas Abstand von Serdall zu bekommen und ihn besser ansehen zu können. „Erstens würde ich mich dabei ziemlich miserabel fühlen und zweitens wird dein Bruder gleich bei der Scheidung wieder auf der Matte stehen.“ Er konnte es nicht glauben. Wie kam Serdall nur auf so einen Schwachsinn? Hatte er wirklich keine Möglichkeit, sich irgendwie sonst gegen Fei durchzusetzen? Musste er gleich zum allerletzten Mittel greifen? „Wäre es dir lieber, wenn mich Fei nach Japan schleift, dich umbringt und mich irgendwo ankettet, damit ich mich nicht selbst abmurkse?“, zischte Serdall kalt und sah Daniel verzweifelt in die Augen. „Ich begrüße diese Lösung auch nicht mit offenen Armen“, fauchte er leise, „aber es ist wenigstens ein Ansatz. Bisher weiß ich nicht, wie ich Fei besänftigen kann, außer damit, Yoshiko zu heiraten.“ Daniel starrte mit zusammengepressten Lippen an Serdall vorbei in Richtung Fenster. Er wollte das nicht. Er wollte nicht, dass Serdall heiratete während sie zusammen waren, wenn auch nur zum Schein. Doch die Alternative, die er aufgezeigt hatte, war leider um ein Vielfaches schlimmer. „Gut“, presste er gezwungen heraus. Mehr sagte er nicht. Serdall unterdrückte die Übelkeit, die in ihm hochwallen wollte. Natürlich gefiel es Daniel nicht, das wusste Serdall. Es gefiel Serdall auch nicht wirklich, aber was hatten sie sonst für eine Option? Außer dass Fei sich wieder beruhigen würde, gab es leider keinen anderen Weg, der nicht Daniels Leben kosten würde. „Mach es mir nicht so schwer“, flüsterte Serdall unglücklich und legte eine Hand an Daniels Wange. „Was ich mache, mache ich nur um dein Leben zu schützen, vergiss das nicht“, hauchte er leise und küsste Daniels Lippen. „Bitte sei stark. Ohne dich kann ich doch nicht leben“, sagte er verzweifelt und umschlang Daniel wieder mit den Armen, zog ihn eng auf sich. „Ich werde alles versuchen, ja?“ „Okay“, murmelte Daniel. „Entschuldige. Ich weiß, dass du das alles für uns tust. Nur ist der Gedanke etwas… gewöhnungsbedürftig. Meinst du, dass Fei gleich nach der Hochzeit wieder nach Japan fliegt? Wird er euch von dort aus noch weiter kontrollieren oder fällt es ihm nicht auf, dass ihr euch scheiden lasst? Die Hochzeit ist die letzte Möglichkeit, oder?“ „Ja, die letzte Möglichkeit. Das mit der Scheidung würde sofort nach Feis Abreise eingeleitet werden und dann tauchen wir irgendwo für einige Zeit unter. Okay? Ich versuche noch einmal mit ihm zu reden, doch bisher hat das wirklich rein gar nichts gebracht, außer die Sache zu verschlimmern“, seufzte Serdall matt. „Ich kann langsam nicht mehr. Ich hasse meinen eigenen Bruder…“, murmelte er erschlagen und schloss die Augen. Dass er das jemals tun würde, hätte er nie geglaubt, doch langsam war es soweit. „Sag das nicht“, widersprach ihm Daniel. „Fei hat andere Ansichten, ziemlich extreme, verkorkste Ansichten, die bei uns viel Schaden anrichten, aber das ist kein Grund, ihn zu hassen.“ Daniel schauderte. Hass war ein Gefühl, von dem er sich wünschte, dass es keiner empfinden würde. „Gut, also redest du noch mal mit ihm und wenn es nichts bringt, dann heiratest du eben. Wie viele Scheinehen gibt es nicht schon in Deutschland, da macht eine weitere auch nichts aus.“ Seufzend ließ sich Daniel wieder auf Serdall sinken. „Dass er mich fast umbringt mit seinen ziemlich extremen, verkorksten Ansichten sollte ich wohl nicht so schwer nehmen, was Dan? Ehrlich, mittlerweile wünsche ich ihn einfach in die Hölle. Es ist mir egal was er denkt, was er fühlt und wie seine Ansichten sind. Wenn er mein Leben zerstören will ist er schlicht und ergreifend nicht mehr mein Bruder und das habe ich ihm auch gesagt“, knurrte er wütend. Absolute Verachtung war das Einzige, was Serdall empfand und falls sich doch noch alles zum Guten wenden würde, würde Fei eine lange Zeit sehr unwillkommen bei ihm sein. Daniel beschloss zu diesem Thema lieber nichts mehr zu sagen, um Serdall nicht noch zusätzlichen Zündstoff zu geben. Lieber fuhr er mit seiner Hand über die wieder fast trockene Brust unter sich. „Wird dir langsam kalt?“, raunte er fragend. Skeptisch zog Serdall die Augenbrauen nach oben. Das war typisch Daniel, unangenehme Themen mit Ablenkungsmanövern zu umgehen. Serdall seufzte leise. Es gab derzeit ja auch keine Lösung. Es war wahrscheinlich auch besser, wenn sie es auf sich zukommen ließen, denn das Schicksal – wenn es denn das Schicksal war und nicht irgendeine Witzfigur, die einen sadistischen Spaß daran hegte, sie immer wieder zu quälen – hielt sowieso genug Überraschungen für sie bereit. „Ja, ich friere“, raunte Serdall zurück. „Wärm mich auf“, wisperte er an Daniels Lippen und ließ seine Hände beidseitig zu Daniels Hintern gleiten. „Wenn du mich so lieb bittest“, gab Daniel grinsend zurück und hauchte unzählige Küsse auf Serdalls Gesicht und Hals, während seine Hände den gesamten Oberkörper bis hin zu der Stelle erkundeten, wo sie trotz ihres Gespräches immer noch verbunden waren. Es würde schon alles gut werden, sagte er sich immer wieder und glaubte eigentlich auch daran. Serdalls Plan B, Yoshiko zu heiraten, hörte sich wirklich so an, als ob er Fei von ihrer Fährte abbringen würde. Jetzt hieß es erst einmal, die Zeit bis zu ihrem nächsten Treffen mit möglichst vielen guten Erinnerungen zu füllen. Er spürte, wie sich Serdalls Glied in sich wieder leicht versteifte und bewegte sich vorsichtig mit kleinen Bewegungen darauf. Serdall stöhnte leise und triumphierend lächelnd fing Daniel die leicht geschwollenen und roten Lippen unter sich zu einem Kuss ein. Serdall seufzte in Daniels Mund. Diese Gefühle wollte er nicht mehr missen. Er wollte nicht zurück zu Fei, der ihn wieder auf unbestimmte Zeit von Daniel fernhalten würde. Was hatte Serdall denn verbrochen? Daniel zu lieben war kein Vergehen. Solche Gefühle konnten nicht falsch sein, auch wenn Fei es behaupten mochte. Er dirigierte Daniel einen sanften Rhythmus auf, bei dem tausend Sonnen ihn zu implodieren zu schienen. All die Gefühle für Daniel, die schrecklich Sehnsucht nach ihm in den letzten Tagen, das ständige Verlangen und der Schmerz, Serdall spürte alles auf einmal in sich und glaubte vergehen zu müssen. „Ich liebe dich so verdammt sehr“, hauchte Serdall atemlos und klammerte sich an Daniels Schultern. Er würde alles dafür tun, damit Fei endlich wieder verschwand und er in Ruhe mit seinem Freund weiterleben konnte. „Ich liebe dich auch“, hauchte Daniel zurück und bewegte sich rhythmisch auf Serdall. Die Ellenbogen hatte er rechts und links von ihm abgestützt und fuhr mit der Hand durch die leicht verschwitzten, schwarzen Haare. „Lass uns einfach hier bleiben“, keuchte er. Daniel wollte sich nicht wieder von Serdall trennen. Jetzt wo sie endlich wieder zusammen waren wollte er ihn nicht erneut gehen lassen. Schon gar nicht, wenn er nicht wusste, wie lange sie dieses Mal getrennt sein würden. Es war eine verlockende Idee einfach nicht mehr zurück zu gehen, doch da war noch Taki. Ihn konnte er nicht da lassen. Fei hatte ihn in der Hand und das störte Serdall gewaltig. Serdall erwiderte nichts. Stattdessen griff er zwischen sie und packte Daniels Glied. Er pumpte es in dem stetigen Tempo, das Daniel angeschlagen hatte und küsste sich an den Schlüsselbeinen über sich entlang. Serdall genoss jeden Laut, der aus Daniels Kehle rann, wie ein Ton aus seiner Geige. Er versuchte alles in sich aufzunehmen, was er nur konnte, wollte diesen Moment nicht vergessen und sich die nächsten Tage daran festhalten. Keuchend bewegte Daniel sich zwischen Serdalls Hand und dessen Glied hin und her. Selbst die paar Tage Abstinenz hatten seinem Durchhaltevermögen ziemlich geschadet und er spürte, wie schon sein zweiter Orgasmus auf ihn zuraste. Noch nicht, dachte er verzweifelt. Es sollte hier noch nicht enden. Er wollte die Zweisamkeit mit Serdall noch etwas länger genießen. Leicht zitternd hielt Daniel in seinen Bewegungen inne, stoppte auch Serdalls Hand und küsste ihn stattdessen innig. Serdall stöhnte in Daniels Mund, ob des abrupten Stopps. Seine Hände wanderten aus Daniels Schoß zu dessen Rücken und strichen fahrig auf und ab. Ein leichtes Zittern ging durch Daniel und Serdall öffnete verwirrt die Augen. „Ganz ruhig“, murmelte er leise und ließ seine Hände über den Körper gleiten. „Wir werden nicht lang getrennt sein.“ „Ehrlich gesagt rechne ich lieber mit ein paar Tagen mehr, als hinterher enttäuscht zu werden“, erwiderte Daniel mit seltsam erstickter Stimme. Er atmete tief durch und schluckte an dem Klos in seinem Hals. Verdammt war er gerade sentimental. Durch die ruhigen Streicheleinheiten von Serdall hielt sich seine Erregung zwar, flaute allerdings etwas ab, sodass Daniel nicht mehr ganz so wuschig war. Er schlang seine Arme unter seinem Freund hindurch und schmiegte sich an ihn. „Bitte finde irgendwie eine Lösung, mich auf dem Laufenden zu halten. Hast du es schon mal mit Briefen versucht? Dustin könnten sie auf dem Weg zur Schule mitnehmen.“ Schief lächelnd sah Serdall auf Daniels schwarzen Schopf und seufzte kurz darauf tief. „Ich werde es versuchen, kann aber nichts versprechen. Das mit den Briefen ist vielleicht auch keine schlechte Idee“, erwiderte er leise und genoss diese Intimität und Intensität, die zwischen ihnen herrschte. Keuchend drehte sich Serdall mit Daniel herum, sodass sein Freund wieder unter ihm und er zwischen seinen Beinen lag. „Lass uns das hier noch genießen“, flüsterte er heiser. Langsam begann er in ihn zu stoßen und küsste sich dabei über Daniels Brust entlang. Serdall verschränkte ihre Hände ineinander. Er lächelte Daniel aufmunternd, jedoch schief zu und gab sich nun alle Mühe, die Hitze zwischen ihnen wieder zu entflammen. Leise stöhnte Daniel auf und vergrub seine Hände in Serdalls Haaren, während er ihn zu einem erneuten leidenschaftlichen Kuss zu sich herunterzog. „Ich kann aber nicht mehr lange also bitte… langsam“, keuchte Daniel und schloss genießerisch die Augen. Er legte seinen Kopf entspannt in die Kissen und kam Serdalls Bewegungen mit seinem Becken entgegen. Nie wieder wollte er so lange von ihm getrennt sein, nie wieder so lange auf die ihm schon so bekannte körperliche Nähe verzichten. Serdall kam Daniels Wunsch nach. Ihm war es nur recht. Er mochte diesen langsamen, verzehrenden Rhythmus eh viel lieber, besonders jetzt, wo sie kaum wussten wohin mit ihrer Liebe. Fahrig strich Serdall mit einer Hand an Daniels Seite entlang, hinab zu dessen Kniekehle. Er griff hinein und zog Daniel Bein über seine eigene Hüfte, konnte so tiefer in Daniel eindringen. „Gott, es ist einfach viel zu lange her“, keuchte Daniel abgehackt und krallte sich erregt ins Laken. Er wollte nicht noch mehr Striemen mit seinem Fingernägeln ziehen, als er Serdall ohnehin schon verpasst hatte. „Definitiv“, stimmte Serdall zu und konzentrierte sich nun vollkommen auf seine Bewegung. Schon lange hatte Serdall kein Lied mehr so heftig in seinem Kopf gehört, wie jetzt. Klänge begannen in ihm aufzubegehren und alle Emotionen für Daniel festhalten zu wollen. Wann hatte er zuletzt solch ein heftiges Lied in sich gespürt, seit er mit Daniel zusammen war? Es war überwältigend, fantastisch. Himmel, er glaubte, dass er nie wieder hier wegkommen würde, wenn Daniel ihn nicht begleitete. Nur noch kurz hielt Daniel die Erregung aus, die sich in seinem Körper immer stärker breit machte, dann bäumte er sich auf und kam mit einem heiseren Schrei. Leicht außer Atem glitt er zurück in die Laken und sah Serdall durch halbgeschlossene Augen bei seinen letzten Stößen zu. Entrückt lächelnd ließ sich Serdall alsbald auf Daniel niedersinken, nachdem er erneut in ihm gekommen war. Es war einfach nur verrückt und absurd. Wieso konnte Serdall Fei nicht beweisen, wie tief diese Liebe wirklich ging und wie wichtig Daniel ihm war? Warum war Fei nur so kompromisslos und zwang ihn zu einer Hochzeit? Matt liebkoste Serdall Daniels Seiten. Sie waren schweißnass und zwischen ihnen klebte Daniels Sperma, doch das war ihnen total egal. Es galt nur sich gegenseitig zu halten, zu versichern, dass sie sich liebten und füreinander da waren. Daniel fuhr hauchzart über Serdalls Wirbelsäule und schnurrte leise. Am liebsten würde er sich jetzt einfach hinlegen und neben seinem Freund einschlafen, doch er wusste, dass er bis dahin noch warten musste, bis die ganze Sache mit Fei sich erledigt hatte. „Wie lange sind wir denn eigentlich schon hier?“, fragte er Serdall nuschelnd. „Keine Ahnung“, murrte Serdall leise. Er wollte eigentlich gar nicht wissen, wie schnell ihnen die Zeit davonrannte und wie wenig diese Minuten im Vergleich zu ihrem normalen Leben waren. „Vielleicht eine Stunde oder auch neunzig Minuten“, erklärte er leise und schob sein Gesicht in Daniels Halsbeuge, um ihn mit der Zunge sanft am Ohrläppchen und hinterm Ohr zu necken und zu reizen. „Nicht“, stöhnte Daniel schaudernd, legte allerdings entgegen seiner Worte den Kopf in den Nacken, um Serdall mehr Platz zu machen. „Ich wollte eigentlich nicht die paar Stunden, die wir haben, Marathonsex mit dir betreiben“, versuchte er erneut Widerspruch anzubringen, doch sein Körper betrog ihn erneut. „Warum denn nicht?“, hauchte Serdall verführerisch an Daniels Ohr. Es brachte schließlich nichts, wenn sie sich stundenlang den Kopf zerbrachen und zu keinem Ergebnis kamen. Da konnten sie die Zeit auch nutzen, um ihr persönliches Defizit wieder wett zu machen. Lächelnd ließ Serdall seine Zunge über Daniels Ohrmuschel wandern, jede Windung umfahrend, während er eine Hand auf seinen Hals legte und mit dem Daumen über Daniels Kehlkopf rieb. „Ich liebe dich“, hauchte Serdall auf Japanisch und grinste verstohlen, als Daniel darauf heftig reagierte. Sein Freund brachte es immer wieder um den Verstand, wenn er ihn so reizte. „Okay“, gab Daniel schon nach kurzer Zeit nach. „Ist ja gut.“ Er grinste. „Du kennst mich leider schon viel zu genau, als dass du mich nicht zu den Sachen überreden könntest, die du gerne machen möchtest. Abgesehen davon habe ich den Sex mit dir viel zu sehr vermisst, als dass ich nein sagen würde.“ Er zog Serdall wieder zu sich, nachdem sie sich einen Moment lang intensiv in die Augen gesehen hatten. Fast schon schnurrend lag Daniel einige Zeit später mit halbgeschlossenen Augen in Serdalls Armen. Sie hatten sich noch zwei weitere Male geliebt und waren danach vollkommen erledigt nebeneinander zum Liegen gekommen. Entsetzlich müde und von Serdalls Wärme eingelullt malte Daniel verschlungene Linien auf dessen Brust und seufzte glücklich. So konnte er sich schon fast vorstellen, dass alles gut war und kein verrückt gewordener Bruder ihre Zweisamkeit bedrohte. Nur die Räumlichkeiten und das Bett passten nicht in das Bild. Die Augen schließend lehnte Serdall mit der Wange an Daniels Schopf und strich sanft über Daniels Schulterblätter. Traurig öffnete er die Lider wieder und sah auf seine Armbanduhr. Es ging auf zwölf Uhr zu. Yoshiko wartete mittlerweile wohl vier Stunden. „Ich muss dann“, flüsterte er zaghaft, machte aber keinerlei Anstalten sich zu erheben. Wie konnte er auch? Er wusste doch, dass ihn nur wieder sein eigenes Haus als Zelle erwartete und Fei als Gefängniswärter. Er spürte schon jetzt die schreckliche Sehnsucht, die ihn übermannen würde, wenn Daniel nicht mehr bei ihm war, dieses regelrechte schwarze Loch, das ohne Daniel in ihm war. Keuchend vergrub Serdall sein Gesicht in Daniels Halsbeuge und presste sich fest an ihn. Daniel umarmte Serdall und strich ihm beruhigend über den Rücken. Er musste selbst tief durchatmen, um die aufsteigende Panik niederzukämpfen, aber wenn er jetzt zu viel Verzweiflung zeigte, würde es den Abschied für sie beide noch schwerer machen. „Komm, lass uns noch duschen“, meinte er leise und zog Serdall mit sich auf die Beine. Sie ließen sich Zeit. Weit über eine halbe Stunde standen sie unter dem warmen Strahl und seiften sich gegenseitig ein, immer wieder unterbrochen von längeren und kürzeren Küssen und anderen Zärtlichkeiten, die ausgetauscht wurden. Als sie schließlich wieder trocken waren ging es schon auf ein Uhr zu. „Los. Es wäre nicht fair, sie noch länger warten zu lassen“, befand Daniel und lächelte tapfer. Er würde Serdall bald wieder sehen, auch wenn er dann eventuell zum Schein verheiratet war. Diese Ehe bedeutete ihm nichts und Yoshiko würde sie wohl auch nicht behindern. Das zeigte auch ihr Verhalten heute. Serdall kämpfte mit sich selbst darum, dass er nicht einfach wieder mit Daniel ins Bett gehen würde und Fei Fei sein ließ. Er zog sich an, ohne die Augen von Daniel zu nehmen. Er seufzte resigniert, als er seinen Pullover verkehrt herum anzog. Sich richtig richtend versuchte er immer noch krampfhaft ruhig zu bleiben. Sofort griff er nach Daniels Hand, als sein Freund fertig war und drückte sie fest. Er lächelte Daniel aufmunternd zu, auch wenn er es spielte. Stark sein, für Daniel, das war das Einzige, was Serdall in diesem Moment wollte. Er vertraute ihm und er wusste, dass Daniel vollkommen hinter ihm stand. Daniel lächelte aufmunternd zurück und gemeinsam verließen sie die Suite. Sie fanden Yoshiko nicht in der Lobby, allerdings saß sie im Restaurant gegenüber eines Mannes Anfang dreißig. Als sie sie jedoch sah, verabschiedete sie sich scheinbar schnell und kam zu ihnen herüber. „Ihr seid fertig?“, fragte sie auf Englisch. Sie wollte, dass beide sie verstanden und nicht nur Serdall. Trotzdem errötete sie leicht, was aber wohl nicht an der Sprache, sondern an ihrer Frage lag. „Wenn man es so nennen will“, murrte Serdall missgestimmt, jedoch auf Japanisch. Er sah, dass der Mann, der Yoshiko anscheinend Gesellschaft geleistet hatte, ihr offen hinterher sah. Serdall schlang einen Arm um Daniel, trotz der Blicke, die ihnen zugeworfen wurden, und ging mit Yoshiko hinter sich zurück zum Wagen. Interessiert sah Daniel zwischen ihnen hin und er. Er hatte keine Ahnung, was Serdall gerade gesagt hatte, aber es hörte sich irgendwie missgestimmt an. War er mit Yoshiko irgendwie unzufrieden? „Ist alles okay zwischen euch?“, fragte er etwas verwirrt. „Ist es“, murmelte Serdall und sah traurig lächelnd zu Daniel. „Steig ein“, sagte er nun und hielt Daniel die Tür zum Beifahrersitz auf. Yoshiko konnte sich dann, wenn Daniel ausgestiegen war, wieder nach vorne setzen. Er öffnete auch ihr die Tür und schloss sie wieder, ehe er sich auf den Fahrersitz setzte. Er startete den Motor jedoch nicht. Das würde endgültig bedeuten, dass dieser wunderbare Abend vorbei wäre. Forsch griff Serdall in Daniels Nacken und zog sein Gesicht zu sich, um verzweifelt seine Lippen auf seinen Mund zu pressen. Überrascht krallte Daniel sich in Serdalls Pullover fest, ließ aber schon nach kurzer Zeit wieder locker. Stattdessen öffnete er seinen Mund und erlaubte Serdalls Zunge, ihn zu erforschen. Schnell war ein heftiges Zungenspiel entbrannt. Yoshiko wandte etwas peinlich berührt den Blick ab und sah stattdessen aus dem Fenster. Allerdings wurde ihr hier gerade aus erster Hand gezeigt und demonstriert, dass Serdall und Daniel sich tatsächlich sehr lieben mussten, wenn ihnen der Abschied so schwer fiel. Sie wurde nochmals in ihrem Entschluss bekräftigt, den beiden zu helfen und wusste, dass es wirklich richtig war, was sie tat. Auch wenn sie sich dazu gegen den Oyabun höchstpersönlich stellen musste. Daniel löste sich nach einiger Zeit wieder von Serdall und leckte sich, dem Kuss nachfühlend, über die Lippen. Verträumt lächelte er seinen Freund an. Verbittert wandte sich Serdall ab. In ihm begann alles chaosartig zu schmerzen, als er den Wagen startete. Er konzentrierte sich krampfhaft auf die Straße, als er viel zu langsam zurück zu Daniel fuhr. Er verschränkte seine Hand mit Daniels, legte sie zusammen seiner über die Gangschaltung und schaltete. Fahrig strich er mit dem Daumen über den Handrücken, bis er vor Daniels Haus hielt. Er blendete Yoshiko völlig aus, als er auf dem Bürgersteig hielt und mit Daniel zusammen ausstieg. Serdall begleitet ihn bis zur Tür. Nur am Rande nahm er wahr, wie Yoshiko sich umsetzte. „Ruf Dustin an. Ich werde versuchen ihn auf dem Laufenden zu halten, ja? Und ich werde dich auch anrufen, wenn es geht.“ Er sah Daniel in die himmelblauen Augen, legte seine Hände auf seine Hüften und zog ihn eng sich. „Es wird bald vorbei sein“, versprach er und vergrub sein Gesicht in Daniels Halsbeuge. Er würde alles tun, damit dieser Albtraum zu Ende ging. „In Ordnung“, bestätigte Daniel flüsternd und legte sein Kinn auf Serdalls Schulter ab. „Sag Dustin alles Wichtige, ich rufe ihn morgen nach der Uni gleich an. Und nicht verzweifeln, okay? Es wird schon, auch wenn es ein wenig länger dauert.“ Er löste sich ein Stück von Serdall, blickte ihn kurz an und gab ihm dann einen tiefen Kuss. „Gute Nacht“, flüsterte er. Daniel spürte ein unangenehmes Ziehen in der Magengegend. Am liebsten würde er Serdall einfach mit sich nach oben nehmen, aber hier würde Fei als erstes suchen, wenn sein Bruder auf einmal nicht mehr auftauchte. Seufzend trat er einen Schritt zurück, mit Serdall nur noch durch ihre verschränkten Hände verbunden. Verzweifelt biss sich Serdall auf die Lippe. „Gute Nacht“, erwiderte er leise und löste endgültig ihre Hände voneinander. Er sah Daniel noch einmal unendlich sehnsüchtig in die Augen, ehe er sich zwang in seinen Wagen zu steigen, ohne sich noch einmal umzuwenden. Würde er jetzt noch einmal zu Daniel sehen, würde er einfach auf dem Absatz kehrt machen und sich wieder in dessen Arme flüchten. So startete er wortlos den Motor und fuhr aus Daniels Wohngegend. Seine Augen brannten und er rieb sich fahrig darüber, konzentrierte sich wieder nur auf die Straße, konnte aber nicht verhindern, dass er sich dabei die Lippe blutig biss. Er musste Fei fortbekommen. Noch eine Woche würde er nicht überstehen. Besonders nicht jetzt, nach diesen Stunden in diesem Hotelzimmer, wo sie sich so verzweifelt geliebt hatten. Ruckartig fuhr Serdall plötzlich an den Straßenrand in einer Allee und hielt an, um wütend auf das Armaturenbrett und das Lenkrad einzuschlagen. Schwach ließ er dann den Kopf auf das Lenkrad sinken. „Serdall“, flüsterte Yoshiko bedrückt, etwas erschrocken von dem plötzlichen Halt. Sie durchsuchte ihre Handtasche, zog ein Taschentuch hervor und hielt es kurz auf Serdalls blutende Lippe, bevor sie es ihm ganz in die Hand drückte. Er tat ihr unendlich leid. Genauso wie Daniel, der jetzt wohl bei sich zuhause auch verzweifelt und traurig sein würde. „Hör mal, es wird schon alles wieder gut werden“, versuchte sie ihn aufzumuntern, wusste allerdings im gleichen Moment, dass sie wohl nichts sagen konnte, was Serdall glücklicher machen würde. Trotzdem wollte sie es wenigstens probiert haben. „Weißt du, ich heirate dich auch gern für ein paar Tage oder Wochen, wenn das deinen Bruder dann wieder zurück nach Japan und von euch weg bringt. Irgendwas wird uns schon einfallen.“ Schnaubend lehnte sich Serdall zurück und starrte kurz die Decke an, wobei er das Taschentuch auf seine Lippe presste. Er seufzte kummervoll und schloss die Augen. „Danke“, meinte er leise und atmete tief durch. Er musste sich beruhigen, doch er begann am ganzen Körper zu zittern. „Fei weiß gar nicht, was er zerstören will“, zischte er wütend und strich sich wieder über die Augen. Plötzlich hatte Serdall das Verlangen Yoshiko zu erzählen, was er meinte, was er dachte, doch er konnte sie nur dankbar ansehen. „Du bist wirklich das kleinste Übel bei der ganzen Sache“, meinte er schief lächelnd und mit brüchiger Stimme. „Und du hast jetzt mein Vertrauen.“ Etwas wacklig lächelte Yoshiko ihn an. „Das freut mich“, erwiderte sie. Dass es allerdings solcher Risikoaktionen bedurfte, um es zu erwerben, die so großen Kummer bereiteten, war hingegen etwas schade. Sie wünschte sich aus ganzem Herzen, dass die beiden so schnell wie möglich wieder richtig zusammenkamen. „Lass uns fahren“, meinte sie zu Serdall. „Ich weiß nicht, wie lange Dustin Kikuchi ablenken konnte und ob dein Bruder gemerkt hat, dass er nicht mit uns gegangen ist, allerdings sollten wir generell nicht allzu lange wegbleiben. Es ist schon fast halb zwei und ich gehe stark davon aus, dass er auf uns warten wird, um sich zu erkundigen wie es war.“ Serdalls Blick wurde kalt. „Es war wunderbar“, flüsterte er mehr zu sich selbst, als zu Yoshiko. „Mehr als das“, hauchte er noch, ehe er seinen Blick wieder auf die Straße richtete. Langsam beruhigte er sich wieder. Seine Schultern brannten noch leicht von Daniels Fingernägeln und seine Lippe schmerzte, was ihm sehr willkommen war. Nun schweigend fuhr Serdall an und zurück zu seinem Haus. Wenn es sein musste, würde er Fei etwas vorspielen. Wie vermutet brannte im Wohnzimmer noch Licht, als sie heimkamen. Fei war also noch auf und wartete auf sie. Sich straffend ging Serdall mit Yoshiko am Arm zur Tür und in den Flur hinein. Höflich half er ihr aus dem Mantel und zog sich selbst aus. Es kam ihm plötzlich das leise Gefühl, als ob etwas nicht stimmte. Alle Türen im Flur waren geschlossen, sei es zum Bad, zur Küche oder zum Wohnzimmer. Das war seltsam. Wo waren Kimba und Mücke? Lag Taki schon im Bett? Verwirrt zog Serdall die Augen zu Schlitzen. Hier stimmte etwas nicht. Hatte Dustin die Türen geschlossen oder Fei? Er nickte Yoshiko kurz zu, als er seine Schuhe ausgezogen hatte und ging dann mit ihr zusammen ins Wohnzimmer. Fei saß im Sessel, trank Serdalls Scotch und starrte gegen die Wand. Sofort schrillten alle Alarmglocken in Serdall. Das war nicht normal für Fei. Er trank nicht diese Art von Alkohol, die einzige Ausnahme war sein Sake. Unbewusst ballte Serdall die Hände zu Fäusten, als Kikuchi wie aus dem Nichts hinter ihm auftauchte. Kurz herrschte eine unangenehme Stille, als Kikuchi sich neben Fei stellte. Panisch ließ Serdall seinen Blick durch den Raum schweifen. Er wusste nicht, was er suchte, aber es würde ihm schon einfallen, wenn er es bräuchte. „Ihr seid spät“, begann Fei und schwenkte sein Glas, starrte in die sich bewegende, braune Flüssigkeit. Yoshiko wollte ansetzen, etwas zu sagen, da stürzte Fei den letzten Rest des Alkohols hinunter und schmiss das Glas durch den Raum. „Spar dir die Lügen, Yoshiko. Ich weiß alles.“ Kapitel 9 Kapitel 10: ------------ Kapitel 10 Serdall durchfuhr ein Schock. Wie, er wusste alles? Der Oyabun erhob sich. Sein Gesicht war eine Maske der Verachtung, die sich direkt auf Serdalls Antlitz richtete. Leicht nur schüttelte Fei abwertend den Kopf, ehe er Serdall in die Augen sah. „Ein Hotel, nicht wahr? Du hast mich belogen. Ihr beide habt mich belogen“, zischte Fei und nickte kurz. Kikuchi packte Yoshiko am Arm und hielt sie kurz still. „Dein Vater ist informiert. Dein Flug zurück nach Japan geht im Morgengrauen. Jetzt geh mir aus den Augen. Eine schallende Ohrfeige traf Yoshikos Gesicht hart und warf ihren Kopf durch die heftige Wucht in die andere Richtung. Wieder nickte Fei und Kikuchi zerrte Yoshiko aus dem Wohnzimmer. Serdall konnte nur starr alles mit ansehen. Er hatte eingreifen wollen, als Fei die Japanerin geschlagen hatte, doch keiner seiner Muskeln wollte sich bewegen. Er war wie gelähmt. Nur ein einziger Gedanke waberte wie ätzende Säure durch seinen Kopf hindurch. Er wird Daniel töten lassen. Angewidert zog Fei die Oberlippe nach oben, als er vor Serdall trat und ihm kalt in die vor Schock geweiteten Augen sah. „Du hast verspielt, Serdall“, flüsterte Fei geringschätzig und strich gespielt sanft eine Haarsträhne aus seiner Stirn. „Deine Strafe kannst du dir denken, nicht wahr?“, hauchte Fei an seinem Ohr. „Das war es. Daniel lebt keine Stunde mehr“, flüsterte er emotionslos. Serdalls Augen weiteten sich noch mehr. Plötzlich sah er das tote, blanke Gesicht von Daniel vor seinem inneren Auge, dieses Gesicht, welches ihn in seinen Träumen zusammen mit Louises heimgesucht hatte. Es war so, als ob ein Schalter in ihm umgelegt wurde. Nichts war plötzlich mehr da, er handelte nur noch. Schneller als Fei reagieren konnte, landete Serdalls Faust in seinem Gesicht und er ging krachend zu Boden. Sofort hechtete Serdall auf ihn und ein wahrer Fausthagel ging auf Fei nieder, bei dem Fei es kaum schaffte, sein Gesicht zu schützen. Blut quoll aus seinem Mund, als Serdall ihm einen direkten Schlag auf die Zähne versetzte. Serdall lächelte sadistisch in Feis Gesicht und beugte sich zu ihm hinunter. „Ich hasse dich“, wisperte er ihm zu und ließ wieder einen Faustschlag auf Feis Jochbein niedersausen. In Serdall herrschte ein quälendes Nichts. Er dachte nicht mehr nach, er schlug einfach auf seinen Bruder ein. „Ich töte dich, wenn du Daniel ein Haar krümmst“, zischte er im nächsten Moment, zog an Feis braunen Haaren und rammte den Kopf zurück auf den Boden. Fei stöhnte vor Schmerz und schien kaum reagieren zu können. Serdall saß auf ihm, nahm ihm die Bewegungsfreiheit effektiv und immer wieder landeten Serdalls schmalen Hände kraftvoll in Feis Gesicht, das mittlerweile blutverschmiert und geschwollen war. Serdall nahm instinktiv wahr, dass Kikuchi plötzlich hinter ihm stand. Als der Assassine ihn vom Oyabun herunter zerren wollte, holte Serdall unerwartet mit dem Ellenbogen aus und brach Kikuchi knirschend die Nase, ehe er sich nach hinten lehnte und Kikuchi kraftvoll gegen die Kniekehle schlug, sodass er das Gleichgewicht verlor und zu Boden ging. Wie von Sinnen wandte sich Serdall wieder Fei zu und sah wutverzerrt zu ihm hinab. „Du nimmst mir Daniel nicht“, fauchte er wütend und stand von Fei auf, um ihm einen Tritt gegen die Seite zu verpassen. Immer noch war sein Kopf wie ausgeschaltet, als er sich Kikuchi zuwandte, der wieder aufstehen wollte. Er hielt irgendetwas in der Hand und Serdall sah erschrocken, dass es eines dieser Mini-Funkgeräte war. Kikuchi rief die Bodyguards von Fei. Der Assassine nutzte diese Chance, als Serdall ungläubig zu ihm sah, und versetzte ihm einen gezielten Tritt aus einer Drehung heraus, der Serdall einen Meter weit zurück schleuderte und keuchend auf dem Teppich niedergehen ließ. Kikuchi zögerte nicht. Er ging, trotz heftig blutender Nase, geübt auf Serdall zu, drehte ihn auf den Bauch und fixierte seine Hände auf dem Rücken. Feis Leibwächter kamen in diesem Moment ebenfalls hereingestürmt und halfen dem Oyabun in einen Sessel. Sogleich hielt man Fei eines der Badhandtücher hin. Mittlerweile war jedoch Feis gesamtes weißes Hemd an der Brust dunkelrot gefärbt. Fassungslos sah der Oyabun zu seinem Bruder, der sich wie ein Berserker unter Kikuchi wand. Er hätte nie erwartet, dass Serdall so sein konnte. Feis gesamtes Gesicht pochte vor stechendem Schmerz und er schien aus jeder Pore zu bluten. Er sah zu Serdalls schmalen Händen. Entsetzt sah er all das Blut, das daran klebte, das wohl nicht nur Feis war. Was war nur in Serdall gefahren? Wütend schickte Fei seine Leibwächter zu Serdall, die ihn an beiden Armen in die Knie hoben. Kikuchi nahm sich kurz eine Pause und keuchte unterdrückt. Seine Nase tropfte heftig, doch er kümmerte sich nicht darum, auch nicht darum, dass überall auf dem beigen Teppich Blutspritzer verteilt waren. Serdall warf den Kopf hin und her und versuchte sich aus dem Griff der Leibwächter zu lösen. Fei konnte es immer noch nicht wirklich fassen, was für eine Kraft und Ruchlosigkeit in Serdall steckte. Die eigene Hand gegen den Bruder zu erheben! Sich so heftig mit ihm zu schlagen! Fei hätte nie geahnt, dass Serdall überhaupt dazu in der Lage war, so auszurasten. Hart wischte er sich mit dem Handtuch über sein schmerzendes Gesicht und streckte dann die flache Hand zu Kikuchi aus. Ergeben senkte Kikuchi den Kopf und holte seine Waffe aus der Halterung unter seinem Arm. Knackend entsicherte Fei die schwarze neun Millimeter und stand dann wackelig auf, um zu Serdall zu gehen. Kalten Blickes hielt er den Lauf an Serdalls Schläfe. Die blaugrünen Augen seines Bruders richteten sich hasserfüllt auf ihn und Serdall drückte seinen Kopf gegen das kühle Metall. „Na los, knall mich ab, großer Oyabun. Bring deinen eigenen Bruder um“, zischte er Fei entgegen und erntete dafür einen Faustschlag von Fei höchstpersönlich. „Besinn dich Serdall“, sagte Fei viel zu ruhig. Er war immer noch geschockt von dem, was sein Bruder gerade getan hatte. Seine eigene Beherrschung zwang Fei zur Ruhe, sonst würde er seinen Bruder womöglich wirklich einfach erschießen. Fei ging vor Serdall in die Hocke und sah ihm fragend ins Gesicht. All die Wut, die darin geschrieben war, galt ganz allein ihm. Er verstand es nicht. Warum war Daniel Serdall nur so viel wert? „Glaubst du, diese Aktion hätte deine Situation verbessert?“, fragte Fei kalt. Serdall lachte plötzlich emotionslos auf, erwiderte jedoch nichts, sah Fei stattdessen einfach nur rasend vor Wut an. „Ich werde Daniel höchstpersönlich töten, Serdall“, flüsterte Fei gnadenlos. All dieser Wahnsinn, den Serdall beging, hatte die Ursache in diesem widerlichen Mann und Fei konnte das nicht länger dulden. Serdall ruckte wieder heftig an den Händen, die ihn schmerzhaft festhielten. „Töte lieber mich“, zischte Serdall. Fei lachte auf, musste jedoch ein schmerzliches Zischen unterdrücken bei den Stichen, die quälend durch sein Gesicht rannen. Sein Bruder war wirklich gerade nicht bei Sinnen. „Nein, ich werde dich zusehen lassen, wie ich ihm das Gehirn weg puste“, flüsterte Fei. Entsetzt sah er dabei zu, wie Serdall plötzlich alle Kraft aus den Gliedern wich. Ein Wimmern drang aus Serdalls Kehle und der Oyabun konnte nur ratlos auf seinen Bruder starren. Was war denn verdammt noch mal nur in ihn gefahren? Auch Kikuchi sah ziemlich perplex auf den Bruder von Fei und konnte ein abwertendes Schnauben nicht verhindern, was sofort Feis wütenden Blick heraufbeschwor. „Bitte“, hauchte Serdall plötzlich kraftlos. „Ich tue alles was du willst, nur lass ihn leben.“ Feis Augen wurden schmal. Sollte er Serdall wirklich noch einmal eine Chance geben? Tot würde Serdall ihm nichts bringen und wenn er Daniel tötete, würde Serdall womöglich noch schlimmer ausflippen als jetzt. Fei wollte doch nichts, außer dass sein Bruder zur Vernunft kam. Fei nickte nach einer Weile. Er konnte nicht den Letzten seiner Familie töten. Schon genug Unglück war über die Familie der Agamies hinein gebrochen, ein Brudermord musste sich nicht auch noch an die Liste anfügen. „Das ist wirklich deine allerletzte Chance, Serdall. Du trennst dich endgültig von Daniel und heiratest eine Frau meiner Wahl. Die Hochzeit setze ich auf nächste Woche Freitag“, bestimmte Fei ruhig und sah emotionslos, wie Tränen über Serdalls Wangen rannen. Solch eine Schwäche nach diesem Ausbruch… Serdall war ihm wirklich ein absolutes Rätsel im Moment. Dennoch nickte Serdall und stimmte so den Bedingungen zu. „Schwöre, dass du alles tun wirst, was ich von dir verlange!“, forderte Fei kalt und packte Serdall beim Kinn. Er konnte regelrecht sehen, wie Serdall mit sich zu kämpfen schien, doch wieder nickte Serdall im nächsten Moment. „Ich schwöre es dir. Und du versprichst, Daniel Erhard nichts anzutun“, erwiderte Serdall leise und brüchig. Fei schnaubte verächtlich. „Ich verspreche es dir“, antwortete Fei er erhob sich dann wieder aus seiner hockenden Position. Fei nickte zu seinen Leibwächtern, die Serdall daraufhin losließen. Serdall würde sein Wort halten, denn diesmal gab es wirklich kein Zurück. „Geh auf dein Zimmer“, wies Fei ihn an. Er hatte heute genug von seinem Bruder. Serdall nickte ergeben und kämpfte sich kraftlos in die Höhe, ehe er den Raum verließ. Fei indes ging zu Serdalls Barschrank und nahm sich die halbvolle Flasche Scotch, die er sich sofort an die Lippen setzte und mit großen Schlucken aus ihr trank. Dieser Abend würde für ihn unvergesslich bleiben. Yoshiko blickte auf, als Serdall den Raum betrat. Schnell wischte sie sich über ihre tränennassen Augen, doch sofort rannen neue Tränen aus ihnen hervor. Sie stand von ihrem Bett auf, lief auf Serdall zu und umarmte ihn. „Es tut mir leid“, schluchzte sie erstickt. „Es war meine Idee. Ich habe gesagt, dass ich für alle Eventualitäten gesorgt habe, dass alles in Ordnung geht. Entschuldige.“ Zitternd löste sie sich von Serdall, der einfach steif dort gestanden und sich nicht geregt hatte. Yoshiko betrachtete ihn sich näher. Ihr Blick glitt über das ebenfalls von Tränen gezeichnete Gesicht hin zu den verletzten Händen. Leicht geschockt sah sie Serdall an und schob ihn dann ins Badezimmer, wo sie zumindest die Hände von dem Blut reinigte und mit Pflastern versah. Gemeinsam gingen sie wieder zurück ins Schlafzimmer, besser gesagt ging Yoshiko und sorgte dafür, dass Serdall mit ihr kam und sich auf sein Bett setzte. Im Moment war ihr ihre eigene schmerzende Wange egal, an der sich durch die Wucht des Schlages jetzt schon ein leichter Bluterguss abzeichnete. Genauso unwichtig war, dass sie schon morgen wieder zurück nach Japan musste, zurück zu ihrer Familie und auf den nächsten Heiratskandidaten warten, sowie ihre Hoffnungen auf ein neues und besseres Leben weit ab von allem, was sie bislang kannte, begraben musste. Serdall war gerade wichtiger. Sie konnte schwören, dass er es noch viel schlechter getroffen hatte. Entkräftet sank sie vor ihm auf dem Boden nieder. Sie lehnte ihren Kopf an die Bettdecke genau neben Serdalls rechtem Bein und schloss schmerzlich die Augen. Es war ihre Schuld. Alles. Wenn sie nicht auf diese Schnapsidee gekommen wäre, dass es reichte, Kikuchi für einige Zeit zu beschäftigen, damit Serdall sich mit Daniel treffen konnte, dann hätten sie es schon irgendwie regeln können. Eine Scheinhochzeit mit anschließender schneller Scheidung oder sie blieben einfach verheiratet, lebten aber beide ihr Leben. Fei hätte nie wirklich davon erfahren. Und jetzt? „Es tut mir so leid“, flüsterte sie erneut und vergrub ihre Finger in dem weichen Teppich. „Was hat er gesagt? Warum hast du dir deine Hände verletzt?“ Tief durchatmend versuchte Serdall die Eiseskälte in sich zu verdrängen, die sich langsam um sein Herz legen wollte und ihn abzustumpfen schien. Es gelang ihm nicht. Seine Tränen waren versiegt, jegliches Gefühl mit ihnen getrocknet und verschwunden. Kommentarlos begann er ihr langsam zu berichten was vorgefallen war. Dass er Fei in das Gesicht geschlagen hatte, womöglich Kikuchi die Nase gebrochen und Fei geschworen hatte, sich von Daniel zu trennen. Serdall zog Yoshiko zu sich auf das Bett. „Dich trifft keine Schuld“, sagte er noch, sah ihr aber nicht ins Gesicht. „Du hast nur versucht zu helfen.“ „Na super!“, erwiderte Yoshiko und man sah ihr an, dass sie sich dafür am liebsten aus dem Fenster werfen würde. Im Gegensatz zu Serdall konnte sie ihre Tränen nicht zurückhalten, die wieder ungehindert über ihre Wangen liefen. „Mit meinem Drang nur zu helfen habe ich alles zerstört, für das du gekämpft hast. Es ist wohl mehr als gerecht, dass ich wieder zurück nach Japan muss.“ Serdall seufzte abgehackt und erhob sich. „Man kann es nicht mehr ändern. Nimm es mit Fassung. Ich konnte wenigstens noch Daniels Leben sichern“, meinte er leise und begann sich auszuziehen und bettfertig zu machen. Langsam fand er sich mit dem Gedanken ab. Er konnte es nicht mehr ändern und er würde kein zweites Mal Daniels Leben so furchtbar gefährden. Es war Glück, dass Fei mehr an Serdall lag, als er selbst vermuten würde. „Du kannst heute ruhig mit im Bett schlafen“, fügte Serdall an. „Jetzt hat es eh keine Bedeutung mehr.“ Fast fluchtartig stand Yoshiko auf und ging rückwärts in Richtung Tür. „Nein, das kann ich nicht“, stellte sie gleich klar. „Dieser Platz ist für Daniel reserviert, auch wenn ihr euch vielleicht nicht mehr wieder seht. Am besten ich…“ Sie schluchzte auf, hielt sich eine Hand vor den Mund und öffnete die Tür. „Es tut mir leid“, hauchte sie. „Entschuldigung. Ich wünschte, ich könnte das Alles wieder gut machen.“ Schnell verließ sie den Raum und ging in ihr Zimmer. Daniel Zimmer, das er wohl nie wieder betreten würde. Nicht, wenn Daniel sein Leben nicht gefährden wollte. Sie fühlte sich so schlecht. Warum dachte sie, dass sie Serdall unbedingt helfen musste? Er hätte es auch selbst hinbekommen. Er hätte noch ein paar Tage auf Daniel verzichten können, bestimmt. Und sie funkte dazwischen, machte ihm Hoffnungen und zerstörte dann alles. Apathisch griff sie nach dem großen Kopfkissen und starrte an die Decke. Morgen am frühen Abend war sie wieder in Japan. Dort würde sie daran erinnert werden, wo ihr Platz war und was für Handlungen von ihr erwartet wurden. Fast war sie froh darüber. Nie wieder wollte sie jemandem auch nur ein bisschen wehtun. Nie wieder. Serdall starrte kurzzeitig die Tür an, aus der Yoshiko verschwunden war. Traurig wandte er den Blick zu seinem Bett und dann an sich selbst herab. An seinem Oberkörper prangten Kussmale von Daniel, die er vor ein paar Stunden gemacht hatte. Seufzend strich Serdall über sie und über seine Tätowierung unterhalb der linken Brusthälfte. „Das war es dann“, flüsterte er kraftlos und blieb einen Moment einfach nur stehen. Plötzlich klopfte es leise an seiner Zimmertür und sein Sohn schob weinend den Kopf herein. „Papa, ich hab Angst“, flüsterte er leise und Serdall ahnte, dass sein Sohn gehört hatte, was geschehen war, womöglich sogar auch gelauscht hatte. „Komm, Taki, schlaf bei mir, ja? Wir passen gegenseitig aufeinander auf“, erwiderte Serdall leise und sein Sohn kam zu ihm gelaufen und Serdall umarmte ihn, ehe er ihn auf das Bett krabbeln ließ und sich zu ihm legte. Taki umklammerte seinen weißen Bären und legte sich eng neben Serdall. Der Violinist zog die Decke über sie und strich fahrig durch Takis Haare. Sein Blick fiel auf seine, von Yoshiko verarztete Hand. Seine Finger schmerzten, wenn er sie bewegte, doch er hieß diese Pein willkommen, denn es war sicherlich noch nichts im Vergleich zu den Dingen, die noch seelisch auf ihn zukamen. Serdall sah zu seinem Sohn, der schniefend neben ihm lag und sich mit den geballten Fäustchen über die schon roten Augen rieb. Serdall wusste nicht, wie sie das überstehen würden, doch er ahnte, dass dies erst der Anfang einer schrecklichen Zeit sein würde. Laut schluckend, knipste Serdall die Nachttischleuchte aus und nahm Taki in den Arm. Er war froh, dass wenigstens sein Sohn noch bei ihm war. ------------------------------------- Fröhlich vor sich hin summend spazierte Daniel durch die Wohnung. Die Trennung von Serdall gestern Abend war zwar schmerzlich gewesen, aber die Erinnerung an ihre gemeinsam verbrachte Zeit versetzte ihn in Hochstimmung. Hinzu kam noch das Wissen, dass Serdall eine Lösung für ihr Problem hatte. Entweder ließ sich Fei einfach so durch ein ernstes Gespräch überzeugen oder er heiratete Yoshiko eben zum Schein. Zuerst war Daniel die Idee einer vorgetäuschten Ehe ziemlich schrecklich vorgekommen, aber jetzt, wo er Yoshiko einmal gesehen und erfahren hatte, was sie für ihn und Serdall tat, kam Daniel damit klar. Er wusste, dass es eben wirklich nur bei einer Scheinehe ohne Gefühle bleiben würde, die ganz allein dem Zweck diente, Fei wieder loszuwerden. Und wenn die Folge wäre, dass er wieder ohne Konsequenzen mit Serdall zusammen sein konnte, war ein unbedeutendes Stück Papier für Daniel das geringere Übel. Es klingelte an der Tür und Daniel begab sich in den Flur. Seine Mutter war gerade arbeiten und Charline bei einer Freundin, also war er derjenige, der Tür- und Telefondienst hatte. Daniel öffnete und sah sich Dustin gegenüber, der einen weißen Umschlag in der Hand hielt. „Hey“, begrüßte Daniel ihn fröhlich. „Find ich klasse, dass du gleich vorbeikommst und wir nicht alles am Telefon bereden müssen. Und Serdall hat dir den Brief auch gleich mitgegeben. Ich hätte ja nicht gedacht, dass alles so schnell anläuft.“ Er grinste glücklich und trat zur Seite, damit Dustin hereinkommen konnte. Erst da fiel Daniel Dustins versteinerte Miene auf und sein Lächeln fiel in sich zusammen. „Ist alles in Ordnung?“ „Nein“, flüsterte Dustin leise und ging mit Daniel in die Küche. Er fing erst an zu sprechen, als Daniel sich gesetzt hatte. „Fei weiß von gestern“, fing Dustin leise an und fummelte an dem weißen Umschlag in seiner Hand herum. „Hier, das hat Serdall vorhin geschrieben“, murmelte er unbehaglich und überreichte Daniel den Brief. Er wusste nicht was darin stand, aber so wie die Situation aussah, konnte es einfach nichts Gutes sein. Daniel, ich weiß nicht wie ich das in Worte fassen soll, was mir im Moment durch den Kopf geht, deswegen fasse ich mich lieber kurz. Unsere Beziehung hat unter den gegebenen Umständen keine Zukunft mehr. Langsam verstehe ich Fei und seine Ansichten und es ist mir einiges klar geworden, was mit dir nicht vereinbar ist. Meine Liebe zu dir war nur eine Einbildung. Der Tod meiner Frau hat mich verunsichert, doch Fei hat mir gezeigt, dass der Weg mit dir der falsche ist. Deswegen beende ich mit diesem Brief unsere Beziehung. Ich würde es dir auch persönlich sagen, doch ich weiß, dass du es auch so kaum verstehen wirst. Dennoch bitte ich dich es einzusehen und mich nicht mehr zu belästigen. Pass auf dich auf. Serdall „Was ist gestern bei euch passiert“, fragte Daniel mit stark zitternder Stimme. Genauso stark zitterten auch seine Hände und er legte den Brief umgedreht auf den Tisch, damit Dustin ihn nicht lesen konnte, falls er nicht ohnehin schon wusste, was darin geschrieben stand. Daniel konnte es nicht begreifen. Serdall würde nie mit ihm Schluss machen. Nicht ohne einen Grund und vor allem nicht, nachdem sie gestern die wenigen Stunden, die ihnen gegeben waren, wie ein Geschenk gesehen hatten, glücklich gewesen waren und sich so verzweifelt geliebt hatten. Irgendetwas musste geschehen sein, denn sonst hätte Serdall diesen Brief niemals geschrieben. Daniel sollte ihn nicht mehr belästigen? Und ob er ihn nach diesem Brief belästigen würde. Das war ja wohl die feigeste Art, mit jemandem angeblich Schluss zu machen. Serdall wusste genau, dass er am Telefon oder persönlich nicht dazu in der Lage sein würde, da ein Blick in Daniels Augen oder ein Wort von ihm ihn wieder in seine Arme getrieben hätten. Was hatte Fei getan, nachdem er und Yoshiko gestern aufgeflogen waren? Was hatte Serdall dazu veranlasst, all diese schrecklichen Worte zu schreiben, dass ihre Beziehung falsch sei, dass sie keine Zukunft hätte, dass er dieselben Ansichten dazu wie sein Bruder teilte? „Was ist gestern bei euch passiert?“, wiederholte Daniel nun lauter, da Dustin ihm noch immer keine Antwort gegeben hatte. Dustin lehnte sich im Stuhl zurück und strich sich fahrig durch seine blonden Haare. „Was passiert ist? Ich weiß es nicht genau. Ich weiß nur, dass Fei Yoshiko heute Morgen zurück nach Japan geschickt hat und dass sich Serdall heftig mit Fei und Kikuchi geschlagen hat. Zumindest nach der Laustärke, die gestern geherrscht hatte und nach deren Gesichtern zu urteilen. Hätte nie gedacht, dass sich Feis Gesicht mal so farbenfroh geben könnte“, murrte Dustin. „Ich muss zu ihm“, meinte Daniel mehr zu sich selbst, sah aber auf Dustin, als der geschockt Luft holte. „Es ist mir scheiß egal, was du dazu sagst“, zischte Daniel ihm zu, bevor er auch nur eine Silbe sprechen konnte. „Es ist mir ebenso scheiß egal, ob Fei mich abknallt, wenn ich an der Tür klingel, aber das hier lasse ich mir bestimmt nicht bieten!“ Kraftvoll schlug er mit der Faust auf das von außen so harmlos aussehende Blatt Papier auf dem Tisch. Dustin schnaubte laut. „Und was hast du dann erreicht?“, rief er halblaut. „Ich weiß zwar nicht, was in dem Brief steht, aber so wie du reagierst hat Serdall Schluss gemacht, oder?“ Daniel nickte bestätigend mit finsterem Gesicht. „Denk doch mal nach. Was glaubst du, hat Fei Serdall gestern wohl gesagt? Serdall ist bestimmt nicht umsonst ausgerastet, hat Fei das Gesicht und Kikuchi die Nase demoliert und sich dabei die Hände verletzt. Was glaubst du denn, warum er so austicken würde?“, zischte Dustin wütend und schlug kraftvoll mit beiden Händen auf die Tischplatte. „Woher soll ich das wissen?“, schrie Daniel ihn an, doch er wusste leider viel zu genau, warum Serdall wohl so ausgerastet war. Es gab nun mal nur eine Möglichkeit, um ihn von Daniel wegzubekommen und die war, mit seinem Tod zu drohen, so wie Fei es davor schon gemacht hatte. Nur dass es dieses Mal wohl zur Ausführung kommen sollte. Aber Daniel wollte es trotzdem nicht akzeptieren. „Ich bin lieber tot als ein Leben lang von Serdall getrennt“, zischte er aufgebracht. „Serdall sieht das leider ganz anders“, motzte Dustin ihn an. „Er opfert sich lieber selber, als dich irgendwie in Gefahr zu bringen. Durch unsere Aktion gestern ist alles aus dem Ruder gelaufen“, fluchte Dustin. Er hatte keine Ahnung, wie sie überhaupt das Ganze beruhigen sollten. Es war einfach mit Feis Übermacht kein Ausweg gegeben, es musste jemand zurückstecken und dass Serdall dies auf sich nahm, war schon schlimm genug. „Jetzt reiß dich zusammen. Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren. Serdall tut es doch auch.“ „Ach, er bewahrt also einen kühlen Kopf, ja? So würde ich unsinnige Kurzschlusshandlungen auch nennen. Klingt gut“, schnaubte Daniel sarkastisch. „Und das Letzte, was ich will, ist, dass Serdall sich für mich opfert. Außerdem opfert er nicht nur sich, sondern auch mich. Aber das scheint er ja scheinbar nicht zu sehen.“ Wütend stand Dustin auf und stopfte seine Hände in die Hosentaschen, bevor er Daniel noch eine Ohrfeige verpasste. Ihn kotzte Daniels aufbrausende Art richtiggehend an. Vehement schüttelte er den Kopf. „Im Vergleich zu dir hat er diesmal wirklich einen kühlen Kopf. Klar, dass er gestern ausgetickt ist, womöglich wollte Fei dich gleich töten. Jetzt aber tut er das, was nötig ist, auch wenn das heißt, sich Fei zu fügen. Serdall würde es nicht aushalten wenn du tot wärst. Mit diesem zwar beschissenen Kompromiss schindet er wenigstens noch Zeit. Du hingegen willst nur irgendeine hirnrissige Aktion starten, die total unüberlegt ist und dich womöglich umbringt.“ „Zeit bis was?“, ätzte Daniel zurück. „Bis er tatsächlich irgendeine abgerichtete Vorzeigejapanerin heiratet? Oder bis Fei mich vielleicht doch noch umbringt? Das ist doch alles scheiße!“ Daniel tigerte aufgebracht durch die Küche. Er konnte und wollte so nicht leben, mit dem Wissen, dass Serdall irgendeine fremde Frau heiratete, womöglich auch noch mit ihr schlief und irgendwelche schreienden Bälger zeugte, damit sein Bruder zufrieden war, nur um ihn zu schützen. Was hatte er denn davon, wenn er Serdall nicht mehr sah? Was sollte man ihm denn noch schlimmeres antun, als ihm auf diese Art und Weise die Liebe seines Lebens zu nehmen? Nun wirklich sauer packte Dustin Daniel am Arm und zwang ihn, in seine Augen zu sehen. „Glaubst du, Serdall macht es Spaß, das zu tun? Glaubst du, er will irgendeine Frau heiraten, die er vorgesetzt bekommt?“ Ruppig ließ Dustin wieder von Daniel ab. Er war bis aufs Äußerste gereizt. So wie es bei ihnen daheim aussah, war die schlimmste Situation eingetreten, die eintreten konnte. „Er wäre wohl auch lieber bei dir, würde mit dir glücklich sein, ohne Feis beschissene Ansichten. Jetzt reiß dich verdammt nochmal zusammen. So bist du ihm keinerlei Hilfe. Vielleicht ergibt sich doch noch eine Möglichkeit, wie er Fei umstimmen kann, wie er ihn irgendwie davon abbringen kann ihm seinen Willen aufzuzwingen. So aber, wie du dich gerade aufführst, wird er gar nicht die Chance haben sich neu zu arrangieren“, knurrte Dustin aufgebracht. Die Lage war viel zu ernst, als dass Daniel jetzt mit seiner Prinzesschennummer kommen konnte. Es ging nun mal nicht nur nach seinem Willen. „Er wird nicht die Chance haben, sich neu zu arrangieren“, flüsterte Daniel und Tränen liefen ihm nun über das Gesicht. Die Trauer, die der Zorn bislang unterdrückt hatte, kam nun mit voller Kraft ans Tageslicht. Er wandte sein Gesicht von Dustin ab und starrte mit zusammengepressten Lippen aus dem Fenster. „Tu mir den Gefallen und geh jetzt“, bat er ihn. Dustin zögerte. In Daniel zog sich alles zusammen. Serdall würde sich nicht mehr umstimmen lassen. Wenn er sich einmal dazu entschlossen hatte, sich seinem Bruder unterzuordnen, dann würde er das auch durchziehen. Er würde heiraten, er würde alles machen, was Fei von ihm verlangte. Fei würde ihn nach dem Fauxpas, den Serdall sich gestern geleistet, hatte beobachten lassen und irgendwann würde Serdall mit dieser Frau schlafen. Wenn er wirklich voll und ganz davon überzeugt war, Daniel zu beschützen, dann würde er alles tun, was sein Bruder von ihm verlangte, und wenn er eine glückliche und erfüllte Ehe verlangte, dann gehörte auch Sex dazu. Genauso wie weitere Kinder. Serdall war schließlich noch jung. Spätestens ab dem Zeitpunkt war alles verloren und vorbei. Im nächsten Moment schlossen sich Dustins starke Arme um Daniel und er wurde in eine feste Umarmung gezogen. „Gib nicht so schnell auf, Daniel“, flüsterte er leise und strich ihm durch die schwarzen Haare. „Er wird auch nicht so schnell aufgeben und ich auch nicht. Glaubst du wirklich, ich sehe einfach zu, wie euer Glück in die Brüche geht?“, meinte er weiter und lehnte seine Stirn an Daniels. „Auch wenn es gerade hoffnungslos scheint, ist dennoch nichts verloren. Noch ist Serdall nicht verheiratet, noch keine neue Frau für ihn gefunden.“ „Es ist hoffnungslos“, widersprach Daniel an Dustins Schulter. Schlaff hing er in dessen Armen und starrte fast teilnahmslos vor sich hin. „Wenn Fei das letzte Mal innerhalb einer Stunde eine Frau gefunden hat, sollte es ihm nicht schwer fallen, es noch einmal zu schaffen. Es ist aus, das war‘s. Ich sollte es akzeptieren.“ Dustin packte Daniel hart an den Schultern und schüttelte ihn leicht. „Hörst du dir eigentlich zu, du Idiot?“, schrie er Daniel an. „Serdall braucht dich und du willst einfach aufgeben?“ Unverständnis stand in Dustins Gesicht geschrieben, ehe seine Mimik sich wütend verzog. „Er liebt dich, trotz dieses beknackten Briefes. Seit wann zweifelst du sehr an ihm?“ „Ich weiß, dass er mich liebt“, meinte Daniel und lächelte matt. „Die Frage ist nur was mir das bringt, wenn ich nicht mit ihm zusammen sein kann. Er wird bald verheiratet sein, vielleicht noch Kinder haben und immer schon ja und Amen zu allem sagen, was sein Bruder von ihm verlangt, um mein Leben nicht in Gefahr zu bringen.“ „Himmel, Daniel“, zischte Dustin nun wieder. „Er wird das auch nicht so weit bringen können, oder denkst du nicht? Du weißt wie er es mit seiner Liebe hält und ich glaube kaum, dass er dann mir nichts dir nichts mit so einer Tussi vögelt. Und Kinder will er von so einer ganz sicher nicht. Er hat schon immer gesagt, dass er kein weiteres haben will. Taki wird sein einziger Sohn bleiben. Gerade in dem Punkt wird Fei ihn nicht umstimmen können. Es steht nur die Hochzeit zur Debatte. Ich glaube kaum, dass Fei sich neben Serdall hockt und zusieht, wie er seine Zukünftige schwängert“, erklärte Dustin und musste allein bei der Vorstellung einen Brechreiz unterdrücken. „Außerdem denke ich, dass Fei sich einfach nur beruhigen und Serdall mit ihm vernünftig reden muss. Also versuch durchzuhalten, bis sich die ganze Wut jetzt gelegt hat“, versuchte Dustin optimistisch zu bleiben. „In Ordnung“, erwiderte Daniel mit gespielt besserer Laune, um Dustin abzuwimmeln. Dessen Worte hatten ihn nicht wirklich erreicht. Daniel hatte sich seine Meinung gebildet und die versprach ihm eine ziemlich düstere Zukunft. Er konnte nicht noch einmal um Serdall kämpfen. Hinzu kam, dass es auch gar nicht möglich war. Alles, was er tun konnte, war sich hinzusetzen, abzuwarten und Däumchen zu drehen mit der Hoffnung, dass Fei seinen Bruder irgendwann in ferner Zukunft vielleicht mal wieder in Ruhe ließ. Abschätzig verzog Dustin den Mund und sah Daniel in die Augen. „Nicht den Mut verlieren, ja?“, flüsterte Dustin noch leise und küsste Daniel sanft auf die Wange. „Ich muss zurück“, sagte er nach einem Blick auf seine Uhr. „Ich will Serdall ein wenig Beistand leisten. Mittlerweile beschäftigt er sich nur noch mit Taki“, murrte Dustin und löste sich von Daniel. „Ich komme übermorgen noch einmal vorbei, ja?“ „Tu was du nicht lassen kannst“, antwortete Daniel und brachte Dustin noch zur Tür. Er war fast froh, dass er endlich ging und ihn allein ließ. Kurz umarmten sie sich noch, Dustin flüsterte ihm ein paar aufmunternde Worte ins Ohr, dann war er wieder allein. Lange stand Daniel einfach so da und starrte die geschlossene Haustür an. Dustin wollte zwar wiederkommen, aber momentan kam sich Daniel unglaublich allein, hilf- und nutzlos vor. Seine Gedanken waren eine trübe Masse, die nicht greifbar in seinem Kopf umherwaberte und immer mal wieder vereinzelte Fetzen hinterließ. Von Serdall getrennt. Nie wieder sehen. Heiraten. Allein. Beziehungslos. Das Handy klingelte. Heftig fuhr Daniel zusammen und griff dann in seine Hosentasche, um das Gespräch anzunehmen. „Hey Danniboy“, kam es von Kai am anderen Ende der Leitung. „Mal wieder Bock auf irgendwelche verrückten Sportarten? Ich hätte heute an ein bisschen klettern gedacht.“ „Nicht klettern, lieber Disko“, antwortete Daniel kurz angebunden. Er war froh, sich ablenken zu können, weg von allem, was ihn hier in der Wohnung zu erdrücken schien. Kai stutzte einen Moment. Wahrscheinlich, weil Daniels eigentliche Meinung von Diskos innerhalb der Woche nicht gerade sehr positiv war. Dann hatte er sich aber scheinbar wieder gefangen. „Gut, ich komme dich dann um acht abholen. Und mach dich hübsch.“ Daniel grummelte etwas Unverständliches, dann legte er auf. Raus hier, das war der einzige Gedanke, den er momentan hatte. Raus hier und vergessen. Ende Kapitel 10 Kapitel 11: ------------ Kapitel 11 Fünf Minuten nach acht hielt Kai mit seiner schwarz-orangenen Ninja vor Daniels Wohnblock und hupte einmal laut. Er nahm für den Moment seinen Helm ab und wartete, dass Daniel herunterkam. Kai grinste Daniel vergnügt an und winkte ihm euphorisch zu. Sie sahen sich seit Dienstag immer wieder in der Mensa und Kai war froh, dass Daniel anscheinend ein wenig Ablenkung brauchte. „Hey, Dan. Siehst ja scharf aus“, meinte Kai grinsend und musterte Daniel intensiv. Die schwarzen Haare waren nun auch endlich gegelt und Daniel hatte sich richtig enge Klamotten angezogen. „Ist das Zeug neu?“ „Nicht wirklich“, erwiderte Daniel kurz angebunden und nahm Kai den zweiten Helm ab. „Hab ich mir mal gekauft, als ich mit meiner Schwester das erste und letzte Mal in meinem Leben einkaufen war. Hing seitdem unbenutzt in meinem Schrank herum.“ Er schwang sich auf das Motorrad, schloss noch seinen Kinnriemen und hielt sich dann an Kai fest, zum Zeichen, dass er bereit war. „Sieht aber scharf aus“, meinte Kai grinsend und fuhr erst einmal wieder zurück zu sich. Noch war es zu früh für die Disko und es war wohl nichts los um diese Zeit. Er zog Daniel mit sich nach oben und gab ihm sogleich ein Bier, nachdem sie es unbemerkt an Frau Papenstiel vorbei geschafft hatten. „Es reicht, wenn wir um zehn in die Disko fahren. So ist das noch zu früh“, erklärte Kai sich grinsend. „Wenn du meinst.“ Schulterzuckend nahm Daniel den Alkohol entgegen und leerte seine Flasche Bier fast mit einem Zug. Hier bei Kai fühlte er sich gleich schon etwas besser, nicht mehr so eingeengt und bedrückt. Seine Gedanken fokussierten sich auf andere Themen und er konnte die Unangenehmen leichter in den Hintergrund drängen. Verwirrt zog Kai eine Augenbraue nach oben. Daniel schien ziemlich schlecht drauf zu sein. Kai tat es mit einem Lächeln ab. Er würde seinen kleinen Freund schon wieder aufmuntern, denn nach der Nacht am Montag war Kai wirklich ziemlich interessiert an dem blauäugigen, jungen Mann. Hibbelig lief Kai vor Daniel auf und ab und drehte dann schon seine kleine Anlage auf. „Zur Einstimmung“, meinte er zu Daniel mit einem Zwinkern, ehe er sich hinter den Schwarzhaarigen stellte und dessen Schultern zu massieren begann. „Du siehst ziemlich verkrampft und grantig aus, wenn du so komisch guckst“, erklärte er sich und knetete Daniels Schultern. „Hm“, kam die tonlose Antwort, doch Daniel schloss seufzend die Augen. Er war verspannt, aber nicht unbedingt grantig, sondern eher betrübt, ausgelaugt und von einer gewissen Hoffnungslosigkeit erfüllt. Allerdings war Kai wirklich geschickt mit seinen Händen und Daniel fiel entspannt ein Stück in sich zusammen. Kai genoss es, Daniel zu berühren. Mittlerweile bezweifelte er, dass Daniel wirklich einen Freund hatte. Immer, wenn Kai ihn anrief, war Daniel allein. Auch wenn der Bruder von Serdall da war, wie ihm das Daniel erklärt hatte, würde doch kein normaler Mann Daniel so lange hinhalten und allein lassen. Lächelnd ließ Kai seine Daumen über Daniels Nacken reiben, wobei der Schwarzhaarige seinen Kopf seufzend nach vorne fallen ließ. „Sag mal, selbe Disko wie beim letzten Mal?“, fragte Kai ihn. Er glaubte, dass heute irgendeine Themenparty war. All inclusive? Er wusste es nicht wirklich. „Von mir aus“, murmelte Daniel. „Mir ist alles recht und ich kenne mich in dem Sinne ohnehin nicht aus.“ Außerdem war es ihm ziemlich egal, wohin sie gingen, Hauptsache die spezifische Bar, Kneipe oder Disko hatte eine große Auswahl an Alkohol, womit er sich das Hirn wegsaufen konnte. Kai lachte gut gelaunt und wackelte schon aufgeregt mit den Hüften. Er war ein absoluter Diskogänger und war froh in Daniel endlich eine Begleitung gefunden zu haben, die auch in der Woche keine Scheu davor hatte zu feiern. „Wollen wir vorher noch etwas essen? Ich hab nämlich Bock so richtig Party zu machen. Morgen habe ich erst gegen Nachmittag mein Anatomieseminar“, erklärte er und lehnte seine Wange an Daniels. „Party machen klingt gut. Essen… ja, warum nicht.“ Etwas widerwillig löste Daniel sich von Kais Händen und stand auf. „Was hast du dir denn vorgestellt? Hier essen und selbst kochen oder irgendwo hingehen? Oder wollen wir uns einfach nur Brote schmieren?“ Eigentlich war es Daniel selbst ziemlich egal, Hauptsache er kam so schnell wie möglich raus. Seine Gedanken wanderten schon wieder zu Serdall und dem Brief, doch er verdrängte sie schnellstmöglich recht erfolgreich. „Wir essen hier schnell was. Ich habe noch ein paar Nudeln vom Mittag, die reichen für uns beide und du kannst dir noch ein paar Bier genehmigen. Ich glaube, die kannst du ganz gut gebrauchen“, meinte Kai mit einem Grinsen und holte sogleich noch eins für Daniel heraus. Er wollte nicht wissen, was mit Daniel war, er wollte nur, dass er wieder happy war. Schnell machte er das Essen warm und servierte es zehn Minuten später, wobei Daniel schon sein drittes Bier anfing. „Danke.“ Daniel nahm sein Essen entgegen und sie machten es sich am Esstisch im Wohnzimmer bequem. Seufzend sah Daniel auf sein Bier. Er würde mindestens eine halbe Kiste trinken müssen, um einigermaßen gut abgefüllt zu sein und er hatte jetzt schon die Nase voll von dem Zeug. Wurde Zeit, dass sie in die Disko kamen. Schnell wusch er nach dem Essen mit Kai das Geschirr ab und ging dann etwas ungeduldig im Flur auf und ab, bis Kai endlich damit fertig war, seine Schuhe und Jacke anzuziehen. „Kommst du?“, murrte er, als Kai noch etwas in seiner Jackentasche zu suchen schien. „Moment. Ich habe noch ein paar Kondome vergessen“, erwiderte Kai mit einem Grinsen und lief schnell in sein Schlafzimmer. Er steckte tatsächlich drei Kondome in sein Portemonnaie, ehe er eine kleine Kiste unter dem Bett hervorzog, wo er seinen Stoff versteckte, den er vertickte. So wie Daniel drauf war, würde der vielleicht auch was brauchen, wenn er weiter so mürrisch war. Doch das war nicht in erster Linie Kais Absicht. Er wollte heute Abend sein Budget ein bisschen auffrischen und ein paar Pillen an den Mann bringen. Schnell nahm er eines der abgezählten Päckchen. Zwanzig würde er heute schon loswerden. Rund zweihundertfünfzig Euro versprach das dann. Zufrieden lächelnd versteckte er sie in seiner Hosentasche und lief zurück zu Daniel, den er sogleich bei der Hand nahm. „Jetzt können wir, Danniboy.“ Daniel schnaubte. „Ehrlich mal, ich verstehe nicht was so toll daran ist, jeden Tag einen anderen gesichtslosen Typen zu ficken“, ätzte er und ging die letzten Treppenstufen hinunter. „Ich meine, wo du deinen Schwanz reinsteckst scheint dir ja so ziemlich egal zu sein, also warum pickst du dir nicht einen Kerl raus und fängst mit ihm eine Affäre an? So kriegst du zumindest nicht ganz so schnell Aids oder so‘n Scheiß.“ Kai lachte amüsiert. „Nicht jeder ist so verklemmt wie du. Ich vögele gern mit Typen, die ich nicht kenne. Das macht den Reiz der Sache aus und es macht mir Spaß“, meinte er grinsend und küsste Daniel plötzlich auf die Wange. „Mit dir würde ich auch gern mal Sex haben, aber leider bist du ja in festen Händen“, zog Kai ihn auf und kniff kurz in Daniels Hintern. „Also suche ich mir einen anderen Kerl, der gut aussieht und schön eng ist.“ Er lachte bei Daniels entsetztem Blick prustend los. So ein Gespräch hatte sein kleiner Freund wohl auch noch nie geführt. „Ich habe so wie es momentan aussieht scheinbar keinen Freund mehr“, erwiderte Daniel nach einiger Zeit leise. Nachdenklich schwang er ein Bein über den Motorradsitz und sah Kai abwartend an. Er wollte endlich Party machen. Überrascht zog Kai eine Augenbraue nach oben. Er wollte gerade seinen Helm aufsetzen, doch hielt nun inne. „Wenn du noch schön eng bist, können wir ins Geschäft kommen“, feixte Kai amüsiert, legte schnell seine Arme um Daniels Hals und platzierte einen Kuss auf Daniels Lippen. „Hey, ich mach nur Spaß“, meinte er bei Daniels geschocktem Blick und ließ wieder von ihm ab. Zwinkernd setzte er Daniel den Helm aus seinen Händen auf. „Komm, wir lassen es jetzt krachen.“ Kai setzte sich ebenfalls seinen Helm auf und platzierte sich vor Daniel auf seiner Maschine. „Krachen lasse ich es auf deinen Schädel, wenn du deine Griffel nicht von mir lässt“, grummelte Daniel, schlang allerdings gleich darauf seine Arme um Kais Bauch, damit er nicht vom Motorrad rutschte, wenn er anfuhr. Ehrlich, es war ja schön und gut, dass Kai gerne anonymen und schnellen Sex hatte, Daniel kannte das von dem früheren Dustin, doch Feingefühl besaß der Kerl echt nicht. „Na wir werden sehen“, flüsterte Kai zu sich selbst und grinste wieder, als er anfuhr. So wie Daniel gerade drauf war, war es wohl ein Leichtes, mit ihm ein bisschen Spaß zu haben. Kai führte seine Maschine zur Disko. Ein großes Schild war auf dem Parkplatz angebracht. Wie gedacht war wirklich eine all inclusive Party und Kai befand für sich, dass es wohl kein Schlechtes war, dass Daniel so viel trinken konnte, wie er wollte. Er würde ihm sogar den Eintritt bezahlen, wenn Daniel das Geld dafür fehlte. Insgeheim fragte sich Kai zwar noch, warum Daniel so plötzlich Single war, aber er war im Trösten eine Niete und er hatte auch keine Lust, dass Daniel sich an seiner Schulter wegen irgendeinem Kerl ausheulte. Er hatte da ganz andere Vorstellungen, was er mit dem Schwarzhaarigen treiben könnte. „All inclusive“, murmelte Daniel, als er von Kais Motorrad abstieg. „Nun, das klingt zumindest nicht schlecht. Ruf mir ein Taxi, wenn ich betrunken irgendwo in der Ecke rumliege. Du weißt ja, wo ich zurzeit wohne.“ Schon etwas besser gelaunt, dass endlich mal etwas nach Plan lief, stellte Daniel sich in die noch recht kurze Schlange am Eingang, bezahlte und gab an der Garderobe seine Jacke ab. Die dumpfen Bässe fuhren ihm schon hier durch den Körper und er hoffte, dass er am nächsten Morgen ab der richtigen Stelle einen schönen Blackout haben würde. Kai sah Daniel kurz nach, wie er sich sofort an die Bar gesellte. Mit einem abschätzigen Blick musterte Kai seine Brieftasche. Er brauchte erst einmal Geld. Entschlossen kratzte er sich kurz am Kinn und verschwand zu den Herrentoiletten, auf denen schon ein reges Getümmel herrschte. Mit einem munteren Lächeln gesellte sich Kai zu ein paar Männern, die in einer Ecke diskutierten. „Na Jungs, nen Kick gefällig?“, meinte er grinsend und hielt vier kleine bunte Pillen auf der flachen Hand in die Runde. „Man, Kai, schock uns nicht immer so“, zischte einer der Typen und Kai grinste vergnügt. „Ach kommt schon, ich mach euch nen Sonderpreis“, erwiderte der Blonde und war im nächsten Moment den Stoff los und hatte das Vierfache des Eintritts wieder drin. So gefiel ihm das. Das laufende Lied mitsingend ging Kai zurück zu Daniel, der schon wieder von irgendeinem Mann belagert wurde, und legte einen Arm um seinen Freund, ehe er ihm einen Kuss auf den Mund hauchte. Sofort verpisste sich der Typ, der Daniel anscheinend angebaggert hatte. „Du musst mich nicht ansabbern, nur um so einen Typen loszuwerden“, zischte Daniel ihm zu. „Wenn der sich nicht verzogen hätte, dann hätte ich ihm eben meinen Drink ins Gesicht geschüttet, damit der endlich auch mal kapiert, dass ich mich nicht von jedem dahergelaufenen Kerl ficken lasse.“ Er trank die letzten Schlucke seiner Whiskey-Cola aus und bestellte sich gleich noch ein Mixgetränk. Momentan war er richtig angepisst. Lachend verdrehte Kai die Augen. „Man, ein Küsschen. Ist fast so, als ob du einen Bussi von deiner Mom kriegen würdest“, feixte Kai amüsiert und pikste Daniel in die Seite. „Jetzt hab dich doch nicht zickig. Ich lass es auch sein, okay? Will dich ja nicht unnötig ärgern“, murrte Kai und strich kurz mit einer Hand über Daniels Oberarm. „Schließlich küsse ich dich nur, weil du mir ein Freund bist.“ „Oh ja, das kenne ich, das freundschaftliche Küssen. Küssen als Dankeschön, Sex zum Trost.“ Daniel dachte an Dustin. Unglaublich, dass er es tatsächlich schaffte, Ethan einhundert prozentig treu zu sein. Vom Casanova zum braven Freund. Serdall war auch mehr als erstaunt, seinen Schwager so zu sehen. Serdall… Schmerzlich biss sich Daniel auf die Unterlippe und kippte sich sein Getränk in einem Zug hinunter. Der Barkeeper nahm das leere Glas auf und stellte ihm kommentarlos ein neues hin. Was Serdall wohl gerade machte? Ob er mit Fei über den Ort sprach, wo die Hochzeit stattfand? Oder ob er ihm Eigenschaften aufzählte, die seine zukünftige Frau haben sollte, damit Fei etwas Passendes für ihn raussuchen konnte? Deprimiert und mit einem schmerzhaften Ziehen in der Magengegend trank Daniel einen weiteren großen Schluck. Er wollte nicht an Serdall denken. Es war vorbei. Auch wenn Serdall ihn noch liebte, gegen seinen Bruder kam keiner an. Wie auch? Er hatte Macht und Einfluss, schaffte es jemanden zur Strecke zu bringen, ohne dass irgendeine Behörde davon Wind bekam. Es war sinnlos, dagegen anzukämpfen. Zumindest kam es Daniel im Moment so vor. Kai verzog genervt den Mund und nahm Daniel das Glas aus der Hand. Frusttrinken brachte es auch nicht. Dabei würde Daniels Stimmung auch nicht besser werden. Er packte Daniel bei der Hand und zog ihn mit sich zu den Toiletten. Trotz dessen Widerstand konnte er ihn in eine der Kabinen manövrieren und hinter sich abschließen. „So, jetzt erklär mir, ob du entweder scheiße drauf sein oder mit mir Party machen willst. Heulen kannst du zu Hause und mich anblaffen übers Telefon, dann kann ich wenigstens auflegen. Deine Zickentour kannst du aber lassen“, murrte Kai und sah Daniel ernst an. „Schließlich habe ich dir im Grunde nichts getan.“ Einen Moment lang starrte Daniel Kai wütend an, dann sah er zur Seite und seufzte. „Du hast ja recht. Ich bin eben scheiße drauf. Aber eigentlich bin ich hier, um eben nicht scheiße drauf zu sein. Und das versuche ich durch den Alkohol zu erreichen. Außerdem hoffe ich, dass ich ab dem ganzen Scheiß von heute Nachmittag einen schönen Filmriss habe.“ Kai grinste verschmitzt und strich Daniel zärtlich über die Wange. „Durch Alkohol kriegst du das ganz sicher nicht hin. So wie du gerade drauf bist, wirst du dadurch nur aggressiver“, erklärte Kai und spielte mit Daniels Ohrläppchen. „Aber ich hätte was Anderes für dich, wenn du ganz lieb bitte sagst“, erklärte Kai und lehnte sich Daniel gegenüber an die Kabinenwand. Abwartend sah er Daniel an. Etwas skeptisch blickte der zurück. „Wovon sprichst du?“, fragte Daniel vorsichtig. Kai kam ihm gerade etwas anders vor als normalerweise. Wobei… Er wollte den ganzen Mist mit Serdall wirklich zumindest für kurze Zeit vergessen und eigentlich hatte er keinen Bock darauf, dass es ihm morgen den ganzen Tag über total scheiße ging und er womöglich heute Abend schon irgendwo im Gebüsch lag und sich die Seele aus dem Leib kotzte. Also warum nicht? „Okay“, meinte Daniel zögernd. „Bitte?“ „Das reicht gerade mal, dass ich dir zeige worum es geht“, meinte Kai nachsichtig und holte ein kleines Tütchen heraus, aus dem er eine bunte Pille auf seine rechte Handfläche rollen ließ, ehe er es wieder wegsteckte. „Also? Was sagst du Daniel? Normalerweise kostet das dich was, aber ich geb sie dir für einen Zungenkuss“, erklärte Kai grinsend. „Und ich verspreche dir, damit fühlst du dich, als ob du schweben würdest.“ „Bist du irre?“, zischte Daniel geschockt. Er riss die Augen auf. Drogen? Kai vertickte Drogen? Deswegen die so teuer eingerichtete Wohnung? Verdiente man daran so gut? Aber das war im Moment eigentlich vollkommen egal. Er würde garantiert nicht… Doch warum eigentlich nicht? Von einer Pille wurde man nicht so schnell abhängig. Es war ja nicht so, als ob er sich Heroin spritzen würde oder so. Und wenn er wirklich vergessen könnte… Aus einem Impuls heraus zog Daniel Kai hart am Shirt zu sich und verschloss dessen Mund mit seinem. Er ließ seine Zunge über Kais Lippen und anschließend in seinen Mund gleiten und fuhr tastend über die andere Zunge. Zufrieden erwiderte Kai den Kuss und ließ seine linke Hand über Daniels Hintern gleiten, wobei er ihn näher an sich heran drückte. Zwar hätte er gedacht, dass Daniel sich vielleicht eher über Konsequenzen erkundigen würde, aber anscheinend wollte er wohl wirklich einfach vergessen. Grinsend löste sich Kai von ihm. „In Ordnung“, meinte er und leckte sich genüsslich über die eigenen Lippen, ehe er die Ecstasy-Pille zwischen Zeigefinger und Daumen in Daniels Mund schob. „Dauert nen Moment bis es anfängt“, erklärte Kai, während Daniel schluckte. Er zog eine Kaugummipackung aus seiner Gesäßtasche und reichte eins Daniel. „Und das bitte im Mund behalten, sonst zerbeißt du dir die ganzen Mundinnenwände.“ „Du scheinst dich ja gut auszukennen“, murmelte Daniel und sah Kai fragend an. „Und was passiert jetzt so? Ich meine, ich fühle mich gleich klasse, aber Nebenwirkungen hat das Zeug nicht, oder?“ Kai lachte auf, als Daniel plötzlich angewidert das Gesicht verzog. „Ja, das ist ein ekliger Geschmack am Anfang“, meinte er grinsend. Gemeinsam traten sie wieder aus der Kabine und wurden von einigen Leuten wissend angegrinst. Daniel verzog das Gesicht. Die dachten garantiert, dass er es mit Kai dort drin getrieben hatte. So weit war es dann doch noch nicht mit ihm. „Den bitteren Geschmack spülen wir jetzt erst einmal weg. Dann feiern wir los“, erklärte Kai Daniel und ging mit ihm zur Bar und bestellte gleich etwas zu trinken. „Ich pass auf dich auf, also mach dir keine Sorgen“, erklärte Kai lächelnd und strich Daniel kurz über dem Oberarm, als er ein wenig unsicher dreinschaute. Daniel setzte sich neben Kai auf einen Hocker an der Bar und ließ sich ein Bier bringen, um den ätzend bitteren Geschmack loszuwerden. Ehrlich, das Ding war schlimmer als irgendeine Schmerztablette. Etwas gelangweilt saß Daniel dort und sah zu, wie Kai mit ein paar Typen flirtete. Warum passierte denn nichts? Hatte Kai ihn verarscht und einfach nur irgendein Bonbon in den Mund geschoben, um einen Zungenkuss abzustauben? Oh, er würde ihn eigenhändig köpfen, wenn er es gewagt hatte… Da spürte Daniel es. Die Bässe der Musik hämmerten nicht mehr störend und laut durch seinen Körper, sondern wurden irgendwie weicher. Daniel hatte keine Ahnung, wie er das Gefühl beschreiben sollte. Es war, als ob die Musik ein Teil von ihm wäre und ihn rufen würde. Plötzlich wurde Daniel verdammt hibbelig. Er hatte so große Lust zu tanzen wie noch nie in seinem Leben. Daniel warf dem Kerl neben Kai einen knappen Blick zu, dann zog er seinen Freund mit sich auf die Tanzfläche. Kai schien es nichts auszumachen, eher hatte er wohl darauf gewartet, denn er sah nicht im Mindesten überrascht aus. „Das ist ein geiles Zeug“, rief Daniel ihm über die Musik hinweg zu und bewegte sich leidenschaftlich im Takt. Seine Gedanken waren weg. Die ganze depressive Stimmung dahin. „Und weißt du was?“, schrie er weiter. „Irgendwie habe ich gerade das Gefühl, als wenn ich in dich verknallt wäre. Krass.“ Er lachte befreit. Kai grinste wissend und zog Daniel eng an sich. Kommentarlos küsste er ihn und schob seine Zunge in Daniels Mund. Freudig schlangen sich Daniels Arme um ihn und leidenschaftlich wurde der Kuss erwidert. Schließlich würde Kai sich nur mit einem Kuss abspeisen lassen und warum die Situation nicht ein wenig ausnutzen? Daniel gefiel es doch und so unbekümmert, wie er gerade tanzte, zog er mehr als nur einen sehnsüchtigen Blick auf seine schmalen Hüften. Eng tanzte Kai an Daniel und ließ seine Hände ungeniert über Daniels Körper gleiten, was jener nur mit einem süffisanten Grinsen abtat. Stattdessen ließ Daniel seine Hände einfach frech in Kais Gesäßtaschen gleiten und drängte sich noch ein wenig weiter an ihn. Er spürte, dass er selbst ziemlich schwitzte, doch das war ihm im Moment egal. Die Leute hier waren alle gut drauf und keiner störte sich an ihm, also warum sollte er sich an sich selbst stören? Außerdem war es einfach krass, was er gerade fühlte. Kai vor ihm verursachte ihm extremes Bauchkribbeln, das Daniel sich gar nicht erklären konnte, aber einfach akzeptierte. Statt sich darüber unnötig Gedanken zu machen, küsste er ihn lieber noch einmal tief und löste sich dann kurz von ihm, um ungezwungener tanzen zu können. Kai hielt ihn jedoch zurück, als er zu anderen Typen tanzte, die ihn schon mit offenen Armen erwarteten. Es wäre Daniel wohl nicht wirklich recht, wenn er in fremden Betten aufwachen würde. So versuchte Kai Daniel bei sich zu behalten, obwohl er immer wieder wie verrückt hin und her hopste, sich drehte und dabei schwitzte wie verrückt und riesige Pupillen hatte. Kai verzog den Mund. Er war froh, dass er die Drogen nur verkaufte und nicht abhängig davon war. So ab und anwarf er zwar auch eine Pille ein, aber da musste er sich echt einsam und allein für fühlen. Derzeit aber hatte er eigentlich nur seinen Spaß. Die Geschäfte liefen gut und Daniel würde er ein wenig helfen, seinen Ex-Freund zu vergessen. Stunden später, als Daniel immer noch aufgekratzt auf der Tanzfläche herum hopste, hatte Kai auch seinen letzten Stoff für diesen Abend verkauft und zog Daniel mit sich zur Garderobe. Er wollte endlich nach Hause, vielleicht noch ein wenig mit Daniel kuscheln und dann einfach nur schlafen. Er war nur noch schrecklich müde. Er setzte Daniel seinen Helm auf, als der schon wieder aufgekratzt auf und ab sprang. Lachend und Jubelschreie ausstoßen ließ Daniel sich von Kai herumfahren. Kichernd bemerkte er, dass das Motorrad etwas ins Schlingern kam, wenn er sich plötzlich stark auf eine Seite lehnte. Kai schrie ihm irgendwas von vorne zu, doch Daniel verstand ihn nicht wirklich. Er sprang sofort ab, als sie vor Kais Wohnung hielten und wartete ungeduldig, bis der sein Motorrad richtig hingestellt hatte, bevor er ihn an die Hand nahm und hinter sich die Treppe hochzog. „Komm“, meinte er aufgekratzt. „Ich will jetzt noch irgendwas machen.“ Kai versuchte sein wummerndes Herz von der Höllenfahrt zu beruhigen, die er gerade durchlebt hatte. Er schwor sich selbst, Daniel nie wieder auf dem Bike mittzunehmen, wenn er auf einem Trip war. Das war lebensgefährlicher als ein Kilo Kokain. Ihm standen jetzt noch alle Haare zu Berge, als er die Szene noch einmal vor sich sah, wie er beinah in den Laternenmast gebrettert war. Sich schüttelnd ließ Kai sich von Daniel in seine Wohnung ziehen und wartete, was der Kleine denn ach so tolles machen wollte. „Du könntest mir einen blasen, wenn du schon so aufgedreht bist“, zischte Kai, als Daniel immer noch ziemlich orientierungslos in der Wohnung umherlief, während sich Kai schon mit einem Bier auf sein Sofa gesetzt hatte. Daniel sah Kai mit schief gelegtem Kopf an. „Nun, wenn du willst. Von mir aus blase ich dir einen, so als kleines Dankeschön für vorhin. Immerhin habe ich dir die geilste Erfahrung meines Lebens zu verdanken.“ Grinsend schlenderte er auf Kai zu und ließ sich vor ihm nieder. Überrascht zog Kai die Augenbrauen nach oben, als Daniel sich wirklich an dem Reißverschluss seiner Hose zu schaffen machte und sein Glied zutage förderte. „Das ist ja mal Einfall“, meinte Kai grinsend und nippte weiter an seinem Bier, als Daniel begann seine Zunge über das noch schlaffe Glied gleiten zu lassen. Kai ließ seine Hand in Daniels Nacken gleiten, streichelte die warme Haut und trank seelenruhig weiter. Von unten herauf blickte Daniel Kai an und lächelte leicht, bevor er seine Zunge kurz die Eichel umspielen ließ und das Glied dann ganz in den Mund nahm. Er wandte sein ganzes Wissen an, flatterte mit seiner Zunge den Schaft entlang, während er leicht saugte und mit der Hand die Hoden umfasste und leicht massierte. Daniel schloss die Augen halb und konzentrierte sich ganz auf sein Zun. Das kribbelnde Bauchgefühl, das er gerade bei Kai hatte, war einfach unglaublich. Langsam erhärtete sich Kais Penis und jener ließ seinen Kopf genüsslich in den Nacken gleiten. Daniel war nicht schlecht, wenn man es mal so sagen durfte, doch es hatte schon einen schalen Beigeschmack, dass er es nur tat, weil er auf Ecstasy war. Kai war es egal. Die meisten seiner Bettbekanntschaften waren irgendwie drogensüchtig. Lächelnd genoss er Daniels Bemühungen. Sein Atem wurde nach und nach schneller und eine gewisse Lust breitete sich in ihm aus. Er keuchte leise, als er in Daniels Mund kam und trank dann wieder von seinem Bier. Das war wirklich eine willkommene Entlohnung für diesen Abend. Daniel fuhr sich einmal mit dem Handrücken über den Mund und lehnte sich dann an die Couch. Langsam aber sicher kam er wieder runter von seinem Trip. Gerade war er noch recht euphorisch und abenteuerlustig gewesen, jetzt ließ das Alles zumindest etwas nach. „Hast du heute noch irgendwas vor?“, fragte er Kai. Kai verpackte sich gerade wieder und leerte dann sein Bier. Er nahm Daniel bei der Hand und zog ihn zu sich hoch. „Wir duschen jetzt noch und dann ab ins Bett. Ich bin todmüde und es ist eh gleich fünf Uhr“, erklärte er gähnend und führte Daniel mit sich ins Bad. Er scheute sich nicht davor, mit Daniel zusammen zu duschen und dann nackt mit ihm ins Schlafzimmer zu gehen. Kai küsste Daniel noch ein wenig, weil der Schwarzhaarige sich liebebedürftig an ihn schmiegte und seine Hände zärtlich über Kais Körper sandte. Ihn eng an sich ziehend gab Kai ihm die Nähe, die er jetzt wohl brauchte und küsste ihn, bis er zu müde war, um selbst überhaupt noch seine Zunge zu bewegen. Kai ließ seinen Kopf in Daniels Halsbeuge fallen und schlief augenblicklich ein, als er seine Lider geschlossen hatte. ------------------------------------- Stöhnend öffnete Daniel am nächsten Morgen die Augen. Jeder Knochen im Körper tat ihm weh, ihm war schwindlig und übel. Scheiße, hatte er gestern etwa doch zu viel Alkohol getrunken? Aber es hatte sich doch in Grenzen gehalten, zumindest war es nicht so viel, als dass es normal war, dass er sich jetzt wie durch den Fleischwolf gedreht fühlte. Seine Gedanken glitten zum gestrigen Abend. Wie kam er nur darauf, sich von Kai Ecstasy geben zu lassen? Serdall würde ihn dafür killen. Serdall… Daniels Augen weiteten sich, als er an den Blowjob dachte, den er Kai gegeben hatte. Seltsamerweise konnte er sich an jedes noch so kleine Detail von gestern Nacht erinnern. Leider. Wie kam er dazu, sich Kai an den Hals zu werfen? Serdall war zwar momentan für ihn unerreichbar, aber wer wusste, wie lange es so bleiben würde? Vielleicht änderte es sich noch mal. Und selbst wenn nicht, wie kaltschnäuzig war er eigentlich, dass er gleich am selben Tag, an dem sein Freund sich von ihm getrennt hatte, mit einem Anderen rummachte? „Was hab ich nur getan“, flüsterte er und vergrub seinen Kopf in den Kissen. „Deinen Spaß gehabt“, murrte Kai ihn von der Seite an und zog die Decke über den blondierten Schopf, bei dem schon die braunen Haare im Ansatz vorblitzen. Ein lautes Gähnen drang von Kai, der nicht daran dachte aufzustehen. Schließlich hatte er erst gegen vier Uhr sein nächstes Seminar und er hatte kein gesteigertes Interesse, Daniels Schuldgefühle und dessen Geheule wegen der einen Pille von gestern zu hören. „Sei du mal ruhig“, schnauzte Daniel und hielt sich gleich darauf den Kopf. „Scheiße ist mir schlecht“, wimmerte er. „Und ich kann mich heute garantiert keinen Zentimeter bewegen. Was war in dem Zeug drin, das du mir gegeben hast?“ „Das war Topqualität“, leierte Kai runter und gähnte wieder, „das beste Ecstasy was zur Zeit auf dem Markt ist“, meinte er weiter. „Und jetzt lass mich ausschlafen“, blaffte Kai Daniel an und zog die Decke noch höher. „Schließlich bist du Single und brauchst dir um nichts Gedanken zu machen“, setzte Kai eins drauf und gähnte wieder. „Ich bin nicht Single“, zischte Daniel wütend. „Zumindest nicht wirklich. Ach, keine Ahnung. Und selbst wenn ist es extrem geschmacklos, gleich ein paar Stunden später jemandem einen zu blasen.“ Stöhnend drehte er sich auf die rechte Seite, sodass er Kai anfunkeln konnte. Leider befürchtete Daniel, dass er einen sehr kläglichen Eindruck machte. So einen Kater wie heute hatte er noch nie gehabt. Kai lachte nun leise. „Du kannst es definieren wie du willst“, murrte er weiter. „Und ob es geschmacklos ist, liegt im Auge des Betrachters“, grinsend schnippte Kai gegen Daniels Nase. „Ich fand es vollkommen in Ordnung“, erklärte er grinsend. „Klar, jemand, der wahllos irgendwelche Junkies auf dem Diskoklo fickt, hat bestimmt auch kein Problem damit selbst jemanden, der noch mitten in einer Beziehung steckt, flachzulegen“, ätzte Daniel. Er war wütend auf sich selbst und ließ diese Wut jetzt auch an Kai aus, weil er dachte, dass er seine Situation ausgenutzt hatte. Ob es stimmte oder nicht war für Daniel im Moment zweitrangig. Kai stützte nun etwas wacher seinen Kopf in die Hand und sah zu Daniel. „Was willst du eigentlich von mir? Ich geb dir ne Pille, weil du so mies drauf bist und du hast den Trip deines Lebens, kannst wenigstens mal die Scheiße um dich rum vergessen und du machst mich an? Ey, es war deine Entscheidung, ob du das Zeug schluckst oder nicht. Und wenn du dich dran erinnerst, hast du mir dafür noch die Zunge in den Hals gesteckt. Meine Schuld ist dein Verhalten sicher nicht, denn alt genug, um zu wissen, was du tust, bist du. Und du hast mir gesagt, dass es mit Serdall quasi aus ist. Was glaubst du, was ich denke, wenn du mir das sagst, nachdem ich dir erzähle, was ich für Typen so flachlege?“ Daniel holte tief Luft um zu antworten, schwieg dann aber. Was sollte er auch sagen? Kai hatte leider recht. Er hatte die Pille freiwillig genommen, sogar in gewisser Hinsicht dafür bezahlt und er hatte Kai gesagt, dass er wohl wieder solo war. Wofür musste Kai also den Kopf hinhalten? „Tut mir leid“, presste Daniel zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor und rutschte unbehaglich etwas auf dem Bett hin und her. „Scheiße“, murmelte er und warf einen Blick unter die Decke. Stimmte ja, sie waren nackt schlafen gegangen. Ziemlich fertig mit den Nerven legte Daniel sich das Kissen über den Kopf und versuchte, alles um sich herum einfach zu ignorieren. Kai verdrehte die Augen. Da sah sein Kumpel das also doch endlich ein. Genervt schob Kai seine Beine aus dem Bett und stand auf. Er hätte sich seinen Morgen auch besser vorstellen können, als einen muffeligen Daniel neben sich liegen zu haben. Nackt wie er war ging Kai in die Küche und warf die Kaffeemaschine an, bevor er Wasser für Frühstückseier aufsetzte. Danach deckte er den Tisch. Daniel würde sicherlich auch bald aus dem Bett kriechen, denn Kai verwettete sein Motorrad, dass er durstig war wie ein Schiffbrüchiger, der auf einer einsamen Insel gestrandet und um den nur Salzwasser war. Tja, jeder Spaß hatte seinen Preis, das müsste Daniel doch schon vom Alkohol kennen. Nach einiger Zeit streckte Daniel seine Nase tatsächlich zur Küche herein. Er setzte sich zu Kai an den Tisch und nahm das Glas Apfelsaft dankend entgegen, verschmähte aber jegliche Art von Nahrung. So wie er sich momentan fühlte würde ohnehin alles nur wieder ins Klo wandern. „Sag, fühle ich mich so scheiße wegen des Alkohols oder wegen der Droge?“, fragte er Kai schwach. Der Blonde lächelte amüsiert. „Wohl eher von beidem“, meinte er grinsend und biss von seinem Toast ab. „Sag mal“, fing Kai an, als er sein Frühstücksei köpfte. „Warum ist plötzlich Schluss zwischen dir und Serdall? Letztens noch treu wie Hund und jetzt ein Arschloch?“, fragte Kai verwirrt und sah offen zu Daniel. „Er ist kein Arschloch“, brauste Daniel auf. Wie sollte er es Kai nur erklären, ohne zu viel zu sagen. „Nun, seine Familie ist noch sehr… nun ja… traditionell veranlagt. Sein Bruder, der gerade zu Besuch ist, droht Serdall damit mich abzumurksen, wenn er weiterhin diese perverse Beziehung mit mir führt und Serdall fügt sich ihm und wird demnächst heiraten.“ Zitternd biss sich Daniel auf die Unterlippe. Scheiße, warum fing er allein bei diesen emotionslos vorgetragenen Details an zu heulen? „Aha“, meinte Kai etwas überfordert. Das war doch absolut krank. „Ich vermute, dass er vielleicht noch ne Frau vorher hatte? Und zig Bälger?“, gab er etwas dreist an und sah Daniel an. Was sollte er auch sonst dazu sagen? Das war absolut unrealistisch. „Er war schon mal verheiratet, ja“, bestätigte Daniel etwas überrascht und wischte sich fahrig über die Augen. „Und er hat einen Sohn. Wie bist du darauf gekommen?“ „Weil das so typisch ist“, murrte Kai ziemlich genervt. „Diese ganzen Hetentypen testen es doch einfach nur mal aus, wie es so ist wie mit einem Mann, wenn sie die Frauen irgendwie über sind. Danach gehen sie wieder schön anständig zurück zu ihren Tanten und vögeln die. Serdall wird es wohl willkommen heißen, dass er ne gute Ausrede gefunden hat“, verkündete Kai und aß gemütlich weiter. „Mach dich doch nicht so fertig, wegen dem Kerl. Ich mein mal echt, du könntest Männer haben, die dir alles ermöglichen, die wirklich homosexuell sind und dazu stehen. Es kam mir sowieso schon seltsam vor, dass dein Freund nie mit dir ausgegangen ist. Sieh dich doch mal an. Du bist noch verdammt jung, da musst du dich doch nicht so einsperren lassen“, erklärte Kai Daniel. „Serdall ist nicht so“, versuchte Daniel ihn zu verteidigen, doch es klang selbst in seinen Augen lahm. Irgendwie zweifelte er heute Morgen ohnehin alles an, was sich um ihn herum abspielte. Vielleicht hatte Kai recht? Serdall hatte sich mit ihm so gut wie nie in der Öffentlichkeit gezeigt, immer waren sie bei ihm zuhause gewesen. Vielleicht wollte Serdall einfach nicht mit ihm gesehen werden? Vielleicht hatten sie deswegen auch so oft Sex, selbst nach den eineinhalb Jahren, weil Serdall seine Lust einfach an ihm stillte, was er bei einer Frau so garantiert nicht machen konnte? „Das kann nicht sein“, sagte Daniel mehr zu sich selbst. „Naja, ich vermute es ja nur“, warf Kai ein. „Aber es scheint doch ein bisschen Wahrheit drin zu stecken, nicht? Vielleicht siehst du das jetzt erst, nachdem du aus dem ganzen Alltag von deinem Freund raus bist.“ Kai fand Daniels Beziehung überhaupt seltsam. Die ganze Woche nur daheim hocken und sich von seinem Freund umsorgen lassen, wahrscheinlich noch auf dessen Sohn aufzupassen und immer schön klammheimlich sauberen Sex haben. „Kommt mir trotzdem nicht ganz normal vor“, murmelte Kai noch und pustete an seinem noch heißen Kaffee herum. Trotz Kais Abschwächung seiner Worte machten sich immer mehr Zweifel in Daniel breit. Er hatte gar nicht gewusst, dass überhaupt etwas Derartiges irgendwo in seinem Kopf existiert hatte und jetzt nur darauf wartete, an die Oberfläche zu dringen. Wobei, es waren die alten Ängste vom Anfang ihrer Beziehung. Waren sie begründet? „Ich geh duschen“, meinte Daniel und ging ins Bad. Er musste einen klaren Kopf bekommen. Das Gedankenchaos, das sich gerade in ihm breit machte, war einfach unerträglich. Kai winkte ihm nur nach, weil er gerade wieder seinen Toast zwischen den Zähnen hatte. Es war schon krass, wie Daniel scheinbar jetzt einsah, was seine Beziehung mit Serdall wohl wirklich war. Liebe verblendete, das wusste Kai nur zu gut. Er hatte unzählige länger haltende Beziehungen gehabt, die schlussendlich in die Brüche gegangen waren. Damals hätte sich Kai jemanden gewünscht, der ihm gesagt hätte, dass die Beziehung nicht wirklich etwas bedeutet hatte, dass sein Typ ein Arschloch gewesen war. Tja, man konnte nicht alles haben. Kai begann den Tisch abzuräumen als er fertig war und ging dann in sein Schlafzimmer zurück, um nach seinem Portemonnaie zu sehen. Schließlich wollte er nachschauen, wie hoch sich seine Ausbeute vom gestrigen Abend belief. Ende Kapitel 11 Kapitel 12: ------------ Kapitel 12 Etwas apathisch saß Daniel in Kais Sessel im Wohnzimmer und wartete eigentlich nur darauf, dass er wiederkam. Er selbst hatte sich nicht mehr aufraffen können zur Uni zu gehen, allein schon, weil er ohnehin eine Vorlesung verpasst hatte und sich körperlich mies fühlte. Vom Seelischen wollte er gar nicht anfangen. Kai jedoch war gegangen und Daniel war hier geblieben, weil ihm bei seiner Mutter genauso die Decke auf den Kopf gefallen wäre und er sich keine Fragen wegen seines Zustandes anhören wollte. Wenigstens fühlte er sich nicht mehr wirklich mies. Es ging schon wieder einigermaßen. Seufzend starrte Daniel den schwarzen Fernsehbildschirm an und griff dann nach der Fernbedienung, um ihn anzuschalten. Vielleicht würde ihn das etwas ablenken, denn die ganze Zeit schwirrten die Gedanken in seinem Kopf umher, ob Serdall wirklich nur mit ihm gespielt hatte. Und wenn war es auch egal. Sie waren nicht mehr zusammen. Es konnte ihm gleich sein. Aber das war es leider nicht. Entnervt schmiss Daniel die Fernbedienung in Richtung Wohnzimmertür, gerade als Kai sie öffnete, sodass er nur knapp verfehlt wurde. Geschockt riss Kai die Augen auf, als das Wurfgeschoss an ihm vorbeirauschte. „Sag mal, hast du sie noch alle?“, zischte Kai wütend und sammelte die Batterien, die aus der Fernbedienung gekracht waren, als sie gegen die Wand geschlittert war, wieder auf und setzte die Fernbedienung wieder zusammen. „Anders als andere muss ich mein Einkommen schwer erarbeiten“, meinte er nun wieder grinsend und testete gleich, ob auch nichts kaputt war. Es ging glücklicherweise noch alles und er legte beruhigt die Fernbedienung zurück neben seinen Fernsehsessel, in dem Daniel mürrisch blickend saß. Augenrollend setzte sich Kai auf Daniels Schoß und hielt dessen Hände fest, als jener ihn herunter schubsen wollte. „Entweder du lächelst jetzt oder ich knutsche dein mürrisches Knautschgesicht“, droht Kai feist und lächelte Daniel überdimensional an. „Wie wäre es, wenn du von mir runter gehst und mich in Ruhe lässt und ich lasse dich am Leben“, knurrte Daniel ungehalten zurück. Momentan ging ihm Kais immer gut gelaunte Art gehörig auf die Nerven, vor allem jetzt, wo er selbst so mies drauf war. Da brauchte er keinen, der ihm zeigte, wie schön die Welt doch augenscheinlich sein konnte. „Okay, also knutsch ich dich“, erwiderte Kai gelassen, griff nach Daniels Kinn und zwängte ihm einen Schmatzer auf. „So, Danniboy“, meinte Kai amüsiert, trotz Daniels wütendem Blick. „Was machen wir heute Abend?“ „Du wirst deinen Abend Kopf über im Klo fristen, was ich mache weiß ich noch nicht.“ Daniel wollte Kai von sich herunter schieben, doch der griff sich wieder beide Handgelenke und pinnte Daniel aus seiner günstigeren Position erneut fest. „Ach, du willst in die Disko gehen“, erklärte Kai überrascht und überspielte so Daniels momentan angepisste Art. „Na sag das doch gleich. Dann mach ich mich gleich mal hübsch“, zischte Kai und ließ dann wirklich von Daniel ab. Kurz noch stand Kai vor Daniel und sah ihn nachdenklich an. „Wenn du mich weiter so angammeln willst, verpiss dich lieber. Das hab ich nicht nötig“, sagte Kai leise, ehe er zu seinem Schlafzimmer ging und seinen Kopf pfeifend in den Schrank steckte, um sich ein Outfit für den heutigen Abend rauszusuchen. Am Freitag und Samstag liefen die Geschäfte sowieso immer am besten. Fast wie ein begossener Pudel saß Daniel im Sessel. Er hatte seine Wut schon wieder an Kai ausgelassen und gerade stellte er fest, dass Kai wohl momentan der Einzige war, zu dem er Kontakt hatte. An der Uni hatte er nur Bekanntschaften, mit denen er zwischen den Vorlesungen redete. Seine ganze Welt hatte sich um Serdall, Dustin, Ethan und Taki gedreht und die wurden ihm mit einem Schlag genommen. Niedergeschlagen schlurfte Daniel ins Schlafzimmer, wo Kai sich gerade das Shirt auszog. „Entschuldige, dass ich dich immer so anmaule“, meinte er seufzend. „Ich bin gerade nicht so auf der Höhe.“ Kai schlug Daniel nachsichtig auf die Schulter. „Ist okay, nur lass es in Zukunft. Echt, sowas geht mir schrecklich auf den Wecker“, erklärte er und zog eine pinke Hotpants aus seinem Schrank und hielt sie sich vor die Hüften. „Was meinst du?“, fragte Kai Daniel grinsend, ehe er sie vor Daniels Unterleib hielt. „Würde dir sicher gut stehen, wenn du dir den Busch da unten abrasieren würdest“, süffisant grinsend registrierte Kai Daniels leicht rote Wangen. „Woher weißt du überhaupt…“ Daniel brach ab. Er wollte es lieber gar nicht wissen. „Nun, da ich das Ding ohnehin nicht anziehen werde, kann bei mir da unten alles bleiben wie es ist.“ Kai verdrehte die Augen. „Aber bei anderen Hosen, die extrem tief sitzen, sieht es auch scheiße aus“, murrte Kai und hob sein eigenes Shirt an, wobei seine Hose auch ziemlich niedrig sitzend zum Vorschein kam. Er deutete mit dem Zeigefinger auf seinen rasierten Unterbauch. „Wie würde das denn mit Schamhaaren aussehen?“, fragte er empört. „Ich mein mal echt, ist doch eh nervig das Zeug und hat vielleicht mal vor Urzeiten irgendeine Bedeutung gehabt. Heutzutage ist es einfach nur unhygienisch.“ Kai ließ sein Shirt wieder nach unten fallen. „Ich find es zumindest eklig jemanden einen zu blasen, der sich nicht rasiert. Es fühlt sich ohne einfach besser an und in den Haaren sammelt sich schon ein spezifischer Geruch“, erklärte Kai mit einem Augenzwinkern. „Genau deswegen sind die Haare ja da“, erwiderte Daniel mit einem leichten Rotton auf den Wangen. „Dieser spezifische Geruch, wie du es nennst, enthält Sexuallockstoffe. Genauso ist es auch im Achselhaar. Wobei ich mir das dann doch abrasiere.“ Daniel sah an sich hinunter. Nun, er trug normalerweise keine so tief sitzenden Hosen. Aber wenn er mit Kai in die Disko ging, wäre es vielleicht eine Überlegung wert, sich sowas zuzulegen. „Ich weiß nicht“, murmelte er unentschieden. „Man, es wächst doch wieder nach. Aber du glaubst gar nicht, wie gut es sich anfühlt, wenn jemand an den Stellen mit der Zunge drüberfährt“, meinte Kai grinsend. Er kam sich so vor, als ob er seinem kleinen Bruder etwas erklären musste, wenn er einen kleinen Bruder hätte. „Komm, wir können es auch gleich machen, wenn du willst. Ich hab alles da“, meinte er grinsend. „Ich denke, das ist keine so gute Idee.“ Daniel war doch etwas unsicher. Vor allem wollte er nicht, dass Kai ihn rasierte, was er, so wie es klang, vorhatte. „Ich glaube ich will auch gar nicht, dass mir da in nächster Zeit irgendwer mit der Zunge drüber fährt.“ Übertrieben rollte Kai mit den Augen. „Du bist eine Mimose. Kennst du das Wort Spontanität? Ehrlich, es ist doch nicht so, als ob du irgendetwas tun würdest, was man nie wieder rückgängig machen könnte. Probier es doch einfach mal“, versuchte Kai ihn zu überreden, ehe er noch einmal seinen Kopf in den Schrank steckte und sich eine schwarze Hose heraus angelte, die nur einen schmalen Hüftstreifen besaß. „Die könntest du dann gleich mal ausführen“, meinte Kai grinsend. Daniel seufzte und gab sich geschlagen. „Okay, überredet. Aber wehe, wenn du mich schneidest. Dann setzt es was.“ Sie gingen zusammen ins Badezimmer und Daniel setzte sich erst einmal auf den Wannenrand. Er musste schon zugeben, es war schon schön gewesen, dass Kai rasiert war, als er ihm gestern einen geblasen hatte. Er wollte zwar nicht mehr an diese Situation denken, aber das musste er ihm lassen. Voll in seinem Element stellte Kai den Rasierschaum neben Daniel, wechselte die Klinge seines Rasierers und wies Daniel, an sich frei zu machen, nicht ohne dabei verzückt zu kichern. Er kniete sich zwischen Daniels Beine und sah ihn von unten herauf in die Augen. „Jetzt geht’s los“, erklärte er grinsend und befeuchtete zuerst Daniels Unterleib mithilfe eines Waschlappens, ehe er großzügig Rasierschaum auf den Schamhaaren verteilte, wobei er Daniels Beine noch ein wenig weiter spreizte. Leicht zittrig atmete Daniel ein. Das war eine ganz üble Position. Ganz übel. Kai dort so zwischen seinen Beinen, Daniels Glied in der Hand, um alle Stellen mit dem Rasierer zu erreichen. Daniel versuchte das Blut, das sich den Weg in seine unteren Körperregionen bahnte, zu stoppen und wandte den Blick ab. Gar nicht gut. Kai ließ sich nicht beirren, auch nicht als Daniels Glied sich langsam versteifte, was wohl bei dieser Behandlung fast verständlich war. Er rasierte Daniel sauber zu Ende, ohne ihn zu schneiden oder sonstige Attentate auf ihn zu verüben. Als er fertig war klopfte er Daniel gegen den Oberschenkel und ging aus der Hocke heraus. „So, jetzt noch duschen und“, Kai lehnte sich an Daniel vorbei zum wandseitigen Wannenrand und holte eine Creme heran, „damit bitte eincremen. Dass beruhigt die Haut und lässt sie dann nicht ganz so stark jucken“, erklärte er grinsend und strich Daniel einmal kurz durch die schwarzen Haare. Daniels rote Wangen waren absolut niedlich, doch Kai wollte ihn nicht unnötig mit irgendwelchen anzüglichen Kommentaren überfordern. Er würde bei Daniel schon noch zum Zug kommen. „Danke“, murmelte Daniel und nahm die Creme entgegen. Es war ihm total peinlich, dass ihn dieses simple Rasieren erregt hatte. Dabei wollte er eigentlich wirklich nichts von Kai. Schon gar nicht, nachdem Serdall sich gerade von ihm getrennt hatte. Daniels Gedanken schweiften wieder ab. „Ähm, würde es dir was ausmachen zu gehen?“, fragte er Kai, der immer noch im Bad stand, bevor er wieder zu sehr abdriftete. Kai nickte. „Klar, dann kannst du das in Ruhe zu einem Ende bringen“, erwiderte er vergnügt kichernd und ließ den Blick zu Daniels nun rasiertem Unterleib wandern. „Echt, das sieht extrem besser aus“, erwähnte er noch, ehe er aus dem Bad verschwand und weiter seine Kleidung für den Abend heraussuchte. Er war da immer sehr wählerisch und scheinbar fiel es ihm heute richtig schwierig. Er seufzte resigniert und warf sich genervt auf sein Bett, um die Decke anzustarren. Daniels Anblick eben hatte ihn schon nicht kalt gelassen. Er war wirklich auf seine maskuline Art und Weise verdammt niedlich für einen Kerl und Kai bestritt es auch nicht, dass er sich gut und gerne auch mehr mit ihm vorstellen konnte. Aber irgendwie war in Gedanken nicht mehr als ein bisschen Spaß und Sex drin und vielleicht eine gute Freundschaft, wobei man alle drei Dinge verbinden konnte, wenn Daniel wollte. Obwohl Kai ab und zu ein leises Bauchkribbeln verspürte, wenn Daniel ihn aus seinen himmelblauen Augen ansah, war es eben nur das. Das richtige verliebt sein würde sich auch nicht bei Daniel einstellen. Tief seufzte Kai auf. Das hatte sein letzter Freund wohl endgültig zerstört, diese Art von totalem Vertrauen. Murrens erhob sich Kai wieder und schob die tristen Gedanken beiseite. Es war Wochenende, er würde wieder seinen Spaß haben! Daniel stand zehn Minuten später mit einem Handtuch um die Hüften in der Schlafzimmertür. Seine Stimmung war wieder etwas gedrückter. Während er sich in der Dusche selbst befriedigt hatte, waren seine Gedanken unweigerlich zu Serdall gewandert. Warum hielt er so an seinem nun wohl endgültig Ex-Freund fest? Es würde gewiss viel Leid ersparen, wenn er Serdall einfach vergaß. Seufzend ging Daniel ganz in den Raum und setzte sich zu Kai auf das Bett. „Ich bräuchte irgendwas an Unterwäsche und Partykleidung, fürchte ich.“ Nachdenklich sah Kai zu Daniel und hüpfte dann wieder zu seinem Schrank, um darin zu suchen. Er warf Daniel ein kleines, rotes Etwas zu, dann die schwarze Hose, die er schon vorhin in den Händen gehalten hatte und ein netzartiges Top, schlussendlich noch ein paar Socken, als er grinsend auf Daniels Füße geschaut hatte. „Party genug?“, fragte Kai grinsend, als Daniel nicht begeistert den roten String mit den Fingern auseinanderzog und kritisch beäugte. „So ein Ding hatte ich einmal in meinem Leben an und dann auch nur für zehn Minuten“, meinte Daniel etwas leidlich, ließ dann allerdings sein Handtuch fallen und zog sich den String an. Serdall hatte der String damals ziemlich gut gefallen. Er biss sich auf die Lippen und zischte sich selbst an. Warum konnte er seine Gedanken nicht endlich ausschalten? Er wollte nicht immer an Serdall denken. Daniel zog sich die anderen Sachen auch noch an. Er wollte sich nicht auch noch einen Streit mit Kai darum liefern, dass er so wenig Stoff am Körper hatte. Schließlich lieh er ihm schon Klamotten und sie hatten vorhin erst darüber geredet, dass Daniel ihn im Moment andauernd anmaulte. „Gut, also ich muss nur noch mal kurz ins Bad, dann bin ich fertig“, beschloss Daniel und sah an sich hinab. Eigentlich hätte er sich dieses Netz gar nicht überziehen müssen. Man sah ohnehin alles von seinem Oberkörper. Verzückt klatschte Kai in die Hände und sah Daniel mit großen Augen an. „Wow, Danniboy. Heißer geht’s wohl kaum mehr“, meinte er grinsend. „Vergiss den Kajal aber nicht“, rief der Blonde Daniel noch zu, als dieser schon zum Bad tigerte. Nachdenklich sah Kai wieder auf seine Auswahl an Kleidung. Er musste unbedingt wieder einkaufen gehen. Langsam hatte er manche Sachen schon zweimal getragen und das war ein absolutes No go für ihn. Er mochte es frisch und neu und nicht alt und abgetragen. Seufzend überlegte Kai wirklich, ob er nicht doch die pinke Hotpants anziehen sollte, doch da ließ sich der Stoff so schlecht transportieren. Genervt setzte sich Kai auf sein Bett und starrte zu seinem Schrank. Ihm fiel für Daniel zwar was ein, aber für sich selbst war er mittlerweile überfragte. „Daniel!“, schrie er laut nach dem Schwarzhaarigen und wartete, dass er zu ihm kam. Er brauchte Rat. „Was?“, fragte Daniel etwas genervt und streckte den Kopf zum Schlafzimmer rein. Eines seiner Augen war schon schwarz umrandet, das andere noch normal. „Hilf mir“, meinte Kai verzweifelt. „Ich weiß nicht was ich anziehen soll und wenn du mich jetzt nicht fachmännisch berätst, zieh ich das“, er hielt seine pinke Hotpants nach oben, „an. Und du willst gar nicht wissen, wie arschkalt das auf dem Motorrad dann wird.“ Aufstöhnen fuhr Daniel sich mit der Hand durch die Haare. „Da fragst du den Richtigen. Ich habe doch von so was keinen Plan. Warte.“ Er ging zu Kais Kleiderschrank und wühlte sich durch. „Hier“, meinte er nach einiger Zeit und warf Kai eine ziemlich durchlöcherte, tief sitzende, blaue Jeans aufs Bett gefolgt von einem weißen Hemd. „Offen lassen“, fügte er noch hinzu und verschwand dann wieder in Richtung Bad. Verwirrt besah sich Kai die Sachen und grinste dann verschmitzt. Der Kleine hatte doch Modegeschmack, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Kai suchte sich auch noch einen schwarzen String heraus und zog nun alles an. Das Ergebnis stimmte ihn zufrieden. Kai besah sich im Spiegel, ehe er zu Daniel ins Bad lief und sich nun die Haare stylte. Vorher schmatzte er Daniel noch einen Kuss auf die Wange. „Du kannst doch, wenn du willst“, meinte er grinsend, ehe er Gel in seinen Haaren verteilte. „Ich hab einfach geschaut, was mir an den Typen in der Disko am besten gefallen hat“, erwiderte Daniel schulterzuckend und ignorierte den Kuss. Er wollte wegen so einer Kleinigkeit nicht schon wieder einen Streit vom Zaun brechen. Zehn Minuten später waren sie fertig und auf dem Weg in die Innenstadt. Sie parkten auf Kais, wie es schien Stammparkplatz, fast direkt vor der Tür. „Sag mal, ist das hier eigentlich deine Stammlokalität?“, wollte Daniel wissen, als er sich den Helm vom Kopf zog und einmal durch seine Haare fuhr. „Ja, merkt man das?“, fragte Kai belustigt und nahm Daniel bei der Hand. Allein jetzt schon, wo die Besucher der Disko anstanden, wurden sie registriert und mit musternden Blicken bedacht. Kai grinste vergnügt. Man merkte, dass Wochenende war. So voll wie jetzt war es die letzten beiden Male mit Daniel nicht gewesen. Der Türsteher winkte Kai zu und ließ ihn zusammen mit Daniel an der Schlange vorbeigehen und ohne Ausweischeck hinein. Nach einem kurzen Abstecher an der Garderobe mussten sie sich regelrecht zur Bar drängeln. „Kai?“, fragte Daniel etwas unbehaglich, als sie am anderen Ende der Bar, wo die Musik nicht ganz so laut war und man sich fast normal unterhalten konnte, angekommen waren. Kai brummte zum Zeichen, dass er Daniel gehört hatte, während er sich scheinbar nach bekannten Gesichtern umsah. „Mich würde interessieren… na ja, der Typ am Eingang eben und der Kerl, der mich beim ersten Mal angemacht hat und dann so einfach damit aufgehört hat. Ist das alles… nun, weil du ihnen Drogen verkaufst?“ Nun richtete Kai seine Aufmerksamkeit doch auf Daniel. Es war riskant ihm von seinem Nebenverdienst zu erzählen, aber Kai würde nur etwas bestätigen, was Daniel wohl schon wusste. „Zum Teil, ja. Aber der Türsteher ist eine alte Bettbekanntschaft“, erklärte er zwinkernd und ließ seine Augen noch einmal durch den Raum gleiten. „Hast du ein Problem damit?“, fragte Kai mit schief gelegtem Kopf und sah wieder zu Daniel. „Ich weiß nicht“, meinte Daniel, die ganze Situation noch mal für sich abwägend. „Es macht dich nicht von jetzt auf gleich zu einem anderen Menschen als den, in den ich in der Mensa reingerannt bin, aber irgendwie finde ich das Thema schon etwas heikel. Es gibt nun mal durch Leute wie dich, die den Stoff an den Mann bringen, viele Drogensüchtige, die ihr letztes Hemd für den nächsten Trip geben. Ich könnte das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.“ „Sollst du auch nicht“, meinte Kai grinsend und legte Daniel eine Hand in den schönen Nacken. „Ich hab das für mich geklärt und ich komm glänzend damit klar“, erklärte er grinsend. „Mach dir keine Sorgen. Es sind nur vierzig bis fünfzig Pillen, die ich normal am Abend verticke und die kauft keiner alle auf einmal.“ „Nur vierzig bis fünfzig Pillen, ja?“, erwiderte Daniel sarkastisch. „Und dann wahrscheinlich noch jeden Abend an dieselben Personen. Klasse.“ Er seufzte und versuchte sich zu beruhigen. „Egal, es ist deine Sache. Solange du damit klarkommst… Außerdem sind die Dinger schon irgendwie recht praktisch.“ Daniel lehnte sich an die Theke zurück. Es war ja nicht so, dass er nicht schon vorher mit halblegalen Sachen konfrontiert gewesen war. Wozu ging er mit dem Bruder eines Oyabun? Korrigiere. War gegangen. Vergangenheit. Daniel atmete tief durch. Vergangenheit. „Ja, praktisch“, Kai schob sich vor Daniel und platzierte die Hände rechts und links von ihm. Er brachte seinen Mund nahe an Daniels Ohr, der dies wortlos geschehen ließ. „Du könntest dir auch eine verdienen, wenn du möchtest“, flüsterte er ihm ins Ohr ehe er ihm in die Augen sah. „Was meinst du?“ Aus den Augenwinkeln sah Daniel Kai an. Sollte er? Der Kater gestern kam wohl von der Mischung Alkohol und Ecstasy. Wenn er sich jetzt nur auf die Pille beschränken würde, wäre vielleicht alles gut. Außerdem wäre ein zweites Mal garantiert auch nicht schlimm, sondern würde ihn nur von seinen negativen Gedanken abbringen, die schon wieder dabei waren, sich in seinem Kopf festzusetzen. Ein paar Tage und er war über Serdall hinweg. Dann bestand auch kein Grund mehr, überhaupt über Ecstasy nachzudenken. „Was stellst du dir unter verdienen vor?“, fragte er Kai. „Ich könnte sie dir auch einfach abkaufen, hast du daran schon mal gedacht?“ „Ach, wieso kaufen, wenn du sie bei mir für einen ordentlichen Zungenkuss bekommst? Ich mag es, wenn du lustig bist und gestern war es wirklich lustig“, erklärte und ließ seine Hände an Daniels Seiten hinab wandern. „Du könntest dir auch eine kaufen“, flüsterte Kai an Daniels Ohr, „aber das würde dich fünfzehn Mücken kosten. Wochenend-Sonderpreis.“ „Na klasse“, maulte Daniel nicht sehr angetan. Entweder er plünderte sein Portemonnaie oder er knutschte mit Kai rum. Letzteres wäre zwar nichts Neues, immerhin hatte er ihm gestern sogar während er sich im Rausch befand einen Fellatio verpasst, aber trotzdem musste er nicht gleich springen, wenn Kai es ihm befahl. Andererseits… „Ach verdammt!“ Daniel zog Kai am Hemdkragen zu sich. Es war fast dieselbe Situation wie gestern. „Ich fühle mich schon fast wie irgendein billiger Stricher. Indirekt von dir für einen Zungenkuss bezahlt“, grummelte er, bevor er Kais Lippen versiegelte. Kai musste in den Kuss hinein lachen, erwiderte ihn jedoch danach leidenschaftlich. Er genoss es, wenn diese Art an Daniel zum Vorschein kam, die ein bisschen unberechenbar für Kai war. Manchmal schien Daniel nämlich so strikt und vernünftig, aber im Grunde war er doch ziemlich kindisch. Irgendwie war es schade, dass diese Seite an Daniel so selten zu Tage kam. Keuchend löste sich Kai von Daniel und sah seinem Gegenüber versonnen lächelnd ins Gesicht. Daniel war wirklich kein schlechter Küsser. Es machte richtiggehend Spaß, ihn zu küssen. Kai beförderte eine der kleinen bunten Pillen aus dem Beutel in seiner Hosentasche und reichte sie, im Sichtschutz der Theke, Daniel. „Du bleibst aber bei mir, okay? Ich will nicht, dass du morgen ne böse Überraschung erlebst und bei irgendeinem Typen aufwachst.“ „Bleib du lieber bei mir“, gab Daniel zurück und schluckte grinsend die Pille. Er wusste, dass es etwas dauern würde, doch dann waren endlich alle Gedanken über Serdall zumindest für einige Zeit verschwunden. Schnell bestellte er sich noch eine Cola, um den schlechten Geschmack wegzuspülen. Er wollte mal versuchen, wie es ihm morgen ohne Alkohol gehen würde. Gut zwanzig Minuten später spürte Daniel wieder die ersten Anzeichen, dass das Ecstasy zu wirken begann. Grinsend zog er Kai auf die Tanzfläche und ließ seiner momentanen Aufgedrehtheit freien Lauf, indem er wie ein junger Gott durch die Disko tanzte. Er landete ein paar Mal in den Armen von irgendwelchen fremden Typen, doch Kai zog ihn immer wieder zu sich zurück, was Daniel nur mit einem Lachen quittierte. Gegen drei Uhr morgens kehrten sie wieder zu Kais Wohnung zurück. Daniels Euphorie hatte sich ziemlich verflüchtigt und er starrte etwas trübsinnig vor sich hin. Kai legte zufrieden seine Brieftasche fort, die glücklicherweise randvoll war mit Geld und so seine nächste Miete und die neuen Medizinbücher des nächsten Semesters sicherte. Seufzend sah er zu Daniel, der sich in den Fernsehsessel gesetzt hatte und schrecklich unglücklich aussah. Fahrig strich Kai sich durch dir Haare. Er konnte das nicht mit ansehen. Entschlossen ging Kai zu seinem Bett und zog die Kiste darunter hervor, in der er seinen Stoff lagerte, den ihm sein Händler letzten Monat beschafft hatte. Er sah auf die Tüte mit dem Kokain, das er noch von der vorigen Bestellung da hatte, das der Kunde aber nicht abgeholt hatte. Er seufzte erneut tief. Das würde Daniel womöglich abhängig machen… Kai schüttelte den Kopf. Er würde schon auf Daniel aufpassen und mehr als die zehn Gramm hatte er eh nicht im Haus und davon würde Daniel maximal ein halbes Gramm jetzt schnupfen. Wenn überhaupt. Mit schiefem Lächeln ging Kai zurück zu Daniel, wobei er die Tüte in der Hand hielt. Daniel sah ihm entgegen, als er auf ihn zukam und mit dem Kokain vor seiner Nase herumwedelte. „Was ist das?“, fragte er recht desinteressiert und sah auf das weiße Pulver in dem durchsichtigen Beutel. „Koks“, erklärte Kai schlicht und holte eine Visitenkarte sowie einen Geldschein, ehe er auf seinem Glastisch ein bisschen von dem weißen Pulver verteilte und mit der Visitenkarte eine Linie zog. „Komm, ich zieh auch eine Bahn mit“, erklärte Kai und begann den Euroschein zu einem Röhrchen zu drehen. Kurz blickte Daniel ihn undeutbar an, dann zuckte er mit den Schultern und setzte sich neben Kai auf den Boden. Momentan war ihm so ziemlich alles egal. „Einfach durch die Nase, ja?“, fragte er und als Kai nickte hielt Daniel sich ein Nasenloch zu und schnupfte das Kokain durch das andere. Seine Augen fingen etwas an zu tränen, doch ansonsten passierte im ersten Moment nichts. Kai tat es ihm nach und setzte sich dann mit Daniel auf das Sofa. Er lehnte sich zurück und legte einen Arm um ihn. Er konsumierte nur selten selbst Drogen, dieses Mal wohl nur, um sich seinem schlechten Gewissen Daniel gegenüber zu entziehen, weil er ihm sozusagen kostenfrei den Scheiß gab. Doch Kai konnte es nicht sehen, wenn Menschen unglücklich waren. Er war es auch lang genug gewesen. Er lehnte seinen Kopf an Daniels und wartete, dass die Wirkung einsetzte. Bisher hatte er nur den widerlich bitteren Geschmack im Rachen, der ihn so anekelte. „Der Mist dauert immer seine Zeit“, murrt Kai Daniel zu und spielte mit dessen Fingern. „Hm“, meinte Daniel kurz angebunden. Er wollte wieder raus aus dem Loch, das die nachlassende Wirkung des Ecstasy hinterlassen hatte und das er beim letzten Mal wohl verschlafen hatte. Er fragte sich nebenbei, wie viel Geld die Drogen, die Kai ihm bis jetzt gegeben hatte, wohl kosteten. Günstig war der Spaß bestimmt nicht. Langsam begann auch endlich die gewünschte Wirkung einzutreten. Ein angenehmes Kribbeln zog durch Kais Bauch und verteilte sich in seinem ganzen Körper. Plötzlich fühlte er sich gut, enorm gut. Einfach unbesiegbar und total abgehoben. Kai begann plötzlich zu reden, über irgendwelche Nichtigkeiten und Daniel stieg darauf ein. Sie plapperten, hatten plötzlich den Drang dazu und wie nebenbei schmiegte Kai sich enger an Daniel, lachte vergnügt wie immer und kuschelte seinen Kopf in Dans Schoß. Er begann mit Daniel über Gott und die Welt zu reden und sich selbst auch mit Gott zu vergleichen. Erleichtert stellte Daniel fest, dass seine schlechte Stimmung sich scheinbar in Luft aufgelöst hatte. Er diskutierte mit Kai eine Weile darüber, wie die Welt jetzt entstanden war, ob etwas an der Schöpfungsgeschichte dran war oder nicht und sie entwickelten zusammen unglaublich logisch klingende, faszinierende Theorien. „Weißt du, Kai“, meinte Daniel irgendwann, „ich finde dich irgendwie voll klasse. Auch, dass du mit allen möglichen Typen rummachst. Ich hätte eigentlich auch nichts dagegen, aber da war nun mal immer Serdall und den wollte ich eben halten und ihm treu sein. Davor hatte ich aber kein Problem damit, gleich am zweiten Tag mit Dustin in die Kiste zu hucken und mit Serdall wollte ich es auch so schnell wie möglich treiben. Ich glaube, ich bin auch ganz schön versaut.“ Er lachte und sah Kai dann schief grinsend an. Der Kopf in seinem Schoß, der bei jeder Bewegung über seinen Schritt rieb, ließ ihn nicht wirklich kalt. „Wieso die Gelegenheit nicht nutzen?“, kicherte Kai vergnügt. „Serdall ist Geschichte und ich finde dich echt niedlich“, erklärte er immer noch grinsend und gut drauf. „Außerdem bin ich überragend im Bett. Ein richtiger Sexgott“, meinte er absolut überzeugt und setzte sich auf, um in Daniels Haar zu greifen und ihn zu sich zu ziehen. „Da würde Serdall vor Neid erblassen“, proklamierte er grinsend und begann Daniel heftig zu küssen. Er löste sich schnell von Daniel, als er dessen erhärtetes Glied erfühlte. „Ha“, rief er erstaunt, „ich mache dich also an.“ Immer noch kichernd, packte Kai Daniels Hand und zog ihn aufgedreht mit sich ins Schlafzimmer, um ihn lasziv lächelnd auf das breite Bett zu schubsen. ------------------------------------- Abrupt schlug Daniel die Augen auf. Das Erste, was er merkte, war ein unangenehmes Ziehen in seinem Unterleib. Es war zwar nicht mehr nötig, aber ein prüfender Blick auf dem Boden neben dem Bett zeigte ihm verstreut herumliegende Klamotten und zwei benutzte Kondome. Über sich selbst und sein Verhalten schockiert ließ er sich wieder zurück in eine liegende Position fallen. Es war schon seltsam. Gestern hatte er ein so starkes Verlangen nach Kai gehabt, nach Sex im Allgemeinen, dass er fast überhaupt nicht nachgedacht und einfach nur mit ihm geschlafen hatte. Leider musste Daniel zugeben, dass Kai mit seiner Angeberei recht behalten hatte. Er war gut, sehr gut und er schien die gleiche Art von Sex zu bevorzugen, wie Daniel es zumindest nach stressigen Tagen tat. Recht schnell und hart. Daniel schien es, als könne er nicht behaupten, dass der Sex nicht gut gewesen wäre. Wenn er ehrlich mit sich war hatte er gestern vom rein Körperlichen her wohl mit den besten Sex seines Lebens gehabt. Bei Serdall war das etwas Anderes. Sie passten sich aneinander an und so schliefen sie meist gesitteter miteinander, wobei die Liebe, die Daniel für ihn empfand, die Lust ergänzte und steigerte. Er schloss leidvoll die Augen. Serdall. Da war er wieder. Der Gedanke an den einzigen Mann, den Daniel je wirklich geliebt hatte, der sein Denken fast vierundzwanzig Stunden am Tag beherrscht hatte und den er jetzt nur noch aus der Ferne betrachten konnte. Was würde Serdall wohl sagen, wenn er erfuhr, was Daniel schon so kurz nach ihrer Trennung alles trieb? Allein die Vorstellung wie er sich verhalten würde, trieb Daniel die Tränen in die Augen. Er wollte nicht, dass Serdall sauer und enttäuscht war. Er wollte ihn zufrieden und glücklich haben. Ruckartig stand Daniel auf, ignorierte den scharfen Schmerz und seinen rebellierenden Kreislauf. Es war in Ordnung, was er hier tat. Serdall hatte sich von ihm getrennt, nicht er sich von Serdall. Und auch wenn es so herum gewesen wäre, er war jetzt ein freier Mann. Er konnte tun und lassen was er wollte. Er musste niemandem Rechenschaft darüber ablegen. Nur warum fühlte er sich dann so schuldig? Wütend stapfte Daniel ins Wohnzimmer. Er wusste, dass unter der Wut Schmerz und Trauer verborgen waren, die nur darauf warteten hervorzukommen, wenn Erstere abgeklungen war. Daniel stockte. Eigentlich hatte er vor fernzusehen, irgendeine Gedanken abstumpfende Talkshow zu gucken oder sich so mit Musik volldröhnen zu lassen, dass seine Gedanken übertönt wurden, doch was er auf dem Tisch liegen sah, ließ ihn sein Vorhaben noch einmal überdenken. Neben einem Geldschein lag unschuldig die kleine Tüte mit Kokain. Etwas unentschlossen stand Daniel im Türrahmen. Das Zeug hatte ihn gestern einfach nur glücklich gemacht, alle negativen Gedanken ausgemerzt, aber ihm sein Denkvermögen gelassen. Anders als bei den beiden Ecstasy Pillen war er nicht so seltsam drauf gewesen, sondern einfach nur in gewisser Hinsicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, abgeschottet von allen negativen Gedanken. Leider war es auch genau der Punkt, der ihn jetzt so sehr quälte, dass er eigentlich freiwillig mit Kai geschlafen hatte und nicht nur, weil ihn die Drogen zu irgendwas angestiftet hatten. Daniel ließ sich vor dem Tisch nieder. Etwas skeptisch klopfte er etwas Pulver als der Tüte auf den Glastisch, nahm die Visitenkarte und schob es zu einer sauberen Bahn zusammen. Es war ungefähr die Menge von gestern, vielleicht etwas weniger. Daniel verdrängte die Warnsirenen, die in seinem Kopf schrillten, und zog sich das Kokain dieses Mal durch das andere Nasenloch. Befreit seufzend lehnte er sich an die Couch zurück. Nur noch weg mit den Gedanken. Einfach wieder glücklich sein. Ende Kapitel 12 Kapitel 13: ------------ Kapitel 13 Keuchend schlug Kai die Augen auf. Was für eine Nacht. Er fühlte sich matt und ausgelaugt und ziemlich entkräftet. Murrend schob er die Beine aus dem Bett. Himmel, er hatte Muskelkater im Becken… Er entsann sich an den wilden Sex mit Daniel und musste unweigerlich grinsen. Der Kleine war richtig sexsüchtig gewesen und Kai glaubte, nur zwei Stunden zum Schlafen gekommen zu sein. Kopfschüttelnd stand Kai auf und tigerte in die Küche. Er brauchte eine große Flasche Apfelsaft, so ausgedörrt wie er war vielleicht auch zwei. Auf der Suche nach Daniel warf er auch einen Blick ins Wohnzimmer Wohnzimmer. Kai fluchte unterdrückt, als er Daniels seliges Lächeln registrierte. „Hast du etwa schon wieder eine gezogen?“, zischte Kai Daniel an und nahm die Tüte Kokain wieder an sich. Er hätte es doch ahnen müssen. „Bist du denn jetzt total von Sinnen?“ „Nein, nur unglaublich glücklich und sorgenfrei“, erwiderte Daniel schlicht und erhob sich. „Mit dem Ecstasy war ich von Sinnen, jetzt bin ich einfach nur gut gelaunt.“ Vor sich hinsummend ging Daniel an Kai vorbei in die Küche. Er machte sich einen Kakao und stürzte ihn in einem Zug hinunter. Zwar hatte er keinen Durst, aber sein Kakao gehörte für ihn irgendwie zum Morgenritual dazu. „Man, schade dass Wochenende ist. Am liebsten würde ich jetzt zur Uni“, meinte Daniel und wusch schnell seine Tasse ab. „Ich wette, dass ich gerade irgendeine Doktorarbeit schreiben könnte, so wie ich mich fühle.“ Kai schüttelte den Kopf. „Du bist trotzdem nur auf Drogen“, zischte er Daniel an, als er an ihm vorbeitigerte. Resignierend versteckte Kai das Kokain und ließ sich dann in seinem Sessel sinken. Daniel würde bald wieder runterkommen und Kai würde ihm nichts mehr geben, das war sicher. Langsam stellte sich sein schwarzhaariger Freund als potentiell Gefährdeter heraus und das wollte er definitiv nicht verantworten. Daniel stromerte gut gelaunt durch die Wohnung und räumte hier und da ein bisschen auf. Irgendwie war er voller Tatendrang. Er laberte irgendwelches altkluges Zeug vor sich hin und strich Kai immer wieder im Vorbeigehen über die Wange. Er fühlte sich einfach gut und das wollte er ausnutzen, ehe es wieder vorbei war. Kai konnte ihm nur genervt hinterher sehen. Das war eine ganz schlechte Entwicklung. Ihm wurde schlecht, wenn er an die Konsequenzen seiner Dummheit dachte. Wie hatte er Daniel dieses Zeug überhaupt zeigen können? Sich fahrig durch die Haare streichend packte er Daniel beim Arm. „Du isst jetzt anständig mit mir Frühstück“, bestimmte Kai. Auch wenn Daniel keinen Hunger hatte, er musste was essen und viel trinken. „Kai, mir geht es super. Ich habe weder Hunger noch Durst. Ich habe einfach Lust, irgendwas zu unternehmen.“ Doch Kais böse Blicke ließen Daniel verstummen und sich schnell etwas Essbares hinunterzwängen. „Jetzt zufrieden?“, fragte er, allerdings fehlte der scharfe Unterton. Daniel stand auf und stromerte ins Schlafzimmer, wo er sein Handy aus der Hosentasche holte. Er hatte gerade das ganz dringende Bedürfnis, Dustin anzurufen und ihm ein paar Sachen mitzuteilen. „Canter“, meldete sich Dustin an seinem Zweithandy mürrisch. Er sah erst jetzt auf das Display und seine Augen wurden schmal, als er Daniels Namen las. „Echt, sag mal wo warst du gestern? Deine Mutter macht sich Sorgen und ich stand bedeppert vor deiner Haustür, Dan. Ist irgendwas passiert?“ „Nein, alles bestens“, erwiderte Daniel schlicht und lief während des Telefongesprächs im Schlafzimmer auf und ab. „Ich bin bei einem Freund und denke, dass ich noch ein wenig hier bleiben werde. Ich rufe eigentlich nur an, um dir zu sagen, dass du Serdall sagen kannst, dass er mir egal ist und ich ihn nicht brauche.“ Leicht lächelte Daniel vor sich hin. Das klang doch gar nicht mal so schlecht. Ein scharfes Zischen war zu hören, ehe Dustin Daniel wütend anfuhr. „Sag mal, bist du noch ganz fit im Kopf? Hörst du dir überhaupt zu? Serdall kann dir nicht egal sein. Du liebst ihn!“, rief Dustin empört und störte sich auch nicht daran, dass Fei plötzlich an ihm vorbeiging und ihn ziemlich übel ansah. Naja, er ging dann doch lieber in sein eigenes Zimmer, bevor er Fei noch mehr reizte. „Wie kommst du auf den Mist? Lässt du dich etwa schon von einem anderen vögeln oder was?“. Fragte Dustin bissig und knallte die Tür hinter sich zu. „Vielleicht“, erwiderte Daniel unbestimmt. Dustin musste ja nicht alles wissen. Er grinste in sich hinein. „Auf jeden Fall geht es mir gut“, meinte er. „Zumindest im Moment. Wenn du magst halte ich dich auf dem Laufenden, aber zuhause bin ich wie gesagt wohl erst einmal nicht mehr.“ „Sag mal, bist du besoffen?“, Dustin verstand die Welt nicht mehr. Was war denn mit Daniel bloß los? „Serdall wird dir die Hölle heiß machen, wenn du irgendeinen Scheiß baust und ich dir auch, verstanden?“, zischte Dustin wütend. Es war doch noch nicht vorbei zwischen Serdall und Daniel. Warum hatte der Student denn schon alles abgehakt? „Ich bin nicht besoffen. Mir geht es gut“, meinte Daniel, noch immer nicht im Mindesten so auf hundertachtzig wie Dustin es war. „Und was Serdall tut oder nicht tut ist mir eigentlich Schnuppe. Kai meinte sowieso, dass er mir die ganze Zeit was vorspielt. Warte mal, ich weiß gar nicht, wie Kai mit Nachnamen heißt. Moment.“ Daniel wuselte zur Haustür und besah sich das Klingelschild. „Hahn“, las er vor und lachte kurz. „Irgendwie ein doofer Name.“ Dustin ballte wütend seine freie Hand zur Faust, wobei er leise schnaubte. „Fein, du lässt dich schon von dem nächsten Typen knallen und bist betrunken“, stellte Dustin kalt fest. „Serdall wird Kai umbringen und dich mit dazu, wenn er Fei wegbekommen hat. Das ist dir hoffentlich klar? Aber wie dem auch sei, ich werde ihm sicher nicht sagen, was du für einen Mist baust. Sieh zu, dass du dich nach Hause machst, bevor du es wirklich bereust.“ Dustin setzte sich kraftlos auf sein Bett. Er wusste nicht wo Daniel war und er konnte ihm nicht helfen. Wieso auch? Daniel war einundzwanzig Jahre und Dustin konnte ihm nicht die Hand halten. Serdall hatte im Moment einen Tick mehr Probleme und er würde ihm sicherlich nicht erzählen, dass Daniel gerade außer Rand und Band schien. Das würde Serdall endgültig den Lebenswillen nehmen. „Fei wird er nicht so schnell los, also brauche ich mir darum keine Gedanken zu machen, denke ich“, meinte Daniel schulterzuckend. „Außerdem weiß ich nicht wie oft ich es dir noch sagen soll, aber ich bin nicht betrunken. Klinge ich betrunken? Nicht wirklich. Und ich fühle mich hier gerade sehr wohl und zuhause kennt mich ohnehin keiner mehr. Wann habe ich mich schon mal blicken lassen, als ich den ganzen Tag auf Serdall gehockt habe? Mir fällt erst jetzt auf, wie ätzend das war. Ich meine, ich bin jung, da will man doch was erleben, oder?“ Fassungslos sah Dustin vor sich hin. Das konnte nicht Daniels Ernst sein. Serdall opferte so viel für ihn und er hatte diese beschissene Einstellung? „Weißt du was, Daniel. Du hast Serdall nicht verdient und seine Liebe erst recht nicht. Wie kannst du nach all der Zeit nur sowas sagen? Was ist mit Taki und Kimba? Kommst du überhaupt noch klar?“ Dustin schüttelte wiederwillig den Kopf. „Komm erst mal runter, werde nüchtern und dann kannst du vernünftig mit mir reden. So wie du jetzt bist, kotzt du mich nur zu sehr an“, zischte der Blonde wütend und legte auf. Hatten sie nicht genug Probleme? Musste Daniel jetzt auch noch so abdrehen? Zornig warf er sein Handy auf sein Bett und sich selbst hinterher. Ratlos begann er die Decke anzustarren. Das konnte so nicht weitergehen. Daniel blickte kurz auf das monoton tutende Handy, dann zuckte er die Schultern und ging zu Kai, der im Wohnzimmer saß. „Na, heut Abend wieder Party?“, wollte er beschwingt wissen. „Ja, aber nur wenn du clean bist“, murmelte Kai und sah gebannt auf den Fernseher. „Mit wem hast du telefoniert?“, wollte er noch wissen. Es würde wohl ziemliche Fragen aufwerfen, wenn Daniel in diesem Zustand mit Bekannten und Freunden redete, die ihn so nicht kannten. Kai wollte gar nicht wissen, wie Daniel reagierte, wenn er wieder runtergekommen war. „Ach, mit dem Mitbewohner von meinem Ex“, erwiderte Daniel leichthin. „Hab ihm gesagt, dass mir mein Ex egal ist und mir mein Leben versaut hat. Na gut, ganz so habe ich es nicht ausgedrückt, aber ich habe ihm etwas von dem mitgeteilt, was du mir mal gesagt hat.“ Interessiert sah Daniel kurz der Talkshow zu, die gerade lief. „Was meinst du überhaupt damit, dass du nur mit mir in die Disko gehst, wenn ich clean bin? Das klingt ja fast so, als wäre ich süchtig und müsste einen Entzug machen oder so.“ Daniel lachte auf. Kai verzog genervt den Mund. „Wer sich am Morgen schon Koks durch die Nase zieht, ist auf dem besten Weg dahin“, zischte er angewidert. „Du kriegst von mir jedenfalls kein Milligramm mehr“, drohte Kai und stand auf. Er war immer noch nackt und nicht gesellschaftsfähig. „Ich geh erst mal duschen.“ Daniel hielt ihn auf, indem er ihn am Handgelenk packte. „Hey“, meinte er jetzt doch etwas von seinem extremen Hoch runter gebracht. „Ich brauch gar nichts mehr. Mir geht es gut“, sagte er scheinbar tatsächlich vollkommen von seiner Aussage überzeugt. „Aber was ich jetzt bräuchte“, er lächelte Kai lasziv an und schlang ihm die Arme um die Hüften, „ist ein bisschen Liebe.“ „Die hast du gestern Nacht schon gekriegt“, murrte Kai und entwand sich aus Daniels Armen. Das war das Kokain, was aus Daniel sprach und nicht Daniel selbst und Kai nervte das irgendwie an. Klar, gestern war er auch high gewesen, aber jetzt hatte er keine gesteigerte Lust, Daniel auszunutzen. „Hol dir einen runter, wenn du es so dringend brauchst“, knurrte Kai und verschwand ins Badezimmer. Leicht vor den Kopf gestoßen wandte sich Daniel ab. Irgendwie machte ihm Kais Zurückweisung gerade mehr zu schaffen, als er es erwartet hätte. Ließ das Kokain etwa schon wieder nach? Es war doch noch nicht mal ganz eine Stunde her, seit er es genommen hatte. Er setzte sich in den Sessel im Wohnzimmer und starrte verwirrt vor sich hin. So schnell wie sie gekommen war, war seine Hochstimmung auch wieder weg. Vor allem bei der Erinnerung an das Telefongespräch mit Dustin wurde ihm auf einmal plötzlich schlecht. „Scheiße“, murmelte er erstickt und vergrub die Hände in seinen Haaren. Gut, er hatte das gesagt, was er im tiefsten Inneren dachte oder gerne denken würde, dass ihm alles, was mit Serdall zu tun hatte egal war, dass er zweifelte, ob Serdall es wirklich total ernst mit ihm gemeint hatte, dass ihn zuhause keiner mehr beachtete und so weiter. Warum hatte er Dustin den ganzen Mist nur erzählen müssen? Tränen liefen Daniel über die Wangen und er wunderte sich, woher diese plötzliche Depression kam. Weil er jetzt mitbekam, in was für eine Scheiße er sich bugsiert hatte? Aber er war doch nur ehrlich gewesen. Frisch geduscht und in eine Boxershort gekleidet ging Kai am Wohnzimmer vorbei, stockte jedoch, als er Daniels plötzlich so aufgelöste Gestalt sah. Seufzend ging er auf den Schwarzhaarigen zu und hockte sich vor ihn. Mit unwohlem Gefühl im Bauch wischte Kai über Daniels tränennassen Wangen. Das war das, was ohne den Rausch blieb und es schmerzte Kai, Daniel so zu sehen. „Hey Kleiner“, flüsterte er und biss sich leicht auf die Lippe, als sich Daniels himmelblaue Augen auf ihn richteten. Sein Herz begann sich bei diesem Anblick schmerzlich zusammenzuziehen und er seufzte unterdrückt. Das war gar nicht gut. Er durfte für Daniel nicht so empfinden. „Beruhig dich doch, ich bin für dich da“, meinte er leise und umarmte Daniel fest. Leise Schluchzer unterdrückend ließ sich Daniel gegen ihn fallen. „Mein Leben steckt echt in einer Krise“, stellte er für sich fest und vergrub das Gesicht in Kais Halsbeuge. „Und in meiner unendlichen Dummheit mache ich alles einfach nur noch schlimmer, weil ich meine Klappe nicht halten kann und Dustin alles erzählen muss, das ich irgendwie tief in mir drin empfinde. Ich will das Alles nicht.“ „So schlimm kann es gar nicht sein“, meinte Kai unbehaglich. Diese Situation überforderte ihn absolut. Er konnte Daniel nicht so unglücklich sehen. Das war fast zu viel für ihn. Unweigerlich zog er Daniel enger an sich und strich ihm beruhigend über den Rücken. „Ich bin für dich da, okay? Du bist nicht allein und dein Leben ist auch keine Krise. Du studierst, bist hübsch und intelligent und super süß, wenn du dich ängstlich auf dem Motorrad an mich klammerst“, versuchte Kai zu scherzen und küsste Daniel am Hals. Gott, in ihm flatterte bei dieser Umarmung jede einzelne Nervenfaser. „Oh ja, das nützt mir so unglaublich viel bei der Tatsache, dass mein Freund, mit dem ich seit mehr als eineinhalb Jahren zusammen bin und den ich mehr als alles in der Welt liebe, mit mir Schluss macht. Und ich Esel verbaue mir auch noch alle Chancen ihn wieder zurückzubekommen, die sich ohnehin schon der null Prozentmarke genähert hatten.“ Daniel sah auf und blickte Kai mit verzweifelten und tränennassen Augen an. Kai versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, aber sein Herz zog sich bei Daniel Worten schmerzlich zusammen. Irgendwie fing er an, Serdall nicht leiden zu können und es machte ihn krank, Daniel wegen diesem Kerl so fertig zu sehen. „Er hat Schluss gemacht, was jammerst du ihm denn hinterher?“, fragte Kai ihn leise. „Jemand wie er hat dich doch nicht verdient. Er versteckt dich nur, steht nicht zu dir wenn er soll und heiratet jetzt wohl wieder. Sag mir, warum er es wert sein sollte?“ „Ganz einfach weil ich ihn liebe“, flüsterte Daniel traurig. „Und weil er diesen Schritt nicht freiwillig gemacht hat. Wenn er nicht von seinem Bruder dazu gezwungen worden wäre, dann wäre ich nicht hier und würde mir die Augen ausweinen.“ Durch Daniels Brust zog sich ein schmerzhaftes Stechen. Serdall hatte es nicht freiwillig getan. Er liebte ihn noch. Dustin hatte ihm das auch indirekt noch mal bestätigt. Und was tat er hier? Warum war er bei Kai und nicht zuhause und wartete auf hoffentlich irgendwann kommende, bessere Zeiten? Leise wimmerte er auf. „Ach hör auf. Wahrscheinlich hat er dir das so vorgebetet“, zischte Kai wütend und setzte sich zu Daniel auf die Sessellehne. „Nur weil der Freund von deinem Ex dir ins Gewissen geredet hat, reagierst du jetzt so. Wahrscheinlich will Serdall dich noch für alle Eventualitäten freihalten“, murrte Kai und strich Daniel durch die schwarzen Haare. „So ist er nicht“, murmelte Daniel und schloss erschöpft die Augen. „Er liebt mich, das weiß ich. Er wollte nicht heiraten. Es kommt sogar schon die zweite Ehefrau für ihn hierher, weil sich die erste Heiratskandidatin auf seine Seite geschlagen und uns ein Treffen arrangiert hat. Wenn doch nur sein Bruder nicht wäre.“ Daniel drehte sich immer weiter im Kreis und seine Gedanken gruben sich tiefer und tiefer bis zur Schmerzgrenze. Er wollte das nicht. Er wusste, wie es anders war und sein konnte. Er hatte einmal Blut geleckt und wollte diese Sorglosigkeit nicht mehr missen. Das Telefongespräch war noch so frisch, kein Wunder also, dass er so mies drauf war. Er musste nur die Zeit kurz überbrücken, bis der erste Schock überwunden war. Nachher, wenn etwas Abstand zwischen ihm und Dustin war, würde es ihm wieder besser gehen. „Lass mich vergessen, Kai“, flüsterte Daniel und hauchte einen kleinen Kuss auf Kais Lippen. „Bitte lass mich vergessen.“ Ungläubig sah Kai ihm in die verzweifelten Augen. Er sollte ihm doch nicht echt…? „Nein, Daniel. Das macht es doch nur schlimmer“, meinte er schwach und löste sich von Daniel. Seine Nähe machte Kai plötzlich total schwach und das war gar nicht gut. Er durfte Daniel das Zeug nicht mehr geben, auch wenn er noch so fertig war. Daniel biss sich vollkommen verzweifelt auf die Lippe. Warum wollte Kai ihm nicht helfen? Nur einmal noch, bis er Abstand von allem gewonnen hatte. Zittrig löste er sich von dem Blonden und ging in Richtung Schlafzimmer. „Dann nicht“, murmelte Daniel und ließ sich auf das Bett fallen, wo er die Decke über sich zog. Rotierend eilten Bilder vor seinem inneren Auge umher, hörte er Stimmen, die ihn anklagten. Sein schlechtes Gewissen plagte Daniel und er schloss erschöpft die Augen. Er war müde aber konnte nicht schlafen. Er wollte Serdall wiedersehen. Unsicher biss sich Kai auf die Lippe. Daniel war am Ende… Aber er konnte ihm doch nicht einfach diesen Mist geben, das würde wirklich nichts besser machen. Seufzend versuchte Kai sich abzulenken. Er setzte sich auf das Sofa zurück und sah wieder zum Fernseher. Trotzdem schweiften seine Gedanken immer wieder ab, auch wenn er versuchte, sich stark auf die langweilige Sendung zu konzentrieren. Daniel tat ihm unendlich leid und er musste sich eingestehen, dass er Daniel viel zu sehr mochte, als dass er ihn seinem Liebeskummer überlassen konnte. Seufzend stand Kai auf. Er würde auf Daniel aufpassen, es nicht ausarten lassen. Es würde halt nur für die Zeit sein, in der es Daniel so extrem schlecht ging. Traurig sah er zu Daniel, der wimmernd in seinem Bett lag. Er setzte sich neben ihn und zog die Decke von Daniels Kopf. „Hey, Danniboy“, rief er leise. „Lass dich nicht hängen, ja?“ Kai holte aus der Kiste unter dem Bett das Kokain hervor, behielt sich aber in Gedanken vermerkt, dass er sie danach woanders verstecken würde. „Komm“, murmelte Kai, und zog Daniel bei der Hand aus dem Bett. „Du kriegst deine Bahn.“ Etwas unsicher wischte Daniel sich die Tränen aus dem Gesicht. So fertig und mies drauf war er echt noch nie gewesen. Dankbar ließ er sich von Kai ins Wohnzimmer bringen und sah zu, wie er ihm auf dem Glastisch eine Bahn zog. Daniel nahm den Geldschein entgegen und sog das Kokain schnell ein. Er ignorierte den bitteren Geschmack und lehnte sich an Kais Beine, der es sich auf der Couch bequem gemacht hatte. Seufzend schloss Daniel die Augen. Gleich würde es ihm besser gehen. Es war vom Gefühl her so, als wenn man Kopfschmerzen hatte und sich ein Aspirin nahm. Man wusste, dass alles Schlimme gleich vorbei sein würde. Und im Moment war eben das Kokain Daniels Medizin, die er absetzen würde, wenn er von seinem Liebeskummer geheilt war. Seufzend strich Kai Daniel durch die Haare. Er wollte nicht, dass Daniel unglücklich war und so war es vielleicht der beste Weg, dass Daniel über seinen Ex hinwegkam und vielleicht… Kai schüttelte den Kopf über sich selbst. Das ganz bestimmt nicht. Er beging nicht jeden Fehler drei Mal, auch wenn es mit Daniel wieder ganz anders war. Das konnte er einfach nicht. „Und, jetzt besser?“ „Viel besser“, seufzte Daniel befreit, als all seine schlechte Stimmung sich in Luft aufzulösen schien und nur noch Positives sowie der schon bekannte Tatendrang in ihm zurückblieben. Er stand auf und setzte sich auf Kais Schoß, schlang die Arme um seinen Hals. „Und, was hast du dir so als Belohnung vorgestellt?“, raunte er heiser. Kai lächelte schief. In ihm begann es bei Daniels Lächeln heftig zu Kribbeln und er verfluchte sich für seinen verliebten Blick. Das war nicht der wirkliche Daniel, blaffte er sich selbst an. Normal würde Daniel ihn nicht so ansehen und ihn auch nicht freiwillig so berühren… Seufzend schloss Kai die Augen und legte seine Hände auf Daniels Hüften. Innerlich trat er sich dafür, dass er seine Gefühle nun doch zuließ, aber er konnte nicht anders. Wie sollte er auch diesem niedlichen Kerl widerstehen? Er begann wieder verschmitzt zu grinsen. „Dir ist klar, dass das Zeug bei weitem teurer ist als ein, zwei Pillen Ecstasy?“, flüsterte Kai zurück und kam sich dabei ziemlich eklig vor. Er unterdrückte diese Gedanken. Es war egal. Er liebte Daniel nicht, er wollte nur seinen Spaß. „Du musst dich schon ein Bisschen anstrengen.“ Daniel lächelte amüsiert und lehnte sich noch ein Stück näher zu Kai. Er war gerade mal wieder extrem geil und spitz auf körperliche Nähe. Er mochte Kai, er war Single, also was sprach gegen ein bisschen Rumgemache? Vor allem war Kai auch echt ein Meister auf seinem Gebiet. Da musste selbst Dustin den Hut vor ziehen. „Nun“, raunte Daniel heiser und genoss die Gänsehaut, die sich auf Kais Armen breit machte. „Ich denke, wir fangen erst mal so an, wie ich auch für das Ecstasy bezahlt habe“, meinte er und küsste Kai verlangend. Augenblicklich begann Kais Herz in seiner Brust zu wummern wie ein Vorschlaghammer. Er keuchte unterdrückt und umfing Daniels Oberkörper mit den Armen. Was machte der Kleine hier nur mit ihm? Genießend schloss Kai die Augen und ließ sich in diesen Kuss fallen. Es war ein wahnsinniges Gefühl, das ihm durch die Adern rauschte und es machte ihm insgeheim Angst. Er hatte sich tatsächlich wieder verliebt… Die Gedanken verdrängend zog Kai Daniel enger an sich und ließ sein Hände über dessen Haut gleiten. Es würde schon irgendwie gutgehen, versuchte er sich noch zu beruhigen, ehe er sich vollständig von seinem Verstand loslöste und nur noch Daniels Nähe fühlte. ------------------------------------- „Serdall?“, rief Fei aus dem Wohnzimmer heraus. Der Violinist sah emotionslos in die Richtung, aus der er gerufen wurde. Er war gerade dabei sein Wasser zu trinken. Kommentarlos stellte er es ab und ging zu seinem Bruder, der auf dem Sofa saß. Neben ihm stand eine junge Japanerin, vielleicht achtzehn Jahre alt, aber bildhübsch und anscheinend sehr unterwürfig, denn sie verbeugte sich tief vor Serdall und sah ihm nicht in die Augen. „Serdall, das ist Mayumi Nakamura“, stellte Fei die junge Frau vor. „Du wirst sie nächsten Freitag heiraten.“ Serdall lächelte auf eine distanzierte, emotionslose Weise. Er ging zu ihr und verbeugte sich, wobei er ihre Hand nahm und einen Handkuss symbolisierte. „Es ist meine Ehre dich kennen zu lernen, Nakamura-san“, begrüßte Serdall sie höflich auf Japanisch. Fei lächelte währenddessen zufrieden. In seinem Gesicht prangten immer noch deutlich Blutergüsse, besonders an seinem Auge, doch dieser Anblick jetzt stimmte ihn milde. Serdalls Fingerknöchel waren mit Schorf überzogen und er spielte auch seit letztem Mittwoch nicht mehr seine Geige, doch das würde sich hoffentlich wieder geben, sobald der Schmerz verklungen war. Fei bestand darauf, dass es eben wegen der Verletzung an Serdalls Händen war, dass er seine Geige nicht mehr anfasste. Fei beobachtete seinen Bruder und versuchte jede kleinste Regung wahrzunehmen, doch er schien sich total verschlossen zu haben. Da war kein Gefühl mehr in diesen blaugrünen Augen und das bereitete Fei Sorge. Kikuchi trat im nächsten Moment ein und hielt dem Oyabun eine Akte vor das Gesicht, wobei er sich leicht verbeugte, nicht ohne finster zu Serdall zu sehen. Die Nase des Assassinen war deformiert und dunkelrot bis blau gefärbt und Kikuchi schien es Serdall nachzutragen, dass er ihn geschlagen hatte. Fei nickte zufrieden, als er die Unterlagen in der Hand hielt. Sein Detektiv beschattete Daniel Erhard mittlerweile rund um die Uhr und jeden zweiten Tag bekam Fei seinen Bericht über Daniels Aktionen. Er konnte so einen Zwischenfall wie am letzten Mittwoch einfach nicht mehr riskieren. Die Entwicklung, die dieser Daniel jedoch zeigte, war ziemlich interessant. Er schien in die Drogenszene abgerutscht zu sein und mit einem stadtbekannten Dealer namens Kai Hahn zu verkehren. Fei wartete nur noch auf die richtigen Bilder, dann würde er Serdall die Wahrheit über seinen ehemaligen Freund offenbaren, dass er Serdall doch eben nur ausgenutzt hatte. Serdall entfernte sich wortlos wieder, als man ihm keine Beachtung mehr schenkte. Er ging nun in die dritte Etage, klopfte kurz an die Zimmertür seines Sohnes und trat ein. Ein echtes Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus, als Taki vor Freude lachte, als er ihn sah und sofort das Schachbrett aufbaute. Serdall flüchtete sich zusammen mit Taki in die Welt der Logik, die Welt des Schachs und er konnte mit ihm stundenlang spielen. Sie wurden beide diesem Spiel nicht müde. Dort gab es keine Gefühle, es war einfach das reine Nachdenken über den nächsten Zug, ein Kampf um den Sieg und Serdall musste erbittert mit seinem Sohn darüber in die Schlacht ziehen. In ihm fraß jedoch eine eisige Kälte, die sich unerbittlich in ihm auszubreiten schien. Doch er wusste, dass dies auch vorbeigehen würde. Er würde noch einen Weg finden, wie er seinen Liebsten wiederbekam, auch wenn es im Moment aussichtslos schien. Der Gedanke, dass Daniel auf ihn wartete, sich um ihn sorgte und ihn liebte, machte diese Kälte in ihm nur halb so schwer und er lächelte warm bei dem Gedanken an seinen Freund. Irgendwie würde er es schon noch schaffen, das wusste Serdall. ------------------------------------- Etwas apathisch und mal wieder deprimiert stand Daniel am Sonntag an Kai gelehnt in ihrer Stammdisko. Seit gestern war es irgendwie selbstverständlich, dass Kai bei ihm war, wenn es ihm schlecht ging und ihm etwas Kokain gab, wenn er Daniels Gemütszustand nicht mehr ertragen konnte. Daniel hoffte, dass das bald wieder der Fall sein würde. Darum betteln wollte er nicht aber er wusste, dass Kai ihn im Allgemeinen nicht lange leiden sehen konnte. Kai legte einen Arm um Daniel, während er ihn nun mit sich durch den Raum zog. Er brauchte noch mindestens fünf Kunden, dann wäre er sein Zeug endlich los. Das würde ihm auch nicht so schwer fallen. Auch wenn Daniel so aussah, als ob er gleich vor Traurigkeit vergehen müsste, versuchte sich Kai nicht beirren zu lassen. „Kommst du fünf Minuten ohne mich aus? Ich muss nur noch den Rest schnell loswerden“, sagte Kai an Daniels Ohr und küsste ihn kurz auf die Wange. „Hmhm“, murmelte Daniel tonlos und sah Kai noch nicht einmal hinterher, als er in Richtung Eingang ging, um seine letzten Pillen an den Mann zu bringen. Daniel ging zur Bar. „Hey Süßer“, kam es von hinten und Daniel rollte mit den Augen. Das braute er heute nicht auch noch, echt. „Ich geb dir nen Drink aus.“ Daniel schwieg und beachtete das Mixgetränk nicht, das vor ihm abgestellt wurde. „Hey, warum so grantig?“, fragte der Kerl amüsiert und legte einen Arm um Daniels Hüfte. „Hab mal ein bisschen Spaß. Der Abend ist noch jung und du hast mit mir einen klasse Fang gemacht.“ Daniel spürte Finger auf seiner Haut, die seine Rücken hinabwanderten und unter den Bund seiner knappen Hose. Er sah rot und rammte aus einem Impuls heraus dem Anderen seinen Ellenbogen in die Magengegend. Kurz keuchte der auf und krümmte sich, ehe er Daniel am Kragen packte und halb über die Bar legte. „Das war‘s, Kleiner“, zischte er und Daniel sah das erste Mal überhaupt sein Gesicht. „Dich mach ich alle. Das lasse ich mir nicht bieten.“ Plötzlich legte sich eine sonnengebräunte Hand auf den Unterarm des Mannes, der Daniel so hart am Kragen gefasst hatte. „Hier wird niemand alle gemacht“, kam es finster von Kai, der sich das Ganze mit angesehen hatte. Kai hatte Daniel ohnehin nicht wirklich aus den Augen lassen können, bei den ganzen notgeilen Typen um sie herum, die Daniel so verzweifelt angesabbert hatten. Kraftvoll drückte Kai zu. Der Mann war kleiner als er und auch nicht wirklich trainiert, wie er selbst. Es war ihm ein Leichtes, ihn von Daniel wegziehen. „Lass meinen Freund in Ruhe“, zischte Kai noch, „sonst bekommst du schneller Hausverbot, als du gucken kannst.“ Der brünette Mann schnaubte widerwillig und sah sich kurz um. Viele der Männer hatten sich eindeutig missgestimmt zu ihnen umgesehen und es waren auch einige von Kais Freunden dabei, die ziemlich finster dreinsahen. Abwehrend die Hände hebend verschwand der Kerl zur Tanzfläche und Kai sah währenddessen finster zu Daniel. „Musstest du diesen Streit so provozieren?“, fauchte er ihn an. Er hatte eine schreckliche Angst bekommen, als der Typ Daniel angefasst hatte. „Ich habe den Streit nicht provoziert“, gab Daniel finster zurück. „Der Typ hat mich angemacht, ich habe ihn ignoriert. Er meinte, mich angrabschen zu müssen, da habe ich mich gewehrt.“ Er warf Kai einen eindeutigen Blick zu und lehnte sich näher zu ihm. „Wenn du allerdings ein wenig Koks für mich hättest“, raunte er, „dann geht es mir wieder besser, ich bin gut drauf und das war deine letzte Rettungsaktion für heute.“ Daniel nahm Kais unentschlossenen Blick wahr und legte sich eine neue Taktik zurecht. Er hatte in der kurzen Zeit gestern gelernt, wie er ihn rumkriegen konnte. „Komm“, meinte er. „Für ein bisschen Spaß auf der Toilette, ja?“ Daniel ließ eine Hand an Kai hinunterwandern und legte sie in dessen Schritt. Er wusste es war gemein, dass er Kais scheinbare Schwärmerei für ihn ausnutzte, aber momentan war er sich selbst der Nächste. Kai schüttelte vehement den Kopf. „Ich bin sowieso fertig für heute. Wir fahren besser nach Hause und ich setzte dich bei dir ab. Ist wohl das Beste“, erwiderte er und fasste nach Daniels Hand, die sich schon an seinem Reißverschluss vorbeimogeln wollte. Daniel sah aus wie vor den Kopf gestoßen. Er zog die Schultern kurz hoch und nahm dann Kai an die Hand. Zusammen gingen sie in Richtung Garderobe, doch kurz davor machte Daniel abrupt kehrt und zog Kai mit sich nach nebenan zu den Toiletten. Ehe Kai begriffen hatte was los war, pinnte Daniel ihn schon von innen gegen die Kabinentür und küsste ihn stürmisch. Erschrocken versuchte Kai Daniel von sich fernzuhalten, doch jeder Widerstand erlahmte, als Daniels geschickte Zunge ihn nahezu um den Verstand brachte und Daniels Hände sich an seiner Hose zu schaffen machten. Keuchend holte Kai Luft. Das konnte ihn nicht kalt lassen und er wusste, dass Daniel es ausnutzte. „Meinst du nicht, dass es auch ohne den Mist geht?“, fragte Kai Daniel resignierend. „Bestimmt“, erwiderte Daniel, mit seinen Lippen beim Sprechen immer leicht die von Kai berührend. „Aber es ist bei weitem deprimierender und psychisch schmerzhafter. Also“, kurz fuhr er mit der Zunge die Kontur von Kais Oberlippe nach, „entweder du gibst mir das Zeug oder ich frage jemand anderen. Nur macht mich das um einiges ärmer und ich habe keine Ahnung, was genau mir da angedreht wird.“ Fest sah Daniel Kai in die Augen. Wiederwillig verzog Kai den Mund. Wenn Daniel noch an irgendwelches gestrecktes Zeug kam, wo wahrscheinlich Rattengift untergesetzt wurde… Es schauderte Kai leicht. Lieber gab er Daniel das Zeug unter seinem wachsamen Auge, als dass er ihn zu irgendeinem kranken Dealer schickte. Seufzend zog Kai die Tüte aus seiner Hosentasche und packte Daniels Hand, um ein paar Milligramm sorgsam auf dessen Handrücken zu verteilen. Innerlich jubelnd grinste Daniel, kramte mit seiner anderen Hand in seiner Hosentasche nach einem Schein und rollte ihn umständlich zusammen, bevor er das Kokain von seiner Hand sniefte und die letzten Reste auf seine Zähne rieb. Kurz lehnte er sich an Kai bis er merkte, dass wie Wirkung einsetzte und sah ihn dann wieder offen und gut gelaunt an. „Wo waren wir?“, wisperte er und ließ sich auf die Knie sinken. Geschickt öffnete er Kais Hose, holte das noch schlaffe Glied heraus und nahm es gleich bis zum Ansatz in den Mund, während er den Würgereflex unterdrückte. Triumphierend sah Daniel, wie Kai die Augen verdrehte und sich auf die Lippe biss, um keinen Ton von sich zu geben. Die Hände in Daniels Haare krallend lehnte sich Kai bequemer an die Kabinenwand und festigte seinen Stand, indem er seine Beine schulterbreit auseinander stellte. Er beobachtet Daniels Tun, musste leise stöhnen, als es ihm fast die Sinne raubte. Warum war ihm das beim letzten Mal nicht so heftig vorgekommen? War es der Kick, den er bekam, wenn er es an öffentlichen Orten tat, oder lag es an Daniel? Seufzend schaltete Kai die Gedanken ab und ließ den Schwarzhaarigen machen. Egal was es war, es machte ihn im Moment verdammt heiß. Daniel stöhnte selbst kurz auf. Dieser Blowjob und die Art, wie Kai sich gebärdete, ließen auch ihn nicht kalt. Während er Kais Glied aus seinem Mund gleiten ließ und jetzt mit der Zunge über die Eichel flatterte kramte er in seinem Portemonnaie nach einem Kondom, das er Kai schnell überzog, bevor er das Glied noch einmal kurz mit Speichel befeuchtete und sich dann aufstellte. Er zog sich die Hose herunter, kniete sich mit einem Bein auf den heruntergeklappten Toilettendeckel und sah Kai erwartungsvoll und mit Lust verschleierten Augen an. Kai konnte nicht anders als sich hinter Daniel zu drängen und langsam sein Glied in ihn zu schieben. Wie sollte er dieser Verlockung auch widerstehen? Er war schließlich auch nur ein Mann. Hastig begann er sich in Daniel zu bewegen, klammerte sich an ihn und bog seinen Kopf so zu ihm zurück, dass er ihn gierig küssen konnte. Er wusste, dass nur wieder Daniels Rausch hierfür verantwortlich war, aber es war ihm gerade schrecklich egal. Er konnte mit Daniel Sex haben und das ganz ungezwungen, ohne blöde Nebengedanken. Das würde er so bei ihm nie haben können. Langsam entspannte sich Daniel wieder, nachdem ihm Kais unvorbereitetes Eindringen kurz die Luft aus den Lungen gepresst hatte. Allerdings war der Schmerz seltsamerweise bei Weitem nicht so krass gewesen, wie er es eigentlich erwartete hatte. Keuchend ließ er seine Zunge durch Kais Mund wandern, bevor er sich nach vorn lehnte und die Stirn gegen den Spülkasten lehnte. Leise stöhnend kam er Kais Stößen entgegen und bearbeitete sein eigenes Glied derweil mit einer Hand. Kai legte eine Hand in Daniels Nacken, während er sich weiter zügig in ihm bewegte. Es dauerte nicht lange, bis Daniel abgehackt keuchte und scheinbar kam, wobei er sich kräftig verspannte, was Kais Orgasmus unmittelbar danach verursachte. Grollend bog er den Rücken durch, ehe er seinen Kopf auf Daniels Schultern fallen ließ, um kurz Kraft zu schöpfen. Dieser Sex ließ einen schalen Nachgeschmack. Kai verzog leidlich den Mund, als er sich aus Daniel zurückzog und das Kondom im Klo herunter spülte. Er lehnte sich schwach an die Wand und schloss seine Hose. Er fühlte sich ausgenutzt. Schwer nach Atem schöpfen und gleichzeitig versuchend, seinen schnellen Herzschlag wieder unter Kontrolle zu bekommen, säuberte Daniel sich mit etwas Toilettenpapier, bevor er sich an Kai lehnte. Er war zwar etwas entkräftet, aber keinesfalls wirklich müde oder ausgelaugt. „Hmm“, murmelte er grinsend und küsste Kai kurz auf die zu einem schmalen Strich verzogenen Lippen. „Das war doch mal eine gelungene Abwechslung zum dummen in der Gegend herum Gestehe“, konstatierte er und gab Kai noch einen weiteren Kuss. „Hey, guck nicht so miesmuffelig. War es nicht gut?“ „Doch war gut“, erklärte Kai nach kurzem Zögern. Es war gut gewesen, nur das Gefühl danach war ziemlich unwillkommen. „Lass uns nach Hause fahren. Ich hab Hunger“, murrte Kai und zog Daniel bei der Hand mit sich. Eindeutig grinsende Blicke wurden ihnen zugeworfen, doch sie ignorierten sie geflissentlich, Kai zumindest. Daniel ließ stolz die Brust anschwellen und tat wie der Herr der Welt. Kai war richtiggehend erleichtert, als er sich endlich daheim war. Es ging mittlerweile auf drei Uhr zu und er war wirklich gerade am verhungern. Schnell warf er sich eine Tiefkühlpizza in den Ofen, ehe er sich auf das Sofa im Wohnzimmer legte. Daniel redete derweil schon wieder poetisches Zeug und philosophierte über den Sinn des Lebens. Seufzend sah Kai zu ihm und winkte ihn zu sich. „Lass uns kuscheln bis die Pizza fertig ist. Danach gehen wir schlafen“, erklärte er Daniel. „Gut“, erwiderte Daniel schulterzuckend und schmiegte sich an Kai, der sich auf die Couch gesetzt hatte. „Weißt du“, begann Daniel langsam, „ich hätte gern ein Tattoo. Ich finde die Dinger ultracool. Einige sagen die sind out, aber mir gefallen sie. Hier soll es hin.“ Er legte seine Hand ziemlich tief auf Kais Unterbauch direkt am Hüftknochen lang und strich ein paar Mal über die Stelle. Kai schnurrte leicht, bei dieser Berührung. „Warum nicht. Sieht bestimmt nicht schlecht aus. Ich würd dir aber trotzdem raten, das nochmal zu überdenken, wenn du nicht high bist“, murrte Kai und nahm sich Daniels Hand, die ihn ziemlich effektiv reizen wollte. „Sag mal, was hältst du eigentlich so von mir?“, fing Kai plötzlich an. Er überlegte doch wirklich Daniel zu fragen, ob er nicht sein richtiger Freund sein wollte… Kai schüttelte den Kopf. „Ach, vergiss es. Ich hol die Pizza“, meinte er im nächsten Moment und stand auf, um schnell in die Küche zu eilen. Er war doch echt ein total verblendeter Vollidiot. Die Sache schnell für sich abhakend setzte Daniel sich auf und wartete auf Kai, der schon nach kurzer Zeit mit der geschnittenen Pizza wiederkam. Sie aßen ihren nach Mitternacht Snack und begaben sich dann ins Schlafzimmer. Kai schlief schnell ein, doch Daniel war von Schlaflosigkeit geplagt. Irgendwann stellten sich auch wieder die Depressionen ein, die ihn nach seinem Rauschzustand regelmäßig zu befallen schienen und seine Gedanken wanderten von seinen impulsiv ausgeführten Taten zu Serdall und dessen voraussichtlicher Reaktion darauf. Zitternd und sich mental immer wieder bei ihm entschuldigend schlief Daniel schließlich auch endlich um kurz vor sechs ein. ------------------------------------- Zufrieden lächelnd saß Fei am Montagmorgen im Wohnzimmer und las den Bericht seines Detektives durch. Er konnte nicht anders als leise lachen. Er hatte es doch geahnt. Bei den Bildern jedoch verfinsterte sich Feis Blick. Daniel Erhard nahm also Kokain und schlief mit seinem Dealer. Er hatte doch Recht gehabt. Daniel hatte Serdall nur ausgenutzt. Jetzt, wo er den Luxus bei Serdall nicht mehr genießen konnte, suchte er sich den nächsten, wo er gegen billigen Sex an guten Stoff kam. Absolut widerlich. Fei steckte die Bilder zurück in den Ordner und verstaute ihn bei seinen Unterlagen. Falls Serdall wieder aufbegehren wollte, würde Fei ihm mal die ganze Geschichte seines Freundes erzählen. „Dann wollen wir sehen, wie sehr du an Daniels Liebe glaubst“, flüsterte er selbstgefällig zu sich und nippte an seinem grünen Tee. Es lief endlich einmal so, wie es laufen sollte. Ende Kapitel 13 Kapitel 14: ------------ Kapitel 14 Daniel lief die Stufen zu Kais Wohnung hoch. Er kam gerade vom Geldautomaten um die Ecke, wo er sich die nötigen Scheine für sein Tattoo geholt hatte. Heute wollte er es sich stechen lassen, so viel war klar. Kai war gerade in der Uni. Heute am frühen Nachmittag, als Daniel aufgewacht war, hatte er eine Notiz von ihm auf dem Kopfkissen gefunden und auf dem Nachtschrank eine Bahn Kokain. Scheinbar hatte Kai Mitleid mit ihm und eingesehen, dass Daniel sich sein Zeug tatsächlich irgendwo anders besorgen wollte, zumindest solange, bis er die Sache mit Serdall hinter sich gelassen hatte. Das war zumindest Daniels Plan. Vor sich hin summend sah er auf die Uhr, während er es sich im Sessel bequem machte. Gut, Kai würde gleich wiederkommen, dann konnte er mit ihm über sein Vorhaben noch einmal reden. Eigentlich brauchte Daniel nur jemanden, der ihn hinfuhr und eventuell Händchen hielt. Er hatte keine Ahnung wie weh es tat, wenn einem mit Nadeln Farbe unter die Haut gespritzt wurde. Tatsächlich klappte dann endlich die Tür. Kai schleppte eine Einkaufstüte in die Küche. Er war noch schnell im Supermarkt gewesen, sonst hätten sie die nächsten Tage nichts zu essen gehabt. Mittlerweile glaubte Kai, dass Daniel gar nicht mehr von ihm weg wollte. „Verständlich“, zischte er sich selbst zu. Bei ihm gab es schließlich das Wundermittel, was Daniel wieder glücklich werden ließ. Kopfschüttelnd räumte er die Lebensmittel in den Kühlschrank und rief Daniel zu sich. Er könnte wetten, dass sein Freund noch nichts gegessen hatte. „Hey“, grüßte Daniel und strecke seinen Kopf zur Küchentür rein. „Ich will ins Tattoostudio gehen, kommst du mit?“, fragte er Kai und wedelte mit seinem Portemonnaie vor dessen Nase herum. „Erst, wenn du etwas gegessen hast“, stellte Kai klar und begann Reis aufzusetzen und dazu eine Soße aus der Tüte zu machen. „Und glaubst du wirklich, dass du so spontan ein Tattoo kriegst? Die werden mit dir reden, bevor die dir überhaupt was stechen. Und ein Motiv musst du dir auch noch überlegen“, murrte Kai patzig und verschränkte die Arme. „Komm mal runter“, erwiderte Daniel mit hochgezogener Augenbraue und machte es sich am Tisch bequem. „Ich gehe da hin, suche mir ein Motiv aus und lasse es mir stechen. Fertig. Was ist denn daran bitte so schwer? Und warum bist du überhaupt so mies drauf? Hat dich in der Uni irgendwer dumm von der Seite angemacht?“ Sicher nicht, dachte Kai angepisst. Es war schließlich nur der Typ drogensüchtig, in den er sich anscheinend verknallt hatte. Ganz große Klasse. Kai seufzte resigniert. Daniel wollte das Zeug nur, um seinen Ex zu vergessen, das hieß nicht, dass er abhängig war. Vielleicht aber auch doch, wenn er sich Daniels rotgeränderte Augen so ansah… „Wenn du unbedingt willst“, seufzte Kai leise. „Vorher bekomm ich aber mal einen Begrüßungskuss, oder? Ist doch kein Wunder, dass ich schlecht drauf bin“, meinte er nun doch noch grinsend. Gedanken machen konnte er sich wann anders. Bisher hatte er alles mit Daniel unter Kontrolle. „Oh, das tut mir leid“, meinte Daniel amüsiert, ging auf Kai zu und gab ihm einen tiefen, aber verzehrenden Zungenkuss. „Mehr gibt es nicht. Ich will mein Tattoo und ich will es, bevor das Zeug wieder nachlässt, damit ich mich nicht blamiere und vor Schmerz rumschreie. Es sei denn…“ Mit einem Dackelblick sah Daniel Kai an. „Du könntest mir auch noch ein bisschen was geben, wir schieben noch ne kleine Nummer und dann gehen wir ins Studio.“ Kai lachte vergnügt. Irgendwie gefiel ihm diese Art an Daniel gewaltig. „Wie wär es in einer geordneten Reihenfolge? Erst essen, dann Sex, deine Bahn und dann das Studio, okay?“ Er würde Daniel wohl eine geringfügig höhere Dosis geben müssen, wenn es die ganze Sitzung im Tattoo Studio halten sollte. Oder er ging zu einem guten Kumpel, der ihn ziemlich genau kannte. Letzteres wäre wohl angebrachter. Er wollte nicht, dass Daniel noch mehr von dem Zeug bekam. „Ja, hört sich gut an“, bestätigte Daniel. „Das Essen müsste zwar nicht unbedingt sein, aber ohne das lässt du mich ja, wie du gedroht hast, nicht weggehen, also bleibt mir nichts anderes übrig.“ Gut eine Stunde später schlenderten sie in Richtung Tattoostudio. Daniel besah sich von außen schon mal ein paar Motive, doch bislang gab es noch nichts, was ihm wirklich zusagte. Er zog Kai mit sich hinein. „Hey Kai“, rief ein zierlicher junger Mann, dessen Haut zahlreiche Tattoos schmückten. Kai reichte ihm die Hand. „Na Kallus, wie geht es dir?“, wollte Kai grinsend wissen und sah kurz Daniel nach, der auf der Suche nach dem passenden Motiv durch den Raum schlenderte. „Alles klar soweit“, erwiderte Kallus und legte dann den Kopf schief. „Was treibt dich her?“ „Mein Freund hier“, murrte Kai. „Er will eine Tätowierung, gleich oder am besten sofort“, meinte er mit den Augen rollend. Kallus lachte vergnügt. „Alles klar. Soll er sich umschauen, ich werde erst mal gucken, wie es mit meinen Terminen steht.“ Daniel stoppte abrupt, als er von weitem schon das Motiv sah. Sein Motiv. Es war nicht eines der ausgestellten Tattoos, sondern mit im Design eines Plakats integriert, aber wenn es möglich wäre… Er ging wieder zurück zu Kai und lächelte ihn an. „Ich hab was gefunden“, frohlockte er. Wieder rollte Kai mit den Augen. Sollte Daniel seinen Willen doch haben, waren schließlich sein Körper und sein Geld. Kallus winkte sie heran. „Ihr habt Glück. Ein junges Mädchen hat ihren Termin abgesagt, also wenn du wirklich willst? Vorher muss ich dich aber noch über dir Risiken aufklären und so weiter.“ „Gut“, erwiderte Daniel simpel und hörte sich den kleinen, scheinbar schon unzählige Male erzählten Vortrag an. „Ich will das Tattoo trotzdem noch haben“, grinste er anschließend. „Und zwar am liebsten mit dem Motiv dort drüben. Dieser gewundene Drache auf dem Plakat. Also wenn du das hinbekommst, so ohne richtige Vorlage, wäre das schon klasse. Hier auf den Unterbauch am Hüftknochen.“ „Auch noch Extrawünsche“, nuschelte Kai neben ihnen aber verstummte, als Kallus vergnügt lachte. „Kein Problem. Ich skizzier erst mal die Outlines, dann kannst du mir sagen, ob es dir gefällt oder nicht. Also dann mal los, schreiten wir zur Tat“, erklärte Kallus vergnügt und führte sie in den sterilen Behandlungsraum. Kallus hatte wirklich Talent. Das musste Daniel neidlos zugeben. Der Drache auf der Art Faxpapier sah fast noch besser aus, als der auf dem Plakat. Sie handelten den Preis aus, Daniel bezahlte und zog dann Hose und Boxershorts ein gutes Stück herunter. Seine Haut wurde mit Alkohol gereinigt, rasiert und noch einmal mit Alkohol angefeuchtet. „Bereit?“, fragte Kallus noch einmal und Daniel nickte bestätigend. „So bereit wie jetzt werde ich nie mehr sein.“ Kallus nickte und fing an. Anfangs war es etwas ungewohnt und unangenehm, aber Daniel gewöhnte sich schnell daran. Es schmerzte auch kaum, obwohl das Tattoo im Intimbereich gestochen wurde. Zuerst wurden die Outlines gezogen, dann der Drache mit der gewünschten schwarzen Farbe ausgefüllt. Kallus setzte noch ein paar Schatten, bevor er die Stelle desinfizierter und Vaseline auftrug. „Wow“, stellte Daniel glücklich fest und besah sich das fertige Meisterwerk. „Das ist echt klasse geworden.“ „Ja, ne?“, meine Kallus stolz auf sich und zückte seine Kamera. „Ich würde gern noch ein Bild für mein Book machen, okay?“ Als Daniel zustimmend nickte, knipste Kallus die Stelle, ehe er die sterile Folie drüberlegte und mit Pflastern an den Seiten fixierte. „Und nicht vergessen, so pflegen wie besprochen, ja? Dann entfaltet es in circa dreißig Tagen seine volle Pracht.“ Kai verabschiedete sich noch und Daniel hüpfte schon freudig nach draußen. Es sah wirklich ziemlich gut aus. Kurz küsste er Daniel, bevor sie zurück zu Kais Wohnung gingen. „Du hast auch überall Kontakte, was?“, fragte Daniel Kai, als sie die Wohnung wieder betraten. „Ich mein, du kennst den Türsteher, den Barkeeper, diverse andere Leute in der Disko, einen Tätowierer. Überall, wo ich mit dir hinge, grüßen dich die Leute. Das ist schon faszinierend.“ Kai lachte und schloss die Arme um Daniel. „Das ist normal, wenn man so offen ist wie ich. Klar, dass du das nicht kennst. Ich mein mal ehrlich, wie viele Leute kennst du außerhalb der Uni denn, hm? Ich hab in all den Jahren echt schräge Vögel kennengelernt“, erklärte er grinsend und küsste Daniels Hals. „Und? Tut dein Tattoo sehr weh?“ „Nein, eigentlich so gut wie gar nicht. Wenn ich mich nicht darauf konzentriere, merke ich es gar nicht. Jetzt mit dem Tattoo war so eine Situation wo ich richtig glücklich bin, dass du mich zur Intimrasur überredet hast.“ Daniel lehnte sich leicht an Kai und ging mit ihm zusammen ins Wohnzimmer. „Na, das hat auch so seine Vorzüge“, murmelte Kai grinsend. Daniel legte sich auf das Sofa und Kai drängte sich neben ihn. Versonnen lächelnd strich er ihm über die Stirn und hauchte kleine Küsse auf Daniels Lippen. „Morgen gehst du zur Uni?“ „Ich weiß nicht. Kommt drauf an. Eigentlich hatte ich vor, heute wieder feiern zu gehen und dann werde ich wohl etwas länger schlafen und nicht gehen.“ Daniel zuckte mit den Schultern und fuhr leicht unter Kais Pullover. Er fühlte sich zwar momentan richtig gut und konnte den Stoff in der Uni garantiert super meistern, aber er hatte einfach keine Lust. Seufzend ließ sich Kai von Daniel am Bauch streicheln. Ihm war es egal, solange Daniel sich wohl fühlte. Kai begann Daniel ebenfalls ein wenig zu liebkosen und sich näher an ihn zu lehnen. Sich tief küssend blendeten sie um sich herum alle Dinge aus und Kai seufzte leise auf, als sie sich voneinander lösten. „Dan?“, fragte Kai leise und holte dann tief Luft. „Würdest du mein fester Freund werden?“ Etwas verwirrt sah Daniel ihn kurz an. Er musste die Frage erst einmal verdauen. Seltsamerweise musste er nicht sehr lange über die Antwort nachdenken. „Klar“, meinte er lächelnd. „Ich hab dich gern und schlafe schließlich nicht mit jedem Typen. Außerdem habe ich immer dieses Kribbeln im Bauch, wenn du bei mir bist. Vielleicht ist es noch keine richtige Liebe, aber wohl Verliebtheit.“ Kurz gab Daniel Kai einen Kuss. Glücklich begann Kai zu Lächeln. Sprach da vielleicht auch der echte Daniel heraus? Kai war sich sicher, denn so eine Entscheidung würde Daniel nicht nur so einfach treffen können, oder? Nein, Kai war sich sicher, dass das Kokain dahingehend nicht so stark wirken konnte. Er zog Daniel eng an sich und begann ihn heftig zu küssen. Diese Antwort machte ihn wirklich wahnsinnig froh. Daniel erwiderte leidenschaftlich. Es freute ihn, dass Kai scheinbar wirklich glücklich war. Irgendwie schien er in den letzten Tagen recht deprimiert. Und so war es doch klasse. Er selbst war glücklich, Kai war glücklich und Daniel hatte kein Problem damit, mit ihm zu gehen. Sie wohnten zusammen, schliefen zusammen, unternahmen alles zusammen, das konnte man auch so schon als eine Beziehung bezeichnen. Außerdem gab es gerade nichts in seinem Kopf, was sich gegen diese Idee auflehnte. ------------------------------------- Dienstagabend. Regungslos stand Serdall an der offenen Terrassentür und sah hinaus in die Dunkelheit. Kimba und Mücke mussten noch einmal hinaus und Serdall schnappte so auch ein wenig frische Luft, obwohl sie sehr kühl war. Er fühlte sich seltsam leer, seit er den Brief an Daniel geschickt hatte, aber auch irgendwie nicht real. Ihm kam es immer nur noch so vor, als ob Feis Anwesenheit in diesem Haus nur ein vorübergehender Albtraum war. Seufzend ging Serdall zu seinem Barschrank und holte seinen guten Cognac und ein bauchiges Glas hervor, das er halbvoll füllte. Die Flüssigkeit darin schwenkend trat Serdall zurück zur Terrasse und ging ein Stück weit hinaus. Eine leichte Gänsehaut bildete sich auf seiner Haut, trotz des dicken Pullovers, doch er registrierte es kaum. Langsam begann sich wieder die Sehnsucht einzustellen. Die Sehnsucht nach Daniel. Das Verlangen ihn wiederzusehen, ihn zu spüren, seine Stimme zu hören, sich an ihn zu schmiegen und in seine Arme zu flüchten. Wie es ihm wohl ging? Ob er sehr traurig war? Serdall wusste nichts und Dustin redete mit ihm darüber nicht. Serdall hoffte inständig, dass alles in Ordnung war, dass Daniel wirklich auf sich aufpasste und keine Dummheiten beging. Der Spuk mit Fei würde sicherlich bald vorbei sein, auch wenn es momentan nicht so aussah. Serdall konnte die Hoffnung nicht aufgeben, sonst würde er sich selbst und Daniel aufgeben und das lag ganz sicher nicht in seinem Interesse. Es ging ihm schon so schlecht genug. Er hatte keinen Appetit, ständig Magen- und Kopfschmerzen, doch er kämpfte für Daniel, für seinen Liebsten und für seine eigene Freiheit, auch wenn sie noch so fern schien. Traurig warf er einen Blick zurück ins Wohnzimmer. Er wollte seine Geige spielen… Serdall sah auf seine Hände, an denen der Schorf sich langsam zurückbildete und rotegefärbte Stellen hinterließ. Wieso hatte er nur so überreagiert? Er fragte sich immer wieder, warum. Normalerweise hätte er nie mit seinen Händen zugeschlagen, doch Feis Worte waren zu viel für ihn gewesen. Erst jetzt realisierte er, was seine Reaktion eigentlich für eine Bedeutung hatte. Daniel war ihm mehr wert, als sein eigenes Leben. Er liebte ihn schlicht und ergreifend von ganzem Herzen und opferte dafür auch seine Freiheit, wenn es sein musste. Seufzend lehnte sich Serdall an die kalte Glaswand und nippte an dem Alkohol. Irgendwie musste Fei doch zu überzeugen sein. Irgendwie… Serdall wusste nicht wie. Überhaupt, wie sollte er jemanden so starrsinnig und stolz wie Fei dazu bringen, die Wahrheit zu sehen? Es war sicher nicht unmöglich, doch es brauchte seine Zeit und die, so glaubte Serdall, lief ihm einfach viel zu schnell davon. Seine neue, zukünftige Frau hatte schon sein Schlafzimmer besetzt. Serdall hatte es ohne Wiederworte geschehen lassen, obwohl ihm bei dem Gedanken daran schon schlecht wurde, dass er mit ihr in einem Bett schlafen musste. Sowieso, er schlief des Nachts kaum mehr. Ihn plagte die Unruhe, weil Mayumi viel zu nah bei ihm schlief und er es einfach nicht aushielt, wenn sie immer weiter an ihn heranrückte. Es machte ihn mittlerweile geradezu wahnsinnig, das Mayumi ihm, seit sie hier war, ständig wie ein treuer Dackel hinterherlief. Fei trat plötzlich zu ihm heraus und sah ihm mit undeutbaren Gesichtsausdruck an. Kimba und Mücke begannen schlagartig zu knurren und auf Fei zuzukommen. Mit einem Pfiff rief Serdall zu sich. Artig setzten sie sich an seine Beine. Es war schon irgendwie amüsant und auch wirklich schön, dass die Hündinnen zu erkennen schienen, dass Fei ihnen nicht ganz wohl gesonnen war. Seit der Oyabun erfahren hatte, dass Kimba Daniel gehörte, hatte er nahezu darauf bestanden sie in ein Tierheim abzugeben, doch das hatten Serdall und Taki nicht zugelassen. So hatte Serdall wenigstens noch diese beiden treuen Freunde. „Du solltest nicht so in der Kälte stehen, Serdall“, sagte Fei überaus fürsorglich und für Serdalls Geschmack zu gut gelaunt. Sofort wurde sein Misstrauen geweckt. „Ich werde nur austrinken und dann ins Bett gehen, Oyabun“, erwiderte Serdall und sah nicht zu Fei, den diese Titulierung von Serdall sichtlich schmerzte. Serdall schüttelte innerlich den Kopf. Wenn Fei ihn kontrollieren wollte wie der Oyabun, dann würde er ihn auch wie den Oyabun behandeln. Schließlich konnte ihm das nicht auch noch genommen werden. Er tat nun mal alles, was Fei wollte. „Außer du wünschst, dass ich sofort gehe“, fügte Serdall an und sah Fei fragend an, der daraufhin leicht den Kopf schüttelte. „Serdall, ich wollte dir nur noch eine angenehme Nacht wünschen. Morgen sollten wir uns noch einmal unterhalten. Zumindest ich habe dir so einiges zu erzählen“, offenbarte der Oyabun und Serdall verbeugte sich. „Es wird mir eine Ehre sein“, erwiderte Serdall ernst, doch konnte sich innerlich keinen bissigen Gedanken verwehren. Fei schenkte ihm einen scharfen Blick, doch Serdall ließ sich nicht irritieren. Sein Bruder verschwand kommentarlos und Serdall trank wirklich nur noch seinen Cognac, ehe er die Hunde rein dirigierte und die Terrassentür hinter sich schloss. Er kraulte Kimba und Mücke noch kurz am Kopf, ehe er wirklich auf sein Zimmer ging. Mayumi schlief augenscheinlich schon. Auf Daniels Seite. Serdall biss sich wütend auf die Lippe. Ruhe bewahren!, mahnte er sich selbst und ging ins Badezimmer. Serdall ließ sich die Wanne voll laufen und setzte sich dann in das warme Wasser. Er wollte einfach nur die Zeit dieser Nacht so schnell wie möglich wieder herumbekommen. Sich fragend was Fei mit ihm bereden musste, tauchte er kurz im Wasser unter und hielt die Luft an. Die Stille, die ihn umfing, nur durchbrochen von seinem eigenen Herzschlag, begrüßte er freudig. Auch wenn die Luft knapp wurde, versuchte er diesen Moment so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, bis er keuchend nach oben ruckte, um seinen schmerzenden Lungen, das zu geben, wonach es sie verlangte. Abgehackt ein und aus atmend starrte Serdall an die Decke. Erinnerungen an Daniel drohten ihn wieder zu übermannen. Wie oft er hier mit ihm schöne Stunden verbracht hatte, vermochte Serdall gar nicht zu sagen, doch jetzt ihm Nachhinein waren es schlichtweg zu wenig. Lange Zeit blieb er so liegen, störte sich nicht daran, dass seine Haut langsam runzelig wurde. Erst als ihn die Müdigkeit nahezu niederringen wollte, erhob sich Serdall schwach und kletterte aus der Badewanne. Er wickelte sich eng ein Handtuch um seinen Körper, bevor er zum großen Spiegel trat, der über dem Waschbecken hing. Sein Gesicht war blass, kontrastierte mit den roten Wangen, die er vom langen Baden bekommen hatte. Augenringe furchten sich bis hin zu seinen Wangen und ließen ihn doch etwas leichenhaft wirken. Genervt den Kopf schüttelnd nahm sich Serdall eine der Lotionen und rieb seine Haut großzügig ein, ehe er in seinen Schlafanzug stieg und sich endlich in sein Bett traute. Er rückte jedoch sogleich an den Rand, aus Angst vor Mayumi, die leise im Schlaf seufzte. Serdall musste einige Zeit warten, ehe er in einen unruhigen Traum fallen konnte, der ihn aber wenigstens für einige Stunden zu fesseln schien. Serdall schaffte es diesmal sogar bis kurz nach zehn zu schlafen, aber nur weil Mayumi augenscheinlich beschlossen hatte, ihn heute nicht wecken zu wollen. Seufzend schlug er die Augen auf und rieb sich über die Schläfen. Es war ungewohnt zu dieser Zeit überhaupt wach zu werden, doch er konnte einfach nicht anders. Sich noch einmal die Decke über den Kopf ziehend, versuchte er sich für den Tag zu stärken. Dustin und Taki waren schon in der Schule, er selbst also allein auf sich gestellt. Am morgen war seine Stimmung immer am schlimmsten. Schiere Ausweglosigkeit wollte ihm die Kraft nehmen, doch er klammerte sich an den letzten Funken Hoffnung, den er noch hatte. Dass Fei vielleicht irgendwann verstand. Jetzt wohl nicht, aber bald bestimmt. Es war egal, solange Daniel nur auf ihn wartete und ihn liebte. Serdall festigte diesen Gedanken in sich. Er zelebrierte ihn wie ein Gebet. Wenn Daniel ihn liebte, würde alles gut werden. Nun konnte er Fei gegenüber treten, ohne Schwäche zu zeigen. Er wusch sich, zog sich an und ging dann hinunter. Schließlich hatte ihm der Oyabun mitgeteilt, dass er mit ihm reden wollte. Fei telefonierte jedoch geschäftig, als Serdall zu ihm ins Wohnzimmer trat. Dies kam dem Violinisten nur recht. Er war nicht darauf erpicht, mit seinem Bruder zu reden. Stattdessen ging er lieber mit Kimba und Mücke in den Garten und spielte mit ihnen. Etwas, das er bisher noch nie getan hatte, doch seit er seine Geige nicht mehr anfasste, war dies eine willkommene Ablenkung. Selbst nach dem Mittagessen war Fei noch schrecklich beschäftig, sodass Serdall erst am späten Abend zu ihm gerufen wurde. Sofort, als er das Wohnzimmer betrat, wusste er, dass etwas eindeutig nicht stimmte. Fei lächelte viel zu zufrieden und sein Blick war zu selbstgefällig. „Setz dich doch bitte zu mir, Serdall“, wies Fei ihn an. Zögernd trat Serdall zum Sofa und setzte sich mit angemessenem Abstand zu seinem Bruder. Argwöhnisch besah sich Serdall die Mappe, die auf dem flachen Tisch ruhte. Geschockt riss er die Augen auf, als er den Namen Daniel Erhard darauf las. Was sollte das hier werden? Was hatte Fei vor? Wut kochte in Serdall hoch. Er würde Fei eigenhändig töten, wenn er Daniel auch nur ein Haar gekrümmt hatte. „Serdall“, lenkte der Oyabun seine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Ich möchte dir etwas zeigen, damit du mir endlich glaubst, in Ordnung?“ „Ganz wie du wünschst, Oyabun“, erwiderte Serdall fest, doch innerlich war er rasend. Allein sein Name ließ all seine Erinnerungen an Daniel wieder hochkochen und die unendliche Liebe zu ihn brennen, wie nie zu vor. Er sehnte sich so schrecklich nach seinem Freund… Fei griff nach der Akte und hielt sie kurz in seinen Händen. „Ich hab diesen Erhard beschatten lassen, Serdall. Nur um dir zu beweisen, wie er wirklich ist.“ Serdall schwieg, sah seinem Bruder aber trotzig in das noch verletzte Gesicht. Du kannst mir viel erzählen, dachte sich Serdall grimmig. Ich weiß, dass er mich liebt und ich kenne ihn, bestärkte er sich selbst noch einmal. Fei verzog abschätzig den Mund. Spätestens wenn Serdall die Bilder sehen würde, wäre er endlich überzeugt. Er reichte Serdall die Akte. Das war Beweis genug. „Sieh es dir selbst an“, meinte Fei lapidar und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. Unsicher schlug Serdall die Mappe auf. Ein Bild von Daniel war zu sehen, vor irgendeinem Hauseingang mit einem anderen blonden Mann. Womöglich ein Kommilitone, vermutete Serdall und sah kurz verliebt auf Daniels Antlitz. Wieder brandete Sehnsucht in ihm hoch wie eine Sturmflut. Serdall begann die weiteren Bilder anzusehen. Registrierte jedoch nicht wirklich, was er sah. Fahrig betrachtete er eins nach dem anderen, wobei er ungläubig den Kopf schüttelte und große Augen bekam. Daniel nahm Drogen. Er schlief mit diesem Blonden. Schlimmer noch, er hatte bedeutungslosen Sex auf irgendwelchen Toiletten. Serdall glitten die Bilder aus den Händen. Sie fielen verstreut auf den Boden. Fassungslos sah Serdall in den Raum. Er tat nichts, außer in den Raum zu sehen. In seinem Kopf begann sich ein ätzender Gedankenwirbel in Gang zu setzen. Daniel betrog ihn, war über ihn hinweg, hatte einen neuen Freund, nahm Drogen und liebte ihn nicht… Wütend sprang Serdall auf und trat gegen den Tisch, sodass er krachend umfiel. Daraufhin blitzte er Fei an. Der Oyabun sah gelassen zurück. Endlich schien Serdall einzusehen. „Ich hab es dir doch gesagt“, meinte er hämisch und fühlte sich dabei endlich im Recht. „Das ist deine Schuld“, erklärte Serdall wütend, sodass Fei leicht zusammenzuckte. Würde Serdall wieder so austicken wie beim letzen Mal? „Sieh es ein“, befahl Fei kalt. „Er hat dich ausgenutzt.“ Plötzlich fiel alle Spannung von Serdall und er ließ den Kopf hängen, ehe er ihn wieder hob und Fei traurig lächelnd in das Gesicht sah. „Ja, das hat er. Danke“, flüsterte er noch leise, „jetzt weiß ich wenigstens, dass ich keinen Grund mehr habe, dir zu gehorchen.“ Feis Augen weiteten sich ein wenig, als Serdall plötzlich aus dem Raum lief. Was hatte sein Bruder vor? Warum war er nur so schrecklich unberechenbar? Eilig sprang Fei auf und hastete Serdall hinterher, der in die dritte Etage geeilt war. Geschockt sah Fei dabei zu, wie Serdall eine Waffe aus einem Buch seines Nachtschrankes herausholte. „Was hast du vor?“, fragte er ihn kalt und ging langsam auf Serdall zu. Die blaugrünen Augen richteten sich auf Fei. Sie schienen glanzlos und trüb. Ein eiskalter Schauer lief Fei über den Rücken, als Serdall die Waffe an seine eigene Schläfe setzte. „Hier gibt es nichts mehr, wozu es sich zu leben lohnt“, erklärte Serdall zittrig und Tränen begannen aus seinen Augen zu rinnen. Gehetzt ließ Fei seinen Blick umher wandern. Serdall wollte sich wirklich umbringen? „Mach dich nicht lächerlich. Was ist mit Taki?“, versuchte Fei diese Sache logisch anzugehen. Es war schlecht, dass Serdall so verflucht emotional war. Fei hätte damit gerechnet, dass er wütend auf Daniel wäre, ihn verachten würde und ihn endlich vergessen könnte. Wie hätte er denn ahnen können, dass diese Situation so eskalierte? Serdalls Augen legten sich kurz auf den Boden, ehe sie wieder zu Fei sahen. „Was soll er mit mir? Ich kann ohne Daniel nicht leben, Fei. Ich bin lieber tot, als all den Schmerz, den ich nach Louises Verlust empfunden habe, jetzt noch einmal zu fühlen.“ Fei schüttelte ungläubig den Kopf. Ja, Louises Tod hatte Serdall nur sehr schwer verkraften können. Aber konnte Serdall diesen Daniel so lieben wie sie? Der Oyabun starrte Serdall plötzlich fassungslos an. War es wirklich so? War Serdall wieder so abhängig geworden? „Serdall, das ist dieser Mann doch nicht wert“, versuchte es Fei noch einmal, doch Serdall sah ihn nur unglücklich an. „Du wirst es nie verstehen, oder? Ich kann dich mit dem Messer attackieren, dich ins Gesicht schlagen und mich jetzt umbringen…“ Angewidert verzog Serdall den Mund. „Daniel ist der Einzige, der es wert gewesen wäre und du hast alles zerstört.“ Serdall sah Fei kalt in die Augen. „Wenn jemand es nicht wert war, dann du.“ Ungläubig schüttelte Fei den Kopf. War Serdall einfach so verblendet von diesem Mann? Als Serdall plötzlich die Augen schloss und sein Zeigefinger sich stärker auf den Abzug legte riss Fei die Augen auf. „Serdall!“, schrie er aufgebracht, wobei sein Herz bestialisch in seiner Brust klopfte. Er konnte sich doch nicht selbst töten! Fei atmete regelrecht auf, als sein Bruder nicht abdrückte und noch einmal die traurigen Augen auf ihn richtete. „Warte. Ich…“, er wusste nicht, was er sagen sollte. „Vergiss es, Fei. Für Entschuldigungen ist es zu spät.“ In Serdall begann wieder dieser unerträgliche Schmerz zu wüten, der sich schlimmer ausmaß als bei Louise. Diesmal war es auch schlimmer. Daniel hatte ihn ausgenutzt und betrogen. Das war unerträglicher, als ihn zu verlieren. „Ich werde ihn dir zurückbringen“, erklärte Fei auf einmal und Serdall konnte nur emotionslos lachen. „Und dann? Er liebt mich nicht, das hast du mir doch eindeutig bewiesen.“ Fei schüttelte den Kopf. „Er…“, Fei zögerte. Er hatte all die Zeit gegen Daniel gekämpft und jetzt sollte er ihn in Schutz nehmen? Er musste jetzt abwägen. Das Leben war ihm wichtiger, als seine eigene Überzeugung, das war klar. Und Serdall würde sich hier und jetzt töten, wenn er nicht einschritt. „Daniel nimmt Drogen“, sagte Fei fest. „Das hab ich gesehen“, zischte Serdall unglücklich. „Serdall, versteh doch. Er ist nicht er selbst. Kokain wird ihn sich glücklich fühlen lassen. Dieser Blonde ist Kai Hahn. Ein Drogendealer.“ Serdall riss plötzlich geschockt die Augen auf. Das konnte nichts ein. Daniel schlief mit diesem Kerl, um an Kokain zu kommen? Wegen so einem Dreck betrog er Serdall? „Noch ein Argument, das ihn wertloser macht“, erklärte er kalt, hielt die Waffe stärker an seine Stirn und schloss die Augen. Er konnte das einfach nicht mehr ertragen, wollte einfach nur noch weg von hier. „Daniel versucht sich den Schmerz zu nehmen“, sagte Fei kalt und brachte so Serdall dazu, die Waffe sinken zu lassen. War der Trennungsschmerz für Daniel so unerträglich gewesen? Schwach ließ Serdall die schwarze Waffe in seinen Schoß sinken. „Er liebt mich also?“, fragte er Fei leise. Der Oyabun seufzte leise und ging zu Serdall, um sich vor seinen kleinen Bruder zu hocken. „Bestimmt. Die Drogen können einen Menschen verändern, aber du weißt doch, dass er dich liebt, oder?“ Serdall zuckte ratlos mit Schultern und sicherte im nächsten Moment die Waffe. Es war unverzeihlich, dass Daniel mit diesem Kai geschlafen hatte und es war auch unverzeihlich, dass er nicht auf Serdall gehört hatte. Das verstand er ganz sicher nicht unter auf sich aufpassen. „Bring ihn mir zurück, Fei“, sagte er leise und sein Bruder nickte. Er konnte Serdall nicht noch mehr Leid zufügen. Diese Aktion hatte ihm doch ziemlich heftig die Augen geöffnet. Auch wenn ihm das mit Daniel nicht zusagte, war es Serdalls Leben. Ende Kapitel 14 Kapitel 15: ------------ Kapitel 15 „Ha!“ Stöhnend schlang Daniel ein Bein um Kai, während dieser weiterhin rhythmisch in ihn stieß. Seit sie nun in gewissem Sinne offiziell miteinander gingen, war es nicht unbedingt Daniel, der sich während seinem Rausch an körperlicher Nähe ergötzen wollte, sondern Kai kam jetzt auch ziemlich oft auf ihn zu. Daniel keuchte erregt auf, als Kai mit jedem schnellen Stoß seine Prostata reizte und ihn somit in den Himmel beförderte. Aufgeheizt krallte er seine Hände in Kais Schultern und kam den Bewegungen entgegen, hörte sich selbst nach mehr flehen, doch machte sich daraus nichts. Die Erfahrung des Sex mit Kai war jedes Mal wieder von Neuem atemberaubend. Kai lächelte versonnen in Daniels erblühtes Gesicht und schloss die Augen. Das war einfach zu genial. So in ihrer Lust gefangen, bemerkten sie nicht, wie die Haustür knackend aufgebrochen wurde und drei schwarz gekleidete Männer die Wohnung betraten. Vorsichtig arbeiteten sich jene den Flur entlang bis zum Schlafzimmer, aus dem eindeutige Geräusche kamen. Kikuchi zog überrascht eine Augenbraue nach oben, als er in den Raum trat. Er nickte Feis Leibwächtern zu, die sich sofort anspannten. Der Assassine schlich sich unbemerkt näher an Daniel und Kai heran, ehe er blitzschnell auf das Bett sprang und Kai einen deftigen Schlag an die Schläfe gab, der ihn sofort ohnmächtig zusammenbrechen ließ. „Nehmt den Schwarzhaarigen mit“, sagte er auf Japanisch zu seinen Komplizen, während er Kai von Daniel herunter zerrte. „Lasst mich los!“, schrie Daniel wie von Sinnen und schlug um sich. Was auch immer Kikuchi und seine Handlanger hier machten, wenn sie ihn hätten umbringen wollen, hätten sie es wohl schon getan. Außerdem hielt sich Daniels Angst gerade ohnehin ziemlich in Grenzen. Wütend wehrte er sich gegen die anderen beiden und blitzte Kikuchi an. Schnell hatte er seine Schwachstelle gefunden und schlug ihm in einem unbeachteten Moment hart auf die Nase, bevor er grob ein Stück von ihm weggezogen wurde. „Lasst mich los, ihr Affen!“ Wütend begann es in Kikuchis Augen zu funkeln. Er versetzte Daniel einen heftigen Schlag gegen den Hinterkopf, um ihn wenigstens für die nächste Zeit ruhig zu stellen. Sogleich sank der Schwarzhaarige bewusstlos zusammen. Kikuchi zog seinen Mantel aus und sie legten ihn dem jungen Mann um, bevor sie ihn nach unten in den Wagen schafften. Der Assassine schloss fürsorglich hinter sich die Tür, deren Schloss noch sauber einhakte. Er verstand schließlich sein Handwerk. Sie beeilten sich zurück zum Agamie Anwesen zu fahren, wo man sie schon erwartete. Serdall wies sie an, Daniel in sein Schlafzimmer zu bringen, was sie nach Feis bestätigendem Nicken taten. Man ließ Serdall mit Daniel allein, der seufzend damit begann, Daniel mit einem Waschlappen den nun kalten Schweiß vom Körper zu waschen. Leise wimmernd kam Daniel nach kurzer Zeit zu sich. „Scheiße“, zischte er und griff sich an den Hinterkopf. Er fühlte eine ziemlich große Beule und ließ die Hand kraftlos wieder sinken. Die Augen hatte er noch geschlossen. Er wollte lieber gar nicht sehen wo er war. Das Kokain hatte ebenfalls aufgehört zu wirken und er fühlte den üblichen Gedankenwust durch seinen Kopf wirbeln. „Schluss“, flehte er, als in schneller Folge die Bilder all seiner Fehler in den letzten Tagen auftauchten, immer wieder unterbrochen von Serdalls Gesicht. Serdall saß mittlerweile einfach nur neben Daniel und sah ihn an. Übelkeit gepaart mit einer schrecklichen Angst setzte sich in seiner Bauchregion ab. Er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte, er wusste nur, dass er diesen Daniel hier nicht kannte. Vorsichtig strich Serdall mit dem Zeigefinger über Daniel Wange, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Leicht öffnete Daniel seine Augen ein Spalt breit und schloss sie dann wieder. Ein leises freudloses Lachen war zu hören. „Scheiße, Kai. Was für ein Zeug hat du mir da gegeben?“, murmelte er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Soweit war es also schon, dass seine Wahnvorstellungen Wirklichkeit zu werden schienen. Serdall zischte wütend auf. Er hatte Daniel fürsorglich in eine Hose gesteckt und war dabei über etwas gestolpert, was ihm gar nicht gefiel. „Dieser Kerl wird dir nie wieder etwas geben“, erwiderte Serdall kalt und stand auf. Die Arme verschränkend stellte er sich an die geschlossene Glastür zum Balkon und starrte eisig hinaus. Alles was er jetzt fühlte war Wut und Enttäuschung. „Ich hoffe du bist langsam wieder bei Sinnen.“ Geschockt für Daniel hoch und stöhnte schmerzlich auf, als sein Kopf sich bemerkbar machte. Er musste daran denken, Kikuchi dafür noch eins auf die Nase zu geben. Aber jetzt war das wichtiger, was sich hier vor ihm abspielte. „Serdall.“ Daniel konnte es noch immer nicht glauben. Warum war er hier? Wie kam es dazu, dass Kikuchi und Feis Bodyguards ihn förmlich aus Kais Wohnung entführten? Vollkommen verdutzt ging Daniel auf Serdall zu. „Ja“, erwiderte der Violinist nur. Er wusste nicht wo er anfangen sollte, was er Daniel überhaupt sagen sollte. Fahrig strich er sich durch die Haare und sah zu Daniel, der ziemlich geschockt und verständnislos zu ihm sah und wohl eine Erklärung erwartete. Stattdessen legte Serdall einfach nur den Kopf leicht schief und musterte Daniel kalt. Seine Liebe für Daniel schob er momentan weit weg. Hier musste er erst klären, ob es noch der Daniel war, den er liebte. „Du hast ziemlich schnell die Hoffnung aufgegeben, nicht?“, fragte er emotionslos und lehnte sich an die Glastür in seinem Rücken. Daniel fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Endlich sah er Serdall wieder, endlich. Er hätte nicht im Traum daran gedacht, dass es so schnell gehen würde, überhaupt auf diese Art und Wiese gehen würde, doch die Worte trafen ihn hart. „Nein!“, begehrte er auf, doch Serdalls kalte Augen ließen ihn zurückschrecken. So hatte er ihn noch nie angesehen. Daniel schluckte und spürte, wie Tränen in seinen Augen aufstiegen. Das waren die Nachwirkungen des Kokains, das wusste er, aber trotzdem konnte er sie nicht unterdrücken. „Doch“, revidierte er seine eben gegebene Antwort leise und starrte betrübt auf den Boden. „Aber ich dachte doch…“ Er stockte. Interessierte es Serdall überhaupt, was er gedacht hatte? Serdall verzog angewidert den Mund. „Was dachtest du? Dass du dich von einem Drogendealer ficken lassen und dir mit Kokain das Hirn wegätzen musst?“, schrie Serdall wütend und sah auf Daniels zusammengesackte Gestalt. „Hast du auch nur einen Moment an mich gedacht, als du dir diesen Mist durch die Nase gezogen hast?“ Zornig ging Serdall auf Daniel zu und packte ihn hart am Kinn. „Sag es mir“, flüsterte er bedrohlich und sah Daniel in die Augen. All die Gefühle, die Hoffnungslosigkeit, die Angst, die Sehnsucht und die Liebe zu Daniel schienen jetzt in Serdall überzureagieren und sich zu einem wahren Chaos in ihm zu verwandeln. Er verstand Daniel nicht. „Du weißt es. Alles“, stellte Daniel geschockt fest. Aber woher wusste Serdall davon? Er sah in den so eisigen Augen vor sich, dass Serdall immer noch auf eine Antwort wartete. Daniel wandte den Blick ab, wenn er schon das Gesicht nicht von Serdall wegdrehen konnte. „Ich habe die ganze Zeit nur an dich gedacht“, flüsterte er. „Deswegen habe ich es auch erst gemacht. Ich konnte einfach nicht länger.“ „Wie bitte?“, fauchte Serdall wütend. „Du konntest was nicht länger? Nicht auf mich warten? Oder konntest du es ohne Sex nicht mehr aushalten?“ Kopfschüttelnd ließ Serdall von Daniel ab. Fei hatte ihm gesagt, dass Daniel wohl ein bisschen verwirrt sein würde, wenn die Drogenwirkung nachließ. Es wäre wohl angebrachter, wenn er sich ausschlafen würde. Serdall konnte auch einiges an Ruhe vertragen und das nicht zu knapp. „Daniel“, meinte er nun leiser und sah wieder zu seinem verstört wirkenden Freund. Die Tränen schienen nicht versiegen zu wollen und es schmerzte Serdall tief in seinem Innern. „Besser wir schlafen erst einmal eine Nacht. Morgen reden wir weiter. Jetzt bist du nicht wirklich ganz da.“ Hart biss sich Daniel auf seine Unterlippe. Er wollte noch etwas sagen, irgendwas, aber er wusste nicht, mit welchen Worten er in dieser Situation auch nur irgendwas erreichen konnte. Serdall zu umarmen oder ihm sich irgendwie zu nähern traute er sich auch nicht. Stattdessen nickte er simpel und zögerte. Er wollte nicht allein sein. Etwas unbehaglich schob er sich unter die Bettdecke an den Rand von seiner früheren Bettseite. Wollte Serdall ihn jetzt überhaupt noch haben? Oder ließ er ihn aus Mitleid erst einmal bleiben, damit er nicht weiterhin mit Kai Kontakt hatte? Daniel zog die Decke um sich herum fest. Nebenbei fragte er sich, wann die Tränen endlich mal aufhören würden zu fließen. Seufzend wandte Serdall den Blick ab und ging in das angrenzende Bad von seinem Schlafzimmer. Er war froh, dass er Daniel wieder bei sich wusste, doch irgendwie kam er sich trotzdem extrem fern von ihm vor. Er liebte Daniel, ja. Doch da war dieses unbestimmte Gefühl, das ihm keinerlei Vertrauen ihm gegenüber verspüren ließ. Serdall glaubte, dass es einem Messerstoß gleichkommen würde, wenn er Daniel umarmen würde. Er musste unbedingt mit ihm einige Dinge klarstellen und Serdall war sich nicht wirklich sicher, ob diese Beziehung überhaupt noch eine Zukunft hatte. Traurig zog sich Serdall um. Würde er sich dann wirklich umbringen? Jetzt kam ihm diese Aktion nur idiotisch und überhaupt schrecklich unüberlegt vor. Er war Fei dankbar, dass er eingelenkt hatte, dass er nun nicht mehr in sein Leben eingreifen wollte. Zumindest hatte er ihm das gesagt. Serdall unterdrückte den Drang, sich einfach an Daniels Seite zu legen, um wieder seine Wärme zu spüren. Schweren Herzens legte er sich auf seine Bettseite. Er war hellwach und sein Kopf war voll von Gedanken und Sorgen, die sich einfach alle um Daniel drehten. Er knipste die Nachttischlampe aus und starrte an die Decke. Wie sollten sie das nur überstehen? Ziemlich steif lag Daniel an seiner Seite und zupfte nervös an dem Teppich, den er durch seinen aus dem Bett hängenden Arm erreichen konnte. Wie sehr wünschte er sich jetzt Kai her, im Gepäck eine Bahn Kokain. Entspannung, das war es nämlich, was Daniel gerade brauchte, begleitet von einer Abnahme seiner umherwirbelnden Gedanken. Er war bis zum Umfallen erschöpft und müde, da er in den letzten Tagen auch fast nicht geschlafen hatte, doch der Schlaf wollte sich auch dieses Mal nicht einstellen. Emotionslos verfolgte Daniel die Gedankenstränge, die durch seinen Kopf schossen, sich zwar vom Inhalt her, nicht aber von den Gefühlen, die sie auslösten, von denen der letzten Tage unterschieden. Neu war allerdings die Frage warum er hier war, warum Fei das erlaubte und ihn nicht gleich umgebracht hatte, als er auch nur einen Fuß in dieses Haus gesetzt hatte, warum man überhaupt bei Kai eingebrochen und Daniel nicht einfach herbestellt hatte. Die wichtigste Frage war allerdings die nach Serdalls Liebe. Serdall schien ganz genau zu wissen, was in Daniels Leben passiert war, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Wie es dazu kam musste noch ergründet werden, doch Fakt war, dass irgendjemand ihn in den letzten Tagen verfolgt haben musste. Diese Erkenntnis ließ Übelkeit in Daniel hochsteigen, allerdings nicht so sehr wie die Frage, ob Serdall ihn jetzt immer noch liebte. Das Vertrauen war weg, das stand wohl außer Frage, aber die Liebe? Ruhelos stand Daniel schließlich auf und trat auf den Balkon hinaus. Er ignorierte die Kälte, die ihm umklammerte und starrte die Straße hinunter. Es war halb vier. Er würde nicht mehr schlafen können. Müde ließ er sich auf einen der Stühle sinken und ergab sich seinem Schicksal, ließ seinen Gedanken freien Lauf, die begleitet von erneuten Tränen über ihn hineinbrachen. Serdall legte sich auf die Seite und starrte zur offenen Balkontür. Daniel konnte also genauso wenig schlafen wie er. Fahrig strich er sich über die Augen, bevor er ebenfalls aufstand und zu Daniel hinaus trat. Betrübt sah er auf Daniels zusammengesunkene Gestalt. Was hatte Daniel nur dazu gebracht, überhaupt Drogen zu nehmen? Hatte ihn der Schmerz so sehr erdrückt, als er diesen unwahren Brief gelesen hatte? Mitleid breitete sich in Serdall aus. Er wusste nicht wie sich Daniel gefühlt haben musste, als er diese Worte gelesen hatte, dass es aus wäre, dass Serdall ihn nicht liebe… Serdall ging kurzentschlossen auf ihn zu und legte eine Hand auf Daniels Schulter, wobei der sofort zusammenzuckte. „Komm, Daniel. Es ist kalt und ich kann nicht schlafen, wenn du so unruhig bist“, murmelte Serdall leise und fasste seine Hand. Er wollte wenigstens für den Moment all die schrecklichen Dinge vergessen und einfach mit Daniel im Arm einschlafen. Überrascht ließ sich Daniel auf die Beine und zurück ins Schlafzimmer ziehen. Etwas unbehaglich schlüpfte er unter die Decke. Er wollte sich schon wieder an den Rand schieben, als Serdall sein Handgelenk griff und ihn aufhielt. Perplex nahm Daniel wahr, wie Serdall näher zu ihm rutschte. Bild dir nichts drauf ein, schalt er sich selbst für das jähe Gefühl der Hoffnung. Er hat selbst gesagt, dass er nicht schlafen kann, wenn du so unruhig bist. Er will einfach seine Ruhe haben. Trotzdem konnte Daniel die Wärme spüren, die ihn durchflutete. Zittrig atmete er ein und erlaubte es sich, sich zu entspannen und wenigstens jetzt, vielleicht das letzte Mal, auf diese Weise Serdalls Nähe zu spüren. Die Tränen flossen immer noch, doch zumindest fühlte Daniel sich jetzt geschützt und behütet, auch wenn das alles wohl nur Einbildung war. Erleichtert atmete Serdall aus. Vorsichtig schob er seine Hand über Daniels, von den niedrigen Temperaturen draußen noch leicht gekühlte Brust. Langsam lehnte er sich näher und zog Daniel dann in eine Umarmung, die ihn leise seufzen und leicht zittern ließ. Er wollte gern sagen wie sehr er das vermisst hatte, wie sehr Daniel ihm gefehlt hatte, doch kein Wort verließ seine Lippen. Stumm strich er die Tränen von Daniels Wangen und genoss diese wohlbekannte Nähe. Zumindest sein Körper war Daniel vollkommen verfallen, so wie auch Serdalls Verstand, doch das Vertrauen war weg. Trotzdem, wollte er zu Daniel irgendetwas sagen, diese Umarmung erklären, doch er konnte einfach nicht. Serdall war nur froh, Daniel erst einmal wieder bei sich zu haben. Das Schweigen war Daniel Beweis genug, dass diese Nähe keine andere Bedeutung für Serdall hatte, als endlich schlafen zu können. Trotzdem lehnte Daniel sich dankbar in die Umarmung und vergrub sein Gesicht in Serdalls Halsbeuge. Ein letztes Mal. Ein letztes Mal noch diese vertraute, vermisste Nähe, ehe es endgültig aus war, Serdall heiraten und Daniel hinter sich lassen würde. Aber hatte Daniel nicht auch Serdall hinter sich gelassen? Zumindest nach außen hin musste sein Verhalten gegenüber Kai so ausgesehen haben. Wie sollte ein Außenstehender auch seine wahren Beweggründe erkennen? Doch Daniel wusste, dass er wohl nie über Serdall hinwegkommen würde. Das hatte ihm auch sein Tattoo gezeigt. Er hatte es sich unter dem Einfluss von Kokain stechen lassen, wo eigentlich alle negativen Gedanken aus seinem Kopf verbannt waren und trotzdem war das Motiv ein s-förmig geschlungener Drache. Serdall und Asien. Wenn das nicht Beweis genug für seine immer noch unendliche Liebe war, die Daniel auch deutlich spürte. Aber ein schlichtes Bild würde wohl kaum eine Hochzeit aufhalten. Endlich fand Serdall Ruhe und konnte einschlafen, als Daniels Atemzüge auch tiefer wurden. Stunden später erwachte Serdall aus einem doch sehr erholsamen Schlaf. Es war schummrig im Zimmer. Dichte Wolken verhingen dunkel die Sonne und erweckten eine triste Atmosphäre, die Serdall umso bedrückter werden ließ. Seufzend sah er auf Daniels Schopf, der sich im Schlaf auf seine Brust gelegt hatte, wie so meist, bevor dieser ganze Spuk mit Fei gewesen war. Liebevoll ließ Serdall eine Hand durch die schwarzen Haare streichen und über den Nacken kraulen. Wie sehr ihm das gefehlt hatte… Himmel, allein bei diesem Anblick schlug sein Herz schneller und immer mehr kam das Verlangen, Daniel einfach wieder zu küssen. Aber das ging nicht. Erst musste er wissen woran er war und Daniels Betrug war unverzeihlich. Wie hatten sie da überhaupt noch eine Chance? Hatte Serdall überhaupt die Wahl? Entweder er verzieh Daniel oder er würde keine Sekunde mehr vernünftig leben können. Wieso stand diese Liebe nur in so einem erschreckend radikalen Verhältnis? Daniel regte sich nach einiger Zeit. Er hatte ziemlich unruhig geschlafen. Unangenehme Träume hatten ihn heimgesucht und verfolgt, doch jedes Mal, als er aufgeschreckt war, lag er neben oder halb auf Serdall und schlief schon bald darauf wieder ruhig und entspannt ein. Alles in Allem hatte er viel besser geschlafen als die vergangenen Nächte. Müde gähnte er. Trotzdem hätten es ruhig noch einige Stunden mehr sein können. „Morgen“, flüsterte Serdall heiser und strich Daniel weiter über den Hals und durch die Haare. „Wie geht es dir?“, fragte er leise und besorgt, als Daniel unglücklich zu stöhnen schien. Sie mussten reden, unbedingt. Kurz überlegte Daniel und horchte in sich hinein. „Hm“, antwortete er dann. „Müde, erschöpft, ausgelaugt.“ Er zögerte. „Und ich habe echt das Verlangen nach ein bisschen Kokain.“ Daniel riss die Augen auf, als er die Anspannung des Körpers unter sich fühlte. Erst jetzt realisierte er irgendwie, dass es Serdall war und nicht Kai, mit dem er hier lag. Gut, irgendwie war ihm das vorher auch schon klar gewesen, aber sein noch müdes Gehirn schien nicht schnell genug geschaltet zu haben. Serdall versuchte sich zu beruhigen, was bei dieser Aussage kaum möglich war. Daniel schien wohl wirklich von diesem Zeug abhängig zu sein, trotz der nur kurzen Zeit. Die Hände von Daniel nehmend strich er sich fahrig über das Gesicht. Er wusste nicht wie er anfangen sollte, wie er jetzt reagieren sollte… Seufzend richtete er sich ein wenig auf, was Daniel dazu veranlasste von ihm herunter zu rutschen und sich neben ihn zu legen. „Ich hoffe dir ist klar, dass du das Zeug nicht nehmen solltest“, meinte er kalt und sah zu Daniel. Das war nicht wirklich das, was er sagen wollte. Eigentlich hatte er Lust, Daniel dafür anzuschreien, ihm die Nasenlöcher zuzukleben, damit er gar nicht mehr dazu kam, sich irgendetwas hindurch zu ziehen. „Erklär mir das, Daniel“, murrte Serdall im nächsten Moment und schob die Decke von Daniels Hüften, sodass halb dessen neueste Errungenschaft zum Vorschein kam. Das Tattoo. „Und wenn du schon dabei bist, auch die Gründe für das Kokain“, flüsterte Serdall emotionslos und legte sich auf die Seite, um Daniel aufmerksam anzusehen, auf eine Erklärung wartend. Daniel seufzte erledigt und richtete sich ebenfalls im Bett auf. Starr blickte er auf seine Finger. Er war Serdall wohl eine Erklärung schuldig. Allerdings kam ihm in diesem Moment ein anderer Gedanke, der sich hartnäckig festsetzte und sich nicht mehr so schnell abschütteln ließ. Leicht wütend sah Daniel Serdall an. „Weißt du, eigentlich dürfte dir das alles egal sein“, schnaubte er impulsiv. „Du hast dich schließlich feige per Brief von mir getrennt, oder nicht? Also hast du kein Recht, mir irgendwelche Vorwürfe zu machen.“ Serdall lachte kalt auf. „Was hättest du denn getan, hm?“, zischte er wütend. „Hättest du denjenigen, den du liebst, einfach sterben lassen? Tut mir leid, dass ich dich liebe und nicht wollte, dass du stirbst. Aber du scheinst eh alles abzuhaken, so wie es kommt und geht. Mit mir bist du ja auch durch.“ Er sah Daniel noch kurz an, ehe er sich weiter im Bett aufsetzte. Warum hatte Daniel es denn nicht verstanden? Klar, dieser Brief war hart gewesen, doch es hatte nun mal keine andere Möglichkeit gegeben, Daniel zu schützen. Was bitteschön hätte er denn sonst tun sollen? „Warte“, meinte Daniel schnell und drückte Serdall wieder ein Stück zurück. Es stimmte ja. Was hätte Serdall machen sollen? Vielleicht hatte Fei ihm auch beim Schreiben über die Schulter geschaut oder er wollte einfach nicht, dass Daniel mit ihm Kontakt aufnahm und sich somit selbst in Gefahr brachte. Es war vielleicht nicht die glücklichste Lösung gewesen, aber was hätte er in der Situation getan? „Der Brief hat mich fertig gemacht“, begann Daniel seine Schilderung leise. „Ich hatte zuerst gedacht, dass es nur ein Fake war, ein Mittel, um mich erst einmal nicht mehr bei dir zu haben, bis sich alles wieder beruhigt hatte. Trotzdem war ich total deprimiert und habe gedacht, dass es wirklich aus ist, dass nach der Hochzeit alles verloren ist. Ich wusste nicht, wie lange dich Fei danach bedrängt hätte und was noch alles zwischen dir und dieser Japanerin passiert wäre. Auf jeden Fall habe ich ein paar Tage vorher Kai kennen gelernt. Wir sind dann in die Disko gegangen, weil ich mich einfach ablenken wollte, und irgendwie hat er mir dann Ecstasy gegeben, das mich alles um mich herum hat vergessen lassen. Es war klasse, als plötzlich alles Schreckliche in den Hintergrund gerückt war. Am nächsten Abend habe ich dann auch wieder eine Pille geschluckt, als die Wirkung nachließ dann Kokain gesnieft. Es war irre, wie gut ich mich plötzlich gefühlt hatte. Immer, wenn die Wirkung nachließ, stürzte ich wieder in meine tristen Gedanken und wenn ich wieder Kokain genommen hatte, fühlte ich mich gut. Und irgendwie zog mich Kai eben auch irgendwie an. Körperlich“, fügte Daniel flüsternd hinzu. „Und das Tattoo“, meinte er noch, um mit dem Thema schnell abzuschließen. „Irgendwie war das eine Kurzschlusshandlung. Ich wollte eins haben und habe mir einen Tag später das Ding stechen lassen. Ich war etwas geschockt als ich am nächsten Tag festgestellt hatte, was es genau für ein Motiv war. Irgendwie habe ich es im Studio nur als simplen Drachen gesehen.“ Serdall verzog angewidert den Mund. Sollte man es wirklich auf die Drogen abwälzen können? War Daniel sich nicht trotzdem klar darüber gewesen, was er eigentlich tat? Doch es schmerzte Serdall zu wissen, dass Daniel sich nicht im Ansatz zurück gehalten hatte und eigentlich nur vor der Realität geflüchtet war. Was hätte er denn dazu gesagt, wenn Serdall plötzlich alles schleifen lassen hätte? Sich mit Alkohol zugekippt und einfach alles kommen lassen hätte? Serdall musste sich in diesem Augenblick sehr zusammenreißen, nicht einfach seine Gefühle überhand ergreifen zu lassen. „Es ist ein simpler schwarzer Drache, Daniel“, murrte er missgestimmt. „Und ich kann nicht verstehen, dass du mir keine Sekunde vertraut hast, wie es scheint.“ „Ich habe dir vertraut“, erwiderte Daniel heftig. „Aber was nützt alles Vertrauen, wenn selbst du machtlos bist? Wärst du es nicht, hätte es nie so einen Brief gegeben. Du hättest mir die Sache durch Dustin schildern, aber mich nicht mit diesem Fetzen vollkommen im Dunkeln tappen lassen.“ „Daniel, glaubst du Fei hat mich mit Dustin reden lassen? Ich musste diesen Brief gerade so schreiben. Er hat es von mir verlangt. Aber du benutzt deinen Kopf nur dafür, um an mir zu zweifeln und dich mit Drogen vollzupumpen, weil du es nicht aushältst. Toll, Daniel. Ich dachte eigentlich immer, dass du ein wenig Verstand hättest. Klar sah die Situation beschissen aus und bis gestern Abend immer noch ziemlich ausweglos, aber wenigstens habe ich mich nicht entmutigen lassen“, fauchte er aggressiv und rieb sich zittrig über die Schläfen. Seine Handknöchel waren an den verheilten Stellen immer noch gerötet. „Du hingegen hast nur alles verschlimmert“, flüsterte er resignierend und sah Daniel traurig an, zeigte ihm, was er gerade im Moment fühlte. „Im Gegensatz zu dir wusste ich verdammt noch mal auch nicht, was vor sich ging“, fauchte Daniel und sah demonstrativ in eine andere Richtung, wich Serdalls Blick konsequent aus. „Es wäre echt klasse gewesen, wenn ich ein Jahr lang vor mich hin gelitten hätte, bevor ich erfahre, dass du zum zweiten Mal Vater wirst oder vielleicht sogar nach Japan auswanderst, weil Fei dich bei sich haben wollte.“ „Du hättest wissen müssen, dass selbst ich das nicht kann“, erwiderte Serdall grimmig und lehnte sich zurück. „Und jetzt? Soll ich etwa akzeptieren, dass du mich im Grunde genommen betrogen hast? Klar, vielleicht hast du den Brief als deinen Freischein gesehen, aber was jetzt? Ich für meinen Teil habe keine Ahnung, was ich tun soll. Ich kann dir nicht vertrauen, auch wenn ich dich immer noch liebe“, erklärte er sich. „Und ich weiß nicht, ob du überhaupt zurück zu mir willst oder zu diesem Kai und seinem Kokain.“ Daniel schluckte schwer. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er im Moment anscheinend mit zwei Menschen zusammen war, die ihn beide liebten. Bei Serdall war es klar, dass er ihn liebte und Kai hätte nach der Enttäuschung mit seinem letzten Freund und seiner eigentlichen Vorliebe zu schnellen anonymen Sex nie mit ihm eine feste Beziehung angefangen, wenn er ihn nicht auch lieben würde. Die Zwickmühle hatte zugeschnappt und Daniel in sich gefangen. Nervös spielte er an der Bettdecke. Daniel wurde klar, dass er einem von ihnen wehtun würde und er wusste eigentlich genau, wer dieser Jemand sein würde. Das schlechte Gewissen machte sich in ihm breit, aber es war wohl nicht zu vermeiden. „Ich will nicht zu Kai zurück“, meinte er leise und sah Serdall flüchtig an. Abschätzig blickte Serdall zu Daniel. Wenigstens war das ein Anfang. Daniels Fehler konnte man nicht rückgängig machen, jetzt ging es eher darum, Schadensbegrenzung zu betreiben. „Und die Drogen? Und ich? Was willst du, Daniel?“ Serdall lehnte sich ein wenig zu ihm und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. „Warum kommt es mir nur so vor, als ob du lieber abhauen würdest, als dich mit mir zu versöhnen oder gar mit mir zusammen zu bleiben? Echt Daniel, so kenne ich dich nicht. Schließlich warst du sonst immer der, der sich um mich bemüht hat. Jetzt wo ich es getan habe, dein Leben geschützt und versucht habe, meinen Bruder zu beruhigen, da lässt du mich fallen? Du liebst mich nicht, oder?“, fragte er leise. Plötzlich kam ihm ein schrecklicher Gedanke. „Fei hatte wohl recht…“, murmelte er mehr zu sich, als zu Daniel. Kraftvoll stieß Daniel Serdall auf das Bett zurück und pinnte ihn dort fest. Wütend und traurig zugleich starrte er ihn an. „Ich liebe dich“, zischte Daniel gefährlich. „Ich liebe dich mehr als alles Andere, weswegen ich überhaupt erst in diese Scheiße reingerutscht bin. Ehrlich gesagt habe ich keinen Bock drogenabhängig zu sein, zu werden, was auch immer. Und…“ Daniel sackte ein Stück in sich zusammen und lehnte seine Stirn an Serdall Brust. „Eigentlich will ich einfach nur, dass alles so wird wie früher.“ Serdall keuchte leise. Sofort breitet sich eine angenehme Wärme in ihm aus. Das war der Daniel, den er kannte. Stürmisch. Liebevoll legte Serdall seine Hände an Daniels Wangen. „Ich liebe dich auch und ich wünschte, Fei hätte sich nie bei uns eingemischt“, flüsterte er leise und zog Daniel in eine enge Umarmung. „Du hast mir so schrecklich gefehlt. Trotzdem, du hast so viel Mist gebaut, ohne mich…“ „Ich weiß“, murmelte Daniel heiser. Schuldgefühle brandeten plötzlich in ihm auf, so groß und verzehrend wie er sie noch nie erlebt hatte. Daniel begriff mit einmal, was er wirklich für Scheiße gemacht hatte. Dass er Drogen genommen hatte war wohl das kleinste Übel, aber er hatte mit Kai geschlafen, ihn oral befriedigt und gesagt, dass er fest mit ihm gehen würde. Und Serdall wusste darüber Bescheid. Daniel kam sich klein und schmutzig vor, wollte sich am liebsten selbst dafür in den Arsch beißen, dass er sich dermaßen verhalten hatte. Zittrig löste er sich aus der Umarmung und sah Serdall leicht entsetzt an. „Serdall“, begann er flüsternd, „kannst du überhaupt noch mit einem wie mir zusammen sein?“ Das war die Frage, die Serdall am meisten fürchtete und auf die er so gar keine Antwort wusste. Es war so vieles auf einmal geschehen und er hatte noch nicht einmal im Ansatz alles verarbeitet. „Ich kann es dir nicht sagen“, murmelte er resignierend. „Irgendwie habe ich das Alles noch nicht so wirklich verarbeitet... Aber du weißt, wie ich zu deiner Untreue eigentlich stehe. Ich habe es oft genug gesagt. Nur...“, Serdall seufzte leise und strich Daniel durch die Haare. „Ich kann dich nicht verurteilen, weil der ganze Scheiß, der jetzt passiert ist, viel zu heftig war. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich es akzeptieren, noch verzeihen kann.“ Daniel nickte und spürte schon wieder Tränen in den Augen. Verdammt war er wieder sentimental. „Es ist nur…“, er biss kurz die Zähne zusammen, sodass seine Kiefermuskeln deutlich hervortraten. „Ich glaube ich kann es nicht ertragen, wenn ich mir Hoffnungen mache, die dann im Endeffekt doch nutzlos sind, verstehst du? Also wenn du meinst, dass es nicht geht…“ Er stockte wieder kurz und sammelte seine Gedanken. „Bitte mach entweder Schluss mit mir oder sag mir, dass du wieder richtig mit mir zusammen sein willst und es auch kannst.“ Serdall schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. „Glaubst du ich kann jetzt eine Entscheidung treffen, die ich im nächsten Moment nicht doch bereue? Nach all dem verlangst du, dass ich ganz schnell ja oder nein sage? Daniel, ich kann dir nur sagen, dass ich dich liebe, dass ich dich auch nicht verlieren will. Erst jedoch müssen wir über diesen Kai reden...“ Serdall sah wütend zu Daniel. „Warum hast du mit ihm geschlafen? Wie stehst du zu ihm?“, fragte er leise und seine Augen funkelten leicht. Kikuchi hatte ihm und Fei süffisant grinsend erklärt, bei was sie Daniel gestört hatten... Daniel setzte sich ganz auf und fuhr sich fahrig durch die Haare. „Das.. Wir…“ Er brach resigniert ab. Wie sollte er Serdall das nur erklären, ohne dass er ausrastete? „Wir haben uns in der Mensa kennen gelernt“, begann er zögerlich. „Er ist wirklich nett. Also echt nur nett, nicht, dass du mich jetzt falsch verstehst. Es war nur… Naja, wenn ich die Drogen genommen hab, sei es das Ecstasy oder das Kokain, dann habe ich mich so befreit gefühlt und in gewisser Weise auch… erregt. Und ich habe Kai gekannt und ihn gemocht und so…“ Daniel fuhr sich erneut durch die Haare und starrte auf die Bettdecke. „Später dann habe ich gemerkt, dass er mich ziemlich gern hat und den Zustand ausgenutzt, um an das Kokain zu kommen, damit ich dich vergessen konnte. Also nicht dich vergessen, sondern einfach die schmerzlichen Gedanken loswerden, die mit dir verbunden waren. Dann… nun ja, er hat mich gefragt, ob ich sein fester Freund werden will und ich…“ Er zögerte. Wie sollte er Serdall begreiflich machen, dass es zwar so ernst klang, es aber nicht war? Ganz und gar nicht. Nichts im Gegensatz zu ihrem Verhältnis. „Du hast ja gesagt“, stellte Serdall kalt fest. Er musste ja gesagt haben, sonst würde er nicht so zögern. Wütend schob er Daniel von sich und stand auf. „Ich bring diesen Kerl um“, zischte Serdall wütend und begann sich hastig anzuziehen. Nicht nur, dass er Daniel Drogen gegeben hatte, nein, jetzt auch noch… Serdall fluchte wütend und schmiss ein Hemd in die Ecke, bei dem ihm ein Knopf abgerissen war, als er zu stark dran gezogen hatte. „Serdall!“, rief Daniel entsetzt und zog ihn am Handgelenk hart zurück, als er schon die Klinke in der Hand hatte. „Man, du kannst Kai doch nicht an allem die Schuld geben. Wenn er überhaupt an irgendwas Schuld hat. Er hat mich gefragt, weil er mich echt gern hat. Was will man ihm da verübeln? Ich habe ja gesagt, weil ich zu dem Zeitpunkt nicht alle Tassen im Schrank hatte. Wenn du deine Wut an irgendwem auslassen willst, dann an mir.“ „Ohne ihn wäre es nicht im Ansatz so weit gekommen“, zischte Serdall und wandte sich zu Daniel um. „Und? Würdest du zu ihm zurückgehen? Würdest du wieder irgendwelchen Stoff durch deine Nase ziehen?“ Bedrohlich ging Serdall auf Daniel zu. Er kochte vor Wut und es machte ihn rasend, dass Daniel diesen Mann in Schutz nehmen wollte. „Wenn ich ihn nicht getroffen hätte, dann wäre ich an irgendeinen anderen Typen geraten, der mir dann zu einem Dealer verholfen hätte, der mir gestrecktes Zeug verkauft hätte, wahrscheinlich noch mit irgendwelchen Giftstoffen drin“, erwiderte Daniel angriffslustig. „Ich denke ich werde nicht mehr koksen, kommt auf die Situation drauf an, würde ich sagen. Und ich werde nicht zu ihm zurückgehen, wenn du es beziehungstechnisch meinst, besuchen werde ich ihn wohl auf jeden Fall. Ich mag ihn, er ist nett. Gut, er dealt, aber ich habe mir den Stoff geben lassen, um ihn gebettelt. Warum machst du ihn dafür verantwortlich?“ Weil er dir den Scheiß gegeben hat und du viel zu gutgläubig bist, zischte Serdall ihm gedanklich zu, sprach es jedoch nicht aus. Er würde nicht zulassen, dass Daniel diesen Kai jemals wiedersah, soviel stand fest. Und er würde auch dafür sorgen, dass dieser Mann eine Lektion bekam. Egal was Daniel davon hielt, für Serdall war es das Mindeste, was er tun musste. „Du machst es mir wirklich nicht leicht“, fauchte er wütend und stieß Daniel kraftvoll vor die Brust, sodass er zurück auf das Bett fiel. Er krabbelte über ihn und setzte sich auf Daniels Hüften. „Sag mir, wer dir wichtiger ist. Ich oder dieser Mann?“ Wie sollte er Daniel wieder vertrauen können, wenn es bei diesem Kai Hahn schon zu dieser Streitigkeit kam? Daniel war quasi mit Kai zusammen, mit Serdall aber nicht mehr. Doch Serdall wollte es nicht einfach beenden, er konnte es nicht. Das würde ihm den letzten Rest geben. Perplex starrte Daniel Serdall an. Sein Herz hämmerte unglaublich schnell von Serdalls überraschenden und unerwarteten Handlungen. Schon kurze Zeit später festigten sich seine Gesichtszüge allerdings wieder. „Was glaubst du, wer mir wichtiger ist?“, fragte Daniel beleidigt. „Wenn du sagst, dass du mich liebst und so lange, wie du mich schon kennst, sollte die Antwort auf der Hand liegen. Wie sollte ich jemals einen Menschen mehr lieben können als dich?“ Kurz hob Daniel die Hand und fuhr Serdall über die Wange, dann ließ er sie allerdings wieder sinken. Serdall sollte das Tempo ihrer erneuten Annäherung bestimmen, wenn sie denn zustande kam. Er hatte kein Recht dazu. Serdall stützte sich beidseitig mit den Händen neben Daniels Kopf ab. Er beugte sich tiefer zu seinem Gesicht, sodass er Daniels Atem auf seinen Lippen spüren konnte. „Wenn du mich liebst“, flüsterte Serdall emotionslos und sah Daniel aggressiv in die himmelblauen Augen, „wärst du mit mir zusammen und nicht mit Herrn Hahn.“ Konnte man sich so mit Drogen zudröhnen, dass man vergaß, wen man wirklich liebte? War es nicht so, dass Daniel einfach nur seine Hemmungen verloren und endlich das getan hatte, was er wollte? Serdall spürte den augenblicklichen Schmerz, der sich auf grund der Angst und der Enttäuschung, die ihn plötzlich überkam, durch seinen Körper zog, doch er unterdrückte jegliche Regung. Daniel würde ihm sagen, wie es war. „Serdall…“ Wütend wischte Daniel sich die Tränen aus seinem Gesicht, die wieder zu fließen angefangen hatten. Er musste sich Serdall irgendwie verständlich erklären. Er wollte nicht, dass es aus war, weil er die dümmsten Fehler seines Lebens begangen hatte. „Wenn ich auf Drogen war, hatte ich immer so ein Bauchkribbeln, als wenn ich verliebt wäre. So ziemlich bei jedem, aber Kai kannte ich. Außerdem war ich ziemlich dauergeil und konnte diese Gefühle irgendwann nicht mehr unterdrücken. Als Kai mich gefragt hatte, kam alles zusammen. Diese seltsamen Gefühle, der Sexualtrieb und die Drogen. Ich glaube, dass ich in nüchternem Zustand niemals ja gesagt hätte.“ Verzweifelt sah er Serdall in die wieder so kalten Augen. Unwillig schüttelte der Violinist den Kopf. „Ich weiß nicht, wie oft du es mit Kai getrieben haben musst, aber anscheinend existiert dein schlechtes Gewissen nicht oder du hast es absichtlich mit dem Kokain abgestellt“, knurrte er halblaut. Es ging gegen seine Prinzipien, dass er überhaupt noch mit Daniel redete. In seinen Augen hatte Daniel ihn eindeutig betrogen, mit den Drogen und Kai. Was hatte er denn anderes getan, als sich diesem Mann verkauft, um an dieses Teufelszeug zu kommen? Serdall stockte. Kai war ein Dealer. Der wusste sicherlich, wie man die Leute impfen musste, um sie zu potenziellen Kunden zu bekommen. Und Daniel war wohl das ideale Opfer gewesen. Egal, ob Daniel behauptete, dass Kai nur Mitleid mit ihm gehabt hatte, in Serdalls Sicht der Dinge stand da etwas ganz Anders dahinter. Oh er würde Kai Hahn schon die Rechnung noch einmal vorlegen lassen und dann würde er Daniels offene Beträge begleichen. Hundertfach. Serdall seufzte erneut tief. Allein die Nähe jetzt zu Daniel ließ ihm wieder bewusst werden, dass er ohne diesen Mann nicht leben konnte. Alles in ihm schrie danach, sich wieder selig in Daniels Arme schmiegen zu können, wieder diese Lippen zu berühren, die er so lange nicht gespürt hatte. „Falls ich dir jetzt diese Chance gebe, Daniel“, flüsterte er ihm leise ins Gesicht, „dass ich wieder mit dir richtig zusammen sein will, dann musst du einer Bedingung zustimmen, die ich dir stelle.“ Serdall ließ seine Augen sehnsüchtig über Daniels Gesicht gleiten, ehe er sie wieder mit den himmelblauen Iriden fixierte. „Wenn du mich jemals wieder mit einer anderen Person derart betrügst, wirst du die Konsequenzen tragen.“ Daniel strahlte. Serdall vergab ihm, oder? Nichts anderes sagte dieser Satz aus. Die Bedingung war lächerlich. Er hatte nicht vor, jemals wieder einen anderen Typen auch nur anzusehen. „Natürlich“, antwortete er glücklich, behielt seine Finger aber noch bei sich. „Gut“, meinte Serdall noch nicht so euphorisch, wie Daniel es nun war. „Du weißt hoffentlich, dass die Konsequenzen sich darauf belaufen, dass ich dich eigenhändig umbringen werde“, erklärte Serdall eisig und sah Daniel ernst ins Gesicht. Ihre Beziehung würde nicht mehr so sein wie früher. Das war Serdall klar und es gab kein Weg zurück für sie. Doch Serdall musste sich sicher sein, dass sein Vertrauen nicht noch einmal derart missbraucht und mit Füßen getreten wurde. Selbst jetzt hätte er sich deswegen fast umgebracht. Entsetzt sah Daniel ihn an und lachte unsicher. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“ Schnaubend legte Serdall den Kopf leicht schief. Würde Daniel wissen, was er mit seiner Dummheit fast verursacht hatte, würde er diese Frage vielleicht nicht stellen. Serdall hatte aber auch nicht die Absicht, Daniel über diesen Gefühlsausbruch zu informieren. „Es war mir nie etwas ernster. Noch irgendein Ausrutscher…“, Serdall schüttelte leicht den Kopf. „Ich liebe dich und ich teile dich nicht.“ Daniel schüttelte perplex den Kopf. „Du klingst gerade irgendwie ein wenig verrückt“, meinte er mit gerunzelter Stirn. „Aber egal. Selbst wenn das tatsächlich dein Ernst sein sollte, ich glaube, ich käme nicht damit klar, wenn ich dich noch mal betrügen sollte. Ich gebe es zwar nicht gern zu, aber wenn du mich nicht von Kai weggeholt hättest, wäre ich wohl echt drogensüchtig geworden und hätte mir das Hirn weggekokst. Noch eine Trennung und ich springe wohl von irgendeinem Hochhaus. Nie wieder.“ Ernst sah Daniel Serdall an. „Ich nehme dich beim Wort“, erwiderte der Violinist leise und lehnte sich zurück, wobei er sich bewusst vollständig auf Daniels Hüften niederließ. „Wir schlafen auch nicht mehr miteinander, bis du einen Aids Test machen lassen hast“, führte Serdall im nächsten Moment aus. Er würde wegen Daniels Ausrutscher keinerlei Risiko eingehen. „Und ich glaube, wir sollten langsam frühstücken gehen.“ Serdall strafte sich jedoch seiner eigenen Worte lügen, als er an Daniels Hosenbund herumfummelte und sich dessen Tattoo besah. „Das wird mich wohl immer an diesen Mist erinnern“, flüsterte er bedrückt und strich leicht über diesen s-förmigen Drachen. „Mich erinnert es eher an dich“, erwiderte Daniel leise und nahm Serdalls Hand von hinten in seine. Leicht fuhr er die Konturen des Tattoos nach. Es schmerzte noch etwas, aber es war ja auch noch recht frisch. „Ein S, siehst du?“, fragte er. Zu dem Aids Test sagte er nichts. Er konnte Serdall verstehen. Zwar hatten Kai und er immer ein Kondom benutzt, aber sicher war sicher. Er bezweifelte zwar, dass irgendetwas passiert war, allerdings würde Daniel sich hüten, Serdall zu widersprechen. Es kam Daniel ohnehin wie ein Wunder vor, dass Serdall ihm tatsächlich nach all dem Mist noch eine zweite Chance gab. Serdall lächelte bei Daniels Berührung leicht. Zaghaft ließ er seine beiden Hände an Daniels entblößte Seiten entlang gleiten, wobei er sich wieder zu Daniels Gesicht beugte. „Wir sind also wieder zusammen?“, fragte er Daniel leise. Seine Lippen waren nur noch wenige Zentimeter von Daniels entfernt und er sah ihm wieder warm in die Augen. Es wurde Zeit, dass sie einige Dinge nachholten. „Wenn du meinst, dass du mich noch einmal haben willst“, meinte Daniel fast schüchtern. „Mir ist klar, dass es lange dauern wird, bis alles wieder so ist wie früher, aber wenn du dafür bereit bist, bin ich es allemal. Ich werde versuchen, meine Fehler irgendwie wieder gut zu machen, das verspreche ich.“ Bei Daniels unsicherem Blick wurde es Serdall ganz mulmig zu Mute. Oh, wie hatte er sich nach diesem Moment gesehnt! „Das ist ein guter Anfang“, flüsterte Serdall liebevoll lächelnd. „Aber so wie früher wird es wohl nie“, fügte er leise, jedoch nicht missgestimmt an. Es war ein Neuanfang und das Vertrauen musste sich Daniel wieder schwer erarbeiten, aber es würde klappen. Da war sich Serdall sicher. Sanft legte Serdall plötzlich seine Lippen auf Daniels. Sie hatten genug geredet. Er hielt es kaum mehr aus. Er erinnerte sich schon nahezu nicht mehr an ihren letzten Kuss, doch dieser war definitiv anders. Intensiver. So ein heftiges Bauchziehen wie jetzt hatte Serdall bei all ihren Küssen nicht erlebt. Es lag wahrscheinlich an ihrer langen Trennung, an seinem schrecklich schweren Kummer und der furchtbaren Sehnsucht, die diesen Kuss bittersüßer als alle zuvor machte. Kurz zögerte Daniel, dann erwiderte er den Kuss vorsichtig. Leicht ließ er seine Zunge die Konturen von Serdalls Lippen nachziehen, bevor er behutsam die schon viel zu fremde Mundhöhle erkundete. Befreit seufzte er auf und schlang die Arme um Serdall. Er hatte ihn so vermisst. Das wurde ihm gerade erneut mit aller Deutlichkeit bewusst. Warum hatte er nicht an Serdall geglaubt? Er hatte es scheinbar ja doch geschafft, seinen Bruder umzustimmen. Aber das war jetzt egal. Daniel hatte ihn wieder. Lange und tief küssten sie sich einige Zeit. Serdall löste sich kurz von Daniel und lehnte seine Stirn lächelnd an Daniels. In ihm tanzte jegliches Glückshormon durch seine Blutbahnen und ließen ihn sich richtiggehend energiegeladen fühlen. „Lass uns endlich aufstehen, duschen und dann gehen wir zu Taki. Der Kleine hat dich unheimlich vermisst, genauso Kimba.“ Sogleich zog Serdall Daniel mit sich in das Badezimmer. Als sie unter der Dusche standen wandte Daniel sich etwas unbehaglich um. Der nackte Körper vor ihm weckte eine Sehnsucht in ihm, die er fast nicht aushalten konnte. Es war einfach viel zu lange her und er hatte sich viel zu viele Gedanken um Serdall und ihr Zusammensein gemacht, als dass die Vorstellung von Sex mit ihm nicht ungemein verlockend war. Aber Serdall hatte ihm klargemacht, dass bis nach einem bestätigenden Test nichts laufen würde. Serdall machte auch keinerlei Anstalten seine Aussage zu revidieren, sondern stieg sogleich aus der Dusche heraus als er fertig war, ohne Daniel auch nur wirklich angefasst zu haben. Ihm war nicht wirklich danach, wenn er sich allein daran entsann, bei was Kikuchi Daniel gestern unterbrochen hatte. Vor dem Spiegel stehend, kam ihn noch ein Gedanke. Womöglich waren noch einige Sachen von Daniel bei Kai. So hatte er wenigstens einen Vorwand, dorthin zu gehen. Daniel würde er davon nichts erzählen. Er kannte seine viel zu gute Einstellung und er würde sich dabei keinen Strich durch die Rechnung machen lassen. Serdall schlang sich gerade ein Handtuch um die Hüften, als Daniel auch endlich aus der Duschkabine trat. Unweigerlich wanderten Serdalls Augen über ihn. Es war ungewohnt, dass Daniels Intimbereich rasiert war. Er wirkte jünger, als er war. Sein Blick blieb an dem Tattoo hängen. „Du solltest es eincremen“, meinte Serdall zu Daniel und deutete auf den schwarzen Drachen. „Ja, du hast recht. Wurde mir im Studio auch empfohlen“, erwiderte Daniel etwas unbehaglich. Es war schrecklich, dass Serdall und er plötzlich so distanziert zueinander waren. Aber wer sollte es Serdall verübeln, dass er erst einmal Zeit brauchte, um über alles nachzudenken und Daniel zu verzeihen? Daniel ging zurück ins Schlafzimmer und öffnete den Kleiderschrank. Ein warmes Gefühl durchflutete ihn als er sah, dass alles von ihm noch dort war, wo er es gelassen hatte. Serdall hatte tatsächlich scheinbar keinen Moment daran gezweifelt, dass sie wieder zusammenkommen würden. Er griff sich einen Pullover, eine Jeans sowie Shorts und zog sich schnell an. Etwas seltsam war ihm schon zumute, alle Hausbewohner zu treffen. Wie sollte er beispielsweise Taki erklären, wo er so lange war? Es würde wohl keiner dem Kleinen die Wahrheit gesagt haben. Serdall zog sich ebenfalls an, nun ohne irgendwelche Knöpfe abzureißen. Er umarmte Daniel, als dieser ziemlich unsicher im Raum stand und unwohl zu ihm sah. „Keine Angst“, flüsterte Serdall und hauchte einen Kuss auf Daniels Stirn. „Erst mal werden wir etwas essen. Dann muss ich wohl noch einmal mit Fei reden und ihn fragen, wann er abreisen will. Mayumi kann nicht ewig dein Zimmer besetzen“, murmelte Serdall und strich mit den Händen Daniels Rücken auf und ab. „Alles in Ordnung?“, fragte er leise, als Daniel nichts erwiderte. „Ich hab Angst, irgendwie“, meinte Daniel unbehaglich und lehnte sich Halt suchend an Serdall. „Was soll ich sagen, wenn Taki mich irgendwas fragt? Wie wird Fei auf mich reagieren und was ist mit Dustin und Ethan? Was wissen die Zwei überhaupt? Ich fühle mich, als wenn ich mich dem nicht stellen könnte. Ich fühle mich so schlecht, weil ich weiß, dass ich so viele Fehler gemacht habe, die eigentlich nicht wieder gutzumachen sind.“ Traurig lächelnd sah er Serdall kurz an und starrte dann auf seine Hände. Serdall seufzte leise und strich Daniel von der Stirn aus durch die Haare und brachte ihn so dazu, ihn wieder anzusehen. „Du bist keinem von ihnen irgendwie Rechenschaft schuldig. Die Fehler hast du mir gegenüber begangen und ich werde sie verzeihen. Alles Andere ist vorerst egal. Fei hat sich beruhigt und wird keine Probleme mehr machen und Dustin ist jetzt auch zweitrangig, oder nicht? Wir müssen uns doch zusammenraufen, das geht sie nichts an.“ „Du hast ja recht“, seufzte Daniel. „Aber mich plagt halt mein schlechtes Gewissen. Allerdings kann ich mich nicht verstecken, bis ich mir selbst verziehen habe. Also lass uns gehen.“ Er straffte sich und ging gefolgt von Serdall, den Daniel an die Hand genommen hatte, aus dem Schlafzimmer. Er wollte es hinter sich bringen. Viel schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Ende Kapitel 15 Kapitel 16: ------------ Kapitel 16 Es war nicht wirklich eine unangenehme Situation für Daniel. Die Einzigen die momentan in der Küche waren, schienen Dustin und Mayumi zu sein, die gerade dabei waren zu essen. Fei war wieder einmal im Wohnzimmer und Taki schon in der Schule. „Hey“, begrüßte Dustin sie etwas zurückhaltend und verlegte seine Aufmerksamkeit auf Daniel. „Daniel, hast du kurz eine Minute?“, fragte er den jungen Mann. Serdall wollte einen Einwand vorbringen, doch Fei rief ihn aus dem Wohnzimmer. Seufzend küsste er Daniel kurz auf die Wange und strich ihm noch einmal durch die Haare. „Wenn er den Mund zu weit aufmacht, komm zu mir“, flüsterte er Daniel zu, ehe er zu seinem Bruder ging. Unbehaglich blieb Daniel in der Küche, zog es allerdings vor im Raum stehen zu bleiben und sich nicht mit an den Tisch zu setzten. Die junge Japanerin hatte bei Serdalls kleinem Kuss etwas ungläubig und erschrocken die Augen geweitet, aß jetzt aber gespielt unbeteiligt weiter, wollte wohl nicht mehr auffallen als nötig. Dustin stand auf und ging etwas zu schnell auf Daniel zu. Er zog ihn mit sich in den Flur, weit weg von Küche und Wohnzimmer. Wütend blitzten Dustins graublaue Augen Daniel an, während er eine Hand auf Daniels Schulter legte. „Na? Jetzt wieder schön fein bei Serdall sein, was? Hast du mir nicht erst vor ein paar Tagen gesagt, dass du ihn nicht brauchst?“, zischte Dustin unfreundlich. Er wusste nicht was hier los war, aber er war stinksauer auf Daniel. „Ich habe das nicht so gemeint“, erwiderte Daniel leise und sah zur Seite. Es fing schon an. Wenn Dustin schon so sauer war, was würde ihm dann erst bei Fei blühen? Und wie sollte er mit Taki umgehen. Daniel seufzte unhörbar. Er hatte sich das selbst eingebrockt, also musste er es auch allein wieder ausbaden. „Ich war zu dem Zeitpunkt einfach vollkommen fertig“, versuchte er sich zu erklären. „Außerdem war ich, als ich dich angerufen habe, irgendwie nicht ganz ich selbst.“ „Und jetzt bist du es wieder, oder was? Klar, jetzt wo Serdall alles hingebogen hat, kommst du wieder fein säuberlich angekrochen!“, knurrte Dustin wütend. „Aber sobald es dir zu schwierig war, hast du lieber die Beine für einen anderen Kerl breit gemacht.“ Dustin tippt Daniel wütend gegen die Brust. „Ich verstehe Serdall nicht, warum er dich nicht windelweich geschlagen hat!“ Daniel spürte ein unangenehmes Ziehen im Magen. Wusste Dustin doch von ihm und Kai? Wusste er auch von den Drogen? Nein, letzteres konnte er wohl ausschließen, da Dustin sich sonst anders verhalten würde. Trotzdem war das schon schlimm genug. „Ich weiß nicht, warum ich das getan habe“, meinte Daniel ziemlich fertig und fuhr sich kurz mit der Hand durch das Gesicht. „Außerdem habe ich keine Ahnung, warum Serdall das scheinbar als abgehakt sieht und mich einfach wieder so zurücknimmt. Aber ich kann dir versichern, dass ich so was nie wieder tun werde. Nie wieder.“ Er schüttelte leicht den Kopf und starrte an Dustin vorbei ins Leere. „Da kann sich Serdall auch was von kaufen“, zischte Dustin aggressiv. „Ich glaube das, was du ihm damit angetan hast, war das Schlimmste, was je jemand tun konnte“, knurrte er. Es kotzte ihn an, dass Daniel scheinbar ungestraft wieder mit Serdall zusammen kommen würde. Wie sehr Serdall dafür leiden musste und wie ruchlos es von Daniel war, nicht hinter ihm zu stehen, sondern einfach seinen Spaß zu haben, war einfach nur schrecklich. Und wenn Serdall Daniel nicht eine ordentliche Standpauke hielt, dann würde er dies tun. Als Lehrer war er da sehr geübt drin. „Gerade du hättest wissen müssen, wie sehr ihn das verletzt. Ich kann es immer noch nicht fassen. Erst sagst du, Serdall ist dir egal und jetzt? Jetzt wo alles wieder okay ist, lässt du dich wieder von ihm betüddeln! Das nennt man auch ausnutzen, Daniel!“, schrie Dustin wütend und schlug Daniel kräftig gegen die Schulter. „Ich nutze ihn nicht aus!“, entgegnete Daniel aufgebracht. „Ich…“ Er stockte geschockt und seine Augen weiteten sich ein Stück. Nutzte er Serdall aus? Sie liebten sich gegenseitig, so viel war ihm nach gestern Nacht klar, aber wäre Serdall nicht besser mit jemand anderem bedient? Mit jemandem, der ihn nicht so verletzte, wie Daniel es immer wieder tat? Er machte mit David rum, als er dachte, dass es für Serdall und ihn keine Zukunft gab, ließ sich fast widerstandslos von Dustin küssen, während er in einer festen Beziehung mit Serdall war und gab sich jetzt einfach Kai hin, als die Lage wieder einmal aussichtslos schien. Serdall hatte nie gezweifelt. Zumindest hatte er sich nicht Ablenkung in anderen Betten gesucht, selbst wenn Zweifel vorhanden gewesen waren. Entsetzt schüttelte Daniel den Kopf. Er liebte Serdall. Er wollte ihn nicht ausnutzen, sondern nur mit ihm zusammen sein. Nutzte er ihn deswegen aus? Zog er Vorteile aus Serdalls extrem starker Liebe zu ihm, die ihn Daniel immer wieder verziehen ließ, egal was er Serdall schreckliches angetan hatte? Ja!, schrie eine Stimme in Daniels Kopf, die er gerade ganz und gar nicht hören wollte. Ihn überkam ein plötzliches Verlangen nach einem erneuten Drogenkonsum, der all das aus seinem Kopf verbannte, süchtig machende Leere hinterließ. Fast panisch sah Daniel sich um. Er hatte alles bei Kai. Dessen Nummer war in seinem Handy abgespeichert, das allerdings auch bei ihm lag. Keuchend wollte Daniel sich an Dustin vorbeizwängen. Er musste zu ihm, zu Kai. Er wollte nicht mit ihm schlafen, gewiss nicht, er wollte einfach nur ein wenig Kokain. Geld hatte er in seinem Portemonnaie, er würde es einfach kaufen. War das ein erneuter Betrug an Serdall? Keine Drogen mehr hatten sie ausgemacht. Aber Daniel fühlte sich gerade wieder so elend, so hilflos. Einmal noch, nur noch einmal, damit er die Konfrontation mit Fei wenigstens heil überstand und die mit Dustin vergessen konnte. „Daniel?“, fragte Dustin verwirrt und zornig, als sich der Schwarzhaarige an ihm vorbei drängte und sich eilig in Richtung Haustür bewegte. „Warte!“, rief Dustin ihm aufgebracht hinterher. Wenn Daniel jetzt einfach floh, würde Serdall ihm die Hölle heiß machen, das wusste er. Er hetzte dem Jungen hinterher. Was war denn nur in Daniel gefahren? Normalerweise würde er aufgebracht mit ihm diskutieren und nicht so panisch vor ihm fliehen. Glücklicherweise trat Serdall gerade aus dem Wohnzimmer und Daniel lief ihm regelrecht in die Arme. Hastig wollte sich Daniel von dem Violinisten lösen, doch er wurde effektiv in eine Umarmung gezogen. „Dan, ganz ruhig“, sagte Serdall mitfühlend. Wütend blitzte Serdall zu Dustin, der unsicher vor ihnen stand. Als Daniel sich immer noch heftig wehrte, drückte Serdall ihn nur an sich. „Wo willst du denn hin?“, fragte er ihn laut und Angst schwang minimal in seiner Stimme mit. „Ich… nirgends. Nur frische Luft schnappen“, stotterte Daniel und versuchte sich erneut aus Serdalls Griff zu befreien. Die so vertraute Nähe lullte ihn ein, doch er durfte das nicht zulassen, Serdall nicht erneut ausnutzen. Jetzt war er wütend auf ihn, zumindest schwer enttäuscht und erst einmal seines Vertrauens in Daniel beraubt. Es wäre wohl der beste Zeitpunkt, sich von ihm zu lösen. Tränen rollten wieder über Daniels Gesicht und er blickte Serdall verzweifelt an. „Bitte lass mich gehen“, flehte er. „Du lügst mich an“, stellte Serdall leise und schmerzlich fest. „Und ich werde dich nicht gehen lassen.“ Entschlossen fasste er Daniel bei der Hand und zog ihn mit sich in das in dieser Etage vorhandene Bad, ohne Dustins fragenden Blick zu registrieren. Er schloss hinter ihnen ab, als Daniel sich an ihm vorbeizwängen wollte. „Was hatten wir gesagt?“, fluchte Serdall leise und fasste Daniel bei den Schultern, als er so aufgelöst versuchte an ihm vorbei und hinauszukommen. Seufzend schloss Serdall Daniel in die Arme, fasste in seine Haare und bog Daniels Kopf so, dass er kurz in die panisch geweiteten Augen sehen konnte. Entschlossen begann Serdall Daniel tief zu küssen, um ihn zu beruhigen. Im ersten Moment erwiderte Daniel den Kuss. Serdall hatte diese Wirkung auf ihn, die besser und extremer war als jedes Beruhigungsmittel. Seufzend schlang Daniel seine Arme um den kräftigen Rücken und schloss genießend die Augen. Das Chaos in seinem Kopf legte sich von der einen auf die andere Sekunde und er beruhigte sich langsam. Doch sobald Serdall sich wieder von ihm löste, strömte die eben gefasste Erkenntnis auf ihn ein. „Ich habe dich nicht verdient“, flüsterte er leise und trat einen Schritt von Serdall zurück. „Ich nutze dich nur aus, immer wieder. Scheinbar habe ich kein Gewissen oder kein Gefühl für richtig und falsch. Ich sollte gehen, solange du noch wütend auf mich bist. Und dann werde ich… Ich weiß nicht.“ Serdall schüttelte den Kopf, griff mit beiden Händen nach Daniels Hüften und zog ihn wieder eng an sich. „Ich bin nicht wütend auf dich“, beharrte Serdall entschieden. Jetzt war er nur enttäuscht, weil Daniel womöglich wirklich wieder zurück zu Kai gehen wollte, um sich Kokain zu besorgen. „Und ob du mich verdient hast oder nicht, das ist meine Entscheidung“, flüsterte Serdall leise. Seine Hände wanderten nachdrücklich unter Daniels Pullover und zu Daniels Rücken, ehe er wieder einen Kuss auf Daniels unwillig verzogenen Lippen hauchte. „Du hast mir versprochen, keine Drogen mehr zu nehmen. Wie willst du diesen Versprechen halten, wenn du jetzt gehst?“ Serdall wusste doch, wo Daniels erster Weg unweigerlich hinführen würde. Verbissen malträtierte Daniel seine Lippe und sah sehnsüchtig auf die verschlossene Tür. Ihm wurde das alles zu viel. Er wusste nicht, wem er glauben sollte. Dustin kannte Serdall so gut, Serdall wollte ihn vielleicht nur vor den Drogen bewahren und log ihn an. Vielleicht war er sehr wohl wütend. Wie sollte Daniel sich da zu einhundert Prozent sicher sein? „Ich glaube, ich ziehe mein Versprechen einfach zurück“, murmelte er unglücklich. „Es sollte dir egal sein, was ich mache. Und wenn ich mir mit dem Zeug mein Grab schaufel, solltest du tanzen und Luftsprünge machen.“ Serdalls Hand klatschte laut, als sie auf Daniels Wange landete und eine rote Umrandung hinterließ. Geschockt sah der Violinist über seine eigene Handlung zu Daniel, ehe er wütend die Hände auf seine Augen presste. Sie brannten verdächtig. „Verdammt!“, schrie er wütend. „Wie oft willst du denn noch an mir zweifeln?“, meinte er fassungslos. „Ich habe die ganze Zeit darum gekämpft, dass du eben nicht sterben musst und jetzt? Jetzt willst du dich selbst umbringen?“ Die Hände von seinen Augen nehmend funkelte Serdall zu Daniel. Daniel ignorierte den Schmerz auf seiner Wange. Ehrlich gesagt war er Serdall dankbar für die Ohrfeige, da sie ihn aus seiner wahnsinnigen Stimmung herausgerissen hatte. Seine Beine schienen ihn nicht mehr tragen zu wollen und Daniel ließ sich entkräftet auf den Boden gleiten. Schwach lehnte er sich gegen die Badewanne und legte den Kopf in den Nacken. „Nein“, meinte er kaum hörbar. „Eigentlich will ich raus aus diesem Loch und dass einfach alles wieder so wird wie früher. Aber ich weiß nicht, ob ich das jetzt durchstehe. Ich habe das Alles selbst zu verantworten, das ist mir klar, aber trotzdem fühle ich mich gerade einfach nicht stark genug, um es mit allem aufzunehmen. Mit Dustin, mit deinem Bruder und auch irgendwie mit Taki. Außerdem frage ich mich, wie du mir einfach zu verziehen kannst. Ich weiß nicht, ob ich dazu in der Lage wäre.“ Entschieden ging Serdall zu Daniel und kniete sich auf seine Oberschenkel. „Was erwartest du von mir?“, fauchte er leise in Daniels Gesicht. „Ich kann deinen Fehltritt nicht übersehen, ja. Aber es kann auch nicht rückgängig gemacht werden. Also wähle ich. Ich wähle dich, trotz der Dummheiten. Und warum? Weil ich verdammt nochmal nicht anders kann.“ Er umfasste Daniels Wangen und sah ernst in die himmelblauen Augen. „Ich liebe dich. Unsere Beziehung hat mehr Gewicht, als dieser hoffentlich bedeutungslose Sex. Und ich will dich nicht verlieren. Deswegen bin ich dazu in der Lage, es einfach beiseite zu schieben. Und du solltest dich zusammenreißen und stark sein. Ich erwarte von dir, dass du jetzt kämpfst, gegen dich und deine Panik, und den anderen zeigst, dass ich sehr wohl die richtige Entscheidung getroffen habe.“ „Okay“, erwiderte Daniel nach kurzer Bedenkzeit. „Ich will nicht, dass du das Alles umsonst durchgemacht hast. Aber bitte bleib bei mir, ja? Allein schaffe ich das wirklich nicht.“ Er ließ sich von Serdall auf die Beine ziehen und lehnte sich kurz Halt suchend gegen ihn. Leise lachte er plötzlich auf. „Oh man, irgendwie verkehrte Welt. Eigentlich sollte ich nicht derjenige sein, der Zuspruch braucht, sondern der ihn gibt.“ Kommentarlos schlang Serdall seine Arme um Daniel. Sein Freund war momentan nicht er selbst. Ob dies so etwas wie Entzugserscheinungen waren? „Ich bleibe bei dir, Dan“, versicherte Serdall. „Und bitte, egal was ein Anderer sagt, sprich vorher mit mir, bevor du irgendwelche Schlüsse ziehst. Ich habe schreckliche Angst, dass du dein Versprechen nicht hältst.“ „In Ordnung“, meinte Daniel bestätigend. „Aber bleib einfach bei mir, dann komme ich erst gar nicht in Versuchung. Du bist besser als jede Droge.“ Lächelnd küsste Daniel Serdall kurz zart, dann wandte er sich zur Tür. „So, ich denke ich werde nie wieder so bereit sein wie jetzt.“ Als sie das Bad verließen, standen sie unmittelbar Dustin gegenüber. Misstrauisch musterte der Blonde Daniel und registrierte die rote Wange, die nur von einem Schlag herrühren konnte. Serdall hatte die letzte Woche oft genug so ausgesehen, als dass Dustin es jetzt nicht auch bei Daniel erkennen würde. „Könnte einer mir bitte die Gnade erweisen und mir erzählen, was hier vor sich geht?“ Serdall verzog missgestimmt den Mund. „Daniel und ich können endlich wieder richtig zusammen sein. Fei hat sich beruhigt“, erklärte er seinem Schwager ruhig. „Das ist offensichtlich“, erwiderte Dustin murrend und sah auf die verschlungenen Hände der beiden. „Und du weißt, was Daniel hinter deinem Rücken getan hat?“, fragte der Blonde hinterhältig. Wusste Serdall überhaupt von Daniels Betrug? „Ich weiß alles und definitiv mehr als du. Und wenn ich dich jetzt bitten dürfte, dich wieder einzukriegen und hier nicht so auszurasten“, murrte Serdall. „Aha“, schnaubte Dustin und richtete seine Augen auf Daniel. Anscheinend war da noch etwas, was Serdall zu seiner Entscheidung, mit Daniel zusammen zu bleiben, bewog. „Würdest du mir das erklären?“, zischte er nun Daniel an. „Wieso ist er noch mit dir zusammen, wenn du ihn so dermaßen betrogen hast?“ Dustin überging Serdall. Er würde nur wieder mit seiner Romantik kommen. Dustin wollte eine klare Aussage von Daniel. Daniel zuckte kurz zusammen und griff Serdalls Hand fester. Beruhigend strich der ihm mit dem Daumen über den Handrücken und Daniel entspannte sich wieder etwas. Dustin wollte die Wahrheit wissen. Irgendwie hatte er auch das Recht dazu. Immerhin wohnte er mit in dem Haus, war Serdalls Schwager und ein sehr guter Freund für Daniel. Er würde es wohl ohnehin irgendwann erfahren und da war es besser, wenn die Informationen direkt von Daniel kamen. „Ich habe Drogen genommen, während ich bei Kai war“, fing er langsam an zu erklären. „Ecstasy, Kokain. Ich wollte einfach nur vergessen und immer, wenn ich mir das Zeug reingepfiffen habe, war alles Schlimme aus meinen Gedanken wie weggeblasen. Kai hat mir auf mein Betteln hin immer wieder etwas Neues gegeben und wenn ich auf Drogen war, habe ich ein extremes Bedürfnis nach körperlicher Nähe gehabt.“ Daniel starrte auf seine Fußspitzen. Ob Dustin das wie Serdall auch einfach so hinnehmen würde? Gut, einfach so war übertrieben, aber Serdall hatte ihm zumindest irgendwie vergeben. Dustin rollte mit den Augen. Das war in seinen Augen ja noch schlimmer. Wie feige war Daniel denn geworden? „Das entschuldigt meiner Meinung nach rein gar nichts“, stellte er klar und sah dann wieder zu seinem Schwager. „Aber es ist deine Entscheidung Serdall.“ „Die du akzeptieren wirst“, erwiderte Serdall kalt und ging mit Daniel zusammen an Dustin vorbei. Sein Schwager musste erst einmal das verdauen, was er nun gehört hatte. Würde Dustin dann immer noch irgendwelche Kommentare lassen müssen, würde Serdall ein ernstes Wort mit ihm reden. Serdall ging mit Daniel in die Küche. Mayumi war mittlerweile wohl am Packen. Fei und er hatten ausgemacht, dass wenigstens sie schon zurück nach Japan flog. Der Oyabun hingegen hatte vor, noch ein paar Tage zu bleiben. Es gab noch einiges zu bereden, das sah Serdall auch ein. „Bei ihm habe ich verspielt“, stellte Daniel niedergeschlagen fest, nachdem er auf einem der Küchenstühle in sich zusammengesunken war. „Ehrlich gesagt kann ich es ihm auch nicht verübeln. Wer ist schon so krank, sich mit einem halb drogensüchtigen, untreuen Kerl auszugeben?“ Entschuldigend lächelte er Serdall etwas schief an. „Tut mir leid. Du bist einer von den Verrückten, die so drauf sind. Und ich bin froh darüber.“ Er stand auf und umarmte Serdall seufzend. Leidlich seufzte Serdall ebenfalls. „Dann bin ich halt verrückt“, murrte er leise und küsste Daniel am Kehlkopf. Verrückt vor Liebe, dachte sich Serdall bitter und schluckte, weil ihm dieser Gedanke leicht die Kehle zuschnürte. Er wollte sich nicht ausmalen, wie der Abend gestern auch noch hätte verlaufen können, wenn Fei nicht eingelenkt hätte. „Meinst du, wir könnten zu einer alten Gewohnheit übergehen?“, fragte er leise und sah Daniel schief lächelnd an. „Ich hab Hunger, Dan.“ Daniel lächelte ziemlich glücklich. Es war beruhigend zu wissen, dass Serdall hinter ihm stand, auch wenn Serdall wohl ebenfalls jemand war, der jemanden brauchte, der ihn stützte. Hoffentlich vertraute er sich beispielsweise Dustin an, denn Daniel war wohl momentan nicht in der Lage, diesen Part auszufüllen. Schnell verdrängte er diese Gedanken und sah Serdall wieder an. „Was möchtest du denn essen“, fragte er und begab sich in Richtung Herd. „Irgendetwas, was dir auch schmeckt“, erklärte Serdall fest. Er vertraute auf Daniels Kochkünste, die, seit sein Freund bei ihm wohnte, auch immer besser geworden waren. Schließlich rührte Serdall immer noch nichts in der Küche an und bemühte jetzt auch nur den Wasserhahn, als er sich ein Glas mit der klaren Flüssigkeit füllte. Er trank durstig einen Schluck und sah dabei zu Daniel, der gewohnt begann, sich alles zusammenzusuchen. Es war ein absolut vertrautes Bild für Serdall und es ließ ihn verliebt lächeln. Das war der Daniel, den er kannte. Glücklich seufzend, stellte Serdall sein Glas fort, trat zu Daniel, als er am Herd die Temperatur einstellte, und schlang sehnsüchtig die Arme um ihn. Genießerisch ließ er seinen Mund über Daniels Nacken und zu dessen Ohr wandern, um mit der Zunge dahinter entlangzufahren. Er nutzte sein Wissen aus, dass dies Daniels empfindlichste Stelle war. Serdall wollte einfach, dass Daniel wusste, dass ihre Beziehung keine halbe Sache war und er es wirklich ernst meinte, wenn er Daniel trotz der Dinge wählte, die er falsch gemacht hatte. Leise stöhnte Daniel auf und drehte sich nach einiger Zeit, in der Serdall so gekonnt seine mit erogenste Zone bearbeitet hatte, zu ihm um. Verlangend schlang er seine Arme um Serdalls Hals und begann ihn vernichtend zu küssen. Wie lange war es her, seit sie sich wirklich nah gewesen waren? Durch all die negativen Zwischenerlebnisse kam es Daniel wie Jahre vor. Er ließ seine Hände fahrig über Serdalls Oberkörper wandern, bis lautes Zischen hinter ihm ihn aufschrecken ließ. „Mist, verdammter“, fluchte Daniel herzlich und hob den Topf mit dem übergekochten Nudelwasser schnell von der heißen Herdplatte. Er spürte immer noch die Erregung, die sich in seinem Körper breit gemacht hatte und seine Hände nun leicht zittern ließ. Serdall lachte amüsiert. Sein Herz klopfte viel zu schnell in seiner Brust und Daniels Geruch benebelte im Moment seine Sinne. Verspielt lehnte er sich wieder an Daniel, obwohl sein Freund leise fluchend mit einem Lappen über das Ceranfeld wischte. „Da war wohl jemand richtig bei der Sache“, hauchte Serdall leise und ließ seine Finger vorwitzig unter Daniels Pullover gleiten und sanft den kleinen Bauchnabel umkreisen. „Wann wollen wir zum Krankenhaus fahren?“, murmelte Serdall sehnsüchtig, als er sich an Daniels Halsbeuge entlang küsste. Er wollte Daniel wieder richtig spüren und nicht nur so halb. Eigentlich hatte er sich ihr Wiedersehen auch ganz anders vorgestellt, als das jetzt. Aber Serdall würde nicht meckern. Er war froh, dass er und Daniel überhaupt wieder zusammen waren, dass der Spuk mit Fei vorbei war und dass Daniel wirklich bereute, was er getan hatte. „Krankenhaus?“, fragte Daniel im ersten Moment verwundert, doch dann fiel ihm wieder ein, was sie dort wollten. „Oh, wegen des Tests. Also wenn du wieder irgendwas drehst und den schnellen beantragst, können wir meinetwegen gleich heute. Wobei ich ja gestern noch mit Kai…“ Betreten wandte Daniel den Blick ab. „Ich weiß nicht, ob es so extrem schnell nachgewiesen werden kann, selbst wenn du dafür sorgst, dass der schnell nachweisbare Test gemacht wird.“ Serdall hielt kurz inne. Er unterdrückte den neuerlichen Wehmut, als Daniel den Namen dieses Drogendealers erwähnte, ehe er Daniel antwortete. „Dann warten wir ein paar Tage. Montag wird es sicher nachweisbar sein, falls etwas sein sollte. Du hast doch nichts getan, was dich wirklich infizieren könnte, oder?“, fragte Serdall leise an Daniels Ohr, ohne von ihm abzulassen oder seine Hände von Daniels weicher Haut am Bauch zu nehmen. Es tat weh allein daran zu denken, dass Daniel mit jemand Anderem als ihm so dermaßen vertraut gewesen war. Doch Serdall bekämpfte es. Das war bedeutungslos. So viel stand fest und er würde Daniel verlieren, wenn er dem zu viel beimaß. Betreten sah Daniel zu Boden. Dieses Thema gefiel ihm ganz und gar nicht, aber er wusste, dass sie darüber reden mussten. Nicht nur seinetwegen, sondern auch, damit Serdall geschützt war. Er schüttelte als Antwort den Kopf. „Nein, da war nichts. Außer, dass ich ihn halt ohne Kondom oral…“ Daniel stockte. Er wollte es nicht aussprechen, nicht mehr darüber nachdenken. Serdall würde garantiert auch so verstehen, was er ihm sagen wollte. Die Augen schließend lehnte Serdall seine Stirn an Daniels Schulter. Er war froh, dass Daniel es nicht aussprach. Es war schlimm genug, dass er es überhaupt getan hatte, doch wie Daniel ihm bezeugt hatte, nur auf Grund der Drogenwirkung. „Gut. Trotzdem nur zur Sicherheit der Test“, flüsterte Serdall resignierend, wobei er Daniel fest umarmte. „Gott, tu mir das einfach nie wieder an, ja?“, hauchte Serdall plötzlich verzweifelt. Ihn machte es richtiggehend nervlich fertig zu wissen, was Daniel mit diesem Kai getan hatte und die Eifersucht und die Enttäuschung hielten sich in ihm in einem erschreckend widerlichen Mix aufrecht. „Nie wieder, das schwöre ich dir“, erwiderte Daniel leise und klammerte sich fest an Serdall. Wie könnte er auch? Es machte ihn fertig zu sehen, wie sehr auch Serdall unter seinen Fehlern litt. Niemals wieder könnte er ihm so etwas antun. Ein dezentes Räuspern ließ ihre Köpfe zur Tür fahren, in der Fei Agamie distanziert blickend zu ihnen sah. Seufzend entließ Serdall Daniel aus seiner Umklammerung, schob aber seine Hand in seine, um sich an ihm festzuhalten. „Ich wollte euch nicht stören, Serdall“, murmelte Fei plötzlich und seine Augen richteten sich dabei auf Daniel, der geschockt zu ihm sah. „Es ist nur so, ich würde gern mit Herrn Erhard einige Worte wechseln, unter vier Augen. „Nein“, deklarierte Serdall fest. Er würde seinen Freund nicht alleine mit Fei reden lassen. Serdall befürchtete, dass sein Bruder Daniel Dinge erzählte, die er nicht hören sollte. Erleichtert klammerte Daniel sich an Serdalls Hand fest. Er wollte wirklich nicht mit Fei allein reden. Ihre letzte Begegnung war ihm noch zu gut in Erinnerung. Nach dem, was Daniel Serdall angetan hatte, wollte er gar nicht wissen was kommen würde. Bei einer Beleidigung seinerseits hätte Fei ihm damals schon fast die Kehle durchgeschnitten, wenn Serdall nicht dazwischen gegangen wäre. „Ich werde es ihm so oder so erklären, Serdall. Und ich habe auch noch anderweitig ein paar Dinge mit ihm zu klären.“ „Fei, ich will es nicht“, zischte Serdall wütend. „Sag ihm, was du ihm sagen willst, in meinem Beisein.“ Er wollte nicht, dass Fei es Daniel erzählte, ihm von seinem gestrigen Ausbruch berichtete. Was würde sein Freund dann erst denken? Dann würde er vielleicht nur aus Zwang bei ihm bleiben. Das wollte Serdall nicht. „Serdall, ich werde fair bleiben…“ Fei wurde jedoch von Serdall unterbrochen, der wütend schnaubte. „Nicht ohne mich.“ Daniel sah neugierig zwischen den beiden hin und her. Fei wollte ihm etwas sagen, das er von Serdall nicht erfahren würde? Er wollte aber alles wissen, was in seiner Abwesenheit vorgefallen war. „Serdall, vielleicht wäre es wirklich besser, wenn dein Bruder und ich allein reden“, meinte Daniel vorsichtig. „Dann kann er mich richtig zusammenfalten und du kannst dir sicher sein, dass ich danach nicht mehr in Versuchung komme.“ Er lächelte etwas schief. Serdall sah mürrisch zurück. Er wusste, dass Daniels Neugier nach dieser kurzen Unterredung definitiv geweckt sein musste. „Es ist nicht besser“, behauptete er stur und sah zu seinem großen Bruder, der ernst zu ihm blickte. Widerwillig löste Serdall seine Hand von Daniel und ging auf Fei zu. „Wag es dir, ihn auch nur anzufassen“, zischte Serdall ihm leise und für Daniel unhörbar zu, ehe er aus dem Raum und ins Wohnzimmer ging. Rastlos blickte er sich einige Sekunden um, bevor sein Blick auf seine Geige fiel. Entschlossen ging er auf sie zu. Wenigstens sie wollte er jetzt wie in alten Tagen spielen. „Es wäre vielleicht angebracht, wenn wir uns setzen“, meinte Fei und ließ sich nicht anmerken, dass ihm Serdalls momentane Art sehr besorgte. Sich an den Tisch setzend wartet Fei darauf, dass sich Daniel ihm gegenüber setzte. Etwas zögerlich nahm Daniel an der anderen Seite Platz. Jetzt hatte er den Mund soweit aufgerissen, aber mit Fei allein in einem Raum zu sein bereitete ihm dann doch Unbehagen. Er wollte nicht der Erste sein, der irgendwas sagte auf die Gefahr hin, dass es vielleicht genau das Falsche war. Deswegen betrachtete Daniel lieber interessiert seine Finger, die sich etwas nervös ineinander schlangen. Fei musterte den Schwarzhaarigen eingehend. „Du weißt, was ich von dir halte“, eröffnete Fei nach einem Moment. „Auch wenn meine Abneigung gegen dich immer noch besteht, Daniel Erhard, werde ich keinerlei Anstalten mehr machen, Serdall zu verheiraten, noch dich zu töten“, erklärte er und lehnte sich steif zurück. Es war ein ungenießbares Los, sich schwere Fehler einzugestehen und über den eigenen Schatten zu springen. Serdall war ihm jedoch wichtiger. „Und ich denke, dass ich mich auch bei dir entschuldigen muss, wie ich es auch schon bei Serdall getan habe.“ „Entschuldigen?“, fragte Daniel etwas perplex. Er hätte jetzt eher damit gerechnet, dass Fei eine Entschuldigung von ihm haben wollte, weil er seinen Bruder so sehr in den letzten Tagen verletzt hatte. Fei nickte bestätigend. „Jedoch gibt es noch einige Dinge die ernsthaft beredet werden müssen.“ Er stockte kurz, als leise Geigenklänge aus dem Wohnzimmer drangen. Ein minimales Lächeln kräuselte sich um seine Lippen, ehe es wieder verschwand. Er war froh darüber, dass es Serdall scheinbar wieder zu seinem Instrument zog. „Willst du wissen, warum ich meine Meinung geändert habe?“, fragte er Daniel und sah ihm in die blauen Augen. Daniel wurde etwas unsicher. Wenn er so direkt gefragt wurde, hieß das bestimmt nichts Gutes. Er verfluchte sich für seine Neugierde, die es ihm nicht erlaubte die Frage zu verneinen. „Ja, ich möchte es wissen“, antwortete Daniel resigniert. „Gut.“ Der Oyabun verschränkte die Hände auf dem Tisch und lehnte sich leicht vor. „Ich habe dich beschatten lassen, schon bevor Serdall dich am Mittwoch aufgesucht und in dieses Hotel gebracht hatte“, eröffnete Fei nun wahrheitsgemäß. „Mein Detektiv hielt mich über alles informiert. So erfuhr ich auch schnell von Kai Hahn und auch von seinem Verdienst als Dealer.“ Kalt lachte Fei auf. „Ich dachte ich hätte genau das, was ich gesucht hatte. Ein Beweis, der dich in Serdalls Augen wertlos machen würde. Schließlich hast du ihn dermaßen hintergangen, während er hier stumm vor sich hin litt“, führte Fei kalt aus und ließ wieder seine Abneigung gegen Daniel durchscheinen. „Es war auch ein Leichtes, eindeutige Bilder als anschauliches Material für Serdall zu besorgen. Ich rechnete fest damit, dass Serdalls vermeintliche Liebe sich augenblicklich in Hass umwandeln und er einer Hochzeit ungezwungen entgegentreten würde. Nur…“, er atmete tief durch und strich sich, für ihn untypisch, fahrig durch die Haare. „Er ist unberechenbar und das musste ich mir auch eingestehen, als ich seine Reaktion auf diese Bilder miterlebt habe und diese rein gar nicht meinen Kalkulationen entsprach…“ Alles zog sich plötzlich in Daniel zusammen und er hatte ein unsagbar ungutes Gefühl im Bauch. Er wusste wie unberechenbar Serdall war. Oft genug hatte er es schon selbst miterleben müssen. Entweder man erwartete vollkommen andere Reaktionen von ihm oder Serdall reagierte überhaupt nicht, beziehungsweise er reagierte über. „Ich glaube ich möchte lieber doch nicht wissen, warum Sie ihre Meinung geändert haben“, sagte Daniel schnell. Seine Nackenhaare hatten sich aufgestellt und sein Herz schlug mit unglaublicher Geschwindigkeit in seiner Brust. Nein, lieber lebte er in Unwissenheit als mit irgendwas konfrontiert zu werden, mit dem er nicht umzugehen wusste. „Du musst es aber wissen“, beharrte Fei kalt und senkte leicht den Kopf, was seine Augen bedrohlicher wirken ließ. „Sonst wirst du nie verstehen, warum du überhaupt wieder hier bist“, erklärte er. Er schüttelte leicht den Kopf. Er wusste, dass Daniel es wissen wollte, das stand ihm im Gesicht geschrieben, auch wenn dort auch seine Angst um Serdall zu lesen war. „Er wollte sich erschießen“, sagte Fei und bekam allein bei diesen Worten eine Gänsehaut. „Es war mein Fehler, dass ich nicht bedacht habe, dass Serdall überall im Haus seine Waffen versteckt hält, nur hätte ich es einfach nicht erwartet, dass er so weit gehen würde, wegen dir.“ Daniel fühlte sich, als wenn ihm das Herz stehen bleiben würde. Ein heißer Schwall schoss durch seinen Körper und schien ihn von innen heraus zu verbrennen. Ein Teil von ihm hatte es befürchtet. Serdall war ein extrem emotionaler Mensch, der in manchen Dingen einfach zu Kurzschlusshandlungen neigte. Aber dass er sich wegen ihm… Daniel wurde schlecht. Wie hätte er diese Schuldgefühle überstehen sollen? „Oh mein Gott“, flüsterte er zittrig und fiel ein Stück in sich zusammen. Fei sah Daniel den Schock an und er musste dahingehend leicht nicken. Serdall war viel zu unberechenbar für seinen Geschmack, doch er würde sich nicht mehr darum bemühen, ihn zu leiten und ihn auf den, in seinen Augen richtigen Weg zu führen. „Serdall wollte nicht, dass du davon weißt, aber ich denke, dass du wissen solltest, was du in deinen Händen hältst und welche Verantwortung dir obliegt. Ich habe eingesehen, dass ich Serdall nicht wirklich zu etwas zwingen kann und werde es auch nicht mehr tun. Deswegen möchte ich dir lieber ans Herz legen, auf Serdall aufzupassen. Mehr noch, dir wirklich sicher zu sein, dass du ihn nie wieder gehen lassen wirst.“ Der Oyabun seufzte schwer. Es fiel ihm nicht wirklich leicht, Daniel das zu sagen, doch er wollte nur das Beste für seinen Bruder und dies schien nun mal Daniel zu sein. „Ich habe nicht vor, ihn noch mal gehen zu lassen“, erwiderte Daniel ernst. „Nie wieder. Ich weiß, dass ich viele Fehler gemacht habe und ich habe aus ihnen gelernt und werde sie nicht noch einmal machen.“ Ernst sah er Fei in die Augen. Er konnte sehen, dass er sich wirklich nur Sorgen um seinen Bruder machte. Auch die Trennung von ihm und Serdall war nicht böse gemeint gewesen, sondern tatsächlich nur mit bestem Gewissen ausgeführt. Leider schienen Fei und Serdall sich auf die weite Entfernung den jeweiligen Charaktereigenschaften und Vorlieben des Anderen nicht mehr wirklich im Klaren zu sein. Von Daniels plötzlich entschlossenem Gesicht beruhigt, streckte Fei die Hand aus. „Nun, ich denke auch wir sollten einen gewissen Waffenstillstand schließen. Auch wenn es mir nicht gefällt, bist du quasi mein Schwager.“ In Fei setzte sich langsam der Wille durch, für allen Schaden, den er angerichtet hatte, wenigstens einen Teil wieder gut zu machen. Zögernd ergriff Daniel die dargebotene Hand, so als ob er Angst hätte, dass Fei ihn im nächsten Moment zu sich ziehen und ihm doch noch einen deftigen Schlag verpassen würde. Als allerdings nichts geschah, atmete er die angehaltene Luft langsam wieder aus. Scheinbar war das hier tatsächlich eine Art Versöhnung. „Naja, wirklich nur quasi Schwager“, meinte er schief lächelnd und setzte sich wieder normal hin. Die letzten Minuten hatte er ziemlich angespannt auf seinem Stuhl gehockt. „Ich meine, zum Schwager werden müsste ich Serdall heiraten. Erst einmal wäre die Frage, ob er überhaupt dazu bereit wäre und zweitens ist es nach dem ganzen Scheiß in nächster Zeit ohnehin utopisch.“ Fei lächelte schief, was in seinem sonst ernsten Gesicht recht deplatziert wirkte. „Du weißt wie unberechenbar er ist“, scherzte er leicht, ehe ihm das Lächeln wieder aus dem Gesicht schwand. „Und falls er es wirklich tun sollte, werde ich mich dem nicht entgegenstellen. Jedoch werde ich ihm zu einer Haushälterin raten müssen. Bei den ganzen Männern hier im Haus mache ich mir doch Sorgen um Takis Erziehung“, gab er Daniel gegenüber zu. „Ich wäre dir dankbar, wenn du Serdall dies vielleicht nahe legen könntest.“ Fei wusste eigentlich auch schon jemanden, der diese Arbeit vielleicht gerne übernehmen würde. „Ich schicke sie, wenn ich zurück in Japan bin und mit ihr geredet habe“, überging er jegliches Urteil von Daniel, ob Zustimmung oder Ablehnung. Eine Haushälterin war wirklich die Idee und beruhigte ihn auch ungemein. Daniel sagte nichts dazu. Wenn Feis Wahl der Haushälterin schlecht wäre, würden sie sie eben wieder entlassen. Außerdem stellte Serdall sich vielleicht von vorneherein quer, dass jemand Fremdes sich um Takis Erziehung kümmerte und das Problem würde sich von selbst erledigen, ehe es erst aufgekommen war. „Nun, wenn Sie meinen“, erwiderte Daniel schulterzuckend. „Zwar denke ich nicht, dass Taki irgendwie falsch erzogen wurde oder sich schlecht benimmt, aber ehrlich gesagt habe ich gerade nicht wirklich das Verlangen, mich gegen Sie zu stellen.“ Fei zog dezent eine Augenbraue nach oben, ob Daniels Meinungsäußerung. „Ich denke doch, dass wir jetzt alles geklärt haben“, sagte er und ließ so Daniels Worte unkommentiert. „Leider habe ich, obwohl ich hier in Deutschland bin, wenig Zeit.“ Kurz nur nickte Fei Daniel noch zu, ehe er die Küche verließ und in sein Gästezimmer ging. Etwas irritiert war Daniel doch von diesem plötzlichen Abgang. Allerdings überwog gerade echt die Erleichterung, dass das Gespräch so glimpflich verlaufen war. Mit Serdall würde er aber noch einiges zu bereden haben. Sein Blick wanderte durch die Küche und blieb auf dem kochenden Topf hängen. „Oh nein“, seufzte er resigniert und stand auf. Das Nudelwasser war fast vollkommen verkocht und die Nudeln ein nicht zu identifizierender, wabbeliger, klumpenartiger Brei. „Na lecker“, meinte er Naserümpfend und beförderte den gesamten Inhalt in den Müll. Anschließend begab er sich zu Serdall, der mittlerweile seine Geige beiseite gelegt hatte, ins Wohnzimmer. „Essen fällt wohl flach“, sagte er gleich beim Betreten des Raumes. Verwirrt sah Serdall kurz zu Daniel. Jedoch ging er bevor er antwortete zur Terrassentür und ließ Kimba und Mücke wieder herein, die er vor seinem Geigenspiel ausgesperrt hatte. „Dann bestellen wir etwas“, murmelte Serdall zu Daniel und sah vergnügt dabei zu, wie Kimba und Mücke Daniel entdeckten und freudig bellend auf ihn zuliefen. Serdall war gerade ziemlich ruhig. Langsam kehrte sich alles zum Guten, selbst die Geigenklänge flossen wieder wie ein stetiger Strom und Serdalls Leidenschaft brannte wieder für sein Instrument. Er musste leise lachen, als Kimba, die Golden Retriever Hündin, an Daniel hochsprang, sich auf die Hinterbeine stellte und versuchte, Daniel abzulecken. Sie schaffte es ihre Vorderpfoten auf seine Brust abzulegen und ihre Zunge einmal quer durch Daniels Gesicht gleiten zu lassen. Daniel wischte sich etwas angeekelt seine Wangen wieder trocken, kniete sich dann allerdings auf den Boden und tollte kurz zur Begrüßung mit den beiden Hündinnen herum. Anschließend knuddelte er vor allem Kimba einmal kräftig durch. Lautes, freudiges Bellen begleitete all seine Aktionen und Daniel wurde erst jetzt klar, wie sehr er die Zwei eigentlich vermisst hatte. Nach einiger Zeit stand er auf und ging zu Serdall herüber, der zwar lächelnd zu ihm sah, sich allerdings bestimmt etwas vernachlässigt vorkam. „Wo bestellen wir denn was?“, fragte er und setzte sich zu Serdall auf die Couch. „Keine Nudeln bitte. Nach dem Anblick eben ist mir der Appetit vergangen.“ Lachend legte Serdall einen Arm um ihn. „Dann etwas vom Italiener. Wir können uns ja eine Hawaii-Pizza teilen“, flüsterte Serdall und küsste Daniel auf sein Ohr. „Alles klar? Fei hat dich nicht irgendwie unnötig beleidigt?“, fragte er besorgt und drehte sich leicht zu Daniel. Er wusste nicht, ob Fei erzählt hatte was vorgefallen war, doch es machte ihm Angst, dass Daniel jetzt womöglich wusste, wie heftig er mittlerweile an ihm hing und wie schlimm für ihn allein diese Sache wegen Kai hätte enden können. Und tatsächlich wurde Daniel auf einmal todernst. „Serdall“, begann er zögernd. „Dank deiner Reaktion vorhin ist mir klar, dass du eigentlich nicht darüber reden willst, aber bitte versprich mir so eine Dummheit wie letztens nie wieder zu machen, okay?“ Besorgt strich Daniel ihm eine Strähne aus der Stirn und sah ihm fest in die Augen. „Dir ist klar, dass ich nicht damit leben könnte, wenn du, vielleicht auch noch wegen mir, nicht mehr da bist?“ Serdall wandte beschämt den Blick ab. Fei hatte es Daniel doch erzählt. „Wir müssen wohl beide vorsichtiger sein“, erwiderte er nur leise und beugte sich dann vor, um seine Stirn in Daniels Halsbeuge zu vergraben. „Fei hätte dir das nicht erzählen sollen“, murmelte er, während seine Arme sich um Daniels Oberkörper schlangen. „Er hatte kein Recht dazu“, flüsterte Serdall und seine Finger gruben sich in Daniels Pullover. „Ich bin froh, dass er es mir erzählt hat“, meinte Daniel. Er fuhr mit seinen Händen unter Serdalls Shirt und dort leicht die warme Haut hoch und hinunter. „So weiß ich, dass ich wirklich gut auf dich und auch auf mich aufpassen muss.“ Daniel atmete tief Serdalls beruhigenden Geruch ein und schloss die Augen. Vor ein paar Tagen hätte er nie daran geglaubt, dass sie je wieder so hier sitzen würden und jetzt war Serdall ihm so nah und alles schien langsam aber sicher wieder zur ursprünglichen Normalität zurückzukehren. Auch wenn es noch lange dauern würde, bis alles wieder so war wie früher. Warum nur hatte Serdall Angst, dass Daniel dieses Wissen gegen ihn einsetzen könnte? Er wusste es nicht genau. Vielleicht lag es daran, dass sein Vertrauen auf ein Mindestmaß gesunken war oder einfach nur daran, dass dieses Thema so schrecklich ernst für ihn war. Ernste Realität. Wenn Daniel ihn erneut betrügen würde… Serdall begann leicht zu zittern und krallte sich fester in Daniels Pulli. „Und du bist dir sicher, dass du das willst und auch kannst?“, fragte er unsicher, hob dabei jedoch nicht Gesicht an, um Daniel in die Augen zu sehen. Ihm wurde gerade wieder alles zu viel. Was, wenn Daniel jetzt nein sagte? Oder es insgeheim dachte? Serdall schüttelte innerlich den Kopf. Er kannte Daniel doch, zumindest glaubte er es. Er hätte nie gedacht, dass Daniel je Drogen nehmen würde, nur weil er die Realität nicht aushielt. Für ihn war Daniel immer auf gewisse Weise stark gewesen, wenn es um ihre Beziehung ging. „Serdall, ich bin mir so sicher, wie ich es noch nie bei einer Sache gewesen bin. Ich konnte bei der durch Fei herbeigeführten Trennung einfach nicht mehr. Ich habe schon so viel für diese Beziehung gekämpft und es kam mir so dermaßen aussichtslos vor. Aber du, Dustin, dein Bruder, ihr alle habt mir wieder die Augen geöffnet, sodass ich weiß, wofür ich eigentlich gekämpft habe und ich weiß, dass es sich lohnt dafür zu kämpfen. Ich bereue es, dass ich es dieses Mal nicht getan habe, aber ich schwöre dir, dass ich es das nächste Mal wieder tun werde, wobei ich hoffe, dass es kein nächstes Mal geben wird.“ Daniel holte erst einmal tief Luft nach diesem langen Kettensatz und sah Serdall dann mit leicht schief gelegtem Kopf an. Mehr als ihm zu versichern, dass er nie wieder so einen Fehler begehen würde, konnte er nicht tun. „Ich auch“, erwiderte Serdall und ließ dann von Daniel ab. Er brauchte kurz Abstand zu ihm, denn sein Herz klopfte so heftig in seiner Brust, dass er dachte, dass es gleich seine Rippen durchschlug. Es würde alles wieder gut werden… Ihn machte diese Erkenntnis so schrecklich glücklich, dass er es kaum aushielt. Eigentlich wollte Serdall aufstehen und das Telefon holen, doch er überlegte es sich anders, als er kurz in Daniels himmelblaue Augen sah. Im nächsten Moment setzt er sich auf Daniels Beine, umfing sein Gesicht mit beiden Händen, presste seine Lippen stürmisch auf Daniels und ließ sogleich seine Zunge sanft zwischen sie gleiten. Liebevoll erkundete er Daniels Mund, ehe er sich ein kleines Gefecht mit Daniel lieferte, das sein Herz kurzzeitig aus dem Rhythmus brachte und holpernd weiterpumpen ließ. Entspannt seufzend lehnte Daniel sich ganz in die Polster zurück und zog Serdall mit sich. Es tat so gut ihn wieder zu fühlen, ihm endlich wieder so nahe zu sein ohne befürchten zu müssen, dass jemand sie trennen wollte. Von außen gab es jetzt niemanden mehr, der ihnen Steine in den Weg legte. Sie konnten sich jetzt nur noch selbst alles kaputt machen. Serdall traute Daniel das nie im Leben zu und er selbst würde denselben Fehler nicht noch einmal machen. Serdalls Hände wanderten nachdrücklich von Daniels Wangen, die Brust hinab, zum Saum des Pullis, um sich wieder darunter zu stehlen und die warme Haut zu fühlen. Er wollte Daniel einfach nur fühlen, auch wenn der Sex noch vorbehalten sein musste. In den Kuss seufzend, richtete sich Serdall leicht auf, als er vor leiser Lust seinen Rücken durchdrückte und so Daniel nun den Kopf in den Nacken lehnen musste, um ihr Zungengefecht aufrecht zu erhalten. Ein Schauer nach dem anderen rannte elektrisierend durch Serdalls Körper und weckte so viele Erinnerung an ihre gemeinsam verbrachten Stunden, in denen Daniel und er sich nie etwas geschenkt, sondern hemmungslos geliebt hatten. Auch an dem Mittwoch, wo Serdall sogar den letzten Schritt gegangen war, Daniel vollständig zu vertrauen und auch ohne Kondom mit ihm zu schlafen. Er keuchte unterdrückt, als ihm die Enttäuschung wieder die Freude nehmen wollte, doch Daniels Finger krochen genau im richtigen Moment an seinem Rücken entlang und vertrieben diese Gedanken vollends. In Daniel manifestierte sich wieder mit aller Macht der Wunsch, mit Serdall zu schlafen. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass er aus eigenem Verschulden darauf noch warten musste. Trotzdem wollte er es nicht bei diesem Kuss belassen. Bis Montag konnte er auf keinen Fall nur mit küssen durchhalten. Vorsichtig und bemüht dezent ließ Daniel seine Hand nach unten wandern, bis er Serdalls Schritt erreicht hatte. Nachdrücklich fuhr er mit den Fingern einige Male die Konturen von Serdalls Glied entlang. Serdall stöhnte unerwartet laut in ihren Kuss hinein, ehe er nach Daniels Hand fasste und sie nachdrücklich fortzog. Seine Beherrschung würde schlagartig bröckeln, sobald Daniel nur dazu kam ihn vollkommen zu erregen und das würde wirklich nicht schwer sein, nach seiner langen Abstinenz. Dafür sorgend, dass Daniels Hände fest in seinen lagen, küsste Serdall ihn intensiv weiter, rückte jedoch näher an ihn heran, um mehr von dieser verlockenden Wärme zu spüren. „Nicht… miteinander schlafen“, keuchte Daniel zwischendurch. „Nur… verwöhnen.“ Er versuchte seine Handgelenke wieder freizubekommen, doch momentan dachte Serdall scheinbar noch nicht daran, ihm seine volle Bewegungsfreiheit wieder zurückzugeben. „Da führt nur eins zum anderen“, keuchte Serdall leise und dachte nicht daran, Daniels Hände freizugeben. „Und hier ist ein schlechter Ort“, flüsterte er noch atemlos, ehe er Daniel wieder verzehrend küsste. Oh Himmel, er würde nachgeben, wenn Daniel ihn jetzt reizen würde, aber er konnte einfach nicht von seinem Mund ablassen. Das war nicht gut… Daniel versuchte währenddessen alles, um noch an sein Ziel zu kommen. Seine Hände waren zwar bewegungsunfähig, aber seine Beine nicht. Allerdings saß Serdall so ungünstig auf seinem Schoß, dass er zwar jemandem im Vorbeigehen treten, Serdall allerdings so nicht berühren konnte. Resigniert hielt er irgendwann still und konzentrierte sich wieder auf den Kuss, auch wenn alles in ihm nach mehr schrie. „Wir müssen aufhören“, hauchte Serdall im nächsten Moment atemlos und versuchte sich zwanghaft von Daniels Lippen zu lösen. Wenn sie so weiter machten, würde er alles vergeben und vergessen und das war nicht das, was er schon heute wollte. Auch wenn es sehr schön klang, die Gedanken danach würden trotzdem wieder Amok laufen. Serdall atmete konzentriert ein und aus und versuchte nicht auf sein schon leicht steifes Glied zu achten, als er Daniel losließ und von ihm heruntersteigen wollte. Allerdings schaltete Daniel schnell und stieß ihm gegen die Brust, sodass Serdall, der gerade wieder auf eigenen Beinen stand, prompt wieder auf die Couch fiel. Süffisant grinsend kletterte Daniel über ihn und ließ dabei gleich seine Hand auf Serdalls Schritt wandern und dort massieren. „Nun, vielleicht müssten wir aufhören“, hauchte er heiser. „Aber zumindest ich kann schon lange nicht mehr.“ Ein heftiges Kribbeln breitete sich schlagartig in Serdalls Bauch aus und ließ ihn leise Daniels Namen stöhnen. „Wenn wer kommt…“, zischte er angestrengt und versuchte wieder nach Daniels flinken Fingern zu greifen, die sich mittlerweile an seinem Reißverschluss zu schaffen machten. Wieder stöhnte Serdall auf und fragte sich, wo seine Selbstbeherrschung war, als er nach Daniels Nacken griff, um ihn zu sich zu ziehen und wild seinen Mund zu erobern. Grinsend erwiderte Daniel den Kuss und befreite währenddessen Serdalls Glied aus der Hose. Es beruhigte ihn, dass er noch wusste welche Knöpfe er drücken musste, damit Serdall sich vollkommen gehen ließ. Mit seiner freien Hand schob er das Shirt hoch und fuhr mit der Zunge über die Stelle unter dem linken unteren Rippenbogen, die Serdall immer so schön schreien ließ. Augenrollend warf Serdall den Kopf in den Nacken und biss sich hart auf die Lippe, um nicht zu laut werden. „Du hinterhäl… oh Gott“, zischte Serdall keuchend, als Daniel es schamlos ausnutzte, dass er seine Hand schon an seinem Penis hatte und kräftig über die Eichel rieb. Oh, er würde Daniel den Hintern versohlen für das, was er ihm gerade antat. Wenn jetzt jemand das Wohnzimmer betrat… Keuchend schob Serdall den Gedanken beiseite und versuchte einfach nicht zu laut zu sein. Vollkommen mit sich zufrieden fuhr Daniel fort, Serdalls Oberkörper mit Zunge, Lippen und Zähnen zu bearbeiten und massierte währenddessen gekonnt das schon leicht tropfende Glied. Nun, auch wenn Daniel Serdall kannte und wusste, wie er ihn rumkriegen konnte, hätte er nicht gedacht, dass sein Freund so schnell aufgab. Scheinbar hatte es da jemand ziemlich nötig. Grinsend wanderte Daniel tiefer und hauchte heißen Atem über Serdalls Unterbauch. Das Zuschlagen der Tür ließ Daniel zusammenfahren und sich erschrocken aufrichten. Er sah kurz nach links, doch dort war niemand. Ein Blick über die Lehne der Couch allerdings, sodass Serdall und er noch einigermaßen verdeckt waren, zeigte ihm leider, dass Fei und Kikuchi im Raum standen und ziemlich geschockt zu ihnen starrten. „Ähm, hi?“, ließ Daniel nervös verlauten. Unzufrieden stöhnend klammerte sich Serdall plötzlich an Daniel. Wie konnte er denn jetzt aufhören? Das dezente Räuspern, das plötzlich erscholl, ließ Serdall genervt fluchen. Er hatte es doch geahnt. Kurz nur wandte Serdall seinen roten Kopf nach hinten, um zu sehen, ob er in seiner Vermutung richtig lag. Er drehte ihn jedoch sofort wieder zurück, als er Fei und einen schadenfroh grinsenden Kikuchi sah, die sich nun langsam auf die Couch zubewegten. Fluchend und unterdrückt zischend verstaute Serdalls ein erregtes Glied wieder in seiner Hose. Er brachte kein Wort heraus, als er den Reißverschluss schloss und dann die Hände auf Daniels Hüften legte, um ihn eng auf seine Lenden zu drücken. Er vergrub sein Gesicht an Daniels Brust, als Fei und Kikuchi sich wortlos auf dem anderen Sofa niederließen. „Ich hab‘s dir doch gesagt“, zischte Serdall wütend. Wieso, verdammt nochmal, sagte Fei denn nichts? Serdall scheute sich davor, an Daniel vorbei und zu seinem Bruder zu sehen. Es war ihm so schrecklich peinlich... Daniel hingegen war es spätestens dann nicht mehr peinlich, als er Feis amüsiertes Gesicht sah. Er schien sich einen Spaß daraus zu machen, seinen Bruder in solch einer prekären Lage zu sehen. Daniel täuschte vor, es sich etwas bequemer auf Serdall zu machen und rutschte betont lässig auf dessen Schritt herum. Serdalls Finger krallten sich fester in Daniels Hüften. „Lass den Scheiß“, knurrte er Daniel keuchend zu, doch er machte einfach munter weiter. Das Wissen darum, dass Fei und Kikuchi im Raum waren, ihnen zusahen und Daniel einfach so tat als sei nicht und ihn absichtlich reizte, ließ Serdalls Erregung sich schlagartig verhundertfachen. Abgehackt stöhnend presste Serdall die Stirn fester an Daniels Brust und umklammerte ihn krampfhaft, während er die Zähne in Daniels Pulli vergrub, um seine Laute zu dämpfen. Im nächsten Moment kontaktierten scheinbar alle Muskeln in Serdall, er stöhnte abgehackt und kam in seiner Hose, ehe alle Spannung von ihm wich und er keuchend an Daniel lehnte. „Gott, ich hasse dich“, sagte er atemlos, meinte es jedoch nicht wirklich ernst. Feis und Kikuchis tiefes Lachen ließen Serdall fast im Erdboden versinken und er dachte gar nicht daran, jetzt hinter Daniels Oberkörper vorzulinsen. „Na, genug Showeinlage für heute?“, fragte Daniel ihre beiden Zuschauer feist grinsend. „Dann wäre es nämlich nett, wenn wir kurz allein sein könnten. Ich glaube, Serdall möchte sich etwas… nun… frisch machen. Außerdem scheint ihm das alles doch sehr peinlich zu sein.“ Daniel konnte sich vorstellen, dass es Serdall extrem gegen den Strich ging, dass er von ihm in der dritten Person sprach, aber gerade fand er es unglaublich amüsant, ihn etwas zu piesacken. Fei zeigte nun ein echtes Grinsen. Was der Kleine da mit seinem Bruder tat war ja höchst belustigend. Er hätte nie gedacht, dass Serdall auch in dieser Hinsicht so unbeherrscht sein würde. Zumindest Louise hätte ihn sicherlich nicht so weit bringen können, doch sie war auch nicht so frech gewesen wie Daniel. „Ich denke, um sich frisch zu machen braucht Serdall eine anständige Dusche und einen Kleidungswechsel“, stellte der Oyabun fest und lachte leise, als Serdall übel fluchte und Daniel genervt von seiner Hüfte schob, um mit hochrotem Kopf den Raum schnurstracks zu verlassen, nicht darauf achtend, ob Daniel hinterher kam oder nicht. Ende Kapitel 16 Kapitel 17: ------------ Kapitel 17 Serdalls Weg führte ihn in sein Schlafzimmer, wo er sich ohne Daniel im Bad einschloss. Sofort trat er zum Waschbecken, um sich kaltes Wasser in sein, vor Scham rot leuchtendes Gesicht zu klatschen. Dabei fluchte er weiter unschön. „Serdall?“, kam Daniels Stimme gedämpft von außen durch die Tür. Er hatte sich, gleich nachdem er sich mit einem schiefen Grinsen von Fei und Kikuchi verabschiedet hatte, an Serdalls Fersen gehängt. Gut, vielleicht hatte er etwas übertrieben und es wäre besser gewesen, wenn er Serdall, nachdem sie schon erwischt worden waren, nicht noch vor den Augen anderer zum Höhepunkt gebracht hätte, doch mit ihm waren mal wieder alle Pferde durchgegangen. „Serdall, lass mich bitte rein.“ Serdall ignorierte Daniel jedoch vorerst und zog seine klebende Hose aus und seine Oberbekleidung noch dazu. Nun nackt schloss er wortlos die Tür auf, ehe er unter die Dusche stieg und das Wasser anstellte. Weiterhin schweigend begann er sich einzuseifen. Sein Gesicht glich immer noch einem Feuermelder. Er wollte gar nicht wissen, was Fei und Kikuchi jetzt dachten. Serdall versuchte jegliche Gedanken darüber auszuschalten. Er würde sich sonst nur die schlimmsten Dinge ausmalen. Sicher war, er würde sein Zimmer erst einmal nicht verlassen. Wie sollte er Fei nur wieder in die Augen sehen? Er war sein großer Bruder! Wie hatte Daniel ihm das antun können? Seufzend entledigte sich Daniel ebenfalls seiner Sachen und betrat die Duschkabine. Sanft nahm er Serdall die Seife aus der Hand und wusch ihm den Rücken, bevor er von hinten die Arme um ihn legte und sich leicht auf die Zehenspitzen stellte, um sein Kinn auf die schlanke Schulter legen zu können. „Bist du sauer auf mich?“, fragte er leise. „Ein wenig“, gab Serdall zu und stützte sich an der Kachelwand ab. Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, was Fei jetzt von ihm dachte. Bis gestern hatte Fei Daniel verachtet und jetzt? Wie stand er jetzt zu Daniel? Serdall wusste es nicht. Er hatte sich nicht einmal getraut, Fei ins Gesicht zu schauen. War das Lachen nun höhnisch oder amüsiert gewesen? Er hatte es kaum registriert, weil ihm das Blut so sehr in den Ohren gerauscht hatte, dass jeglicher Laut verzerrt gewesen war. Fei konnte nicht amüsiert gewesen sein, das war sein einziger Gedanke. Serdall hatte Angst, dass Fei wieder von neuem anfing sie zu tyrannisieren, doch… würde er das wirklich? Keuchend lehnte Serdall seinen Kopf in den Nacken und ließ warmes Wasser über sein Gesicht rinnen. Daniel nutzte die Gelegenheit und verteilte Shampoo in Serdalls Haaren, wenn er schon mal dabei war. Schon langsam geübt massierte er die weiche Kopfhaut. „Was ist los mit dir?“, wollte Daniel bedrückt wissen. Der Sinn seiner Aktion war nicht gewesen, dass Serdall sich vor ihm verschloss. Seufzend genoss Serdall Daniels Berührungen. Dabei dachte er darüber nach, wie er es Daniel verständlich darlegen sollte. „Mit mir ist nichts los“, versuchte er zu beginnen, doch schüttelte leicht den Kopf. So konnte er darüber nicht reden. „Lass uns das später besprechen“, meinte er zu Daniel, ehe er sich umdrehte und seinen Freund in die Arme schloss. Daniel küssend nahm er ihm die Seife ab, um auch ihn großzügig einzuseifen, ohne den Unterleib auszusparen. Rache musste sein. Er begann den Penis gekonnt zu reizen, während er seinen Mund zu Daniels Ohrläppchen wandern ließ, um neckisch daran zu saugen und leicht mit den Zähnen die weiche Haut darunter zu liebkosen. Langsam begann sich das Glied in seinen Händen zu versteifen und Daniel sich zittrig an ihn zu klammern. Serdall seufzte resigniert. Allein das leise Stöhnen, das von Daniel kam, jagte ihm hitzige Schauer über den Rücken. Wie sollte er sich da rächen und Daniel einfach stehen lassen? Grummelnd grub er seine Zähne leicht in Daniels Hals. Würde er es halt irgendwann anders heimzahlen. Die Aktion im Wohnzimmer noch im Hinterkopf dauerte es nicht lange, bis Daniel sich in Serdalls Schulter verbiss und stöhnend zum Höhepunkt kam. Oh ja, das hatte er gebraucht. Dankbar küsste er Serdall und lehnte sich dann leicht gegen ihn. Er war angenehm entspannt. Schnell wusch er sich einmal ab, wenn er sowieso schon nass war und unter der Dusche stand und zog Serdall dann mit sich und warf ihm ein Handtuch über. Wortlos umarmte Serdall Daniel, wobei er das Handtuch um sie beide schlang und Daniel dann verzehrend küsste. Er wollte jetzt noch nicht reden. Sie hatten so viel geredet, jetzt wollte er wenigstens ein wenig die Nähe zu Daniel genießen und sich nicht wieder um irgendetwas sorgen. Die noch nasse Haut an Daniels Schlüsselbein küssend ließ Serdall seine Hände auf dessen Rückenmitte gleiten und kleine Kreise ziehen. Daniel legte seufzend den Kopf in den Nacken und genoss Serdalls Nähe und dessen zärtliche Berührungen. Momentan spürte er nur die Vertrautheit zwischen ihnen, keine Distanz. Doch als Serdalls Hände allmählich etwas tiefer wanderten wusste er, dass er wohl selbst eine Grenze ziehen musste. Daniel legte die Arme um Serdalls Nacken und lächelte ihn etwas traurig an. „Dir ist bewusst, dass meine Selbstbeherrschung bei deiner Behandlung auch irgendwann dahin ist, oder?“ Serdall wollte am liebsten auflachen. Er wusste nicht einmal, wo seine im Moment war, wie sollte Daniel sich dann beherrschen? Gesittet ließ er seine Hände wieder nach oben gleiten und seine Stirn gegen Daniels fallen. „Entschuldige“, flüsterte er und hauchte einen Kuss auf seine Nasenspitze, ehe er das Handtuch an einer Seite losließ, um es dann Daniel um die Schultern zu legen und ihn einzuwickeln. „So musst du jetzt bleiben“, murrte Serdall. „Sonst halten wir uns beide nicht im Zaum“, erklärt Serdall, ehe er sich ein kleineres Handtuch nahm, um sich abzutrocknen. „Ach, mich steckst du also in die Zwangsjacke, weil du deine Finger nicht bei dir behalten kannst, ja?“, fragte Daniel keck und stolperte durch das Badezimmer. Verwirrt stellte er fest, dass Serdall das Handtuch hinten irgendwie festgesteckt haben musste. „Wie lustig“, grummelte Daniel nicht im Geringsten amüsiert und starrte Serdall finster an. Leise lachend sah Serdall dabei zu, wie Daniel versuchte das Frotteetuch zu lösen. „Jetzt müsste ich Fei und Kikuchi holen, nicht? Das wäre wenigstens eine kleine Rache für vorhin“, murmelte er belustigt, bevor er sich zum Waschbecken wandte und sich seine Creme griff, um sich einzureiben. „Irgendwie siehst du aus wie ein Marshmallow, so mit dem weißen Tuch“, behauptete Serdall feist, als Daniel hinter ihm stand und ihm im Spiegel entgegen blitzte, während er sich das Gesicht cremte. „Nun, vielleicht sollte ich wirklich zu den beiden gehen“, erwiderte Daniel ziemlich angepisst. Er fand die ganze Aktion nicht im Mindesten lustig und er hasste es, wenn er so in seiner Bewegung eingeschränkt war. „Kikuchi und dein Bruder helfen mir hier bestimmt gern raus. Netter Nebeneffekt wäre, dass ich meinen nackten Körper mal wieder herum präsentieren könnte.“ Genervt strebte Daniel in Richtung Badezimmertür. Fassungslos ging Serdall auf Daniel zu, rupfte das Handtuch auf und schob Daniel aus dem Bad, ehe er die Tür hinter ihm zuknallte und wieder abschloss. Er verstand zwar Spaß, aber dieser Kommentar ging nach dem, was Daniels sich erst geleistet hatte, eindeutig zu weit. Tief durchatmend ging Serdall zurück zum Waschbecken und stützte sich schwer darauf. Beißender Schmerz zog sich durch ihn hindurch und er krampfte sich keuchend zusammen, wobei er leicht in die Hocke gehen musste. Wieso hatte Daniel das nur gesagt? Geschockt und Serdalls Verhalten im ersten Moment nicht verstehend stand Daniel vor der Tür und betrachtete die unregelmäßige Maserung. Irgendwann schaltete es auch in seinem Kopf und er erkannte, dass es sein letzter Kommentar war, der Serdall so zum Ausrasten gebracht hatte. „Oh scheiße“, wimmerte er leise und lehnte sich gegen das kühle Holz. „Serdall!“, rief Daniel leise doch er erhielt keine Antwort. Tief atmete er durch, um sich zu beruhigen. Es war nur ein dummer Kommentar. Im ersten Moment waren sowohl Serdalls als auch er geschockt von dieser Dummheit, aber es würde schon alles wieder ins Lot kommen. „Es tut mir leid, Serdall“, meinte Daniel trotzdem ziemlich verzweifelt und schlug seinen Kopf leicht gegen die Tür. „Das ist mir so rausgerutscht und es hatte nichts mit dem zu tun was…“ Er stockte. Es wäre wohl mehr als falsch jetzt wieder darauf zu sprechen zu kommen. Als Serdall nach ein paar Minuten und einigen weiteren Rufen immer noch nicht reagiert hatte ließ Daniel sich an der Tür hinab gleiten und zog wieder seine Beine an. Ohne Serdalls direkte Nähe fingen seine Gedanken wieder an verrückt zu spielen. Was hatte er sich da nur geleistet? Warum machte er immer alles falsch? Jedes Fettnäpfchen, das er finden konnte, nahm er mit. War es denn nicht schon genug, dass Serdall ihm seinen Ausrutscher verziehen hatte? Warum musste er jetzt noch unbewusste erneut darauf herumreiten. Wimmernd ließ Daniel sich zur Seite fallen und starrte apathisch in Richtung Bett. Hart kniff er die Augen zusammen, als ihm Bilder von Kai und sich in den Kopf schossen. Er hatte Serdall nicht verdient. Er hatte ihn nie verdient gehabt. Tief durchatmend sah Serdall in den Spiegel, musterte seine starre Gestalt. Im nächsten Augenblick schüttelte er vehement den Kopf. Er wollte sich nicht mehr seinem Gedankenwust hingeben. Daniel hatte den kleinen Spaß nicht sehr witzig gefunden. Warum wusste Serdall nicht, doch dieser Kommentar tat weh. Noch konnte er Daniel nicht trauen und er wusste nicht, ob er es jemals wieder könnte. Aber so, wie er sich jetzt vor Daniel verschloss, würde es nie etwas werden. Sich raffend schlang er ein Handtuch um seine Hüften und trat zur Tür, um sie aufzuschließen. Er wäre beinahe über Daniel gefallen, wenn er nicht ein leises Atemgeräusch von ihm registriert und nach unten gesehen hätte. Besorgt kniete er sich zu Daniel und richtete ihn wieder auf, um seine Arme um die lethargische Gestalt zu schlingen. Warum war Daniel denn jetzt so schrecklich mitgenommen? „Daniel!“, rief Serdall leicht panisch, als sich sein Freund nicht regte und ihn nur reglos ansah. Erleichtert seufzte Serdall auf, als Daniel wimmernd die Arme um ihn schlang. Himmel, so hatte er seinen Freund auch noch nie gesehen. Daniels Augen waren noch nie so abwesend gewesen… Angst machte sich in Serdall breit. Waren das Nachwirkungen vom Kokain? „Es tut mir leid“, schluchzte Daniel und vergrub sein nun wieder tränennasses Gesicht in Serdalls nackter Halsbeuge. „Ich wollte das nicht sagen und ich habe nicht registriert, was für eine Bedeutung meine Worte überhaupt hatten. Bitte verlass mich nicht. Ich weiß nicht, wie ich es ohne dich aushalten und das alles überstehen soll. Bitte nicht.“ Verzweifelt klammerte er sich an Serdall, wollte ihn um keinen Preis wieder loslassen. Wenn er ihn jetzt gehen ließ, war er vielleicht für immer weg. „Ist ja gut“, versuchte Serdall ihn zu beruhigen und drückte ihn fest an sich. „Keine Angst, ich verlasse dich nicht“, versicherte er ihm und strich dabei auf dem Rücken mit den Fingerspitzen auf und ab. So verzweifelt kannte Serdall Daniel rein gar nicht. Allein, wie Daniel so hoffungslos die Arme um ihn schlang, ließ ihn schwer schlucken und sich schrecklich schuldig fühlen. Er hätte mit Daniel reden müssen. Serdall wollte sich gar nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn Daniel einfach fortgegangen wäre, vielleicht auch noch zu Kai. Entschlossen zog Serdall Daniel auf die Beine und führte ihn zum Bett, um sich schwach mit ihm unter eine Decke zu legen und sich eng an ihn zu schmiegen, ihm versichernd, dass er da war und so schnell auch nicht gehen würde. Liebevoll begann er Daniel zu küssen und kraulend seine Hände über Daniels Rücken zu schicken. Was wäre gewesen, wenn Fei Daniel nicht beschatten lassen hätte? So hätte Serdall nie von alledem erfahren und der leichte Entzug, den Daniel hier wohl erlitt, wäre viel schlimmer gewesen, falls Daniel überhaupt zu ihm zurückgekommen wäre… Langsam wurde Daniel ruhiger. Jetzt wo Serdall wieder bei ihm war, schien ihm alles nur halb so schlimm zu sein. Die sanften Hände auf seinem Körper ließen ihn entspannen und bleierne Müdigkeit machte sich in ihm breit. „Du bist besser als jedes Beruhigungsmittel“, nuschelte Daniel noch einmal den Satz, den er Serdall schon vor kurzer Zeit einmal gesagt hatte, bevor er in einen leichten Schlaf fiel. Serdall konnte gar nicht glauben, dass Daniel plötzlich schlafend in seinen Armen lag. Was hatte dieses Mistzeug nur mit seinem Freund gemacht? Serdall hoffte, das diese Wirkung bald von Daniels Körper ablassen würde. Er hatte schrecklich Befürchtungen, die er jetzt lieber nicht durchdachte. Stattdessen streichelte er Daniel weiter, nachdem er dessen Kopf auf seiner Schulter gebettet und ihn sicher an sich gezogen hatte. Oh, er würde Kai seine eigene Medizin geben. Wie viel Kokain brauchte es wohl, um einen Menschen zu töten? Serdall würde es herausfinden. Gähnend wachte Daniel eine knappe Stunde später wieder auf. Der Schlaf hatte ihm gut getan und als er sah, dass er noch immer in Serdalls Armen lag, waren auch seine schlechten Gedanken fast sofort verflogen. „Hey“, murmelte er und musste noch einmal kurz gähnen. „Na Prinzesschen, ausgeschlafen?“, fragte Serdall lächelnd und küsste Daniels mürrisch verzogenen Mund, ehe er sich vorsichtig von ihm löste und aufstand. Er ließ seine Schulter leicht kreisen, weil sein Oberarm flüchtig kribbelte, da Daniels Kopf darauf geruht hatte. Zielstrebig ging er zum Kleiderschrank und suchte sich frische Sachen heraus. „Taki kommt gleich von der Schule. Das wird eine Überraschung“, meinte Serdall mit glücklicher Miene. Angezogen ging er zurück zu Daniel, der immer noch ziemlich schlapp auf dem Bett lag und ihm zusah. Er setzte sich zurück zu ihm und beugte sich über Daniel, um ihm tief in die Augen zu sehnen. „Geht es dir gut, Dan?“, fragte er besorgt und strich liebevoll über seine Stirn. „Ja“, erwiderte Daniel etwas schwach. „Nur bin ich irgendwie trotz des Schlafes noch ziemlich müde. Auch wenn ich mich zumindest geistig ausgeruhter fühle.“ Schulterzuckend stand Daniel auf, streckte sich intensiv und tigerte dann ebenfalls zum Kleiderschrank. Er war noch immer vollständig unbekleidet und so suchte er sich eine komplette Montur Klamotten heraus, in die er schnell schlüpfte und sich dann von Serdall umarmen ließ. „Ich freue mich auf Taki“, meinte er ehrlich. „Ich habe den Kleinen echt vermisst, genau wie alle anderen Bewohner in diesem Haus. Wenn ich den Kleinen so ansehe, mache ich mir doch ab und an Gedanken darüber, irgendwann vielleicht mal ein Kind zu adoptieren.“ Perplex sah Serdall zu Daniel. Ein Kind adoptieren? Serdall verzog das Gesicht. Der Gedanke gefiel ihm irgendwie gar nicht. Taki war sein Kind, ja. Aber irgendein fremdes bei sich aufnehmen… Serdall schüttelte leicht den Kopf. Zum Glück machte sich Daniel nur Gedanken darüber und wollte nicht gleich zur Tat schreiten. „Lass uns erst einmal die nächste Zeit etwas ruhig angehen“, murmelte er leise und schlang einen Arm um Daniels Hüfte, als sie das Schlafzimmer verließen und nach unten gingen. Überrascht registrierte Serdall den leckeren Duft schon im Flur und staunte nicht schlecht, als sie in der Küche angelangten und japanisches Essen auf sie wartete. Fei und Kikuchi, sowie Dustin und Taki waren gerade dabei anzufangen, als sie von ihnen unterbrochen wurden. Takis Augen weiteten sich auf Tellergröße, als er Daniel erblickte und sogleich sprang der kleine Wirbelwind von seinem Stuhl auf und rannte jauchzend zu Daniel. „Dan!“ rief er glücklich und ließ sich von Daniel auf die Arme heben. Sofort drückte er Daniel fest und begann laut zu weinen. Daniel keuchte leicht bei Takis Gewicht. Ehrlich, entweder er war noch nicht richtig wach nach dem Schlafen oder der Kleine hatte in der letzten Zeit etwas zugelegt. „Hey, Krabbe“, erwiderte Daniel leicht heiser. Oh man, Takis scheinbar unendlich große Wiedersehensfreude machte ihn selbst ganz sentimental und er spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Daniel unterdrückte sie kraftvoll, damit Taki nicht den Eindruck bekam, dass vielleicht etwas Schlimmes passiert war und Daniel deswegen so glücklich war, wieder hier zu sein, dass er weinen musste. Er wäre gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt, dachte Daniel sich, aber Taki musste wirklich nicht alles erfahren. „Wie geht es dir“, fragte Daniel ihn stattdessen. „Läuft in der Schule alles gut? Jetzt, wo ihr Noten bekommt, hast du dich hoffentlich bei den Hausaufgaben und im Unterricht noch mal doppelt so sehr angestrengt.“ Taki wischte sich mit den Fäusten die Tränen aus den Augen und lächelte dann augenblicklich. „Alles bestens, jetzt wo du wieder da bist“, deklarierte er und strich Daniel mit der kleinen Hand nachdrücklich durch die Haare, verwüstete sie so leicht. „Und in der Schule ist alles wie immer“, meinte er und Serdall lachte leise. „Ja, immer noch betteln die Lehrer dich in die vierte Klasse zu schicken.“ Taki zog eine Schnute und verschränkte die Arme. „Ich bleib bei meinen Freunden“, meinte er nickend und sah Daniel wieder glücklich in die Augen. „Und du bleibst jetzt auch hier, ja?“ Daniel warf einen schnellen Seitenblick auf Serdall, doch der lächelte sie immer noch an. „Ja, ich bleibe. Und wenn ich das nächste Mal etwas länger weg muss, dann bist du der Erste, dem ich bescheid sage. Aber jetzt lass uns erst einmal essen, sonst wird alles kalt. Außerdem muss ich sagen, dass, obwohl ich mit einem Halbjapaner zusammen bin, japanisches Essen bislang noch nie auf meinem Speiseplan gestanden hat und ich echt gespannt bin, wie es schmeckt dieses“ Daniel warf einen Blick in eine Schale voll Suppe und verzog leidlich die Nase, „Algenzeugs.“ Serdall sah zu Fei, der sie musterte. Schlagartig wurde er rot um die Nase. Wie hatte Daniel das vorhin nur tun können? Er wollte es gar nicht näher ergründen, sondern setzte sich endlich mit Daniel zu den anderen. Gekonnt nahm er die Stäbchen auf und sah noch einmal zu Fei, der leicht grinste. „Du hast bestellt?“, fragte Serdall ihn und Fei nickte. „Das Mindeste was ich tun kann, wenn du so beschäftigst bist“, summte Fei süffisant und Serdalls Gesicht wurde noch eine Spur röter. Schnell senkte er den Kopf und begann zu essen. Daniel verschluckte sich an seinem Kakao, den wahrscheinlich Dustin ihm hingestellt hatte, und hustete krampfhaft, während er möglichst versteckt lachte. Es war so genial zu sehen, wie Serdall so extrem peinlich berührt in seinem Stuhl hing. Murrend trat Serdall unter dem Tisch leicht nach Daniel. Es war schon so beschämend genug, jetzt musste er ihn nicht noch auslachen. Und nun schien auch noch Dustins Aufmerksamkeit geweckt zu sein, da er interessiert in die Runde sah. Wenigstens schien Fei wegen der Aktion im Wohnzimmer keinerlei Groll gegen sie zu hegen. Das war Serdall viel Wert, dennoch war es ihm sehr unangenehm, dass sein großer Bruder ihn so gesehen hatte. Betont unschuldig stellte Daniel seine Tasse ab und griff nach den Stäbchen. Skeptisch betrachtete er die runden Dinger. „Ehrlich mal, damit kann ich vielleicht jemanden abstechen oder mir mit in der Nase bohren, aber wie soll ich denn damit essen?“ Seufzend sah Serdall zu Daniel, der verunglückt die Essstäbchen hielt. „Ich zeig es dir“, murmelte er leise und nahm sich Daniels Hand, um die Stäbchen so zu platzieren, dass Daniel damit wirklich essen konnte. „Das Untere wird nicht bewegt, nur das Obere“, erklärte er und bewegte es auf und ab, um es Daniel zu demonstrieren, ehe er sich seine eigenen Stäbchen griff, ein kleines Sushi nahm und es Daniel vor den Mund hielt. „Siehst du?“, meinte er lächelnd. Daniel nahm ihm vorsichtig mit den Lippen das Sushi ab und ließ es mit Hilfe seiner Zunge in den Mund wandern. Prüfend kaute er und nickte dann. „Ja, schmeckt nicht schlecht“, meinte er anerkennend und versuchte selbst, eines der kleinen Teile zwischen die beiden Holzstäbchen zu bekommen. Nachdem ihm das Sushi aber dreimal abgestürzt und zum Schluss auch noch in der Mitte durchgebrochen war, seufzte Daniel genervt auf und stach einfach mit einem Stäbchen in das fest umwickelte Reis-Fisch-Bällchen und aß so. Genervt rollte Serdall mit den Augen. Bei Daniel war manchmal alle Liebesmüh umsonst. Selbst Taki bekam es angemessen hin, was Serdall auch sehr stolz auf ihn werden ließ. Wie nebenbei fütterte Serdall Daniel, damit seine Stäbchen Attacken nicht all zu sehr in Feis Visier gerieten. Schließlich war Anstand beim Essen das A und O. Serdall wusste, dass Fei es irgendwie auch geschätzt haben wollte und nicht, dass Daniel wie ein kleiner Babar auf Feldzug auf das Sushi einstach. Daniel schnaubte etwas überfordert, als Serdall ihm so schnell Sushi in den Mund stopfte, dass er fast gar nicht mehr richtig kauen konnte. Wo war er nur schon wieder mit seinen Gedanken? „Hey!“, grummelte Daniel und führte Serdalls Hand zu seinem eigenen Mund. „Steck da auch mal was rein und lass mir Zeit, damit ich nicht ersticke. Ich glaube ich hole mir eine Gabel.“ Resigniert ging Daniel zur Schublade und kam mit normalem Besteck wieder. „Guck nicht so“, meinte er zu Serdall, der die Augenbrauen etwas hochgezogen hatte. „Du bist mit dem Zeug aufgewachsen und ich habe die Dinger zum ersten Mal in der Hand. Und da du mit meiner Art zu essen nicht einverstanden bist und ich nicht den Tod durch rohen Fisch in meiner Luftröhre finden will, esse ich halt so. Ganz europäisch.“ Fassungslos schlug sich Serdall die Hand vor das Gesicht. „Manchmal bist du einfach nur hoffnungslos“, murrte er und schenkte Dustin einen genervten Blick, als der gutgelaunt lachte. „Endlich jemand, der hier aufräumt“, kicherte Dustin und stand ebenfalls auf, um sich eine Gabel zu holen. „Schlimm, dieses Stäbchengestocher“, lachte der Blonde glucksend und zwinkerte Daniel zu. Gerade vergaß er seine Wut auf den Schwarzhaarigen. Das war einfach nur zu komisch. Serdall sah entschuldigend zu Fei, der plötzlich auch schallend lachte und dann weiter aß. „Irgendwie bin ich im falschen Film“, deklarierte Serdall entgeistert und ließ den Kopf hängen. Lächelnd sah Daniel einmal in die Runde. Die entspannte Atmosphäre ließ auch ihn um einiges ruhiger werden und er steckte sich lächelnd noch ein Stück Sushi in den Mund. Sein Blick blieb an Kikuchi hängen, der an der Kopfseite des Tisches saß. Die Nase sah noch immer unschön aus und leuchtete in den unterschiedlichsten Farben. Scheinbar hatte sie noch keinen Arzt gesehen, sonst würde Kikuchi garantiert irgendeine Maske zur Stabilisierung tragen, oder? „Hey“, machte Daniel ihn auf sich aufmerksam. Er hatte keine Ahnung, ob Kikuchi überhaupt Deutsch verstand, aber einen Versuch war es allemal wert. „Tut mir leid wegen dem Schlag auf die Nase, aber ich wusste mir in der Situation nicht anders zu helfen.“ Kalt richtete sich Kikuchis Blick auf Daniel. „Der Schlag hätte nichts mehr brechen können. Herr Agamie hat das schon ganz gut vor dir erledigt. Von daher brauche ich auch keine Entschuldigung“, sagte er emotionslos in seinem gebrochenem Deutsch und ließ kurz seinen Blick auf Serdall ruhen, damit keine Missverständnisse wegen Fei auftraten. Serdall schnaubte und sah einmal finster zu Kikuchi, ehe er den Blick zu Fei wandern ließ, der sich in seinem Festmahl nicht beirren ließ und die heimatliche Kost genoss. Etwas verwirrt sah Daniel zu Serdall. Er hatte gesehen, dass nicht nur Kikuchis Nase sondern auch Feis Gesicht ziemlich lädiert waren, hatte allerdings gedacht, dass die beiden wegen ihrer Geschäfte in irgendeine Schlägerei geraden waren. Was Serdall damit zu tun hatte, war ihm momentan noch ziemlich schleierhaft, aber am Essenstisch und vor Taki wollte er es nun wirklich nicht diskutieren. „Nun, gerade weil die Nase schon etwas abbekommen hat, tut es mir leid“, wandte Daniel sich lieber wieder an Kikuchi. „Ehrlich gesagt habe ich genau deswegen darauf gezielt.“ Kikuchi schien von dieser kleinen Unterredung mit Daniel nicht sehr angetan. „Es ist keiner Entschuldigung wert“, knurrte der Assassine leise. Daniel wollte wieder etwas einwenden, doch Serdall legte kurz seine Hand auf seinen Oberschenkel und schüttelte dann den Kopf, als Daniel zu ihm sah. Kikuchi sah es wohl als Fehltritt, dass Daniel ihn so hatte erwischen können und wollte nicht darüber reden, noch Entschuldigungen diesbezüglich hören. Daniel zuckte mit den Schultern und stibitzte dann schnell das Sushi von Serdalls Stäbchen, ehe er sich selbst ans Essen machte. Nach dem Mittagessen spielten Taki und Daniel fast den ganzen Nachmittag mit den Hunden. Serdall unterhielt sich indes mit Fei über einige belanglose Dinge, mitunter auch über die Anstellung einer Haushälterin, was Serdall im Grunde ablehnte, doch Fei beharrte darauf. Nach dem Abendbrot verzog sich Serdall dezent mit Daniel auf ihr Zimmer. Sobald sie den Raum betreten hatten, zog Daniel ihn mit sich auf das Bett und legte sich gemütlich halb auf Serdall drauf. „Man, irgendwie bin ich schon wieder müde“, murmelte er und stütze sein Kinn auf Serdalls Brust auf. Träge sah er zu ihm. „Sag mal, ist mein Auto schon wieder heil? Ich müsste morgen vielleicht wieder mal zur Uni.“ „Nein, ich bin noch nicht dazu gekommen es reparieren zu lassen“, murmelte Serdall. „Wieso mal wieder? Warst du die letzten Tage etwa nicht in der Uni?“, fragte er nicht begeistert. Serdall zog Daniel so auf sich, dass er zwischen seine Beine glitt und er ihn mit Händen und Füßen umklammern konnte. Daniel seufzte schwer auf. „Nein, nicht wirklich“, gestand er unbehaglich. „Entweder ich habe den ganzen Tag verschlafen oder ich konnte mich einfach nicht aufraffen.“ Entschuldigend sah er Serdall an. Irgendwie fühlte er sich ihm gegenüber auch verantwortlich. Schließlich finanzierte Serdall ihm das Studium zum Teil. Aber auch so wollte Daniel auf eigenen Beinen stehen und nicht mehr so von Serdall abhängig sein und wie sollte das gehen, wenn er in der Uni gar nicht antanzte oder nur schlechte Leistungen brachte? Abschätzig verzog Serdall den Mund. Er hoffte nur, dass Daniel dadurch nicht irgendwelche Nachteile in Kauf nehmen musste. Ihn mit beiden Händen über die Schläfen streichend, sah Serdall Daniel nachdenklich in die Augen. „Ich werde dich morgen zur Uni bringen“, bestimmt er und platzierte einen Kuss auf Daniels Nase. Er würde Daniel jetzt nicht noch eine Predigt halten, das wäre einfach unangebracht. Sie hatten genug Stress gehabt und jetzt wollte Serdall einfach nur mit Daniel zusammen sein. Lächelnd ließ er seine Hände an Daniels Seiten entlang gleiten und am Rücken unter den Pulli stibitzen. „Hm“, murmelte Daniel zum Zeichen, dass er verstanden hatte und verlegte sich lieber darauf, seine Zunge Serdalls Halsbeuge entlangfahren zu lassen. Eigentlich wollte er morgen nicht in die Uni, da es zwangsweise bedeuten würde, dass er für einige Stunden von Serdall getrennt war und er fühlte sich momentan noch etwas unsicher. Aber es war ja nur für einen Tag, danach war Wochenende. Seufzend schob Serdall Daniels Pullover höher und wanderte mit den Fingerspitzen über die Wirbelsäule bis hin zum Hosenbund, um seine Hände dazwischen zu schieben und sie bis zu Daniels festem Hintern zu führen. Sein Becken bewegte sich unwillkürlich gegen Daniels und er fing dessen Lippen zu einem innigen Zungenspiel ein. Er konnte nicht oft genug sagen, wie sehr er es vermisst hatte so mit Daniel zusammen zu sein. Diese gegenseitigen Berührungen, zu merken, dass ein jeder den Anderen in und auswendig kannte und diese wahnsinnig schönen Gefühle zu erleben… Leise keuchte Serdall in ihren Kuss und sah aus halbgeschlossenen Augen auf Daniels hübsches Gesicht. Daniel bewegte sich so, dass Serdalls Finger in seine Pospalte rutschten und stöhnte leise auf. Er wollte so sehr mit Serdall schlafen. Leicht bewegte Daniel sich gegen seinen Freund und vergrub stöhnend den Kopf in Serdalls Halsbeuge, während er sich dort an der weichen Haut festsaugte. Fahrig strichen seine Hände unter das störende Shirt und Serdalls warme Brust entlang. „Das artet wieder aus…“, zischte Serdall unwillig und wollte seine Hände von Daniel nehmen, doch plötzlich küsste der ihn stürmisch und dieser Gedanke war wieder wie fortgewischt. Stattdessen begann sich sengende Hitze wie ein brennender Feuerball in Serdalls Unterleib zu sammeln und schickte heiße Schauerwellen durch seinen Körper. Ungehemmt begann Serdall Daniel zurück zu küssen, wobei einer seiner Finger sich tiefer an Daniel heranwagte und sich vorsichtig in seinen Anus schob. Stöhnend krallte Daniel seine Hände neben Serdall ins Laken und verdrehte genussvoll die Augen. Wann war es das letzte Mal derart intensiv gewesen, dass schon diese Berührung ihn vor Erregung fast umkommen ließ? Daniel öffnete fahrig sowohl seine als auch Serdalls Hose und schob sie hinunter, bevor er sich wieder ganz auf seinen Freund sinken ließ. Er fummelte mit seiner Hand in der Nachttischschublade herum und holte eine Tube Gleitgel heraus. „Beim nächsten mal“, meinte er abgehackt. „Was?“, fragte Serdall nicht verstehend und zog Daniel den Pullover über den Kopf und ließ sich von ihm aus seinem eigenen helfen. Doch dann verstand er, was Daniel meinte, als er ihm die Gleitcrem in die Hand drückte und sich wieder eng an ihn schmiegte. Seufzend kam Serdall Daniels Wunsch nach, benetzte seinen Finger mit dem Gel und ließ ihn wieder in Daniel eindringen. Das war schließlich noch kein Sex und hiergegen gab es keine Einwände. Auch wenn Serdall sich gerade selbst für seine Regelung verfluchte… Daniel seufzte glücklich und zitterte leicht, während seine Hände noch immer in unbekannten Mustern über Serdalls Körper fuhren und nun dessen Glied umschlossen. Er zitterte leicht und schrie leise auf, als Serdall seine Finger besonders weit in ihn schob und seine Prostata reizte. „Oh Himmel“, keuchte Daniel leise und abgehackt und klammerte sich im Kissen fest. Verschmitzt lächelte Serdall, musste jedoch angestrengt keuchen, als Daniel ihn im Gegenzug geschickt mit einer Hand reizte und seinen Penis fest umfasste. Serdall legte seine andere Hand auf Daniels Rückenmitte und versuchte so, seinen zuckenden Bewegungen entgegenzuwirken. Konzentriert bewegte er seine Finger in Daniel, versuchte immer wieder diesen einen Punkt zu reizen, der Daniel schier um den Verstand brachte. Seufzend küsste Serdall sich an Daniels Schulter entlang, küsste ihn unter dem Ohr und ließ seine Zunge über die Ohrmuschel gleiten und die Windungen nachfahren. „Nicht fair“, murrte Daniel, da er seine Bewegungen durch Serdalls geschickte Reizungen an allen möglichen Orten kaum noch koordinieren konnte und nun ziemlich untätig und schlaff in seinen Armen hing. Nicht mehr lang und er würde kommen, vor allem bei der Erfahrung, die Serdall schon mit Daniels Körper hatte. Daniel erbebte, als ihn die Welle seines Orgasmus fast gequält aufstöhnen ließ. Er verbiss sich in Serdalls Hals und kniff die Augen zusammen, während sein Sperma sich schubweise zwischen ihnen verströmte. Serdall ließ von Daniel ab und musste bei seinem seligen Lächeln unwillkürlich leise lachen. Dieses Gesicht bei Daniel war wirklich Gold wert und Serdall liebte es, wenn er so zufrieden dreinblickte. Er ließ ihn sich ausruhen, obwohl seine Erektion sich schmerzlich zwischen ihnen bemerkbar machte und ungeduldig zu pochen schien. Keuchend schob Serdall seine Wange an Daniels und ließ fahrig seine Hände über dessen Rücken gleiten. Der Gedanke mit Daniel zu schlafen waberte träge durch Serdalls Kopf und ließ ihn leicht zittern. Er wollte Daniel wieder spüren, aber wäre das okay? Erst gestern war da noch jemand anderes… Serdall kniff genervt die Augen zusammen und begann sich leicht an Daniel zu reiben. Er wollte nicht daran denken und sich selbst damit die Lust nehmen. Würden sie es eben erst einmal so zu einem Ende bringen. „Nicht“, murmelte Daniel leise und stoppte Serdall in seinen Bewegungen. Er war gerade so müde, dass er auf der Stelle einschlafen könnte, wo immer das auch herkam, da hatte er nicht die Kraft für eine zweite Runde. Daniel schob sich an Serdall hinunter und nahm dessen Glied in den Mund, während er die Hoden mit einer Hand sanft massierte und mit der anderen Serdalls Unterbauch entlangfuhr. Aufatmend legte Serdall seinen Kopf in den Nacken und gab sich seinen Empfindungen und Daniels Künsten mit dem Mund hin. Es dauerte nicht lang, bis auch er endlich zufrieden seufzend kam, Daniel schluckte artig und krabbelte dann wieder zu Serdall, der ihn in seine Arme schloss. „Noch duschen?“, fragte er nach wenigen Minuten, in denen er sich einigermaßen gefangen hatte, leise und strich Daniel durch die schwarzen Haare. „Hmhm“, brummte Daniel bestätigend. „Und dann am liebsten gleich schlafen. Ich bin todmüde und erschöpft. Aber befriedigt“, fügte Daniel noch grinsend hinzu. „Wenn auch nicht gänzlich.“ Lächelnd setzte er sich auf und ging von Serdall gefolgt in Richtung Badezimmer, wo sie sich recht gesittet einmal abduschten und dann nackt zusammen wieder ins Bett krochen. Daniel kuschelte sich gleich an die breite Brust und gab Serdall noch einen kurzen Kuss auf die Nase. Zufrieden schlief Serdall ein. Endlich fühlte er sich so wie schon lange nicht mehr. Einfach wieder glücklich. So mit Daniel im Arm kehrte die Ruhe in seinen Schlaf zurück und das Bedürfnis, all die durchwachten Stunden der letzten Tage wieder aufzuholen. Daniels Herzschlag an seinem und der leise Atem, der sich warm über seine Haut verströmte und der geliebte Duft von Daniel… Es lullte ihn ein wie ein Baby die Gute-Nacht-Musik. Grummelnd schlug Daniel am nächsten Morgen auf den Wecker ein. Es war zwar schon acht Uhr, aber trotzdem für seinen Geschmack noch um einiges zu früh. Seufzend setzte er sich auf und warf einen Blick auf Serdall. Der hatte sich zwar einmal auf die andere Seite gedreht, schlief aber ansonsten weiter. „Serdall!“, rief Daniel und stupste ihn an. „Kommst du?“ Die Decke wurde sogleich höher gezogen und Serdall versteckte seinen schwarzen Schopf darunter, murmelte dabei irgendetwas Unverständliches, was vielleicht einem ‚später‘ ähnelte. Daniel seufzte resigniert. Das konnte mal wieder was werden, diesen Morgenmuffel aus dem Bett zu bekommen. „Du hast mir versprochen, dass du mich heute zur Uni fährst und dazu gehört nun mal, dass du aufstehst, es sei denn, du kannst schlafwandelnd Auto fahren. Und wenn du mich nicht hinbringst, muss ich mich wohl allein in die große weite Welt hinauswagen.“ Serdall brummte etwas genervt, drehte sich plötzlich raschelnd um. Kurz linste er unter seiner Decke hervor und sah mit einem blaugrünen Auge zu Daniel. Schneller, als Daniel es überhaupt registrieren konnte, zog Serdall ihn zu sich unter die Decke, wobei Daniel leicht aufschrie. Müde umarmte Serdall ihn fest und kuschelte seine Stirn in Daniels Halsbeuge. „Nichts da“, murrte er leise, gähnte laut und mit geschlossenen Augen. „Man, Serdall, morgens bist du echt unausstehlich“, grummelte Daniel und war versucht, der Wärme unter der Decke und Serdalls starken Armen, die sich um ihn geschlungen hatten, nachzugeben. Allerdings hatte er sich vorgenommen wieder zu Uni zu gehen und würde das auch durchziehen. Langsam merkte Daniel mal wieder, dass man mit reden bei Serdall nicht viel weiter kam. Kurzerhand schloss er deswegen seine Finger um Serdalls morgendliche Erregung und fuhr gleich etwas fester über die Eichel. Genüsslich seufzend lehnte sich Serdall enger an Daniel. Das war wirklich die schönste Methode, die sich Daniel ausgedachte hatte, um ihn zu wecken. Langsam wacher werdend begann Serdall sich über Daniels Kinn entlang hinab zum Kehlkopf zu arbeiten und seitlich am Hals einen Knutschfleck zu machen, während er selbst anfing, Daniel mit einer Hand zu reizen. Abgehackt stöhnend bog Serdall leicht das Rückgrat durch und kam in Daniels Hand. Daniel hatte seinen eigentlichen Plan, Serdall im höchsten Zustand der Erregung einfach eiskalt liegen zu lassen, genau dann verworfen, als der selbst Hand an ihn gelegt hatte. Kurz nach Serdall kam auch Daniel zum Höhepunkt und seufzte kurz danach. „Ehrlich, jetzt muss das Bett neu bezogen werden.“ Mit den Augen rollend schob Serdall die Decke von ihnen herunter und stellte sich dem matten Schein im Zimmer. Er war wenigstens wach, das hatte Daniel geschafft, dennoch gähnte er verhalten, als er sich von Daniel löste und die schlanken, muskulösen Beine aus dem Bett schob. Stöhnend streckte er sich in seiner ganzen nackten Pracht und rieb sich dann einmal über die noch kleinen Augen. Serdall drehte sich zu Daniel, der ihn grinsend ansah. Kopfschüttelnd fasste er nach Daniels Händen und zog ihn aus dem Bett. „Wie lange musst du zur Uni“, fragte er ihn, während er Daniel eng von hinten umarmte und im Wechselschritt langsam zum Bad dirigierte. „Naja, auf Grund bekannter Umstände habe ich keine Ahnung, ob heute was ausfällt, deswegen sage ich erst einmal ganz pauschal bis um drei. Aber ich melde mich, wenn sich was ändert. Und wenn ich ein Handy bekomme“, meinte Daniel als ihm einfiel, dass einige seiner wichtigen Sachen noch immer bei Kai lagen. Der würde sich bestimmt auch fragen wo er abgeblieben war. Was dachte er sich wohl gerade, nach dieser in seinen Augen wohl Entführung? Daniel schrie geschockt auf, als eiskaltes Wasser über ihn hinweg strömte. „Serdall!“, schrie er entsetzt. „Oh, entschuldige“, meinte Serdall lachend. Er war gleich, nachdem er das Wasser angestellt hatte, aus der Kabine geflüchtet. Amüsiert entgegnete er Daniels grimmigen Blick mit einem Lachen, als er wieder zu ihm stieg, da das Wasser nun eine angenehme Temperatur hatte. Zickig drehte sich Daniel von ihm weg und schien wirklich sauer zu sein. „Ach, jetzt sei nicht beleidigt“, murmelte Serdall und umarmte Daniel wieder von hinten, obwohl sein Freund versuchte, sich seiner Arme zu entziehen. „Man, mir wäre fast das Herz stehen geblieben“, murrte Daniel. „Naja, jetzt bin ich wenigstens wach. Dafür darfst du mir den Rücken waschen.“ Und Serdall wusch Daniel den Rücken. Und nicht nur das. Keuchend trat Daniel auf zittrigen Beinen einige Zeit später wieder aus der Dusche heraus. „Ehrlich, wenn man zu oft am Tag kommt, ist das bestimmt auch ungesund“, meinte er erschöpft und wickelte sich leicht fröstelnd in eines der großen Handtücher. Serdall grinste nur und umfing Daniel gleich wieder mit den Armen, obwohl er immer noch tropfnass war. Zum Glück war die Fußbodenheizung angestellt. „Ich glaube wenn es ungesund wäre, werden wir in den nächsten Tagen schwer krank“, prophezeite er und küsste Daniel im Nacken. Eigentlich wollte er sich wieder mit seinem Freund ins Bett verkriechen und ihre Defizite wieder aufholen, doch Daniel würde dieser Idee vielleicht nicht so zugetan sein. „Wenn es ungesund wäre, dann würden wir beide schon lange auf dem Friedhof liegen. Sehr lange“, ergänzte Daniel und drehte sich zu Serdall um. Er legte ihm das große Handtuch um die Schultern und begann ihn abzutrocknen. „Scheinbar habe ich geahnt, dass es heute Morgen mal wieder länger dauert“, meinte Daniel, als er Serdall vollständig trocken gelegt hatte. „Den Wecker habe ich nämlich, wohl versehentlich, etwas zu früh gestellt.“ „Sehr vorausschauend“, lobte Serdall ihn und ließ seine Hände wieder über Daniels Rücken gleiten. Seine Sehnsucht und sein Verlangen nach Daniel schienen mit jeder Sekunde, die sie wieder zusammen waren, enorm zu steigen. Es war fast wie in den ersten Monaten ihrer Beziehung. Das Versichern, das man sich unwahrscheinlich liebte und den Anderen nie wieder verlassen wollte. „Ich liebe dich“, flüsterte Serdall, als er sich eng an Daniel schmiegte. Daniel lächelte selig. Wie sehr hatte er sich dieses Leben wieder gewünscht. „Ich liebe dich auch“, erwiderte er ebenso leise und küsste Serdall sanft. „Aber so sehr ich dich auch liebe und so früh ich den Wecker auch gestellt habe, die Uni ruft leider und frühstücken wollte ich auch noch“, meinte er, als sie sich wieder voneinander lösten. „Ja“, murrte Serdall langezogen und begann sich zu rasieren. Dabei ließ er seinen Blick unweigerlich wieder zu Daniels Unterleib gleiten, als jener gerade dabei war, sein Tattoo einzucremen. „Warum hast du das eigentlich gemacht?“, fragte Serdall Daniel, drehte sich um und deutete auf Daniels Unterleib. „Nur wegen dem Tattoo?“ Er streckte die Hand aus und legte sie lächelnd auf die rasierte Haut, wo langsam die Stoppeln nachwuchsen. „Im ersten Moment glaub ich schon“, erwiderte Daniel mit nachdenklich gerunzelter Stirn und versuchte Serdalls Hand nicht allzu viel Beachtung zu schenken. „Ich fand deines immer klasse und habe eigentlich schon immer mit dem Gedanken gespielt, mir eins stechen zu lassen. Nur leider hatte ich entweder kein Geld, nicht den Mut dazu oder alle haben gesagt, es sei uncool. Aber so im Nachhinein betrachtet habe ich mir unbewusst ein Motiv ausgesucht, das mich an dich erinnert.“ „Ich meinte eigentlich deine Intimrasur“, erwiderte Serdall lächelnd, jedoch griff er dann nach Daniels Hüften und zog ihn an sich. „Besser du hättest gleich meinen Namen schreiben lassen“, meinte er flüstern an Daniels Lippen. „Aber so find ich es auch ganz schön.“ Er küsste Daniel kurz. „Und den Namen kann man noch ergänzen“, erklärte er grinsend. „Klar, sonst noch irgendwelche Wünsche. Vielleicht deinen Handabdruck auf gewissen stellen? Oder den von deinem besten Stück auf meinem Allerwertesten?“, fragte Daniel amüsiert. Das Thema mit der Intimrasur schob er beiseite, da dann nur wieder das Thema Kai aufkommen würde, auf das Serdall verständlicherweise nicht gut zu sprechen war und an das Daniel im Moment lieber nicht denken wollte. „Ich geb dir gleich einen Handabdruck“, feixte Serdall und schlug Daniel leicht auf den Hintern. Er lachte leise bei Daniels erschrockenem Quietschen, ehe er sich wieder von ihm abwandte und seine Rasur beendete. Daniel lief ins Schlafzimmer, wo er sich eine frische Shorts anzog und ging dann wieder zurück zu Serdall. Er nahm ihm den Rasierer ab und kümmerte sich um seinen, glücklicherweise nicht sehr ausgeprägten Bartwuchs, bevor er sich die Zähne putzte und sonst alles soweit fertig machte. Gemächlich folgte Serdall ihm nach und zog sich auch an. Zusammen gingen sie in die Küche. Bisher schien keiner von Feis Leuten wach zu sein und Dustin war schon mit Taki in der Schule. Serdall half Daniel den Tisch zu decken und setzte sich dann mit seinem Wasserglas hin. Sein Gesicht wurde plötzlich ernst, als ihm ein unwillkommener Gedanke kam. „Geht dieser Dealer auch auf deine Universität?“ Seufzend ließ sich Daniel ihm gegenüber nieder und beschmierte sich ein Brot mit Nutella. „Ja“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Ich habe ihn dort in der Mensa kennen gelernt. Er studiert im achten Semester Medizin.“ Nachdenklich sah Serdall an Daniel vorbei. Wie konnte jemand wie dieser Kai nur Medizin studieren? Kopfschüttelnd wandte sich Serdall wieder zu Daniel. „Was wirst du tun, wenn du ihn siehst?“, fragte er ihn neutral. „Mit ihm reden“, meinte Daniel schlicht und fuhr schnell fort, als er sah, wie Serdall zusammenfuhr. „Es gibt glaube ich noch einige Sachen zwischen uns, die noch nicht geklärt sind. Außerdem habe ich noch einige wichtige Dinge bei ihm in der Wohnung.“ Ernst sah er Serdall an. „Keine Angst, ich tue nicht noch mal irgendwas Unüberlegtes. Vor allem hätte ich jetzt gar keinen Grund mehr dazu.“ Wut kochte in Serdall hoch. Er würde diesem Kai sämtlich Knochen brechen, wenn er ihn sah. Es behagte ihm überhaupt nicht, dass Daniel auch noch mit diesem Mann reden wollte. Serdalls Blick wurde kalt. Ihm fehlte das Vertrauen, um zu sagen, dass Daniel sich nicht mehr auf diesen Dealer einlassen würde, sich nicht wieder Kokain geben ließ. Auch wenn Daniel keinen Grund hatte, wie er sagte, bezweifelte er, dass dieser Kai sich einfach abwimmeln lassen würde. Serdall wollte einfach nicht, dass Daniel mit diesem Mann sprach. Kurz trank er von seinem Wasser, weil seine Kehle begann trocken zu werden. „Du weißt hoffentlich, was auf dem Spiel steht“, drohte er leise und sah aus dem Fenster. „Oh ja, das weiß ich nur zu gut“, erwiderte Daniel fest und dachte an die quälend lange Woche, in der er gedacht hatte, dass zwischen ihm und Serdall alles vorbei wäre und vor allem an das, was er von Fei erfahren hatte. Er würde um nichts auf der Welt riskieren, dass Serdall sich beim nächsten Mal tatsächlich das Leben nahm. „Du kannst mir glauben, dass ich unsere Beziehung nicht noch einmal gefährden werde. Aber ich bitte dich mir wenigstens in soweit zu vertrauen, dass du mich mit Kai reden lässt, damit das ganze Thema einen Abschluss findet.“ Serdall schloss die Augen. Fei hatte Daniel gesagt, was Serdall beinahe getan hatte. Warum wollte Daniel das auch nur im Ansatz riskieren? „Ich kann es dir nicht verbieten mit ihm zu reden, aber ich kann dir auch nicht vertrauen“, meinte er leise, öffnete die Augen und sah Daniel ernst an. Es war gerade mal zwei Tage her, da hatte Daniel mit diesem Mann Sex gehabt, wie sollte Serdall ihn da einfach wieder gutgläubig auf ihn zugehen lassen? „Tu was du nicht lassen kannst“, murmelte er resignierend. Es lag doch sowieso alles in Daniels Hand. Sein Leben, Serdalls und diese Beziehung. Serdall verschränkte die Arme. Ihm war der Appetit gerade vergangen. Daniel legte sein Brot ebenfalls nur halb gegessen zur Seite. Es tat weh gesagt zu bekommen, dass Serdall ihm nicht mehr vertraute. Unendlich weh. Aber am meisten schmerzte ihn die Tatsache, dass er es sich selbst zuzuschreiben hatte. Daniel nickte kurz abgehackt. „Okay“, meinte er heiser und räumte dann schnell den Tisch ab. Sein halbes Brot landete im Mülleimer. „Ich gehe dann“, sagte er, als die Küche wieder sauber war, doch bevor Daniel in den Flur ging, umarmte er Serdall noch einmal fest. „Es tut mir leid“, murmelte er und löste sich dann mit Tränen in den Augen. Kopfschüttelnd stand Serdall auf und folgte Daniel in den Flur. Wortlos griff er nach seiner Hand und hielt sie kurz. Sein Adamsapfel hüpfte sichtlich, als er schluckte. Daniels Augen legten sich auf ihn und er sah die Traurigkeit und den Schmerz, die in Daniel zu wüten schienen. Serdall zog Daniel zu sich und schloss ihn in die Arme. „Ich fahre dich trotzdem. Und du passt auf, dass er die Finger von dir lässt“, meinte er heiser und vergrub sein Gesicht atemlos in Daniels Halsbeuge. „Ich werde ihm die Situation erklären und einfach hoffen, dass er es versteht“, meinte Daniel entschlossen. Er küsste Serdall noch einmal kurz und gemeinsam verließen sie das Haus. Etwas unbehaglich setzte Daniel sich in das große Auto. Es kam ihm vor, als würde von dem heutigen Tag in der Uni die Welt abhängen. Und so war es ja eigentlich auch. Diese paar Stunden, vor allem das Treffen mit Kai, waren entscheidend für seine Beziehung mit Serdall. Der Wagen kam genau vor dem Eingangstor des Campus zum stehen. Serdall hielt Daniel zurück, als er aus dem Auto springen wollte. „Ruf mich an, falls etwas sein sollte“, sagte er und drückte sein Handy in Daniels Finger, ehe er ihn zu sich zog und tief küsste. Serdall hatte Angst. Angst, dass Daniels Hoffen nicht genug war, dass Kai es nicht verstand und Daniel erneut zu einem Drogenkonsum bewegen konnte. Am liebsten wäre Serdall jetzt weitergefahren und hätte Daniel wieder mit sich genommen. „Werde ich machen“, gab Daniel leise zurück und stieg dann aus. Schweren Herzens winkte er Serdall noch einmal zu und ging dann in Richtung Eingang, die Blicke, die ihm zugeworfen wurden, ignorierend. Er schleppte sich von Vorlesung zu Vorlesung und war mehr als froh, als er endlich seine Mittagspause hatte. Daniel strebte die Mensa an und sah sich suchend um. „Kai!“, rief er und strebte auf den blondierten jungen Mann zu. „Oh Gott, Daniel!“ Kai ging ihm entgegen und zog ihn gleich mit sich in eine ruhige Ecke. „Wie geht es dir? Was waren das für Leute? Verdammt! Ich hab mir solche Sorgen gemacht“, sagte er aufgebracht und wollte Daniel liebevoll in die Arme nehmen. Entschlossen drückte Daniel ihn jedoch von sich weg. „Mir geht es gut. Nur ist die ganze Sache etwas schwierig zu erklären.“ Daniel stockte kurz. Wie sollte er Kikuchi und Feis Bodyguards erklären, wenn er nicht die ganze Yakuza Angelegenheit aufrollen wollte? „Also die Typen wurden soweit ich weiß von dem Bruder meines Freundes geschickt. Sie sollten mich zurückholen, weil sie erfahren haben, dass ich unter anderem Drogen nehme. Und jetzt… Man, wie soll ich dir das sagen? Diese Beziehung zwischen uns war mir ehrlich gesagt wohl nie wirklich ernst. Es lag sehr viel an den Drogen und ich bin jetzt wieder mit meinem Freund zusammen.“ Mit einem dumpfen Geräusch fiel Kai auf den nächstbesten Stuhl und sah perplex zu Daniel. Kai lachte plötzlich verwirrt auf und strich sich über die Stirn, ehe er kopfschüttelnd zu Daniel sah. Wie hatte er auch nur glauben können, dass alles gut ging? Dass seine Liebe wirklich erwiedert werden würde? „Dein Freund erpresst dich, oder?“, fragte er Daniel ins Gesicht. „Anders kann es nicht sein. Scheiße, wir hatten Sex, du hast gesagt, dass du mein Freund wirst. Durch das Koks wird dein Kopf nicht Matsch, du bist dann nur gut drauf“, zischte Kai wütend. In Daniel machte sich Mitleid breit. Kai musste ihn geliebt haben, sonst hätte er nicht um eine Beziehung gebeten und er zerstörte jetzt alles innerhalb von Sekunden. „Es tut mir leid“, meinte er leise und ließ sich gegenüber von Kai nieder. Die Hände in seinem Schoß gefaltet sah Daniel ihn ernst an. „Ich mag dich, das möchte ich gar nicht bestreiten“, fuhr er fort. „Ich mag dich wirklich sehr gerne, aber eben nur als normalen Freund, nicht als meinen festen Freund. Ja, ich habe mit dir geschlafen, weil ich durch die Drogen ein extremes Bedürfnis danach hatte. Warum ich einer Beziehung zugestimmt habe, kann ich jetzt gar nicht mehr sagen. Jedenfalls war es falsch, dir diese Hoffnung zu machen.“ „Hoffnung?“, zischte Kai aggressiv. „Das war nicht nur Hoffnung! Scheiße, ich liebe dich. Und wir sind zusammen. Du kannst nicht einfach nach den paar Tagen Schluss machen, nur weil dein Herrchen wieder nach dir pfeift. Will er dich jetzt wieder ständig bei sich behalten und als Betthasen benutzen, bis er doch wieder das Bedürfnis hat, ne Frau flach zu legen?“, fragte er etwas zu laut, sodass einige um sich nach ihnen umdrehten und zu tuscheln begannen. „Er hat nicht das Bedürfnis, eine Frau flachzulegen“, zischte Daniel etwas zu aggressiv zurück. „Das, was du mir als Negativseiten unserer Beziehung aufgezeigt hast, kann man ändern. Serdall liebt mich, genauso wie du. Er hätte sich fast umgebracht, als ich mit dir angebandelt habe und er davon erfahren hat. Der entscheidende Unterschied zwischen euch ist, dass ich ihn liebe und in dir nur einen guten Freund sehe. Ich weiß nicht, was ich noch machen soll, außer mich zu entschuldigen. Es war scheiße von mir, das weiß ich, aber ich habe in der Situation nicht gecheckt, was ich mache oder irgendwem antue.“ Ungläubig begann Kai wieder den Kopf zu schütteln. „Scheiße. Wieso gerate ich nur immer an die Falschen“, fauchte er wütend und schlug auf den Tisch. „Ich kann dich doch nicht so einfach wieder hergeben, Danniboy“, sagte er leise und stützte nun den Kopf in die Hände. „Dein Freund ist nicht gut für dich. Allein wie fertig du warst…“ Er brach ab und schüttelte den Kopf, als er in Daniels Augen sah. Da war nur noch Entschlossenheit, nicht mehr der verzweifelte Blick, mit dem Daniel ihn um Kokain gebeten hatte. Tief durchatmend griff Kai nach seinem Rucksack. „Wann willst du deine Sachen abholen?“, fragte er resigniert. Er kannte diese Prozedur schon. Es war das dritte Mal und der Schmerz in ihm war erträglich. Mit der Zeit war er wohl demgegenüber einfach abgestumpft. Daniel musste den Impuls unterdrücken, Kai zu umarmen, doch das würde wohl alles nur noch schlimmer machen. „Ich weiß nicht“, meinte er leise. „Wohl heute Abend oder so. Außerdem kann ich dir versichern, dass Serdall das einzig Richtige für mich ist. Ich war so fertig, weil ich eben nicht mehr bei ihm sein konnte und da es jetzt und hoffentlich für immer wieder möglich ist, geht es mir wieder gut. Es tut mir leid. Mir würde es viel bedeuten, wenn wir Freunde bleiben könnten, auch wenn Serdall wohl dagegen ist. Aber wie schon gesagt, ich hab dich wirklich gerne.“ Kai nickte beklommen. „Ich brauche wohl noch ein wenig Zeit, um das zu verdauen“, meinte er leise. „Aber Freunde bleiben wir auf jeden Fall. Mit wem soll ich sonst meine verrückten Sportarten austesten?“, fragte er lachend und spielte nun den fröhlichen Kai, der er innerlich im Moment nicht war. „Los! Du solltest lieber schnell dein Mittagessen holen. Der Pudding ist doch immer so schnell alle.“ Lächelnd ging Daniel und Kai sah ihm kurz hinterher. Sein Blick verfinsterte sich kurz. „Wer weiß, vielleicht brauchst du mich ja doch“, zischte er sich selbst zu und kramte kurz in seinem Rucksack. Er beförderte eine kleine, durchsichtige Tüte hervor, in der weißes Pulver war. Schnell steckte er sie in die Tasche von Daniels Jacke, die er hier über den Stuhl gehangen hatte. Daniel würde zu ihm zurückkommen, wenn er etwas brauchte. Das wusste Kai. Glücklich und beschwingt ging Daniel zur Essensausgabe. Er hätte nicht erwartet, dass es so gut gehen würde. Gehofft, ja, aber nicht unbedingt damit gerechnet. Immerhin musste es hart sein, wenn man schon nach so kurzer Zeit wieder abgewiesen wurde. Kai musste sich ziemlich verarscht vorkommen. Umso erleichterter war Daniel, dass er es doch verstanden hatte, auch wenn er wohl etwas Zeit brauchte, um über ihn hinwegzukommen. Der wohl einzige Trost war, dass das zwischen ihnen nicht lange Bestand gehabt hatte. Daniel hoffte, dass man sich innerhalb einer Woche nicht wirklich schmerzhaft verlieben konnte. Er kehrte zu Kai zurück und setzte sich wieder. „Wann bist du denn heute zuhause? Kann ich so gegen acht bei dir vorbeikommen?“ „Ja, da bin ich noch da“, erwiderte Kai und stibitzte sich von Daniel das Dessert. Schwach lächelnd nahm er sich auch noch den Löffel, um den Schokoladenpudding zu essen. „Weißt doch“, meinte er entschuldigend, „das beste Mittel, um die Frustration zu besänftigen. Zumindest für mich.“ Augenzwinkernd begann er zu essen. Daniel lächelte leicht. „Gut, für diesen Zweck überlasse ich dir auch meinen geheiligten Schokopudding“, meinte er großzügig. „Ach, und Kai“, fügte er noch ernst hinzu. „Mir bedeutet es echt viel, dass du mich verstehst und keine Szene machst oder mich auf ewig hassen wirst oder so. Danke.“ Freu dich nicht zu früh, dachte sich Kai wehmütig. Er wollte Daniel nicht verlieren… „Bringt ja nichts. Du warst schon vorher mit Serdall zusammen. Es wäre utopisch, wenn du ihn für mich verlassen würdest“, meinte er schulterzuckend. „Hauptsache er versteckt dich nicht wieder wie eine Märchenprinzessin in einem Turm.“ „Ich werde da noch mal mit ihm drüber reden. Er ist wohl lieber zu Hause, aber ich denke, dass er auch öfter mit mir weggehen wird, wenn er erst einmal Luft geschnuppert hat. Und sei es nur ein Spaziergang im Park oder ein Cappuccino im Café.“ Er strahlte Kai an und nippte an seinem heißen Kakao. Es würde alles gut werden, da war er sich sicher. Ende Kapitel 17 Kapitel 18: ------------ Kapitel 18 „Hey du“, grüßte Daniel Serdall, der mit seinem Auto schon vor dem Eingang auf ihn wartete. Erleichtert seufzend ließ er sich in den Sitz plumpsen. Es war alles gut gegangen. Skeptisch blickte Serdall Daniel an und musterte ihn intensiv, ehe er sich zu ihm lehnte und zur Begrüßung küsste. Wortlos fuhr er an und fädelte sich im Verkehr ein. Er wollte gar nicht fragen, wie es gelaufen war. Diese Frage kam ihm unpassend vor, gerade weil in ihm die Unsicherheit und Eifersucht in den letzten Stunden enorm gestiegen waren. Doch Serdall brauchte gar nicht zu fragen, da Daniel von sich aus losplapperte. „Es ist alles gut gegangen“, verkündete er grinsend. „Naja, ihn hat es schon ganz schön mitgenommen, aber er akzeptiert es. Heute um acht hole ich meine Sachen ab. Zumindest habe ich das mit ihm ausgemacht. Wenn es dir nicht passt, vereinbare ich einen anderen Termin. Also falls du mit willst. Ich dachte, das wäre dir vielleicht lieber.“ „Ist es auch“, erklärte Serdall kühl und blickte nicht von der Straße. Er froh, dass es anscheinend gut gegangen war und das mit Kai wirklich vorbei war. Aber er wollte den Tag nicht vor dem Abend loben, schließlich hatte er keinerlei Ahnung, wie genau das zwischen Daniel und Kai verlaufen war. Vielleicht hatte Kai Daniel auch geküsst? Serdalls Hände krallten sich krampfhaft in das Lenkrad, so lange, bis sie die Einfahrt zu Serdalls Haus hinauf fuhren und in der Garage hielten. Tief durchatmend legte Serdall einen Arm um Daniels Taille. Sein Freund würde ihn nicht angelogen haben. Das war nicht Daniels Art. Er war meist nur viel zu ehrlich. Im Flur half Serdall Daniel aus der Jacke und brachte sie in den Garderobenschrank. Gerade als er sie weghängen wollte, rutschte sie zu Boden. Seufzend hob Serdall sie auf und verfluchte seine zitternden Finger. Etwas Weißes fiel zu Boden. Verwirrt bückte sich Serdall danach und besah sich die kleine Tüte. Was war das? Mit gerunzelter Stirn sah er zu Daniel, der geschockt zu ihm sah. „Kokain?“, fragte Serdall aggressiv und schüttelte die Tüte in seiner Hand. Schnaubend wandte er sich von Daniel ab, um in die Küche zu gehen. Kommentarlos öffnete er den kleinen Beutel und spülte das Pulver den Ausguss hinunter. Er warf die Tüte weg und erstarrte danach einfach. Er hat mich angelogen, schoss es Serdall durch den Kopf. Es war alles gut gegangen, aber nur für Daniel. Er war wahrscheinlich immer noch mit diesem Kai zusammen… Fassungslos keuchte Serdall. Das konnte nicht wahr sein. Daniel löste sich aus seiner geschockten Starre, in die er gefallen war, als er das Kokain gesehen hatte. Das konnte Kai ihm nicht angetan haben. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Seine Jacke hatte er bei Kai nicht angehabt, das Kokain konnte erst heute in die Tasche gekommen sein. Aber warum? War Kai doch nicht über ihn hinweg und wollte ihn wiederhaben? Aber warum auf diese Art und Weise? Wie sollte er Serdall verständlich machen, dass es nicht gewusst hatte, dass Drogen in seiner Tasche waren? „Serdall“, meinte Daniel zittrig und betrat zögernd die Küche. „Ich schwöre dir, dass ich nicht wusste, dass ich das Kokain in meiner Tasche hatte. Kai muss es mir zugesteckt haben, anders kann ich es mir nicht erklären.“ Verzweifelt sah er auf Serdalls angespannte Gestalt, die mit dem Rücken zu ihm stand. Er glaubte doch nicht etwa, dass er doch noch etwas mit Kai zu tun hatte? Auf die Art und Weise zu tun hatte. Das durfte er nicht. Serdall drehte sich um und sah Daniel an. Ohne mit der Wimper zu zucken packte er ihn am Kragen und hielt ihn fest. „Wie soll ich dir diesen Mist glauben“, zischte er wütend. „Du hast dich wahrscheinlich mit Kai über mich kaputt gelacht.“ Er stieß Daniel zurück als er ihn losließ und ging mit blanken Augen aus der Küche. In sich spürte er nichts, außer eine erdrückende, schmerzliche Leere. Serdall hielt im Flur inne und sah noch einmal zu Daniel. „Diesmal gebe ich dir keinen Brief, Daniel. Ich sage es dir ins Gesicht. Es ist aus“, sagte er laut. Wie hatte er auch nur denken können, dass alles wieder gut werden würde? Wieso hatte er sich auch noch ein zweites Mal von Daniel betrügen lassen? „Pack deine Sachen“, befahl er Daniel, ehe er ins Wohnzimmer ging und gleich den Barschrank öffnete, um seinen Scotch und ein Glas herauszunehmen. Glücklicherweise war er allein. Fei war in seinem Gästezimmer, Kikuchi womöglich nun bei ihm. Serdall schenkte sich ein und hielt dann das Glas apathisch blickend in seinen Händen. „Serdall, es ist nicht von mir“, versuchte Daniel es erneut, während er Serdall ins Wohnzimmer folgte. Sein Kopf war seltsamerweise total leer. Nur der Wunsch, Serdall begreiflich zu machen, dass er das Kokain nicht selbst in die Tasche gesteckt hatte, beherrschte sein Denken. Verzweifelt ging er auf Serdall zu. „Untersuch das Päckchen meinetwegen auf Fingerabdrücke, meine werden nicht drauf sein“, sprach er weiter. „Ich weiß, was ich damit zerstören würde. Ich habe dir geschworen, nie wieder so ein Zeug anzurühren oder die Sache mit Kai weiterlaufen zu lassen. Bitte glaub mir doch.“ Ohne Daniel Beachtung zu schenken, setzte sich Serdall mit der Flasche Scotch und seinem Glas auf das Sofa an der Wand. Er trank das erste Glas vollständig und schenkte sich sogleich nach. „Wieso sollte ich dir glauben?“, fragte er, als er mittlerweile schon das zweite Glas bis zur Neige geleert hatte. Langsam begann in ihm alles dumpf und es ihm egal zu werden. Er wollte nicht mehr, würde gehen, wenn die Flasche alle war. „Kaum triffst du ihn wieder, kommst du mit Kokain nach Hause, tischst mir dann auf, dass er es dir zugesteckt haben muss. Hört sich für mich nicht wirklich plausibel an.“ Die Verzweiflung drohte Daniel zu übermannen. Serdall durfte nicht so gleichgültig sein. Wenn er so war, konnte nichts mehr zu ihm durchdringen. Er würde nichts annehmen, was Daniel ihm sagte. „Serdall“, versuchte er es dennoch. „Ich bitte dich, glaub mir. Ich würde nicht alles aufs Spiel setzen, um Kokain nehmen zu können. Ich bin glücklich, wofür brauche ich es? Kai und ich haben nicht ein Wort über Drogen verloren.“ Zittrig ließ sich Daniel neben Serdall auf dem Boden nieder und griff verzweifelt eines der Hosenbeine, um wenigstens etwas Halt zu finden. Serdall sah schwach zu Daniel. Was war, wenn er wirklich die Wahrheit sagte? Wenn Kai es ihm wirklich einfach nur zugesteckt hatte? „Würdest du sagen können, dass Kai dir die Drogen zugesteckt hat, um uns wieder auseinander zu bringen?“, meinte er kalt und griff in Daniels Haare, zwang ihn auf und in Serdalls Augen zu sehen. Der Violinist versuchte es in Daniels Augen zu erkennen, ob er log oder die Wahrheit sagte. Es stand so viel auf dem Spiel. Der Daniel, den er kannte, würde alles nicht so kaputt machen. Aber war dieser Daniel hier vor ihm noch der, den er kannte? Daniel hatte so vieles getan, was er nie von ihm erwartet hätte… Daniel ignorierte Serdalls grobe Art und den harten Zug an seinen Haaren. „Ich weiß nicht, ob Kai so was tun würde“, sagte er ehrlich. „Generell hätte ich ihm so was nie zugetraut, aber ich weiß nicht, wie das Kokain sonst in meine Jackentasche gekommen sein könnte. Kai meinte, er würde mich lieben. Wenn die Liebe tatsächlich schon so stark ist, wäre es wohl doch möglich.“ Seine Hand wieder von Serdalls Hose lösend, damit er nicht mitbekam, wie sehr er zitterte, sah Daniel möglichst fest in die so gefühlslosen Augen über ihm. Plötzlich seufzte Serdall. Das war so typisch Daniels Art. Anstatt zu versichern, dass es Kais Schuld war, verlief er sich in Spekulationen, versuchte nicht eindeutig die Schuld zuzuweisen. Doch dieses Mal machte Serdall dieses Verhalten einfach nur wütend. „Möglich wäre auch, dass du seine Liebe erwiderst“, zischte Serdall und schubste Daniel leicht von sich. „Ich habe nicht verstanden, warum du überhaupt mit diesem Kai reden musstest, aber anscheinend habt ihr euch neu arrangiert. Wahrscheinlich hast du noch mit ihm in irgendeiner Ecke gevögelt. Höchstwahrscheinlich wieder auf der Toilette.“ „Nein, ich…“ „Verschwinde“, kam es kalt von Serdall, doch Daniel blieb stocksteif stehen. Er erstarrte, als Serdall das inzwischen wieder leere Glas nach ihm warf. Geschockt starrte Daniel auf die Scherben hinter sich, wo das Glas gegen die Wand geschlagen war. „Serdall“, flüsterte er nicht begreifend. „Geh zu deinem Kai!“, schrie Serdall aggressiv. „Ich will dich hier nicht mehr sehen. Meine Geduld ist am Ende. Ich verzeihe dir nicht das auch noch!“ So hasserfüllt wie jetzt hatte Serdall nicht einmal Fei angesehen. Er konnte es immer noch nicht glauben, wie dumm er gewesen war. Wieso hatte er nicht an seinen Prinzipien festgehalten und die Beziehung zu Daniel nicht gleich beendet? Er war so blind gewesen! „Fei hatte wirklich recht. Du hast mich die ganze Zeit nur ausgenutzt.“ Daniels Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen und er bebte am ganzen Körper. Weit und ungläubig waren seine Augen aufgerissen und er starrte Serdall kopfschüttelnd an. „Serdall, ich war das nicht“, versuchte er es noch ein letztes Mal, doch das endgültige und mit so viel Hass geschriene „Raus!“ war mehr, als Daniel verkraften konnte. Unendlich langsam trat er die ersten Schritte zurück und drehte sich dann um. Er flüchtete in die Küche und klammerte sich keuchend an die Arbeitsplatte. Tränenbäche stürzten aus seinen Augen und er schluchzte so sehr, dass er kaum mehr zu Atem kam. Das konnte nicht sein. Es konnte nicht so enden. Serdall würde jeden Kontakt mit ihm abbrechen, sich nicht darum kümmern, wo er ab jetzt wohnte und nie mehr auch nur ein einziges Wort mit ihm reden. Wobei Worte nichts nützten, das hatte Daniel gerade selbst zu spüren bekommen. Sehnsüchtig sah er in Richtung Spülbecken, wo Serdall das Kokain entsorgt hatte, doch wandte den Blick schnell wieder ab. Er konnte etwas für die Liaison mit Kai und seinen Drogenkonsum, doch er konnte nichts für die ihm zugesteckten Drogen. Wenn er jetzt allerdings wieder in sein altes Muster zurückfiel, konnte er Serdall keinen Vorwurf für sein Handeln machen. Aber was nützte das noch? Zittrig atmete Daniel ein. Hart schlug nun vollends die Erkenntnis in ihm ein, dass es aus war. Serdall hatte sich von ihm getrennt. Dieses Mal unwiderruflich. Wenn er sich eine Meinung gebildet hatte, war es fast unmöglich, ihn davon abzubringen. Genauso plötzlich wie die erste Erkenntnis, sah Daniel auch, was als nächstes passieren würde, was Serdall ihm angekündigt hatte zu tun, wenn sie wieder auseinander gingen. „Bitte nicht“, hauchte er fast unhörbar und Tränen erstickt. Schwach lehnte er sich ganz gegen die Anrichte und legte den Kopf in den Nacken. Wie konnte er Serdall überzeugen? Wie? Langsam drehte sich Daniel um. Er öffnete die Küchenschublade und starrte apathisch hinein. Seine Finger griffen fast von allein das scharfe Fleischmesser. Die Klinge blitzte im Licht der schon langsam untergehenden Sonne. Schnell und ohne wirklich darüber nachzudenken zog Daniel das Messer hart über sein Handgelenk. Scharfer Schmerz schoss von der Stelle aus durch seinen gesamten Körper und ließ Daniel aufzischen, doch er behielt das Messer in der Hand und schwankte unter Schock zur Tür. Wenn er es Serdall nur so begreiflich machen konnte, war das in Ordnung. Und wenn es nicht klappen würde, verblutete er lieber auf dem Wohnzimmerteppich anstatt aus der Ferne mitzuerleben, wie Serdall sich im Extremfall nun wirklich das Leben nahm oder einfach an ihm vorbei lebte. Daniel lehnte sich schwach an das kühle Holz und starrte Serdall an, der noch immer auf der Couch saß. „Ich liebe dich“, hauchte er leise. Serdall sah erst nicht zu ihm, schnaubte nur aufgrund der leisen Worte. „Du sollst ver… Oh Gott.“ Erst jetzt sah er, was Daniel getan hatte. Ihm stockte der Atem. So viel Blut… Sein Herz krampfte sich augenblicklich zu einem schmerzenden, harten Ball, der brechend in seiner Brust zu wummern begann. Serdall sprang sofort vom Sofa auf und hetzte zu Daniel, um ihm das Messer aus der Hand zu nehmen, als Daniel es zitternd am anderen Unterarm ansetzen wollte. Er schmiss es hinter sich und fasste in Daniels Achseln, um ihn vom Boden zu heben und ihn in die Küche zu schieben. „Scheiße…“, fluchte Serdall leise, als er das aufgeschnittene Handgelenk über das Waschbecken hielt. Überall war rotes Blut auf ihrem Weg hierher getropft. Serdall wusste nicht, was er sagen sollte. Er handelte einfach. Eilig lief er zum Erste-Hilfe Schrank und holte eine Kompresse sowie mehrere Mullbinden. „Das muss genäht werden“, zischte er leise, als er versuchte die Blutung zu stillen. All die Wut auf Daniel hatte sich in Angst verwandelt. „Hier, drück das auf die Wunde, wir fahren ins Krankenhaus.“ Serdall wusste, bis der Rettungswagen überhaupt erst hier war, war es vielleicht schon zu spät. Mit zitternden Fingern wickelte er einen strammen Verband um Daniels Handgelenk, der in wenigen Minuten sicherlich wieder durchgeblutet war. Er legte einen Arm sichernd um Daniel und führte ihn in den Flur. Jetzt war keine Zeit zum Reden. Daniel musste schnellstmöglich behandelt werden. Serdall schnappte sich seine Schlüssel, half Daniel in seine Turnschuhe und stieg selbst schnell in welche, ehe er Daniel ins Auto verfrachtete und mit quietschenden Reifen losfuhr. Er konnte nur hoffen, dass er in keine Verkehrskontrolle geriet. Was ihm in diesem Moment egal wäre, wenn es nicht unnötig Zeit kosten würde. Er schaffte es in sieben Minuten auf den Parkplatz des Krankenhauses. In der Notfallaufnahme, die wie immer brechend voll war, mussten sie nur kurz warten. Serdall war so froh, dass er Daniel mit privat versichert hatte. Er wäre Amok gelaufen, wenn sie ihn hier noch stundenlang warten lassen würden. Während ein Arzt begann, Daniel zu behandeln, hielt Serdall Daniels andere Hand. Sein Freund blickte ihn einfach nur weinend an. Die ganze Fahrt über hatte Daniel ständig nur seine Liebe beteuert und Serdall war das Herz schwer geworden. Er hätte nie daran zweifeln dürfen… Daniel wurde mit vier Stichen genäht, nachdem man die Haut betäubt hatte, und bekam zusätzlich noch eine Tetanusspritze. Glücklicherweise musste er nicht zur Nachsorge bleiben, da Daniel trotz allem nicht sehr viel Blut verloren hatte. Als Ursache für den Schnitt gab Serdall einen Unfall an. Es wäre fatal, wenn er die Wahrheit sagen würde. So war Daniel der neugekaufte Spiegel mit den scharfen Kanten aus der Hand geglitten und als er ihn auffangen wollte, war es zu diesem Unglück gekommen. Stunden später konnten sie das Krankenhaus wieder verlassen. „Wir reden zuhause“, meinte Serdall zu Daniel, als jener zum Sprechen ansetzte. Daniel schloss den Mund wieder und sah aus dem Fenster. Sein verbundenes Handgelenk hatte er hart an sich gepresst. Er fragte sich, ob es überhaupt was gebracht hatte. Serdall hatte kaum ein Wort mit ihm gesprochen, ihn einfach nur hier abgeliefert und schaffte ihn jetzt wieder zurück. Wenn er ihm verziehen hätte, beziehungsweise ihm glauben würde, dass er das Kokain nicht wissentlich an sich genommen hatte, hätte er es ihm gesagt, oder? Schweigend starrte er die vorbeiziehenden Häuser an. Er wusste, wenn Serdall ihn trotzdem noch aus dem Haus haben wollte, würde er sich gleich als erstes auf der Straße die Wunde erneut öffnen. Er hätte ohnehin alles verloren, wenn er Serdall nicht mehr hatte. Daheim angelangt, nahm Serdall Daniel bei der rechten Hand und führte ihn ins Haus. Dustin stürmte auf sie zu, als Serdall Daniel die Schuhe von den Füßen zog. „Ist jemand verletzt? Hier war überall Blut und ein Messer!“ „Hast du es aufgewischt und das Messer weggelegt?“, fragte Serdall ihn kalt und zog sich selbst die Schuhe aus. „Ja. Was ist denn…“, Dustin sah zu Daniel und wie er seine Hand gegen den eigenen Oberkörper drückte. Seine Augen weiteten sich geschockt, doch bevor er etwas sagen konnte, schob sich Serdall vor Daniel und sah Dustin ernst an. „Ich erkläre es dir später. Kümmer dich bitte um das Abendessen. Wir brauchen erst einmal ein paar Stunden Ruhe“, sagte der Violinist ernst und schlang einen Arm um Daniels Hüfte, nachdem Dustin einverstanden genickt hatte. Serdall führte Daniel in ihr Schlafzimmer und ließ ihn sich auf das Doppelbett setzen. Jetzt erst begann Serdall darüber nachzudenken, was eigentlich geschehen war, was Daniel ihm hatte beweisen wollen. Keuchend ließ er sich neben Daniel fallen und stützte den Kopf zittrig in die Hände. Das war einfach zu viel für ihn. Daniel bewegte sich immer noch nicht wirklich. Aus den Augenwinkeln konnte er Serdall neben sich erkennen, doch er machte sich nicht die Mühe, den Kopf zu drehen. Die örtliche Betäubung ließ nach und sein Handgelenk machte sich pochend bemerkbar, doch er ignorierte es. „Ich war es nicht“, warf er leise in die drückende Stille ein. Serdall verzog verwirrt die Augenbrauen. „Was warst du nicht?“ Er verstand im Moment den Zusammenhang nicht. Was meinte Daniel? Diese Verletzung? Serdall konnte sich keinen Reim darauf machen. Sowieso war er gerade einfach nicht bei der Sache. Ihm war übel von dem Schock, der sich gerade in ihm ausbreitete. Daniel hatte nur noch diese Möglichkeit gesehen ihm zu zeigen, dass er ihn wirklich liebte… „Ich habe die Drogen nicht von Kai genommen und auch sonst nichts mit ihm gemacht, außer zu reden“, erläuterte Daniel. Er sah immer noch nicht zu Serdall. Er könnte es nicht ertragen, den eventuell abweisenden Blick zu sehen, wenn er den Kopf drehte. Serdall glaubte ihm. Jetzt ja, aber es schockte ihn, dass Daniel so drastisch sein musste, um ihn davon zu überzeugen. „Es tut mir leid“, flüsterte Serdall und sah zu Daniel. „Es tut mir leid, dass ich dir nicht geglaubt habe.“ Er drehte sich zu Daniel und zog ihn in eine enge Umarmung. „Ich liebe dich“, sagte er leise und weinerlich. Er wollte gar nicht daran denken was gewesen wäre, wenn Daniel eine schlimmere Methode gewählt hätte. „Es tut mir so unendlich leid“, hauchte er verzweifelt, ehe er leicht den Kopf hob und in Daniels himmelblaue Augen sah. Kurz blieb Daniel noch unbeteiligt, dann schluchzte er vernehmlich auf und klammerte sich wieder an Serdall. Er war so froh, dass alles scheinbar wieder in Ordnung war, dass Serdall ihm glaubte und ihn nicht mehr von sich stieß. „Ich liebe dich“, erwiderte Daniel. „Ich mache keine dummen Fehler mehr und ich bleibe dir immer treu und mache, was immer du mir auch sagst, aber bitte stoß mich nicht von dir weg.“ „Nein“, versicherte Serdall, „nie wieder.“ Liebevoll begann er dann Daniel zurück in die Laken zu drücken. Er schob sich über ihn und küsste sich über Daniels Gesicht. Er wollte Daniel richtig lieben. Hier, jetzt, gleich. Damit endlich wieder alles so war wie immer, dass er Daniel wieder vollkommen vertraute und nicht mehr an ihm zweifelte. Er wollte Daniel zeigen, dass alles in Ordnung und dass seine Tat nicht umsonst war. Daniel weinte immer noch und Serdall wischte die Tränen behutsam weg, ehe er ihn tief und innig zu küssen begann. Seufzend erwiderte Daniel den Kuss und legte seine Arme um Serdalls Nacken. Langsam aber sicher verflüchtigten sich seine negativen Gedanken und machten Platz für angenehmere Gefühle. Seine Überreaktion von vorhin war ihm fast schon etwas unangenehm, aber es war für ihn in dem Moment die einzige Möglichkeit, Serdall doch noch zu überzeugen, bevor alles zu spät war. Dass es funktioniert hatte, sah er jetzt, aber er würde es nie wieder tun. Lieber geigte er Serdall richtig die Meinung oder schmiss Gegenstände durch die Gegend, um sich irgendwie Gehör zu verschaffen, aber seine Aktion von vorhin war einfach nur extrem gewesen. Serdall zog Daniel vorsichtig den Pullover über den Kopf. Er begann sich über seinen Oberkörper zu küssen, während er auch Daniels Hose langsam öffnete, doch er zog sie noch nicht von Daniels Beinen. Stattdessen küsste er sich über Daniel linke Brusthälfte zu dessen Oberarm. Verspielt biss er vorsichtig in die Innenseite und leckte versöhnlich darüber. Serdall sah auf den Verband, den Daniel um das Handgelenk bekommen hatte. „Sag, tut es sehr weh?“, fragte er Daniel leise und strich vorsichtig über den Unterarm. „Es geht“, kam es etwas zögernd von Daniel. Er drehte sein Handgelenk einmal vorsichtig. „War bis eben ja betäubt und der Schmerz kommt langsam, aber es ist schon in Ordnung. Ich bin ja selbst dran Schuld.“ Er lächelte Serdall schief an und zog dann dessen Kopf ein Stück zu sich hinunter. „Egal, ich habe dich wieder, das war es wert. Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen.“ Tief küsste er Serdall und strich leicht über den kräftigen Rücken. „Wir sind so dermaßen hoffnungslos“, stellte Serdall leise fest, nachdem er sich keuchend von Daniels Lippen getrennt hatte. Nach noch einem kurzen Kuss begann Serdall sich mit dem Kopf abwärts zu bewegen. Seine Hände griffen in den Bund der Hose und zogen sie hinab. Lächelnd küsste sich Serdall über den flachen Unterbauch, während er mit Daniels Hilfe die Hose vollständig von dessen Beinen zog. Nebenbei entledigte sich Serdall seines eigenen Pullovers, ehe er Daniels Glied sanft mit einer Hand zu massieren begann und mit der Zunge über die Eichel leckte. „Meinst du, du kannst schon…?“, fragte Serdall Daniel. „Ich meine, geht es, wenn wir jetzt…?“ Serdall biss sich auf die Unterlippe. Er wusste nicht ob Daniel verstand, dass er mit ihm schlafen wollte, aber gerade wollte er es nicht direkt aussprechen, die innige Atmosphäre nicht zerstören. Jedoch hatte er Angst, dass Daniels frisch genähte Wunde schmerzen würde. Etwas verdutzt sah Daniel Serdall an. Er wollte mit ihm schlafen? Zumindest deuteten alle Anzeichen darauf hin. „Du willst wirklich?“, fragte er und sprach unbewusst wie Serdall auch nicht alles aus. „Aber was ist mit dem Test? Wenn Kai doch etwas hatte, wenn es doch irgendwie übertragen wurde und wenn du doch etwas abbekommst?“ „Und wenn wir einfach auf ein Kondom vertrauen?“, meinte Serdall leise lachend und beugte sich kurz zum Nachtschrank, um jenes und Gleitcreme herauszuholen und neben Daniel zu legen. „Ich möchte, dass nichts mehr zwischen uns steht“, flüsterte Serdall und beugte sich wieder zu Daniel. „Ich will, dass wir nicht mehr zweifeln, mein Vertrauen wieder da ist und ich möchte dich einfach wieder lieben“, erklärte Serdall an seinen Lippen und ließ kurz die Zunge an Daniels Gaumen entlang gleiten, als er sie in Daniels Mundhöhle schob. „Natürlich nur, wenn du willst“, hauchte er atemlos und legte dabei seine Handflächen auf Daniels Innenschenkel, um seine Beine zu spreizen. „Was ist das für eine Frage?“, meinte Daniel leise lachend und gab Serdall einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. Die schlechte Stimmung von eben war plötzlich mit einem Mal so gut wie vergessen. „Was hast du dir denn vorgestellt?“, fragte Daniel grinsend. „Schnell oder langsam? Blümchensex oder eher versaut? Mit oder ohne Stellungswechsel?“ Er kicherte vergnügt. Serdall rollte mit den Augen. Typisch Daniel, dachte er sich lächelnd. „Ich versohl dir gleich lieber den Hintern, wenn du so frech bist“, murrte Serdall ernst und musste bei Daniel entsetztem Blick leise lachen. Er legte sich eng auf Daniel und ließ seinen Freund seine Erregung spüren, die langsam zu wachsen begann. „Ich möchte dich einfach nur lieben“, flüsterte Serdall lasziv und rutschte dann wieder an Daniel hinab, um dessen Glied vollständig in den Mund zu nehmen. Blind suchte er nach der Tube Gleitgel und benetzte seine Finger damit, ehe er sie vorsichtig in Daniel schob. Genießend keuchte Daniel auf und schob sich Serdall ein Stück entgegen. Jetzt, wo er wusste, dass sie nicht nur den halben Weg gehen würden, sondern tatsächlich miteinander schliefen, ließ das aufgeregte Kribbeln im Bauch nicht nach und sorgte zusammen mit der ohnehin schon unglaublich starken Erregung, die Daniel verspürte, für einen verzehrenden Mix der Gefühle. Serdalls Lächeln wollte einfach nicht weichen, als er von Daniels Glied abließ und Daniel ungeduldig aufstöhnte. Es war der schönste Anblick seit langem, seinen Freund so erregt und dieses sanfte Rot auf seinen Wangen zu sehen. Nun ließ Serdall auch mit seinen Fingern von Daniel. Er öffnete seine Hose, zog sie aber nicht aus, weil er einfach nicht noch unnötig Zeit verlieren wollte und präparierte nun seinen Penis mit dem Kondom. Daniels linkes Bein in der Kniekehle fassend, ermöglichte er sich einen leichteren Zugriff, als er behutsam in ihn eindrang. Serdall legte sich auf Daniel, als er sich vollständig in ihm versenkt hatte und Daniel die Möglichkeit gab, sich an ihn zu gewöhnen. Es war ein wunderschönes Gefühl, endlich wieder mit Daniel vereint zu ein. Stöhnend vergrub Serdall seine Stirn an der Halsbeuge seines Liebsten und genoss das Gefühl ihrer Zweisamkeit. Vollkommen glücklich und mit einem dreihundertsechzig Grad Lächeln fuhr Daniel seinem Freund durch die schon wieder ziemlich langen schwarzen Haare. Es war unglaublich schön, dass sie sich wieder so berühren konnten. Endlich. Daniel kam es wie eine halbe Ewigkeit vor, seit sie das letzte Mal miteinander geschlafen hatten und er wollte dieses Gefühl nie wieder missen. Kurz blieb er noch so liegen, mit Serdall auf sich und ihn überall, wo er ihn erreichen konnte, mit den Händen liebkosend, dann bewegte Daniel sich etwas ungeduldig. Langsam begann sich Serdall sich in Daniel zu bewegen. Er würde es auskosten. Ihm kam es fast vor wie ihr erstes Mal. In ihm explodierte ein wahres Feuerwerk der Gefühle, das ihn innerlich in Brand setzte. Die leisen Laute aus Daniels Mund trieben ihm hitzige Schauer über den Rücken, ließen ihn gedämpft aufstöhnen und erzittern. Es durfte einfach nie wieder etwas zwischen ihnen stehen. Nie wieder. So rettungslos, wie sie sich liebten, gab es keine Hilfe für sie, die sie auch weder wollten, noch brauchten. Alles, was sie brauchten, war einander und Serdall war überglücklich, dass Fei ihn aufgehalten hatte. Serdall verbiss sich an Daniels Hals, als er schneller in seinem stetigen Rhythmus wurde und seine Hand zwischen sie gleiten ließ, um Daniel zusätzlich zu reizen. Daniel stöhnte auf und umarmte Serdall fester. Er kam den Bewegungen leidenschaftlich entgegen und saugte währenddessen an der weichen Haut hinter Serdalls Ohr. Die Welt um ihn herum verschwamm im nächsten Moment und sein Orgasmus raste mit unglaublicher Geschwindigkeit durch ihn hindurch. Kurz wurde Daniel schwarz vor Augen, doch im nächsten Moment ging es schon wieder. Das musste wohl von dem verlorenen Blut kommen, doch die Erfahrung eben war einfach bahnbrechend gewesen. Nie in seinem Leben wollte er sie mehr missen. Schlapp ließ sich Serdall auf Daniel nieder, als auch er nach ein paar letzten Stößen seinen Höhepunkt erreicht hatte. Keuchend schöpfte er in Daniels Armen Atem und versuchte irgendwie wieder einen vernünftigen Gedanken zu fassen, doch in seinem Kopf jauchzten nur der unwahrscheinliche Orgasmus und die selig machenden Hormone. Versonnen lächelnd küsste er Daniel und sah ihm zufrieden in die blauen Augen, als er sich einigermaßen gefangen hatte. Sich auf die Ellen stützend strich er Daniel fortwährend durch die Haare und sah in dieses geliebte Gesicht. Lächelnd sah Daniel zurück. Er fuhr selbst durch Serdalls Haare und grinste ihn keck an. „Weißt du, mit den langen Haaren siehst du irgendwie aus wie dieser Gackt. Irgendein japanischer Sänger und Schauspieler oder so. Über den bin ich gestolpert, als ich im Internet ein wenig über Japan recherchiert habe.“ „Aha“, murrte Serdall. Er wusste nicht, wen Daniel meinte. Wahrscheinlich irgendeine Popikone in Japan, die aufgetreten sein musste, nachdem er das Land verlassen hatte. Es interessierte ihn auch nicht sonderlich. „Ich werde sie mir Montag wieder schneiden lassen“, murmelte er und ließ seinen Kopf wieder in Daniels Halsbeuge fallen. Er war ja nicht dazu gekommen, als ihn Fei in seinem eigenen Haus gefangen gehalten hatte. „Wie geht’s deiner Hand?“, fragte Serdall im nächsten Moment. „Du gefällst mir auch mit längeren Haaren“, erwiderte Daniel und fuhr erneut durch die schwarzen Strähnen. „Außerdem werden sich alle Mädchen draußen nach dir umdrehen und ich kann stolz behaupten, dass du ganz allein meiner bist. Meiner Hand geht es übrigens ganz gut. Ist auszuhalten. Aber ich wollte dich noch mal fragen, ob wir in nächster Zeit etwas mehr unternehmen könnten. Ehrlich gesagt hat mir das bislang in unserer Beziehung schon irgendwie gefehlt.“ Serdall verzog etwas leidlich das Gesicht. Mehr unternehmen hieß, dass irgendetwas Anderes zu kurz kommen musste. Sei es Taki, seine Geige oder er selbst. Natürlich würde Daniel sicherlich sagen, dass man viele Dinge verbinden konnte, aber alles würde auch nicht gehen. „Was stellst du dir unter mehr unternehmen vor?“, tastete sich Serdall an das Thema heran. Er wollte nicht voreilig sein und einfach nein sagen. Er war dahingehend auch kompromissbereit. Das mit seinen langen Haaren ließ er unkommentiert. Obwohl es ihn eigentlich auch nicht störte, dass sie so lang waren und wenn es Daniel gefiel… Er würde es sich bis Montag vielleicht mit dem Abschneiden überlegen. „Nun, wir sind eigentlich jeden Tag hier zuhause. Ich will nicht sagen, dass es mir nicht auch so gefällt, aber die einzigen Male, wo ich sozusagen rauskomme, sind wenn ich zur Uni gehe oder meine Eltern besuche. Ich würde halt einfach gern etwas mehr machen, so wie wir es früher mal ab und an getan haben. Sei es mit Taki irgendwo hinzugehen oder, was mir fast lieber wäre, auch mal was mit dir unternehmen. Spazieren gehen, in ein Café oder vielleicht – doch das ist wohl fast utopisch – in eine Bar oder Disko.“ Insgeheim gab Serdall Daniel ja recht, aber er war nun mal nicht so wie andere. Er war lieber daheim bei seinen Liebesten und seiner Geige. „Dann sollte ich wohl auf Feis Vorschlag eingehen“, murrte Serdall leise, „und seine Haushälterin anstellen.“ Er sah Daniel wieder in das Gesicht. „Mit spazieren und den ganzen ruhigen Dingen bin ich ja einverstanden, aber in die Disko?“, fragte er mit angeekeltem Gesicht. „Wie kommst du überhaupt jetzt darauf?“ „Nur so“, meinte Daniel ausweichend. „Ich hab in letzter Zeit eben viel über uns nachgedacht.“ Er wollte alles, aber nicht das Gespräch wieder auf Kai lenken. „Sag, wollen wir duschen gehen und dann runter? Ich glaube, dass Dustin bestimmt inzwischen einen halben Herzkasper bekommen hat. Es war wohl offensichtlich, was passiert ist. Immerhin hat er die Sauerei weggemacht.“ „Ja, es ist besser, wenn wir ihn ein wenig aufklären“, murmelte Serdall und zog sich aus Daniel zurück, da er die ganze Zeit über in ihm verharrt hatte. Nach einer kurzen Dusche, bei der Serdall Daniel einseifte, damit sein Verband nicht nass wurde, kleideten sie sich wieder an. Als sie die Treppe hinunter gingen, kam ihnen Dustin gerade entgegen. Serdall bedeutete ihm ihnen zu folgen und sie setzten sich ins Wohnzimmer. „Was ist denn los gewesen?“, fragte Dustin auch gleich. „Habt ihr euch gestritten?“ „Naja, in gewisser Hinsicht“, meinte Daniel unbehaglich und sah auf seine Finger. Es fiel ihm schwerer als erwartet, Dustin von allem zu berichten. Er konnte gar nicht glauben, dass er tatsächlich so dumm gewesen war und sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte. „Kai hat mir Ecstasy in die Jackentasche geschmuggelt, als ich heute in der Uni war und Serdall hat es vor mir gefunden“, erklärte er weiter. „Was? Und dann hat er dich mit dem Messer attackiert?“, fragte Dustin fassungslos. „Hast du sie noch alle Serdall?“ Der Violinist schlug sich genervt gegen die Stirn. Seit wann war sein Schwager so belämmert? „Nein, habe ich nicht“, zischte er Dustin zu und legte den Arm um Daniel. „Aber wir haben uns deswegen doch ziemlich gestritten, wegen der Sache mit dem Kokain und auch diesem Kai“, erklärte Serdall. „Serdall wollte mich rausschmeißen und sich endgültig von mir trennen“, fuhr Daniel etwas stockend fort und lehnte sich Halt suchend gegen seinen Freund. „Er hat mir nicht mehr zugehört und ich habe nur noch einen Ausweg gesehen und mir die Pulsadern aufgeschlitzt.“ Reflexartig drückte er sein bandagiertes Handgelenk wieder an sich heran. „Ihr verarscht mich…“, meinte Dustin perplex und sah Daniel ungläubig in die Augen. Sowas würde Daniel doch nie tun! Doch, wenn er die Umstände besah… „Oh man“, hauchte er geschockt und ließ sich in dem Sessel zurückfallen. Es war echt heftig, was hier in letzter Zeit für ein Chaos herrschte. „Mit euch hat man keine ruhige Minute“, stöhnte Dustin im nächsten Moment, worauf Serdall kalt lachte. „Sonst bist ja auch du der Unruhestifter“, murrte der Violinist und sah ernst zu Dustin. „Du brauchst auch gar keine Angst haben, wir werden dir deinen Job auch wieder überlassen.“ Dustin nickte entschieden. „Das will ich schwer hoffen.“ Sein Blick blieb an Daniel hängen, der ziemlich unsicher und unglücklich zu ihm sah. „Daniel, könnten wir noch einmal unter vier Augen sprechen?“ Kurz sah Daniel zu Serdall, doch dann seufzte er resigniert auf. Irgendwann würde Dustin ihn sowieso erwischen. Innerlich fürchtete er sich vor einem Gespräch nach dem Motto, dass er seine vorherigen Fehler auf mit offen gelegten Pulsadern nicht wieder gut machen konnte. Doch wenn Dustin ihm das sagen wollte, hatte er das Recht dazu und Daniel wollte sich wieder mit ihm vertragen, was nur möglich war, wenn Dustin ihm wirklich die Meinung sagte und sie ihre Differenzen klärten. Er stand auf und verließ mit Serdalls Schwager den Raum. In der Küche blieb Dustin vor ihm stehen und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Es tut mir leid, dass ich gesagt habe, dass du Serdall nur ausnutzen würdest“, begann er ernst und sah Daniel offen ins Gesicht. „Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass du auch einfach nur am Ende warst. Nur hat Serdall so sehr für dich gekämpft, sogar Kikuchi die Nase gebrochen und Fei das Gesicht zerschlagen, während er dir scheinbar einfach nur egal war. Ich habe echt nicht verstanden, warum er dich zurücknehmen sollte, wenn du so bist. Aber du liebst ihn scheinbar immer noch, vielleicht sogar mehr, als gut für euch ist“, erläuterte Dustin und sah bedrückt auf den Verband an Daniels Handgelenk. Daniel sah Dustin etwas erstaunt an. Das Gespräch verlief genau entgegen seinen eigentlichen Erwartungen. „Nun“, fing er etwas verlegen an, „es war nicht gerade grandios, was ich mir in der letzten Woche geleistet habe. Oder damals mit David. Oder mit dir. Von daher kann ich verstehen, dass du wütend warst. Ich habe Serdall viel Kummer bereitet, das kann wohl keiner bestreiten. Aber ich bin froh, dass du scheinbar nicht mehr wirklich sauer auf mich bist.“ „Wie könnte ich?“, fragte Dustin empört und schüttelte sogleich den Kopf. „Serdall hat dir verziehen und ich glaube, wenn gerade er es kann, den es am meisten trifft, kann ich mir auch kein anderes Urteil erlauben. Nur wäre ich dir jetzt sehr dankbar, wenn du mir vielleicht erzählen würdest, warum Fei dich hier plötzlich duldet. Serdalls Aussagen sind einfach nur schwammig…“ „Ehrlich gesagt habe ich mit ihm da auch noch nicht drüber gesprochen. Aber das könnten wir jetzt eigentlich tun, wo wir ohnehin schon bei den Geständnissen und so weiter sind.“ Erleichtert lächelte Daniel. Es war unglaublich, dass sich jetzt scheinbar tatsächlich alles zum Guten wendete. Aber Dustins Frage hatte ihm aufgezeigt, dass er noch einige Sachen nicht wusste, die hier passiert waren, während er nicht hier gewesen war. „Naja, ob er da so begeistert ist“, murmelte Dustin nachdenklich und legte kurz die Arme um Daniel, als der schon gehen wollte. „Ich bin echt froh, dass du wieder hier bist.“ Nachdem er das gesagt hatte, ließ Dustin von Daniel ab und ging mit ihm zurück ins Wohnzimmer, wo Serdall seine Geige in den Händen hielt und anscheinend die Saiten überprüfte. Glücklich ging Daniel Dustin hinterher und setzte sich wieder neben Serdall auf das Sofa, der noch kurz weitermachte und dann seine Geige wieder zur Seite legte. „So, alles geklärt“, meinte Daniel. „Zumindest zwischen Dustin und mir. Allerdings würde mich jetzt noch interessieren, warum Fei plötzlich seine Meinung geändert hat, warum du ihn und Kikuchi zu zugerichtet hast und warum Yoshiko nicht mehr hier ist. Wobei ich mir zumindest letzteres fast schon denken kann.“ „Tja, wo anfangen?“, fragte Serdall sich kurz leise und sah etwas unkonzentriert durch den Raum. „Am besten ich beginne mit Yoshiko, Kikuchi und Fei, da dies allesamt an dem Mittwoch passiert ist, nachdem ich von dir zurückgekommen bin.“ Serdall strich sich fahrig durch die fingerlangen Haare und sah einmal zu Dustin, dann zu Daniel. „Obwohl Dustin Kikuchi irgendwie abgelenkt hat, hat Fei von der Sache Wind bekommen, was euch ja bekannt ist. In Feis Augen haben Yoshiko und ich Verrat an ihm begangen. Sie musste am nächsten Tag zurück nach Japan zu ihre Familie.“ Tief durchatmend schloss Serdall die Augen, als er fortfuhr. Die Erinnerungen an jenen Abend sprangen ihm lebhaft ins Gedächtnis und seine Stimme zitterte leicht, als er fortfuhr. „Fei hat mir dann gesagt, dass er Daniel innerhalb der nächsten Stunde sterben würde, sogar, dass er ihm höchstpersönlich erschießen würde…“ Er stockte kurz, als er verbissen an seinen Worten schluckte. „Ich bin daraufhin ausgerastet und habe mit den Fäusten einfach auf ihn eingedroschen und als Kikuchi kam, nachdem er Yoshiko wahrscheinlich auf ihr Zimmer gebracht hatte, um mich von Fei herunter zu ziehen, dann, nun ja… Ich habe ihm meinen Ellbogen ins Gesicht gerammt. Ich glaube, danach hat mich Kikuchi in den Magen getreten und die Leibwächter von Fei kamen auch kurz darauf, um mich festzuhalten. In dem Moment bin ich wieder zu mir selbst gekommen und habe Fei einfach nur angebettelt, Daniel am Leben zu lassen und versprochen alles zu tun, was er will.“ Daniel schluckte schwer. Er hatte die Geschichte zumindest schon teilweise und in Auszügen gehört, aber es derart detailliert vorgesetzt zu bekommen war schon hart. Ihm wurde bewusst, was Serdall genauso wie er selbst durchgemacht hatte und dass er im Gegensatz zu Daniel nicht daran verzweifelt war, sondern weiter gekämpft hatte. Traurig nahm Daniel Serdalls Hände in seine und betrachtete sich die noch leicht gerötete, erneuerte Haut. Er musste lernen stärker zu werden und wieder zu kämpfen, wie er es am Anfang ihrer Beziehung getan hatte. Wo war nur sein Kampfeswillen abgeblieben? Hatte er ihn Serdall weitervererbt? Aber Serdall war ihm so extrem wichtig, dass Daniel sich fragte, warum er nicht etwas mehr aufbegehrt hatte, als sie zwangsweise getrennt wurden. Dustin sah die beiden an. Es war wirklich eine harte Zeit, die sie hinter sich hatten und zum Teil war der Albtraum wohl nicht vorbei. Allein Daniels Selbstverletzung am heutigen Tag war wirklich der Beweis dafür, dass ihre Beziehung auf dünnem Eis stand. Doch so wie Serdall Daniel gerade ansah, gab es keine Zweifel mehr. „Und wieso hat Fei jetzt doch noch seine Meinung geändert?“, fragte Dustin Serdall jetzt. Der Violinist verzog leidlich das Gesicht. „Weil er eben eingesehen hat, dass ich Daniel brauche“, erklärte er schlicht und wandte den Blick ab. Er wollte Dustin nicht davon erzählen, was vorgefallen war. „So plötzlich, ja?“, murrte sein Schwager und seine Augen wurden schmal. „Scheinbar“, warf Daniel schnell ein, um Serdall aus dieser Situation zu retten. Er konnte sich vorstellen, dass er Dustin nicht auch noch von seiner Überreaktion berichten wollte. „Mir tut es nur auch um Yoshiko leid“, wechselte er das Thema. „Sie hat uns doch viel geholfen und jetzt ist sie wieder zwangsweise zurück in Japan. Ich wette ihr Vater plant schon die nächste Hochzeit.“ „Möglich“, erwiderte Serdall und sah nun wieder zu Dustin, der ihn nicht aus den Augen ließ. „Wir können da aber nichts ändern.“ Yoshiko oblag der Gewalt ihres Vaters. Höchstens Fei hätte vielleicht etwas bewirken können, doch Serdall glaubte nicht, dass sein Bruder ihr helfen würde. Serdall tat es zwar leid, aber es gab momentan wichtigere Dinge. Sein Schwager schien sich nicht mit dieser Antwort abspeisen zu lassen, aber Serdall war nicht gewillt, es überhaupt jemandem zu erzählen. Dass Fei es Daniel erzählt hatte, war für seinen Geschmack und seinen Stolz schon fast zu viel. „Ihr verheimlicht mir was“, zischte Dustin auf einmal. „Serdall, was hast du Fei versprochen? Oder hast du ihm irgendetwas angeboten? Verdammt! Warum lasst ihr mich hier außen vor!“ „Es ist privat“, erwiderte Daniel fest. „Wenn Serdall es dir nicht erzählen möchte, dann hast du das zu akzeptieren. Du weißt alles, da kannst du hoffentlich auf dieses Detail verzichten. Falls nicht, musst du wohl die Zähne zusammenbeißen, denn es wird dich nun einmal niemand darüber aufklären.“ Daniel starrte Dustin etwas angriffslustig in die Augen. Serdall wollte es ihm nicht sagen, dann hatte er sich gefälligst damit zufrieden zu geben. Daniel wusste jetzt selbst wie unangenehm es war, jemandem von einem geplanten Selbstmordversuch zu erzählen. Vor allem war es bei ihnen beiden nicht unbedingt bewusst geschehen, sondern aus seinem Impuls heraus. Murrend verschränkte Dustin die Arme. „Das macht mich erst recht neugierig“, knurrte er, doch schüttelte Dustin im nächsten Moment den Kopf. „Irgendwann krieg ich es schon raus.“ „Wenn du meinst“, erwiderte Serdall leicht schmunzelnd, ehe er den Kopf zu Daniel wandte und ihn verliebt ansah. Das war der Mann, den er kannte. Serdall beugte sich zu Daniel, um ihn zu küssen. Auch wenn Dustin theatralische seufzte, vertiefte er den Kuss zu einem leichten Zungenspiel. „Tze, Daniel wird es mir schon noch erzählen. Besonders wenn ich ihm anbiete zu erzählen, was Ethan und ich mit Kikuchi gemacht haben“, sagte Dustin laut. Amüsiert löste Daniel sich aus dem Kuss und sah Dustin mit funkelnden Augen an. „Also wenn es um dich, Ethan und Kikuchi geht, gepaart mit allem, was ich von dir und Ethan und dir und Kikuchi weiß, würde ich mal auf einen extrem heißen Dreier tippen. Ethan ganz vorn, du in der Mitte und Kikuchi als Schlusspart. Verzehrender Sex die ganze Nacht hindurch mit noch nie erlebten Orgasmen.“ Mit abwartend hochgezogener Augenbraue blickte er weiterhin zu Dustin. Serdall rollte übertrieben mit den Augen, ehe er seinen Kopf auf Daniels Schulter lehnte. Sein Schwager schnappte empört nach Luft und schien sichtlich nach Worte zu ringen. Plötzlich fiel Dustin in sich zusammen und begann zu schmollen. „Du kennst uns viel zu gut“, zischte er leise und sah Daniel finster an. „Selbst ich hätte mir das denken können“, entgegnete Serdall ihm, was Dustin noch beleidigter werden ließ. Daniel zuckte recht gleichgültig mit den Schultern. „So ist das nun mal, wenn man gut ein Jahr zusammen unter einem Dach lebt und du und Ethan meinen, ihren Sexualtrieb auch woanders statt in deinen vier Wänden frönen zu müssen. Außerdem bist du viel zu offen, was die Erzählungen einiger besonders heißer Nächte anbelangt. Ach ja, und außerdem hast du wohl gerade dein einziges Druckmittel verspielt, um an die gewünschten Informationen zu kommen.“ Leicht schadenfroh grinste Daniel. „Hä hä“, äffte Dustin genervt und begann richtig zu bocken, wie es nur ein Kleinkind konnte. Unweigerlich musste Serdall den Kopf schütteln. Und dieser Kerl schimpfte sich siebenundzwanzig Jahre? „Reiß dich zusammen, bist doch selber schuld.“ „Ja Serdall, immer noch einen drauf setzen“, zickte sein Schwager und Serdall musste lachen. „Ich geh das Abendbrot machen. Ethan müsste auch bald kommen“, nuschelte Dustin dann und stand auf. „Und ich werde es schon irgendwann erfahren, nicht wahr Serdall?“, fragte er plötzlich viel erwachsener und lächelte seinem Schwager zu. Serdall nickte. Er würde es ihm erzählen. Aber nicht heute und auch nicht in nächster Zeit. Lächelnd drehte Daniel sich ganz zu Serdall. Sein bandagiertes Handgelenk schrammte bei der Bewegung an der Couch entlang und ließ ihn schmerzhaft aufzischen, doch Daniel ignorierte es. Stattdessen schlang er die Arme um Serdall. „Ich bin stolz auf dich“, flüsterte er leise. Serdall griff nach Daniels linkem Bein und zog es zu sich, sodass sich Daniel auf seinen Schoß setzte. „So?“, fragte er nicht verstehend und ließ seine Hände über Daniels schlanke Hüften und die Seiten hinauf gleiten. „Hmhm“, murmelte Daniel bestätigend. „Ich wusste, wie wichtig ich und unsere Beziehung dir sind, aber dass du dich dermaßen gegen deinen eigenen Bruder stellst, all die Risiken auf dich nimmst und mir alles verziehen hast, macht mich unglaublich glücklich.“ Zärtlich küsste er Serdall und fuhr leicht die warme Haut des Rückens entlang. „Daran bist nur du schuld“, flüsterte Serdall leise an Daniels Lippen. „Ich kann einfach nicht ohne dich.“ Spielerisch küsste er sich an Daniels Kinnpartie entlang und schmuggelte seine Hände unter seinen Pullover. Es war wirklich heftig, wie sehr sie mittlerweile aneinander hingen. Auch seine anfänglichen Zweifel zu Beginn ihrer Beziehung hatten sich nach und nach nicht bestätigt. Taki kam super in der Schule aus, wurde nicht gehänselt, da zum größten Teil keiner wusste, dass sein Vater mit einem Mann zusammen war und auch so hing Taki sehr an Daniel und sah ihn als seinen allerbesten Freund. Wäre Daniel eine Frau, hätte er ihn wohl schon längst geheiratet… Ende Kapitel 18 Kapitel 19: ------------ Kapitel 19 Lächelnd saugte sich Daniel an Serdalls Hals fest und hinterließ kurze Zeit später einen beachtlichen Knutschfleck, bevor er seine Lippen ein Stück weiter oben ansetzte und die ganze Prozedur wiederholte. Er wollte gerade noch einen Liebesbiss etwas weiter unten in Angriff nehmen, als Kimba und Mücke von draußen aus dem Garten hereinkamen und sich erwartungsvoll neben sie setzten. „Hat sie heute noch keiner gefüttert?“, fragte Daniel resigniert aufseufzend. „Doch. Und ihr Trockenfutter steht in der Küche. Anscheinend sind sie auch sehr liebebedürftig“, erklärte Serdall amüsiert und rieb sich leicht über den Hals, wo Daniel eben noch seine Lippen gehabt hatte. Es kribbelte leicht, doch das verging im nächsten Moment. Er streckte die Hand aus, um Mücke über die Schnauze zu streichen. Taki war gerade wieder bei einem seiner Freunde und Serdall hoffte, dass er zum Abendessen pünktlich zurück war. „Na dann“, meinte Daniel und widmete sich wieder Serdall. „Ich bin dafür, dass sie sich mit sich selbst beschäftigen können. Wo möchtest du den nächsten Knutschfleck hinhaben? Noch hast du freier Auswahl.“ Keck grinste er Serdall an und sah ihm schalkhaft in die Augen. „Du bist einfach nur frech wie immer“, murrte Serdall. Plötzlich schob Serdall Daniels Oberkörper rückwärtig zurück und hob seinen Pullover bis zu dessen Brust an. Grinsend versenkt Serdall sein Gesicht dort und begann an der Haut über dem Brustbein, am Übergang zu Daniels Bauch zu saugen, während Daniel sich an seinen Schultern festhalten musste. Zufrieden ließ Serdall dann von Daniel ab und besah sich sein Werk, ehe er sich mit Daniel wieder zurücklehnte und ihn verschmitzt ansah. „Da möchte ich ihn auch haben“, erklärte er leise und küsste Daniel dann wieder. Daniel lachte in den Kuss und löste sich schon nach kurzer Zeit. So übermütig gefiel Serdall ihm mit am besten. Er legte seine Arme auf Serdalls Schultern ab und sah ihn mit schief gelegtem Kopf an. „Gut, wenn der Herr sich dann mal bitte freimachen würde.“ Grinsend raffte Serdall seinen dunklen Pullover und zog ihn weit nach oben, wobei er sich weiter zurück lehnte, damit Daniel sich nicht zu sehr verrenken musste. Serdall sah dabei zu, wie Daniel seine Lippen am selben Punkt ansetzte und strich ihm zärtlich durch die nachtschwarzen Haare. Er zitterte leicht, als Daniel seine Finger nicht still hielt und über die eine empfindliche Stelle an den Rippen wandern ließ. Keuchend zuckte Serdall leicht. Ein Räuspern ließ ihn jedoch spielfilmhaft mit dem Kopf zur Tür rucken und die Augen weiten. Amüsiert blickend stand Fei im Türrahmen, mit seinem Laptop unter dem Arm. Er ging auf sie zu und setzte sich auf das andere Sofa gegenüber. Schlagartig wurde Serdall wieder rot und versuchte Daniel von seinem Oberkörper zu lösen. Doch Daniel dachte gar nicht daran, einfach mittendrin aufzuhören. In aller Ruhe, zumindest mit soviel Ruhe, wie man haben konnte, wenn der Freund sich unbehaglich unter einem wand und an den Haaren versuchte nach oben zu zerren, beendete Daniel seine Arbeit und hinterließ einen weiteren dunklen Knutschfleck auf Serdalls Haut. Erst anschließend löste er sich und zog Serdalls Pullover wieder nach unten, bevor er sich aufsetzte und unbeteiligt durch die Gegend sah, so als sei überhaupt nicht passiert. Fei lachte plötzlich leise. „Wirklich, es ist amüsant zu sehen, dass dich Daniel so aus der Fassung bringen kann. Nicht, dass ich nicht wüsste, wie dein Temperament ist“, entgegnete Fei mit tiefer, akzentuierter Stimme, „doch in dieser Richtung ist es mir doch lieber.“ Das war wahr. Fei sah Serdall lieber mit Daniel zusammen, als so unglücklich wie zuvor. Auch wenn das hieß, dass Serdall nun mal mit einem Mann zusammen war, würde Fei es nicht mehr verurteilen. Es war zwar eine Umstellung für ihn, aber anstatt Serdall zu irgendetwas zu zwingen, wollte er ihn jetzt nur noch unterstützen. Serdall ließ beschämt den Kopf an Daniels Halsbeuge fallen. Das war ihm wirklich einfach nur peinlich, vor allem deswegen, weil ihn allein diese paar wenigen Berührungen schon leicht erregt hatten und Daniel, der kleine Schleicher, tat so, als wäre nichts geschehen. Allerdings nur für den Moment. Als Serdall nicht damit rechnete, schubste Daniel ihn zur Seite und pinnte ihn mit den Händen an den Schultern auf dem Sofa fest. Er grinste Fei kurz an und lehnte sich dann näher an Serdalls Gesicht. „Nun, da dein Bruder nichts dagegen zu haben scheint, könnten wir auch ganz einfach da weitermachen, wo wir aufgehört haben.“ Neckisch fuhr er mit der Zunge die Konturen von Serdalls Lippen nach. Augenrollend drückte Serdall Daniel an den Schultern zurück in die Senkrechte. „Das heißt aber nicht, dass du deine Manieren vergisst“, zischte Serdall leise und stand dann auf, um sich vor Daniel in Sicherheit zu bringen. Scheinbar stand Daniel darauf, Fei eine Show zu bieten, was aber nicht in Serdalls Interesse lag. Definitiv nicht. „Fei“, wandte sich Serdall an ihn und verzog das Gesicht, als sein Bruder plötzlich feist zu grinsen begann. „Gibt es irgendetwas Bestimmtes oder wolltest du einfach nur ins Wohnzimmer?“ „Eigentlich wollte ich dich darum bitten, mir etwas vorzuspielen. Aber wenn du beschäftigt bist, akzeptiere ich das auch“, erwiderte Fei und sah seinem Bruder immer noch süffisant ins Gesicht. „Nein“, murmelte Serdall und sah kurz zu Daniel, der ihn schmollend ansah. „Wir sind gerade fertig geworden“, murmelte er und begab sich zu dem Regal, auf dem seine Geige ruhte, um sie heraus zu holen und an die Schulter zu setzen. „Ach so“, erwiderte Daniel und starrte bezeichnend in Serdalls Schritt, wo allerdings alles wieder zu normaler Größe zurückgekehrt zu sein schien. „Spielverderber“, murrte er noch und lehnte sich dann mit geschlossenen Augen zurück, um den sanften Geigenklängen zu lauschen. Serdall ließ die heutigen Erlebnisse in dieses Lied einfließen. All die Gefühle, die Angst, den Schmerz, die Hoffnungslosigkeit und den Schock. Mit geschlossenen Augen wiegte er sich im Takt und genoss, wie die Klänge seinen Körper zum Vibrieren brachten. Fei beobachtete Serdall, auch als sich dessen Lider halb öffneten und die blaugrünen Augen verklärt zu Daniel sahen. In diesem Moment bemerkte er die feurige Leidenschaft, die Serdall mit seiner Geige zum Erklingen brachte. Erstaunt sah der Oyabun zu Daniel, der gelassen und genießend auf dem Sofa saß und den Tönen lauschte. Fei stockte leicht. Diese Melodie war viel intensiver als all die anderen, die er bisher von seinem Bruder gehört hatte. „Yoshiko hatte recht“, flüsterte er zu sich selbst. Serdall war bei Daniel sehr wohl gut aufgehoben und es beeinträchtigte nicht im Mindesten die Qualität seines Talents. Eher im Gegenteil. Fei schluckte hart. Auch wenn er diese Liebe kaum nachvollziehen konnte und diese Art der Beziehung im schlechten Licht stand… Fei beschloss sie lieber vollkommen zu unterstützen. Das war er ihnen schuldig. Serdall war glücklich mit Daniel und so sollte es auch bleiben. Das Lied endete mit einem Decrescendo und Serdall legte seine Geige tranceartig zurück, ehe er wieder zu Daniel ging und seinen Kopf mit geschlossenen Augen an ihn lehnte. Daniel schlang die Arme um ihn und gähnte leise. Es war seltsam, wie müde er in den letzten Tagen war. Dabei zeigte die Uhr gerade mal auf kurz vor sieben. Er stützte den Kopf auf Serdalls Schulter auf und erinnerte sich an eine Aufgabe, die an diesem Tag noch anstand und die er bislang vollkommen verdrängt hatte. „Serdall?“, flüsterte er leise und zögernd, für Fei unhörbar. „Kommst du mit mir in einer guten Stunde mit zu Kai meine Sachen abholen?“ Serdall versteifte sich augenblicklich und hob den Kopf. Während Fei begann auf seinem Laptop irgendetwas zu tippen, sah Serdall wütend zu Daniel. „Was ist denn noch bei ihm, was du unbedingt brauchst?“, zischte er leise. Er hatte genug von diesem Kai. Alles was er noch mit ihm zu tun haben würde, war mit ihm abzurechnen. Seufzend sah Daniel Serdall an. Er konnte verstehen, dass sein Freund kein gesteigertes Interesse daran hatte, mit Kai zusammenzutreffen. Immerhin war der für die ganze Misere vorhin verantwortlich, da er ihm das Kokain zugesteckt hatte. Allein wollte Daniel allerdings auch nicht gehen und Serdall wäre es wohl auch nicht recht. „Mein Handy liegt noch dort“, erklärte Daniel. „Außerdem mein Portemonnaie mit meinen ganzen Papieren und einige wichtige Bücher. Eben alles, was ich nicht mitnehmen konnte, als Kikuchi mich bewusstlos aus der Wohnung geschleppt hat.“ „Ich werde dein Zeug holen gehen. Du wartest im Auto“, bestimmte Serdall und wandte sein Gesicht von Daniel ab. Ohne Daniel würde er Kai in Ruhe sagen, was Sache war und das nicht zu knapp. Wütend ballte Serdall die Hände. Es war Kais Schuld, dass Daniel sich verletzt hatte und beinahe schlimmeres passiert wäre. „Ich weiß nicht, ob das die beste Lösung ist“, meinte Daniel mit einem unguten Gefühl im Bauch. So wie Serdall gerade wieder drauf war würde er Kai, wenn er die Gelegenheit dazu hatte, mindestens so zurichten wie Fei und Kikuchi. Gut, Kai hatte einen derben Fehler gemacht, indem er Daniel die Drogen in die Tasche geschmuggelt hatte, aber hatte Daniel nicht einen ebenso großen Fehler gemacht, indem er die ersten Drogen angenommen und mit Kai geschlafen hatte? Kai war ein netter Typ, der aus Verzweiflung dumm gehandelt hatte, aber es wäre nicht gerecht, wenn er dafür extrem bestraft werden würde. „Bestimmt nicht die beste Lösung, aber der effektivste und sicherste Weg“, murrte Serdall leise und sah nur kurz zu Fei, der plötzlich misstrauisch zu ihnen sah. „Wann willst du wieder abreisen, Fei?“, tat Serdall das Thema mit Kai ab und wandte sich nun seinem Bruder zu. „Am Montag“, erwiderte der Oyabun. „Langsam wird es wirklich Zeit, dass ich wieder nach Japan zurückgehe. In Kyoto ist die Hölle los. Leute aus Osaka mischen sich in unseren Bezirk ein.“ Serdall nickte. Diese Machtkämpfe waren normal bei der Yakuza und gerade wenn der Oyabun auswärts war, schienen die anderen ihre Chance zu sehen. Daniel gab sich allerdings nicht mit diesem raschen Themenwechsel zufrieden. Ernst sah er Serdall an. „Du gehst dort rein, holst meine Sachen und verlässt die Wohnung wieder“, meinte er nachdrücklich. „Du lässt Kai in Ruhe, zumindest körperlich. Verbal kannst du ihm von mir aus an den Kopf schmeißen, was du willst.“ Serdall schnaubte verächtlich. „Ich hole deine Sachen ja“, erwiderte er nur, stand dann auf und verließ wütend den Raum. Sich bewusst, dass Daniel ihm folgen würde, drehte er sich im Flur um und sah seinem Freund ins Gesicht. „Aber nenn mir einen einzigen Grund, der es rechtfertigen würde, dass ich ihm nicht sämtliche Knochen breche.“ „Weil er es nicht verdient hat“, erwiderte Daniel nachdrücklich. „Gut, er hat vorhin scheiße gebaut. Allerdings habe ich mich die ganze letzte Woche über noch schlechter verhalten, mehr als nur einmal einen Fehler gemacht und mir hast du nicht ein Haar gekrümmt. Warum also ihm? Weil er mir ‚wehgetan’ hat? Ich habe mir selbst geschadet und ihn dafür ausgenutzt. Ich will nicht, dass du ihn zusammenschlägst. Versprich mir das.“ „Dich liebe ich“, zischte Serdall wütend und sah Daniel aggressiv in die Augen. „Aber er hat nichts Anderes verdient, das versichere ich dir. Du kannst deine Gutmütigkeit für jemand anderes aufsparen, aber nicht für diesen Mistkerl.“ Serdall verstand Daniel nicht. Besonders in dem Punkt nicht, dass er Kai in Schutz nahm. „Was hast du vor?“, fragte Daniel und in seiner Stimme schwang etwas Angst mit. Serdalls Antwort zu Folge würde es gleich bei Kai böse werden. Sehr böse. Und ehrlich gesagt wollte Daniel nicht dabei zusehen, wie Serdall Kai in irgendeiner Weise schadete. Er konnte ihm die Meinung sagen, aber alles Weitere fand Daniel einfach nur brutal und unangebracht. „Das fällt mir ein, wenn ich ihn sehe“, knurrte Serdall. Er wusste noch nicht genau, was er tun würde, wenn er Kai sah, aber es würde hoffentlich sehr schmerzvoll für den Dealer sein. Er nahm Daniel bei der rechten Hand und zog ihn mit sich nach oben. Bis sie zu diesem Kai fuhren, könnten sie auch noch ein wenig Zeit miteinander verbringen. Unbehaglich folgte Daniel ihm nach oben. Er wusste, dass Serdall gerade ziemlich taub war für alles, was er sagen würde. Seufzend resignierte Daniel deswegen. Ihm würde hoffentlich etwas einfallen, wenn sie vor Kais Wohnung standen. Dustin rief gut zehn Minuten später zum Essen. Schweigend saß Daniel neben Serdall am Tisch und löffelte seine Erbsensuppe. Die gedrückte Stimmung schien sich auch auf die Anderen auszuwirken und Dustin sah sie fragend an. Es musste von außen schon seltsam aussehen, dieses andauernde hoch und runter. Nach dem Essen ging Serdall ohne Daniel, der in der Küche beim Abräumen half, ungesehen in sein Zimmer. Er holte seine Waffe aus dem Nachtschrank und steckte sie sich am Rücken in den Hosenbund, worüber er den Pullover zog. Daniel wartete im Flur auf ihn und sah ihn fragend an. Doch Serdall antwortete nicht, sondern zog wortlos seinen langen, schwarzen Wintermantel an und schlüpfte in seine Schuhe. Nicht auf Daniel wartend ging er zum Wagen und blieb kurz an der frischen Luft stehen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Schnell stieg Daniel in seinen zweiten Schuh, schnappte sich seine Jacke und eilte Serdall hinterher. Er wollte auf keinen Fall, dass sein Freund allein zu Kai fuhr. Was immer er auch vorhatte, Daniel konnte sagen, dass es ihm nicht passen würde. Hoffentlich konnte er schlichtend einschreiten und dafür sorgen, dass alles glimpflich ausging. Seufzend stieg er zusammen mit Serdall ins Auto und führte sie zu Kais Wohnung. Dort angekommen parkte Serdall an der Straße und stieg aus. Daniel löste ebenfalls seinen Gurt, doch er bekam die Tür nicht auf. Serdall hatte die Zentralverriegelung per Fernbedienung betätigt und von innen gab es keine Möglichkeit, den Wagen ohne Schlüssel zu öffnen. Diese Sondereigenschaft hatte er extra einbauen lassen, falls es wichtig gewesen wäre Taki oder eben jetzt Daniel im Auto zu halten, wenn etwas geschehen sollte. Serdall sah in Daniels geschocktes Gesicht, ehe er sich umwandte und bei Kai Hahn klingelte. Sein Glück war es, dass Kai gleich den Summer drückte, um ihn herein zu lassen. Anscheinend rechnete er fest mit Daniel. Serdalls Blick wurde emotionslos und kalt, als ein Windzug seinen Mantel schwer aufblähte, ehe er die Tür aufdrückte und in den noch dunklen Flur hinein schritt. Die Tür zu Kais Wohnung war angelehnt. Wie vertrauensselig, dachte sich Serdall gehässig, als er die Tür leicht mit dem Fuß aufstieß. Er registrierte nichts von dem Mobiliar, noch irgendetwas anderes. Seine blaugrünen Augen fixierten sich einzig und allein auf den blonden Mann, der geschockt zu ihm sah. „Was wollen Sie?“, fragte Kai ihn und Serdall betrat die Wohnung, schlug hinter sich die Tür zu. „Ich bin hier, um Daniels Sachen abzuholen“, entgegnete Serdall ihm mit leiser, bedrohlicher Stimme. „Jetzt verstehe ich“, zischte Kai plötzlich. „Sie sind sein Freund, nicht? Serdall.“ Kalt begann Serdall zu lächeln. „Gut erkannt. Und jetzt geben Sie mir seine Sachen.“ Kai fluchte leise und ging in das Schlafzimmer, aus dem er einen Beutel holte und ihn mit ausgestrecktem Arm Serdall gab. „Ich habe ihm noch eine neue Ration mit reingelegt. Sagen Sie ihm das bitte“, meinte Kai lapidar und sah dem Schwarzhaarigen höhnisch entgegen. „Er hält es sonst nur so schlecht mit Ihnen aus, zumindest meinte er das zu mir, als ich mit ihm geschlafen habe.“ Ein diabolisches Lächeln breitete sich plötzlich in Serdalls Gesicht aus. „Wie überaus freundlich von Ihnen.“ Serdall legte den Kopf leicht schief. „Gibt es noch etwas, was ich ihm ausrichten sollte?“ Kai zog verwirrt die Augenbrauchen zusammen. Er hatte erwartet, dass dieser Mann ihn irgendwie schlagen würde. Dann hätte er Daniel wenigstens einen Grund geben können, warum er sich von ihm trennen müsste. „Ja“, fauchte Kai verzweifelt. „Er kann jederzeit zu mir zurückkommen.“ Serdall begann zu lachen. „Danke, aber ich werde dafür sorgen, dass du ihn nie wieder siehst.“ In einer ruhigen Bewegung griff Serdall unter seinem Mantel zu seinem Rücken und zog die Waffe hervor. „Eigentlich müsste ich dir eine Hand abtrennen, dafür dass du Daniel Drogen gegeben hast. Aber Daniel hat mich gebeten dich nicht anzufassen.“ Dabei richtete Serdall den Lauf der Pistole auf Kais geschocktes Gesicht. „Das können Sie nicht tun! Ich verklage sie!“, rief Kai aufgebracht. „Sei froh, dass ich der Polizei nicht per Anruf einen heißen Tipp gebe“, erwiderte Serdall kalt und sah dem Blonden berechnend in die Augen. Er sah es in Kais Gesicht, dass er wusste, was das für Konsequenzen beinhaltete. Eine mehrjährige Haftstrafe war das Mindeste für seinen Fall. Gerade als Kai sich erneut aufregen wollte, zielte Serdall auf dessen Oberschenkel und drückte ab. „Nur eine kleine Warnung“, sagte er, als Kai schreiend zu Boden ging. Die Hände drückte der Medizinstudent reflexartig auf den Durchschuss. Schmerzenstränen begannen über Kais Wangen zu laufen und Serdall ging auf ihn zu. „Ich rate dir von Daniel und den Drogen die Finger zu lassen. Beim nächsten Mal ziele ich auf deinen Kopf.“ Kai nickte keuchend. Zufrieden wandte sich Serdall ab. Mehr hatte er hier nicht mehr zu tun und er fühlte sich eindeutig besser. Serdall steckte die Waffe wieder zurück an ihren ursprünglichen Ort, ehe er die Wohnung verließ und zurück zu Daniel ging. Mit angstvoll geweiteten Augen sah Daniel ihm entgegen. Es hatte zu lang gedauert. Jedenfalls länger als man normalerweise bis in die dritte Etage und wieder hinunter benötigen würde. Verzweifelt hatte er versucht, sich aus dem Auto zu befreien, doch zu seinem Leidwesen konnte man es wohl nur mit der Fernbedienung öffnen und das Fenster einzuschlagen war wohl auch utopisch. Womit denn? Außerdem zweifelte Daniel nicht daran, dass die Fenster von Serdalls Wagen nicht gesichert waren. Kurz bevor Serdall ihn erreicht hatte klickte es und die Türen öffneten sich. Sofort sprang Daniel hinaus und starrte Serdall geschockt an. Dessen Gesicht war mit einem zufriedenen Ausdruck geprägt. Entsetzt schüttelte Daniel den Kopf. „Was hast du gemacht?“, fragte er leicht panisch. „Setz dich in den Wagen. Ich hab nur deine Sachen geholt“, erklärte Serdall ruhig und ging auf Daniel zu. „Komm, ich möchte jetzt wieder Heim fahren und diese Episode endlich abschließen.“ Skeptisch sah Daniel ihn an. Dafür, dass er nur seine Sachen geholt hatte, war Serdall zu ruhig. Viel zu ruhig. Daniel ging an ihm vorbei. Er wollte nur kurz nach dem Rechten sehen, nachsehen, ob Serdall tatsächlich die Wahrheit sagte. Serdall packte ihn am Arm und hielt ihn zurück. Daniel wollte jetzt doch nicht wirklich nach diesem Mann sehen? „Du sollst einsteigen“, wies Serdall ihn kalt an. „Nein“, erwiderte Daniel nachdrücklich. „Was auch immer du da oben gemacht hast, du hast nicht nur meine Sachen geholt. Dafür warst du viel zu lange weg. Du kannst mir entweder sagen, was du noch getan hast oder ich sehe es mir mit eigenen Augen an.“ Hart riss Daniel sich aus Serdalls Griff los und sah ihn auffordernd an. „Daniel“, meinte Serdall leise. „Wenn du jetzt nicht mit mir kommst, fahre ich ohne dich.“ Als Daniel zögerte, schüttelte Serdall den Kopf, schmiss ihm den Beutel mit seinen Sachen vor die Füße und ging um seinen Wagen herum. „Anscheinend ist er dir wichtiger“, zischte Serdall und setzte sich in seinen Wagen. „Er ist mir nicht wichtiger und das solltest du inzwischen wissen“, keifte Daniel zurück. „Allerdings finde ich es schon krass, wenn du ihm den Arm gebrochen, ihn zusammengeschlagen oder sonst was hast. Das finde ich einfach nicht angemessen und überhaupt ist Selbstjustiz scheiße. Ich will wenigstens mal nachsehen gehen, wie es Kai geht, auch wenn ich nichts mehr mit ihm zu tun habe. Wenn du ihm wirklich was getan hast, bin ich nämlich sehr wohl mit in die Angelegenheit verwickelt.“ „Ich sage es zum letzten mal“, rief Serdall Daniel durch die offene Beifahrertür zu. „Steigst du jetzt nicht ein erschieß ich ihn wirklich“, zischte Serdall wütend. Er verstand es nicht. Langsam wünschte er sich wirklich, dass er Daniel einfach daheim gelassen hätte. Sie stritten sich schon wieder nur wegen diesem Kai, nur weil Daniel anscheinend wirklich Gefühle für ihn entwickelt hatte… Kopfschüttelnd startete Serdall den Motor. Daniel fühlte sich, als hätte ihm jemand einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf gekippt. „Wie, du erschießt ihn wirklich?“, fragte er leise, eine Hand an seiner noch immer offenen Tür. „Hast du ihn angeschossen?“ Ungläubig schüttelte Daniel den Kopf. Selbst Serdall würde nicht so emotional überreagieren, oder? Allerdings sah man allein an dem geplanten Selbstmordversuch und an vielen anderen Situationen zuvor, dass er sehr wohl dazu in der Lage war. „Serdall, du kannst nicht von mir verlangen, dass ich jetzt in das Auto steige. Wie soll ich es mit meinem Gewissen ausmachen, wenn Kai dort oben verletzt in der Wohnung liegt und ich zurück nach Hause fahre?“ Serdall antwortet nicht. Stattdessen legte er den Gang ein. Wenn Daniel nicht einstieg hieß das, dass sein Freund Kai ihm gegenüber vorzog, egal wie sehr Daniel seine Liebe beteuerte. Jetzt war die letzte Chance, die Daniel bekommen würde. Stieg er jetzt nicht ein, würde Serdall ohne ihn fahren und es wäre aus zwischen ihnen. Serdall war es gleich. Kais Worte waberten durch seinem Kopf, die er eigentlich nur als Provokation gesehen hatte, jedoch jetzt schienen sie nicht wirklich abwegig. Daniel sah sehnsüchtig in Richtung des Hauses. Er konnte jetzt nicht einfach so fahren. Wenn Kai tatsächlich verletzt war, vielleicht sogar schwer verletzt, dann brauchte er seine Hilfe. Andererseits schien es Serdall wirklich ernst zu sein, dass er nicht zu Kai ging, sondern mit zurück fuhr. Daniels Hand zitterte leicht. Was sollte er tun? Er wollte hier nicht weg, aber genauso wenig wollte er Serdall wieder enttäuschen. Schweren Herzens wandte Daniel den Blick von der Fassade ab und setzte sich ins Auto. Das schlechte Gewissen schien ihn schier zu zerfressen. „Das verzeihe ich dir so schnell nicht“, teilte er Serdall emotionslos mit und schnallte sich an. „Wenn du Kai tatsächlich in irgendeiner Art und Weise verletzt hast, ruf zumindest den Krankenwagen.“ Wortlos fuhr Serdall erst einmal an, als Daniel die Tür geschlossen hatte. Als er sich im Abendverkehr eingefädelt hatte, griff er nach seinem Handy und rief den Notruf an. „Guten Tag. Jemand bräuchte einen Krankenwagen.“ Die Frau fragte ihn nach Namen und Adresse des Verletzten. „Er wurde in den Oberschenkel geschossen“, erläuterte Serdall, als er gefragt wurde, was passiert war. Er hörte Daniels entsetztes Zischen, ließ sich aber davon nicht irritieren, bis er auflegte. Serdall war nur unendlich froh, dass Daniel ihn über diesen Kai gewählt hatte… Es war wirklich für ihn der eindeutige Beweis, dass Daniel ihn in keinster Weise mehr hintergehen würde. Daniel sagte nichts weiter zu dem Thema. Eisig schwieg er und stieg wortlos aus dem Wagen, als sie auf dem Hof hielten. Es zu vermuten war eine Sache, es wirklich zu wissen eine andere. Er konnte einfach nicht glauben, dass Serdall Kai tatsächlich derart verletzt hatte. Egal, was er auch getan hatte, wie konnte man kaltblütig einen Menschen anschießen? Wortlos schloss Daniel die Haustür auf und ging in die Küche. Er machte sich einen schnellen Kakao zur Beruhigung doch auch das half nicht wirklich. Serdall verstand, dass Daniel wütend war und er würde es auch akzeptieren, nur schmerzte es ihn schon, dass sein Freund scheinbar nicht mehr mit ihm reden wollte. Seufzend entledigte sich Serdall seines Mantels und ging nach oben, um seine Waffe zurück an den angestammten Platz zu legen. Sie in das Buch legend verstaute er sie wieder in der Schublade. Für ihn war seine Tat gerechtfertigt und das würde er Daniel noch beweisen. Serdall ging wieder hinunter und zu Daniel, der mit blassem Gesicht an der Theke saß. „Ich würde dich bitten, das Kokain, das dir Kai wieder einmal fürsorglich in den Beutel gelegt hat, zu entsorgen“, sagte er zu Daniel, als er sich ein Glas Wasser holte. Kommentarlos kam Daniels Serdalls Bitte nach. Er wusste, dass es kindisch war ihn mit Schweigen zu bestrafen, aber wenn Serdall es dadurch auch nur ein wenig begriff, dass er in Daniels Augen echt Scheiße gebaut hatte, wäre es ihm das wert. Er wühlte kurz in seinen Sachen, die in dem Beutel lagen und fand tatsächlich eine kleine Tüte mit Kokain, das bestimmt für ein paar Bahnen reichen würde. Ohne Reue kippte Daniel es genauso wie Serdall das letzte Mal in den Ausguss und spülte mit viel Wasser nach. Leidlich verzog Serdall den Mund. Wenn Daniel dies wirklich durchziehen wollte, sollte es ihm recht sein. Irgendwann würde er sich auch wieder einkriegen. Kopfschüttelnd ging Serdall aus dem Raum und nach oben, nachdem er das Wasser getrunken hatte. Kurz steckte er den Kopf in Takis Zimmer, doch er schloss die Tür leise wieder, als sein Sohn schon schlief. Sich fahrig durch die Haare streichend, beschloss Serdall zu duschen und sich danach, nur in Shorts bekleidet, ins Bett zu legen und zu lesen. Wenn Daniel nicht reden wollte, würde Serdall ihn nicht zwingen. Daniel hatte sich währenddessen in sein eigenes Zimmer zurückgezogen. Er würde in der Angelegenheit nicht den ersten Schritt machen. Er hatte Serdall gesagt, was er von seiner Aktion hielt und solange der seinen Fehler nicht eingestand, würde Daniel ihm geflissentlich die kalte Schulter zeigen. Zwar war er selbst mit diesem Zustand auch nicht glücklich, aber er würde nicht einfach so akzeptieren, dass Serdall meinte Selbstjustiz zu üben und Kai ins Bein schießen zu müssen. Ein Schlag in den Magen, gut, damit wäre Daniel noch klargekommen, aber das war für seinen Geschmack um ein Vielfaches zu krass. Seufzend zog er die Decke höher. Vorhin war es teilweise so schön gewesen, wenn man mal seine aufgeschnittenen Pulsadern beiseite ließ. Daniel lachte ironisch auf. Okay, alles in allem betrachtet war der Tag ziemlich beschissen gelaufen. Er schloss die Augen und versuchte einschlafen. Serdall legte das Buch beiseite, als er nach der dritten Seite schon nicht mehr wusste, was er gelesen hatte. Er hatte gehört, wie Daniel in sein Zimmer gegangen war. Serdall konnte darüber nur unwillig den Kopf schütteln. Dieses Verhalten war wirklich in seinen Augen nicht angebracht. Kai hätte schlimmeres verdient, als nur diesen einen Schuss. Serdall hätte ihm besser das ganze Leben zerstören sollen. Schließlich hätte er es bei ihm fast geschafft. Das war unverzeihlich. Hellwach lehnte sich Serdall zurück in sein Kissen und starrte die Decke an. Es gefiel ihm nicht, dass Daniel jetzt so war. Er hatte gewusst, dass es Daniel ans Herz gehen würde, aber er war dennoch glücklich, dass Daniel zu ihm in den Wagen gestiegen ist, anstatt zu Kai zu gehen. Brummend legte sich Serdall auf die Seite und knipste das Licht aus. Er würde morgen mit Daniel reden, vielleicht würde er sich dann beruhigt haben. Ziemlich unausgeschlafen saß Daniel am nächsten Morgen in der Küche. Es war noch ziemlich früh, aber er hatte es einfach nicht länger im Bett ausgehalten. Bei dem Gedanken an die schlechte Stimmung zwischen ihm und Serdall hatte er einfach keine Ruhe finden können. Er würde mit ihm reden müssen, ansonsten war es fast unmöglich, dass in nächster Zeit auch nur die kleinste Form von Entspannung eintreten würde. Seufzend stützte er sein Kinn auf seiner Hand auf und starrte die Küchentür feindselig an, die sich genau in dem Augenblick öffnete und Dustin offenbarte. „Was für ein lang vermisster Anblick“, lachte Dustin gut gelaunt und stellte die Kaffeemaschine an. „Na, gut geschlafen?“ Dustin runzelte ein wenig die Stirn bei Daniels leidlichem Blick und setzte sich neben ihn. „Nicht wirklich“, gestand Daniel und gähnte wie zur Bestätigung. Mit leicht geschlossenen Augen sah er zu Dustin. „Serdall meinte gestern Rache an Kai üben zu müssen oder so und hat ihm erst mal einen schönen Schuss ins Bein versetzt.“ Hustend setzte sich Dustin gerade hin, da er sich bis eben so schön in den Stuhl gelümmelt hatte. „Das ist nicht dein Ernst?“, fragte er perplex und sah Daniel geschockt an. Doch als Daniel ihm freudlos ins Gesicht sah, musste Dustin schlucken. „Oha“, meinte er einfach nur und war etwas sprachlos. „Ja“, erwiderte Daniel seufzend und rührte gedankenverloren in seinem Kakao herum. „Allein das fand ich eigentlich schon schlimm genug. Ich hasse diese Art an Serdall, dieses Yakuzagehabe, diese Selbstjustiz, diese Skrupellosigkeit. Aber fast schrecklicher fand ich die Tatsache, dass ich noch nicht mal hochgehen durfte um nachzusehen, ob es Kai gut geht oder er elendig in seiner Wohnung verblutet.“ Daniel schnaubte bei der Erinnerung. Dustin konnte nur den Kopf schütteln. „Das ist echt heftig“, deklarierte er und stand auf, um sich einen Kaffee zu holen, der mittlerweile durchgezogen war. „Und jetzt?“, fragte er ziemlich hilflos. „Hast du dich mit ihm gestritten oder ihm wenigstens die Meinung gesagt?“ „Wenn wir wenigstens richtig gestritten hätten“, meinte Daniel etwas ratlos. „Ehrlich gesagt haben wir uns angeschwiegen. Und richtig die Meinung gesagt habe ich ihm wohl auch nicht. Zumindest nicht so wirklich. Ein wenig direkt vor Kais Wohnung, aber alles weiß er wohl auch nicht.“ Daniel ließ frustriert den Kopf auf den Tisch sinken. „Man, kann es zwischen uns bitte mal wieder einfach normal sein?“ „Was glaubst du?“, fragte Dustin ernst. „Du bist mit Serdall zusammen. Da wird es sicherlich nie wirklich normal sein. Und irgendwie kann ich ihn auch verstehen, auf seine seltsame, verkorkste Weise. Ich mein, er hat dir das mit Kai verziehen, aber diesem Kai eben nicht. Und du weißt wie extrem er manchmal sein kann.“ Dustin setzte sich wieder neben Daniel und nippte an seinem heißen Kaffee. „Du kannst auch Schluss machen, wenn es dir nicht gefällt, dass er es so handhabt. Ich versteh nämlich immer noch nicht wirklich, warum er es dir verziehen hat…“ Daniel biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe. Er hatte gedacht, dass zwischen ihm und Dustin wieder alles in Ordnung war, doch scheinbar hatte er sich da geirrt. Und irgendwie tat es weh, dass Dustin noch dachte, Daniel hätte Serdall vielleicht gar nicht verdient. Schweigend trank Daniel einen Schluck aus seiner Tasse. Dustin hatte wohl nicht nur in dem Punkt bedingt recht, sondern auch darin, dass diese Handlungsweise, die Serdall gestern gezeigt hatte, für seinen, wie Dustin es so schön formuliert hatte, verkorksten Charakter relativ normal war. Nur irgendwie wollte Daniel das nicht akzeptieren. „Daniel“, sagte Dustin plötzlich und legte eine Hand auf seine Schulter. „Du liebst Serdall, oder? Und er dich. Wie es scheint auch so sehr, dass er es einfach übergeht, dass du mit diesem Kai gevögelt hast, was eigentlich sehr untypisch für ihn ist. Ich möchte nicht sagen, dass ich nicht froh bin, dass ihr wieder zusammen seid, aber es ist mir wirklich ein Rätsel, gerade weil ich Serdall, den ich jetzt nun schon jahrelang kenne, der schon wegen dem Kuss zwischen uns so ausgeflippt ist, jetzt eben nicht mehr erkenne. Aber ich glaube, er hat es dir verziehen, weil er einfach in Kai den Schuldigen gesehen hat.“ „Und wenn ich ihm erkläre, dass er nicht Schuld ist?“, fragte Daniel leise. „Wenn ich gewusst hätte, dass er tatsächlich in Kai den Schuldigen sieht, hätte ich es vielleicht schon vorher machen müssen. Ich meine, ich habe die Drogen angenommen und ich habe Kai später danach gefragt. Von mir ist hauptsächlich die Initiative für den Sex ausgegangen. Gut, Kai hat mir das Ecstasy das erste Mal angeboten und mir auch die weiteren Drogen beschafft, außerdem ist er auf mein Werben eingegangen, wobei er zu dem Zeitpunkt dachte, dass ich wieder solo wäre, aber die Hauptschuld liegt doch bei mir.“ Dustin zuckte mit den Schultern. „Al sieht das wohl ganz anders. Und ich glaub auch, dass es besser wäre, wenn du mit ihm darüber reden würdest und nicht mit mir. Ich steck nun mal nicht in seinem Kopf, aber ich glaube, die ganze Zeit, die er für dich gekämpft hat und dann stellt sich einfach nur raus, dass dieser Kai mit dir rummacht… Ich denke schon, das ihn das schwer in Wut versetzt hat.“ „Mag sein“, seufzte Daniel resigniert. „Das ist ja auch verständlich. Trotzdem finde ich es einfach zu krass, wenn er die brutale Seite in sich zum Vorschein kommen lässt. Ich kenne ihn als lieben, sanften Menschen und werde dann mit so was konfrontiert. Das ist einfach unbegreiflich für mich. Ich weiß, dass der Yakuza in ihm steckt, aber trotzdem muss ich es doch nicht gutheißen, dass er ihn auch in der Öffentlichkeit zeigt, oder?“ Fragend sah er Dustin an. „Nein“, meinte Dustin ehrlich. „Es ist wirklich nicht der richtige Weg, dass er Kai angeschossen hat. Aber Serdall wird das nicht einsehen, das möchte ich dir damit bloß sagen. Und rückgängig machen kann man es auch nicht. Rede mit ihm Dan, sonst sitzen wir hier noch bis morgen und du und Serdall werdet euch immer noch nicht ausgesprochen haben.“ „Er wird jetzt ohnehin noch schlafen. Außerdem will ich, dass er es einsieht. Es wäre für mich unerträglich, wenn er das nächste Mal, wenn ihn eine Person so extrem ankotzt, wieder mit der Knarre auf sie losgeht. Kai wird ihn nicht verpfeifen, da das Risiko selbst aufzufliegen für ihn viel zu groß wäre. Aber was, wenn es als nächstes jemand ist, der nichts auf dem Kerbholz hat und der Serdall anzeigt? Ich will ihn nicht durch Gitterstäbe sehen müssen.“ Daniel wusste, dass er übertrieb und den Teufel an die Wand malte, aber so konnte er noch in anderer Art und Weise ausdrücken, dass ihm Serdalls in der Hinsicht so impulsive Art alles andere als gefiel. Dustin rollte mit den Augen. „Wir beide kennen Serdall und er wird es von selbst nie einsehen. Wenn du darauf wartest, dann kannst du es gleich vergessen. Das müsste dir eigentlich klar sein.“ Er trank seinen Kaffee aus und stellte die Tasse etwas zu laut auf den Tisch. „Außerdem ist Serdall der Bruder eines Yakuzabosses. Was glaubst du, wie lange er dann im Gefängnis bleiben würde? Falls es überhaupt zu einer Anzeige kommt und Serdall überhaupt noch einmal so austickt.“ „Du hast ja recht. Es ist nur so, dass mich der Besuch bei Kai gestern extrem mitgenommen hat. Ich kann es eben einfach nicht mit meinen Idealen und Vorstellungen vereinbaren, dass jemand zu einem anderen Menschen hingeht und ihm ins Bein schießt, weil er wütend auf ihn ist. Ich sollte wirklich mit Serdall reden. Das hatte ich ohnehin vor, aber jetzt ist es mir noch klarer geworden.“ „Ja, aber lass uns erst mal frühstücken. Dann kannst du ihm gestärkt gegenübertreten“, meinte Dustin daraufhin. Schnell war der Tisch für sie gedeckt und sie aßen wie in alten Tagen in morgendlicher Stunde. Dustins Laune stieg, wobei Daniels zu sinken schien. Nach einem halben Brötchen ließ Daniel sein Messer sinken. In seinem Bauch kribbelte es unangenehm. Wahrscheinlich die Aufregung vor dem bevorstehenden Gespräch. „Ich gehe lieber gleich, sonst schrecke ich doch noch zurück“, meinte er seufzend und stand auf. „Du räumst ab? Dann decke ich heute den Mittagstisch.“ Dustin winkte ihm lässig und bestätigend zu und Daniel machte sich auf den Weg nach oben. Ende Kapitel 19 Kapitel 20: ------------ Kapitel 20 Daniel machte sich gar nicht die Mühe an die Schlafzimmertür zu klopfen, da er sich sicher war, dass Serdall noch schlief. Leise trat Daniel ein und setzte sich an den Bettrand. Leicht fuhr er seinem Freund durch die schwarzen Haare. Murrend öffnete Serdall ein Auge und sah zu Daniel, ehe er sich auf die Seite drehte, wobei er die Decke höher zog und mit beiden Händen umarmte. „Morgen“, nuschelte er schlaftrunken. „Redest du wieder mit mir?“, fragte er heiser und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Daniel zuckte mit den Schultern und lächelte Serdall leicht an. So mit vom Schlaf noch kleinen Augen und total zerknittert sah er einfach nur süß aus und so, als könne er kein Wässerchen trüben. „Nicht?“, fragte er gähnend, langte nach Daniels unverletzter Hand und nahm sie in seine. „Dann lass mich noch ein bisschen schlafen“, meinte er leise. „Von mir aus kannst du auch mit unter die Decke kommen.“ „Wie großzügig von dir“, erwiderte Daniel leicht ironisch, aber grinsend. „Allerdings bin ich schon etwas länger auf und mittlerweile ziemlich wach. Anstatt zu schlafen würde ich deswegen lieber ein wenig reden.“ Er wurde wieder ernster. „Jetzt?“, brummte Serdall unwillig und schloss seine Augen. Er öffnete sie jedoch wieder, als er sich auf den Rücken drehte und versuchte wach zu werden. Auch wenn er müde war, war es wohl besser, wenn er mit Daniel redete. Er strich sich genervt die langen Strähnen aus der Stirn und sah in das Gesicht seines Freundes. „Du bist immer noch sauer“, stellte er fest. „Nein“, erwiderte Daniel, überlegte es sich allerdings im nächsten Moment anders. „Ja“, gab er zu. „Und deswegen wollte ich mit dir reden. Aber ich schlage vor, du stehst erst einmal auf und gehst duschen oder so. Dann bist du wacher und aufnahmefähiger.“ Daniel sah Serdall mit schief gelegtem Kopf an. Er wollte wirklich reinen Tisch machen und ihm alles erzählen, was ihm auf dem Herzen lag. Und das wollte er nicht tun, wenn sein Freund gerade erst aufgewacht war und ihn noch mit vom Schlaf verklebten Augen anblickte. Serdall verzog den Mund. Ihm gefiel es zwar nicht, dass Daniel ihn zu dieser frühen Stunde aus dem Bett jagte, aber er sah seinem Freund an, dass es ihm ernst war. Seufzend schob Serdall seine noch schön wärmende Decke von seinen Beinen und fröstelte leicht. Kurz strich er Daniel mit dem Handrücken über die Wange, ehe er ins Bad ging. Serdall hätte ihn lieber geküsst, aber Daniel wäre damit womöglich nicht einverstanden gewesen. Sich im Bad Zeit lassend, versuchte Serdall sich auf ein einigermaßen, nicht so mürrisches Niveau zu bringen. Er wollte sich nicht wirklich mit Daniel streiten und es wäre unvorteilhaft, wenn er gänzlich abblockte. Dennoch war er nicht gerade in bester Stimmung, als er nackt zurück ins Schlafzimmer ging und sich nebenbei noch die Haare abtrocknete. Schnell zog er sich an und setzte sich dann neben Daniel. „So“, meinte er leise und lehnte sich leicht zurück, wobei er sich mit den Händen abstützte. „So“, wiederholte Daniel leise seufzend. Er wusste nicht wirklich, wie er anfangen sollte. Einfach seine Gefühle schildern? Oder die ganze Situation von gestern noch einmal von Grund auf aufarbeiten? Schlussendlich entschied er sich für die direkte Variante. Es brachte wohl nichts, lange um den heißen Brei herumzureden. „Nun, ich denke, dass es klar ist, dass mir die Situation gestern bei Kai nicht so recht gefallen hat. Es ist okay, wenn du wütend auf ihn bist. Das kann ich in gewisser Hinsicht auch nachvollziehen. Allerdings fand ich deine Handlung einfach um ein Vielfaches zu übertrieben. Ihm die Meinung sagen oder ihn schlagen wäre für mich zu verkraften gewesen, aber der Beinschuss war echt total unnötig.“ „Das meinst du“, erwiderte Serdall leicht bissig. „In meinen Augen war es genau das, was er verdient hatte.“ Er entsann sich dabei allein an Kais arrogante Haltung, die er ihm gegenüber gezeigt hatte. „Allein, dass er dir wieder Kokain zustecken wollte, reicht ja wohl schon. Glaubst du nicht, dass er dich einfach damit an sich binden wollte? Ehrlich, wenn ich ihn nicht angeschossen hätte, wäre er vielleicht noch viel weiter gegangen und hätte dich irgendwie von Dingen überzeugt, die du selbst nicht willst. Unser nächster Streit wäre das Ende, Daniel“, sagte er ernst und strich Daniel eine Strähne hinter das Ohr. „Ja, vielleicht“, gab Daniel ihm Recht. „Trotzdem denke ich, dass auch ein Schlag in den Magen oder sowas gereicht hätte. Ich bin ohnehin etwas von ihm irritiert. Er ist eigentlich wirklich ein guter Kerl, aber ich glaube, dass die ganzen Niederlagen, die er in Beziehungen bislang eingesteckt hat, ihn etwas extrem reagieren lassen. Es war nicht richtig, das ist klar, doch würde es nicht reichen, sich von ihm fernzuhalten, zumindest bis er über mich hinweg ist? Ich könnte woanders essen und nicht in der Mensa, dann würde ich ihm nie wieder über den Weg laufen. Er weiß beispielsweise gar nicht, wo du wohnst.“ Daniel wusste, dass ihm bald die Argumente ausgingen und hoffte, dass Serdall sich bald davon überzeugen ließ, dass er zu krass gehandelt hatte. Denn wenn Daniel noch einmal mitbekommen würde, dass er so ausrastete, womöglich dann dieses Mal vor seinen Augen, wusste er nicht, was er machen würde. Wahrscheinlich würde er Serdall trotzdem die Aktion wieder durchgehen lassen, allein aus dem Grund, damit ihre Beziehung nicht zerbrach, aber gutheißen würde er es nie. Garantiert nicht. „Nein“, erwiderte Serdall schlicht und mit kalter Stimme. „Es hätte nicht gereicht, wenn ich ihm nur einen Schlag verpasst hätte. Denn dann würde er mir gegenüber keine Angst verspüren und es einfach immer wieder bei dir versuchen.“ Serdall ließ sich vollends zurück auf das Bett gleiten und sah an die Decke. „Ich weiß, dass ich es in deinen Augen übertrieben habe, aber das ändert nichts daran, dass ich voll und ganz hinter dieser Handlung stehe. Wenn er dir nicht erneut das Kokain zugesteckt hätte, dann wäre er glimpflicher davongekommen.“ „Er hat es wohl als letzten Ausweg gesehen“, versuchte Daniel Kais Handlung zu erklären, doch er sah, dass Serdall sich in keinster Weise dafür interessierte, was Kai dachte und was nicht. Daniel seufzte. „Auf jeden Fall finde ich diese Art an dir schrecklich. Lassen wir Kai jetzt mal aus dem Spiel. Ich finde es einfach nur grausam, einen anderen Menschen wissentlich derart zu verletzten. Auch wenn du hinter dieser Aktion stehst, tue ich das absolut nicht. Dieses Yakuza Gehabe, diese Skrupellosigkeit, damit kann ich dich einfach nicht identifizieren. Das ist sonst überhaupt nicht deine Art und es erschreckt mich zu sehen, dass es auch diese Seite an dir gibt.“ Serdall zog eine Augenbraue nach oben. Er zog Daniel am Kragen zu sich auf das Bett zurück, sodass er endlich neben ihm lag. Ratlos sah er ihn in die himmelblauen Augen. „Es gibt diese Seite nun mal. Ich bin der Sohn eines Yakuzas. Auch wenn ich kein Yakuza bin, habe ich es doch in mir. Und du wirst mir zustimmen müssen, dass die letzten Tage sehr extrem waren. Glaubst du ich würde es riskieren, dass ich dich noch einmal verliere und schlussendlich einfach nur an einen Drogendealer? Einem, der andere abhängig werden lässt, nur um sich sein Leben zu finanzieren?“ Serdall rückte näher an Daniel und legte seine Handfläche federleicht an seine Wange. „Du hast doch zu Anfang gewusst, auf was du dich einlässt“, sagte er leise. Schließlich war es nun mal so, dass Serdall sich nicht von heute auf morgen so entwickelt hatte. „Schon“, erwiderte Daniel und sah leicht zur Seite. „Doch das muss noch lange nicht heißen, dass ich diese Seite an dir gutheiße, oder? Ich finde es einfach nur furchtbar, wenn du so bist, so um einhundertachtzig Grad anders, als ich dich kenne. Irgendwie macht mir das Angst und wenn ich mit deinem Opfer in Kontakt stand auch ein schlechtes Gewissen. Denn meiner Meinung nach hat es niemand verdient, blutend in seiner Wohnung zu liegen. Ja ich weiß, du denkst, dass Kai es verdient hat“, fuhr Daniel schnell fort, als Serdall einen Einwand einwerfen wollte. „Das habe ich zur Kenntnis genommen. Darüber möchte ich auch gar nicht mehr mit dir diskutieren. Ich hätte es einfach am liebsten, wenn du anerkennst, dass ich es begrüßen würde, wenn du in der Hinsicht nicht mehr so ausrastest und entsprechende Dinge irgendwie anders löst. Das wäre mein Wunsch.“ Ernst sah Daniel Serdall in die Augen. Es gab nur ja oder nein, mit dem Serdall antworten konnte. Sollte er ja sagen, wäre Daniel glücklich, war die Antwort nein, würde er das akzeptieren müssen, weil er wegen so was Serdall nicht verlieren wollte. Vor allem, da gar nicht feststand, ob er noch einmal so handeln würde und nochmals solch eine Situation eintreten würde. „Daniel, es ist doch nur dieses eine Mal gewesen“, murrte Serdall leise. „Ich glaube kaum, dass du mich je wieder auf irgendeine Art und Weise betrügst. Zumindest hoffe ich das“, meinte er und lehnte seine Stirn an Daniels. „Ich werde sicherlich niemanden niederschießen, der mir einfach nur so nicht passt. Ich habe meine Gründe und Kai hat definitiv das Maß überschritten, mit seinen Taten und auch mit den Worten, die er mir entgegnet hat. Und du weißt, wie eifersüchtig ich bin“, flüsterte Serdall resignierend und schob ein Bein zwischen Daniels, als er seine Hand an seinen Hals führte und ihn dort sanft streichelte. Daniel versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf Serdalls Finger und dessen Oberschenkel in seinem Schritt, doch es fiel im denkbar schwer. Noch dazu die recht beschwichtigenden Worte und er war fast vollständig überzeugt. Das war einfach nicht fair. Serdall wusste, welche Knöpfe er bei ihm drücken musste, um seinen Widerstand erlahmen zu lassen. Auch wenn er es scheinbar eher unbewusst und aus Reflex machte. „Ist ja gut“, grummelte er leise. „Dann versprich mir eben jetzt einfach, dass du wirklich nicht wieder so reagierst, solange ich dich nicht mehr betrüge, denn das kommt einem Versprechen gleich, nie wieder jemanden anzuschießen.“ Serdall lächelte glücklich. „In Ordnung“, flüsterte er und küsste sanft Daniels Lippen, um dieses Versprechen zu besiegeln. Solange Daniel ihm treu war, würde er keinen Grund haben überhaupt so zu reagieren. Für alles Andere gäbe es andere Mittel und Wege, auch wenn Daniel dies jetzt nicht zu berücksichtigen schien. „Also liegt alles in deiner Verantwortung“, hauchte Serdall leise und schob eine Hand auf Daniels Hüfte, um sie von dort aus an seinen Seiten entlang wandern und unter den Pulli schlüpfen ließ. Zärtlich fuhr er mit den Fingerspitzen die Rippenbögen nach, während er seine Zunge verspielt über Daniels Ohr gleiten ließ. „Diese Verantwortung nehme ich auf mich“, meinte Daniel schon leicht heiser und schloss, Serdalls Berührungen genießend, die Augen. „Noch ein zusätzlicher Anreiz, dir treu zu bleiben. Auch wenn du eigentlich schon Anreiz genug bietest.“ Lächelnd schlang er die Arme um Serdall und küsste ihn zärtlich. Es war schon okay so. Mit dieser Lösung konnte er eigentlich ganz gut leben. Zumindest schien es ihm im Moment so, als würde Serdall seine zweite Seite nicht mehr zum Vorschein kommen lassen. Was wollte er mehr? Innerlich war Serdall erleichtert. Es hatte ihn schon geschmerzt, dass Daniel seine Entscheidung so dermaßen verurteilt hatte. Gut, Daniel hing einfach zu sehr an seiner Moralvorstellung, die manchmal komplett von Serdalls abwich… Irgendwie kam er sich böse vor, wenn Daniel ihm gegenüber so reagierte und ihn einfach mit Nichtachtung strafte, aber er war im Grunde nun mal so, wenn ihm etwas im Weg stand. Daniel federleichte Küsse auf das Gesicht hauchend schob sich Serdall langsam über ihn und ließ seine Hände zu seiner Hose gleiten. Mit einem Grinsen im Gesicht öffnete Serdall den Hosenknopf. „Ich glaube wir sollten die Tür abschließen“, gab er plötzlich zu bedenken und seine Zunge glitt verführerisch über Daniels Lippen. „Oder spricht jetzt etwas dagegen, dass ich dich vernasche?“ Daniel lächelte schon leicht entrückt. „Nein, ich glaube es spricht nichts dagegen. Meine Erlaubnis hast du zumindest. Aber wehe, du bewegst dich auch nur einen Zentimeter von mir weg. Lass die Tür so. Es wollte bislang noch keiner rein, wenn wir miteinander geschlafen haben und ich mag nicht so allein hier liegen. Lieber liege ich hier mit dir. Vorzugsweise nackt.“ Verschmitzt grinsend zog Daniel Serdall sein Shirt über den Kopf, verfuhr mit dem T-Shirt darunter genauso und öffnete auch gleich noch flink die Hose. Unsicher biss sich Serdall auf die Unterlippe und warf kurz einen Blick auf die Tür hinter sich. Er hatte ein schlechtes Gefühl bei der Sache… Es gab für alles ein erstes Mal und warum sollte nicht doch jemand plötzlich etwas von ihnen wollen? Daniel fegte jedoch mit dem nächsten Kuss alle Bedenken aus seinem Kopf und Serdall begann wieder aktiv zu werden. Schnell waren sie nackt und Serdall schmiegte sich eng zwischen Daniels Beine. „Himmel, wie konnte ich nur einen Tag ohne dich auskommen“, keuchte Serdall unterdrückt und rieb sein erigiertes Glied an Daniels, während er sich verzehrend über dessen Oberkörper küsste und leicht über die Brustwarzen leckte. „Das frage ich mich auch immer wieder, wenn du nicht bei mir bist“, entgegnete Daniel. Sein Atem ging etwas schwerer als normalerweise und ein leichter Schweißfilm hatte sich schon auf seiner Brust gebildet. Er bewegte sich ebenfalls gegen Serdall und stöhnte unterdrückt. Mit einer schnellen Drehung hatten sie die Positionen getauscht und Daniel thronte nun grinsend auf Serdall. Langsam schob er sich ein Stück hinab, verteilte kleine Küsse auf der flachen Brust und fuhr mit der Zunge einige Rippen nach, bevor er den Kopf in Serdalls Schoß vergrub und dessen Glied bearbeitete. Leise stöhnend presste sich Serdall eine Hand auf die Stirn und versuchte seiner Sinne Herr zu werden, die sich nach Daniels Berührungen sehnten, wie ein Hoffnungsloser nach dem errettenden Funken. Die geschickte Zunge brachte Serdall schier um den Verstand und sein ganzer Körper wollte mehr von diesen Empfindungen, viel stärker, viel heftiger. Fahrig griff er nach Daniels Haaren und zog ihn wieder zu sich nach oben, um ihn gierig zu küssen und seinen Hintern fest zu massieren. Er wollte ihn. Jetzt! Die Nacht ohne Daniel war einsam gewesen und er wollte nur noch seinen Liebsten spüren, sich versichern, dass Daniel ihn liebte. „Dan, ein Kondom“, hauchte er keuchend in dessen Ohr. Sein ganzer Körper vibrierte vor unterdrückter Begierde und eigentlich wollte er dieses Bett nie wieder mit Daniel verlassen. „Jaja“, erwiderte Daniel selbst ziemlich ungeduldig und kramte in der Nachtischschublade. Das Kondom zog er gleich über Serdalls steifen Penis und betrachtete anschließend das Gleitgel abwägend. Serdall hatte schon die Hand danach ausgestreckt, doch Daniel entzog ihm die Tube. „Nein“, meinte er entschlossen. Wenn er seinen Freund machen ließ, wären sie morgen noch nicht fertig. Schnell bereitete Daniel sich vor und lächelte Serdall dabei unentwegt zu. Schon nach kurzer Zeit ließ er Serdalls Glied in sich gleiten und stöhnte erleichtert auf. Nach der Nacht allein, gleich nachdem sie wieder zusammengekommen waren, hatte er diese Nähe unbedingt gebraucht. „Daniel“, zischte Serdall entsetzt und griff nach dessen Becken, das sich schon vollständig auf ihm niedergelassen hatte. Ein heftiges Ziehen in seinem Bauch hatte diese Aktion begrüßt und Serdall leise keuchen lassen. Doch jetzt fand er, dass Daniel einfach zu schnell machte. „Nicht so hastig“, meinte er tadelnd und legte eine Hand an Daniels Wange. Er wollte nicht, dass sich sein Freund irgendwie wehtat, nur weil er wieder kopflos handelte. Serdall hatte das Gefühl auf Daniel aufpassen zu müssen, ganz besonders nach den Dingen, die geschehen waren und in denen Daniel einfach nur unüberlegt gewesen war. Seufzend lächelte Serdall leicht und ließ seine Hand in Daniels Nacken gleiten. Das war typisch Daniel. Übermütig wie eh und je. Ihn zu sich ziehend, hielt Serdall ihn mit der anderen Hand ruhig, während er seine Zunge leicht über Daniels rote Lippen und spielerisch dazwischen gleiten ließ. Einen Moment erwiderte Daniel den Kuss und löste sich kurz darauf wieder, nur um kurz an Serdalls Unterlippe zu knabbern und dann wieder seine Lippen in Beschlag zu nehmen. Wie Serdall wollte hielt Daniel still, obwohl ihm nur das simple Fühlen des steifen Gliedes in sich nicht ausreichte. Aber er wusste, dass er mal wieder wirklich zu schnell machte und sein Wunsch sich ohnehin auf kurz oder lang erfüllen würde. Daniel ließ seine Hände sanft Serdalls Oberkörper entlang gleiten, die Seiten hinab und über das markante und wunderschöne Gesicht. Verliebt lächelte er und fuhr ein paar mal die Nase sowie die leicht geröteten Lippen entlang. Serdall musste auf Grund der weichen Finger, die ihm im Gesicht kitzelten, leise lachen. „Du sagst ja gar nix mehr“, flüsterte er leise und strich durch Daniels Haare. „Du weißt nicht, wie schön es ist dich wieder so zu spüren, dich so zu sehen“, fuhr Serdall leise fort und seine Hände wanderten an Daniels Seiten hinab zu dessen Becken und strichen leicht über die Oberschenkel. Lächelnd sah Serdall in Daniels Gesicht, in dem die Ungeduld schon geschrieben stand. „Ich liebe es, wenn du so guckst“, hauchte Serdall leise und hob seinen Kopf leicht, um Daniels Lippen zu küssen. „So, als ob du mich gleich lynchen würdest, wenn ich nicht langsam zur Sache komme…“ Serdall lachte leise und ließ seinen Kopf zurück in die Kissen gleiten. Er war so glücklich im Moment. Es war ihm egal, dass er Dinge sagte, die er sonst nie so aussprechen würde, besonders wenn sie gerade Sex hatten. Doch es war ihm egal. Alles. Hauptsache Daniel liebte ihn. „Jaaa, ich kann mir denken, dass du es genießt, mich so zu quälen“, meinte Daniel gedehnt, konnte sich jedoch ein Grinsen nicht verkneifen. „Allerdings habe ich auch so meine Mittel, dich um den Verstand zu bringen.“ Kaum gesagt zog Daniel seine Muskeln einige Male hart um Serdalls Glied zusammen und wartete auf eine Reaktion. Hart biss sich Serdall auf die Lippe, ehe er schelmisch lächelte. Wer hier wohl die bessere Beherrschung hatte? Sie würden es schon herausfinden. Er ließ seine Hände an Daniels Hüfte greifen und hielt seinen Freund so fest. „Und ich liebe es, wenn du mit mir diesen Kleinkrieg ausfechten willst“, meinte er leise und stieß einmal langezogen in Daniel um sanft wieder herauszugleiten und dann in die Ausgangsposition zu verfallen. Daniel hatte sich auf die Lippe gebissen, um ein Stöhnen zu unterdrücken, allerdings verriet ihn der Schauer, der durch seinen Körper rann und ihn leicht zittern ließ. Serdall, dieser kleine intrigante Mistkerl, wusste leider genau, wie er ihn kriegen konnte. Zwar versuchte Daniel wie immer ihm standzuhalten, doch er wusste, dass er den Kampf eigentlich schon verloren hatte. Nichtsdestotrotz blieb er still auf Serdall in halb sitzender, halb liegender Position und blitzte ihn etwas gekränkt an. „So schnell gebe ich heute nicht auf“, verkündete er entschlossen und reizte Serdalls Glied erneut, während seine Hände die empfindlichen unteren Rippenböden entlang glitten. Serdall stöhnte ungehemmt, aber dabei war sein Mund immer noch amüsiert verzogen. „Na dann lassen wir das Spiel beginnen“, hauchte Serdall an Daniels Ohr und verbiss sich augenblicklich in die empfindliche Stelle darunter und saugte heftig daran, während er Daniel wieder einmal in voller Länge ausmaß und sogleich erneut inne hielt. Eine Hand löste sich von Daniels Hüfte und wanderte zwischen sie, um zaghaft mit einem Finger über Daniels Eichel zu reiben. Serdall rann ein heißer Schauer über die Haut, als ein kehliger Laut zwischen Daniels Lippen hervortrat. „Gibst du auf?“, fragte er verführerisch und leckte über seine Ohrmuschel. „Nie…mals“, keuchte Daniel abgehackt, die Augen fast qualvoll geschlossen. Emotionen schossen durch seinen Körper, Erregung machte sich in stärkstem Maße in ihm breit und er konnte das starke Zittern seiner Hände nicht mehr unterdrücken, die jetzt von Serdalls Körper auf das Laken glitten und sich dort festkrallten. Er durfte Serdall nicht immer seinen Willen durchsetzen lassen, wollte auch mal das Ruder in der Hand haben, aber gerade… Scheiß drauf, er würde es Serdall das nächste Mal beweisen, dass er durchaus über eine starke Selbstbeherrschung verfügte. „Ist ja gut, du hast gewonnen“, verkündete er stöhnend, da Serdall einen weiteren Atem raubenden Stoß ausgeführt hatte. Vergnügt lachte Serdall und küsste sich so gut es ging über Daniels Schulter. „Sieg“, hauchte er leise an Daniels Ohr und gab nun sein Becken frei, um mit den Händen Daniels Gesicht zu umrahmen. „Und du bist meine Trophäe“, wisperte er an den roten Lippen, ehe er Daniel forsch küsste, um endlich die gewünschte Hitze auch in sich zu entfachen, die er so zwanghaft beherrscht und unterdrückt hatte. Seine blaugrünen Augen hefteten sich geradezu auf Daniels Antlitz, trotz ihres innigen Kusses. Serdall begann die ersten, tiefen Stöße, sobald das Blut in seinen Ohren zu rauschen zu begann und seine Sinne nur noch von Daniel ausgefüllt waren. So hörte er auch nicht, wie es an der Tür deutlich klopfte, bis es schon zu spät war und sich ein überdeutliches Räuspern in seinem Gehörgang bemerkbar machte. Geschockt hielt er inne und sah an Daniel vorbei und… „FEI!“, kreischte er geradezu und schnappte sich eine Decke, um sie über Daniel zu werfen und so auch ihre Intimität zu verdecken. Geschockt zuckte Daniel zusammen und verkrampfte sich, als er einen Blick über die Schulter warf und tatsächlich Serdalls Bruder im Türrahmen stehen sah. Serdall selbst stöhnte etwas schmerzvoll und Daniel versuchte sich wieder zu entspannen. Wie eingefroren saß er in Serdalls Schoß und starrte zur Tür, ehe er die Decke etwas fester um sich zog und seinen hochroten Kopf in Serdalls Halsbeuge vergrub. Es war eine Sache, wenn Fei sie dabei erwischte, wie Daniel Serdall befriedigte, aber alles in allem nicht sehr viel sah, eine andere war es, wenn sie beim Sex beobachtet wurden. Dustin war schlimm genug, aber der Typ war ohnehin sexbesessen, dem machte es nichts aus und war deswegen für sie beide nicht so schrecklich gewesen, aber Serdalls Bruder… Das war dann selbst Daniel zu viel. „Serdall, ich habe geklopft, aber…“ Ein Grinsen schlich sich in Feis Züge, als Serdall ihm hochrot über Daniels entblößter Schulter entgegenblickte. „Es ist gerade sehr unpassend“, fauchte der Violinist wütend und legte eine Hand auf Daniels Hinterkopf. „Jetzt reiß dich zusammen, ich brauch nur kurz. Es geht um…“ „Hau ab!“, rief Serdall wütend, doch Fei dachte nicht daran und verschränkte die Arme. „Jetzt sei nicht so kindisch. Ihr tut gerade so, als ob ich so etwas noch nie gesehen habe. Macht ruhig weiter, ich muss dir nur sagen… äh, Serdall?“ Knurrend schob sich der Schwarzhaarige plötzlich mit Daniel aus dem Bett. Serdall fasste Daniel bei den Oberschenkeln, während jener die Decke fest um sie hielt. Entschieden stand er mit Daniel auf seinen Hüften und knallrotem Gesicht auf. Seinem Bruder einen tötenden Blick zuwerfend, ging er festen Schrittes an ihm vorbei und zum Bad, wo er die Tür hinter sich zutrat und abschloss, nachdem er Daniel gegengelehnt hatte, ihn immer noch festhaltend, wobei Daniel die Arme um seinen Hals geschlungen hatte, um nicht herunter zu fallen. „Scheiße“, zischte Serdall aggressiv. „Warum haben wir nur nicht abgeschlossen?“ „Weil ich nicht wollte und es für unnötig hielt“, erwiderte Daniel betrübt und starrte an die Wand. Irgendwie schien in letzter Zeit alles schief zu laufen. Erst ihre durch Fei herbeigeführte Trennung, sein Absturz bei Kai, die vielen Streitereien, als sie endlich wieder zusammen waren, seine Überreaktion und die aufgeschlitzten Pulsadern und jetzt wurden sie auch noch beim Sex gestört, weil er seine Finger nicht für zehn Sekunden von Serdall lassen konnte. „Bin ich nicht schwer?“, fragte Daniel leise, da er immer noch auf Serdalls Hüften saß. Die Decke hing nur noch an einem Zipfel zwischen ihnen. „Ein wenig“, gab Serdall zu und sah Daniel wehmütig ins Gesicht. Er sah es Daniel an, dass er sich die Schuld hierfür gab und das wollte Serdall definitiv nicht. „Guck nicht so“, hauchte er gegen Daniels Lippen und küsste ihn kurz. „Der Weltuntergang ist es auch nicht mehr. Fei ist ein Arsch. Langsam glaub ich, dass er das absichtlich macht“, knurrte er leise und zupfte die Decke von ihnen, um sie mit einer kleinen Verrenkung und ohne Daniel fallen zu lassen auf die Fliesen zu drapieren, um dann seinen Freund darauf zu betten. Dabei glitt er keine Sekunde aus ihm. Er kniete zwischen Daniels Beine, die immer noch um seine Hüften geschlungen waren, ehe er wieder einen leichten Rhythmus aufnahm. „Gib dir nicht für alles die Schuld“, murrte Serdall leise, als Daniel immer noch ziemlich traurig dreinsah und anscheinend seine Stimmung nicht mehr aufkommen wollte. Serdall fragte sich langsam echt, was Fei so wichtig war, das er sie so stören musste. „Ist gut“, murmelte Daniel. Seine Stimmung hellte sich allmählich wieder auf. Einerseits, weil Serdall ihm so gut zuredete, andererseits, weil sich erneut Erregung in ihm breit machte. Er schlang seine Beine um Serdall und webte seine Finger in die schwarzen Haare, bevor er Serdall in einen langsamen Kuss verwickelte. Den doch noch recht guten Ausgang ihres Liebesspieles genießend schloss er die Augen und kam den Stößen leicht entgegen. „Auf dem Badezimmerboden haben wir es auch noch nicht getan“, meinte er leise lachend. „Nicht direkt“, zischte Serdall leise und konzentrierte sich darauf, Daniel wieder stöhnend unter sich liegen zu haben. Er würde Fei zumindest die Meinung sagen, das stand definitiv fest. Er hatte unter Garantie gehört wobei er sie stören würde und war trotzdem reingekommen. Keuchend öffnete Serdall die Augen und sah Daniel in das gerötete Gesicht mit den sanften und schönen Zügen, die er so sehr liebte. Nicht mehr an Fei denkend küsste Serdall Daniel innig. Sein Herz machte einen Hüpfer, schien für einen Moment zu stocken, als Daniel sich stöhnend von ihm löste und die Kehle dabei streckte, als er den Kopf in den Nacken legte. Heißkalte Schauder brannten sich durch Serdalls Körper. Er wurde einfach nur immer wieder schwach bei dieser Stimme. Sich eng an Daniel schmiegend, nutzte Serdall die Reibungsenergie zwischen ihren Körpern, um auch Daniels Glied vermehrt zu reizen, während er sich über den Kehlkopf seines Liebsten leckte und den salzigen Geschmack genoss. Daniel ließ seinen Kopf so überstreckt im Nacken liegen und genoss Serdalls Liebkosungen, während er sich erregt auf die Unterlippe biss. Fahrig wanderten seine Hände über Serdalls leicht feuchten Rücken. Alle Gedanken an die Störung durch Fei waren wie weggeblasen und alles, was seine Sinne beherrschte, hatte mit Serdall zu tun. Seufzend drehte er seinen Kopf ein wenig, als die flinke Zunge, die eben noch an seinem Kehlkopf gewesen war, sich einen Weg zu seinem Ohr bahnte und somit erneute Schauer durch Daniels Körper jagte. „Ich komme gleich“, raunte er heiser in Serdalls Ohr. Erzitternd schloss Serdall die Augen. Himmel, er liebte diese Stimme einfach nur. Stöhnend ließ Serdall seinen Kopf in Daniels Halsbeuge fallen und versuchte seinen eigenen Höhepunkt lang genug zurück zu halten. Er war auch kurz davor sich einfach gehen zu lassen. Sich mit beiden Händen auf der Decke abstützend schlug er einen schnelleren Rhythmus an, bei dem das laute Klatschen von Haut auf Haut im Raum erscholl. Schweiß tropfte von seiner Stirn und vermischte sich mit Daniels auf dessen Brust. Serdall spürte, wie Daniels Körper sich konvulsivisch und pulsierend um ihn herum anspannte. Fingernägel gruben sich an den Schulterblättern in Serdalls Haut und auch er kam nur wenige Sekunden, nachdem Daniels Sperma sich heiß zwischen ihren Bäuchen entladen hatte. „Ich liebe dich“, hauchte Serdall atemlos und wechselte unbewusst wieder ins Japanische, ehe er auf Daniel zusammensank und sich eng an ihn klammerte. „Ich liebe dich auch“, erwiderte Daniel, denn die Bedeutung dieser Worte hatte er dann doch schon etwas länger erschlossen. Ermattet aber glücklich und befriedigt ließ er seine Arme locker auf Serdalls Rücken liegen und schloss seinem Orgasmus nachfühlend die Augen. Etwas später stiegen sie unter die Dusche, bevor sie Hand in Hand zurück ins Schlafzimmer gingen. Fei war nicht mehr zu sehen, was Daniel innerlich aufatmen ließ. Wäre er noch hier gewesen, dann wäre Serdall hundertprozentig wirklich noch auf ihn losgegangen. „Und jetzt?“, fragte Daniel mit leicht schief gelegtem Kopf. „Gehen wir gleich zu Fei oder warten wir, bis er wieder zu uns kommt?“ Sich erst einmal anziehend, überlegte Serdall etwas zu lange. Irgendwie war sein Hirn gerade in den Sparmodus gewechselt, nach dem intensivem Sex mit Daniel. „Wir müssen sowieso runter gehen. Taki wird bestimmt auch schon wieder auf dich warten“, meinte er lächelnd und umarmte Daniel nochmal, als jener sich auch endlich komplett angezogen hatte. „Ich dreh Fei den Hals um, wenn es nicht wirklich wichtig ist“, murrte er leise und legte einen Arm um Daniel. Besorgt sah er kurz auf Daniels Handgelenk. Daniel hatte ihm versichert, dass alles okay war, aber Serdall war sich sicher, dass er Schmerzen hatte. Seufzend küsste er Daniels Schläfe. Sie beide waren echt nicht mehr zu retten. Daniel mit sich ziehend gingen sie nach unten. Im Türrahmen zum Wohnzimmer stockte er kurz. Fei und Taki waren anwesend und… „Yoshiko? Was machst du denn hier?“, fragte Serdall auf Japanisch und machte große Augen. Er hätte nicht gedacht sie je wieder zu sehen. Daniel verlegte sich lieber aufs Handeln, statt stocksteif stehen zu bleiben und nur ungläubige Fragen zu stellen. Mit wenigen Schritten war er bei Yoshiko und umarmte sie. „Hey“, grüßte er lächelnd. Er hatte nicht vergessen, was sie für ihn und Serdall getan und auch riskiert hatte. Scheinbar hatte Fei, nachdem er die Beziehung zwischen ihnen doch noch geduldet hatte, auch Yoshiko von ihrer Strafe befreit. Was auch immer sie in Japan jetzt tun musste. Aber bei ihrer Familie zu sitzen und auf den nächsten womöglich schrecklichen Ehemann zu warten, war auch schon schlimm genug. „Wie kommt es, dass sie wieder hier ist“, wollte Daniel ebenfalls wissen, als er sich wieder von Yoshiko gelöst hatte, die doch etwas verdutzt drein sah und leicht gerötete Wangen hatte. Fei lachte amüsiert und Serdall schoss schlagartig das Blut ins Gesicht, als sein Bruder auf sie zukam. „Ich wollte es euch schon vorhin erzählen, doch ihr wolltet mir ja nicht zuhören“, erklärte Fei zwinkernd, wobei Serdall plötzlich die Fäuste ballte. Daniels Hand, die sich auf seine verkrampfte legte, beruhigte ihn jedoch und Fei fuhr auch fort. „Sie ist die Haushälterin, die ich euch an die Seite stellen möchte, bevor ich wieder abreise.“ Serdalls Augen waren schmal. Fei schien wirklich alles wieder gutmachen zu wollen und auch Yoshiko gegenüber gerecht zu sein. So würde die junge Japanerin dem Zwang ihrer Familie entkommen können. Es würde ihr die Freiheit versprechen. „Ich danke dir und ich bin sehr glücklich, dass sie es ist“, sagte er in seiner Muttersprache, damit Yoshiko nicht vollkommen außen vor blieb. „Schön, dass du hier bist“, meinte Serdall lächelnd und sah ihr offen ins Gesicht, ehe er wieder nach Daniels Hand griff, um sie mit seiner zu verschränken. „Also ich finde es klasse, dass sie die angekündigte Haushälterin ist. Ehrlich gesagt war ich etwas skeptisch, was diesen Job angeht, weil wir eigentlich ja ganz gut zurecht kommen, aber bei dir mache ich eine Ausnahme“, meinte Daniel ebenfalls, da er kein Wort von dem verstand, was Serdall gesagt hatte. Als ihm einfiel, dass Yoshiko ihn wohl auch nicht verstanden hatte, wiederholte er sich noch einmal auf Englisch und erntete ein zurückhaltendes Lächeln. Von der zuletzt so impulsiven Yoshiko war nicht mehr wirklich viel zu sehen und Daniel legte etwas skeptisch den Kopf schief. Yoshiko spielte währenddessen unbemerkt mit ihren Fingern. Sie war nervös, da sie keine Ahnung hatte, was sie von dieser Situation halten sollte. Plötzlich kamen alle so gut miteinander aus, sogar Serdall und der Oyabun, die so extrem zerstritten waren, als sie wieder zurück nach Japan geschickt wurde. Warum genau sie jetzt wieder hier war, war ihr auch ein Rätsel, allerdings wollte sie nicht durch eine unbedachte Aussage riskieren, wieder abreisen zu müssen. Nichts wäre schrecklicher, als wieder zurück zu ihrer Familie, vor allem ihrem Vater zu müssen, der ihr deutlich klar gemacht hatte, was er von ihrem aufsässigen Verhalten und der verpassten Chance, den Bruder des Oyabun zu heiraten, hielt. Der Beweis dafür lag gut unter ihrer Kleidung verborgen. Auch Serdall sah Yoshiko nun an, dass sie anders wirkte. Sie hatte einen seltsamen Zug um die Augen herum, der sie unglücklich wirken ließ. Eine Augenbraue nach oben ziehend sah Serdall kurz zu Fei. Er sah es ihm an, dass er etwas ahnte und als Fei den Mund verzog und sich abwandte, wurde auch Serdall klar, was Yoshiko womöglich wiederfahren war. Den Blick abwendend strich Serdall sich einmal durch die Haare. Jeder hier hatte auf gewisse Weise sein Opfer gebracht, egal wie groß, wie klein… „Daniel, ich muss kurz mit ihr allein reden“, meinte er leise zu seinem Freund und sah ihm ernst in die Augen. „Ist das in Ordnung? Wenigstens warum sie nun hier sein darf sollte sie wissen.“ Daniel musste nur kurz überlegen, dann nickte er knapp. „Klar, lasst euch Zeit und sprecht euch in Ruhe aus. Ich bin in meinem Zimmer und arbeite den Stoff für die Uni ein wenig auf.“ Er gab Serdall noch einen kurzen Kuss und ging dann wie angekündigt nach oben. Serdall sah Daniel einen Moment nach ehe er Yoshiko bedeutete ihm zu folgen. Er hatte keine Lust in Feis Anwesenheit mit ihr zu reden. In der Küche holte sich Serdall ein Glas und setzte sich zu ihr an den Tisch. Er griff nach ihren Händen, die auf dem Tisch wieder nervös mit einander zu spielen angefangen hatten. „Keine Sorge, Yoshiko. Es ist alles wieder in Ordnung und du bist hier ab jetzt in Sicherheit. Fei hegt keinerlei Groll mehr gegen mich und lässt mich mein Leben leben.“ Aufmunternd lächelte er sie an und strich mit dem Daumen über ihren Handrücken. „Dein Vater hat dich geschlagen, nicht?“, fragte Serdall gerade heraus und sah das leichte Zucken in ihrer Gestalt. Das war so üblich bei diesen traditionellen Familien in Japan, bei Ungehorsam solche Mittel anzuwenden, besonders in den Kreisen der Yakuza. Zumindest wusste Serdall nur so darum. „Es ist nicht so, als hätte er das nicht schon öfter getan“, versuchte Yoshiko die Sache herunterzuspielen, doch sie konnte das leichte Zittern in ihrer Stimme nicht gänzlich vertreiben. Es stimmte, dass ihr Vater versucht hatte, sie auf diese Weise zu erziehen, doch dieses Mal war seine Wut fast grenzenlos gewesen. „Weißt du“, fuhr sie schnell fort, um Serdall keine Möglichkeit auf einen Einwurf zu lassen, „eigentlich ist es mir fast egal, warum ich jetzt hier bin. Ich bin einfach froh, dass ich hier bin. Nächsten Freitag hätte ich heiraten sollen. Irgendeinen fremden Buchhalter mit Verbindungen zur Yakuza, den mein Vater nicht wirklich kennt, der aber Geld und Einfluss hat und mich davor bewahren sollte, noch einmal so eine Dummheit zu machen und…“ Sie stoppte, als Tränen sich den Weg über ihre Wange bahnten. Peinlich berührt entzog Yoshiko Serdall ihre Hände und wischte sie sich schnellstmöglich weg. „Entschuldige“, murmelte sie mit leicht wacklig. „Du hast bestimmt viel Schlimmere Sachen durchmachen müssen.“ Serdall stand auf und nahm sie in den Arm. „Vielleicht“, murmelte er leise und strich ihr über die Wange, wobei er ihr in die braunen Augen sah. „Doch das ist alles vorbei. Du lebst ab jetzt bei uns und du wirst selbst über dich entscheiden. Daniel und ich freuen uns, dass du hier sein kannst und ich wette, du wirst eine nette Haushälterin. Natürlich bezahle ich dich dafür und du musst nur solange hier bleiben, wie es dir gefällt. Ich werde dir absolut freie Hand lassen. Nur bei Taki und Daniel solltest du Rücksicht nehmen. Ich sehe es nicht gern, wenn man meinen Liebsten in irgendeiner Art Ärger bereitet“, meinte er mit einem Zwinkern, ehe er sich ihr wieder gegenüber setzte. Yoshiko zeigte ihr erstes ehrliches Lächeln, seit sie angekommen war. Eine Welle der Erleichterung durchflutete sie. Es wäre für sie schon genug gewesen, wenn sie hier in irgendeinem kleinen Zimmer untergekommen wäre, egal bei was für Leuten, Hauptsache sie war ein für alle Mal weg von ihrer Familie, auch wenn sie ihre Mutter wohl vermissen würde. Sie hatte ihr nie was getan, allerdings stillschweigend den Erziehungsmethoden ihres Vaters zugesehen. Aber was hätte sie auch tun sollen? „Danke“, murmelte sie leise zu Serdall, „dass du mir diese Chance gibst.“ „Das Mindeste, was ich dir zurückgeben kann. Und Daniel liegt es scheinbar sehr am Herzen, dass du hier bist“, meinte er versonnen lächelnd und stützte seinen Kopf in eine Hand. „Leider kommst du erst einmal nur wieder in Daniels Zimmer unter, bis Fei weg ist. Dann kannst du das Zimmer in der ersten Etage ganz nach deinen Wünschen einrichten, in Ordnung?“ Serdalls Gedanken schweiften schon wieder ab, obwohl er Yoshiko ins Gesicht sah. Daniels Verletzung würde hoffentlich schnell heilen. Er hatte zwar nichts gesagt, aber Serdall hatte es ihm angesehen, dass es wehtat, wenn er seine Hand viel bewegte. Ob auch wirklich alles richtig verheilen würde? Für Serdall wäre eine Verletzung an der linken Hand in dem Ausmaß geradezu der Todesstoß für sein Geigenspiel. Ohne seine Linke konnte er die Saiten nicht greifen, die Essenz für sein Talent. Leise seufzend legte er den Kopf leicht schief und trank einen Schluck Wasser. „Ich denke du wirst dich hier schnell eingewöhnen. Und ich werde dir Deutsch beibringen, damit du besser zurechtkommst, okay?“, führte nach einer kurzen Stille aus und sah Yoshiko wieder offen ins Gesicht. „Das wäre wunderbar“, erwiderte Yoshiko glücklich und stand auf. „Möchtest du einen Tee? Wenn ich schon hier die neue Haushälterin bin, sollte ich mich auch so benehmen.“ Schelmisch zwinkerte sie Serdall zu und alles schien wieder so zu sein, wie vor ihrer kurzen Rückkehr nach Japan. Daniel saß an seinem Schreibtisch über seine Bücher gebeugt und schrieb sich einige Sachen auf einen extra Zettel. Er konnte fast gar nicht glauben, wie sehr Fei seine Meinung geändert hatte und das alles dank einer einzigen, wenn auch ziemlich dramatischen Tat von Serdall. Alles, was schlecht gewesen war, war jetzt auf einmal in Ordnung und er akzeptierte alles. Nun, Daniel würde sich nicht beschweren. Seltsam war, dass Yoshiko sich auf einmal so zurückhaltend benahm. Lag es daran, dass Fei anwesend war? Immerhin hatte sie ihm in erster Linie die Hochzeitspläne und später ihr Rückflugticket nach Japan zu verdanken. Serdall sprach gerade mit ihr, er würde Daniel bestimmt nachher über alles in Kenntnis setzten. Es klopfte an der Tür. „Ja?“, rief Daniel und setzte noch schnell einen Punkt an das Ende des Satzes, ehe er sich umdrehte. „Na, du kleiner Pornostar“, grüßte Dustin ihn gut gelaunt und trat in das Zimmer ein. Grinsend ging er zu Daniels Bett und setzte sich darauf. „Ihr habt Fei ja ne ganz schöne Show geboten, was?“ Der Blonde sah belustigt dabei zu, wie Daniels Kopf eine wunderbare Rotfärbung annahm. Das hatte er auch schon ewig nicht mehr bei ihm gesehen, zumal Daniel eh kaum etwas peinlich war. „Woher weißt du das denn jetzt schon wieder?“, fragte Daniel und legte den Kugelschreiber beiseite. Er bettete sein bandagiertes Handgelenk auf seinem Schoß, da es, seit er seine Bücher gewälzt hatte, ziemlich schmerzte. Er wunderte sich immer wieder, warum Dustin über jedes Missgeschick, das in diesem Haus passierte, informiert war. Gerade Feis Unterbrechung ihres Liebesspiels von vorhin hätte er liebend gern für sich behalten. „Kikuchi ist eine alte Tratschtante“, meinte Dustin kichernd. „Fei war wohl ziemlich amüsiert oder so und hat es ihm erzählt. Tja und irgendwie scheint es echt was Besonderes zu sein, wenn Al Sex mit dir hat.“ Lachend wich er dem geworfenen Kugelschreiber aus und zog dann seine Bein zu einem Schneidersitz aufs Bett. Er hatte so das Gefühl, dass endlich fast alles beim Alten war, aber er und Daniel noch ein wenig reden mussten. Sein Blick fiel kurz auf den Verband an Daniels Linken, ehe er wieder unbekümmert in Daniels Gesicht blickte. „Welche Stellung war es denn? Und was hat Serdall gemacht, als er Fei gesehen hat? Echt, eure Gesichter waren bestimmt zum schießen.“ „Jaaa, das würdest du gern wissen, was?“, meinte Daniel gedehnt und betrachtete Dustin mit hochgezogener Augenbraue. „Aber mittlerweile solltest du gemerkt haben, dass meine Lippen in der Hinsicht versiegelt sind. Frag doch deinen scheinbar neu gewonnenen Freund. Vielleicht ist der ja auch über die Einzelheiten aufgeklärt.“ Daniel streckte Dustin kurz die Zunge raus, als der beleidigt die Arme verschränkte. „So wie ich dich kenne, hättest du Fei wohl noch eingeladen mitzumachen, anstatt ins Bad zu flüchten.“ „Ihr seid ins Bad geflüchtet?“ Dustin warf sich prustend zurück und gackerte mit Tränen in den Augen. Das hätte er zu gern gesehen, wie Serdall und Daniel nackt an Fei vorbeiliefen und dabei kochend rote Köpfe hatten. Plötzlich setzte sich Dustin wieder auf und verschränkte die Arme wieder trotzig, obwohl noch kleine Lachtränen in seinen Augenwinkeln waren. „Aber warum macht ihr immer sowas, wenn ich nicht da bin?“, murrte er genervt. „Und Fei erzählt leider auch keine Details, von daher stütz ich mich auf dich als eine verlässliche Quelle, der ab und zu etwas rausrutscht.“ „Ja, leider scheine ich meine Klappe nicht ganz halten zu können“, murmelte Daniel. „Und es ist schlimm genug, wenn irgendwer reinplatzt, wenn wir Sex haben. Von Fei hätte ich eigentlich erwartet, dass er stillschweigt, was er nicht getan hat, aber bei dir weiß ich, dass du uns noch wochenlang mit den Peinlichkeiten aufziehen würdest. Ab jetzt nur noch Sex hinter doppelt verschlossener Tür“, stellte Daniel klar. „Och“, erwiderte Dustin grinsend, „so toll seid ihr dann doch nicht, dass ich bei euch spannen müsste. Ethan ist das absolut Schnuckeligste, was auf unserem Erdball wandert“, stellte er verliebt blickend klar und lachte im nächsten Moment schon wieder vergnügt. „Mensch, du weißt gar nicht wie froh ich bin, dass du wieder hier bist.“ „Ich wette du bist nur glücklich, dass du wieder einen mehr hast, der an eurer ganz zufälliger Weise offen gelassenen Zimmertür vorbeikommt und deine famosen Liebeskünste bestaunen kann“, scherzte Daniel. Dustin nickte bestätigend. „Klar, nur deswegen.“ Im nächsten Moment schüttelte er den Kopf und ging ernst auf Daniel zu, um ihn fest zu umarmen. „Ich hab dich auch so vermisst“, meinte er ehrlich und strich Daniel leicht über den Rücken. „Und ich bin wirklich glücklich, dass Serdall mit dir zusammenbleibt und wieder glücklich ist. Ohne dich wäre nie alles die letzten Jahre so gut gegangen.“ Daniel erwiderte die Umarmung und stelle peinlich berührt fest, dass seine Augen feucht wurden. Nie hätte er während der Zeit bei Kai gedacht, dass alles so gut ausgehen würde. Dass jetzt wirklich alle für die Fortsetzung seiner Beziehung zu Serdall waren, bedeutete ihm wirklich viel. Er wusste nicht, was er sagen sollte und löste sich deswegen einfach nach einigen Augenblicken wieder von Dustin. Mitfühlend strich Dustin lächelnd mit dem Daumen unter Daniels Augen entlang und setzte sich dann vor ihn auf den Boden. „Wie war das noch? Bis der Tod sie scheidet? Bei euch wird das wohl fast zutreffen, so liebeskrank allein du schon bist. Ich möchte gar nicht wissen, wie Serdall Fei überhaupt umstimmen konnte und bin auch froh, dass ihr es mir nicht wirklich sagt. Ich ahne es doch schon, wenn ich euch beiden Hornochsen ansehe“, murrte er leise und strich sich schwach durch die Haare. Er war froh, dass diese ganzen Horrorszenarien vorbei waren und sie hoffentlich zu ihrem beschaulich verrückten Leben zurückkehren konnten. Plötzlich straffte sich Dustins schlaffe Gestalt wieder und er schob die tristen Gedanken beiseite, als er Daniel wieder schelmisch angrinste. „Sag mal“, fing er an und leckte sich leicht über die Unterlippe, „hast du nun endlich auch mal mit Al geschlafen?“, wollte er interessiert wissen. Gerade nach der Sache mit Kikuchi war Ethan darauf ziemlich scharf gewesen und sie hatten es ein paar Mal ausprobiert. Ethan fand es augenscheinlich zwar nicht schlecht, so als Abwechslung, bevorzugte aber doch den anderen Part. Dustin fragte sich echt, wie das mit ihren beiden Turteltäubchen war. So verklemmt wie Daniel gerade guckte, war das wohl noch nicht Thema gewesen. Innerlich seufzte Dustin abgrundtief. Echt verkorkst, dachte er sich schwer. Zuerst dachte Daniel, dass Dustin ihn verschaukeln wollte, denn natürlich hatte er schon mit Serdall geschlafen, doch dann fiel ihm auf, wie genau Dustin seine Frage betont hatte. Er wollte wissen, ob er selbst schon einmal der aktive Part gewesen war. Geschockt starrte Daniel ihn an. „Nein?“, fragte er eher, als dass er antwortete und schüttelte stark den Kopf. Dustin rollte mit den Augen. „Warum überrascht mich das nur nicht?“, murmelte er zu sich selbst und lehnte sich leicht zurück, um Daniel entspannter entgegenzublicken. „Hast du denn nicht ein einziges Mal die Lust verspürt, Serdall auch so zu fühlen wie er dich? Ehrlich, ihr seid doch nun schon so lang zusammen, da dachte ich, dass ihr es wenigstens probieren würdet.“ „Ich weiß nicht“, meinte Daniel unsicher und legte den Kopf leicht schief. „Bislang war ich eigentlich sehr zufrieden. Es fühlt sich so herum einfach richtig an. Ich liebe es, wenn Serdall mich nimmt, diese doppelte Reizung ist einfach irre. Außerdem hätte ich keine Ahnung, was ich machen soll.“ „Das ist ‘nen Witz, oder?“, knurrte Dustin leise. „Du bist wohl der, der es wohl am besten weiß. Ich meine, man weiß doch worauf es ankommt, wenn man es selber schon getan hat. Da ist das echt nur eine Ausrede. Selbst Ethan war ganz wunderbar, als er mit mir geschlafen hat“, vertraute Dustin ihm an. „Auch wenn er seine Bedenken hatte, hat er es sich wenigstens getraut. Und du weißt wie schüchtern er gegenüber neuen Dingen ist.“ Die leichte Röte in Daniels Wangen ließ Dustin lachen. Da hatte wohl jemand wieder ein Kopfkino. „Wovor hast du denn Angst?“ Kurz schüttelte Daniel den Kopf, um die Bilder von Ethan, der sich mit langsamen Stößen in Dustin vergrub, zu vertreiben. Das wollte er echt nicht sehen. Er bewunderte Ethan heimlich für den enormen Wandel, den er durchgemacht hatte. Vom schüchternen Jungen zum extrovertierten Lover. Unglaublich. Seufzend sah Daniel schließlich zu Dustin. „Ich weiß nicht, warum ich mich davor drücke, Serdall auch mal danach zu fragen“, erwiderte er kleinlaut. „Ich glaube ich habe einfach nur Schiss, dass ich ihm wehtue oder er es total schrecklich findet, weil er nun mal nicht gänzlich schwul ist.“ Resigniert zuckte Daniel mit den Schultern. Dustin biss sich leicht auf die Lippe. Klar, Serdall war in der Hinsicht ziemlich konservativ, aber schließlich war er mit einem Mann zusammen, da gehörte das nun auch mal dazu. „Daniel, wo ist dein Selbstwertgefühl? Er liebt dich doch, sonst hätte er all den Mist nicht für dich durchgestanden und hätte eine dieser japanischen Schnepfen geheiratet. Ihr sollt es doch nur ausprobieren, damit auch Serdall weiß, was du eigentlich genau empfindest und du im Gegenzug, was er bei dir spürt. Ist das denn so schlimm? Und momentan sieht er mir schon so aus, als ob er sich für den Rest seines Lebens dir verschrieben hat“, murrte Dustin noch am Ende und stützte seinen Kopf in beide Hände. „Was soll denn schief gehen?“ „Das habe ich dir eben schon beschrieben“, erwiderte Daniel leicht gereizt. Das war einfach kein Thema, das er eigentlich diskutieren wollte. „Außerdem kann noch so vieles passieren. Ich meine, ich bin es gewohnt, mit Serdall zu schlafen, aber das erste Mal ist doch etwas Anderes. Wer weiß, ob ich ihn genug dehne, ob er sich überhaupt entspannen kann, ob es für ihn überhaupt schön ist. Mir gefällt es so, wie es ist, warum sollte ich es riskieren?“ „Himmel“, zischte Dustin leise, ließ sich zurückfallen und kam auf dem Teppich zum Liegen. „Liebst du Serdall oder nicht? Bisher ist der Sex höchstwahrscheinlich für Serdall nur wie mit einer Frau“, knurrte Dustin leise. „Ihr seid doch gleichgestellt, oder? Dann solltest du auch mit ihm schlafen und ich wette mit dir, mit den Sorgen, die du jetzt schon hast, wird es schon gutgehen.“ Er sah wieder zu Daniel. Ihm war bewusst, dass er mit seinen Äußerungen zu weit ging, dass er die Sache überspitzte, doch Daniels Einstellung war ja nicht wirklich hilfreich. „Du weißt doch wie schön es ist, wenn du ihn spüren kannst, wieso willst du so egoistisch sein und es ihm vorenthalten?“ Dustins Worte spukten in Daniels Kopf umher. Kai hatte auch gesagt, dass Serdall in ihm nur einen Frauenersatz sah. Daniel dachte selbst, dass Serdall sich in ihn als Person verliebt hatte und den Fakt, dass er ebenfalls männlich war, eben einfach hingenommen hatte. Wären sie nicht mehr zusammen, würde Serdall sich wohl wieder nach einer Frau umschauen, statt noch einmal was mit einem Mann anzufangen. Wenn er Daniel allerdings erlaubte, mit ihm zu schlafen, dann wären diese Zweifel, die Daniel hegte, wie weggewischt. Außerdem fragte er sich, ob er Serdall wirklich etwas vorenthielt. Er hatte nie den Anschein gemacht, als ob er ihre Rollen im Bett gerne auch mal tauschen wollte. Allerdings hatte Daniel auch nie etwas in der Richtung verlauten lassen, in Wahrheit aber schon mal darüber nachgedacht. Einfach aus dem Grund, weil er selbst noch nie die Erfahrung gemacht hatte, wie es war, in jemandem zu sein. „Na?“, fragte Dustin ihn spitzbübisch lächelnd. „Klingt doch alles nicht so unlogisch, oder?“ Dustin erhob sich vom Boden und strich sich ein paar Knitterfalten aus der Hose. „Und stell dir mal deinen Schatz einfach nur stöhnend unter dir vor. Ungeduldig bettelnd, sich unter dir windend, weil du ihn mal in der Hand hast“, flüsterte Dustin an Daniels Ohr und kicherte dann vergnügt, als Daniel nach ihm schlug. „Ehrlich, wenn du so was machst entwickle ich teilweise echt einen enormen Hass auf dich“, meinte Daniel düster, doch das Grinsen, das er nicht ganz unterdrücken konnte, strafte seine Worte lügen. Außerdem sah er dank seiner erneut knallroten Wangen, denn leider hatte sich dank Dustins Worten ein ziemlich eindeutiges Bild vor seinem inneren Auge manifestiert, nicht wirklich Furcht erregend aus. „Ach komm, tief im Inneren bist du immer noch der versaute Daniel, den ich als Schüler vernascht habe. Ich weiß doch, was du toll findest“, erklärte Dustin stolz und ging sicherheitshalber ein wenig auf Distanz. Der Kleine schaute sich ab und zu viel zu viel von Serdall ab, da musste man unweigerlich aufpassen. Doch Daniel gab Dustin für diesen Kommentar keinen gespielten Schlag, sondern blieb ruhig auf seinem Stuhl sitzen. „Du hast ja recht“, meinte er und ignorierte Dustins perplexen Gesichtsausdruck. Eigentlich war er tatsächlich ziemlich offen, was Neuerungen in seinem Sexualleben anbelangte, doch Serdall war da eher recht bodenständig. Überrascht zog Dustin eine Augenbraue nach oben. „Also wirst du mit Serdall darüber reden?“ Obwohl Serdall plötzlich von unten zum Essen rief, wartete Dustin auf eine Antwort von Daniel. Das wäre mal ein Fortschritt. Denn was hätte Serdall verpasst, wenn er wirklich wieder geheiratet hätte? Dustin glaubte, dass es eine wichtige Erfahrung war für seinen Schwager und auch für Daniel war, die sie unbedingt machen mussten. Zumindest er und Ethan waren wirklich glücklich darüber, dass sie es getan hatten, das wollte er Serdall und Daniel auch gönnen. Und Daniel würde Serdall nicht vergewaltigen, so wie er sich das wohl schmerztechnisch ausmalte. Es tat weh, wenn man es noch nicht kannte, ja, aber Serdall würde das auch überleben und den anderen Teil genießen. „Ja, ich rede mit ihm“, erwiderte Daniel nach kurzem Zögern. Eigentlich wollte er es echt mal ausprobieren. „Mal sehen, wann sich die passende Gelegenheit bietet.“ Dustin begann zufrieden zu grinsen. Er war ja mal gespannt, wie sich das entwickeln würde und auch Serdalls Reaktion würde er auch gern wissen, doch das würde Daniel ihm wohl kaum erzählen. Seufzend legte er einen Arm um Daniels Schultern und gemeinsam gingen sie zum Essen. So zahlreich wie im Moment waren sie wohl noch nie gewesen. Doch es wurde eine ganz nette Runde und bis zum Abend ein relativ entspannter Samstag, im Vergleich zur letzten Zeit. Ende Kapitel 20 Kapitel 21: ------------ Kapitel 21 Nachdem Taki ins Bett gegangen war, begannen Serdall und Fei zu trinken, zu Serdalls Glück seinen heißgeliebten Scotch. Sie redeten fast wie in alten Tagen und man sah es dem Violinisten an, dass es ihm gut tat, sich endlich mit seinem Bruder versöhnt zu haben. Als die Flasche Scotch fast leer war, war Fei schon ziemlich betrunken und verließ das Wohnzimmer leicht schwankend. Schließlich war der Oyabun nur in seinem Sake trinkfest. Amüsiert grinsend schenkte sich Serdall nach, wobei er sich nach Daniel umsah, der sich mit Yoshiko und Dustin unterhielt. Lächelnd beobachtete er seinen Freund nun und wartete darauf, dass er zu ihm sah. Als hätte Daniel den Blick auf sich gefühlt, sah er zu Serdall. Es würde ihn mal interessieren, wie sein Freund sich betrunken aufführte, denn die paar Gläser Scotch, die Serdall oft zur Beruhigung trank, führten ihn nicht wirklich in diesen Zustand. Heute allerdings schien er schon einiges intus zu haben, wenn er auch noch nicht so hinüber war wie sein Bruder. Gut gelaunt zwinkerte Serdall Daniel zu und lehnte sich dabei ein wenig zurück. Gemächlich trank er bis zum letzten Rest, der in der Scotchflasche war, ehe er nachdrücklich das Glas auf den niedrigen Tisch vor dem Sofa abstellte. Yoshiko verabschiedete sich in diesem Moment von ihnen und erklärte, dass sie vom Flug noch sehr müde sei. Da nur noch Dustin da war, stand Serdall auf und ging hinüber zu Daniel und legte lächelnd eine Hand in seinen Nacken, bevor er ihm einen Kuss auf die Lippen hauchte. „Ich geh ins Bett“, lallte er leise. „Kommst du mit?“ Daniel schoss Dustin einen giftigen Blick zu, der mal wieder nicht anders konnte als anzüglich zu grinsen, und stand dann auf. Es war wirklich schon spät und doch recht angeheitert wollte er Serdall dann auch nicht allein hochgehen lassen. Außerdem bestand immer noch die Möglichkeit, dass Serdall jetzt offener und gesprächiger war. Zumindest zeigte sich dieser Zustand, wenn er angeheitert war. Seufzend verabschiedete er sich von Dustin und ging dann Serdall hinterher, der schon aus der Tür hinaus war. Umständlich schälte sich der Violinist aus seinen Sachen und verteilte sie überall im Zimmer. Nackt ging er ins Badezimmer, putzte sich etwas unkoordiniert die Zähne, wobei er ziemlich viel Zahnpasta auf dem Spiegel verteilte. Schulterzuckend spülte er seinen Mund aus und schmiss sich dann völlig erledigt auf sein Bett. Er wusste jetzt schon, dass er morgen einen schrecklichen Kater haben würde. Als Daniel zur Tür hereinkam, lächelte er seinem Freund wieder glücklich an und drehte sich halb auf die Seite. Leise lachte Daniel und machte sich dann ebenfalls schnell bettfertig. „Ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass ich dich mal so erleben würde“, meinte er und legte sich neben Serdall, der sofort zu ihm rutschte. Daniel schlang die Arme um seinen Freund und räusperte sich leicht, als er merkte, dass Serdall vollkommen unbekleidet war. Nicht, dass sie nicht ab und an mal nackt schliefen, aber Dustins Vorschlag schwirrte immer noch in seinem Kopf umher. Verträumt spielte Serdall mit Daniels Haarsträhnen und küsste seine Nasenspitze. „Du räusperst dich wie Fei“, lachte er leise und schob ein Bein in Daniels Schritt. „Warum bist du denn so rot?“, fragte er lasziv und schob verführerisch eine Hand über Daniels Oberkörper. „Lust auf Sex?“ „Serdall, du bist betrunken“, murmelte Daniel und versuchte die leichte Reibung an seinem Schritt zu ignorieren. Das lief überhaupt nicht so, wie er es sich gerade gedacht hatte. Nachdem sich erneut das von Dustin provozierte Bild in seinem Kopf manifestiert hatte, wollte er eigentlich mit Serdall darüber reden, doch sein Freund schien im betrunkenen Zustand körperlich sehr anhänglich zu sein. Serdall hielt in seiner Bewegung inne und sah Daniel verwirrt ins Gesicht. „Stört es dich, wenn ich betrunken bin?“, fragte er ernst und stützte sich auf einen Ellenbogen, wobei er weiter mit einer Hand über Daniels Brust streichelte. „Normalerweise wärst du zumindest jetzt Feuer und Flamme“, nuschelte er überlegend. „Stimmt irgendwas nicht? Deine Hand?“ Besorgt wollte er nach Daniels Linken greifen, doch verschätzte sich, sodass er schwer auf Daniel zum Liegen kam. „Himmel, bin ich voll“, murrte er genervt, kuschelte jedoch seine Wange an Daniel und schob seine Nase in dessen Halsbeuge. Wenn die Situation gerade etwas anders wäre, hätte Daniel sicher auf Grund von Serdalls unbeholfenen Bewegungen gelacht, doch jetzt strich er einfach über den warmen Rücken. „Mit meiner Hand ist alles in Ordnung“, beschwichtige Daniel Serdall nach einigen Augenblicken, in denen sie einfach so da lagen. „Es ist nur… Was würdest dazu sagen, wenn wir etwas beim Sex ändern würden. Also jetzt nicht für immer, sondern nur einmal zum Testen. Also was ich eigentlich sagen will…“ Daniel stockte und atmete genervt aus. „Wäre es für dich in Ordnung, wenn ich mal der aktive Part wäre?“ Geschockt hob Serdall den Kopf und sah Daniel fragend an. Jedoch konnte er diese Position nicht lange halten und ließ sich auf den Rücken fallen und zurück in die Laken. Ausgestreckt neben Daniel liegend, strich er sich fahrig durch die Haare. „Du willst mit mir schlafen“, stellte er ungläubig fest und starrte zur Decke. Daniel wollte seinen Penis in ihn stecken? Seine Augen weiteten sich bei dieser Vorstellung und er keuchte unterdrückt. „Gefällt es dir denn nicht, so wie wir es sonst tun?“ Daniel biss sich hart auf die Lippe. Serdalls Reaktion hatte ihm schon seine Meinung zu diesem Thema gezeigt. Ehrlich gesagt hatte er es fast nicht anders erwartet. Seufzend drehte er sich ebenfalls auf den Rücken. „Schon gut“, wiegelte er leise ab. „War nur so ein Gedanke.“ Serdall verzog grimmig die Augenbrauen. „Es ist nicht gut“, murmelte er leise und schob sich unkoordiniert über seinen Freund, sodass er auf seinen Lenden zum Sitzen kam. „Du willst es wirklich einmal probieren“, erkannte Serdall in diesem Moment, als er in Daniels verbissenes und trauriges Gesicht sah. Unsicher sah Serdall zwischen sie und starrte kurz auf Daniels Unterleib. „Was versprichst du dir davon?“, fragte er leise und konnte den Blick nicht von jener Region nehmen. Daniel gefiel es, wenn er es mit ihm tat und es tat nur weh, wenn sie es falsch machten, das sah er Daniel danach an. Dennoch verspürte Serdall bei dem Gedanken ein ziemlich komisches Gefühl. Daniel die Kontrolle zu überlassen… Aber zeigte das nicht, dass er ihm komplett vertraute? Nachdenklich legte er den Kopf schief. Daniel starrte an Serdall vorbei an die Decke. Serdall schien tatsächlich bei diesem Thema ziemlich skeptisch zu sein und er wollte ihm seine Meinung nicht aufzwingen. Aber zumindest darstellten sollte er seine Gedanken. „Wie du schon gesagt hast, möchte ich es einfach mal versuchen“, fing er an sich zu erklären. „Ich weiß nicht, warum genau ich auf diesen Trichter gekommen bin. Ich will vielleicht einfach mal sehen, wie es sich anfühlt, auch mal derjenige zu sein, der nimmt und nicht der, der genommen wird. Ich meine, ich bin ein Mann. Normalerweise ist es doch das, was jeder Mann tut, oder? Mit jemandem schlafen. Irgendwie denke ich, dass mir etwas fehlt.“ Serdall lehnte sich tiefer zu Daniel und sah ihm ernst ins Gesicht. „Du weißt schon, dass dieses Testen mir die zweite Jungfräulichkeit nimmt?“, murrte er leise. „Ich halte meinen Hintern nicht dafür hin, dass du es einfach nur ausprobieren willst, rein um des Sex Willen“, deklarierte er knurrend und legte sich vollständig auf Daniel. Serdall lehnte seine Wange wieder auf Daniels Brust und ließ seine Hände über dessen Seiten gleiten. „Eigentlich bin ich nicht komplett dagegen, wenn es dir wirklich was bedeutet“, flüsterte er leise und schloss die Augen. Daniel schlang seine Arme um Serdall. „Es ist auch meine zweite Jungfräulichkeit, die auf dem Spiel steht“, gab er zu bedenken. „Aber es ist nicht nur wegen des Sex. Du solltest mich langsam gut genug kennen um zu wissen, dass es mir bei dir nicht nur um das ganze körperliche Zeug geht. Wenn ich mit dir schlafe zeigt das eine Art von erweitertem Vertrauen.“ „Hm“, machte Serdall leise und spielte mit dem Zeigefinger an Daniels Brustwarze. Es wäre eine interessante Erfahrung, aber irgendwie war ihm sehr mulmig bei der Sache. Er war es gewöhnt mit Daniel zu schlafen. Es war einfach am bequemsten für ihn und Daniel mochte es. Mit dem Gedanken, dass sein Freund das bei ihm tat, konnte er sich nicht wirklich anfreunden, wenn er ehrlich war. Aber es war ein schöner Gedanke, dass es dahingehend ihre erste gemeinsame Erfahrung sein würde. Serdall begann plötzlich zu lächeln und küsste Daniel auf den Mund. „Meinetwegen, probieren wir es“, murmelte er an Daniels Lippen und sah ihn mit halbgeschlossenen Augen an. „Aber nicht jetzt“, stellte er leise klar. „Bin viel zu besoffen.“ Schwach zog er eine Decke heran und schlug sie über sich und Daniel. Vertraut legte er seine Stirn in dessen Halsbeuge und atmete einmal tief den so bekannten Duft von ihm ein. „Ich glaub Fei und so sollten dann besser auch aus dem Haus sein“, überlegte er gähnend. „Dabei brauchen wir doch ziemlich Ruhe… Am besten wir gehen in ein Hotel.“ Fahrig begannen Serdalls Hände über Daniels Haut zu streichen und seine Lippen küssten ihn am Hals. Serdall hatte Lust darauf mit Daniel einfach zu schmusen und ihn zu liebkosen, ohne wirklich den Ehrgeiz dabei zu haben mit ihm zu schlafen. Dazu war er zu fertig. Die Berührungen genießend schloss Daniel die Augen und strich ebenfalls über Serdalls warme Haut. Es bedeutete ihm wirklich unglaublich viel, dass Serdall ihm erlaubte, wenigstens einmal den Spieß in ihrer Beziehung umzudrehen und mit ihm zu schlafen. Einerseits war er glücklich, dass er die Erfahrung auch mal machen durfte und andererseits konnte Serdall ihm momentan keinen größeren Vertrauensbeweis erbringen. Jetzt wusste Daniel, dass er ihm tatsächlich verziehen hatte. Lächelnd kuschelte er sich etwas enger an seinen Freund. „Kein Hotel“, meinte er entschlossen. „Das ist irgendwie viel zu unpersönlich. Wir werden schon eine Gelegenheit finden. Auf jeden Fall muss Fei weg sein. Der scheint einen Riecher entwickelt zu haben, wann wir inmitten sexueller Handlungen sind. Und Dustin sollte auch nicht unbedingt anwesend sein. Wird schon klappen.“ „Nein, ich möchte dann wirklich nicht hier sein“, erwiderte Serdall nachdrücklich und leckte mit der Zungenspitze über Daniels Schlüsselbein, ehe er weitersprach. „Wir werden nächstes Wochenende eine Suite buchen, okay? Bis dahin hast du deinen Aidstest und wir müssen uns nicht um irgendetwas sorgen“, flüsterte Serdall leise. Er hatte wirklich kein gesteigertes Interesse, dass er dabei von irgendwem erwischt oder gestört würde. Innerlich war es ihm eigentlich wirklich unangenehm, es allein zu denken, was Daniel mit ihm vorhatte und peinlich war es auch irgendwie. Das war schließlich ein Gebiet, wo er so gar keine eigene Erfahrung hatte und sich auf Daniel verlassen musste. Nicht, dass er das nicht konnte, doch trotzdem blieb da eine leise Angst vor dem Unbekannten, wenn er es mal so ausdrücken wollte. Daniel zuckte mit den Schultern. „Wie du meinst.“ Er wollte wirklich nicht riskieren, Serdall zu widersprechen. Ein Rückzieher seitens Serdall, jetzt, wo eigentlich alles beschlossene Sache war, nur weil Daniel eine Kleinigkeit nicht gefiel, war echt nicht das, was Daniel wollte. „Irgendwie war es mir klar, dass du gleich das beste Zimmer nehmen musst, wenn du schon in einem Hotel eincheckst.“ Daniel kicherte und ließ seine Zunge über Serdalls Kinn wandern. „Letztes Mal war es ja genauso. Es war klar, dass wir miteinander schlafen. Von daher hätten wir die anderen Räume überhaupt nicht gebraucht, ein Bett hätte gereicht, aber der feine Herr muss natürlich zeigen, dass er gut betucht ist.“ Serdall richtete sich leicht auf und zog eine Augenbraue nach oben. „Ich hätte dich auch auf irgendeiner Pritsche nehmen können. Tut mir leid, dass ich dich gern weich und luxuriös bette“, knurrte er und lehnte seine Stirn an Daniels, um ihm böse in die Augen zu schauen. „Und ich steh eben auf meinen Luxus, da gibt es nichts zu verheimlichen“, stellte er nun leicht lächelnd klar. Seine Hände wanderten über Daniels Oberarme, während er sich nun wieder auf Daniels Lenden aufsetzte. „Außerdem“, hauchte er an Daniels Lippen, wobei er sie leicht berührte, „war es mir total egal, was für ein Zimmer. Die Suite war das Einzige, was mir an dem Mittwoch so schnell eingefallen ist, weil ich schon ganz verrückt nach dir war. Mein Herz hat wie wild geklopft, allein weil ich deine Hand wieder berühren konnte“, flüsterte er weiter und seine Fingerspitzen glitten zu Daniels Hals, strichen sanft hinter dessen Ohren entlang und durch die schwarzen Haare. „Mir war so, als ob es mich zerreißen würde, wenn ich nicht sofort in deine Arme sinken könnte.“ Er küsste Daniel in dem Moment tief und vergrub seine Hände fest in den Haarsträhnen. Allein die Erinnerung an jene Stunden brachte seine Gefühle zum kochen. Mit großen Augen sah Daniel Serdall an. Er war es absolut nicht gewohnt, dass sein Freund so offen war und vor allem in dem Maße über seine Gefühle sprach. Trotzdem konnte Daniel nicht die Schauer unterdrücken, die Serdalls Worte gepaart mit seinen geschickten Händen in ihm auslösten. Leise stöhnte er auf. Es wäre schwachsinnig, jetzt mit Serdall schlafen zu wollen, wenn der wohl noch nicht mal wusste, wo wirklich oben und unten war, so betrunken wie er sich benahm. Trotzdem pulsierte ein unbändiges Verlangen durch Daniels Adern. Verschmitzt lächelte Serdall, als ein Zittern durch Daniels Körper ging. „Sag mal, woran denkst du denn gerade?“, fragte er leise lachend und strich vergnügt über Daniels rote Wangen. „Das sieht echt niedlich aus bei dir, wenn du so rot bist“, stellte er mit schiefgelegtem Kopf fest. „Leider bist du sonst viel zu versaut, um so auszusehen“, seufzte Serdall leidlich und küsste Daniel wieder auf den Mund. Er löste sich wieder von seinem Freund und führte seine Lippen an Daniels Ohr. „Du denkst an den Sex mit mir, stimmt‘s?“, wisperte er. „Tze“, meinte er leise, als er sich wieder aufrichtete und Daniel ins Gesicht sah. „Ich weiß doch, dass du einfach viel zu ungeduldig bist.“ Erneut stöhnte Daniel leise auf. Verdammt, warum war Serdall nur so… so eben, wenn er betrunken war. Das war echt nicht zum Aushalten. Er machte ihn mit seinen Kommentaren und dem ganzen Gerede total wuschig und ehrlich gesagt ziemlich geil. „Ja, ich denke an Sex mit dir“, bestätigte Daniel heiser. „Aber ich denke nicht, dass es eine gute Idee wäre, da du garantiert nicht mehr treffen wirst, wenn du überhaupt in der Lage bist, Standfestigkeit zu beweisen. Von daher wäre es wohl fast das Beste, wenn du von mir runter gehst und wir einfach schlafen.“ „Du willst so schlafen?“, fragte Serdall überrascht und rutschte nachdrücklich über Daniels schon erwachendes Glied. Sein Freund griff keuchend nach seiner Hüfte, um ihn still zu halten. Serdall grinste gemein und beugte sich wieder zu Daniel herunter, wobei er sich weiter auf Daniel bewegte. „Soll ich dir einen runterholen, mein Schatz?“, fragte Serdall süffisant und stupste seine Nase gegen Daniels. Daniel kniff die Augen zusammen und zitterte leicht. Serdall so direkt und in gewisser Art und Weiser versaut hatte schon was. Hoffentlich konnte er sich morgen noch daran erinnern, damit Daniel dieses Verhalten öfter von ihm fordern konnte. „Nun, wenn du schon so fragst, wäre es wohl ziemlich dumm von mir nein zu sagen, oder?“ „Ja“, stellte Serdall fest. „Wäre schön blöd von dir“, meinte er grinsend. Er rutschte etwas tiefer, um seine Hand ungestört in Daniels Schoß zu legen und damit zu beginnen, ihn zu verwöhnen. Sich wieder vorlehnend behielt er seine Handbewegung bei und küsste sich über Daniels Oberkörper, der sich ihm entgegen bog. Fasziniert hielt er kurz inne, als sich Daniel stöhnend unter ihm wand. Seufzend strich Serdall mit seiner anderen Hand über Daniels Schläfe. „Hab ich dir schon mal gesagt, dass mich deine Stimme wahnsinnig macht?“, hauchte er ergriffen und legte seine Lippen wild auf Daniels, um einen tiefen Kuss zu fordern. Keuchend löste er sich von ihm und sah in die himmelblauen Augen, die ihn schon ziemlich lustverhangen ansahen. „Einfach nur sexy“, stellte Serdall lächelnd fest. Seine Zunge über Daniels Unterlippe wandern lassend, genoss er seine Reaktionen und die Lust, die seinen Freund zu fesseln schien. „Das werde ich mir merken“, brachte Daniel mühsam unter seinen schnellen Atemzügen hervor. „Wenn du mir das nächste Mal sagst, ich soll leiser sein, mache ich dich auf deine Aussage von eben aufmerksam.“ Genussvoll verdrehte Daniel die Augen und lehnte sich wieder ganz zurück ins Kissen. Serdalls Technik war nicht von schlechten Eltern und er hatte es gerade auch ziemlich nötig, weswegen alle Emotionen wohl mit doppelter Wucht auf ihn einprasselten. Serdalls Art machte ihn gerade einfach nur kirre. Wenn es nach Daniel ging, konnte sein Freund sich öfter mal so benehmen. Vielleicht sollte er abends etwas Hochprozentiges unter das Glas Wasser mischen? „Deine Stimme soll ja nicht jeder hören“, bestimmte Serdall kindisch. „Das will ich nicht.“ Im nächsten Moment zuckte Daniel stöhnend zusammen und kam keuchend zwischen ihnen. Serdall angelte nach einem Taschentuch und säuberte sich und seinen Freund notdürftig, ehe er wieder die Decke über sie zog und sich eng an ihn kuschelte. Jetzt machte sich echte Müdigkeit in ihm breit, die er einfach nicht mehr ignorieren wollte und auch nicht konnte. „Nacht, Prinzesschen“, hauchte er gähnend und schloss schon die Augen, wobei er sich von Daniels Wärme einlullen ließ. Es dauerte nur eine winzige Sekunden, bis er schon in einen traumlosen Schlaf fiel. Perplex starrte Daniel Serdall an, der schon selig vor sich hin schlummerte. Kopfschüttelnd zog er die Decke noch das letzte kleine Stück über sich, das Serdall wohl nicht mehr bewältigen konnte, und schloss die Arme um den entspannten Körper neben sich. Was für ein Tag. Das, was sie heute alles erlebt hatten, hätte auch für eine Woche Unterhaltung gesorgt. Wenigstens war jetzt so ziemlich alles geklärt. Lächelnd schloss auch Daniel die Augen und folgte Serdall dann einige Minuten später in Morpheus’ Arme. Unnatürlich früh wachte Serdall am nächsten Morgen auf. Seine Kehle brannte, weil sie staubtrocken war. Ächzend legte er eine Hand gegen seine leicht schmerzende Stirn. „Nie wieder Alkohol“, murmelte er fertig und sah auf Daniels Schopf, der selig schlafend auf seiner Brust lag. Wehmütig strich er ihm kurz durch die Haare, ehe er sich ziemlich schwach von ihm löste, um ins Bad zu schwanken. Leichenblass sah ihm sein Spiegelbild entgehen. Kopfschüttelnd begann Serdall gierig Wasser zu trinken. Als er seinen Durst gestillt hatte, ging er schleppend zurück ins Bett und kuschelte sich wieder an Daniel. Sein Kopf schmerzte langsam aber sicher unangenehm und ihm war leicht schlecht. Murrend verkroch er sich in Daniels Arme. Er hasste Fei wirklich, diesen Schluckspecht. Grummelnd und unverständliche Sachen murmelnd öffnete Daniel die Augen. Er musste einige Male blinzeln, um sich an das helle Licht im Raum zu gewöhnen, dann sah er etwas überrascht auf Serdall. „Du bist schon wach?“, fragte er mit vom Schlaf noch leicht belegter Stimme und rieb sich die Augen. „Wie kommt’s? Irgendwas passiert?“ „Nein. Hab nur einen Kater“, knurrte Serdall unwillig und umschlang Daniel eng mit den Armen. Er wollte nicht aufstehen und auch nicht, dass Daniel womöglich noch aufstand. Warum hatte sein Freund nur die Angewohnheit, dass er das Bett verließ, wenn er wach war? „Trotzdem. Guten Morgen“, murmelte Serdall halbherzig und küsste Daniel auf die Wange, bevor er seine Stirn wieder an Daniels Brust bettete. „Morgen“, gab Daniel zurück und versuchte erst gar nicht, sich in die Senkrechte zu bewegen. Seine lebende Fessel würde das wohl zu verhindern wissen. So genial Serdall gestern drauf gewesen war, so down war er heute Morgen. „Du, gegen Kater kann man was tun. Auf jeden Fall eine Kopfschmerztablette nehmen. Angeblich soll Rollmops auch helfen und was weiß ich was noch. Fragen wir einfach mal Dustin, der kennt sich damit wohl besser aus. Allerdings müssten wir uns dazu erheben.“ Daniel war einfach zu hibbelig, als dass er stundenlang im Bett liegen bleiben konnte. Stundenlang im Bett bleiben und mit Serdall schlafen war etwas Anderes, aber wenn er einfach nur an die Decke starren konnte, wurde er mehr als unruhig. Abgrundtief seufzend rollte Serdall mit den Augen. Er hatte es doch gewusst. „Nur noch fünf Minuten, dann kannst du aufstehen. Ich beweg mich keinen Meter heute“, stellte Serdall klar und rieb mit der Nase leicht über Daniels Haut. Er merkte, wie in Daniel die Unruhe aufstieg und er ließ nach der besagten Zeit von ihm ab und rollte sich auf die andere Seite, wobei er die Decke gleich über den Kopf zog. Wenn Daniel abhaute, konnte er auch versuchen seinen Kater einfach zu verschlafen. „Weck mich, wenn es nicht mehr so grell ist“, kam es gedämpft unter seiner Decke hervor und er drehte sich auf den Bauch, um wieder einzuschlafen. „Gut, dann komme ich in ungefähr zwölf Stunden wieder“, kam die etwas undeutliche Antwort von Daniel, da er schon mit dem Kopf im Kleiderschrank steckte. Er verdrehte die Augen, als keine Antwort von Serdall kam, der sich komplett unter Decke und Kissen vergraben hatte, und stieg unter die Dusche. Fertig angezogen ging Daniel nach einiger Zeit in Richtung Küche und suchte aus einem der Schränke als erstes eine Kopfschmerztablette heraus, bevor er ein leichtes Frühstück für Serdall vorbereitete und nebenbei selbst zwei Brötchen aß. „Hallo“, rief Dustin gut gelaunt und steuerte beschwingt die Kaffeemaschine an. Amüsiert betrachtete er das spärlich hergerichtete Tablett, ehe er sich zu Daniel setzte. „Na, der Gifthaken verkatert? Oder ist er einfach nur halbtot, weil du ihn wegen dem Sex gefragt hast?“ „Verkatert und im ersten Moment von dem Vorschlag etwas geschockt, schlussendlich hat er allerdings dann aber doch zugestimmt. Du weißt nicht zufälliger Weise ein gutes Mittel gegen einen Kater?“ Daniel schüttete sich unachtsam zu viel Kakaopulver in seine Milch und rümpfte die Nase auf Grund der nun ziemlich tiefbraunen Flüssigkeit. „Du hast also echt mit ihm geschlafen?“, fragte Dustin überrascht, wobei seine Augen sich ziemlich weiteten. „Ich hätte nie erwartete, dass er so schnell nachgibt. Und? Wie war er?“ Daniel verschluckte sich und sah Dustin hustend und verwirrt an. „Ich habe nicht mit ihm geschlafen“, stellte er klar, als er wieder normal Luft bekam. „Wir haben darüber geredet und er hat mir erlaubt, dass wir mal die Rollen tauschen, aber er will lieber ganz allein mit mir sein, wenn es mal soweit sein wird und so betrunken, wie er war, wäre es ohnehin in die Hose gegangen. Also, was hilft bei Kater?“ Enttäuscht zog Dustin einen Schmollmund, der ihn ziemlich blöd aussehen ließ. „Und ich dachte, du hättest ihn schon flachgelegt“, murrte er holte sich einen Kaffee, der endlich durchgezogen war. „Ich glaube das, was du bis jetzt hast, reicht erst mal wegen seinem dicken Kopf. Die Übelkeit, hm“, nachdenklich kratze sich Dustin am Kinn. „Grüner Tee soll ganz gut dagegen sein. Hilft bei mir zumindest.“ Etwas angewidert verzog Daniel das Gesicht. Er hasste grünen Tee, aber Serdall als Japaner war an dieses Getränk gewöhnt. Zumindest trank er vor allem im Winter ab und an mal eine Tasse von diesem gewöhnungsbedürftigen Gebräu. „Nun, ich werde auf dich vertrauen. Schaden kann der Tee wohl nicht“, meinte er zu Dustin und füllte den Wasserkocher. „Und ich werde Serdall nicht einfach flachlegen. Da steckt mehr dahinter als simpler Sex. Das sollte dir langsam auch mal ins Hirn gedrungen sein.“ „Jaa“, meinte Dustin genervt. „Bei euch ist es wieder dieser romantische Touch, ne? Aber hast ja recht. Ich liebe meinen Pumuckel ja auch und Kikuchi war eine Ausnahme, die nur mit Ethans Erlaubnis genutzt wurde.“ Verliebt blickend rührte er in seiner Tasse und leckte sich leicht über die Lippen. „Trotzdem machen wir nicht so einen Wirbel um den Sex. Wer weiß, was Serdall sich wieder ausdenkt?“ „Es ist verständlich, oder?“, verteidigte Daniel seinen Freund. „Serdall ist nun mal nicht schwul. Für ihn ist es normal, der aktive Part beim Sex zu sein. Das ist eben die Art, die für ihn schön ist. Sich jetzt nehmen zu lassen ist eine ganz neue Erfahrung, die er wohl nie im Leben machen würde, wenn ich ihn nicht darum gebeten hätte. Es ist klar, dass er mir nicht freudig an den Hals springt und die Beine spreizt.“ Daniel schüttete das heiße Wasser in die vorbereitete Tasse mit dem Teebeutel und sah Dustin etwas finster an. Für ihn war Sex etwas sehr Persönliches. Seiner Meinung nach war es normal, über jede Veränderung zu reden, wenn man sich nicht sicher war, ob beide Partner dasselbe wollten. Gut, Dustin und Ethan wollten meist dasselbe, nämlich viel und abwechslungsreichen Sex, aber das hieß ja nicht, dass Serdall und er es genauso handhaben mussten. Dustin rümpfte leicht die Nase. Daniel war wirklich wie gemacht für Serdall. Der Kleine kannte nichts, wenn es um seinen Freund ging, zumindest wenn Dustin etwas spitz über ihn sprach. „Wenn er überhaupt die Beine spreizt“, warf Dustin noch ein. „Ich glaube das nämlich erst, wenn er staksig vor mir herumläuft.“ An seinem Kaffee nippend sah er provokant zu Daniel. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Serdall es nicht durchziehen würde. Das war einfach nicht seine Art. Unverschämt begann er im nächsten Moment zu grinsen. „Oder du nimmst es per Video auf, das wär mir glatt lieber.“ „Das hättest du wohl gerne“, grummelte Daniel. „Ehrlich mal, mit deiner Leidenschaft für Sex und deiner fast schon perversen Freude daran, uns zu bespannen, solltest du vielleicht mal darüber nachdenken deinen Job als Lehrer an den Nagel zu hängen und Pornostar zu werden. Nimm Ethan mit und mach dir dein Leben etwas aufregender.“ Dustins Augen begannen zu leuchten. „Das ist die Idee“, rief er aufgebracht und lachte im nächsten Moment. „Ethan würde das aber nie machen. Der ziert sich schon, wenn ich ihn mal nackt mit seiner Kamera fotografiere“, überlegte Dustin gedämpft und ließ den Kopf leicht hängen. „Egal“, meinte er im nächsten Moment. „Ich bespann euch nur zu gerne, weil ihr sonst immer so anständig tut, oder zumindest Serdall. Du bist ja sowieso von Grund auf versaut. Naja, aber das mit dem Pornostar fällt flach, von daher mach doch bitte ein Video von euch“, meinte er mit einem Zwinkern. „Niemals“, lehnte Daniel erneut ab und rettete den Teebeutel vor dem Ertrinken. „Und außerdem bin ich überhaupt nicht von Grund auf versaut. Eigentlich bin ich ganz lieb und brav mit zeitweise kleinen… ähm… Ausfällen.“ Etwas errötend wickelte Daniel den Teebeutel in ein Küchentuch und schmiss dann beides zusammen in den Müll, bevor er Serdalls Frühstück auf ein Tablett stellte. „Na klar“, feixte Dustin grinsend. „Hättest du anderen Einfluss als Serdalls anständige Art, möchte ich nicht wissen, was du alles machen würdest“, überlegte er laut und sah Daniel ernst ins Gesicht. Daniel wandte seinen Blick schnell ab. Er wollte es eigentlich nicht zugeben, aber Dustin hatte schon Recht. So ein Mist, dass sein ehemaliger Lehrer ihn so verdammt gut kannte. Allein was er mit Dustin angestellt hatte, als sie ihre kurze Affäre gehabt hatten, gab einen guten Vorgeschmack darauf, wie sehr anderer Einfluss sich auf Daniels Sexualleben auswirkte. „Ich bin aber nun mal mit Serdall zusammen“, gab er etwas lahm zurück, nahm das Tablett auf und ging zur Tür. „Und es müssen ja nicht alle Leute regelmäßig versauten Sex haben.“ „Ach“, tat Dustin überrascht. „Ich dachte zumindest, dass ihr hinter verschlossener Tür ein wenig versaut seid. Ist es echt so schlimm?“ Der Unglaube stand dem Blonden eindeutig ins Gesicht geschrieben. „Serdall ist ja echt anstrengend…“ Dustin sah Daniel ernst an. Normalerweise war er der Überzeugung gewesen, dass die beiden doch nicht sehr jugendfreie Sachen machten, wenn sie allein waren. Schließlich hatte er sie schon ein paar Mal erwischt, wenn er früher Heim kam, als abgemacht. Kurz stoppte Daniel noch einmal und drehte sich um. Leise seufzend sah zu Dustin. „Es ist normaler Sex“, erklärte er und zuckte mit den Schultern. „Wenn mal etwas mehr ist, geht es schief. Wenn wir es mal in der Küche tun, kommst du mit Ethan eher nach Hause. Wenn wir eure tollen Geburtstagsgeschenke für mich ausprobieren, landen wir aneinander gekettet im Bett und haben keinen Schlüssel für die Handschellen. Ich denke, dass das einfach abschreckt.“ Schuldbewusst senkte Dustin den Kopf. Er wusste, dass Serdall nicht so extrovertiert in dieser Hinsicht war und es war wohl auch mit seinem Verdienst zu verdanken, dass so vieles mit Daniel schiefgegangen war. „Sorry“, murrte er leise. „Es ist wohl wirklich besser, wenn ihr mal Urlaub macht oder so. Vielleicht kannst du Serdall da zu neuen Dingen bewegen. Ich werde mal mit ihm reden…“ Obwohl das wohl ein leichter Suizidversuch war, wenn er das tat. Serdall hasste solche Gespräche, aber Dustin wollte sich nicht die Schuld aufladen, dass Daniel und sein Schwager so verkrampft in der Hinsicht blieben. Sex war schön und neue Praktiken zu versuchen auch. Was war so schlimm einen Dildo oder so zu benutzen? Wahrscheinlich war es für Serdall der reinste Horror so etwas überhaupt anzusehen, doch er liebte Daniel, vielleicht überwand er sich dahingehend auch einmal? „Aber nicht in nächster Zeit. Versöhnt euch erst mal wieder richtig, ja?“ Daniel lächelte leicht. Es spukte ihm schön länger im Kopf herum, dass er mal etwas Neues versuchen wollte. Der Sex mit Serdall war schön, keine Frage, aber warum immer alles beim Alten belassen? Nur hatte er selbst irgendwie gewisse Hemmungen, dieses Thema anzuschneiden. Aber wenn Dustin als nicht betroffener Dritter mit Serdall reden würde… „Nun, wir sind auf dem besten Weg, dass alles so wird wie früher, denke ich. Und damit es noch ein wenig schneller vorangeht, bringe ich meinem Schatz jetzt etwas zu essen und eine Tablette gegen die Kopfschmerzen. Ehrlich, Serdall ist morgens ja so schon schlimm, aber mit Kater kannst du ihn vollkommen vergessen.“ Dustin winkte ab. „Ich bin froh, dass ich ihm noch nicht begegnet bin. Na dann geh und bring deinem Schatz das Lächeln zurück ins Gesicht“, rief Dustin theatralisch und erhob sich, um sich Kaffee nachzuschenken. „Wenn du das nicht schaffst, dann keiner“, erklärte er freundlich und lehnte sich gegen die Anrichte. „Und nun los! Der leidet bestimmt jämmerlich da oben.“ Dustin wechselte kurz einen vielsagenden Blick mit Daniel, ehe der Schwarzhaarige kopfschüttelnd die Küche verließ. Er würde jetzt zu Ethan gehen, der ziemlich erschöpft in seinem Bett schlummerte. Die letzte Nacht war wohl etwas heftig gewesen… Versaut grinsend nippte Dustin an seinem Kaffe. Er liebte seinen kleinen Engländer. Leise klopfte Daniel an die Schlafzimmertür und trat dann in den Raum. Serdall lag noch immer unter dem Decken- und Kissenberg vergraben. Seufzend ging Daniel auf das Bett zu und setzte sich. „Hey“, sprach er leise zu dem unförmigen Etwas. „Ich habe dir Frühstück gemacht und auch eine Kopfschmerztablette mitgebracht.“ Stöhnend linste Serdall unter seiner Decke hervor und seine zusammengekniffenen Augen richteten sich auf Daniel. „Musst du so furchtbar lieb sein?“, murrte er leise und zog die Decke wieder über seinen Kopf. Sein Freund war wirklich viel zu gut für ihn. Sich zusammenreißend schob er die Decke von seinem Kopf, schlug aber sogleich eine Hand über seine Augen. Wieso waren nur die Rollos schon oben? „Nun, das ist halt meine Art. Ich bin immer lieb“, antwortete Daniel grinsend und zuckte mit den Schultern. Er schob seinem momentan blinden Freund die Tablette in den Mund und drückte ihm das Glas Wasser in die Hand, bevor er aufstand und ins Bad ging. Er hatte vergessen sein Tattoo einzucremen und wollte es jetzt nachholen. Eine Minute später kam Daniel mit geöffneter Hose und die Creme vorsichtig auf seinem schwarzen Drachen verteilend wieder zurück ins Zimmer. Das Glas auf den Nachtschrank stellend, traute sich Serdall die Augen zu öffnen, auch wenn ihn der Kopfschmerz plagte. Er setzte sich leicht auf und sah zu Daniel, der ziemlich ungeniert an sich herumstrich. Wage erinnerte sich Serdall an den gestrigen Abend und an das, was er gesagt hatte. Seufzend strich er sich durch die Haare und lehnte vorsichtig seinen Kopf an die Wand. „Tut mir leid, dass ich gestern so einen Mist geredet habe.“ Daniel rückte Shorts und Hose wieder an die richtige Stelle und sah Serdall dann amüsiert an. „Also mir hast du gestern recht gut gefallen. So offen und ehrlich.“ Er gluckste leise und setzte sich dann zu seinem Freund auf das Bett. Abschätzig verzog Serdall den Mund. Aber ihm gefiel es im Nachhinein nicht, dass er es Daniel gesagt hatte. Klar, Komplimente waren in Ordnung, aber die Kommentare von gestern konnte man doch in den Wind schießen. „Ich entschuldige mich trotzdem“, murmelte er leise. Plötzlich fiel ihm auch Daniels Frage wieder ein, dass er mit ihm schlafen wollte… Serdall seufzte tief und rieb sich über die Schläfen. Wieso hatte er ja gesagt? Eigentlich wollte er darüber lieber noch einmal nachdenken, doch sein betrunkenes Gemüt war gestern einfach unfähig gewesen. „Nun, wenn du dich besser fühlst, nehme ich deine Entschuldigung an. Aber bereite dich darauf vor, dass du von jetzt an öfter mal abgefüllt wirst. Du bist dann so redselig und sprichst einfach aus, was dir durch den Kopf geht. Das ist mal eine willkommene Abwechslung. Genau das Gegenteil vom eigentlichen Denker Serdall.“ Lächelnd griff Daniel sich eine Toastscheibe vom Tablett. „Ja, das Gegenteil. Ein Lackaffe, der dir ein Ohr abkaut“, zischte Serdall finster und rieb sich leicht über den Magen, den er sich durch den Alkohol verstimmt hatte. Es war denkbar selten, dass er dermaßen viel trank, doch wenn er es tat, bereute er es ungemein und schwor sich jedes Mal aufs Neue, es nie wieder zu tun. Er fand seine lose Zunge einfach nur peinlich, wenn er betrunken war und es mauserte ihn, dass er gestern dieses Versprechen gegeben hatte. Doch er würde jetzt keinen Rückzieher machen, denn er erinnerte sich auch daran, wie wichtig es Daniel gewesen war. Nur hätte er gern im nüchternen Zustand darüber geredet… Murrend nahm er sich die Tasse mit dem Tee und trank wenige Schlucke davon. Daniel schwieg. Es hatte keinen Sinn, jetzt mit Serdall darüber zu streiten. Er hatte sich seine Meinung gebildet und würde sich wohl nicht davon abbringen lassen. Stattdessen reichte er seinem Freund den Teller mit dem restlichen Toast. „Hier, iss etwas. Dir wird es garantiert noch schlechter gehen, wenn du deinem Kater auch noch Hunger dazukommt.“ Serdall griff sich eines der Weißbrote und kaute lustlos darauf herum, bis er es nach einer Ewigkeit aufgegessen hatte und wieder an seinem Tee zu nippen begann. Skeptisch betrachtete er seinen Freund. Daniel sagte nicht wirklich etwas dazu, obwohl Serdall gedachte hätte, dass er wenigstens noch einmal dagegen halten würde. Schließlich war er anderer Meinung. Du hast dich verändert, dachte sich Serdall leidlich. Geringfügig fiel es wirklich auf, dass Daniel sich zurückzunehmen schien. Kopfschüttelnd kämpfte sich Serdall nach oben, fror leicht aufgrund seiner Blöße. „Ich gehe schnell duschen und Zähneputzen. Wartest du bitte hier?“ Nach einem kurzen Nicken von Daniel beeilte sich Serdall besagtes zu tun und kam mit einem Handtuch um die Hüften zurück und stellte sich dann vor Daniel. Liebevoll umrahmten Serdalls Hände Daniels Gesicht und er beugte sich zu ihm. „Danke für das Frühstück“, hauchte er und begann Daniel zaghaft zu küssen. „Für dich doch immer“, gab Daniel lächelnd zurück und erwiderte den schüchternen Kuss. Er ließ es zu, dass Serdall ihn vorsichtig rückwärts aufs Bett zurückdrückte und schlang die Arme um ihn. Eine Zeit lang blieben sie in dieser Position, tauschten sanfte Küsse, beließen es allerdings dabei. Irgendwann küsste Daniel Serdall noch abschließend neckisch auf die Nase und sah ihn dann forschend an. „Dir geht es schon wieder ganz gut?“, wollte er wissen. Serdall nickte leicht. Der gröbste Kopfschmerz war fort. Was blieb, war dieses unangenehme Körpergefühl, so als ob er eine schwere Vergiftung hinter sich gebracht hatte. „Geht schon“, murrte er leise und sah Daniel forschend in die Augen. „Nachher wechseln wir den Verband?“ Er sorgte sich um Daniels Verletzung und um Daniel selbst. Er war irgendwie seltsam. „Ist gut“, antwortete Daniel und verschlang noch schnell die Reste von Serdalls Frühstück, die er nicht mehr gegessen hatte. Irgendwie waren die ganzen Geschehnisse um seine Wunde am Handgelenk für ihn schon in weite Ferne gerückt. Ungefähr so wie ein Albtraum, kurze Zeit nach dem Aufwachen schlimm und anschließend nur noch ein böser Schatten, aber nicht mehr unmittelbar greifbar. Am nächsten Tag stand Daniel nachmittags am Eingang zur Uni und wartete auf Serdall. Sein Freund hatte darauf bestanden, dass er Daniel hinfuhr und auch abholte. Einmal wohl, damit er sicher sein konnte, dass Daniel heil ankam und zweitens, weil sie danach ins Krankenhaus wollten, damit der Aidstest gemacht werden konnte. Pünktlich um halb vier hielt Serdall am Straßenrand und Daniel stieg in den teuren Wagen, begleitet von einigen neidischen Blicken seiner Kommilitonen. Langsam hatte er sich allerdings daran gewöhnt. Ein Leben mit Serdall hieß nun einmal zwangsweise ein Leben an der Spitze der Gesellschaft. Allerdings würde Daniel sich darüber bestimmt nicht beklagen. Serdall organisierte denselben Test bei Doktor Knusch, den sie schon vor zwei Jahren gemeinsam hatten machen lassen. Es dauerte nicht lange und sie konnten das Krankenhaus nach einer Stunde schon wieder verlassen und nach Hause fahren. Dort war ein ziemliches Chaos. Taschen standen im Flur und Fei kommandierte seine Leute im herben Japanisch herum. Genervt rollte Serdall mit den Augen, als Daniel sich in die Küche verzog und ihn mit seinem Bruder allein ließ. Irgendwie wurde Serdalls Verdacht immer schlimmer, dass mit Daniel etwas nicht stimmte. Irgendwie war er in letzter Zeit etwas zu ruhig für seinen Geschmack. „Serdall!“, schrie Fei plötzlich. Der rollte die Augen und machte wieder kehrt, da er eigentlich die Absicht gehabt hatte, Daniel zu folgen. „Ich muss noch kurz mit dir reden“, erklärte Fei, bedeutete Serdall ihm zu folgen und ging mit ins Wohnzimmer. „Ich möchte, dass du mich irgendwann in Japan besuchen kommst. Nach Weihnachten oder am besten im neuen Jahr. Nimm deinen Freund mit und macht Urlaub, ja? Es wäre schade, wenn wir uns wieder so auseinanderleben.“ Nachdenklich verschränkte Serdall die Arme. Ihm gefiel dieser Vorschlag nicht. „Du weißt, dass es gefährlich ist und dass ich genug mit Daniel durchgemacht habe. Du bist hier willkommen, aber bitte zwing mich nicht, mich ins Visier der anderen Clans zu begeben.“ Fei wollte dagegenhalten, doch Serdall schüttelte nur den Kopf. „Du weißt, dass man dich mit mir erpressen kann. Und ich bin auch beeinflussbar, das hast du ja wohl am besten gesehen.“ Tief durchatmend nickte Fei. „Ich verstehe deine Vorsicht, aber es gibt vier Inselteile. Wir müssen uns ja nicht auf Honshu treffen. Hokkaido ist auch ganz schön und du wärst wenigstens wieder in deiner Heimat.“ „Ich denke darüber nach. Mal sehen was Daniel dazu sagt“, murmelte Serdall mit einem schiefen Lächeln und Fei war zufrieden. „Ruf an, falls du Probleme haben solltest“, meinte Fei, als er seinen Bruder kräftig in die Arme nahm. „Meine beiden Kinder würden dich auch gern einmal wiedersehen“, fügte er an und sah Serdall ernst ins Gesicht. Ja, Serdall würde die beiden auch gern zu Gesicht bekommen. „Nächstes Jahr. Vor Weihnachten verlasse ich das Land nicht mehr. Ich brauche vorerst Ruhe.“ Verstehend ließ Fei von ihm ab und verabschiedete sich kurzangebunden von Daniel, ehe er seine Leute zur Eile trieb und das Haus verließ. Serdall und Taki sahen dem abfahrenden Wagen kurz nach, ehe sie zurück ins Haus gingen. Sein Sohn begann mit Mücke zu spielen, wobei Serdall ihm eine Weile zusah. Daniel war sicherlich dabei, den Stoff für die Uni zu bearbeiten, während Yoshiko ihr neues Zimmer in der ersten Etage einrichtete. Er hörte sie mehrmals die Treppen hinauf und hinabgehen, als sie ihre Sachen aus Daniels Zimmer räumte. In Gedanken versunken beobachtete Serdall Taki dabei, wie er sich mit Mücke und Kimba raufte. Ihm ging die Sache mit dem Sex nicht aus dem Kopf, das Daniel wirklich mit ihm schlafen wollte und nicht anderes herum. Er versuchte die komplette Bedeutung dahinter zu sehen und es machte ihm irgendwie eine heftige Angst. Es würde sie womöglich wieder komplett zusammenschweißen, aber was war, wenn etwas schief ging? Wenn es Serdall anekelte? Er wusste nicht, wie er dazu stehen sollte. Musste das denn unbedingt sein? Würde ihr Beziehung darunter leiden, wenn Serdall seine Meinung einfach wieder ändern würde? Er ließ seinem Kopf in die Hände fallen. Natürlich würde ihre Beziehung leiden. Sie litt ja derzeit immer noch unter Feis Einfluss, wie würde es danach aussehen? Daniel stellte ihn wirklich auf eine harte Probe… Ende Kapitel 21 Kapitel 22: ------------ Kapitel 22 Daniel fuhr sein Auto geradewegs in die Garage, die irgendjemand schon in weiser Voraussicht für ihn geöffnet hatte. Er war schon wieder vollkommen im Trott der Uni gefangen, nachdem er fast eine Woche lang nicht dort gewesen war. Zum Glück war es nicht allzu viel Stoff gewesen, den er hatte nachholen müssen und er war recht schnell wieder in alles reingekommen. Doch eigentlich war es nicht die Uni, die Daniels Gedanken fesselte. Viel eher kribbelte sein Magen in Vorfreude auf das kommende Wochenende. Serdall hatte kurz entschlossen eine Suite für sie gemietet. Jetzt schon. Daniel hatte gedacht, er würde sich damit noch Zeit lassen, sich noch an den Gedanken gewöhnen müssen auch mal der Passive zu sein, doch Serdall hatte so ziemlich gleich nachdem Fei weg war mit einem Hotel in der Nähe telefoniert. Dustin und Ethan waren zum Glück so nett gewesen ihnen zu versichern, dass sie auf Taki aufpassen würden und der Aidstest war wie gehofft und erwartete negativ gewesen, von daher stand nichts mehr im Weg. Zwei Tage noch. Daniel konnte sich das Grinsen schon fast nicht mehr aus dem Gesicht wischen. Es bedeutete ihm so wahnsinnig viel, dass Serdall bereit war, diesen Schritt zu wagen. Einen größeren Vertrauensbeweis gab es momentan wohl nicht. Fröhlich vor sich hin summend betrat Daniel das Haus, wo Serdall gerade ziemlich aufgescheucht in die Küche rannte und kurze Zeit später die Treppe hoch hastete, ohne ihn zu begrüßen. Die Stirn runzelnd stieg Daniel aus seinen Schuhen und folgte seinem Freund hin zu Takis Zimmer, wo der Kleine unter einem Berg Decken vergraben im Bett lag. „Was ist denn los?“, fragte Daniel ziemlich verdutzt. Serdall saß unruhig neben Taki und strich ihm unablässig über die Wange. Sein Sohn schlief im Moment, doch er glühte regelrecht vom Fieber. „Taki ist krank. Erkältung“, erwiderte Serdall und ein nachdrückliches Piepen störte die kurze Stille. Serdall nahm das Fieberthermometer unter Takis Arm hervor und deckte ihn wieder fürsorglich zu. „39.2 Grad! Verdammt, wann wirkt denn diese bescheuerte Tablette“, zischte er leise zu sich selbst und sah besorgt auf seinen Sohn. „Machst du einen Tee? Yoshiko und Dustin sind gerade einkaufen und eben hat der Kleine alles ausgetrunken, bevor er eingeschlafen ist.“ „Ja, klar. Kein Problem.“ Daniel nahm Takis Tasse und die Teekanne und machte sich auf den Weg nach unten, nachdem er Serdall noch einmal aufmunternd über die Wange gestrichen hatte. Er konnte sich vorstellen, dass es seinem Freund gerade echt bescheiden ging. Er machte sich immer so große Sorgen um seinen Sohn und jetzt war Taki auch noch krank. Der Kleine sah wirklich ziemlich erschöpft aus. Schnell hatte Daniel Tee gekocht und war wieder auf dem Weg nach oben. Er zog sich einen weiteren Stuhl ans Bett und setzte sich neben Serdall, nachdem er die saubere Tasse und die Kanne auf den Nachtschrank gestellt hatte. „Alles klar?“, wollte er leise von Serdall wissen. „Nicht wirklich“, erwiderte Serdall leise und stützte seinen Kopf in die Hände. „Der Arzt war schon da und hat ihm ein paar Medikamente dagelassen. Jetzt heißt es abwarten.“ Den Blick nicht von Taki nehmend seufzte Serdall sorgenvoll. „Er war ewig nicht krank gewesen“, murrte er leise und strich seinem Sohn wieder über die heiße Stirn. In dem Versuch Serdall etwas Halt zu geben, schlang Daniel einen Arm um ihn. „Nun, das zeigt doch wie gut seine Abwehrkräfte sind, wenn er so lange nicht krank war“, meinte Daniel. „Und eine Erkältung ist auch nicht so unsagbar schlimm. Ein paar Tage und dann wird es Taki schon wieder richtig gut gehen, außer dass er sich vielleicht etwas schlapp fühlt.“ „Ja.“ Serdall sah weiterhin auf seinen Sohn. Er hatte Angst, dass es doch ernster werden konnte. Ihm graute es davor, dass sich Takis Zustand womöglich verschlimmern könnte… Er wollte es sich gar nicht ausmalen. Serdall machte sich insgeheim Vorwürfe. Er hatte nicht bemerkt, dass es Taki schlecht ging. Erst nachdem die Schule angerufen und er ihn abgeholt hatte, war es ihm bewusst geworden. Warum hatte es Dustin heut Morgen nicht bemerkt, als er den Kleinen zur Schule gebrachte hatte? Serdall fühlte sich sichtlich schlecht. Ich bin ein Rabenvater, klagte er sich selbst an und schüttelte über sich selbst den Kopf. Wie konnte er seinen Sohn nur so vernachlässigen? Unhörbar seufzte Daniel auf. Das war so typisch Serdall. Total die Glucke als Vater. Sobald Taki mal mit ein wenig Fieber und einem Schnupfen im Bett lag machte er sich Sorgen, als würde der Kleine im Sterben liegen. Daniel machte sich wenige Hoffnungen, seinen Freund heute noch mal von Takis Seite wegzubekommen. „Kann ich dir irgendwas zu essen oder zu trinken bringen?“, fragte er Serdall, anstatt sich weiter den Kopf zu zerbrechen. „Nein, danke“, murmelte der Violinist und sah nun endlich einmal zu Daniel. „Du kannst ruhig gehen, wird sonst langweilig für dich“, erklärte Serdall und strich seinem Sohn wieder über die Stirn, als ob er ihm so das Fieber nehmen könnte. Er fragte sich, ob er irgendeine Impfung beim Arzt mit Taki verpasst hatte. „Nur die Hunde müssten nochmal raus, ja?“ Leicht zuckte Daniel zusammen. Serdall schien das mit sich ausmachen zu wollen. Er selbst wäre auch noch dageblieben und hätte seinem Freund Gesellschaft geleistet, aber Serdall wollte wohl tatsächlich mit Taki allein sein. Daniel stand auf. „Gut, dann werde ich jetzt wohl mit den Hunden rausgehen.“ Er stand auf und ging ins Wohnzimmer, wo Kimba und Mücke dösend auf ihren Kissen lagen. Als sie ihn sahen, standen sie allerdings auf und kamen mit dem Schwanz wedelnd auf Daniel zu. „Ja, ihr seid immer froh, wenn ich da bin, nicht wahr“, begrüßte er die beiden und legte sie an die Leinen. Er hätte eben bei Serdall einen großen Terz machen können, darauf bestehen, dass er da blieb, doch Daniel riss sich zusammen. Er hatte sich vorgenommen, nicht mehr ganz so hitzig zu sein und vor allem nicht allzu viel zu machen, das Serdall missfiel, damit erst einmal wieder eine Vertrauensbasis aufgebaut werden konnte. Einige Zeit später kam Daniel ziemlich durchgefroren vom Gassi gehen zurück. Er zog sich die dicke Jacke und die Schuhe aus und steckte den Kopf dann kurz zu Takis Zimmertür hinein. Serdall saß unverändert am Bett und Daniel zog sich leise zurück. Er würde für die Uni lernen gehen und den beiden ihre Ruhe lassen. Am späten Abend betrat Serdall endlich das Schlafzimmer. Er hatte die ganze Zeit neben Takis Bett gewacht, ihm Geschichten vorgelesen und war für seinen Sohn dagewesen, um seinen Fehler wieder wett zu machen. Erschöpft gähnend ging Serdall ins Bad und machte sich bettfertig. Sein Freund schlief augenscheinlich schon. Mit einem schwachen Lächeln registrierte Serdall, dass Daniel wieder einmal auf seiner Bettseite schlief, anstatt auf seiner eigenen. Takis Fieber war vor ein paar Stunden gesunken, nun plagte sein Sohn ein starker Husten und Schnupfen. Serdall hatte ihn ständig umsorgt, bis Taki jetzt endlich richtig eingeschlafen war. Sich zu Daniel legend schmiegte er sich an seinen Freund und umarmte ihn. Er würde mit Daniel noch einmal reden müssen. Ihr Vorhaben am Wochenende würde wohl ins Wasser fallen, denn Serdall hatte keinerlei Lust seinen Sohn wegen der Sache allein zu lassen. Am nächsten Morgen stand Daniel leise auf, um Serdall nicht zu wecken und ging zur Uni. Als er wiederkam saß sein Freund schon wieder bei seinem Sohn. Daniel stellte sich seufzend die in Tür. „Hey“, grüßte er und Taki antwortete eigentlich schon recht munter, nur etwas verschnupft und von ein paar Hustenanfällen unterbrochen. „Habt ihr Zwei denn beide heute schon gut gegessen?“ Daniel hatte die Befürchtung, dass Serdall sich selbst über seinen Sohn vollkommen vergaß. Kurz lächelte Serdall Daniel zu und deutete dann mit einer Hand auf das Tablett an der Erde, worauf eine leere Schüssel lag. „Dustin hat Taki eine Hühnersuppe gemacht“, meinte er und strich seinem Sohn durch die verschwitzen Haare. Das ganze Zimmer roch nach der Kräutersalbe, die er Taki auf die Brust geschmiert hatte, damit seine Atemwege wieder frei wurden. Auf dem kleinen Schrank neben dem Bett häuften sich die Arzneien und Haushaltsmittelchen, sowie Taschentücher. „Jaaa“, meinte Daniel lang gezogen. „Dustin hat Taki Hühnersuppe gemacht und was hast du gegessen? Ich sehe nur eine Schüssel und glaube nicht, dass du einen große Hilfe bist, wenn du vor Hunger irgendwann umkippst.“ Kurz hielt Daniel inne. Er fiel schon wieder in sein altes, direktes und teilweise sarkastisches Muster zurück. „Ich mach dir was zu essen“, meinte er schnell und verließ das Zimmer. Draußen schlug er hart mit der Faust gegen die Wand. Warum konnte er seine Zunge nicht im Zaum halten? Serdall war gerade garantiert extrem gereizt, da Taki krank war, da konnte jede falsche Aussage zu einem Streit führen. Verwirrt zog Serdall eine Augenbraue nach oben. Taki sah ihn böse an. „Papa, du musst jetzt auch was essen gehen“, meinte er verschnupft. „Sonst wirst du so krank wie ich.“ Serdall schüttelte den Kopf und strich über Takis nun fieberlose Stirn. „Ich bin schon erwachsen. Mir macht das nichts“, erklärte Serdall, doch Taki zog trotzig den Kopf weg. „Dan macht sich Sorgen!“, rief der Kleine. Überrascht nahm Serdall seine Hand fort und sah in das wütende Gesicht seines Sohnes. Trotzig zog der Junge dann die Decke bis zum Kinn und blitzte seinen Vater an. Seufzend erhob sich Serdall und gab Taki noch einen Kuss auf die Stirn. „Ich bin gleich wieder da“, erwiderte er geschlagen und beeilte sich hinunter in die Küche zu gehen, wo Daniel am Herd stand. „Na du“, registrierte Daniel Serdalls Anwesenheit etwas lahm und streute Salz auf die vor sich hin brutzelnden Spiegeleier. „Du kannst auch gern oben essen. Ich räum nachher auch das Geschirr runter, dann musst du nicht von Taki weg.“ Betont gleichgültig rührte Daniel den Spinat um und stellte den Deckel der nun gerade kochenden Kartoffeln auf Kipp. Serdall biss sich auf die Unterlippe. Ihm wurde bewusst, dass er Daniel vernachlässigte, aber das musste nun mal sein. Taki war krank und die paar Tage würde es doch gehen. „Nein, ich esse schnell hier. Außerdem muss ich sowieso noch im Hotel anrufen und die Buchung stornieren.“ Wenn Taki so krank war konnte er sich einfach nicht mit Daniel ein schönes Wochenende machen. Der Kartoffeltopfdeckel landete klappernd ganz auf dem Topf und Daniel sah geschockt zu Serdall. „Du machst was?“, fragte er ungläubig. Es war doch alles schon geplant. Er hatte sich so auf dieses Wochenende gefreut. Nicht nur wegen des Sex, sondern vor allem, weil er und Serdall dann endlich etwas Zeit wirklich nur für sich hatten. Und jetzt wurde alles wegen Takis Erkältung abgeblasen? „Was soll ich denn sonst machen?“, erwiderte Serdall und zog verwirrt eine Augenbraue nach oben. „Ich kann Taki schlecht allein lassen, wenn er krank ist.“ Serdall ging zu Daniel und legte eine Hand an seine Wange. „Wir machen das eben nächstes Wochenende, in Ordnung? Bis dahin ist Taki sicher wieder fit.“ Versöhnlich gab er seinem Freund einen kurzen Kuss, ehe er schon ins Wohnzimmer ging, um das Telefon zu holen. Daniel biss sich auf die Zunge und enthielt sich jeglichen Kommentars. Gut, vielleicht war es wirklich nur um eine Woche verschoben, aber er hatte sich darauf gefreut. Er konnte es irgendwie nicht leiden, wenn Serdall so extrem auf Taki fixiert war. Schön, es konnte sein, dass er eifersüchtig auf den Kleinen war. Na und? Immerhin liebte er Serdall genauso wie Taki seinen Vater liebte und wollte dementsprechend auch einige Zeit am Tag mit ihm verbringen. Und momentan schien jede Minute, die Serdall nicht bei seinem Sohn war, eine verschwendete zu sein. Seufzend legte Serdall auf. Die Stornierung hatte geklappt und er hatte gleich für das nächste Wochenende gebucht. Daniel schien diese Sache wirklich wichtig zu sein und Serdall hatte es ihm nun mal versprochen, auch wenn er insgeheim schon froh war, dass er noch ein wenig Aufschub hatte. Als er zurück in die Küche kam, saß Daniel schon am Tisch, der für sie beide gedeckt war. Im Vorbeigehen strich er Daniel kurz am Hals entlang, ehe er sich setzte und schnell zu essen begann. In Gedanken war Serdall schon wieder bei Taki. Er fragte sich, was er noch tun konnte, damit der Husten des Kleinen besser wurde. Kurz sah er zu Daniel, der ziemlich in seinem Essen herum manschte. „Jetzt zieh nicht so ein Gesicht“, murrte Serdall leise. „Es tut mir auch leid, dass es nichts wird. Taki wird so selten krank, da muss ich wenigstens da sein, wenn er es ist. Ich habe ihn die letzten Tage schon vernachlässigt.“ „Taki war die letzten Tage so gut wie gar nicht zuhause“, murrte Daniel und steckte sich ein Stück Spiegelei in den Mund, das jetzt eher an Rührei erinnerte. „Er war entweder sehr lange in der Schule, weil sie für die Projektwoche was machen mussten oder er war bei einem seiner Freunde. Und die Zeit, die Taki hier war, hast du dich mit ihm beschäftigt. Man kann also nicht sagen, dass er vernachlässigt wurde.“ Serdall schüttelte missbilligend den Kopf. „Jetzt stell dich nicht so an“, zischte er nur und aß den letzten Happen. „Er ist ein Kind und du solltest es nachvollziehen können, dass ich für ihn als Vater da sein muss.“ Nachdrücklich legte er die Gabel beiseite und trank von dem Glas Wasser, das ihm Daniel schon so routiniert hingestellt hatte. Daniel schwieg. Mal wieder. Kurz saßen sie noch in dieser drückenden Stille zusammen, dann stand Serdall auf und verließ die Küche. Seufzend ließ Daniel die letzten Reste seines Essens im Mülleimer verschwinden und machte sich an den Abwasch, bevor er sich in sein Zimmer begab und an den Schreibtisch setzte. Er war so weit im Stoff für die Uni wie eigentlich noch nie. Normalerweise machte er das Nötigste, um danach mit Serdall zusammen sein zu können und kam mit dieser Methode eigentlich immer ziemlich gut zurecht, jetzt allerdings war er allem sogar schon etwas voraus und konnte wirklich sagen, dass er die Prüfungen zumindest in diesem Themenbereich sehr gut meistern würde. Was tat man nicht alles aus Langeweile? Als er sich einige Zeit später schlafen legte, war Serdall wie am gestrigen Abend immer noch nicht da. Leicht wehmütig robbte Daniel wieder auf die andere Seite des Bettes, um mit dem Duft wenigstens etwas von Serdall zu haben und schloss die Augen. Nachdenklich sah Serdall auf Takis schlafendes Gesicht. Es ging mittlerweile auf Mitternacht zu und Serdall beschloss, endlich ins Bett zu gehen. Er hätte sich seinen Freitagabend wirklich anders vorgestellt, aber man konnte es nicht ändern. Daniel schlief schon, als Serdall zu ihm ins Bett schlüpfte und ihn in die Arme nahm. Sein Freund kuschelte sich sogleich an ihn, ohne aufgewacht zu sein. Seufzend strich Serdall durch die schwarzen Haare und küsste kurz Daniels Lippen. Er würde alles wieder gut machen, wenn Taki gesund war. Daniel murmelte etwas und atmete an Serdalls Brust einmal tief durch. Lächelnd streichelte Serdall über seinen Rücken. Wie lange war es her, dass sie Sex gehabt hatten? Serdall glaubte, dass es schon drei oder vier Tage sein mussten. Irgendwie war immer etwas dazwischen gekommen. Überrascht registrierte er, dass Daniel diesbezüglich gar nichts gesagt hatte. Insgesamt war sein Freund etwas seltsam in der letzten Zeit. Er war irgendwie… Serdall wusste es nicht genau, er sah nur, dass Daniel sich scheinbar zurücknahm, warum auch immer. Müde gähnend kuschelte Serdall weiter mit Daniel, bis er eingeschlafen war. Neuer Tag, alter Ablauf. Daniel stand auf, ohne Serdall zu wecken und trollte sich unter die Dusche. Der einzige Unterschied war, dass er nicht zur Uni musste und seine Hormone ihm aus den Ohren heraus quollen. Er wusste nicht, wie lange er sich nicht mehr selbst befriedigt hatte, seit er mit Serdall zusammen war, da sein Freund ihn eigentlich immer voll zufrieden stellte. Nur momentan war komplett tote Hose und die Handarbeit in der Dusche auch nicht im Geringsten befriedigend. Reichlich verstimmt schlurfte Daniel in die Küche und ließ sich auf einen der Hocker an der Theke fallen, nachdem er sich eine Tasse Kakao angerührt hatte. Gähnend schloss er die Augen. Er war irgendwie noch ziemlich müde, obwohl er recht viel geschlafen hatte. Irgendwann hatte er gestern die Nase voll vom Lernen gehabt und war schon um kurz vor halb elf ins Bett gegangen. Wahrscheinlich hatte er einfach zu lange geschlafen. Frühaufsteher, der er war, kam Dustin im nächsten Moment zur Haustür herein und schwenkte eine Tüte mit frischen Brötchen, als er die Küche betrat. Er war schon beim Bäcker gewesen und nun war auch endlich jemand wach mit dem er frühstücken konnte. „Morgen, Dan.“ Dustin stockte im nächsten Augenblick und ließ sich fassungslos Daniel gegenüber auf einen Stuhl fallen. „Eigentlich sollten du und Serdall heute nicht hier sein“, stellte er entgeistert fest. „Sag nichts! Er hat es wegen Taki abgeblasen?“ „Du hast es erfasst“, antwortete Daniel murmelnd und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Wir haben es auf nächste Woche verlegt. Aber scheinbar hattest du ohnehin vergessen, dass wir weg wollten. Oder wolltest du allein eine ganze Tüte Brötchen essen?“ Daniel konnte nicht anders, als leicht zu grinsen. Verlegen kratzte sich Dustin am Kopf. „Irgendwie hab ich nicht mehr dran gedacht“, meinte er schulterzuckend und füllte den Brotkorb, um ihn vor Daniel abzustellen, ehe er die Kaffeemaschine anwarf und sich wieder zu Daniel setzte. „Und? Hockt Serdall schon wieder bei Taki? Ehrlich, man kann es auch übertreiben.“ „Er schläft noch. Selbst für Taki scheint er nicht um halb acht aufstehen zu wollen“, meinte Daniel. Es tat ganz gut, dass jemand anders das aussprach, was er selbst sich schon so lange dachte. Es war in Ordnung, wenn Serdall sich um Taki sorgte. Allerdings war es doch etwas krass, dass er bis auf nachts immer bei seinem Sohn war. Serdall benahm sich so, als wäre Taki todkrank. „Naja, aber ich wett mit dir, dass er spätestens um neun wieder bei ihm hockt“, erwiderte Dustin genervt, holte sich wie immer seinen Kaffee und deckte noch schnell den Tisch für sie zwei, ehe sie begannen zu frühstücken. „Ich finde, ihr hättet schon ins Hotel fahren können“, überlegte er laut. „Aber Serdall ist mal wieder auf Gluckenmodus. Er hat mich schon angegiftet, dass ich am Donnerstag nicht mitbekommen habe, das Taki krank ist. Echt, Taki hat sich nichts anmerken lassen, außer dass er ein bisschen wenig gegessen hat. Bei Kindern ist das aber ab und an mal“, stellte Dustin klar und biss in sein Marmeladenbrötchen. Die Situation gerade ging ihm tierisch auf die Nerven. Es wunderte ihn nur, dass Daniel und Serdall sich noch nicht gestritten hatten, das würde das Ganze abrunden. „Ich persönlich mache dir da echt keine Vorwürfe“, stellte Daniel klar. „Es ist nun mal so, dass erst gar nichts ist und mit einmal kommt die ganze Krankheit in geballter Ladung. Außerdem ist Taki nicht die Art von Kind, die gleich herum jammert, nur weil ihm ein wenig kalt ist oder sein Hals ein bisschen kratzt. Mir musst du auch nicht sagen, dass wir hätten fahren können. Ich wette mit dir, dass Taki bei Serdalls Pflege und den tausend Salben und Tees, die dort oben herumliegen, schon fast wieder gesund ist. Das Fieber war gestern schon so gut wie weg. Jetzt ist nur noch etwas Husten und Schnupfen da. Eine kleine Erkältung eben. Aber ehrlich gesagt habe ich momentan nicht die Absicht, mich mit Serdall zu zoffen.“ „Na toll“, murrte Dustin. „Wenn nicht du, wer dann? Ich mein, er lässt sich ja sowieso kaum was sagen in der Hinsicht, aber du hättest ihm schon die Meinung geigen können. Ich find es echt bescheuert, dass er dich scheinbar total vernachlässigt. Ist doch so, oder? Ich sehe es dir an, dass du seit mindestens drei Tagen keinen Sex hattest“, eröffnete Dustin mit einem leichten Grinsen im Gesicht. „Exakt drei“, gab Daniel zu. Er fragte sich immer wieder, warum Dustin bei allem, was mit Sex zu tun hatte, so gut informiert war oder auch nur so gut im Raten. Daniel stützte grummelnd den Kopf auf seiner Hand auf. „Ehrlich mal, ich habe mir das erste Mal seit was weiß ich wie langer Zeit in der Dusche einen runtergeholt. Diese lange Abstinenz bin ich einfach nicht mehr gewohnt. Aber ich will es nicht riskieren, mir mit Serdall irgendwas zu verscherzen, nachdem wir uns endlich wieder zusammengerauft haben.“ Dustin rollte mit den Augen. „Du wirst also zu seinem Schatten, der zu allem ja sagt? Du warst doch immer der, der ihm wenigstens denn Sinn zur Realität eingebläut hat, wenn er mal sich mal wieder in seinen verkorksten Gedanken verstrickt und in seine kleine Welt verzogen hat.“ Dustin seufzte und strich sich durch die blonden Strähnen. „Ich möchte ja nichts sagen, aber ich glaube, dass du es dadurch nur schlimmer machst. Wer weiß, was ihm jetzt schon wieder in der Birne abgeht?“ „Er sorgt sich um Taki, das ist doch verständlich. Es ist wohl etwas extremer, da er nun mal allein erziehender Vater ist“, versuchte Daniel Serdall, aber auch in gewissem Maße sich selbst zu verteidigen. „Gut, ich stecke im Moment etwas mehr zurück als normalerweise, aber auch nur so lange, bis alles wieder einigermaßen normal zwischen uns ist. Ich hatte ja gehofft, dass es das nach diesem Wochenende schon sein wird, aber es hat sich jetzt alles um eine Woche verschoben.“ Kopfschüttelnd sah Dustin Daniel in die Augen. „Und jetzt willst du noch eine Woche nach seiner Pfeife tanzen und in Abstinenz leben? Soll ich mal lachen?“ „Hallo“, kam plötzlich ein leises Stimmchen von der Küchentür und Taki kam auf sie zugeschlurft. Er krabbelte zu Daniel auf den Schoß und umarmte den Schwarzhaarigen fest. „Ich hab schlecht geträumt“, murmelte er leise und seine Finger gruben sich in Daniels Pullover. Dustin seufzte tief und strich sich über die Augen. Serdall würde austicken, wenn er Taki hier unten fand und das nicht zu knapp. Daniel war froh, dass Taki für Ablenkung sorgte und er nicht weiterhin mit Dustin über dieses Thema reden musste. Er schlang seine Arme ebenfalls um Taki und strich ihm beruhigend durch die vom Schlaf ziemlich durcheinander gebrachten Haare. „Warum gehst du nicht zu deinem Papa?“, fragte er den Kleinen und ließ seine andere Hand langsam den schmalen Rücken hinauf und hinunter wandern. „Der liegt oben im Schlafzimmer im Bett. Dort ist es sicher bequemer und wärmer als hier unten. Nicht, dass du doch noch richtig krank wirst. Wie geht es dir überhaupt?“ Die letzten Tage hatte Daniel Taki kaum gesehen, da Serdall die ganze Zeit bei ihm war und die Atmosphäre im Raum irgendwie gedrückte war, wenn Daniel eintrat. Allerdings machte Taki einen recht fitten Eindruck. „Weil Papa mich dann nur wieder in mein Bett steckt“, erklärte Taki und kuschelte seine Wange an Daniels Brust. „Mir geht’s schon ganz gut“, meinte er leise. „Außerdem hab ich dich vermisst und Mücke.“ Taki begann leicht zu husten und zog geräuschvoll die Nase hoch. „Machst du mir bitte ein Nutellabrötchen?“, fragte er leise und lehnte sich schlapp gegen Daniel. „Und darf ich dann Fernsehen? Es kommen jetzt soooo viele Trickfilme!“ Daniel war etwas hin und her gerissen. Er konnte es verstehen, dass Taki es satt hatte, den ganzen Tag mit seinem Vater in seinem Zimmer hocken zu müssen und mal raus wollte, etwas Abwechslung. Nur wie würde Serdall darauf reagieren? „Klar“, meinte er schließlich zu Taki und setzte ihn so hin, dass er die Arme frei hatte, um das Brötchen zu schmieren. Zum gesund werden gehörte nun mal nicht nur gute Pflege, sondern auch die passende Umgebung. Und Langeweile war wohl nicht das, was Taki helfen würde, schnell zu genesen. „Ich hole dir dann noch deine Decke und dein Kissen von oben und du machst es dir im Wohnzimmer gemütlich.“ „Au ja!“, rief Taki glücklich und nahm das Brötchen, das ihm Daniel geschmiert hatte, freudig entgegen. Wie versprochen holte Daniel für ihn danach die Decke und das Kissen und Taki mummte sich damit auf dem Sofa ein. Sogleich wurde der Fernseher angestellt und Serdalls Sohn bat Daniel bei ihm zu bleiben und mit ihm zusammen zu schauen. Eine gute Stunde später stolperte jemand gehetzt die Treppen herunter und Serdall erschien im Türrahmen zum Wohnzimmer. Er atmete sichtlich erleichtert auf und lehnte sich gegen den Rahmen, wobei er eine Hand auf seine Brust legte. „Was machst du denn hier unten?“, fragte er seinen Sohn ziemlich außer Atem und Taki sah trotzig zu seinem Vater. „Ich konnte nicht mehr schlafen und wollte Trickfilme gucken.“ Serdall schüttelte den Kopf. „Du bist krank, da guckt man keine Trickfilme“ erklärte Serdall und ging auf sie zu. „Ich möchte aber!“, rief Taki und griff ängstlich nach Daniels Hand. Daniel fühlte sich ziemlich zwischen den Stühlen sitzend. Er wusste nicht, ob er lieber zu Taki halten wollte, der wirklich nicht vorhatte, zurück in sein ödes Zimmer zu gehen oder zu Serdall, damit kein Streit vom Zaun gebrochen wurde. Die Entscheidung fiel, indem Daniel sich von allem frei machte und einfach überlegte, was er selbst über diese Situation dachte, ohne darauf zu achten, jemandem mit seiner Entscheidung auf die Füße zu treten. „Serdall“, sprach er schließlich seinen Freund an. „Taki ist dort oben langweilig. Außerdem ist es überall warm, er kann überall liegen, hat immer seine Decke mit dabei und Gesellschaft. Lass ihn doch einfach hier bleiben. Ich kann mich noch erinnern, dass ich früher jedes Mal fast glücklich war, dass ich krank sein konnte, weil ich dann so viel fernsehen konnte wie ich wollte.“ Daniel traf ein finsterer Blick, doch bevor Serdall etwas erwidern konnte, setzte sich Taki hustend auf und rückte noch mehr zu Daniel, um sich Halt zu suchen. Trotzig sah er wieder zu seinem Vater. „Ja, Papa. Ich werde auch ganz schnell gesund. Aber im Bett ist es soooo langweilig. Bitte!“ Taki machte wieder seinen Bettelblick und Serdall schnaubte im nächsten Moment. Er konnte nie nein sagen, wenn sein Sohn das tat. „Meinetwegen“, ergab er sich und machte beleidigt auf dem Absatz kehrt, um in die Küche zu gehen. Er drehte den Wasserhahn zu stark auf, als er sich ein Glas füllen wollte und fluchte leise, weil er sich selbst bespritzt hatte. Seufzend lauschte Daniel den gedämpften Geräuschen, die aus der geschlossenen Küchentür kamen. Das hatte er ja toll hinbekommen. Allerdings hätte er, egal zu wem er gehalten hätte, immer irgendwen wütend zurückgelassen. „Leg dich wieder hin und schau weiter, ich geh kurz zu deinen Papa, okay?“, erklärte Daniel Taki und stand auf. Er ging zu Serdall in die Küche und schloss die Tür wieder sorgfältig. „Taki brauchte wirklich etwas Abwechslung“, begann er leise. Wütend drehte sich Serdall um, wobei er das Glas aus seiner Hand, geräuschvoll auf die Anrichte stellte. Er wollte ansetzen etwas zu sagen, doch er biss sich hart auf die Lippe. „Scheint so“, murrte er nach einem Moment und strich sich kraftlos durch die Haare. Daniel war bei der plötzlichen Bewegung erst erschrocken zurückgezuckt, hatte sich jetzt allerdings wieder gefangen. Irgendwie konnte es so nicht weitergehen. Sie waren beide scheinbar nahe dran, einfach zu explodieren. „Ich glaub, wir sollten reden“, murmelte Daniel und fuhr sich ebenfalls einmal fahrig durch die Haare. „Am besten nicht hier. Kommst du mit nach oben? Ich denke, wir können Taki ruhig eine halbe Stunde allein fernsehen lassen.“ Serdall nickte abgehackt, griff sich jedoch im Flur Dustin, den er zu Taki abkommandierte. Ganz allein lassen wollte er seinen Sohn nicht, auch wenn er unbedingt mit Daniel reden musste. Wann hatten sie überhaupt das letzte Mal mehr als ein paar Worte miteinander gewechselt? Seufzend setzte sich Serdall auf ihr Doppelbett und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Daniel folgte ihm, zog es allerdings vor, an die Tür gelehnt stehen zu bleiben. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass eine bestimmte Distanz im Moment die richtige Wahl war. Nur wie sollte er anfangen? Er hatte diese Aussprache vorgeschlagen, fand allerdings kein Anfang. „Nun“, begann er leicht unsicher, „irgendwie haben wir uns die letzten Tage nicht wirklich gesehen.“ „Ja“, erwiderte Serdall. Er wusste nicht was er sagen sollte, noch was Daniel überhaupt hören wollte. Sie hatten sich nicht gestritten, eigentlich war alles in Ordnung. Serdall sah zu Daniel und blickte ihm in die Augen. In dieser Sekunde wurde ihm bewusst, dass eben nichts in Ordnung war. Seufzend erhob sich Serdall und ging auf seinen Freund zu. „Wie geht es dir?“, fragte er und kam sich in diesem Moment bescheuert vor, weil er wirklich nicht wusste, wie es seinem Freund ging. Was war denn nur los mit ihnen? Er legte zaghaft seine Hände auf Daniels Hüften, sah ihm aber nicht in die Augen, sondern nur auf seinen Pullover. Kurz lachte Daniel freudlos auf. Ja, woher sollte Serdall auch wissen, wie es ihm ging, wenn sie sich den ganzen Tag nicht sahen, obwohl sie sich in einem Haus aufhielten? Er ignorierte die fremden Hände an seinem Körper und sah Serdall starr ins Gesicht. „Genau das ist es, was mich stört. Allein diese Frage zeigt doch, dass etwas ganz Entscheidendes schief läuft, oder? Wenn ich irgendein Haustier wäre, würde ich wahrscheinlich von zuhause weglaufen und irgendwer würde mich finden und als armes vernachlässigtes Wesens ins Tierheim bringen.“ Daniel stockte kurz und runzelte die Stirn. „Okay, schlechtes Beispiel. Aber es ist doch so. Du bist rund um die Uhr bei Taki, dabei ist alles, was er jetzt noch hat, etwas Husten und Schnupfen. Ihm geht das wie du siehst selbst auf die Nerven und mich scheinst du gar nicht mehr zu kennen.“ Serdalls Hände lösten sich von Daniel und er ballte sie zu Fäusten. „Bist du jetzt etwa eifersüchtig auf Taki?“, zischte er leise und sah Daniel wütend ins Gesicht. „Ich kann mich eben nicht zweiteilen und ich glaube, dass mich Taki im Moment mehr braucht als du. Oder?“ Er wandte sich von Daniel ab und schritt zornig durch den Raum. „Wenn du krank wärst, würde ich dir auch nicht von der Seite weichen“ gab er wenig später leise zu und sah Daniel wieder in die Augen, wobei er immer noch die Hände geballt und einen wütenden Gesichtsausdruck hatte. „Ja, vielleicht bin ich eifersüchtig auf Taki“, gab Daniel nun etwas lauter zurück. „Ich bin ganz sicher eifersüchtig auf Taki, da du mich in den letzten Tagen teilweise noch nicht einmal ansiehst und zu bemerken scheinst. Vielleicht ist der Kleine krank und braucht etwas Fürsorge, aber zu viel ist erstens ebenso scheiße und zweitens gibt es auch, wenn Taki krank ist, eben nicht nur ihn. Wenn ich im krank im Bett liege, will ich auch nicht, dass du Taki vollkommen links liegen lässt. Wobei ich bezweifle, dass du das dann machen würdest. Aber Daniel ist ja groß, der kann für sich selbst sorgen. Ja, vielleicht, aber von wo hole ich mir die ganzen sozialen Sachen, die Streicheleinheiten, den Sex? Du würdest wahrscheinlich schon nach einem Tag Terror machen, wenn ich dich einfach nicht beachte und Charline gesund pflege oder was weiß ich.“ Serdall wandte schnaubend den Blick ab. Es klang einleuchtend, was Daniel sagte, das musste er leider zugeben. Aber er war nun mal so. Wenn Taki etwas geschehen würde, würde er sich aufhängen. Es war ihm auch bewusst, dass er es ab und an übertrieb, aber er hatte nicht gewusst, dass es Daniel schon nach den paar Tagen so extrem überforderte. „Und warum sagst du mir das nicht? Ich kann dir auch nicht alles vom Gesicht ablesen, Herrgott nochmal.“ Fahrig strich sich Serdall mit beiden Händen über seine Schläfen und richtete seine Augen wieder auf Daniel. „Und was erwartest du jetzt von mir? Dass ich doch noch mit dir in dieses Hotel fahre, oder was? Du bist immer noch sauer deswegen, oder?“, zischte er nun wieder in Rage. „Teilweise bist du so engstirnig“, grollte Daniel, wandte sich von Serdall ab und tigerte durch das Schlafzimmer. „Es geht mir nicht um dieses verdammte Hotel. Klar war ich im ersten Moment enttäuscht, dass es nicht geklappt hat, aber ich verkrafte es. Wir fahren halt nächste Woche. Was mich so extrem ankotzt ist, dass du teilweise echt in deiner eigenen Welt zu leben scheinst. Schaltest du eigentlich auch mal dein Gehirn an? Denn dann solltest du vielleicht auch mal selbst merken, dass es echt scheiße kommt, den Freund tagelang noch nicht mal mit dem Arsch anzusehen, obwohl man sogar im selben verdammten Haus lebt.“ Serdall biss sich auf die Lippe. Er wusste was Daniel wollte, warum sie sich hier gerade so beharkten. Aber wieso fiel es ihm erst jetzt so offensichtlich auf, erst nachdem Daniel ihn regelrecht mit der Nase drauf gestoßen hatte? Was war er eigentlich für ein Geliebter? „Tut mir leid“, meinte er plötzlich leise, als er Daniel überraschend an den Schultern griff und auf das Bett warf. Kommentarlos schob er sich zwischen Daniels Beine, verschränkte seine Hände mit Daniels, ehe er ihn forsch küsste. Überrascht und erschrocken blieb Daniel einige Momente untätig liegen, bevor er Serdall recht hart von sich stieß und sich mit seinem Pulloverärmel über den Mund wischte. „Was sollte das denn?“, zischte er. „Ein billiges tut mir leid und dann etwas harten Sex für mich und das war es oder wie? Es wäre vielleicht recht förderlich, wenn das Gespräch auch ein richtiges Ende bekommt. Schön, du hast dich entschuldigt. Die Frage ist jetzt nur, ob du es auch ernst meinst oder weiterhin den ganzen Tag bei Taki bist. Ehrlich, meinst du, nur weil mir der Sex gefehlt hat ist alles wieder gut, wenn du es einmal hinter dich gebracht hast?“ Daniel war extrem angepisst und er wusste, dass eine Wortwahl vielleicht nicht gerade die schönste war, allerdings ging ihm Serdalls Verhalten gerade wirklich gegen den Zeiger. „Was gibt es denn zu bereden?“, schrie Serdall Daniel wütend zu und stand wieder auf. So abgewiesen zu werden, schmerzte ihn. „Soll ich dich beknien, weil ich mich um meinen Sohn gesorgt habe? Weil ich eine Scheißangst habe, ihn zu verlieren? Mehr als dir sagen, dass es mir leid tut, kann ich nicht und das weißt du. Aber anscheinend hast du jetzt wirklich vor, dir mit mir einen Kleinkrieg zu liefern. Nur weiß ich nicht worüber!“ Wild gestikulierte Serdall mit den Händen und trat schlossendlich mit dem bloßen Fuße gegen den Bettrahmen. In der nächsten Sekunde vergrub er seine Hände in seinen Hosentaschen. Jetzt war ihm sein Ausbruch schon fast peinlich. Er redete doch sonst nicht so viel. Aufgebracht war Daniel ebenfalls aufgestanden. In der gleichen Lautstärke wie Serdall zuvor setzte er das Gespräch fort. „Ich habe dir gesagt, was es zu bereden gibt“, keifte er. „Es interessiert mich einfach, ob du deinen Fehler eingesehen hast oder ob ich mein Leben in den nächsten Tagen wieder allein fristen und in der Dusche wichsen muss. Du solltest dir vielleicht erst mal darüber klar werden, wie du deine Prioritäten setzt. Wenn du meinst, nicht mit mir reden zu können und es bei dieser halbherzigen Entschuldigung bleibt, dann weiß ich ja, woran ich bei dir bin.“ Daniel stapfte aus dem Zimmer und die Treppe hinunter, schnappte sich Kimba aus dem Wohnzimmer, wo er Dustins und Takis fragende Blicke ignorierte, zog sich Schuhe und Jacke an und verließ das Haus. Fassungslos sah Serdall noch kurz auf die Stelle, wo Daniel eben gestanden hatte. „Was soll dieser Mist?“, fragte er sich leise. Seit wann war Daniel denn so? Wütend ging Serdall zum Balkon und sah, wie Daniel die Einfahrt herunter stampfte, zusammen mit Kimba, die mit wedelndem Schwanz neben ihm herlief. Er sah dabei zu, wie Daniel um die Ecke bog und fluchte leise. Was sollte er denn jetzt tun? Würde Daniel zurückkommen? Oder hatte Daniel gerade mit ihm Schluss gemacht? Für einen Moment setzte Serdalls Herzschlag aus. Das konnte nicht sein… Nach alldem ging Daniel einfach so? Kopfschüttelnd setzte er sich in Bewegung und hetzte nach unten in den Flur, wo er sich nur eilig seine Schuhe anzog und seinen Hausschlüssel schnappte, ehe er schon nach draußen lief und Daniel hinterher. Leise Verwünschungen vor sich hin murmelnd ging Daniel in Richtung Park. Es musste jetzt fast Mittag sein, allerdings war es trotzdem schweinekalt. Er fragte sich, warum er so überreagiert hatte. Er war noch nie einfach so weggegangen, ohne mit Serdall alles zu klären. Aber sein Freund machte ihn gerade einfach nur wahnsinnig. Serdall schien überhaupt nicht zu sehen, worum es Daniel überhaupt ging und das diese leise gemurmelte Entschuldigung eigentlich nicht wirklich viel an dem Hauptproblem änderte. Daniel hätte nämlich die Befürchtung, dass Serdall erneut so handeln würde, wie er es jetzt getan hatte, wenn Taki wieder irgendwie krank werden würde. Keuchend holte Serdall Daniel ein, doch sein Freund ignorierte ihn, als er neben ihm herging. „Jetzt bleib stehen“, fauchte er Daniel an und packte ihn an der Schulter. „Hast du dich gerade von mir getrennt oder wie soll ich deine Worte werten?“, fragte er ihn laut, obwohl um sie herum lauter Menschen waren, die sie nun schief anblickten. „Schwuchtel“, ertönte es plötzlich von irgendwoher und Serdall zuckte sichtlich zusammen. Er nahm seine Hand von Daniels Schulter und biss sich auf die Lippe. Er war noch nie in der Öffentlichkeit damit konfrontiert worden, doch jetzt war ihm das einfach zu viel. „Ich warte zuhause auf dich“, murmelte er geschlagen und wandte sich ab. Frierend verschränkte er die Arme vor der Brust und schlug den Weg nach Hause ein. Daniel hatte die Quelle für diesen unflätigen Ruf ausgemacht und gab dem Kerl mit einer bezeichnenden Geste zu verstehen, was er von ihm hielt. Anschließend war er es dieses Mal, der hinter Serdall herlief. „Warte“, meinte Daniel recht leise und Serdall blieb leicht zögernd stehen. Seufzend fuhr sich Daniel durch die Haare. „Man, natürlich habe ich mich nicht von dir getrennt“, grummelte er und zog Serdall auf eine Parkbank in der Nähe. „Was meinst du, warum ich die ganze letzte Zeit die Klappe gehalten habe? Eben damit es nicht zu so einem Streit wie jetzt kommt. Aber irgendwann ist mir eben der Kragen geplatzt. Mir ist klar, dass du dich mehr um Taki kümmerst, weil er krank ist, aber dass du mich deswegen vollkommen vergisst ist eben schon ziemlich extrem. Was mich aber wirklich aufgeregt hat war eben, dass du einfach kurz eine Entschuldigung gemurmelt hast und meintest, dass damit alles gut sei. Das, worum es mir allerdings ging, war nicht nur diese Entschuldigung, sondern ich wollte, dass du auch vor mir über dein Verhalten in den letzten Tagen nachdenkst und mir einfach mal sagst, dass du es nicht mehr in der Art und Weise wiederholen wirst.“ Serdall verzog unwillig den Mund. Ihm war kalt und er wurde von Daniel zu Recht gewiesen. Irgendwie fühlte er sich fehl am Platz. „Die bringen dir in der Uni echt zu viel bei“, murrte Serdall leise. „Ich wusste gar nicht, dass man diese Lehrerstandpauken schon in der Ausbildung lernt.“ Verärgert rieb er sich über die Oberarme und sah Daniel ins Gesicht. „Du hast die letzten Tage nicht einmal gesagt, dass es dir nicht passt. Ich habe einfach angenommen, dass du einverstanden bist, dass ich mich so um Taki kümmere.“ „Wie gesagt, ich habe mich nicht beschwert, weil ich nicht wusste, wie du darauf reagieren würdest und keinen Streit haben wollte. Aber von meinem Standpunkt aus hättest du erkennen müssen, dass man den Freund eben nicht tagelang vollkommen missachten sollte.“ „Du weißt, dass das eine einmalige Sache ist“, erwiderte Serdall stur. „Und ich würde das jetzt wirklich lieber ins Warme verlegen. Wie du siehst ist mir kalt und ich habe keine Jacke an“, murrte er trotzig. Er hatte kein gesteigertes Interesse, das hier zu diskutieren. Er sah es ja ein, dass Daniel sich vernachlässigt gefühlt hatte, doch mehr als entschuldigen konnte er sich dafür nicht. „Na dann“, meinte Daniel und stand auf. Er pfiff nach Kimba und sie machten sich auf den Weg zurück ins Warme. Daniel hatte zwar nicht vor, dieses Mal nachzugeben, allerdings sah er ein, dass Serdalls Laune wohl durch die klamme Kälte noch zusätzlich getrübt wurde. „Gleich folgt noch ein kleines Frage-Antwort-Spiel“, kündigte Daniel an. „Nachdem wir uns einigermaßen aufgewärmt haben.“ „Aha“, murrte Serdall leise und meldete sich kurz bei Taki und Dustin zurück, ehe er mit Daniel wieder nach oben in ihr Schlafzimmer ging. Langsam schlug ihn dieser Streit auf den Magen. „Dann fang mit deinen Fragen an“, brummte Serdall, als er sich seine Bettdecke um die Schultern wickelte und sich im Schneidersitz auf das Bett setzte. „Gut“, meinte Daniel entschlossen und setzte sich Serdall gegenüber. Wenn sein Freund ihm schon nicht von sich aus die Antworten geben wollte, die er sich erhoffte, dann würde Daniel es eben aus Serdall herauskitzeln. „So, zum Aufwärmen: Liebst du mich?“ Verwirrt zog Serdall eine Augenbraue nach oben. „Ist das dein Ernst?“, knurrte er mürrisch und zog die Decke enger um sich. „Natürlich liebe ich dich“, erwiderte er fest. „Und das weißt du nur zu gut.“ Daniel grinste. „Nun, wie gesagt, das war eine Frage zum Aufwärmen. So wie bei einem Lügendetektortest um zu sehen, ob das Ding funktioniert. Dann kann es ja losgehen.“ Er sah, wie Serdall sich etwas anspannte und irgendwie bereitete es Daniel eine fast diebische Freude, seinen Freund ein wenig zappeln zu sehen. „Hast du mich in den letzten Tagen vermisst?“ Serdall senkte den Blick. Schuldbewusst schüttelte er mit dem Kopf. Er war viel zu sehr mit Taki beschäftigt gewesen, als dass er einen Gedanken an Daniel verschwendet hätte. „Taki hat mir viel zu viel Sorge bereitet“, gab er offen zu, hob dabei jedoch nicht den Kopf. Daniel schluckte schwer. Ehrlich gesagt hätte er das jetzt nicht erwartet. Immerhin hatten sie trotzdem noch zusammen in einem Bett geschlafen. Zumindest dann mussten Serdall doch einige Gedanken durch den Kopf gegangen sein, die mit ihm zu tun gehabt hatten, oder? Daniel räusperte sich leicht. „Also gut“, murmelte er leise. „Nächste Frage. Wenn Taki das nächste Mal krank wird, bleibst du dann wieder die ganze Zeit bei ihm?“ Unwohl rutschte Serdall ein wenig herum und zog die Decke noch enger um sich herum. „Ich weiß, was du hören willst, aber ich kann einfach nicht anders. Taki ist mein Sohn und ich muss mich um ihn kümmern“, erwiderte er und begegnete kurz Daniels Blick. „Also, ja. Ich würde wieder die ganze Zeit bei ihm sein.“ „Er ist dein Sohn und ich bin dein Freund“, erwiderte Daniel. Die Fragerunde war für den Moment vergessen. „Ich denke, dass beide Rollen in deinem Leben wohl sehr wichtig sind. Ich kann ja verstehen, dass du bei Taki sein willst. Wenn irgendwer krank ist, der mir nahe steht, möchte ich mich auch um ihn kümmern. Aber du hast so eine Art an dir, dass du alles immer übertreiben musst. Taki ist genervt, weil du die ganze Zeit bei ihm bist und er dumm im Bett herumliegen muss. Er kam heute Morgen von sich aus zu mir, nachdem er einen Albtraum hatte und nicht zu dir, weil er dachte, du würdest ihn gleich wieder ins Bett stecken, womit Taki ja augenscheinlich richtig lag. Wie er es genossen hat, endlich mal etwas Abwechslung zu haben. Er leidet und dass ich leide, ist jetzt wohl klar. Also, denkst du, dass du deinen Gluckenzwang mal unterdrücken kannst und das nächste Mal nicht nur bei Taki bist?“ Ungläubig sah Serdall Daniel an und schüttelte leicht den Kopf. Taki hatte sich wirklich von ihm genervt gefühlt? Er hatte sich lieber an Daniel gewandt als an ihn? Keuchend schlug er eine Hand über die Augen. Warum machte er plötzlich alles falsch mit seinem Sohn? „Ich bin ein Rabenvater und ein unsensibler Idiot“, zischte er leise. Sprachlos schüttelte er einfach nur den Kopf und begrüßte den Magenschmerz, der sich nun heftig bemerkbar machte. Er hatte Daniel enttäuscht und Taki mochte ihn nicht… Genervt stöhnte Daniel auf. Serdall war in letzter Zeit echt schwierig. „Du bist kein Rabenvater, wobei ich dir bei dem unsensiblen Idiot fast zustimme. Allerdings nur manchmal, beispielsweise vorhin. Was ich aber eigentlich sagen wollte ist, dass du immer alles gut meinst, eben nur übertreibst. Aber lieber etwas zu fürsorglich, als zu wenig. Du hast ja mich, der dich stoppt, falls es zu viel werden sollte. Lass Taki jetzt einfach ein wenig mehr Freiraum für sich und alles ist wieder in Ordnung.“ „Ich fühl mich so scheiße“, eröffnete Serdall leise und sah Daniel leidlich in die Augen. Langsam wusste er gar nichts mehr. Die letzten Tage und die Sorge um Taki hatten ihn ziemlich geschlaucht und jetzt dieser Streit gab ihm auch noch den Rest. Dieser ganze Monat war einfach nur ein Reinfall gewesen. Erst der Horror mit Fei und jetzt, nachdem er Daniel endlich wieder hatte, stritten sie sich und er vernachlässigte Daniel. Serdall ließ die Decke von seinen Schultern gleiten und fasste zaghaft nach Daniels Händen. „Kannst du mir verzeihen, dass ich dich so schrecklich behandelt habe?“ „So gefällst du mir schon besser. Krieche zu meinen Füßen“, lachte Daniel, umarmte Serdall allerdings dann. „Klar kann ich dir verzeihen. Immerhin habe ich jetzt scheinbar wirklich meinen alten, kitschigen Serdall wieder.“ Lächelnd küsste Daniel ihn einmal kurz und seufzte dann glücklich auf. „Gut, was steht als nächstes auf der Liste mit den Sachen, die unbedingt erledigt werden müssen?“ „Wie wär‘s, wenn wir jetzt das machen, was wir eigentlich vorhatten?“, antwortete Serdall und ließ seine Hände sanft über Daniels Rücken gleiten. Er wollte seinen Fehler wieder gut machen. Liebevoll begann er sich an Daniels Hals entlang zu küssen und zog ihn mit sich in die Horizontale. Schlagartig begann sein Herz einen schnelleren Rhythmus einzuschlagen, als er Daniel auf sich spürte und dessen Geruch und Wärme ihn einzuhüllen begannen. „Ich liebe dich“, sagte er endlich und küsste Daniel tief. Er hatte das echt schon viel zu lange nicht mehr gesagt. „Ich liebe dich auch“, kam Daniels prompte Antwort und er grinste Serdall anschließend keck an. „Man merkt, dass wir abstinent gelebt haben in den letzten Tagen. Dass du mal richtig gehend nach Sex verlangst, hätte ich auch nicht gedacht.“ Er fing sich für den frechen Kommentar einen spielerischen Schlag in die Seite von Serdall ein, küsste seinen Freund allerdings zur Ablenkung. Serdall seufzte in ihren Kuss und griff fest in Daniels Haare, um sich nachdrücklich von ihm zu lösen. „Die Tür…“, murmelte er atemlos und rollte sich mit Daniel herum, um noch einmal aufzustehen, obwohl sein Freund unzufrieden seufzte. Er schloss ab. Lasziv blickend ging Serdall wieder zu Daniel und schob sich über ihn. „Da seid ihr ja endlich“, entgegnete Dustin Daniel und Serdall, die gerade ins Wohnzimmer kamen, ziemlich glücklich im Gesicht. Mit den Augen rollend erhob sich Serdalls Schwager vom Sofa, auf dem Taki immer noch lag und fern sah. „Dafür kümmert ihr euch heute um das Mittagessen“, murrte er im Vorbeigehen und ignorierte Serdalls genervten Blick. Als Dustin auf Daniels Höhe war, gab er ihm einen Klaps auf den Po und registrierte mit sadistischer Genugtuung das leichte Zusammenzucken. „Ah ja. Der Himmel auf Erden ist wieder hergestellt“, zischte er ihm grinsend zu, ehe er weiterging. Daniel schüttelte grinsend den Kopf. Ehrlich, wann immer es um Sex ging, war Dustin auf dem Laufenden. Das war fast schon unheimlich. „Setz dich zu Taki, ich mache essen“, meinte Daniel zu Serdall und verschwand in Richtung Küche. Er wollte ein paar Kompromisse eingehen und Serdall nicht die ganze Zeit von Taki fernhalten. Außerdem wäre sein Freund ihm, auch wenn er mit in die Küche kommen würde, ohnehin mehr im Weg als in irgendeiner Art und Weise helfen zur Hand. Als Daniel allerdings die Tür öffnete, stand Yoshiko schon am Herd und rührte in der Soße umher, während die Kartoffeln vor sich hin kochten. „Hey, wie geht es dir?“, erkundigte sich Daniel auf Englisch und Yoshiko drehte sich etwas überrascht zu ihm um. „Danke, eigentlich ziemlich gut“, kam die leise Antwort begleitet von einem schüchternen Lächeln. „Kann ich dir irgendwie helfen?“, wollte Daniel wissen und sah in den dritten Topf, wo ein ziemlich gut duftender Braten vor sich hin brodelte. „Nein, eigentlich nicht.“ Yoshiko schüttelte verneinend den Kopf. „Ich komm ganz gut klar, weiß ja schon, wo alles ist und muss auch etwas dafür tun, dass ich hier wohnen darf und bezahlt werde.“ „Gut, wie du meinst. Aber ruf mich zum Tisch decken.“ Daniel ging zurück ins Wohnzimmer und setzte sich neben Serdall auf das zweite Sofa, das nicht von Taki belegt war. Serdall legte einen Arm um ihn und hauchte einen sanften Kuss auf seine Wange. „Scheint ja, als ob jemand dir zuvor gekommen ist“, meinte er leise lachend und sah kurz zu Taki, der schläfrig zum Fernseher schielte und zum Teil immer wieder die Augen schloss. Vielleicht war es wirklich nicht schlecht, dass Taki sich hier unten ein wenig Ablenkung suchte. So würde er sich nicht die ganze Zeit auf seine Krankheit konzentrieren können. Seufzend hauchte Serdall noch einen Kuss auf Daniels Ohrmuschel. Warum war er selbst nur immer so kurzsichtig, wenn es um seine Liebsten ging? Es tat ihm wirklich leid, was er Daniel wohl die letzten Tage angetan hatte mit seiner Ignoranz und er wollte es wieder gut machen. Daniel hatte sich so auf ihr Wochenende gefreut… „Wollen wir doch noch heut Nachmittag wegfahren?“, fragte Serdall ihn flüsternd. Kurz stockte Daniel. „Du meinst das ernst, oder?“, fragte er etwas verwirrt. „Du meinst es echt ernst, was du sagst.“ Leise lachend schüttelte er den Kopf. „Also meinetwegen können wir fahren. Ich bin ja ohnehin ein sehr spontaner Mensch und ich wette, dass auch noch irgendwo eine Suite für uns frei sein wird.“ Serdall begann zu schmunzeln, auch wenn ihm schon wieder unwohl wurde. Es war ihm egal. Er vertraute Daniel und es würde schon gutgehen. „Also, dann fahren wir nach dem Essen“, meinte er mit einem Zwinkern und platzierte einen Kuss an Daniels Hals. „Vorher gehe ich aber noch ein wenig Spielen. Sonst komme ich nicht mehr dazu.“ Serdall erhob sich und holte seine Geige vom Regal. „Willst du mit hochkommen?“, fragte er Daniel, als er vor ihm noch einmal stehen geblieben war. Ein kurzer Blick zu Taki, der auf dem Sofa eingeschlafen war, genügte und Daniel stand nickend auf. Er ließ sich von Serdall an die Hand nehmen und nach oben führen. Im Schlafzimmer angekommen, wo die Decken auf dem Bett noch immer reichlich zerwühlt waren, setzte er sich in den bequemen Sessel in der Ecke und schloss schon einmal erwartungsvoll die Augen. Serdall lächelte, als er Daniel so sitzen sah. Obwohl er seine Geige und den Bogen schon in den Händen hielt, schlich er sich an Daniel heran, nahm sein Instrument in eine Hand und beugte sich dann zu Daniels Gesicht. Sanft legte er eine Hand an seine Wange. Er liebte es, wenn Daniel so ruhig und entspannt seinem Geigenspiel zuhörte und schon davor so erwartungsvoll dasaß. Lächelnd legte er seine Lippen auf Daniels und ließ seine Hand in seinen Nacken wandern. Daniel erwiderte den sanften Kuss und öffnete prüfend ein Auge. Er war im ersten Moment etwas erschrocken gewesen, nicht irgendeine faszinierende Melodie zu hören, sondern Serdalls Hand und dessen Lippen zu fühlen, doch der erste Moment des Schreckens war schnell vorüber. „Wolltest du nicht spielen?“, fragte er Serdall leise. „Nicht ohne mir noch eine kleine Inspiration zu holen“, erwiderte er sanft und ließ dann von Daniel ab, um ein paar Schritte zurück zu gehen. Seine Augen mit Daniels fixierend legte Serdall seine Geige auf seine Schulter und begann eine beschwingte Melodie, die sich in ihrer Virtuosität selbst übertraf. Flink tanzten Serdalls Finger über die Saiten, als ob sie nie etwas anderes getan hätten. Serdall verlor sich leicht in diesem Lied, ließ seine Gefühle mit den Tönen verschmelzen und begann verträumt zu lächeln. Er spürte, dass er seine Geige in den letzten Tagen zu selten gespielt hatte. Seine Finger brannten vor Freude und sein Körper kribbelte an jeder erdenklichen Stelle. Das war nur, wenn er zu wenig spielte und die letzten beiden Tage hatte er seine Geige nicht einmal angesehen. Leicht erschauernd seufzte Daniel auf. Man merkte regelrecht, dass er nicht der Einzige war, der Serdall vermisst hatte, sondern auch die Geige hatte ihren Meister vermisst. Daniel musste auf Grund seiner Gedanken leicht lächeln und bewegte seine Finger im Takt der Melodie mit. Einige Zeit später, als auch die letzten Klänge in den Weiten des Zimmers verschollen waren, öffnete Daniel die Augen langsam einen Spalt breit und sah direkt in Serdalls Gesicht. Er fuhr etwas erschrocken zusammen. „Man, warne mich das nächste Mal vor“, maulte er aus seiner Entspannung gerissen und setzte sich wieder normal hin. „Prinzesschen“, murmelte Serdall leicht und küsste Daniel auf die gerunzelte Stirn. „Yoshiko ruft zum Essen“, meinte er schmunzelnd und nahm Daniel bei der Hand. Seine Geige hatte er schon wieder in seinem Geigenkoffer verstaut. Daniel hatte einige wenige Minuten einfach stillschweigend der Melodie nachgeträumt, wie es schien. Überglücklich legte Serdall einen Arm um Daniels Hüfte. Langsam wurde ihm wirklich klar, dass in den letzten Tagen etwas extrem falsch gelaufen war mit ihm. Aber sein Sohn hatte nun mal das Talent, ihn völlig vor Sorge aus der Bahn zu werfen. Daniel ja auch. Eine Gänsehaut bildete sich auf Serdalls Armen, als er daran dachte, wie brutal er gegenüber Fei geworden war, weil er ihm mit Daniels Tod gedroht hatte. Daniel hatte irgendwo Recht. Vielleicht war er manchmal wirklich zu heftig in seinen Aktionen, aber er wusste sich eben nicht besser zu helfen. Wenn er es mal objektiv betrachtete, war er schon immer so gewesen. Er sah kurz auf seinen Geigenkoffer. Ja, er war schon als Kind so gewesen. Es grenzte wohl geradezu an Besessenheit, wie er sich in die Welt der Geigenklänge zurückgezogen hatte, nur um dieses Instrument perfekt zu beherrschen, die Töne aus seinem Kopf zu kanalisieren und sich mit seiner Geige einen Fluchtpunkt zu suchen. Genauso war es mit seiner Liebe. Wenn er liebte, dann ohne Zweifel, ohne Pause und ohne Unterlass. Nur stritt sich das Ganze, weil er eben Daniel und Taki hatte, die er über alles liebte. Nun, er hatte sich im ersten Moment für Taki entscheiden, als er krank wurde, doch das war unfair gegenüber Daniel gewesen… Er musste sich wirklich in dieser Hinsicht zusammenreißen. Ende Kapitel 22 Und an dieser Stelle noch einmal ganz lieben Dank für all eure Reviews. ^^ Kapitel 23: ------------ Kapitel 23 Einmal kurz gähnend folgte Daniel seinem Freund nach unten. Yoshiko hatte ihn doch nicht zum Tisch decken gerufen, aber er war ihr deswegen nicht böse. Wenn sie das mit zu ihren Aufgaben zählte, sollte sie es ruhig selbst machen. Garantiert fühlte sie sich dann auch besser. Außerdem war er eben ja auch beschäftigt gewesen. Das Essen verlief insgesamt sehr angenehm und entspannt. Serdall hatte Taki noch geweckt, damit der Kleine auch was in den Magen bekam und Dustin hatte Ethan mitgebracht. Sie hatten sich gut unterhalten, mal auf Englisch, mal auf Japanisch, damit jeder etwas verstehen konnte. Serdall und Yoshiko waren wohl die Einzigen, die alle Gespräche mitbekommen hatten. Als sie gemeinsam das Geschirr in die Spülmaschine gestapelt hatten, gingen Daniel und Serdall wieder nach oben, um ihre Sachen zu packen. „Sollen wir Dustin sagen, wo wir hingehen?“, fragte Daniel. Serdall zog gerade den Reisverschluss ihrer Tasche zu und zuckte dann leicht mit den Schultern. „Yoshiko weiß Bescheid. Aber ich glaube es ist besser, wenn Dustin auch im Bilde ist. Auch wenn ich denke, dass wir auf seine Kommentare verzichten können“, erwiderte Serdall nicht begeistert. Er hatte keine Lust sich seinen Abend durch das dumme Geschwätz seines Schwagers versauen zu lassen. Ihm war auch so schon unwohl zumute, da musste er sich das nicht auch noch antun. „Ja, auf seine Kommentare freue ich mich auch schon“, seufzte Daniel und steckte noch schnell Kondome und Gleitgel in eine der Seitentaschen. „Aber eigentlich ist es egal, ob wir es ihm jetzt sagen oder nicht. Die Kommentare bekommen wir nämlich auch wenn wir morgen wiederkommen, da kannst du dir sicher sein.“ Serdall wollte gerade nach der Tasche greifen, doch hielt er in der Bewegung inne und richtete sich wieder auf. „Du hast mit ihm darüber gesprochen“, stellte er fest und sah Daniel ungläubig an. Langsam bekam er auch eine Ahnung, wie Daniel wohl auf diese Idee gekommen war. Denn sonst wären Dustins Kommentare eben normal, aber so wie Daniel es ausgedrückt hatte, konnte sich Serdall wohl auf etwas Schlimmeres gefasst machen. Daniels Augen weiteten sich leicht. „Also… er“, fing er zögernd an und ließ den Kopf etwas hängen. „Ehrlich gesagt hat Dustin mir diesen Floh ins Ohr gesetzt. Er hat jetzt nicht irgendeinen Gedanken in mir eingepflanzt, sondern nur etwas hoch geholt, das ohnehin schon da war. Von daher: ja, ich habe mit ihm darüber gesprochen“, meinte Daniel etwas pampig. Serdall schüttelte ungläubig den Kopf. Eigentlich war es nur eine Vermutung gewesen, doch jetzt hatte es Daniel wirklich zugegeben. Er wusste nicht was er davon halten sollte. Wieso mischte sich sein Schwager in ihre Beziehung ein? Er redete doch auch nicht mit Ethan über irgendwelchen Mist und stiftete ihn zu irgendwelchen Dingen an. Wortlos griff sich Serdall ihre Tasche und trug sie die Treppen herunter. Er hatte es Daniel versprochen und er war kein Mensch, der seine Versprechen brach, doch es ärgerte ihn, dass Daniel ihn angeschwindelt hatte. Er wusste nämlich noch, dass er Daniel gefragt hatte, warum er plötzlich darauf kam… Aber irgendwie war es auch nur logisch, dass Daniel dann nicht Dustin erwähnen würde. Schließlich war er nicht dumm und hatte wohl geahnt, dass dieses Unterfangen dann aussichtslos war. Serdall ging noch einmal ins Wohnzimmer, wo Yoshiko sich mit Taki auf Japanisch unterhielt. Lächelnd kniete er sich neben seinen Sohn und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Erhol dich gut. Daniel und ich sind morgen wieder da, ja?“ Taki nickte vergnügt und hustete dann leicht. Fürsorglich strich Yoshiko Serdalls Sohn über die Schulter und Serdall nickte zufrieden. Er vertraute Yoshiko insgeheim mehr als Dustin, seit der Sache mit Fei. Er verabschiedete sich von ihr und ging schon wieder in den Flur und brachte dann ihre Sachen ins Auto. Daniel wartete schon im Inneren des Wagens auf ihn. Er ärgerte sich, dass er seine Klappe nicht gehalten hatte. Serdall war schlecht drauf und die ganze Situation nicht gerade ein toller Start in ihr gemeinsames Wochenende. „Du bist sauer“, stellte Daniel fest, als Serdall ebenfalls einstieg. Serdall nickte und steckte den Schlüssel in die Zündung. Daniel hatte seinen Gemütszustand genau erfasst. Er war sauer. Aber nicht auf Daniel, sondern mehr auf Dustin und sich selbst. Er wusste, dass er zu konservativ war und Dustin geradezu das glatte Gegenteil von ihm, doch es störte ihn, dass Daniel sich anscheinend nicht traute mit ihm über alles frei zu sprechen. „Wieso kannst du nicht von allein zu mir kommen, wenn dir etwas wichtig ist?“, fragte er in die kurz entstandene Stille. „Weil ich nicht wusste, dass es mir so wichtig ist“, gestand Daniel. „Es war mehr so eine fixe Idee, wie man sie oft hat. Außerdem habe ich mich irgendwie nicht getraut, weil ich dachte, dass du ohnehin nein sagen wirst. Aber Dustin hat mir dann doch einige Aspekte aufgezeigt, über die ich noch nicht nachgedacht hatte und aus der fixen Idee entwickelte sich dann doch ein ziemlich handfester Wunsch.“ „Ich finde es schade, dass du in solchen Dingen Angst vor meiner Reaktion hast“, meinte Serdall leise und startete den Motor, nachdem er sich angeschnallt hatte. Irgendwie nagte es an ihm, dass Daniel in solchen Sachen wohl lieber vorsichtig war, nur um ihn nicht zu verärgern. War er denn wirklich so schlimm? Selbst nach fast zwei Jahren Beziehung konnten sie nicht wirklich offen miteinander reden, was wohl mehr an ihm lag, als an Daniel. Seufzend fuhr er an und lenkte das Auto auf die Straße in Richtung des Hotels. Es würde sich nach der heutigen Nacht vielleicht ein wenig ändern. Daniels und seine eigene Einstellung. Zumindest wollte Serdall, dass es das tat und ihr Vertrauen wieder da war. Dafür ließ er es auch zu, dass Daniel mit ihm schlief. Etwas wehmütig starrte Daniel aus dem Fenster hinaus auf die vorbeiziehenden Häuser. Er konnte in dem Punkt leider nicht widersprechen. Er hatte nun mal Angst vor Serdalls Reaktion gehabt, das ließ sich nicht leugnen. Oder vielmehr hatte er gedacht, dass eine Frage ziemlich sinnlos war. Allerdings zeigte diese Situation jetzt, dass er mit seiner Einschätzung falsch gelegen hatte. Serdall hatte ja gesagt. Vielleicht sollte er in nächster Zeit doch lieber mit ihm sprechen, anstatt feige zu schweigen. Sie checkten mit einer kleinen Verzögerung an der Rezeption in ihre Suite ein, da man ziemlich verwirrt war, dass Herr Agamie nun doch noch aufkreuzte. Etwas unwohl brachte Serdall ihre Tasche in ihr Schlafzimmer. Er ging zu Daniel, der sich in der Suite umsah. Kurz beobachtete er seinen Freund etwas abwesend. Er liebte diesen Mann. Es wird gut sein, bestärkte er sich selbst und ging nun etwas unruhig auf Daniel zu. „Wollen wir uns erst einmal ein Bad genehmigen?“ Daniel lachte leise. Serdall so schüchtern und ängstlich war auch mal eine ganze neue Erfahrung. „Ja, können wir machen“, meinte er. „Ich massiere dich auch ein bisschen, damit du dich entspannst. Du siehst aus, als wärst du auf der Flucht.“ Grinsend zog Daniel seinen Freund zum Badezimmer wo sie sich auszogen, während das Wasser in die Wanne lief. Befreit seufzend ließ sich Daniel einige Minuten später in das warme Nass gleiten und bedeutete Serdall, es sich zwischen seinen Beinen bequem zu machen wo er ihm, wie versprochen, die Schultern und den Nacken massierte. Trotz der angenehmen Behandlung konnte sich Serdall nicht wirklich entspannen. Er spürte Daniels Glied an seinem Rücken. Auch wenn es nicht richtig erigiert war, nahm er es doch diesmal überdeutlich wahr. Er seufzte abgrundtief und drehte sich wortlos zu Daniel um, sich dabei nicht darum kümmernd, dass Wasser über den Wannenrand schwappte. Er wollte Daniel einfach nur küssen, irgendwie seine Gedanken von dem bevorstehenden abbringen. Serdall schmiegte sich unsicher an Daniel und eroberte forsch seinen Mund, wobei er seine Arme eng um Daniels Hals schlang. Himmel, wieso war er nur so nervös? Er tat geradezu so, als ob Daniel ihn umbringen wollte oder so. Er konnte aber nicht anders, als den Knoten in seinem Magen zu bemerken, der sich unangenehm in ihm festgesetzt hatte. Er konnte sich einfach nicht wirklich mit dem Gedanken anfreunden. Seufzend löste Daniel sich aus dem Kuss. Es vergrößerte die Vorfreude nicht unbedingt, dass Serdall steif wie ein Brett in seinen Armen lag und ihn fast zerquetschte, so doll wie er sich an ihn presste. „Serdall“, keuchte Daniel, als die Luft wirklich etwas knapp wurde. „Versuch einfach ein wenig lockerer zu werden. Ich will dir echt nichts Schlimmes antun und vor allem nichts, das du nicht schon Hunderte von Malen bei mir gemacht hast.“ Er ließ seine Hände über den Körper vor sich wandern, die flache Brust hinunter, wobei er den rasenden Herzschlag wahrnahm, an den Brustwarzen vorbei, die Daniel kurz umspielte, hin zu Serdalls Glied. Keuchend lehnte Serdall seine Stirn an Daniels Brust. Er zwang sich selbst zur Ruhe und konzentrierte sich auf Daniels Hände. Seine eigenen schickte er ebenfalls an Daniels Körper entlang. Entschlossen schummelte er sich zischen Daniels Beine und zog ihn sich auf den Schoß. Wieso sollten sie auch unbedingt damit beginnen? „Lass es uns bitte erst wie immer machen“, murmelte er leise an Daniels Wange und seine Hände suchten sich geschickt einen Weg zu Daniels Hintern. Geübt glitt sein rechter Mittelfinger in Daniel hinein, während er sich Halt suchend an den Rand der großen Badewanne lehnte. Daniel stöhnte auf und lehnte seine Stirn an Serdalls Schulter. Er wusste, dass sein Freund Zeit schinden wollte, allerdings hatte er auch nichts gegen so einen Start, wenn es Serdall die ganze Sache erleichtern würde. „Wir müssen unseren Plan auch gar nicht durchziehen, wenn du sagst, dass du absolut nicht willst“, murmelte er leicht abgehackt, da sich jetzt zwei Finger in ihm bewegten und immer mal wieder leicht seine Prostata streiften. Serdall küsste sich an Daniels Schulter entlang, während er bereits einen dritten Finger in Daniels schob. „Nein, danach machen wir es“, erwiderte er fest und sah Daniel lächelnd in die Augen. Jetzt würde er sich einfach nur gezwungen fühlen. Nach einer Runde mit Daniel war das Ganze nicht mehr so krampfhaft und vorgeplant. Daniels heisere Stimme jagte Serdall Schauer über den Rücken. Er kümmerte sich um kein Kondom, als er sein Finger aus Daniel zog und ihn an den Hüften fasste. Langsam dirigierte er seinen Freund auf sein Glied, wobei Daniel das Tempo bestimmte. Das Wasser fungierte als etwas schaler Gleitmittelersatz. „Geht es?“, fragte Serdall Daniel besorgt und strich ihm über die Oberarme, weil er sich auf Serdalls Schultern abstützte. „Ja, nur ein bisschen langsamer bitte“, erwiderte Daniel und ließ sich Stück für Stück weiter runter sinken, bis Serdalls Glied ganz in ihm war. Lächelnd verteilte er kleine Küsse auf dem Gesicht seines Freundes und fing dann an, sich leicht zu bewegen. Erregt aufseufzend winkelte Daniel die Beine etwas an, um besseren Halt zu haben und änderte den Winkel der Stöße leicht, sodass seine Prostata wieder gereizt wurde. Das Wasser schwappte auf Grund von Daniels Bewegungen um sie herum. Serdall ließ Daniel diesmal völlig freie Hand. Er streichelte ihn nur und genoss seine eigene brennende Erregung, die durch diese aufreizende Enge von Daniel und dessen heiseren Stimme nur noch mehr angefacht wurde. Fahrig führte er seine Rechte zwischen sie und umschloss Daniels Glied mit den Fingern, sodass es mit der Hüftbewegung gereizt wurde. Seine blaugrünen Augen beobachteten jegliche Regung in dem feinen Gesicht seines Freundes und er zog ihn dann zu einem tiefen Kuss heran. Daniel schlängelte seine Zunge an Serdalls entlang und behielt erst einmal seinen recht langsamen Rhythmus bei. Es war selten, dass Serdall ihm vollkommen das Ruder überließ und Daniel wollte nicht, dass es ihm überhaupt nicht gefiel. Außerdem mochte er es selbst meistens ohnehin am liebsten, wenn ein erst langsamer Beginn sich nach und nach zu einem schnellen Ende hin steigerte. Nur fand Daniel, dass das Ende nicht mehr ganz so weit hin sein sollte und steigerte die Geschwindigkeit seiner Bewegungen ein wenig. Angespannt biss sich Serdall auf die Lippe. Daniel wusste nur zu gut, was er wie mochte und er hätte nie gedacht, dass Daniel auch ohne ihn alles so machen würde, wie er es gerne wollte. Keuchend kniff Serdall die Augen zusammen und ließ seine Hand schneller über Daniels Glied wandern. Er konnte nicht mehr, aber vor Daniel zu kommen lag nicht in seiner Absicht. Serdall war viel zu heiß. Alles in ihm und um ihn herum schien zu brennen und sein Herz viel zu schnell für diese Sekunde zu schlagen, als Daniel leise schreiend kam und seine Hände sich fest in seine Schultern gruben. Stöhnend genoss Serdall das Gefühl, wie sein Penis so kräftig massiert wurde und griff heftig nach Daniels Hüften, um sich selbst noch mit wenigen Stößen zum Höhepunkt zu bringen. Sie rutschten etwas tiefer ins Wasser, als alle Anspannung von Serdall fiel und er Daniel einfach schwach umarmte. Jeglicher Gedanke über das Kommende, genauso seine Unsicherheit, war wie fortgewischt. Alles in seinem Kopf drehte sich nur noch um Daniel und seine tiefen Gefühle für diesen Mann. „Wieso ist es eigentlich immer noch so heftig bei uns beiden?“, nuschelte er matt an Daniels Hals. Diese Frage konnte er sich eigentlich auch selbst beantworten. „Okay, blöde Frage“, gab er zu und schloss schmunzelnd die Augen. „Du hast es erfasst“, gab Daniel zurück und atmete kurz tief durch, um die schwarzen Punkte vor seinen Augen zu vertreiben. Das heiße Wasser gepaart mit ihrer Aktion eben war für seinen Kreislauf nicht ganz so toll gewesen. Er löste sich von Serdall und seufzte kurz auf. „Ich denke, wir sollten raus hier. Ich werde schon ganz schrumpelig. Allerdings sollten wir uns vielleicht doch noch mal abduschen bei allem, was jetzt hier im Wasser herumschwimmt.“ Serdall ließ leicht den Kopf hängen. „Du bist manchmal wirklich unromantisch“, murrte er genervt und zog Daniel mit sich aus der Wanne, deren Stöpsel er gleich herauszog, um das, nach Daniels Meinung schmutzige Wasser ablaufen zu lassen. Serdall schob ihn zu der offenen Dusche und stellte sogleich das Wasser wieder an, während er Daniel forsch küssend gegen die Kacheln der Wand drückte und liebeshungrig mit den Armen umschlang. Daniel kicherte ziemlich blöd und griff nach dem Duschgel. Er verteilte eine großzügige Portion über Serdalls Schultern und begann von dort aus alles einzuseifen, was es von seinem Standpunkt aus erreichen konnte. Sich etwas nach vorn lehnend bearbeitete Daniel auch den Rücken und ließ einen seiner Finger wie zufällig durch Serdalls Poritze streifen. Augenblicklich wurde Serdall etwas ruhiger und spannte sich gleichzeitig etwas an, doch Daniels Hände glitten wieder hinauf und er begann selbst Daniel einzuseifen, darauf bedacht, nicht zu sehr Daniels linkes Handgelenk zu streifen, an dem zur Zeit nur ein großes Pflaster die Fäden davor bewahrte, irgendwo hängen zu bleiben oder zu sehr bewegt zu werden. Nachdem der Schaum von ihrer Haut fortgespült war, warf Serdall ein großes Handtuch um sie beide und sie gingen im Wechselschritt zum Schlafzimmer. Geringfügig wurde Serdall mit jedem Schritt nervöser, doch er lenkte sich damit ab, dass er Daniel liebkoste und sich mit ihm küsste, bis sie am Bett angelangt waren. Skeptisch blickte er auf die noch gemachten Decken. Kopfschüttelnd ließ er das Handtuch von ihren Schultern fallen. Er hatte diesen Entschluss gefasst und er vertraute Daniel. Entschieden stieg Serdall auf das Bett und legte sich, den Oberkörper auf die Ellen hochgestützt, hin und sah auffordernd zu Daniel, wobei er ein Bein anwinkelte. Nun doch etwas schüchtern ging Daniel zu seinem Freund. Es war irgendwie seltsam, Serdall dort so liegen zu sehen und derjenige zu sein, der die ganze Sache gleich in die Hand nehmen würde. Er war sich selbst nicht mehr so sicher, ob das Alles eine gute Idee gewesen war. Die Zweifel kamen wieder, dass er Serdall wehtat, dass es ihm nicht gefallen würde und was noch in seinem Kopf herum spukte. Forsch schüttelte Daniel den Kopf und rückte weiter zu Serdall, um ihn erneut zu küssen. Fahrig ließ Serdall seine Hände über Daniels Rücken gleiten. Insgeheim wünschte er sich jetzt, dass er noch einmal zum Barschrank gegangen wäre, um sich ordentlich einen einzuhelfen. Seufzend konzentrierte er sich auf ihren Kuss und winkelte nun auch das andere Bein an und ließ Daniel nun vollkommenen Handlungsspielraum. Sein Freund wusste worauf es ankam, schließlich praktizierten sie es fast jeden Tag. Eigentlich alles kein Problem. Daniel gefiel es ja auch. So versuchte Serdall sein aufgewühltes Inneres wenigstens annähernd zu beruhigen und langsam bauten sich auch eine leise Vorfreude und eine gewisse Neugierde in ihm auf. Endlich würde er erfahren wie Daniel sich dabei immer fühlte. Obwohl ihm der Kontrollverlust gegen den Strich ging. Doch Daniel behielt seine Hände strickt auf der oberen Hälfte von Serdalls Körper. Alles, was er tat, war seinen Freund zu küssen und die Muskeln der Brust mit den Fingern nachzuzeichnen. Er war gerade fast soweit, die ganze Aktion einfach wieder abzublasen. Das würde Serdall garantiert auch ziemlich gelegen kommen, der sich nur in diese Rolle begab, um Daniel einen Gefallen zu tun. Unbehaglich reizte Daniel die Brustwarzen und starrte stur auf Serdalls Brustbein. „Au“, zischte Serdall leise, als Daniel seine Brustwarzen schon fast wund rieb. Verwirrt griff er mit beiden Händen nach Daniels Wangen und zwang ihn, auf und in sein Gesicht zu sehen. Er lächelte milde, als er Daniels Unsicherheit sah, die in seinen Augen aufflackerte. „Mache ich irgendetwas falsch?“, fragte er verschmitzt und versuchte so die Situation ein wenig aufzulockern. „Oder kriegst du ihn nicht hoch?“ „Lustig“, grummelte Daniel und stütze seine Hände jetzt neben ihnen in den Decken ab. „Außerdem bist du diesmal nicht derjenige, der erst einmal irgendwas machen muss, sondern ich. Allerdings…“ Daniel wandte den Blick ab und sah peinlich berührt auf seine Finger. „Ich weiß nicht, ob ich dir vielleicht irgendwie wehtue und ob es für dich überhaupt toll ist. Vielleicht mache ich in meiner Aufregung alles falsch und es wird einfach nur schrecklich und wir sollten es lieber gleich ganz lassen. Keine Ahnung.“ Serdall seufzte leise, während er seine Hände um Daniels Nacken schlang. „Ich liebe dich“, meinte er leise. „Und wir werden das schon hinkriegen. Am besten du holst jetzt erst mal das Gleitgel aus der Tasche. Dann tasten wir uns ganz langsam ran, in Ordnung? Ich vertraue dir und ich versuche so gut es geht zu helfen, ja?“ Lächelnd stützte sich Serdall nach oben und küsste seinen Freund auf die verkniffenen Lippen. „Komm schon, Prinzesschen. Jetzt sind wir schon einmal hier und ich bin froh, dass es dir eigentlich nicht anders geht als mir. Das macht das Ganze schon wieder aufregend.“ Ruhig legte sich Serdall wieder in die Kissen zurück und ließ seine Hände an Daniels Seiten hinab wandern. Es machte ihn wirklich glücklich, dass Daniel sich so um ihn sorgte. Ziemlich bedröppelt guckte Daniel aus der Wäsche. Er hätte mit Widerstand gerechnet beziehungsweise mit einer Bestätigung seines Vorschlags, dass sie es lieber hier beenden sollten, aber jetzt machte Serdall ihm plötzlich Mut und schien es wirklich zu wollen. „Du bist manchmal echt seltsam“, murmelte Daniel, stand allerdings auf und holte alles Nötige aus ihrer Tasche, bevor er sich wieder zu Serdall legte und dieses Mal gleich mit den Händen tiefer fuhr. „Spreiz am besten die Beine etwas weiter“, wies er Serdall an und verteilte viele kleine Küsse auf dessen Gesicht. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch tat Serdall was Daniel wollte, wobei er sich ziemlich bescheuert vorkam. Sein Atem beschleunigte sich, als sich Daniel über seine Brust küsste und mit einer Hand begann sein Glied zu reizen. Sich auf die Lippe beißend beobachtete Serdall Daniel, wie er sich langsam tiefer arbeitete und schlussendlich begann, ihn oral zu verwöhnen. Das war wie immer sehr schön. Daniel konnte mit der Zunge Dinge anstellen, von denen Serdall manchmal sogar träumte. Stöhnend ließ er seinen Kopf zurück in die Kissen fallen und vergrub seine Linke in Daniels schwarze Haare. Jedoch zuckte er heftig zusammen als er plötzlich spürte, wie Daniel versuchte einen Finger in ihn zu schieben. Gleichzeitig saugte er heftig an Serdalls Glied, sodass er heiser aufstöhnte. Im nächsten Moment war der Finger in ihm. Keuchend versuchte er dieses Gefühl einzuordnen. Er wusste nicht, wie er es beschreiben sollte, aber im ersten Moment war es ein wenig ungewohnt und unangenehm. Das legte sich aber, als Daniel den Finger vorsichtig bewegte, ohne mit dem Mund von ihm abzulassen. Serdall schob seine Fersen über die Laken, bewegte unruhig seine Beine, während er sich unterdrückt stöhnend auf die Lippe biss und seinen Arm über seine Augen legte. Daniel wusste nicht, ob Serdalls Laute schmerzvoll oder lustvoll waren. Er saugte noch einmal kurz an dem nun vollends harten Glied und ließ dann von ihm ab, um zu Serdall zu sehen. „Alles klar bei dir?“, fragte er leise und hielt komplett still. „Ja“, stöhnte Serdall, was wohl Antwort genug war. „Du machst das gut“, fügte er keuchend an und sah kurz aus lustverhangenen Augen und mit roten Wangen zu Daniel. Es war ihm irgendwie peinlich, doch es fühlte sich wirklich nicht schlecht an, was Daniel mit ihm tat. Er legte wieder einen Arm über die Augen. Daniel so zwischen seinen Beinen zu sehen beschwor wieder das mulmige Gefühl herauf, doch seine Erregung ließ es erst gar nicht zu, dass er sich wieder irgendwelche Gedanken machte. „Mach hin“, knurrte er leise, als Daniel immer noch ziemlich sprachlos verharrte. „So ungeduldig?“, fragte Daniel und konnte sich ein diabolisches Grinsen nicht verkneifen. Hoffentlich verstand Serdall jetzt, wieso er auch immer auf eine schnelle Fortsetzung drängte. Ihm bereitete es auch gerade ein diebisches Vergnügen, Serdall so unter sich zu haben und er könnte noch lange so weitermachen. Allerdings wusste Daniel, wie Serdall sich fühlte und hatte deswegen ein Einsehen mit ihm. Schnell tat er noch etwas Gleitgel auf seine Finger, um dann noch mit einem zweiten wieder in Serdall zu gleiten, kurz zu verharren, bis der sich wieder entspannt hatte und dann zielstrebig die Prostata zu suchen. Seine Unsicherheit war ziemlich verflogen und alles, was er wollte, war Serdall zu zeigen, wie schön auch der passive Part beim Sex sein konnte. Plötzlich griff Serdall hart in die Bettlaken und ein starkes Zucken ging durch seinen Körper. Laut zischte angehaltene Luft aus seinem Mund und er stöhnte kehlig. Das war also das, was Daniel so verrückt werden ließ. Er spürte wie Daniel nun auch einen dritten Finger ansetzte. Ungeduldig schob er seine Beine über die Laken und versuchte ruhig tief ein und auszuatmen. Gleich würde es soweit sein. Ein starkes Bauchziehen ging durch ihn hindurch, als Daniel endlich seine Finger aus ihm heraus zog und sich wieder über ihn schob. Nach Atem ringend schlang Serdall seine Arme um Daniel und wartete angespannt darauf, wann Daniel den nächsten Schritt tun würde. Doch vorerst zog er ihn zu einem heftigen Kuss zu sich herunter. Keuchend erwiderte Daniel. Scheinbar brauchte Serdall einen Weg, um seine Emotionen zu kanalisieren. Einige Zeit lieferten sie sich ein heißes Zungenduell, bevor Daniel sich etwas erhob und sein Glied mit Kondom und Gleitgel präparierte. Lächelnd sah er auf Serdall hinunter. Er war selbst ziemlich angespannt, weil er nicht wusste, was genau ihn erwartete. „Bist du soweit?“, fragte er leise und strich leicht über die geröteten Wangen seines Freundes. „Ja“, murrte Serdall kurzatmig und klammerte sich an Daniels schmale Schultern. „Nun mach schon“, zischte er leise und lehnte seine Stirn gegen Daniels Brust. Er wollte es einfach nur noch hinter sich bringen. Musste Daniel jetzt noch inne halten? Er hörte Daniel leise seufzen und im nächsten Moment spürte er, wie sich sein Penis langsam in ihn schob. Er versuchte sich zu entspannen, dennoch zog es in seinem Unterleib leicht, an einer Stelle, wo er nie gedacht hätte, dass er jemals Schmerz empfinden könnte. „Himmel“, zischte er leise und ließ von Daniels Rücken ab, um sich in das Bettlaken zu krallen. Warum hatte ihn denn bitteschön keiner davor gewarnt? Geräuschvoll rang Serdall durch die Nase nach Atem, wobei er einfach die Augen zusammengekniffen behielt. Er versuchte an nichts zu denken und dieses unangenehme Gefühl zu verdrängen. Daniel hielt inne, kurz nachdem er mit der Spitze seines Gliedes den Muskelring passiert hatte. Serdall war eng. Extrem eng und Daniel fragte sich, wie es wohl sein würde, wenn er ganz in seinem Freund war. Aber auch das jetzt war einfach nur wow. Nicht unbedingt vom Gefühl her, da konnte Daniel noch nicht viel sagen, sondern einfach die Tatsache, dass er gerade tatsächlich fast schon mit seinem Freund schlief. „Pscht“, machte er beruhigend und fuhr mit einer Hand leicht über Serdalls Gesicht. „Es wird besser. Es ist nur am Anfang ein wenig schmerzhaft. Versuche dich einfach zu entspannen.“ Daniel ließ seine Hand weiter nach unten wandern und strich leicht über Serdalls Penis. „Sagt sich so leicht“, presste Serdall missgestimmt zwischen den Zähnen hervor. Er schielte mit einem Auge zwischen sie und registrierte erst jetzt, dass Daniel noch nicht einmal bis zur Hälfte in ihm war. Das war ja grauenhaft. Und das tat Daniel sich freiwillig an? Seufzend konzentrierte sich Serdall auf Daniels Finger, die sich massierend über sein Glied bewegten. Langsam trat dann auch so etwas wie Entspannung in seine Muskeln, als Daniels Zunge in seiner Mundhöhle frohen Schabernack trieb. Leise stöhnend gewöhnte er sich langsam an das Gefühl und ermöglichte Daniel sich weiter in ihn zu schieben. Es war immer noch ziemlich seltsam und ohne Daniels Hand an seinem Glied, wollte sich Serdall sich nicht ausmalen wie es sich anfühlte… Leise stöhnte Daniel an Serdalls Ohr, als er vollkommen in ihm war. Dieses Gefühl war einfach klasse. So extrem eingebettet in seinem Freund, gleichmäßiger Druck an seinem ganzen Glied entlang und zusätzlich noch diese Wärme. Seufzend küsste er Serdall und nahm seine Handarbeit wieder auf, während er still in der Stellung verharrte. Die Augen leicht verdrehend genoss Serdall Daniels heisere Stimme, die ihm so klar ans Ohr gehaucht wurde. Daniel schien es wirklich zu gefallen. Wenigstens einer, dachte er sich etwas bedrückt und versuchte den Druck auf seinen Unterleib zu ignorieren. Wahrscheinlich war es nur so schlimm, weil er es zum ersten Mal machte, doch bisher hatte das Ganze noch nicht wirklich den großen super Effekt gehabt, der sich bei Daniel immer einstellte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich Serdall überhaupt an das Gefühl gewöhnt hatte, doch dann war es ganz okay. Er schaffte es sogar seine verkrampften Hände aus den Laken zu lösen und sie über Daniels Rücken gleiten zu lassen. Probeweise bewegte er sich leicht gegen Daniel und zischte stöhnend auf. Das war vielleicht doch gar nicht so schlecht. „Beweg dich bitte“, hauchte Serdall leise an Daniels Ohr und schlang seine Beine um Daniels Hüfte. Daniel stemmte sich etwas vom Bett weg und sah Serdall forschend ins Gesicht, doch scheinbar hatten sich bei seinem Freund auch langsam positive Gefühle eingestellt. Probeweise bewegte er seine Hüfte ein wenig zurück und stieß sie dann ein wenig nach vorn. Serdall stöhnte und bäumte sich leicht auf und Daniel lächelte. Da hatte er wohl zufälligerweise gleich die Prostata getroffen. Er schlug einen langsamen Rhythmus an und genoss die Geräusche, die von Serdall kamen, sowie die Gefühle, die durch seinen Körper rauschten. Der aktive Part zu sein war komplett anders und Daniel konnte momentan nicht sagen, was ihm besser gefiel. Serdall wand sich verzückt unter Daniel. Das war irgendwie ziemlich irre. Er wagte es sogar zu Daniel zu schauen. Er musste bei Daniels rotem Gesicht und dem konzentrierten Ausdruck grinsen. „Das ist schön“, meinte er leise und ließ seine Hände verklärt blickend über Daniels Oberarme wandern, hin zum Hals und in den Nacken, ehe er seinen Freund zu sich zog und verzehrend küsste, passend zu dem langsamen Rhythmus, den Daniel immer noch beibehielt. Immer wieder reizte Daniel in ihm etwas, was alles in ihm vor Euphorie aufschreien ließ. Endlich wusste er, wie sich Daniel dabei fühlte und dieses Wissen machte die Erinnerung an all die anderen Male, in denen sie miteinander geschlafen hatten, nur noch viel süßer. Seufzend schloss er wieder die Augen und ließ die Gefühle auf sich niedergehen, gepaart mit dem Gefühl von Daniel in sich. Ein kleiner Schweißtropfen rann Daniels Schläfe hinunter, doch er kümmerte sich nicht darum. Vielmehr musste er sich bemühen, weiterhin langsam und gesittet zu bleiben, damit Serdall sich wirklich an alles gewöhnen konnte. Daniel musste sich echt zusammenreißen, um nicht einfach in diese Enge zu stoßen, die ihn wie magisch anzog und förmlich dazu einlud, sich auszutoben. Von diesen Gedanken genervt stöhnte Daniel kurz auf und sah dann Serdall in die von Lust verschleierten Augen. Sofort wurde er wieder etwas ruhiger. „Ist es in Ordnung, wenn ich das Tempo etwas anziehe?“, fragte er leise und berührte dabei Serdalls Nase leicht mit seiner eigenen. Serdall musste lächeln. „Das ist so typisch“, keuchte er unterdrückt und strich fahrig über Daniels Haut. „Also gut“, murmelte er im nächsten Moment und löste seine Beine von Daniels Hüfte. In Serdalls Kopf herrschte ein angenehmes Nichts. Alles, was ihn in diesem Moment ausmachte, waren die Gefühle, die geballt durch seine Adern rauschten. Er kam Daniel leicht mit dem Becken entgegen, als sein Freund begann schneller in ihn zu stoßen. Seine Hände krallte er wieder in die Laken, während er stöhnend seinen Kopf zur Seite drehte und die Augen zusammenkniff. Daniel so ausgeliefert zu sein war heftig, aber es fühlte sich wahnsinnig gut an, gerade weil es Daniel war, der das mit ihm machte. Den schnelleren Rhythmus beibehaltend griff Daniel fest um Serdalls Glied, um seinen Freund in Richtung Höhepunkt zu schieben, da er fühlte, dass sein eigener nicht mehr weit entfernt war. Daniel küsste Serdall leidenschaftlich und schrie leise auf, als sich die Muskeln um seine Penis mehrmals hart zusammenzogen, Serdall in seiner Hand kam und er somit auch endlich über die scheinbar rettende Klippe springen konnte. Keuchend ließ sich Daniel vorsichtig auf den verschwitzend Körper unter sich sinken und versuchte, erst einmal wieder zu Atem zu kommen. Einige Minuten blieben sie einfach nur schwach liegen, bis Serdall sich endlich aufraffte und seine Arme um Daniel legte. Federleicht strich er seinem Freund über den nassen Rücken und lächelte dabei entrückt. Daniel schien völlig fertig zu sein und das nicht zu knapp. Träge langte Serdall nach der Decke und zog sie über sie. Er wollte einfach bloß kurz ausruhen und danach würden sie sehen, ob sie noch duschten. Er spürte, dass Daniel noch in ihm war und biss sich leicht auf die Lippe. Es war ihm irgendwie unangenehm. Vorsichtig hob er sein Becken leicht an und zischte leicht. Es tat weh, wenn er sich bewegte. „Daniel, würdest du bitte…?“, fragte er leise. „Ja, natürlich“, antwortete Daniel schnell und zog sich vorsichtig aus Serdall zurück, bevor er das Kondom entsorgte und sie beide notdürftig säuberte. Anschließend kuschelte er sich an Serdall und schlang die Arme um ihn. Er war ziemlich erledigt. Daniel glaubte, dass er schon lange nicht mehr so viel beim Sex getan hatte, aber es hatte sich gelohnt. Die Erfahrung war es alle mal wert gewesen. Lächelnd legte er sein Gesicht in Serdalls Halsbeuge. „Und, wie geht es dir?“, fragte er leise. „Naja“, meinte Serdall. Er versuchte noch zu erfahren, wie es ihm eigentlich ging. Also mit irgendwelchen Bewegungen war vorerst nichts, dafür fühlte er sich irgendwie nicht in der Lage. Ansonsten war es ein komisches Gefühl, jetzt wo Daniels Glied nicht mehr in ihm war. Er ruckelte sich ein wenig unruhig zurecht und seufzte leise. „Ich werde es überleben“, meinte er mit einem schiefen Lächeln. „Du hast mir zwar nicht wehgetan oder so, aber es fühlt sich gerad ziemlich seltsam an“, gestand er und strich fahrig mit den Händen über Daniels Körper. „Hat es dir gefallen?“, flüsterte Serdall schelmisch in Daniels Augen blickend. „Ja, schon“, erwiderte Daniel ausweichend. Ein wenig hörte es sich so an, als wäre Serdall nicht gerade so angetan gewesen von dem Sex eben. Vielleicht aber spielte er auch einfach auf sein momentanes Gefühl an. Denn nach dem ersten Mal war es anschließend eben nicht wirklich toll. Daniel seufzte leise. „War es okay für dich?“, wollte er wissen. Serdall musste leise lachen. Sie waren gerade schon wieder so verkrampft, wie davor. „Entschuldige, aber die Situation ist gerade irgendwie seltsam“, erklärte er sich leise. Er ahnte, dass Daniel eine ehrliche Meinung haben wollte, schließlich hatte er sich schon davor ziemliche Sorgen gemacht gehabt. „Nun ja, der Anfang war nicht so prickelnd. Ziemlich unangenehm. Aber der Rest… Wahnsinn“, meinte er lächelnd und küsste Daniel zärtlich. „Freut mich“, meinte Daniel lächelnd und schmiegte sich dann wieder an seinen Freund. Er wusste selbst aus Erfahrung, dass es anfangs vor allem beim ersten Mal nicht unbedingt schön war, doch dass es Serdall dann doch noch gefallen hatte, machte ihn schon ziemlich glücklich. „Dann können wir ja ab jetzt öfter mal tauschen“, scherzte er. „Vielleicht“, erwiderte Serdall nur und schloss müde die Augen. Er würde erst einmal sehen, wie er diese Aktion vertragen hatte. Das richtige Erwachen würde er wohl erst morgen verspüren. „Was wünschst du dir eigentlich zu Weihnachten?“ Es waren schließlich nur noch ein paar Wochen bis dahin und langsam sollte er sich wirklich einmal Gedanken darüber machen. „Keine Ahnung“, sagte Daniel schulterzuckend. „Ehrlich gesagt habe ich mir darüber bislang noch keinerlei Gedanken gemacht. Hast du denn irgendwelche Wünsche?“ Fragend sah er Serdall an. Es war Ende November, wer machte sich da schon Gedanken um Weihnachten? „Ich bin eigentlich restlos glücklich.“ Zwinkernd zog Serdall die Decke über Daniels Schultern noch ein wenig höher. „Aber lass du dir noch etwas einfallen. Vielleicht ergibt sich die nächsten Tage noch etwas“, murrte er leise. Schließlich hatte er genügend Geld, nur war Daniel zu anständig, um ihn nach etwas zu fragen, wenn er etwas brauchte. Am späten Sonntagnachmittag checkten sie wieder aus dem Hotel aus. Serdall fühlte sich elend. Er lief wie ein Huhn mit gebrochenen Beinen oder so ähnlich. Zumindest lief er wirklich staksig und er sah jetzt schon Dustins dämliches Grinsen. Bei dem ersten Kommentar würde Serdall seine Faust rücksichtslos in das Gesicht seines Schwagers graben. Murrend setzte sich Serdall auf den Fahrersitz, nachdem er die Tasche im Kofferraum verstaut hatte und Daniel eingestiegen war. Wortlos lenkte er aus der Parklücke heraus und fuhr aus der Tiefgarage und in Richtung zu Hause. Daniel saß grinsend neben ihm. Irgendwie bereitete es ihm schon ziemlich viel Vergnügen, Serdall so zu sehen. Das war mal etwas anderes als dieser immer beherrschte und unfehlbare Mann, den er sonst immer verkörpern wollte. Der Sonntag bislang war eher ruhig verlaufen. Sie hatten lange geschlafen und nach einer ausgiebigen Dusche im Hotelrestaurant gefrühstückt, bevor sie sich einfach einen gemütlichen Tag gemacht hatten. Generell war es ein sehr schönes Wochenende gewesen. „Um wie viel wetten wir, dass Dustin gleich im Flur steht und auf uns wartet?“, fragte Serdall genervt, als er den Wagen in der Einfahrt parkte. Er hatte seine Arme verschränkt und sah nun unschlüssig aus der Frontscheibe zur Haustür. Im Moment wusste er wirklich nicht, ob er sich im Zaum halten würde, wenn Dustin irgendeinen dummen Spruch riss. Er war noch nicht einmal abgeschnallt und aufs Aussteigen hatte er auch keine Lust. Irgendwie war ihm die ganze Sache extrem peinlich. Daniel schüttelte leicht grinsend den Kopf. Irgendwie war Serdall ziemlich niedlich, wie er da fast ängstlich und mit roten Wangen in seinem Sitz saß. Schnell löste Daniel ihre Gurte und langte dann nach dem Türöffner. „Ich glaube dir ist es lieber, wenn du nicht mit Dustin reden musst, oder?“, wollte Daniel leicht lachend wissen. „Denn wenn du möchtest, kannst du hoch gehen und ich übernehme diese schreckliche Aufgabe.“ Serdall seufzte abgrundtief. „Kannst du ihn nicht einfach ignorieren, anstatt ihn auch noch mit irgendwelchen Infos zu füttern? Der zieht dir doch nur wieder alles aus der Nase“, murrte er und sah leidlich zu Daniel. Er kannte seinen Schwager und sein unnatürliches Geschick für scheinheilige Verhöre. Spätestens nach zehn Minuten würde sich Daniel verplappert haben, wenn es überhaupt so lange dauerte. Schnell griff Serdall nach Daniels Hand und zog ihn zu sich. Wenn er schon solche Sachen machte, musste er eben dahinter stehen, auch wenn es peinlich war. „Verplapper dich nicht“, knurrte er Daniel leise an. Okay, es war ihm einfach viel zu peinlich, als dass er da einfach hinter stehen konnte. „Was verstehst du unter verplappern?“, fragte Daniel scheinheilig. „Habe ich mich auch verplappert, wenn ich ihm von mir aus alles über die letzten zwei Tage, besser gesagt über Samstag, erzähle?“ Knurrend griff Serdall nach Daniels Kinn und sah ihm ernst in die Augen. „Ich mach es mit dir nie wieder, wenn du ihm das einfach auftischst. Es geht Dustin einfach nichts an, verstanden?“, meinte er leise, wobei sein Atem warm Daniels Lippen streifte. „So generell nicht oder nur in der Rollenverteilung“, neckte Daniel und fing Serdalls Lippen kurz ein. „Denn ich denke ich könnte es verkraften, dass wir nur noch das Altbewährte praktizieren, wenn ich dafür ein bisschen Spaß haben und Dustins Gesicht sehen kann.“ Serdalls Gesicht ließ Daniel sein Vorhaben jedoch noch einmal überdenken. „Ist ja gut“, seufzte er. „Was darf ich ihm denn sagen? Das Offensichtliche bestätigen, das ist wohl klar. Sobald er dich sieht, weiß er ohnehin was Sache ist.“ „Leider“, zischte Serdall und ließ wieder von Daniel ab. „Trotzdem. Ich finde es einfach nicht richtig, wenn er weiß, was wir alles miteinander tun. Allein bei dem Gedanken, dass wir in irgendeiner Weise in seiner beknackten Phantasie vorkommen, wird mir schlecht“, gab Serdall ehrlich zu und sah wieder zu Daniel. Er seufzte jedoch erneut tief und schüttelte leicht den Kopf bei dem Gesichtsausdruck, den Daniel gerade machte. „Aber ich glaube, dass Dustin sowieso nichts verborgen bleibt, wie du ja schon gesagt hast.“ Augenrollend stieg Serdall aus dem Auto aus. Er wusste nicht mehr, was er noch zu Daniel sagen sollte. In seinen Augen verhielt er sich wohl ziemlich kindisch, doch das war ihm gleich. Er würde Dustin einen gehörigen Arschtritt geben, wenn er ihn auch nur schief ansah. Daniel folgte ihm. Er wusste nicht, ob er gerade einen Freifahrtsschein bekommen hatte, um mit Dustin zu reden oder nicht. Erst nein, dann Resignation. Nun, er würde ohnehin nicht alle pikanten Details schildern, sondern eben nur generell, was gelaufen war. Dustin würde es ohnehin wissen und Daniel würde ihn nur noch in seinem Wissen bestätigen. Mehr würde da nicht laufen. Er stiefelte Serdall hinterher und wartete an der Tür, bis sein Freund aufgeschlossen hatte. Na dann mal auf in den Kampf. „Willkommen zu Hause!“, rief ihnen jemand entgegen, als Serdall gerade die Tür einen Spalt geöffnet hatte. Abgrundtief seufzend stieß er die Tür ganz auf und sah sich nun einem überdimensional versaut grinsendem Dustin gegenüber, der ihn gespannt musterte. Trotz seines leicht schmerzenden Unterleibs zwang Serdall sich dazu, anständig zu gehen, wobei Dustin anfing zu kichern. „Ein Wort und ich hack dich in kleine Stücke, nachdem ich dich stundenlang gefoltert habe“, zischte Serdall ihm zu und Dustins Ausdruck wurde sofort etwas entspannter, wobei er sich, sein Grinsen versteckend, auf die Lippe biss und ein Lachen unterdrücken musste. Knurrend schob sich Serdall die Schuhe von den Füßen und lief staksig an Dustin vorbei, sich bewusst, dass jener sich, kaum das er weg war, vor Lachen den Mund über ihn zerreißen würde. Etwas mitleidig blickte Daniel seinem Freund hinterher. Er wusste wie unangenehm es Serdall war, dass irgendwer mitbekam, dass er überhaupt ein Liebesleben hatte. Nur fand Daniel diese Einstellung etwas sehr extrem. Er wandte sich Dustin zu, nachdem er sich ebenfalls ausgezogen hatte. „Ein zu dummer Kommentar und ich serviere dich Serdall auf einem Silbertablett, nachdem ich mit dir fertig bin“, drohte er und ging in die Küche. Nun doch wieder grinsend folgte Dustin dem Schwarzhaarigen. So einfach ließ er sich doch nicht von Daniel drohen. Von Serdall ja, aber Daniel war einfach eine zu gute Seele. „Und? War es wenigstens schön? Al ist es peinlich, wie man sieht, aber das muss es ihm eigentlich nicht sein, oder?“ „Nicht wirklich“, erwiderte Daniel und war schon dabei, sich einen Kakao anzurühren. „Ich meine, wir haben nichts anderes gemacht als alle anderen schwulen Paare auch, oder? Und ja, es war schön. Für uns beide, denke ich.“ Kichernd lehnte sich Dustin neben Daniel an die Anrichte. Er wollte zwar noch ein paar schmuddelige Details wissen, aber wie es schien, war Daniel wegen Serdalls sensibler Art etwas missgestimmt. „Solange er gekommen ist, bezweifele ich das nicht“, meinte Dustin grinsend und sah zufrieden, wie Daniels Birne eine wunderbare Rotfärbung bekam. Da hatte wohl jemand gerade ein eindeutiges Bild vor Augen. Er lehnte sich näher an Daniels Ohr. „Er hat sich gewunden wie ein Aal, was? Das ist bestimmt nicht schlecht, wenn Serdall mal so richtig abgeht“, flüsterte er lasziv und musste sich hart auf die Lippe beißen. „Wobei die Vorstellung, dass du es ihm besorgst, auch ziemlich heiß ist.“ Daniels Atem hatte sich merklich beschleunigt. Vor seinem geistigen Auge liefen Bilder wie ein Film ab. Ausschnittsweise kam ihm der Abend wieder ins Gedächtnis und es benötigte einiges an Anstrengung, um sich von diesen Erinnerungen loszureißen. „Hör auf!“, befahl er Dustin keuchend und nahm einen großen Schluck aus seiner Tasse, um sein Gemüt wieder einigermaßen abzukühlen. „Warum? Anscheinend hat es dir wirklich gefallen, Serdall auch mal zu dominieren“, meinte er amüsiert und beobachtete Daniels Lippen, wie sie sich zu einem versauten Grinsen verzogen. „Himmel, dass ich das nochmal erlebe“, rief er plötzlich laut lachend. „Serdall lässt sich auch mal knallen. Echt, er muss dich über alles lieben“, seufzte er und sah nun angenehm lächelnd zu Daniel. „Aber das wussten wir schon so, was?“ „Ja“, antwortete Daniel schlicht und versuchte verzweifelt, seine Gedanken wieder klar zu bekommen, damit er in naher Zukunft keine Probleme in unteren Körperregionen bekam. Er könnte Dustin dafür verfluchen, dass er ihm solche Flöhe ins Ohr setzte. „Wie geht es Taki eigentlich?“ „Prächtig. Er spielt gerad schon wieder mit Yoshiko Videospiele. Die Frau hat echt ein unentdecktes Talent dafür“, meinte Dustin grinsend und lehnte sich wieder näher zu Daniel, da er sah, dass er versuchte das Thema zu wechseln. „Serdall war schön eng, nicht? Sind Jungfrauen immer. Konntest du dich da mit deiner Ungeduld überhaupt beherrschen?“ Daniel verschluckte sich ziemlich heftig und hustete ein bisschen von seinem Kakao auch durch die Nase wieder aus. Angeekelt wischte er die ganze Schweinerei mit einem Tuch weg und funkelte Dustin dann wütend an. „Noch so ein Kommentar und du bist Hackfleisch“, verkündete er und setzte sich dann etwas peinlich berührt wieder hin. Ja, Serdall war extrem eng gewesen, aber ehrlich gesagt hatte er gerade kein gesteigertes Interesse, dieses Thema mit Dustin zu diskutieren. „Ach, sei doch nicht so“, erwiderte Dustin grinsend und setzte sich Daniel gegenüber. Es war lustig, wie Daniel im Moment reagierte. Gerade das machte die ganze Sache so interessant. „Weißt du, du hast Al jetzt schon dazu gebracht, sich von dir nehmen zu lassen, meinst du nicht, dass man ihn dann nicht vielleicht zu einem Vierer überreden könnte?“, fragte er grinsend, aber nicht wirklich ernst gemeint. Ethan würde er schließlich nicht teilen und das mit Kikuchi war eine Ausnahme gewesen. Daniels entsetzte Miene gerade, war aber dieser Scherz wert. Eine Zeit lang war Daniel geschockt, dann beschloss er es Dustin mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Er ließ seine entsetzte Miene in eine nachdenkliche wechseln und tat dann so, als hätte er einen Entschluss gefasst. „Hm, vielleicht ist die Idee gar nicht mal so schlecht. Nur denke ich nicht, dass Serdall noch für jemand anderen den passiven Part spielen würde und vielleicht auch überhaupt nicht, wenn Publikum dabei ist, aber aktiv ist er vielleicht sogar bereit dazu. Und wir anderen sind glaube ich nicht sehr wählerisch und zu allem bereit. Könnte lustig werden.“ Überrascht sah Dustin Daniel an, ehe er sich lasziv über die Lippen leckte. Verführerisch strich er mit einem Finger über Daniels Brust, ehe er leise raunte: „Dich mal wieder nackt zu sehen hat auch seine Vorzüge, Kleiner.“ Er wollte noch ein wenig ausführlicher werden, jedoch bekam er im nächsten Moment eine saftige Kopfnuss, ehe er von einem wütenden Ethan am Ohrläppchen gepackt wurde. „Nichts da, du Schwerenöter“, grummelte der Rothaarige und Dustin begann heftig zu jammern. „Hey, Dan. Sorry, dass er dich so nervt. Seine Neugierde ist glaube ich genug gestillt, oder?“ Einen Moment brauchte Daniel noch, um seinen Puls wieder auf Normalniveau zu bekommen. Es war ein Scherz gewesen, aber er hätte wissen müssen, dass Dustin sowas nicht abgeneigt war. Wie gut, dass Ethan vorbeigekommen war. Es wäre recht peinlich gewesen, wenn er sich eine Ausrede hätte überlegen müssen, warum der Vierer doch nicht gegangen wäre oder eben gleich die Wahrheit hätte sagen müssen. „Nun, ich denke wirklich, dass Dustin genug weiß und mir einige nette Sachen gesagt hat. Danke für deine Hilfe“, bestätigte Daniel Ethans Annahme. „Übrigens, ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast, plant dein Freund ohne dein Wissen einen Vierer.“ Dafür kassierte Dustin noch eine Kopfnuss. „So so“, zischte Ethan böse und lehnte sich gefährlich zu Dustins Gesicht. „Wenn der Herr sein Mundwerk nicht im Zaum halten kann, bekommt er demnächst vielleicht gar keinen Sex mehr. Du weißt, dass es nur eine Ausnahme war!“ Dustin nickte weinerlich und rieb sich über den Schädel. „Sorry, Pumucklchen. Ich hatte nie die Absicht einen Vierer zu machen. Ich wollte Dan nur ärgern“, gab er zu und streckte Daniel die Zunge heraus, während er sich in Ethans Arme verkroch. „Weiß ich doch“, meinte Ethan seufzend und biss sich leicht auf die Lippe, als Dustins Hände effektiv über seine Kehrseite strichen. „Ja, und ich wollte eigentlich nur zurückärgern, hätte mir aber denken müssen, dass jemand, der so versaut ist wie du, auch nichts gegen Sex mit seinem Schwager hätte“, kommentierte Daniel Dustins Aussage und wandte seinen Blick wieder seiner Tasse Kakao zu, um nicht mit ansehen zu müssen, was Dustin und Ethan trieben. Ehrlich, dass die beiden scheinbar kein Verlangen nach etwas Privatsphäre hatten, war immer wieder bewundernswert. „Lass uns hochgehen“, flüsterte Ethan Dustin ins Ohr. Grinsend erhob sich Dustin und versuchte seine Finger noch ein wenig in Zaum zu halten. „Übrigens, Dan“, drehte sich Dustin noch einmal zu Daniel um. „Vielleicht solltest du Serdall nicht so allein lassen. Sonst denkt er noch, dass du mir alles erzählst“, meinte er mit einem Zwinkern, ehe er kichernd mit Ethan aus der Küche verschwand. Ethan winkte Daniel noch einmal zu, wurde aber von seinem Freund nachdrücklich fortgezogen. Ende Kapitel 23 Kapitel 24: ------------ Kapitel 24 Daniel seufzte leise. Ehrlich, ab und an beneidete er Ethan und Dustin um ihre absolute Freizügigkeit wenn es um Sex ging. Die Zwei waren bestimmt nicht zum Kartenspielen nach oben gegangen. Er stellte seine Tasse in die Spülmaschine und kam dann Dustins Ratschlag nach, zu Serdall zu gehen. Kurz warf er noch einen Blick ins Wohnzimmer, wo sich Taki immer noch gut mit Yoshiko zu amüsieren schien, und ging dann in Richtung Schlafzimmer. „Na du“, grüßte er Serdall, als er eintrat. Serdall hob leicht den Kopf und sah zu Daniel. Er lag entspannt auf dem Bett und versuchte sich so ein wenig zu schonen. Seufzend ließ er sich wieder zurücksinken und streckte eine Hand nach Daniel aus. Er kam auf ihn zu und Serdall zog ihn zu sich. Daniel legte sich bequem neben ihn und sogleich umschlang der Violinist ihn mit den Armen. „Hat er viel Mist gelabert?“, fragte er ihn leise, wobei seine Hände sich unter Daniels Pullover stahlen und federleicht über die weiche Haut strichen. „Naja, es ging“, antwortete Daniel schulterzuckend. „Zumindest weiß er nicht sehr viel über die Einzelheiten, eben nur, dass wir mal die Positionen getauscht haben, was ihm aber schon von Anfang an klar gewesen sein muss. Als er zu aufdringlich wurde, kam Ethan und hat ihn mitgenommen.“ Daniel wurde leicht rot und grinste etwas verlegen. „Wie zuvorkommend“, meinte Serdall leise und küsste Daniel auf die errötende Wange. „Ich hoffe für ihn, dass er dir nicht zu aufdringlich geworden ist“, zischte er eifersüchtig und schummelte ein Bein zwischen Daniels. Mit einem Ruck zog er Daniel eng an sich und fasste ihm besitzergreifend in die schwarzen Haare, um sein Gesicht in seine Richtung zu heben. „Oder warum bist du so rot?“ „Einerseits, weil ich weiß, was die beiden jetzt wohl gerade eine Etage tiefer treiben und andererseits… Dustin eben. Er kann seinen Mund nun mal nicht halten, aber heute meinte er wohl, mich auf alle Fälle in Verlegenheit bringen zu müssen. Aber wenn ich es mir jetzt von weitem betrachte, war es schon recht lustig irgendwie.“ Lächelnd schloss Daniel die letzte Distanz zwischen ihnen und küsste Serdall kurz auf die einladenden Lippen. „Na, schon so fit, dass wir Dustin und Ethan nacheifern können?“ „Müssen wir uns denn mit ihnen messen?“, fragte Serdall verwirrt und schob sich über Daniel und zwischen seine Beine. „Oder machst du mit Dustin eine Strichliste, wie oft ihr es im Jahr treibt?“ Grinsend verschränkte Serdall seine Hände mit Daniels und pinnte sie so über seinen Kopf fest. „Diese Vorstellung gefällt mir ganz und gar nicht, Daniel Erhard“, raunte Serdall bedrohlich und sah seinem Freund ernst in die Augen, wobei er sein Becken ganz bewusst eng an Daniels presste. „Nein, ich…“ Daniel sah Serdall verwirrt an und ignorierte die körperlichen Reize erst einmal. „Ich wollte nur irgendwie neckend fragen, ob du dich gut genug für Sex fühlst oder nicht.“ „Ah ja“, zischte Serdall lasziv. „Es macht dich also an, wenn Dustin zur selben Zeit Sex mit Ethan hat wie du mit mir“, stellte er leise fest und ließ seine Zunge leicht über Daniels Oberlippe wandern. „Hier tun sich ja gerade Abgründe auf…“, flüsterte er gespielt empört und schüttelte leicht den Kopf. „Was denkst du denn von mir?“, fragte Daniel halb amüsiert und halb verdutzt. „Was soll ich denn sonst denken, wenn du dich so auf mich legst, dein Bein an meinem Schritt, als dass du nicht scharf auf Sex bist? Zum Kuscheln legt man sich normalerweise anders hin.“ Er lachte kurz auf und küsste Serdall dann. Nachdrücklich stemmte sich Serdall ein wenig nach oben und entzog so seine Lippen. „Ich will wissen, ob du wirklich so versaut bist, wie ich gerade vermute“, meinte er ernst und legte den Kopf leicht schief. „Ich finde es nämlich ziemlich abtörnend zu wissen, dass Dustin gerade mit Ethan rummacht“, gestand er ehrlich und rollte sich wieder von Daniel herunter, um sich neben ihn zu legen. Grummelnd drehte Daniel sich ebenfalls auf die Seite. Er hätte nichts gegen ein wenig Sex gehabt, aber wenn Serdall das klären wollte, klärten sie das eben. „Ich denke, ich bin recht versaut, wenn ich die Gelegenheit dazu habe“, gab Daniel zu. „Allerdings ist es mir ziemlich egal, was Dustin und Ethan unter uns machen, ob sie überhaupt was machen und ob sie es allein machen oder mit noch irgendwem. Ich bekomme davon ja nicht wirklich was mit und darum beschäftigt es mich nicht.“ „Wenn es dich nicht beschäftigt, warum erwähnst du es dann?“, entgegnete Serdall. Die Welt funktionierte eben in seine Augen nach dem Ursache-Wirkungsprinzip. Irgendwas musste ja Daniel dazu bewegt haben, dass er es ihm erzählen musste, sonst hätte er dieses Detail auch auslassen können. Langsam etwas genervt setzte Daniel sich auf. „Ich habe dir doch gesagt, warum ich die beiden mit eingebracht habe. Sie schlafen nun mal wahrscheinlich gerade miteinander und ich habe sie deswegen einfach in meinen Satz integriert, weil ich dachte, dass wir auch demnächst Sex haben werden. Man.“ Fahrig fuhr er sich durch die Haare. „Tolle Assoziationen“, knurrte Serdall beleidigt. Er hasste es immer noch, wenn Daniel über Dustin sprach, wenn sie zusammen in diesem Zimmer waren. Überhaupt hasste er es, wenn Daniel über andere Männer sprach. Er dachte, das wüsste Daniel, aber er war wohl selbst wieder nur zu empfindlich. Daniel massierte sich kurz den Nasenrücken, um wieder runterzukommen und sah dann wieder zu Serdall. „Du warst noch gar nicht bei Taki“, stellte er fest, um das Thema zu wechseln. „Er ist im Wohnzimmer und Yoshiko beschäftigt sich mit ihm. Ich habe gehört, dass er in ihr eine richtige Konkurrenz bei den Videospielen gefunden hat.“ „Schön“, kommentierte Serdall diese Feststellung neutral und musterte Daniel genau. „Du weißt, dass ich eifersüchtig bin?“, fragte er seinen Freund und sah ihm offen in die Augen. Er würde das Thema jetzt nicht so einfach vorbeigehen lassen, ohne es zufriedenstellend geklärt zu haben. „Und ich bin enttäuscht, weil du wieder einfach ablenkst, anstatt mit mir zu reden.“ Etwas verwirrt sah Daniel seinen Freund an. „Eifersüchtig?“, fragte er. „Aber warum denn und auf wen überhaupt? Es besteht ja wohl noch nicht mal mehr ein Prozent Gefahr, dass ich mit irgendwem aus diesem Haus etwas anfangen würde. Außerdem habe ich das nie gesagt, sondern einfach Dustin und Ethan in einen meiner Sätze mit eingebracht. Außerdem finde ich es unnötig über etwas zu streiten, das wohl ohnehin zu keinem Ergebnis kommt.“ Serdall nickte und stand auf, um nachdenklich zur Balkontür zu gehen. Er sah kurz hinaus, um die Gedanken in seinem Kopf zu ordnen, ehe er sich wieder zu Daniel umdrehte. „Also ist es sinnlos mit mir über Dinge zu sprechen, die ich vielleicht als wichtig erachte?“, meinte er leise. „Und ich bin nicht grundlos eifersüchtig. Mit Dustin scheinst du ja über alles reden zu können. Mit mir scheinbar nicht mehr.“ Das nagte schon seit Samstag an ihm. Irgendwie kam es ihm wirklich so vor, dass Daniel mit Dustin besser sprechen konnte als mit ihm. „Ich sehe das erst jetzt, nachdem du mich diese Sache mit dem Sex gefragt hast. Selbst da musste ich betrunken sein und trotzdem hast du noch vor meiner Reaktion Angst gehabt. Bin ich denn echt so schlimm?“ „Irgendwie schon“, nuschelte Daniel. „Es ist nicht so, dass ich mit Dustin besser reden kann, sondern über andere Dinge. Ich habe das Gefühl, dass das Thema Sex bei dir okay ist, wenn man ihn praktiziert, aber verbal ist es ein Tabuthema. Mit Dustin kann ich eben darüber reden. Er ist da lockerer. Das kann wohl keiner bestreiten.“ Daniel hoffte, dass er seine Ansichten einigermaßen gut klargemacht hatte. Es war nun mal so, dass Sex für ihn ein Thema war, über das man auch mal sprechen musste. Zumindest bei Dustin führte es zu lockeren Diskussionen und gut gemeinten Neckereien. Das wollte er nicht missen. Wütend verschränkte Serdall die Arme. „Und das ist das, was mich eifersüchtig macht“, zischte er leise. „Klar bin ich in der Hinsicht nicht so offen wie Dustin, trotzdem finde ich es unangebracht, dass du erst zu Dustin rennst, bevor du überhaupt im Ansatz mit mir darüber redest. Ich liebe dich und wenn du dir etwas wünschst, dann möchte ich dir diesen Wunsch auch erfüllen, solange es machbar ist. Auch wenn es solche Dinge sind, wie das du mit mir mal schlafen willst. Aber ich finde es furchtbar, wenn du mich lieber außen vor lässt und mir vorgaukelst, dass alles heile Welt ist, nur um dein Harmoniebedürfnis zu befriedigen. Solange es um uns geht, werde ich dir sicherlich nicht den Kopf abreißen, wenn du mich was fragst.“ „Es hatte sich halt zu dem Zeitpunkt ergeben, dass Dustin und ich auf das Thema zu sprechen gekommen sind. Ich bin nicht zu ihm gerannt, um ihn zu fragen, was er davon hält, wenn ich mal mit dir schlafe. So krass bin dann selbst ich nicht. Aber selbst wenn ich zu ihm gegangen wäre, ich wette, dass du mir garantiert den Vogel gezeigt hättest, wenn ich einfach so mit dir darüber gesprochen hätte, oder?“ „Hätte ich nicht!“, rief Serdall aufgebracht. „Ich sehe ein, dass ich manchmal engstirnig bin, aber hast du echt solch eine Angst mit mir über Dinge zu reden? Langsam befürchte ich nämlich, dass die ganze Sache uns schon zeigt, wie viel wir in der Hinsicht besprechen. Nämlich gar nichts“, zischte er über sich selbst angeekelt. „Vielleicht möchtest du mal Dustins Zeug ausprobieren, das er dir zum Geburtstag geschenkt hat? Oder irgendetwas Anderes, was dir gefallen würde, aber bei dem du einfach denkst, ich bin zu konservativ und unschwul, um das zu tun?“ Nervös ging Serdall auf Daniel zu und setzte sich wieder neben ihn. „Ich habe Angst, dass du wieder irgendwie leidest, nur weil du dich nicht traust, mir etwas zu sagen. Genauso wie die letzten Tage, wo ich dich kaum beachtet hab.“ Zaghaft griff er nach Daniels Hand und nahm sie in seine, wobei seine Augen verfolgten, wie sein Daumen über Daniels Handrücken strich. „Versprich mir, dass du nicht immer alles in dich hineinfrisst wenn was ist, okay?“ Eine Zeit lang sah Daniel Serdall in die Augen und nickte dann. „Tut mir leid“, meinte er zögernd. „Ich glaube, ich hätte dich wirklich mehr mit einbeziehen sollen. Mehr als nein sagen kannst du auch nicht, stimmt’s?“ Er atmete kurz tief durch und sammelte seine Gedanken. Da war tatsächlich so einiges, über das er eigentlich mal mit Serdall sprechen wollte. „Also“, fing er zögernd an und bekam die Bestätigung aus Serdalls noch immer über seinen Handrücken fahrende Finger. „Du hast eigentlich den Nagel schon ziemlich gut auf den Kopf getroffen. Ich wäre wirklich nicht dagegen abgeneigt, wenn wir mal etwas Neues ausprobieren. Deswegen ja auch mal der Rollentausch gestern. Der Sex mit dir ist schön, daran besteht kein Zweifel, aber etwas frischer Wind wäre mal ganz angenehm, denke ich.“ Serdall nickte. So war das schon besser. „Gut. Und was schwebt dir ungefähr vor?“ Er war irgendwie schon neugierig, was Daniel sich denn so vorstellte. Natürlich konnte er nein sagen, wenn es ihm absolut nicht behagte, aber er würde nicht von vornherein alles ablehnen. „Aber“, fügte er noch leise an, bevor Daniel zu sprechen ansetzen konnte, „kein sadomasochistisches Zeug und irgendwelche Dinge, die andere Personen mit einschließt, ja? Übertreiben müssen wir es ja nicht.“ „Nein, ich möchte auch lieber mit dir allein bleiben“, erwiderte Daniel. Er war etwas überrascht, dass Serdall die ganze Sache so gut aufnahm. Scheinbar hätte er tatsächlich einfach mal vernünftig mit seinem Freund sprechen sollen, anstatt alles mit sich selbst auszumachen. „Die Handschellen haben wir beispielsweise einmal benutzt, danach aber nie wieder, da Dustin beim ersten Mal den Schlüssel bei sich behalten hatte. Aber jetzt haben wir ihn ja, also steht doch eigentlich nichts mehr im Weg. Oder die Augenbinde. Ich finde es ist was total anderes, wenn man eben gezwungen ist nichts zu sehen und nicht nur, weil man die Augen freiwillig schließt. Naja, oder vielleicht könnten wir auch, aber das ist schon ein wenig extremer, mal einen Dildo ausprobieren. Es ist bestimmt ziemlich klasse, wenn du mir einen bläst und gleichzeitig…“ Daniel brach errötend ab. Jetzt merkte man garantiert, dass er sich ziemlich viele Gedanken über das Thema gemacht hatte. Serdall atmete tief durch, ehe er leicht lächelte. Das war also das, was Daniel wollte. Eigentlich alles noch ziemlich harmlos, wenn man es mal so betrachtete. „Es ist bestimmt sehr anziehend, wenn ich dich oral verwöhne“, flüsterte Serdall anzüglich und legte seine Hand auf Daniels Brust, um ihn rückwärtig auf das Bett zu drücken, „und du dir noch dazu vorstellen kannst, dass ich in dir bin.“ Trotz seiner gefassten Art, verrieten seine roten Wangen, dass er es wirklich versuchen wollte. „Und die Handschellen finde ich auch gar nicht schlecht. Ich mag es, wenn du glaubst die Kontrolle über mich zu haben“, meinte er schäkernd und seine Hände wanderten unter Daniels Pullover, um aufreizend über die flache Brust zu streichen. „Wann willst du denn was ausprobieren?“, fragte er ihn flüsternd und küsste sich neckisch über Daniels Halspartie. „Du willst das echt durchziehen“, stellte Daniel leicht erstaunt fest und legte den Kopf schief. „Nun, in Anbetracht deines angeschlagenen körperlichen Zustandes würde ich mal davon abraten, alles noch heute zu machen, da dann der ganze Spaß ja auch auf einmal weg ist. So nach und nach ist wohl das Beste und vielleicht fällt uns auch noch etwas ein.“ „Vielleicht sollten wir lieber selbst einen Katalog bestellen und uns etwas aussuchen? Finde ich besser, als auf die Dinge zu vertrauen, die Dustin dir geschenkt hat“, meinte Serdall ehrlich und etwas peinlich berührt. In einen Sexshop würde er unter Garantie nicht gehen, aber wozu gab es denn das Internet, um irgendetwas zu bestellen? Da blieb einem zumindest jegliche Peinlichkeit erspart. Seufzend machte sich Serdall an Daniels Hose zu schaffen und zog sie forsch nach unten. „In Anbetracht meines angeschlagenen körperlichen Zustandes“, fügte Serdall noch an, „blas ich dir jetzt einen“, sagte er ziemlich versaut, ehe er begann Daniel oral zu verwöhnen. Daniel konnte gar nicht so schnell gucken, wie er Serdalls Mund an seinem Glied fühlte. Stöhnend griff er mit einer Hand ins Kopfkissen und ließ die andere durch den schwarzen Haarschopf in seinem Schoß gleiten. „Ich glaube, das ist ein guter Anfang“, stellte er abgehackt keuchend fest und schloss genießend die Augen. Serdall war einfach unglaublich talentiert oder zumindest im Laufe der Jahre schon sehr geübt in dem, was er tat und so dauerte es nicht lange, bis Daniel in Serdalls Mund kam. Serdall schluckte das Sperma, ehe er Daniels Hose wieder hoch und ihn ordentlich anzog. Lächelnd legte er sich neben Daniel, der noch ziemlich keuchend dalag und dann sofort in seine Arme kroch. Liebevoll strich Serdall über seinen Rücken und küsste den schwarzen Haarschopf. Irgendwie fühlte er sich erleichtert, dass sie endlich richtig miteinander gesprochen hatten. Es war doch zu merken gewesen, dass es zwischen ihnen gestanden hatte, nur richtig aufgefallen war es Serdall in der letzten Woche. Er hoffte, dass Daniel nun öfter von sich aus zu ihm kam und er selbst auch nicht immer alles allein zu klären versuchte. „Das war schön“, murmelte Daniel jetzt total entspannt. „Hast du heute noch irgendwas vor? Denn wenn nicht möchte ich jetzt einfach ein wenig so liegen bleiben.“ Er zog die dünne Tagesdecke über sie beide und machte es sich wieder halb neben, halb auf Serdall bequem. Er konnte sich dafür in den Hintern treten, dass er versucht hatte alles mit sich selbst auszumachen. Serdall und er waren jetzt fast zwei Jahre zusammen und immer noch wussten sie nicht gänzlich, was genau man mit dem jeweils Anderen besprechen konnte und was nicht. Aber das würde sich jetzt ändern. Bestimmt. „Ich bin auch dafür, dass wir uns ein wenig entspannen. Meinem Hintern zuliebe“, entgegnete Serdall grinsend und ließ seine Hände beruhigend über Daniels Körper gleiten. „Gibt es noch etwas außer dem Sex, was du mit mir besprechen willst?“, fragte Serdall leise. Er wollte einfach auf Nummer sicher gehen, dass Daniel auch wirklich glücklich mit ihm war, jetzt wo endlich wieder alles in Ordnung war zwischen ihnen. Daniel atmete einmal tief durch. Serdall ließ wieder diverse Themen in seine Gedanken springen, über die er öfter mal nachgedacht hatte, die aber in dem ganzen Trubel der letzten Zeit untergegangen waren. „Nun, da gibt es um ehrlich zu sein so einiges. Am besten ich zähle alles mal auf und du suchst dir aus, womit wir anfangen. Da wäre einmal der Punkt, dass wir öfter zusammen weggehen wollten. Vielleicht könnten wir in eine Disko oder irgendeine Bar gehen. Dann wollte ich die Sache mit einem Adoptivkind noch mal ansprechen und zum Schluss wäre da noch Kai.“ Er wusste, dass es ziemliche Brocken waren, die er Serdall vor die Füße warf. Alle drei Themen schienen ihm nicht besonders angenehm zu sein, aber wenn sein Freund schon fragte, ob er noch über etwas sprechen wollte, dann konnte er auch ehrlich darauf antworten, gerade nach ihrem Gespräch von eben. Serdall verspannte sich leicht, doch er versuchte innerlich Ruhe zu bewahren. Sie würden nur darüber reden, das hieß nicht, dass man etwas beschloss. Er wollte mit dem Thema anfangen, das ihn am meisten verwirrte, dass Daniel darauf noch einmal zu sprechen kommen wollte. „Was ist mit Kai“, fragte er und spuckte diesen Namen regelrecht aus. Er seufzte im nächsten Moment jedoch. Wenn er genauer darüber nachdachte und Daniels Wesen dabei einbezog, dann kam er ganz allein darauf, was Daniel da noch wollte. „Lass mich raten, du willst dich erkundigen, wie es ihm geht?“ Daniel seufzte und nickte leicht. „Weißt du, trotz allem was war hatten wir in der Woche doch so was wie Freundschaft geschlossen. Wir haben viel unternommen und die ganze Zeit aufeinander gehockt. Ich weiß, dass Kai viel Scheiße gemacht hat, aber auch bei solchen Sachen wie Drogen gehören dazu eben immer zwei. Mit seinen letzten Taten hat er versucht, mich irgendwie an sich zu binden. Er hat sich in mich verliebt, ich glaube, das ist wohl klar geworden. Es war wohl nicht die glücklichste und beste Art und Weise, aber wer handelt aus Verzweiflung heraus noch logisch?“ „Und was willst du damit bezwecken, wenn du ihn noch einmal besuchst?“, fragte Serdall sachlich und starrte an die Decke. „Ehrlich, wenn ich mich nun in seine Situation reinversetze, tust du ihm nur mehr weh, als es der Schuss ins Bein getan hat. Sieh es doch mal so. Du setzt ihm dich vor, du entschuldigst dich bei ihm und er ist vielleicht gerade dabei über dich hinwegzukommen. Es wäre sehr egoistisch, wenn du das tust“, erklärte er seinem Freund und strich ihm durch die Haare. Kai schien jemand zu sein, der sich an das letzte Fünkchen Hoffnung klammerte, so wie er es mit der Kokaintüte versucht hatte. Aber Serdall hatte ihm diese Hoffnung sicherlich zerschlagen. Wenn Daniel nun aber wieder zu Kai rannte, würde da wieder etwas keimen, was diesem Wunschdenken nahekam. „Ich weiß nicht“, murmelte Daniel überlegend. „Ich glaube er fände es schon ganz gut, wenn ich vorbeikommen würde. Auf einmal weg vom Fenster ist auch etwas krass. Außerdem denkt er, dass du ein ganz böser Kerl bist, der mir zuhause irgendwas antut und ehrlich gesagt hast du diese Meinung mit deinem Auftritt auch bestätigt.“ Daniel funkelte Serdall kurz böse an, beschloss aber, dass sie dieses Thema ausführlich diskutiert hatten. Jetzt standen andere Dinge im Vordergrund. „Jedenfalls will ich eigentlich nicht nur hin, um mich zu entschuldigen. Ich weiß gar nicht, ob ich mich überhaupt entschuldigen soll, denn ich habe weder Kokaintütchen in fremde Jackentaschen geschmuggelt, noch habe ich andere Leute angeschossen. Eher möchte ich wirklich sehen, wie es ihm geht und ehrlich gesagt die Freundschaft trotz allem auch weiterführen, egal was du sagst. An und für sich ist Kai nämlich echt in Ordnung.“ „Ich weiß, dass ich dir nicht vorschreiben kann mit wem du befreundet sein willst, aber ich sage dir gleich, er wird sicherlich nicht klein bei geben, wenn du ihm jetzt die Hand reichst.“ Serdall seufzte leise. Eigentlich wollte er Daniel lieber anschreien, ihm eine Ohrfeige geben, damit er einsah, was dieser Kai fast provoziert hatte. „Du weißt ja, was du aufs Spiel setzt. Aber ich verstehe nicht, dass dir diese Freundschaft das Risiko wert ist, mich zu verlieren. Wer sagt dir denn, dass Kai dir nicht irgendwann mal etwas heimlich in deinen Kakao in der Mensa mixt? Du vertraust den Leuten viel zu schnell, Daniel“, murrte Serdall traurig und strich Daniel weiterhin durch die Haare. „Und ich gebe dir nur noch diese Chance. Noch einmal irgendwelche Drogen, Sex oder Küsse mit anderen Personen als mir…“, drohte er leise, brach jedoch letzten Endes ab. Daniel wusste, worum es ging. „Ja, ich weiß“, meinte Daniel leise und fuhr Serdall einmal wehmütig lächelnd über das Gesicht. „Doch ich bin wohl so eine Person, die teilweise einfach alles haben will. Diese Freundschaft und dich. Ich werde aufpassen und du bist ja auch noch da, der mich zurechtweist, wenn ich es doch übertreiben sollte. Außerdem ist noch nichts entschieden. Wir müssen einfach mal sehen wie das Gespräch verläuft. Wenn du magst, kannst du mitkommen, aber ich würde doch lieber allein mit ihm reden. Aber ich denke, es spricht nichts dagegen, wenn du im Auto wartest, falls du mich nicht allein lassen möchtest.“ „Ich möchte nicht, dass du allein mit ihm bist. Kai ist eine von den Personen, denen ich keinen Meter traue“, erwiderte Serdall sauer. Er würde es nicht noch einmal riskieren, dass sich Daniel irgendetwas von diesem Kai andrehen ließ. Er wäre vollkommen bescheuert, wenn er Daniel allein mit diesem Kai ließe und im Wagen dann Däumchen drehte. „Und dir kann ich in Bezug auf ihn auch nicht trauen. Ehrlich, nach all dem, was du mit ihm getrieben hast… Daniel ich habe es auf den Bildern gesehen, da kann ich nicht einfach irgendwo warten, während du mit ihm allein bist.“ Verdutzt sah Daniel Serdall an. „Welche Bilder?“ „Welche Bilder wohl? Die von Feis Detektiv“, murrte Serdall und sah finster zu Daniel. „Bilder, auf denen du dir Koks durch die Nase ziehst, dich mit Kai küsst und er dich in irgendeiner runtergekommenen Toilettenkabine vögelt“, zischte er wütend und ballte augenblicklich die Hände. All dies sprang ihm wieder vor die Augen und es machte ihn minder gesagt rasend vor Wut, dass Daniel allein dachte, wieder in die Nähe von diesem Kerl zu gehen. „Was glaubst du denn, warum ich mir eine Kugel in den Kopf jagen wollte? Sicher nicht, weil ich nur einen Bericht darüber gelesen habe“, zischte er richtiggehend verärgert. „Davon gab es Bilder?“, fragte Daniel ziemlich geschockt und setzte sich jetzt doch auf. Sowas konnte er schlecht im Liegen diskutieren. Es war schon schlimm genug gewesen zu wissen, dass Serdall irgendwie davon erfahren hatte, aber es war logisch. Wenn jemand sie gesehen hatte, dann bestimmt nicht zufällig. Jetzt konnte er Serdalls Ausraster wenigstens ein klein wenig verstehen, wenn er ihn auch immer noch für unverhältnismäßig hielt. „Nein, ich reime mir das gerade zusammen“, erwiderte Serdall zynisch und starrte weiterhin an die Decke. Es hatte ihm sozusagen das Herz gebrochen, als er Daniel so sehen musste, gerade nachdem er so viel für ihn erdulden musste. „Deswegen kann ich diesen Kai nur hassen“, flüsterte er wütend und schloss unruhig die Augen. Seine Hände waren immer noch geballt und lagen zitternd zu seinen Seiten. Daniel war jetzt doch langsam etwas unsicher. Er konnte verstehen, wie schwer es für Serdall sein musste, dass er immer noch zu Kai gehen wollte. Allerdings würde es sein Gewissen ungemein beruhigen, wenn er Kai zumindest noch einmal sah. „Langsam wird mir klar, wie schwer das alles für dich war. Mehr als ohnehin schon“, wandte Daniel sich wieder an seinen Freund. „Trotzdem würde ich mich viel besser fühlen, wenn ich wenigstens weiß, dass es Kai gut geht. Also bitte lass mich zu ihm gehen. Begleite mich, wenn du willst, aber bitte tu ihm nichts, okay? Bitte?“ Es trat eine kurze Stille ein, in der Serdall nachdrücklich seine Hände etwas lockerte und seine Augen wieder öffnete. Er setzte sich ebenfalls leicht auf, wobei er sich auf die Ellen stützte, ehe er Daniel endlich ins Gesicht sah. Seine Augen wanderten einen Moment unstet über das hübsche Gesicht, das nun ein Bettelblick zierte. „In Ordnung. Ich werde ihm nichts tun, solange er dir nichts tut“, erwiderte Serdall ergeben. Ein glückliches Lächeln breitete sich auf Daniels Gesicht aus. „Danke, das bedeutete mir wirklich viel“, flüsterte er leise und hauchte einen kleinen Kuss auf Serdalls Lippen, bevor er sich wieder neben seinen Freund legte. Er war echt froh, dass er für sich das Thema Kai abhaken konnte. Oder eben weiterführen, je nachdem, wie sich das Gespräch entwickelte. Mit Serdall in seinem Rücken würde es wohl etwas zwanghaft werden, aber besser als gar nichts. „Wenn du meinst.“ Serdall hatte ein ungutes Gefühl dabei, doch es wäre schlimmer, wenn Daniel nur wieder unglücklich war, weil sein schlechtes Gewissen ihn plagte. „Und das mit dem Adoptivkind ist hoffentlich nicht dein Ernst“, lenkte Serdall zum nächsten Punkt, den Daniel angesprochen hatte. „Du bist schließlich gerade noch ein Student, ohne Mittel und mit begrenzter Freizeit“, erklärte er. Serdall würde selbst nicht die Sorge von diesem Kind übernehmen. Taki war sein Sohn und damit war er vollkommen zufrieden. Daniel verzog etwas unglücklich das Gesicht. So genau hatte er ehrlich gesagt noch nicht darüber nachgedacht, aber zumindest schon ein wenig. „Wenn ich ehrlich bin hatte ich gedacht, dass alles ähnlich wie bei Taki laufen könnte, also dass du dich um das Kind kümmerst, wenn ich nicht da bin. Und an einen Säugling habe ich ohnehin nicht gedacht. Außerdem dauert es wenn man Pech hat ohnehin ein paar Jahre, bevor es letztendlich zur Adoption kommt. Vor allem bei einem schwulen Pärchen“, grummelte Daniel und rümpfte die Nase. „Da muss ich dich leider enttäuschen, Daniel. Es wäre eine Zumutung für mich, dass ich mich um ein sozusagen fremdes Kind kümmern müsste, das nicht so pflegeleicht ist wie Taki. Schließlich sind Kinder aus dem Waisenhaus wohl eher Rabauken und sehr anstrengend. Überleg dir das bitte gut. Du wirst als Lehrer irgendwann genug Kinder um dich herum haben und Taki liebt dich doch auch, zwar nicht als Mutter, aber wohl wie eine zweite Vaterfigur. Das hast du ja am Samstag gesehen, oder?“ „Ja, du hast wohl recht“, erwiderte Daniel seufzend. Er hatte in seinem weiteren Leben wohl wirklich mit genug Kindern zu tun, momentan ohnehin keine Zeit und Taki war auch noch da, wie Serdall schon gesagt hatte. Nur irgendwie hatte er kurzzeitig das Verlangen nach etwas eigenem gehabt. Also jetzt nicht von einer eigenen Vaterschaft her gesehen, aber sein Name auf den Adoptionspapieren hätte schon etwas hergemacht. Auch wenn der Zeitpunkt nicht ganz so günstig war, wollte er dann auch nicht als Mittdreißiger Adoptivvater werden und auf die Rente zustreben, wenn sein Kind gerade mal erwachsen wurde. Es war aber wohl gut so, wie es im Moment war. „Kommen wir dann zum dritten Punkt?“, fragte Daniel grinsend. Serdall knurrte leise. „Du weißt, dass die Musik in einer Disko mir echt einen Hörsturz gibt?“ Er zog Daniel am Kragen zu sich und küsste ihn auf die Lippen. „Und ich nehme an, dass wir in eine dieser Schwuppenläden gehen, wenn wir denn gehen?“ „Erstens gibt es nützliche Erfindungen wie zum Beispiel Ohropax, wenn deine armen Ohren es tatsächlich nicht aushalten sollten. Zweitens gehen wir natürlich in eine Schwulenbar oder eine Schwulendisko, wenn wir schon gehen. Da kannst du dann mal deine Aggressionen ausleben.“ Lachend wich Daniel dem gespielten Schlag aus. „Welche Aggressionen?“, murrte Serdall und legte seine Hand an Daniel Hinterkopf, um ihn zu sich zu ziehen. „Wir können es ja einmal probieren. Aber rechne nicht damit, dass ich tanze oder dich von meiner Seite weichen lasse.“ „Nun, ich würde mal sagen entweder oder. Du wirst doch wohl nicht von mir erwarten, dass ich den ganzen Abend an der Bar stehe, wenn ich dich auf der Tanzfläche schwitzen sehen kann?“ „Vergiss es. Du kannst von mir aus vor der Bar rumhopsen wenn es sein muss, aber ich lass dich doch nicht zu den ganzen Typen auf die Tanzfläche.“ Serdall zeigte Daniel einen Vogel. „Und mich spastisch bewegen werde ich auch nicht. Wir können ja Dustin und Ethan mitnehmen. Aber du darfst dann nur mit Ethan tanzen“, meinte er leise. Das war dann aber auch eine Ausnahme. Ethan würde Daniel nicht unnötig anfassen. Zum Glück hatte der Kleine noch Respekt vor Serdall. „Das ist zumindest ein kleiner Kompromiss. Aber was passiert in der Zwischenzeit mit Dustin? Willst du echt den ganzen Abend mit ihm an der Bar sitzen?“ Neckisch pikste Daniel Serdall in die Seite. „Solange es Scotch gibt und ich ein Auge auf dich habe, ist mir das alles egal“, meinte Serdall ernst und stach Daniel ebenfalls mit dem Finger in die Seite. „Und Dustin kriegt eins auf die Nase, wenn er mir zu blöd wird“, murrte er weiter und ließ sich wieder in die Kissen sinken. „Das wird dort wahrscheinlich keinen stören. Ich glaube, die sind das gewohnt, dass es ab und an mal etwas handgreiflich wird. Am liebsten würde ich heute schon los, aber wir verlegen es wohl auf nächstes Wochenende. Schließlich habe ich Uni. Aber zu Kai würde ich morgen gern. Ist das okay?“ „Erst nachdem wir beim Arzt waren und die Fäden von deinem Handgelenk entfernt sind“, murmelte Serdall und fasste Daniels Linke, um vorsichtig über das Pflaster zu streichen. „Du hast keine Schmerzen oder so, wenn du sie bewegst?“ „Nein, eigentlich nicht mehr. Ab und an ziept es ein wenig, aber das liegt wohl an den Fäden. Wann sollten sie gezogen werden? Ich habe das letzte Mal beim Arzt irgendwie nicht so richtig zugehört. War wohl zu abgelenkt von der Impfung, die er mir gleich noch verpasst hat.“ Schaudernd schüttelte Daniel sich kurz. „Naja, nach anderthalb Wochen solltest du sie entfernen lassen, meinte er. Wir lassen das halt gleich morgen machen.“ Daniel an sich ziehend schloss Serdall ihn in die Arme. Die Erinnerung an jenen Tag machten ihn immer noch Magenschmerzen und es war einfach nur wieder Kais Schuld, dass Daniel so weit gehen musste, um Serdall von dem Wahrheitsgehalt seiner Aussagen zu überzeugen. „Hm, hoffentlich tut es nicht weh. Es gibt doch diese selbstauflösenden Fäden, warum wenden sie die nicht an? Wäre doch um ein Vielfaches praktischer.“ Grummelnd kuschelte Daniel sich in Serdalls Arme und gähnte verhalten. Es war erst früher Abend, aber er war trotzdem irgendwie müde. Liebevoll strich Serdall mit den Fingerspitzen über Daniels Rücken, während er nachdenklich an die Decke sah. Er wollte diese ganze letzten Wochen, in denen Daniel mit diesem Kai angebandelt hatte, einfach nur vergessen und es nicht immer wieder vorgehalten bekommen, nur weil sein Freund in diesem Dealer einen guten Kumpel gefunden hatte. Minder gesagt machte es ihn fast wahnsinnig, dass Kai Daniel noch so wichtig war. Warum? Das konnte Serdall gefühlsmäßig rein gar nicht nachvollziehen. Dieser Kai war Abschaum, mehr nicht. ------------------------------------- Der Montag kam nach Serdalls Geschmack viel zu schnell. Er war schon am Vormittag schrecklich gereizt und Daniel mied ihn in dieser Phase. Sein Freund machte gerade das Mittagessen zusammen mit Yoshiko, als es an der Haustür klingelte. Serdall ging mit finsterem Blick zur Tür und sah sich dann einem Postboten gegenüber, der ein kleines Paket in den Händen hielt. Mit hochgezogener Augenbraue registrierte Serdall die japanischen Schriftzeichen auf dem Päckchen, nachdem er dem Postboten die Übernahme bestätigt hatte. Verwirrt ging Serdall ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa. Er war allein und so konnte er ungestört das an ihn adressierte Paket öffnen. Was zum Vorschein kam, gab ihn einen mittelschweren Schock. Das Paket war natürlich von Fei, aber der Inhalt… Warum schickte sein Bruder ihm Schmuck? Ziemlich verdutzt öffnete Serdall die kleine Schatulle und starrte nun fassungslos auf die zwei gleichen Ringe in Platin, die Daniels und Serdalls Namen in Kanji auf jeder Ringinnenseite beherbergten. „Bist du jetzt total verrückt?“, fragte Serdall leise in den Raum. Was dachte sich Fei denn bei diesem Mist? Eilig schloss Serdall die Schatulle, als er Schritte auf dem Flur hörte. Die Bedeutung, die dahinter stand war klar, aber was mischte sich Fei da ein? Kopfschüttelnd ging Serdall zu seinem Geigenkoffer und legte das kleine Kästchen hinein. Hier würde es Daniel wenigstens nicht finden und kein anderer außer ihm selbst berührte seine Geige. Er presste die Lippen hart zusammen, als er zum Telefon griff und Fei anrief. Es war ihm bewusst, dass es schon Abend in Japan war, doch das störte ihn im Moment überhaupt nicht. Doch statt Fei ging irgendein Untergebener ran. Fauchend verlangte Serdall nach seinem Bruder. „Der Oyabun ist verhindert“, erklärte der Mann, den Serdall nicht kannte. „Er soll mich anrufen, sobald er Zeit hat“, erwiderte Serdall, ehe er auflegte und das schnurlose Telefon auf das Sofa feuerte. „Scheiße“, zischte er genervt. Was erwartete sein Bruder denn jetzt von ihm? Das er sich mit Daniel verlobte? War er denn von Sinnen? Serdall strich sich fahrig durch die Haare, als er sich kraftlos in den Sessel sinken ließ. Erst machte Fei alles zwischen ihnen kaputt und jetzt das? Er konnte nicht behaupten, dass ihm das gefiel. Klar liebte er Daniel, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass dieser Kai immer noch zwischen ihnen stand, besonders weil Daniel darauf zu bestehen schien, weiter mit ihm befreundet zu sein. Mittlerweile war das Gefühl der Eifersucht in ihm schier unermesslich. Daniel hatte ihm zwar bewiesen, dass er ihn liebte, auch wenn es auf drastische Weise geschehen war, aber diese Geschichte mit Kai machte Serdall fertig. Wären es nur die Drogen gewesen, die er Daniel gegebene hätte, hätte Serdall der Freundschaft nicht im Weg gestanden, auch wenn es ihm trotzdem nicht gefallen hätte. Daniel hatte aber mit Kai Sex. Das war der Punkt, der Serdall verunsicherte. Sie hatten schon immer kleine Differenzen gehabt in der Hinsicht und irgendwie glaubte er, dass es Daniel bei Kai womöglich besser gefallen hatte. Schließlich war Kai sicherlich nicht so ein idiotischer Romantiker wie Serdall es war und war hundertprozentig schwul und bestimmt in sexueller Hinsicht sehr begabt. Seufzend vergrub Serdall seinen Kopf in die Hände und versuchte sich selbst zu beruhigen. Wieso hatte er nur diese schrecklichen Zweifel? Daniel wollte Kai besuchen. Gut. Doch Serdall wollte es insgeheim nicht, das er es tat. Er hatte einfach Angst, dass Daniel sich vielleicht in diesen Kai verliebt hatte. Warum sonst müsste er sich nach diesem ganzen Mist unbedingt noch einmal mit ihm treffen? Schließlich war es auch gut möglich, dass Kai Daniel andere Dinge bieten könnte. Serdall war nun mal verquer im Kopf und ziemlich kurz temperiert. War Daniel das über? Und wieso dachte er erst jetzt so darüber? Serdall musste sich selbst eingestehen, dass er im ersten Moment einfach nur froh gewesen war Daniel wiederzuhaben und ihm so womöglich alles verziehen hätte, aber jetzt fragte er sich wirklich, ob das so eine gute Idee gewesen war. Ja, er war glücklich wieder mit Daniel zusammen zu sein. Sah Daniel das genauso? Serdall würde ja sagen, wenn er nicht diese andere Seite von Daniel kennengelernt hätte. Die, die Drogen nahm, sich in Diskos vergnügte und Sex auf öffentlichen Toiletten hatte. Außerdem war da noch die Sache, dass sie erst gestern richtig miteinander geredet hatten. Daniel hatte sich vor ihm gefürchtet oder zumindest Angst vor seiner Reaktion gehabt. Zeugte das nicht davon, dass ihre Beziehung irgendwo falsch gelaufen war? Kimba kam im nächsten Moment zu ihm und legte ihre Schnauze auf sein Knie. Leicht lächelnd kraulte Serdall sie auf dem Kopf. Er bekam das Gefühl, dass Daniel vielleicht unzufrieden war oder sich womöglich doch gezwungen sah, mit ihm zusammenzubleiben. Die Ringe konnte er deswegen jetzt gar nicht gebrauchen. Das würde Daniel vielleicht noch mehr belasten. Serdall war sich nicht einmal sicher, ob Daniel überhaupt daran dachte, mit ihm die Ringe zu tauschen. Nicht, dass sie sich offiziell ehelichen würden, das wollte Serdall nicht, aber so für sich wäre es doch ein schönes Zeichen, wenn sie die Ringe an der rechten Hand trugen. „Schön für dich“, zischte Serdall leise, „weil du ein rettungsloser Romantiker bist.“ Hart biss er sich auf die Lippe, als er jemanden kichern hörte. Finster sah er seinem Schwager entgegen, der amüsiert im Türrahmen lehnte, ehe er im Schlendergang auf ihn zukam und sich in den zweiten Sessel neben Serdall setzte. „Worüber denkst du schon wieder nach?“, fragte Dustin geradeheraus und sah ihn ernst von der Seite her an. „Nichts“, erwiderte Serdall kalt und kraulte weiter Kimba, die ihn mit treuen Augen ansah. „Weißt du, nach all den Jahren, die wir uns jetzt kennen, weiß ich, was dieses Gesicht bedeutet, nämlich dass du es dir wieder irgendwie schwer machst. Du verrennst dich in deinen Gedanken und tust dir nur selber weh.“ Dustin seufzte leise, als Serdall abweisend schnaubte. Da brannte ja mal wieder die Luft. „Du fängst schon wieder so an wie damals“, meinte er leise und seine Augenbrauen zogen sich nicht begeistert zusammen. Serdall rollte mit den Augen und wandte den Kopf ab. Er wollte nicht mit Dustin reden. Irgendwie konnte er einfach nicht, auch wenn sein Schwager in der Hinsicht eigentlich immer recht hilfreich gewesen war. Wenn Dustin ernst war, dann konnte man wirklich mit ihm über solche Dinge sprechen, auch wenn ihre Ansichten meist weit auseinandergingen. „Serdall“, murrte Dustin neben ihn plötzlich, „du kannst nicht alles mit dir selbst abklären.“ Ja, das wusste Serdall nur zu gut. Sich über den Nasenrücken reibend fing Serdall leise an, seine Gedanken in Worte zu fassen, was ihm, wie immer, viel zu schwer fiel. „Ich glaube, dass ich zu voreilig war. Dass ich Daniel viel zu schnell verziehen habe…“ Dustins Augen weiteten sich ein Stück und er nickte abwesend. Er hatte geahnt, dass so etwas noch einmal kommen würde. Das Ganze war einfach viel zu schnell abgeklärt gewesen und das war normalerweise nicht Serdalls Art. Womöglich war es einfach die Liebe zu Daniel, die ihn voreilig handeln lassen hatte. „Du bereust es?“, fragte Dustin seinen Schwager und sah ihm forschend in die Augen, als jener sich ihm wieder zuwandte. Viel zu gefasst für diese Frage. „Nicht unbedingt. Eigentlich nur, weil ich vermute, dass Daniel mit mir nicht glücklich ist. Er will Kai besuchen, weiter mit ihm befreundet sein. Das will ich aber nicht, was doch eigentlich verständlich ist, oder?“ Dustin musste nicken. Aus Serdalls Sicht war es verständlich, schließlich hatte Daniel nichts Anderes getan, als ihn mit Kai zu betrügen. „Und du glaubst, dass Daniel wieder etwas mit Kai haben könnte, weil?“ „Weil ich für seinen Geschmack zu beherrscht bin, nicht seine Ansichten teile und er mit mir unzufrieden ist. Dustin, er hat selbst Angst mit mir vernünftig über Dinge zu reden, die ihn wirklich beschäftigen, wohl sogar länger beschäftigen. Ich hingegen sehe nicht, dass er etwas auf dem Herzen hat. Außerdem geht er zu dir, wenn er wirklich über intimere Sachen reden möchte. Meinst du nicht, dass da was falsch läuft bei uns? Dass Kai ihm gezeigt hat, was ihm eigentlich fehlt?“ Dustin stieß geräuschvoll die Luft aus. Serdalls Zweifel waren vielleicht begründet, auch wenn Daniel sich sicherlich nicht in diesen Kai verliebt hatte. „Serdall, wenn er es wirklich so sehr bei dir vermissen würde, würde er es dir sagen“, wandte Dustin ein. „Würde er nicht! Das ist es ja, er redet nicht wirklich mit mir, aus Angst vor meiner Reaktion.“ „Da bist du ja auch selber Schuld. Schließlich bist du ziemlich drastisch in deinen Maßnahmen. Allein, dass du diesem Kai ins Bein geschossen hast, hat Daniel heftig geschockt.“ „Er hat Daniel Drogen gegeben und dann mit ihm geschlafen. Was hätte ich denn sonst tun sollen? Warten bis Daniel wieder zu ihm läuft und mich betrügt?“, zischte Serdall wütend und schüttelte leicht den Kopf. „Wieso vertraust du ihm nicht?“ „Wie sollte ich das können, nach alldem?“, erwiderte Serdall schwach. Es nagte einfach viel zu sehr an ihm. Dustin strich sich nachdenklich übers Kinn. Serdall machte sich wirklich das Leben schwer. „Deine Zweifel können auch alles kaputt machen. Gut, Kai war ein Ausrutscher, aber sieh doch mal, in welcher Situation das Ganze geschehen ist. Daniel wusste sich einfach nicht mehr zu helfen. Du kennst ihn. Er kann nicht einfach dumm zuhause rumhocken, während du womöglich verheiratet wirst.“ „Trotzdem muss er nicht mit irgendeinem Penner ficken!“, schrie Serdall plötzlich wütend und Dustin riss die Augen auf. So vulgär kannte er Serdall nicht. Es musste ihn wirklich enorm stören, wenn er so ausrastete. „Entschuldige“, zischte der Violinist im nächsten Moment und sackte in sich zusammen. Er wusste einfach nicht mehr ein, noch aus. Ob er Daniel Kai gegenüber trauen konnte, oder eben nicht. Er hatte einfach eine riesige Angst, Daniel zu verlieren. Und mehr, als es ihm zu verzeihen, was er getan hatte, konnte er nicht. Dass Daniel aber nicht auf ihn zukam, sondern lieber mit Kai befreundet sein wollte, machte ihm schwer zu schaffen. „Ich glaube es ist besser, ich warte das Ganze einfach ab. Entweder es passiert was oder nicht. Was anderes bringt jetzt nichts“, meinte er lahm und schloss die Augen. Dustin nickte leicht, als er sich mit der flachen Hand einmal über das Gesicht wischte. Was sollte er auch dazu sagen? Serdalls Gedanken war diesmal wohl berechtigt. Dass Daniel in Kai einen Freund sah, war für Daniel typisch. Aber alles Weitere? Es war schon mal geschehen, wieso nicht noch einmal? Dustin seufzte. Zweifelte er jetzt etwa auch schon an Daniel? „Serdall, er wird dich nicht enttäuschen. Er liebt dich und sein schlechtes Gewissen würde ihn fertig machen. Er ist viel zu ehrlich, um dich vielleicht heimlich zu betrügen. Und wenn er es tun würde, würde er dir nicht mehr unter die Augen treten können.“ Serdall stand wütend auf und ging aufgebracht durch den Raum. „Gerade das will ich ja nicht. Denn dann wird es aus sein zwischen uns“, gestikulierte er wild vor seinem Schwager. „Ich will nicht, dass es aus ist“, meinte er halblaut und verschränkte die Arme vor der Brust. Dustin seufzte. Klar wollte Serdall das nicht. „Er wird dich nicht enttäuschen, Serdall. Glaub mir, er ist froh dich wiederzuhaben.“ Serdall nickte ergeben, aber Dustin sah es ihm an, dass ihn seine Gedanken immer noch quälten. Seufzend stand er ebenfalls auf und klopfte seinen Schwager auf die Schulter. Mehr konnte er auch nicht tun. Es lag nun mal bei Daniel. Gerade in diesem Moment betrat der junge Mann, um den sich das Gespräch drehte, den Raum. Etwas verwirrt sah Daniel zwischen Dustin und Serdall hin und her. Die Spannung, die in der Luft hin, war fast greifbar und Daniel vermutete, dass es wieder irgendeinen Streit zwischen den beiden gegeben hatte. Aus diesem Grund war er froh, dass er einen Vorwand hatte, um sie voneinander zu trennen. „Kommt ihr Zwei? Das Essen ist fertig.“ Serdall warf noch einen Blick auf Dustin, ehe er nickte und Daniel in die Küche folgte. Er zwang sich vernünftig zu essen und nicht wieder so sparsam, damit Daniel keinen Verdacht schöpfen konnte, dass ihn etwas störte. Er wollte nicht über Daniel bestimmen und er konnte es ihm auch nicht verbieten Kai zu sehen. Trotz seines Willens, schaffte er gerade mal die Hälfte des Essens und stocherte bis zum Schluss lustlos darin herum. Später wartete Serdall im Flur auf Daniel. Er selbst war schon in seine Schuhe geschlüpft und hatte seinen Mantel an. Nervös blickte er zur Uhr, rein aus dem Reflex heraus und öffnete schon einmal die Haustür, um zu seinem Wagen zu gehen. Daniel würde schon noch kommen. Traurig blickte Serdall in den aschgrauen Himmel. Es hatte leicht zu schneien angefangen, doch bis jetzt blieb der Schnee nicht liegen. „Schnee“, stellte auch Daniel fest, als er leicht lächelnd neben Serdall trat. Er nahm seine Hand und sah ihn fragend mit leicht schief gelegtem Kopf an. „Ist alles in Ordnung“, wollte er wissen. Er konnte sich denken, dass es Serdall etwas auf die Stimmung schlug, dass sie zu Kai fuhren. Das Verhältnis der beiden war von Anfang an nicht wirklich das Beste gewesen, wenn man es so sagen wollte. Verständlich war es, schließlich war Kai in Serdalls Augen wohl der Feind schlechthin. Daniel seufzte. Es war noch überhaupt nicht geklärt, was sich aus der ganzen Sache ergeben würde, aber Daniel wollte wenigstens sehen wie es Kai ging. „So halbwegs“, entzog sich Serdall einer klaren Aussage und küsste Daniel auf die lächelnden Lippen. Er zog ihn zum Wagen und sie stiegen ein. Wie sollte auch irgendetwas in Ordnung sein, wenn sie zu diesem Typen fuhren? Vorher würden sie noch die Fäden ziehen lassen, dann erst zu Kai gehen. Wenn er überhaupt noch im Krankenhaus war, oder wo auch immer. Serdall wäre es nur recht, wenn er in seiner Wohnung verblutete wäre. Verbissen den Blick auf die Straße wendend, fuhr Serdall an und zum Krankenhaus. Wie oft würden sie noch diesen Weg fahren müssen? Wann würde der nächste Aidstest bei Daniel auf dem Plan stehen…? Serdall schüttelte leicht den Kopf. Wenn es so weit kommen würde, hatte er nichts mehr mit Daniel zu tun. Daniel sah mit einem ziemlichen Stimmungsdämpfer aus dem Fenster. Es nahm ihn mit, dass Serdall der Besuch bei Kai so gegen den Strich ging, aber zumindest um seines Seelenfriedens Willen bestand Daniel innerlich darauf. Außerdem äußerte sein Freund seine Bedenken nicht mehr laut, von daher war es recht leicht, sie zu ignorieren, auch wenn das im Moment ziemlich egoistisch klang. Ende Kapitel 24 Entschuldigt, dass die Kapitel nicht mehr so schnell gekommen sind, aber die Weihnachtszeit ist doch jedes Jahr wieder aufs Neue stressig. ^^° Kapitel 25: ------------ Kapitel 25 Die Fäden ziehen zu lassen stellte sich als kurz und recht schmerzlos heraus. Daniel war selbst davon überzeugt, dass er nur was gemerkt hatte, weil er sich so derart auf sein Handgelenk konzentriert hatte. Ehrlich, bei solchen Kleinigkeiten war er total die Mimose. Er konnte mit einem gebrochenen Arm gut leben, wie er früher mal herausgefunden hatte, aber Fäden ziehen oder impfen war einfach schrecklich. Schrecklich war auch der Weg zu Kais Zimmer. Serdall ging eisig schweigend neben ihm her und führte Daniel mit seinem Verhalten fast in die Versuchung, auf den letzten Metern doch noch kehrt zu machen. Schließlich standen sie vor der Tür, neben der als einziger Name ‚Hahn‘ vermerkt war. Daniel atmete tief durch und war erleichtert, dass Kai scheinbar in einem Einzelzimmer lag. So war die Gefahr, dass jemand ihr Gespräch und eventuelle pikante Informationen mitbekam, gleich null. „Serdall, bitte versuch ruhig zu bleiben und nicht auszuflippen, ja?“, wandte Daniel sich an seinen Freund. Klar, dachte sich Serdall angepisst, schön bei Fuß Bello. Serdall wollte Daniel am liebsten einen Tritt dafür geben, dass er das zu ihm sagte. Er bedeutet Daniel nur voranzutreten und nach einem kurzen Klopfen gingen sie in Kais Krankenzimmer. Dort wurde ihnen eine deftige Kussszene zwischen Kai und einem Pfleger geboten. Serdall warf die Tür lauter als nötig in die Angeln und die beiden Köpfe ruckten bei dem Geräusch in ihre Richtung. Der Krankenpfleger wurde knallrot und verschwand nach einer kurzen Entschuldigung, während Kai nur starr zu ihnen sah, wobei sein Blick sich eisig auf Serdall richtete, was jener finster erwiderte. „Was wollt ihr hier“, fragte er abweisend. Neben seinem Bett standen Krücken und sein Oberschenkel war immer noch dick bandagiert. Schnaubend schüttelte Daniel den Kopf. Diese Szene eben war so typisch Kai gewesen, wenn man die Zeit, in der er ihn als Beschäftigung hatte, beiseite schob. Er ging ein paar Schritte auf das Bett zu, bevor er zu reden anfing. „Eigentlich bin ich in erster Linie gekommen um zu sehen wie es dir geht. Darf ich mich setzten?“, fragte Daniel und deutete mit einem Kopfnicken auf einen der Stühle, die an einem kleinen Tisch in der Nähe des Bettes standen. Kai nickte abgehackt, wobei sein Blick wieder kurz zu Daniels Freund wanderte, der sich weit entfernt an eines der Fenster stellte und versucht desinteressiert hinaussah. „Wie du siehst lebe ich zum Glück noch. Und wie das Schicksal so will werde ich auch irgendwann wieder richtig laufen, ohne ein taubes Bein zu haben, weil dein Freund so gnädig war, keinen wichtigen Nerv durchzuschießen.“ Der Blonde wandte den Blick von dem Mann ab, als keinerlei Reaktion kam und sah zu Daniel. Ein leichtes Lächeln bildete sich um seine Mundwinkel, ehe er kurz über Daniels Handrücken strich, ohne dass es dessen Freund sehen konnte. „Mich würde es eher interessieren, wie es dir geht“, fragte er leise und sah sanft in Daniels Gesicht. „Wie es scheint bist du wieder rund um die Uhr in seinen Klauen“, flüsterte er und musste dabei den bitteren Blick vertreiben, der sich kurz in seine Züge schummelte. Daniel entzog Kai seine Hand und sah ihn etwas verstimmt an. „Ich kann verstehen, dass du ihn nicht leiden kannst. Sehr erfreulich war eure erste und bis jetzt einzige Begegnung ja nicht. Aber was immer du auch von ihm halten magst, ich liebe Serdall und befinde mich deswegen nicht in seinen Klauen, sondern ich verbringe den Tag mit ihm“, stellte Daniel flüsternd klar. Serdall würde es sicher nicht sonderlich gut finden, dass sie die Köpfe zusammensteckten, doch er würde vielleicht noch verstimmter sein, wenn er das Thema ihres Gespräches erfuhr. Kai schüttelte leicht den Kopf. „Er ist ein Verbrecher!“, führte er lauter aus, sodass Serdall es unweigerlich hören musste. „Ein gefühlskaltes Monster. Wer sonst könnte einen Menschen fast umbringen und dich so vereinnahmen? Ehrlich, du hast mir bestätigt, dass der Sex mit mir tausendmal besser ist, dass du diesen Typen nicht brauchst. Du hast Spaß gehabt, als du zum ersten Mal in einer Disko warst. Er hält dich doch nur in seinem Haus gefangen, bei seinem vielen Geld…“ Kai strich sich fahrig durch die Haare. „Du bist doch total verblendet von dem Kerl! Er ist eine verdammte Hete, die dich nur als Trophäe sieht und dich wahrscheinlich mit der Waffe bedroht“, zischte Kai wütend und fasste nach Daniels Wange. „Das ist keine Liebe, Daniel, und das weißt du“, zischte er ihm zu und sah mit Genugtuung, wie dessen Freund plötzlich wütend den Raum verließ. Abrupt schlug Daniel die Hand weg, noch bevor sie ihn berühren konnte. „Du hast vollkommen falsche Vorstellungen“, zischte Daniel wütend. Serdall hatte noch immer mit dem Rücken zu ihnen gestanden, doch Daniel hätte schwören können, dass er bei Kais Worten zusammengezuckt war. Das ließ auch der wortlose Abgang erkennen. Daniel stand ebenfalls auf. „Scheiße, ja, es war eine Abwechslung mit dir Sex zu haben, aber es hinterlässt einen extrem bitteren Nachgeschmack, wenn man den eigenen Freund dabei betrügt. Außerdem solltest du seine Tat nicht verurteilen, denn du hast dich auf deine Art und Weise vollkommen daneben benommen, als du mir heimlich das Kokain zugesteckt hast. Du hast auf deine Art übertrieben, Serdall auf seine. Außerdem bin ich freiwillig bei ihm und werde nie an seiner Liebe zu mir zweifeln. Ich dachte echt, dass es zwischen uns wenigstens sowas wie eine Freundschaft geben könnte, da ich mich in der Zeit, in der ich bei dir war, doch irgendwie an dich gewöhnt habe, doch das ist wohl pures Wunschdenken.“ Daniel drehte sich auf dem Absatz herum und stürmte zur Tür. Serdall war indes schon zum Parkplatz gestürmt. Zittrig öffnete er die Wagentür seines Autos und setzte sich aufgelöst auf die Fahrerseite. Er hatte es doch gewusst. Wieso schockten ihn Kais Worte nur so? Würde Daniel jetzt bei ihm bleiben? „Scheiße“, flüsterte er fertig und ließ seinen Kopf gegen das Lenkrad sinken. Er glaubte in diesem Moment sterben zu müssen, so sehr schmerzte es ihn in der Brust. Wie hatte er auch nur zustimmen können, dass sie zu diesem Kai gingen? Er hätte doch sehen müssen, was dahinter stand. Keuchend versuchte Serdall zu Atem zu kommen, weil es ihm schier die Luft abschnürte. Zögernd trat Daniel an das Auto heran. Er hatte sich gedacht, dass Serdall hierhin gegangen war. Der vertraute Innenraum bot durch die teilweise getönten Scheiben etwas Privatsphäre und hatte etwas Vertrautes. Ehrlich gesagt war er ziemlich froh, dass Serdall nicht schon einfach ohne ihn weggefahren war. So aufgelöst hatte Daniel seinen Freund noch nie zuvor gesehen. Zusammengesunken auf dem Fahrersitz kauernd vermittelte Serdall einen so schutzbedürftigen Eindruck, dass Daniel davon vor schlechtem Gewissen fast schlecht wurde. Es waren Kais Worte, ja, aber er hatte ihn durch seine Erzählungen überhaupt erst auf diese verquerern Gedanken gebracht. Langsam öffnete Daniel die Tür und stieg ebenfalls ein. Sein Körper schrie danach, Serdall in den Arm zu nehmen, aber er war sich so unsicher, ob das in dieser Situation das Beste war oder nicht. Serdall versteifte sich, als er mitbekam, dass Daniel doch noch zu ihm gekommen war. Er richtete sich auf und sah Daniel unglücklich an. „Warum bist du überhaupt mit mir zusammen?“, fragte er Daniel leise und lehnte seinen Kopf gegen den Sitz, wobei er seine Arme enger um seinen Bauch zog. „Er hatte doch in jedem Punkt recht, oder nicht?“, meinte er brüchig und sah wieder nach vorne. „Wenn du zu ihm gehen willst, dann geh. Ich will nicht, dass du dich zwingst bei mir zu bleiben.“ „Bist du vollkommen übergeschnappt?“, fuhr Daniel heftig auf. Er konnte nicht glauben, war er von Serdall zu hören bekam. „Scheiße, ich dachte, dass die letzten Tage gezeigt hätten, dass ich nichts mehr will als mit dir zusammen zu sein. Hast du Kai mal zugehört? Angeblich bedrohst du mich unter anderem mit einer Waffe und zwingst mich, in deinem Haus zu bleiben. Nicht gerade die Realität, oder?“ Serdall schüttelte den Kopf. Nicht gerade das, aber die anderen Dinge waren wohl wahr. „Und der Rest? Das Geld, der Sex, dein Freiraum? Du hast doch Angst mit mir wirklich über Dinge zu reden, ich bin nicht so wie Kai oder Dustin, die deinem Geschmack eher entsprechen. Wem willst du was vormachen? Unsere Beziehung war nie so, wie sie sein sollte. Wir hatten immer unsere Differenzen und ich war immer Schuld daran. Die ganze Sache hat mir nur die Augen geöffnet, dass ich ein mieser Egoist bin, wenn es um dich geht. Ich kümmere mich doch nicht wirklich um dich!“ „Was soll das Alles jetzt? Ein paar Worte von Kai und du zweifelst an allem? An uns? Wir haben über den Sex geredet, oder nicht? Da stimmt jetzt alles. Ich kann mir meinen Freiraum nehmen, wenn ich ihn brauche. Du hast nicht und würdest mir nie verbieten wegzugehen, wenn ich das möchte. Und dein Geld macht mir zwar einiges leichter, aber meinst du ehrlich, dass ich mich deswegen in irgendeiner Art und Weise abhängig machen lasse?“ Perplex schüttelte Daniel den Kopf. Spukten diese Zweifel schon länger in Serdalls Kopf herum oder wo kamen sie auf einmal so plötzlich her? Nur durch Kai konnte solch ein Stein nicht ins Rollen geraten, oder? Aber warum hatte er dann nicht bemerkt, dass Serdall etwas belastete? „Es sind nicht nur seine Worte!“, rief Serdall aufgebracht. „Du hast mit ihm geschlafen. Mehrmals. Das hättest du nicht, wenn es dir nicht gefallen hätte. Du würdest auch nicht mit Kai befreundet sein wollen, wenn du ihn nicht gut leiden könntest. Daniel, sieh es doch ein. Ich bin ein Arschloch. Alle anderen scheinen es zu sehen, dass es dir besser gehen würde ohne mich, nur ich nicht.“ Verzweifelt vergrub Serdall seinen Kopf in den Händen. Er wusste nicht mehr, was er denken sollte. Er liebte Daniel, aber war seine Liebe echt so schrecklich, wie er gerade sagte? Er wünschte sich einfach, dass Daniel ihn in den Arm nahm und ihm versicherte, dass es Humbug war, was er dachte, doch das würde er sicher nicht tun. Daniel schwieg einige Zeit lang. Er musste erst einmal seine Gedanken ordnen und sich sammeln. Leider stimmte zumindest der Anfang von dem, was Serdall gesagt hatte. Zu behaupten, dass der Sex mit Kai schlecht gewesen war, kehrte die Wahrheit zu Daniels Unmut genau ins Entgegengesetzte. Kai verstand durch seine zahllosen Affären und One-Night-Stands sein Handwerk wirklich gut und war ähnlich wie Daniel recht spontan und meistens nicht so der Kuscheltyp, wenn es um den Sex an sich ging. Andererseits war es auch nicht so, dass der Sex mit Serdall schlecht war. Er war anders, aber auf seine eigene Art und Weise super schön und süchtig machend. Vor allem, und hier kam Daniels romantische Ader zum Tragen, war er eben so schön, weil Liebe mit im Spiel war. Es war etwas Anderes, wenn Serdall ihn berührte, als wenn Kai oder David ihn berührt hatten. Außerdem würde jetzt, wo sie offen über Daniels Wünsche gesprochen hatten, alles garantiert noch besser werden. Der zweite Punkt war, dass er Kai tatsächlich ziemlich gut leiden konnte. Zumindest so generell. Momentan war er einfach zum Kotzen, aber jeder hatte mal so eine Phase. Bei Kai war es im Moment wohl die Eifersucht auf Serdall und der Schmerz, dass er in der Liebe schon wieder in gewisser Hinsicht betrogen wurde. Daniel selbst hatte auch gerade erst so eine Zeit hinter sich, nämlich genau die, als er mit Kai beziehungstechnisch angebandelt hatte. Ließ man das außer acht, war Kai nun mal ein ziemlich netter Kerl. Und verdammt nochmal, Daniel hatte sich wirklich eine Freundschaft gewünscht, da er mit Kai andere Dinge machen konnte als eben mit Serdall. Das hieß nicht, dass er es bei seinem Freund total vermisste, dass er nicht der Partygänger war. Dafür hatte Serdall viele andere Qualitäten. Trotzdem wollte Daniel eben ab und an mal weggehen und wenn sein Freund lieber zuhause blieb, was sprach dagegen, wenn er dann mit jemand anderem ging? Das Leben bestand nun einmal nicht nur aus einem anderen Menschen. Serdall hatte noch seinen Sohn und er hatte eben ein paar Kumpel. Oder jetzt eben einen Kumpel. Aber das Thema hatte sich jetzt ja erledigt. Das, was Daniel an Serdalls Worten allerdings am meisten beschäftigte, war die Tatsache, dass er es so darstellte, als wäre er ein total schlechter Mensch, der Daniel in seinem Leben nur behinderte und unglücklich machte. Alles traf zu, aber das garantiert nicht. Wie konnte Serdall auch nur einen Moment daran zweifeln, dass er nicht das Beste war, was Daniel in seinem Leben jemals passieren konnte? Hatte er nicht gesehen, wie schlimm es für Daniel war, von ihm getrennt zu sein, als er sich die Pulsadern aufgeschlitzt hatte, weil Serdall ihm bei der Sache mit Kai nicht geglaubt hatte und sich von ihm trennen wollte? Und trotzdem sagte er sowas. „Wie kannst du nur so über dich selbst reden?“, wollte Daniel mit erstickter Stimme wissen und lehnte seinen Kopf kraftlos gegen das Fenster. „Wie kannst du nur glauben, dass du schlecht für mich sein könntest? Ich habe in den letzten knapp zwei Jahren die schönste Zeit meines Lebens gehabt und du stellst es so dar, als ob ich mich in der Zeit nur gequält hätte. Es ist im Moment schwierig. Es ist viel Scheiße passiert, angefangen von der Aktion deines Bruders bis hin zu meiner Kurzzeitbeziehung mit Kai. Aber an nichts von dem bist du Schuld, sondern es waren andere, die für diese Krisen gesorgt haben. Also warum gibst du dir selbst die Schuld?“ Serdall strich sich fahrig übers Gesicht, bevor Daniel matt ansah. „Was soll ich denn sonst denken? Daniel, ich weiß echt nicht mehr, was ich denken soll. Mir ist bewusst, dass du den Sex mit Kai genossen hast, dass du gerne ausgehst und dir Kai womöglich gerne Gesellschaft leistet. Und wären nicht die Drogen gewesen“, Serdall holte kurz tief Luft, um die eiserne Hand zu vertreiben, die sich schmerzlich um sein Herz legen wollte, „vielleicht hättest du dich dann wirklich in Kai verliebt? So hast du einer Beziehung zu ihm ja auch schon zugestimmt, oder nicht?“ Er musste die Augen schließen, als alle Anspannung von ihm fiel und er einfach in sich zusammensackte. Langsam aber sicher wurde ihm das einfach alles zu viel. „Ich glaube, ich habe dir das mit Kai zu schnell verziehen“, hauchte er kraftlos, ohne den Blick auf Daniel zu richten. Daniel spürte wie sein Magen sich schmerzhaft zusammenzog. Serdall bereute also, dass er ihm verziehen hatte. Er war noch lange nicht über Daniels Betrug hinweg, wenn er es je sein würde. Reglos starrte Daniel auf seine ineinander verkrallten Hände, bevor seine Stimme leise und reichlich wacklig durch den Wageninnenraum glitt. „Ich hätte erst gar nicht mit Kai geschlafen, wenn die Drogen nicht gewesen wären. Wie hätte ich mich dann in ihn verlieben sollen? Weiß der Himmel, warum ich dieser Beziehung zugestimmt habe, aber es war nichts Anderes als freundschaftliche Sympathie im Spiel.“ Er hob seinen Blick und wollte eigentlich Serdall ansehen, starrte stattdessen allerdings aus dem Fahrerfenster. Wären sie doch nur nie hierhergekommen. Warum hatte er nur darauf bestanden? „Was schwebt dir jetzt vor? Du willst keine Auszeit oder sowas... oder?“, fragte er Serdall zittrig. „Eine Auszeit?“, entsetzt sah Serdall zu Daniel. „Damit du dir wieder irgendwelche Drogen nimmst, oder wie? Dich an den nächsten Kerl wirfst?“ Serdall schüttelte nachdrücklich den Kopf. Trotz seinem aufgewühlten Inneren wusste er, dass er Daniel nicht wieder verlieren wollte. Er biss sich hart auf dir Unterlippe. „Verstehst du nicht, dass ich einfach nicht einsehen kann, dass du gerade mit diesem Kai befreundet sein willst? Mit dem du mich betrogen hast? Was soll ich denn denken, wenn du unbedingt darauf bestehst, bei ihm zu sein? Dann fühle ich mich einfach hintergangen, okay?“ Wieder nur matt den Kopf schüttelnd schnallte sich Serdall an und startete den Motor. Er wollte einfach nur nach Hause, bevor er nicht mehr in der Lage war sie hinzufahren. Dann würde er sehen, was er tun würde. Er konnte Daniel nicht vorschreiben mit wem er sich traf, aber bei gerade dieser einen Person wurde es ihm schmerzlich bewusst, dass für Daniel in ihrer Beziehung etwas grundlegend falsch laufen musste. Und das konnte nur Serdall sein. Daniel zog es vor, vorerst zu diesem Thema zu schweigen. Er musste seine Gedanken erst einmal ordnen, bevor er sich zu diesem Thema äußerte. Er musste zugeben, dass er sich noch nie in dieser Richtung Gedanken über Serdalls Gefühle gemacht hatte, als Daniel den Wunsch äußerte, trotz allem eine Freundschaft zu Kai zu pflegen. Wenn er sich mal in Serdalls Situation hineinversetzte, wenn Serdall ihn betrogen hätte und dann noch mit dem Kerl befreundet sein wollte, wenn trotz allen Beteuerungen zumindest gedanklich immer wieder die Gefahr bestand, dass es eben doch mehr als zu einer Freundschaft kam, das würde ihn irre machen. Warum hatte er nicht früher mal aus dieser Perspektive gedacht? Während Serdall den Wagen zurück nach Hause lenkte, war sein Kopf seltsam leer. Er hatte sich schon den ganzen Tag viel zu viele Gedanken gemacht und es tat ihm einfach nur weh, wenn er noch irgendwelche neue Schlüsse wegen Daniel zog. Er hatte einfach das Bedürfnis sich irgendwie abzureagieren, denn langsam machte sich Wut in ihm breit. Wut auf Kai, Daniel und auch Fei, wegen diesem schwachsinnig unpassenden Geschenk. Sofort, nachdem er den Wagen in der Auffahrt vor seinem Haus geparkt hatte, verließ er wortlos das Auto, sich bewusst, dass Daniel ihm folgen würde. Er streifte sich im Flur achtlos die Schuhe von den Füßen und warf seinen Mantel auf einen Haken, ehe er schon nach oben ging. Langsam versuchte er einfach die Tatsachen herauszukristallisieren, die wie Dornen ihre Beziehung belasteten. Das war zu allererst Daniels Betrug, der Drogenkonsum, Daniels unangebrachter Wille zur Freundschaft zu Kai und Serdalls eigene seltsame Art, die Daniel manchmal ziemlich zu belasten schien. Serdall wartete, dass sein Freund in den Raum trat und schloss die Tür hinter ihm ab, ehe er unschlüssig im Zimmer auf und ab ging. Er hatte keine Ahnung, wie er jetzt anfangen sollte, oder überhaupt. Seit der Stille, die im Wagen zwischen ihnen gelastete hatte, wartete er eigentlich nur auf Daniel, dass er mit ihm sprach. Unsicher stand Daniel mitten im Raum und fühlte sich auf seltsame Art und Weise eingesperrt. Die Stimmung war derart angespannt, dass ihm eine Gänsehaut den Rücken hinunterlief und er wollte eigentlich nichts lieber, als dieser Atmosphäre einfach zu entkommen. Er war verwirrt. Was wollte Serdall jetzt? Daniels schlimme Befürchtung, dass sein Freund vielleicht an eine Auszeit dachte, hatte Serdall mit harten Worten niedergeschmettert. Daniel war an und für sich recht glücklich, dass er Serdalls Meinung in dem Punkt wohl negieren konnte. Nie wieder würde er anfangen Drogen zu nehmen, da er genau wusste, dass es für sie beide keine Zukunft mehr gab. Trotzdem blieb jetzt die Frage, auf was Serdall wartete. Im Auto hatte es etwas wie eine Aussprache gegeben, zumindest hatte Daniel einige Punkte, die in Serdalls Kopf herumgeschwirrt waren, nichtig erklärt. Das ganze Thema um Kai herum schien ihn extrem zu belasten, aber wie sollte Daniel damit anfangen? Wäre es nicht einfacher, wenn Serdall selbst dieses für ihn schlimme Thema ansprach? „Du hattest recht. Es war eine dumme Idee, heute zu Kai zu gehen“, fing Daniel nach einiger Zeit zögernd an. „Jetzt vielleicht“ zischte Serdall wütend und sah Daniel grimmig in die Augen. Er verzog den Mund zu einem blutleeren Strich, indem er seine Lippen hart aufeinander presste. Er war kurz davor wirklich furchtbar auszurasten und jegliche Beherrschung fahren lassen. Vorerst bemühte er sich jedoch ruhig zu bleiben. Er vergrub seine Hände in den Hostentaschen und begann unruhig auf und ab zu gehen, um so sich wenigstens ein wenig zu beruhigen. „Du sagst das doch nur, weil ich jetzt so austicke“, meinte er grollend und sah kurz zu Daniel, der sich unwohl auf das Bett gesetzt hatte. Warum war er nur plötzlich so unendlich aufgebracht? Er hatte Daniel doch eigentlich verziehen… Eigentlich, aber da war Daniel unendlich verzweifelt gewesen, hatte ihn zu einer Antwort gedrängt… Serdall hatte es doch geahnt, dass Daniel dadurch vielleicht das Ganze zu leicht nehmen würde. „Weißt du warum ich denke, dass ich dir viel zu schnell vergeben habe?“, fragte Serdall leise und blieb abrupt vor Daniel stehen. „Weil du das jetzt alles viel zu leicht nimmst, besonders mit Kai. Ich hätte ihn erschießen sollen, als ich die Chance dazu hatte. Dann wäre dir wenigstens klar gewesen, dass ich ihn nie wieder in deiner Nähe sehen will, dass es mir unendlich wehgetan hat, dass du mich betrogen hast, dass ich dich am liebsten windelweich dafür schlagen möchte…“ Kurz wandte Serdall den Blick ab, ehe er weiter auf Daniel zuging und ihn am Kragen packte. „Du nutzt es aus, dass ich dich so schrecklich liebe, dass ich nicht anders kann, als dir jeden Wunsch zu erfüllen.“ Seine Hand lockerte sich, ehe sie wieder von Daniels Kragen abfiel und kraftlos neben Serdalls Körper hing. „Ich weiß nicht mehr, was ich von mir halten soll“, meinte er leise und legte eine Hand gegen seine Stirn. „Ich hätte dich nie zurücknehmen dürfen“, meinte er halblaut und versuchte den Schwindel in sich zu unterdrücken, der sich rasend schnell auszubreiten schien. Langsam ging er zur anderen Bettseite und setzte sich keuchend hin. Schwer schluckte Daniel an dem Klos, der sich in seinem Hals gebildet hatte. Er hatte das Gefühl, zu ersticken. Mühevoll drängte er die Tränen zurück, die sich in seinen Augen zu sammeln begannen. Es war schlimm, so extrem schlimm diese Worte aus Serdalls Mund zu hören. In einem Anflug von plötzlichen Zynismus fragte Daniel sich, warum sie hier noch saßen, wenn Serdall doch dachte, dass er Daniel lieber abserviert hätte, nachdem er ihn mit Kai betrogen hätte, doch diese kurzen Gedanken wurden von der Welle Traurigkeit und Schock hinfort gespült, die sich im nächsten Moment über Daniel ausbreitete. „Ich muss Kai nicht wiedersehen“, meinte er schwach und mit heiserer Stimme. Etwas Besseres fiel ihm im Moment nicht ein und Daniel könnte sich für seine Sprachlosigkeit verfluchen. „Ich meine, ich habe gesehen, wie er drauf ist“, fügte er noch schnell hinzu. Das war alles? Serdall fragte sich wirklich, ob Daniel überhaupt eine Ahnung hatte, wo sie im Moment gerade standen, was Serdall gerade durch den Kopf ging. Sein Freund schien die Situation rein gar nicht zu verstehen, dass es schon lange nicht wirklich um Kai, sondern um ihn ging. Und so wie Daniel sich gerade anhörte, war es für ihn ganz einfach Kai nicht zu sehen, was ihm reichlich früh einfiel. Serdall fühlte sich richtiggehend bescheuert und unverstanden. Kopfschüttelnd stand er auf und ging zur Balkontür um nachdenklich durch das Glas zu schauen, wo sich schon ein reges Schneetreiben aufwirbelte. Er schwieg einfach auf Daniels Worte hin. Für ihn gab es dazu nichts mehr zu sagen. Er hatte seinen Standpunkt mehr als einmal deutlich gemacht heute und mittlerweile ging ihm auch die Willenskraft aus. Vielleicht war eine Auszeit keine schlechte Idee. Dann würde er wenigstens sehen, ob Daniel wirklich gewillt war mit ihm zusammenzubleiben. Serdall hatte eigentlich gedacht, dass irgendwo noch der alte Daniel war, der wirklich um sie gekämpft hatte, doch scheinbar gab es für seinen Freund keinen Grund sich um Serdall zu bemühen, obwohl er es war, der den Fehler begangen hatte. Seufzend lehnte Serdall seine Stirn an das kühle Fenster. Was dachte er hier für einen Mist zusammen? Zählte denn für ihn nicht mehr, dass Daniel ihn liebte? Doch, musste Serdall sich eingestehen, wenn er sich wirklich sicher sein konnte, dass Daniel es tat. Aber mehr als sich selbst fast umbringen konnte Daniel doch nicht als Beweis bringen wieso zweifelte Serdall denn nur schon wieder? Kai, dachte sich Serdall finster. Weil es einfach an ihm nagte, was dieser Kerl zu ihm gesagt hatte, vorhin und auch damals. Das Schweigen traf Daniel mehr, als es irgendein Kommentar von Serdall hätte tun können. Wie sollten sie diese Situation klären, wenn Serdall nicht sagte, was er dachte? Aber eigentlich hatte er das schon getan, stellte Daniel zögernd für sich fest. Serdall hatte Daniel gesagt, was ihm gegen den Strich ging und das war in erster Linie sein Verhalten Kai gegenüber, obwohl Serdall ihm mehrmals gesagt hatte, dass er sich eigentlich wünschte, dass es überhaupt kein Verhalten Kai gegenüber mehr gab, weil er in Daniels Leben einfach keine Rolle mehr spielen sollte. Und trotzdem hatte Daniel sich über diesen Wunsch hinweggesetzt. Daniel stand auf und ging unsicher zu Serdall hinüber. Er war nicht gut in solchen Situationen. Oft machte er alles noch schlimmer, aber es wäre wohl am Fatalsten, wenn er einfach nur dumm sitzen bleiben würde. Seufzend trat er neben Serdall und sah ebenfalls aus dem klaren Glas hinaus in das dichte Schneetreiben. „Bereust du es?“, fragte er leise. „Bereust du, dass wir nach der ganzen Sache wieder so schnell zusammengekommen sind? Ich meine, ich habe dir nicht wirklich eine andere Wahl gelassen, oder?“, meinte Daniel zynisch und dachte an seinen Stunt mit dem aufgeschlitzten Handgelenk. „Ich will dich nicht verlieren“, fuhr er fort und holte für seine nächsten Worte einmal tief Luft. „Aber wenn du meinst, dass du irgendwie Zeit zum Nachdenken benötigst…“ Daniel stockte. Er wollte keine Auszeit. Wer wusste schon, was Serdall in der Zeit alles durch den Kopf gehen würde? „Ich will dich nicht ausnutzen. Die angestrebte Freundschaft mit Kai war so ein extremer Punkt, das ist mir jetzt auch klar geworden. Und wenn du sagst, dass ich es noch auf andere Art und Weise tue, weil ich zum dir zum Beispiel diese Zeit zum Nachdenken eigentlich nicht einräumen will…“ Daniel schwieg wieder und folgte mit seinen Augen starr den herunterfallenden Schneeflocken. „Ich hab dir doch auch keine Wahl gelassen“, murmelte Serdall leise und verfluchte immer noch insgeheim Fei, der Daniel berichtet hatte, was er beabsichtigt hatte zu tun. Zaghaft fasste Serdall nach Daniels Hand und nahm sie in seine. Kurz strich Daniel mit dem Daumen über seinen Handrücken. Allein bei dieser Berührung wurde Serdall wohler und er fühlte sich nicht mehr so schrecklich bescheuert. „Aber ich bereue es schon ein wenig“, meinte er vorsichtig und sah weiterhin starr hinaus. „Eine Auszeit halte ich jedoch für total idiotisch. Ich liebe dich und ich habe mich für dich entschieden, trotz der ganzen Sache, nur“, Serdall stockte leicht und sein blaugrünen Augen wanderten unstet über den Balkon vor sich, „bin ich unsicher. Was siehst du in mir, was in Kai? Warum ist er dir nur so verdammt wichtig?“ Er seufzte leise und drehte sich leicht, sodass nun seine Schulter gegen die Glastür lehnte und er Daniel ansehen konnte. „Ich frage mich die ganze Zeit, was du an mir vermisst, was er dir womöglich geben könnte und komme nur zu den Punkten, die er vorhin ausgesprochen hat. Der Sex und deine Freizeit, die du fast immer bei mir fristest. Ich kann nicht alles an mir ändern…“, meinte er halblaut und schloss die Augen. Er wollte nicht, dass Daniel unzufrieden war, dass er sich unwohl oder schlecht mit ihm fühlte. Das Einzige, was er wollte war, dass sein Freund glücklich war, wenn das mit Serdall nicht ging… Oh, Serdall wollte sich das gar nicht ausmalen. Allein diese kleine Berührung ihrer Hände ließ Daniel wieder etwas Kraft schöpfen. Andererseits wurde er auch dadurch auch ziemlich sentimental und konnte nichts dagegen tun, dass eine Träne seine Wange hinunterlief. Schnell wandte er das Gesicht ab und tat so, als würde er seinen Blick durch eines der anderen Fenster schweifen lassen, damit Serdall das nicht sah. „Du sollst auch gar nichts an dir ändern“, meinte Daniel mit versucht fester Stimme. „Du bist der Mann, den ich liebe, gerade durch deine Art und wohl auch durch deine Macken. Ich kann mir nicht vorstellen, dich wieder zu verlassen. Kai ist… war jemand zum Spaß haben. Ich weiß, dass du dich nicht in allem ändern kannst. Das kann ich ja auch nicht. Kai war wohl irgendwie das, was mir bei dir fehlte“, gestand Daniel ehrlich. „Recht locker und eben auch jemand, der in Diskos geht und Party macht. Jedoch wiegt das in keinster Weise das auf, was ich an dir habe. Es ergänzt es höchstens. Deswegen habe ich wohl auch darauf bestanden, dass wir ihn besuchen gehen.“ Serdall versuchte die hochkochende Wut in sich niederzuringen und ballte seine freie Hand zur Faust. Es gab keinerlei Grund zur Panik. Daniel hatte sich für ihn entschieden und Kai war… Serdall verzog grimmig das Gesicht. Kai war genau das, wonach sich Daniel wohl gesehnt hatte. Serdall schüttelte wirr den Kopf. Nein, danach würde sich Daniel nicht sehnen, oder? Gut, er wusste, dass Dustin für Daniel wohl einen ähnlichen Stellenwert hatte, dass sein Schwager locker war, eben ein simpel gestrickter Mensch, der das Leben genoss und sich nicht zu viele Gedanken um die Zukunft machte. Aber Dustin war nicht wie Kai. Kai war ein Drogendealer und immer noch in Daniel verliebt. „Und du willst immer noch seine Freundschaft“, stellte Serdall leise fest. Er sah wieder zu Daniel, der noch starr aus dem Fenster blickte, die Augen leicht feucht. „Du willst diese Freundschaft insgeheim immer noch, auch wenn du es jetzt abstreiten wirst, um mich zu besänftigen“, konstatierte er leise und löste seine Hand von Daniels, um einen Schritt von ihm fortzugehen, ehe er sich umwandte und wieder auf ihr Bett setzte, da er langsam seinen Beinen nicht mehr traute. Kurz schloss Daniel die Augen und atmete einmal tief durch. „Ja“, antwortete er dann ehrlich. „Irgendwie schon. Wenn er so ist wie heute, dann kann ich mit gutem Gewissen mit nein antworten, aber wenn er irgendwann wieder von seinem Trip runterkommt, dann schon. Ich will nichts weiter mit ihm machen, als um die Häuser zu ziehen, eben mal in irgendeine Kneipe zu gehen, etwas zu tanzen, was weiß ich. Ich weiß, dass du das nicht magst und will nicht, dass du dich dazu zwingst, nur damit ich zufrieden bin. Allein ist es aber eben ziemlich langweilig und öde. Aber vielleicht könnte ich einfach Dustin mal fragen. Ich weiß nicht.“ Irgendwie wusste er gerade gar nichts mehr. Serdall nickte abgehackt. Tief in ihm drin hatte er sich gewünscht, dass Daniel es abstritt, dass er auf ihn zukommen würde, ihn einfach in die Arme schloss und sagte, dass Kai total egal war. So kann man sich irren, dachte er bitter und schluckte an dem Knoten, der sich in seine Luftröhre schnüren wollte. Er richtete seine Augen auf den Boden, als er sich schwer mit den Ellen auf seine Oberschenkel stützte. Die Hände knetend suchte Serdall nach Worten. „Daniel“, meinte er ernst, „ich kann das so nicht mehr.“ Serdall hob das Gesicht an und sah zu seinem Freund. „Vielleicht ist es doch besser, wenn wir eine kurze Pause einlegen, in der wir uns beide darüber klar werden, was wichtig ist.“ Einmal tief durchatmend wandte er den Blick ab, als Daniel ihn entsetzt ansah. „Ich komme einfach nicht mit dem Gedanken klar, dass dieser Kai dir irgendetwas bedeutet, okay?“, meinte er leise und strich sich fahrig durch die noch zu langen, schwarzen Haare. „Wir legen eine Pause ein. Du kannst hier weiter wohnen, nur bitte ich dich in deinem Zimmer zu schlafen, bis das geklärt ist.“ Nicht verstehend schüttelte Daniel den Kopf. Eben hatte Serdall noch gesagt, dass er keinesfalls eine Auszeit wollte und jetzt das. Kälte schien sich in Daniel auszubreiten und er hatte Mühe richtig zu atmen. „Da ist nichts zwischen Kai und mir“, versuchte Daniel verzweifelt die Situation doch noch rumzureißen. „Soll ich dich anlügen und sagen, dass mir Kai total egal ist, wenn ich in ihm eben doch in normalem Zustand sowas wie einen Kumpel sehe? Aber er ist nur jemand, mit dem man mal abends weggehen kann, nicht mehr. Verdammt, wenn es das ist, was dich stört, dann sehe ich ihn nie wieder. Vielleicht geht Dustin wirklich mit mir am Wochenende auf Tour oder ich frage irgendwen von meinen Kommilitonen, die mir über den Weg laufen.“ Serdall schüttelte den Kopf. „Ich weiß, dass zwischen dir und Kai nichts mehr ist“, meinte er leise und fuhr sich erneut durch die schwarzen Haare. Daniel schien absolut nicht zu sehen, worum es Serdall ging. „Denk die Tage einfach einmal darüber nach. Über uns, die ganze Sache und dann werden wir sehen. Ich brauch jetzt wirklich ein bisschen Zeit für mich, in der ich ohne dich ein wenig klarer werden kann. Vielleicht ist es auch genau das, was du brauchst“, sagte er laut und gefasster, als er innerlich war. „Von mir aus triff dich auch mit Kai oder was weiß ich. Hauptsache du machst keine Dummheiten“, entgegnete Serdall seinem Freund und legte leicht den Kopf schief. „Und jetzt lass mich bitte allein“, befahl er Daniel und richtete dabei wieder seine Augen auf seinen Freund. Fassungslos schüttelte Daniel den Kopf. Es war gerade wieder alles gut gewesen, dann kam schon wieder der nächste Störfaktor, dieses Mal in der Gestalt von Kai. Was war nur momentan los zwischen ihnen? Was genau fand Serdall so schlimm, dass er sich kurzzeitig von ihm trennte? Was genau hatte Daniel nicht mitbekommen? Serdalls stechender Blick ließ ihn schließlich wirklich umdrehen und das Zimmer verlassen. Immer noch ungläubig starrte er auf die nun wieder geschlossene Tür, bevor ihn die Trauer überwältigte. Ohne Halt liefen Daniel nun die Tränen über das Gesicht, doch er unterdrückte jeden Laut, während er die Treppe hinunterging. Er wusste nicht, was er machen sollte, in so vieler Hinsicht. Erst einmal hatte er keine Ahnung, wie er die Sache mit Serdall wieder hinbiegen sollte. Das war wohl die Schlimme von allem. Außerdem hatte er keine Ahnung, ob er gehen oder bleiben sollte. Er könnte es nicht ertragen, wieder so lange gänzlich von Serdall getrennt zu sein, andererseits war es für ihn genauso unerträglich, ihn in dieser Situation jeden Tag zu sehen und neben ihrem Schlafzimmer allein in seinem eigenen Raum zu liegen. Schwer lehnte Daniel sich unten im Flur gegen die Wand und lehnte seinen Kopf gegen die kühle Tapete. Was sollte er nur machen? „Daniel?“ Dustin legte nachdrücklich eine Hand auf die Schulter des Schwarzhaarigen. Er kam gerade mit Ethan aus dem Wohnzimmer. Mit einem Kopfnicken bedeutete er seinem Freund nach oben zu gehen, was der Rothaarige nach einem kurzen Kuss auf Dustins Wange auch tat. Seufzend schlang Dustin einen Arm um Daniels Taille und führte ihn ins Wohnzimmer, wo sie im Moment ungestört sein würden. „Was ist denn los?“, fragte er Daniel, als er sie zum Sofa geführt hatte. „Ich weiß es nicht“, erwiderte Daniel leise und erstickt. Erschöpft lehnte er sich an Dustin und krallte sich Halt suchend in dessen Pullover, als sie sich hingesetzt hatten. Er war so froh, dass Dustin mal wieder genau im richtigen Augenblick gekommen war. Ab und an fragte er sich, woher er dieses Gespür hatte, aber dass er es besaß, verschaffte Daniel mal wieder pure Erleichterung. Er brauchte jetzt jemanden zum Reden, jemanden, der Serdall kannte und die Situation zumindest in Ansätzen nachvollziehen konnte. Dustins Augenbrauen zogen sich nachdenklich zusammen. Warum war Daniel denn so aufgelöst? Ein schrecklicher Gedanke kam ihm, als er an das Gespräch von Serdall am heutigen Morgen dachte, doch er versuchte ruhig zu bleiben, um Daniel nicht noch mehr aufzuregen. „Ist was mit Serdall?“, versuchte er eine Unterhaltung in Gang zu bekommen. Beruhigend strich Dustin durch Daniels Haare und über seinen Rücken. Daniel seufzte, holte zittrig Luft und nickte dann. Er wischte sich so gut wie möglich die Tränen aus den Augen und versuchte sich zu beruhigen. Mal wieder sagte er sich, dass er viel zu nahe am Wasser gebaut war und dass es niemandem half, wenn er Badewannen vollheulte. „Er braucht eine Auszeit“, erklärte Daniel. „Wovon?“, fragte Dustin sofort perplex, als es ihm bei Daniels Blick wie Schuppen von den Augen fiel. „Eine Beziehungspause?“, fragte er überrascht und schüttelte ungläubig den Kopf. „Warum denn das? Wegen diesem Kai?“ „Ich weiß es nicht“, meinte Daniel ziemlich verzweifelt und vergrub seinen Kopf in den Händen. „Ich dachte es erst, aber scheinbar liege ich da zumindest teilweise vollkommen falsch. Da ist irgendwas, was ihn stört, aber ich habe keine Ahnung, was genau es ist. Und bis ich das nicht herausgefunden habe…“ Daniel schwieg. Den Rest konnte Dustin sich wohl denken. Dustin verzog abschätzig den Mund. Sowas war nicht Serdalls Art und das verhieß schon nichts Gutes. „Dann solltest du mal scharf nachdenken“, rutschte es Dustin versehentlich etwas zu scharf heraus und er biss sich auf die Lippe. Das war jetzt wirklich kein angebrachter Kommentar gewesen. „Daniel“, flüsterte er versöhnlicher, „meinst du nicht, dass es nötig ist, dass ihr euch etwas zurücklehnt und die ganze Sache mit Fei mal verarbeitet? Serdall hat dich, ganz gegen seine Art, wieder zu sich genommen. Wenn er so gehandelt hätte, wie er seine Prinzipien hält, hätte er dich eigentlich nie mehr angucken dürfen. Sei doch froh, dass er sich die Mühe mit dir macht, auch wenn du schon wieder unmögliche Dinge von ihm verlangt hast, wie es scheint. Meiner Meinung ist es vielleicht gar nicht schlecht, dass du dir mal darüber klar wirst, was die letzten Wochen eigentlich geschehen ist.“ „Falsch!“, zischte Daniel aufgebracht. „Ich weiß verdammt nochmal sehr gut, wie beschissen ich mich verhalten habe und was ich Serdall damit angetan habe. Wir hatten das geklärt, es war wieder alles gut. Was jetzt anders war ist einfach, dass ich Kai wieder ins Spiel gebracht habe. Aber das scheint es eben nicht zu sein, was Serdall in erster Linie zu stören scheint. Außerdem habe ich keine Ahnung, zu was für Gedanken und Schlüssen Serdall während dieser Trennungsphase kommt.“ Aufgebracht fuhr sich Daniel durch die Haare und sah Dustin dann scharf an. „Du weißt was“, stellte er fest. „Dein Kommentar eben, dass ich scharf nachdenken soll, lässt das mehr als vermuten. Was übersehe ich?“ Dustin schüttelte den Kopf. „Du weißt wohl mehr als ich“, meinte er halblaut und zuckte kurz mit den Schultern. „Serdall hasst Kai einfach, was wohl eindeutig berechtigt ist, oder nicht? Und ich verstehe auch diese Auszeit, weil er wohl nicht darüber fertig werden kann, dass du immer noch an diesem Kai hängst. Er ist heut morgen regelrecht ausgerastet, als wir miteinander gesprochen haben. Ehrlich, Daniel, es ist wirklich unfair von dir, Kai überhaupt noch zu erwähnen. Du weißt doch wie emotional Serdall ist.“ „Ich habe ihm gesagt, dass ich mit Kai nichts mehr zu tun haben werde, aber das ist ihm auch nicht recht. Im Gegenteil. Er hat mich sogar aufgefordert, dass ich ihn während unserer Auszeit ja besuchen könnte“, begehrte Daniel auf, wobei er dachte, dass zumindest der letzte Punkt eher ironisch gemeint war. Wenn Serdall wirklich gegen Kai war, war wohl das Letzte, was er wollte, dass Daniel ihn weiterhin sah, oder? Ungläubig schüttelte Dustin den Kopf. Daniel war gerade ziemlich stur. „Wahrscheinlich weiß er einfach, dass du eigentlich doch gern mit Kai befreundet sein möchtest? Vielleicht ist es ja das, was ihn so verletzt?“, fragte Dustin schneidend und sah Daniel ernst in die Augen. „Und Serdall hat es vielleicht ernst gemeint, dass du zu Kai gehen solltest. Wahrscheinlich wird dir dann klar, was du an Kai und was du an Serdall hast. Ich glaube fast, dass Serdall möchte, dass du mal in dich horchst, was du für Kai wirklich empfindest. Er will alles, aber nur nicht, dass du irgendwie unglücklich bist.“ Daniel ließ ein Geräusch halb Schrei und halb Stöhnen hören, bevor er Dustin einen wütenden Blick zuwarf. „Ich empfinde nichts für Kai!“, rief er aufgebracht. „Warum denkt ihr alle, ich würde irgendwas für ihn empfinden? Ich sehe in ihm nicht mehr als vielleicht einen Kumpel, mit dem man am Wochenende mal in die Disko gehen kann. Das war es! Genauso wenig wie mich Serdalls Familie stört, macht es mir jetzt was aus, dass Kai Drogen verkauft. Klar ist das scheiße, aber es ist seine Entscheidung und er muss damit klarkommen. Zwischen mir und ihm wird nie wieder was sein. Wenn es die Tatsache ist, dass ich mit ihm geschlafen habe oder dass er so eine Scheiße gemacht hat, um mich nicht wieder zu verlieren, dann lasse ich das mit ihm, aber ich scheine es keinem Recht machen zu können und keiner trifft eine klare Aussage, damit ich überhaupt weiß, was ich tun muss, um mich zu bessern!“ Freudlos lachte Dustin auf und konnte Daniel nur abschätzig in die Augen sehen. Er atmete einmal tief durch und konnte dann nur mit den Schultern zucken. „Wenn alles so einfach und unkompliziert wäre, müsste Serdall sich ja nicht dazu gezwungen fühlen, eine Pause mit dir einzulegen oder?“, fragte er zischend und verschränkte die Arme. „Wenn es aber umgekehrt wäre, wenn Serdall sich eine Freundin suchen würde, mit der ins Konzert oder Theater geht, dann wäre die Hölle los, wie ich dich kenne. Besonders dann, wenn Serdall sogar schon mal mit dieser Frau geschlafen hätte, obwohl ihr zusammen wart.“ Dustin stand kopfschüttelnd auf und sah zu Daniel. „Scheiße, seit wann verstehst du denn Al nicht mehr? Er hat für dich alles getan, sogar Louise endlich losgelassen und so willst du es ihm danken? Mit einer Freundschaft zu der Person, die Serdall wohl im Moment am meisten verachten muss? Klar sagst du jetzt, dass du diese Freundschaft lassen könntest, aber das hätte dir verdammt nochmal auch eher einfallen können, oder? Bevor du mit Serdall diesen Typen besuchen musstest und Serdall mit dem ganzen Mist nochmal konfrontierst“, zischte Dustin wütend. Er tippte Daniel gegen die Brust. „Serdall hat dir verziehen, du hättest im Gegenzug den Kontakt zu Kai abbrechen können. Hast du nicht. Das war scheiße“, erklärte Dustin energisch und schüttelte wieder den Kopf. „Und dass ich dir das erst einbläuen muss zeigt auch, dass du dir mal wieder alles viel zu einfach gemacht hast.“ Daniel sah Dustin nur ziemlich sprachlos an. Seine Gedanken fuhren gerade Achterbahn während er versuchte, das Alles zu verarbeiten. Erschöpft lehnte er sich in die Polster zurück. „Ich war fertig, nachdem Serdall mich von Kai weggeholt hatte“, versuchte Daniel sich Dustin und auch sich selbst gegenüber zu erklären. „Und ich war total erleichtert, als sich dann doch wieder alles eingerenkt hat. Ich weiß nicht, nach dem klärenden Gespräch mit Serdall habe ich wohl gedacht, dass ich jetzt alles haben könnte. Die Sache mit Kai war für mich irgendwie gegessen. Keine Ahnung. Irgendwie habe ich nicht wirklich wahrgenommen, wie schlimm das für Serdall sein muss.“ Daniel schloss frustriert über seine eigene Blindheit die Augen. „Mir würde es nichts ausmachen, wenn Serdall abends in Begleitung weggeht, wenn es beispielsweise Yoshiko wäre. Ich weiß, dass ich bei den beiden nicht zu befürchten habe und ihnen in der Hinsicht vertrauen kann, aber wenn eben doch was gewesen wäre… Du hast recht, ich würde es nicht wollen. Es ist schön, wenn Serdall jemanden hat, mit dem er seine Interessen teilt, die er mit mir nicht teilen kann, aber es gibt eben Grenzen.“ Tief atmete Daniel durch und sah Dustin dann verzweifelt an. „Trotzdem weiß ich nicht, was ich machen soll. Ich weiß nicht, was er von mir erwartet, auch wenn das alles irgendwann richtig in meinen Schädel gedrungen ist.“ „Serdall hat deswegen ein wenig bereut, dass er dir so früh alles verziehen hat“, murmelte Dustin leise, mehr zu sich selbst, als zu Daniel. Weil Daniel eben nicht eingesehen hatte, was es wirklich in seinen Augen bedeutet hatte. Vielleicht war es auch der Entzug, der Daniel das nicht so richtig realisieren lassen hatte und Serdall hatte einfach nicht mit ansehen können, wie Daniel vielleicht einfach wieder zu Kai rannte, nur um erneut an Drogen zu gelangen. Denn das wäre hundertprozentig der Fall gewesen, wenn Serdall nicht gleich eingelenkt hätte. Er biss sich kurz auf die Lippe und sah nachdenklich zu dem Schwarzhaarigen. „Ich kann dir leider auch nicht sagen, was er erwartet. Du liebst ihn, wenn du es wirklich tust, dann wirst du auch das Richtige tun, wenn es drauf ankommt. Vorerst denk ich aber, dass du diese kleine Pause als Strafe dafür sehen solltest, dass du so einen Mist verzapft hast.“ Dustin ging wieder zu Daniel und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Glaub mir, Serdall braucht auch ein wenig Zeit zum Nachdenken. Auch wenn ihm ein paar dumme Gedanken kommen werden, er liebt dich viel zu sehr, als dass er dich ganz gehen lassen könnte und das weißt du.“ Plötzlich begann Dustin leicht zu lächeln und setzte sich neben Daniel. „Aber spätestes nach drei Tagen ist genug der Auszeit und du solltest dir bis dahin was überlegt haben. Er erwartet wohl, dass du auf ihn zukommst, nur wäre zu früh ziemlich schlecht und würde nur Streit provozieren“, überlegte Dustin laut und beobachtete Daniel von der Seite. Daniel konnte das Lächeln nicht wirklich erwidern. Drei Tage waren drei Tage zu viel, aber er sah ein, dass es in der jetzigen Situation wohl tatsächlich das Beste wäre. Sowohl er als auch Serdall mussten sich wohl über ein paar Dinge klar werden. „Vielleicht hast du Recht, dass er mich nicht gehen lassen wird. Ich hoffe es zumindest, dass seine Gedanken nicht wieder in negative Richtungen abschwenken. Trotzdem nimmt mich das Ganze ziemlich mit und ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich in der Zeit hin soll. Einerseits möchte ich nicht nach Hause gehen, weil mir die Distanz viel zu groß wäre, aber in meinem Zimmer direkt Wand an Wand mit ihm halte ich auch nicht aus.“ Daniel sah auf die große Couch rechts von ihnen. „Ich glaube, ich richte mich einfach hier häuslich ein oder so.“ Dustin seufzte tief. „Du bist ein ganz schöner Feigling“, murrte er leise und legte wieder einen Arm um Daniels Schultern. „Aber ich glaube es würde euch beiden wohl leichter fallen die drei Tage durchzuziehen, wenn euch eine Etage trennt. Schlaf doch in Ethans Zimmer. Er überlässt dir das sicher für die Nacht, wenn du magst. Ethan schläft sowieso immer bei mir“, meinte er mit einem versauten Grinsen und dachte schon rollig an die heutige Nacht. Plötzlich hörte man Schritte auf der Treppe, bevor Taki kurz hereingestürmt kam. „Onkel Dustin, ich soll sagen, dass wir zu Mama fahren und dann Essen“, versuchte der Kleine so zu erklären, dass man sie nicht für das Abendbrot einplanen sollte. Dustin nickte und sah kurz zur Tür, in der Serdall schon in seinem Mantel stand. Taki lief wieder auf ihn zu und zog seine Schuhe an, während Serdalls Augen kurz an Daniel hingen blieben, ehe er sich abwandte und die Wohnzimmertür hinter sich zuzog. Die Haustür klappte und kurze Zeit später hörte man Serdalls Wagen aufbrummen und die Einfahrt herunterfahren. „Ich glaube, dass du Serdall die nächsten Tage nicht viel in der dritten Etage antriffst“, meinte Dustin entschieden und zog eine Augenbraue nach oben. Serdall würde diese Auszeit wohl ziemlich ernst nehmen. Nickend wandte Daniel seinen Blick von der Tür ab, aus der Serdall schon lange verschwunden war. Er wollte es am liebsten nicht zugeben, aber es hatte wehgetan, dass Serdall ohne wenigstens ein Wort des Abschieds gegangen war. Genauso wie sein Blick, der so unergründlich auf ihm gelegen hatte. Ob Serdall es schlimm fand, dass Daniel mit Dustin geredet hatte? Letzten war es ihm gegen den Strich gegangen, aber da ging es um Gespräche, die er eben nicht mit Serdall selbst führte und das hier war eines, bei dem noch nicht mal im Geringsten die Option bestand, das Thema mit seinem Freund zu diskutieren. Konnte man noch sagen, sein Freund? Sie waren noch zusammen, aber dann eben doch nicht. Stöhnend rieb Daniel sich die Schläfen. Es ging ihm außerdem gegen den Strich, dass Serdall genau jetzt zu seiner verstorbenen Frau fahren musste. Er besuchte ihr Grab regelmäßig, oft auch mit Taki oder eben allein, aber Daniel war sich ziemlich sicher, dass Serdall diesen Zeitpunkt bewusst ausgesucht hatte. Ob er ihm damit wehtun wollte, ob er sich davon Trost versprach oder was auch immer, konnte Daniel nicht sagen. Er sah Dustin wieder an. „Ich weiß nicht, ob ich so begeistert bin, euch im Nebenraum zu hören, wenn ich in Ethans Zimmer schlafe“, murrte er und versuchte seine Gefühle damit zu überspielen. „Du könntest auch Yoshiko fragen und mit ihr für die Tage tauschen“, meinte Dustin schulterzuckend und legte den Kopf schief. Er wusste, dass Ethan nicht leise sein konnte wenn sie Sex hatten und da sie Sex haben würden, konnte er Daniel verstehen. „Oder aber du schläfst in deinem Zimmer und zeigst Serdall, dass du mit dieser Pause umgehen kannst und nicht wieder wegläufst und vor ihm flüchtest“, überlegte Dustin laut und war von diesem Gedanken eigentlich ziemlich angetan. „Dann sieht er wenigstens, dass du keine Angst vor ihm und auch keinerlei Befürchtungen hast, dass eure Beziehung keine Hoffnung hat.“ „Ich habe keine Angst vor ihm“, grummelte Daniel. „Allerdings sind die Befürchtungen eben da. Du kennst ihn doch. Sobald man Serdall allein lässt fängt er an, alles und jeden infrage zu stellen. Ich weiß nicht, wie extrem es jetzt noch ist, weil es doch etwas länger her ist, seit wir in dieser Situation waren und bei Fei war ohnehin alles anders. Nur nimmt mich das alles eben ziemlich mit und in meinem Zimmer zu liegen, wenn ich genau weiß, dass er nebenan schläft. Wobei… Wenn ich hier unten schlafe, werde ich denken, dass Serdall ein paar Stockwerke über mir schläft, von daher… Ich glaube du hast recht. Es ist wohl egal, wo ich schlafe, die Gedanken bleiben.“ „Trotzdem denkt er, dass du irgendwie Angst hast“, murmelte Dustin halblaut und verzog leicht den Mund. Daniels Kampfgeist würde hoffentlich bald aus seinem Winterschlaf aufwachen. Aber erste Anzeichen gab es ja schon, dass dieser Wille noch existierte. „Es wäre einfach kindisch, wenn du ins Wohnzimmer umziehen würdest“, meinte er dann jedoch lauter und lehnte sich entspannt zurück. „Und irgendwie vertrau ich Serdall diesmal, dass er sich nicht einfach so extrem gehen lässt. Das hat er in den letzten Wochen wohl oft genug an Fei ausgelassen. Trennen kann er sich von dir nicht, sonst hätte er es längst getan. Aber“, Dustin beugte sich wieder ernst vor, „das heißt nicht, dass du es wieder auf die leichte Schulter nehmen darfst.“ „Nicht diesmal“, meinte Daniel fest. „Und auch nie wieder. Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe und dank dir weiß ich auch langsam, aus welcher Richtung dieser Mist kommt. Ich hoffe, dass es tatsächlich nur drei Tage sind. Allerdings habe ich irgendwie Schiss, dass ich eben doch nicht den richtigen Moment abpasse, um mit Serdall zu reden und alles nach hinten losgeht.“ Seufzend ließ Daniel den Kopf hängen. Nickend verschränkte Dustin seine Unterarme auf seinen Oberschenkeln und lehnte sich so vor. „Meinst du nicht, dass du dein Gefühl dir sagen wird, wann Serdall dich braucht? Hast du darauf die letzten Tage mal geachtet? Serdall beobachtet? Ich sehe Ethan es an, wenn er etwas unbedingt möchte, wenn er etwas auf dem Herzen hat. Das hat was mit Aufmerksamkeit und Liebe zu tun. Ich glaube, das hat bei dir und Serdall ziemlich gelitten, denkst du nicht auch?“ Dustin war gerade über sich selbst verwundert. Er hätte vor zwei Jahren auch nie gedacht, dass er so über seine Beziehung mit Ethan reden würde. Glücklich begann Dustin wieder zu lächeln. Er war so froh, dass alles mit seinem Freund so wunderbar lief, auch wenn dass Daniel gegenüber gerade ziemlich gemein war, konnte er sich den Gedanken nicht verwehren. Daniel schnaubte auf Grund von Dustins Lächeln. Toll, wenn er ihm demonstrieren musste, wie es in einer glücklichen Beziehung zu laufen hatte. Allerdings wusste Daniel, dass er Dustin damit Unrecht tat und ignorierte den glücklichen Gesichtsausdruck einfach. „Du hast recht“, gab er seufzend zu. „Früher wusste ich wenigstens meistens, wenn etwas nicht gestimmt hat aber in letzter Zeit war ich da wohl ziemlich ignorant. Wobei das wohl zumindest ein wenig auf Gegenseitigkeit beruht hat.“ Daniel dachte an die vielen Dinge, über die er mit Serdall nicht geredet hatte, weil er mit negativen Reaktionen gerechnet hatte. „Wir müssen wohl echt sowas wie einen Neuanfang machen. Und jetzt“, Daniel stand abrupt auf, „lass uns Abendessen machen. Ich möchte ehrlich gesagt nicht in die Verlegenheit kommen, dass wir noch nicht fertig damit sind, wenn Serdall und Taki wiederkommen. Denn es ist wohl am besten, wenn wir uns erst mal nicht so häufig sehen." Dustin nickte. Anscheinend hatte Daniel jetzt verstanden, worum es Serdall ging. „Na dann mal los“, meinte er energiegeladen und zog Daniel mit sich in die Küche. Es würde zwischen Daniel und Serdall schon alles wieder ins Lot kommen. Es war denkbar hirnlos, wenn sie sich nach alldem jetzt trennen würden. ------------------------------------- Langsam begann der Schnee millimeterdick liegen zu bleiben. Serdall hatte das Gefühl, dass der Friedhof seine triste Atmosphäre verlor, weil der Schnee zuckerartig über den Grabsteinen niederging und das Weiß unschuldig schien. Taki an seiner Hand sah sich wie immer ziemlich ehrfürchtig um. Er schien zu wissen, dass der Gang zum Grab seiner Mutter immer noch etwas Bedeutendes für seinen Vater war. Momentan war es Serdall einfach nur wichtig, seine Frau zu besuchen. Wegen Daniel. Er seufzte innerlich tief, als sie vor ihrem Grab standen. Es war schon lange für die Winterzeit hergerichtet. Wintergestecke und winterharte Pflanzen hatte er gesetzt, dennoch fand er die kalte Jahreszeit am widerlichsten. Seine Frau hatte Blumen geliebt und nicht irgendwelches Tannengrün. Seufzend hockte sich Serdall hin und legte einen Arm um seinen Sohn, der mit einem schmalen Lächeln zu dem Bild von Louise sah. Die Tränen waren schon vor Jahren versiegt, es blieb aber immer noch das grausige Gefühl des Verlustes. Taki wandte sich im nächsten Moment zu Serdall und vergrub seinen Kopf an seiner Schulter. Die Augen niederschlagend strich Serdall über den schwarzen Lockenschopf. „Hey“, flüsterte er leise und befürchtete, dass Taki doch wieder weinte, doch sein Sohn sah ihn dann nur mit einem schiefen Lächeln an. Serdall erwiderte es und strich nachdrücklich über Takis Schopf, sodass seine Haare noch wüster aussahen als sonst immer. Sie winkten zum Grab, als sie sich wieder aufmachten zu gehen. Antworten würde Serdall hier keine finden. Daniel und er mussten sich zusammenraufen. Wenn sein Freund das wirklich wollte, würden sie es auch schaffen. Nach dem Essen beim Italiener war Taki schon reichlich müde. Schließlich war er noch ziemlich angeschlagen von seiner Erkältung und die Schule musste wohl auch anstrengend gewesen sein. Aber Taki ging es sonst gut. Sein Husten war auf ein Minimum zurückgegangen und sein Schnupfen war auch kaum vorhanden, auch wenn die Nase manchmal noch lief. Serdall musste ihn aus dem Auto tragen, weil er während der Rückfahrt eingeschlafen war. Umständlich befreite er seinen Sohn von seinen Schuhen, wobei Taki kurzzeitig noch einmal aufwachte. Leise zog er die Tür von Takis Zimmer hinter sich zu, nachdem er ihn bettfertig gemacht hatte und Taki nun selig schlief. Serdall merkte, dass ihm diese Dinge mit seinem Sohn manchmal schon fehlten. Er hatte das Gefühl, dass Taki einfach viel zu schnell wuchs. Er wollte gar nicht wissen wie es war, wenn Taki dann dreizehn oder vierzehn war. Wann er seine erste Liebe heimbringen würde und so weiter. Tief seufzend strich sich Serdall über die Augen. Wieso flog die Zeit nur so schnell dahin? Entscheiden schüttelte Serdall den Kopf. Sowas musste ihm jetzt auch nicht durch den Kopf gehen. Zurück in Daniel und sein Schlafzimmer gehend, fing Serdall an darüber nachzudenken, wie es mit seinem Freund und ihm weitergehen sollte. Er hatte gesehen, dass Dustin mit Daniel geredet hatte. Was dabei rausgekommen war, konnte er sich fast denken, aber das gefiel ihm auch nicht wirklich. Es schmerzte ihn schon, dass Daniel nicht von allein darauf kam, was er falsch gemacht, dass er sich Serdall gegenüber ungerecht verhalten hatte. Wie sonst sollte er es werten, dass Daniel ihm vorhielt, ihm nicht genug Beachtung zu schenken und dann selbst Serdall ein Messerstich nach dem anderen versetzte? Serdall hatte sich für Daniel zurückgenommen, hatte Taki am Wochenende alleine gelassen und war mit ihm weggefahren. Er sah es ja auch ein, dass er sich Daniel gegenüber schlimm verhalten hatte, dass er ihn einfach nicht beachtete, weil sein Sohn krank war. Nachdenklich blickend begann Serdall sich auszuziehen. Nach einer Katzenwäsche im Bad kehrte er zurück ins Schlafzimmer und kroch müde unter die Decke auf seiner Bettseite. Er ignorierte es, dass ihm sofort Daniels Geruch in die Nase stieg. Es war schon seltsam, dass sie getrennt schliefen, doch so würde er wenigstens einmal ein wenig Abstand von den ganzen Dingen bekommen und besonders von Daniel. In letzter Zeit hatte er sich einfach so gefühlt, als ob Daniel ihn einfach um den kleinen Finger wickelte. Ein Blick hatte gereicht und Serdall hätte ihm alles erfüllt. Nicht, dass es sonst anders gewesen wäre, aber gerade nach der Sache mit Kai befürchtete Serdall, dass Daniel all das, was er für ihn getan hatte, falsch verstand. Wie sonst hatte Daniel es als fast selbstverständlich sehen können, dass er noch mit Kai befreundet sein könnte? Es war einfach zu schnell gegangen, gestand sich Serdall ein. Er hatte Daniel viel zu viel in der kurzen Zeit verziehen. Jedoch war er da auch selber Schuld dran. Er hatte es gewollt, dass alles so schnell wie möglich wie früher wurde, was sich als Fehler herausstellte. Er konnte eben nicht so einfach damit umgehen, wie er es sich vielleicht gedachte hatte, besonders dann nicht, wenn Daniel immer noch an diesem Kai hing. Daniel hatte ihn betrogen. Das war das Schlimmste, was Daniel ihm gegenüber hatte tun können. Und Serdall bezweifelte, dass Daniel ständig high gewesen war. Irgendwann ließ eine Droge auch mal nach und genau dann hätte Daniel die Notbremse ziehen müssen, doch das hatte er nicht getan und wieder weitergemacht. Serdall zog die Decke enger um seinen Körper, als ein eisiger Schauer über seine Haut rann und eine Gänsehaut prickelnd folgte. Allein Daniels aufgelöster Zustand und die Situation, in der sie sich befanden, hatte Serdall besänftig. Trotzdem belastete ihn das Ganze noch viel zu sehr und wenn sie sich nicht endlich wirklich darüber aussprachen, würde es immer irgendwo in Serdalls Kopf rumlungern. Ja, Daniel hatte geschworen ihn nie wieder zu betrügen, aber war die Freundschaft zu Kai nicht das Mieseste, was Daniel ihm antun konnte? Und das war der Punkt, der Serdall so störte. Er hatte Kai sogar ins Bein geschossen um zu verdeutlichen, wie sehr ihn allein die Existenz von diesem Mann schmerzte. Was tat Daniel? Er wollte sogar wieder zu ihm gehen, um zu sehen wie es ihm ging. Das war das erste Mal, wo Serdall glaubte, dass Daniel den Ernst nicht sah, der hinter der Tat steckte. Nicht den Ernst, dass er einen Menschen angeschossen hatte, sondern den Ernst, dass Serdall zu solchen Mitteln griff, weil sein Freund schon wieder in der Uni mit Kai in Kontakt getreten war. Serdall hatte es Daniel gegenüber oft genug gesagt, was er von Kai hielt, doch sein Freund hatte immer noch den Wunsch verspürt, diesen Mann wiederzusehen. Wenn Serdall ehrlich war, fühlte er sich schlichtweg verarscht und vielleicht sah das Daniel auch endlich mal ein. Sich hin und her wälzend versuchte Serdall Schlaf zu finden, doch erst Stunden später ließ der Gedankenstrom in seinem Kopf nach und schien endlich die Güte zu haben, Serdall seine Ruhe zu gönnen. Ende Kapitel 25 Kapitel 26: ------------ Kapitel 26 Unruhig wälzte sich Daniel hin und her. Bilder huschten in seinen Träumen an ihm vorbei. Bilder, in denen er wieder bei Kai war, mit ihm schlief, Drogen nahm und einer Beziehung mit ihm zustimmte. Plötzlich war Serdall zu sehen, der ihn wütend ansah. „Das mit uns ist zu Ende“, kam es unheilvoll aus seinem Mund. „Nein!“, rief Daniel entsetzt. „Ich brauche ihn nicht, ich brauche nur dich!“ Er stieß Kai von sich, der sich in Luft auflöste. Verzweifelt rannte Daniel auf Serdall zu, wurde allerdings hart weggestoßen. „Fass mich nicht an!“ Verzweifelt schüttelte Daniel den Kopf. „Es tut mir leid. Mir hätte eher einfallen müssen, was ich dir damit antue. Ich weiß, wie sehr es dich mitgenommen hat, dass ich mich mit ihm eingelassen habe und ich habe trotzdem nicht bemerkt, dass ich dir weiter wehtue, wenn ich mit ihm befreundet sein will.“ „Zu spät“, erwiderte Serdall kalt. „Du bist so ein Ignorant. Und ich habe mir selbst die Schuld gegeben. Jetzt siehst du, was du davon hast. Jetzt mache ich wahr, was ich mir geschworen habe. Ich werde nicht noch einmal jemanden verlieren können.“ Eine Pistole erschien in seiner Hand und Serdall hielt sie mit einem grausigen Lächeln an seine Schläfe. „Nein!“, schrie Daniel entsetzt. Ein lauter Knall war zu hören. „NEIN!“ Keuchend und schweißgebadet erwachte Daniel. Die leuchtenden Ziffern seines Weckers zeigten zwei Uhr sechs. Zitternd fuhr er sich durch die Haare und lauschte in die Stille der Nacht. Sein eigener Schrei hallte noch in seinen Ohren wider. Scheinbar hatte er den letzten Part seines Traumes mit hinüber in die Realität genommen und tatsächlich geschrieen. Was allerdings noch viel lauter und durchdringender in seinem Kopf herumschwirrte, waren Serdalls Worte. Dieser Traum war einfach nur die Hölle gewesen und Daniel wusste, dass er erst einmal nicht mehr einschlafen konnte. Mit weichen Knien stand er auf und tastete sich im Dunkeln an der Wand entlang in Richtung Badezimmer. Er bemühte sich nicht, das Licht anzuschalten, wollte seinen Augen nicht diesen plötzlichen Schock der Helligkeit zumuten und nutzte das schwache, durch das Fenster hereinfallende Licht der Straßenlampen, um sein erhitztes Gesicht abzukühlen und anschließend noch einen Schluck Wasser zu trinken. Schwach und total müde torkelte er wieder in Richtung seines Zimmers. ------------------------------------- Serdall verschlief den ganzen Vormittag. Kurz bevor Taki von der Schule kam, trollte er sich endlich aus den Federn. Nach einer ausgiebigen Dusche, die halbwegs seine verspannten Muskeln lockerte, ging er nach unten um zu geigen. Er warf einen finsteren Blick auf die kleine Schatulle, die immer noch unschuldig in seinem Geigenkasten ruhte. Er hoffte, dass er Daniel dieses Geschenk auch noch einmal ohne Reue zeigen könnte. Schon nach dieser einen Nacht vermisste er die Nähe zu seinem Freund, doch er kämpfte jeden Gedanken in sich nieder und tötete jegliche Sehnsucht, indem er sich in seine Musik flüchtete. ------------------------------------- Ziemlich unentschlossen stand Daniel vor dem Krankenhaus und starrte die weiße Fassade hinauf. Er hatte keine Ahnung, ob das, was er im Stande war zu tun, richtig oder falsch war. Einerseits wollte er die Sache mit Kai ein für alle Mal klären, andererseits wusste er nicht, ob es gut war, überhaupt bei ihm aufzukreuzen. Der letzte Besuch war katastrophal genug gewesen. Seufzend setzte Daniel sich in Bewegung und machte sich auf den Weg zu Kais Zimmer. Wenn seine Beziehung zu Serdall wieder funktionieren sollte, musste alles aus dem Weg geschafft werden, was eine Fortführung behinderte. An erster Stelle stand wohl sein Verhältnis zu Kai im Moment. Was er allerdings sagen und was für eine Lösung anstreben sollte, war Daniel noch vollkommen schleierhaft. Er würde wohl alles auf sich zukommen lassen müssen. Vernehmlich klopfte er an die Tür und fragte sich, ob Kai gerade wieder irgendeine Nummer mit irgendeinem Pfleger abzog, sah ihn aber ein paar Augenblicke später allein in seinem Bett sitzen. Kai war sichtlich überrascht, Daniel erneut hier anzutreffen. Er legte die Medizinzeitschrift beiseite, die er gerade gelesen hatte und wandte sich dem Schwarzhaarigen zu. „Heute ohne deinen schießwütigen Freund?“, fragte er bissig und verschränkte die Arme. Er fand es einfach nur dreist, was hier geschah. Erst wurde er von diesem Serdall angeschossen und dann kamen sie ihn auch noch besuchen und zogen solch eine Szene ab. Böse sah Kai zu Daniel. Und jetzt kam er nochmal zu ihm? „Hat er wieder Schluss gemacht oder wie?“ „Nein, hat er nicht“, erwiderte Daniel hart. Zumindest noch nicht, hallte es in seinen Gedanken nach, doch daran wollte er gar nicht denken. Er arbeitete gerade daran, dass alles wieder wie früher wurde, da war sowas vollkommen fehl am Platz. „Ich denke, dass unser Abgang gestern sehr abrupt war und wollte noch ein paar Dinge mit dir klären, um vor allem für mich einen Schlussstrich zu ziehen.“ Unaufgefordert setzte Daniel sich auf einen der Stühle. „Also wegen mir hättest du nicht kommen müssen“, zischte Kai angepisst. „Mich interessierst du nämlich nicht mehr. Glaubst du echt, ich lass mich von deinem Macker anschießen und bedrohen und empfange dich dann noch mit offenen Armen? Weißt du eigentlich, was ich in der Uni alles nachholen darf? Dass ich meine Miete nicht zahlen kann?“, fauchte Kai laut und sah Daniel wutentbrannt an. „Sorry, aber so viel bist du mir dann doch nicht wert, schließlich hast du mich auch bloß ausgenutzt, um deinen Serdall zu vergessen.“ Daniel seufzte schwer und schloss einmal kurz die Augen. Er wusste, dass er in letzter Zeit viel Mist gebaut hatte, doch dass ihm jeder seine Fehler noch einmal unter die Nase reiben musste, war hart, wobei er es wohl mehr als verdient hatte. „Ich kann nicht abstreiten, dass ich das getan habe“, gab er zu. „Die Besuche in der Disko, die Drogen, der Sex mit dir, all das ist wohl tatsächlich in erster Linie deswegen passiert, weil ich einfach meine Situation verdrängen wollte. Trotzdem hat es Spaß gemacht, mit dir wegzugehen. Ich finde es schade, dass du so wütend auf mich bist, aber das ist wohl mit die beste mögliche Grundlage, um das Ganze hier einfach zu beenden.“ Kai strich sich fahrig durch die Haare, die zum größten Teil schon wieder braun waren. „Was soll denn sonst sein, als Schluss?“, fragte er nun leiser. „Dein Freund bringt mich doch um, wenn du nochmal bei mir aufkreuzt. Ehrlich, du hast dich in einen Psychopathen verknallt und willst auch noch bei ihm bleiben. Ich für meinen Teil habe keinen Bedarf, frühzeitig zu sterben. Noch möchte ich doch noch darauf hoffen, dass ich irgendwann mal mein Glück finde“, knurrte er genervt und ließ sich zurück in die Kissen gleiten. „Und der Pfleger gestern ist echt gerade jemand, der mir den Kopf verdreht hat“, gestand er und lächelte schief. „Nur du machst mir jetzt Sorgen mit deinem bekloppten Macker“, gab er leise zu. „Ja, ich bin sauer auf dich, trotzdem liebe ich dich noch irgendwo und dass du immer noch mit diesem Schießwütigen zusammen bist, macht mir echt Albträume. Weiß er überhaupt wo du bist?“ „Nein, weiß er nicht“, gestand Daniel. „Ich bin gleich nach der Uni hergekommen, um die ganze Sache zu klären. Denn ehrlich gesagt fand er es verständlicherweise nicht gerade sehr prickelnd, dass ich während einer Beziehungskrise gleich mit dem nächstbesten Typen ins Bett hüpfe.“ Nachdenklich stützte Daniel das Kinn auf seiner Hand auf. Kai zog eine Augenbraue nach oben und legte den Kopf leicht schief. „Und nun?“, fragte er das, was wohl noch ausstand. „Ich glaube kaum, dass er vor Freude im Dreieck springt, wenn er erfährt, dass du schon wieder hier bist. Und ich weiß auch nicht, ob eine weitere Freundschaft so schlau ist, wenn du noch mit ihm zusammen bist“, meinte er und sah Daniel forschend ins Gesicht. „Warum trennst du dich nicht von diesem Kerl?“, fragte er sachlich. Er verstand einfach nicht, wie Daniel mit so einem Gewalttätigen zusammen sein konnte. „Weil ich ihn liebe“, antwortete Daniel knapp. „Und weil die Seite, die du bislang von ihm kennst, eigentlich überhaupt nicht er ist, wenn es nicht darum geht, sich selbst oder jemanden, der ihm wichtig ist, zu verteidigen. Frag wen du willst, aber normalerweise ist er nett, freundlich und ziemlich distanziert fremden Leuten gegenüber, also eben genau nicht das, was er jetzt für dich verkörpert.“ Kurz hing Daniel seinen Gedanken nach, bevor er fortfuhr. „Nun, und unter den gegebenen Umständen denke ich wirklich, dass wir uns nicht mehr sehen sollten. Schnapp dir deinen Pfleger, ich drücke dir die Daumen und Freunde zum Feiern hast du ja wohl genug.“ Er legte den Kopf kurz schief. „Du kannst deine Miete echt nicht bezahlen? Ich hätte jetzt gewettet, dass du noch einiges an Geld in der Hinterhand hast.“ „Naja, so ein bisschen. Aber das Geld, was ich von der Krankenkasse bekomme reicht auch nicht und jetzt steh ich ganz schön in den Miesen, weil ich meiner Arbeit ja nicht nachkommen kann“, meinte er ehrlich und griff kurz nach Daniels Hand. Er sah ihm an, dass er Serdall wirklich lieben musste, so wie seine Augen gerade strahlten. „Man“, meinte er leise und musste kurz lachen, „wenn Gras über die ganze Sache gewachsen ist bin ich echt der Letzte, der einer Freundschaft mit dir im Weg steht. Wenn dein Freund mich nicht abknallt, wenn ich mal mit dir ausgehe, dann steht uns doch nichts im Weg oder? Ich mag dich immer noch, Danniboy.“ „Ich weiß nicht“, murmelte Daniel und entzog Kai seine Hand wieder. „Versetz dich doch mal in Serdalls Lage. Als du mit deinem Freund zusammenwarst, wärst du doch am Boden zerstört gewesen, wenn er dir fremdgeht. Und als sei das nicht genug, erfährst du auch noch, dass er mit seiner kurzzeitigen Affäre eine Freundschaft anfangen will. Es geht hier irgendwie einerseits um die alles entscheidende Vertrauensfrage und andererseits darum, wer deinem Freund wichtiger ist. Von daher ist eine Freundschaft zwischen uns von meiner Seite aus reiner Egoismus und es ist schon allein schlimm genug, dass ich überhaupt daran denke, geschweige denn eventuell vorhabe, es in die Tat umzusetzen.“ Kai seufzte augenrollend. „Und was tust du denn überhaupt hier, wenn du denkst, dass es scheiße ist, wenn wir weiter befreundet bleiben? Gerade bist du doch egoistisch, oder nicht? Außerdem kann sich doch Serdall glücklich schätzen, dass diese Affäre nicht irgendein bedeutungsloser Mensch in deinem Leben war, sondern jemand, der dir einfach helfen wollte. Schließlich hat er doch mit dir Schluss gemacht. Was will er denn bitte dagegen sagen? Solange wir nicht wieder irgendwas in sexueller Hinsicht machen, hat er doch wohl das letzte Recht, dir diese Freundschaft zu verbieten.“ „Es geht nicht darum, ob er das Recht dazu hat oder nicht. Es geht auch nicht um irgendein Verbot oder sonst was. Es geht darum, was ich ihm mit dieser Freundschaft antun würde. Ich habe gerade schon versucht, dir das zu erklären. Ich würde in seiner Situation nie ruhig zuhause sitzen können in dem Wissen, dass irgendwer von uns nicht vielleicht doch rückfällig wird und sei es nur wegen einem Liter Alkohol. Außerdem verstehst du die Hintergründe gar nicht, weswegen er überhaupt scheinbar Schluss gemacht hat und ich hätte überzeugter davon sein müssen, dass er es nicht so gemeint hat und nur getan hat, um mich zu schützen. Und ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht so genau, warum ich eigentlich nochmal hergekommen bin." „Okay“, meinte Kai schulterzuckend. „Mehr als anbieten kann ich dir meine Freundschaft nicht und gestern hattest du dich so angehört, als ob du es auch wolltest, aber da hat dir jemand wohl ne Gehirnwäsche verpasst bis heute.“ Kai zischte kurz schmerzhaft auf, als er sich ein wenig zurecht ruckelte. Sein Bein puckerte gerade etwas unangenehm. „Ich weiß allerdings nicht, was du von mir hören willst und irgendwas muss dich ja hergetrieben haben, wenn nicht ich es bin, dann scheinst du ziemlich verwirrt zu sein“, meinte er mit einem sachten Lächeln. „Und dein Freund kann ja wohl mal ein Auge zudrücken, schließlich steigst du jetzt bestimmt nicht mehr mit mir in die Kiste. Ist ja nicht so, als wenn ich dich ständig anbaggern wollte. Wie du weißt habe ich erst nachdem du mir gesagt hast, dass es mit Serdall aus ist, auch angefangen dich zu becircen. Ich habe keine Lust anderen das anzutun, was man mir schon oft genug angetan hat. Außerdem hat er dir doch auch verziehen, dass du mit mir geschlafen hast.“ „Tja, seiner Meinung nach nur etwas zu früh. Ich habe ihm auch nicht wirklich eine andere Wahl gelassen.“ Gedankenverloren kratzte Daniel leicht an der noch ziemlich deutlich sichtbaren Narbe an seinem Handgelenk. Der Arzt hatte ihm gesagt, dass er mehrmals täglich Rosenöl darauf verstreichen sollte, ein gutes Ergebnis aber erst nach einigen Monaten sichtbar war. Er sah Kai wieder an. „Und mit deiner Vermutung, dass ich verwirrt bin, hast du vollkommen recht. Irgendwie ist gerade alles ziemlich kompliziert. Vielleicht bin ich einfach hergekommen, um gegen meine Prinzipien noch einmal mit jemandem, mit dir, zu reden. Vielleicht bin ich auch einfach nur hier, weil ich gehofft habe, dass du mich wütend rausschmeißt und ich die Sache somit abhaken kann. Fakt ist, dass ich jetzt eher noch verwirrter bin als vorher.“ „Da kann dir keiner helfen Daniel. Ich würde sagen, dass du dir langsam mal klar darüber werden solltest, was du wirklich möchtest. Man kann nämlich nicht alles haben, falls du das glaubst“, zischte Kai ziemlich genervt. „Sei mal ehrlich zu dir selbst, was dir momentan am wichtigsten ist. Entweder dein schießwütiger Macker oder die Freundschaft zu mir. Obwohl ich denke, dass du insgeheim schon weißt, was wichtiger ist und du einfach rein aus deinem kindischen Trotz heraus immer noch versuchst alles haben zu wollen. Werd erwachsen“, meinte er ernst. „Serdall hat dir vielleicht alle Türen mit seinem Geld aufgeschlossen, doch manchmal geht mit Geld nun mal nicht alles. Und in dieser Hinsicht musst du es einfach mal wegstecken. Und wie es scheint geht es eben gerade nur darum, entweder ich oder Serdall.“ „Scheiße man, was ist daran so schlimm, alles haben zu wollen?“, fluchte Daniel. „Denn es ist ohnehin egal, was ich mache, irgendeinen verletzte ich damit immer. Wenn ich sage, dass ich beides will, ist Serdall verletzt und das war es wohl mit unserer Beziehung. Da kann ich auch gleich sagen, dass ich nur deine Freundschaft wähle. Wenn ich zu dir jeglichen Kontakt abbreche bist du enttäuscht. Außerdem habe ich so oder so ein schlechtes Gewissen. Einerseits gegenüber Serdall, andererseits dann gegenüber dir, weil ich weiß, wie es dir in deinen früheren Beziehungen ergangen ist und ich dir genau dieselbe Scheiße wieder angetan habe und jetzt auch noch ankomme und mir dir rede, nur um dann doch wieder zu gehen, weil mir Serdall doch verdammt nochmal um einiges wichtiger ist.“ Kai schüttelte ziemlich sauer den Kopf und sah Daniel in die Augen. „Ich komm schon klar. Ist ja nicht das erste Mal und diesmal war ich selbst ziemlich bekloppt. Meinst du nicht, dass ich froh bin, dass dein Freund dich von den verfickten Drogen weggeholt hat? Auch wenn ich ihn nicht leiden kann, er passt wenigstens auf dich auf. Ich habe dir in jeglichem Punkt nachgegeben und du hast das schamlos ausgenutzt. Gut, es war beschissen, dir noch einmal Kokain zuzuschieben, aber ich hab echt gedacht, dass du es vielleicht brauchen könntest, dass du mich so brauchen könntest…“ Tief seufzend fuhr er sich mit einer Hand durch die Haare. „Vielleicht ist dein Freund auch nur so verrückt gewesen, weil du ihn mit mir betrogen hast. Aber er ist dir wichtig und du solltest zu ihm gehen. Mit wem willst du denn den Rest deines Lebens verbringen? Weißt du, der ganze Diskokram macht auch nur Spaß, wenn man wirklich dafür lebt. Wenn man sich keine Gedanken darum machen muss, dass man jemanden eifersüchtig werden lässt. Ich glaube kaum, dass dein Freund es toll findet, dass dich immerzu irgendwelche Typen anfassen, was unweigerlich passieren wird.“ Kai lächelte schwach und sah Daniel ernst in die Augen. Er mochte Daniel, deswegen wollte er nicht, dass er sich wieder in irgendwelchen Mist reinritt. „Würdest du sagen, dass Serdall deine große Liebe ist?“ „Ja, natürlich“, antwortete Daniel prompt. „Wenn du wissen würdest, wie ich anfangs für ihn gekämpft habe und was wir schon durchgemacht haben.“ Er seufzte tief auf. Kais Worte hatten ihn zum Nachdenken angeregt. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass er scheinbar wirklich jeden ausgenutzt hatte. Kai in Hinsicht der Drogen und um von Serdall loszukommen, Serdall, indem er auf die Freundschaft mit Kai bestand und einfach so tat, als wäre alles wieder gut, Dustin, weil er ihn andauernd als Zuhörer und Ratgeber missbrauchte und er somit bestimmt einiges an Zoff mit Serdall hatte, Taki, da er ihm einiges an Zeit mit seinem Vater wegnahm. Er musste echt zusehen, dass er sich besserte, sonst war er bald alles los, was ihm lieb und teuer war. „Warum zur Hölle setzt du ihn dann überhaupt aufs Spiel?“, fragte Kai denkbar wütend. „Weißt du, andere Leute haben nicht so viel Glück, wie du an mir siehst“, murrte er halblaut und grinste schief. „Du bist so verdammt dumm, da hilft echt nur, dir eine auf den Dickschädel zu geben. Was hast du denn bei mir? Gut, es war lustig mit dir durch die Disko zu hopsen, aber sei doch mal ehrlich. Das will keiner sein Leben lang machen. Ich zumindest nicht. Ich möchte irgendwann ein vernünftiger Arzt werden und einen hübschen Freund haben, der mich in allen Lebenslagen unterstützt. Denk doch mal an die Zukunft! Eine Freundschaft kann dir doch nicht so wichtig sein wie Serdall!“ Kai wurde im nächsten Moment sehr ernst, als er sich zu Daniel vorlehnte und ihm fest in die Augen sah. „Obwohl ich mich sehr geehrt fühle, dass du mich so gern zu haben scheinst, bitte ich dich echt deine Prioritäten zu überdenken. Gerade weil ich mich in die Situation von deinem Freund versetzen kann, muss ich sagen, dass du gerade verdammt blöd bist.“ Daniel schluckte und sah betreten zur Seite. Er wollte alles, aber niemals seine Beziehung zu Serdall aufs Spiel setzen. Langsam aber sicher fragte er sich, warum er in letzter Zeit so blind war und drei Leute ihm einen Sachverhalt auf unterschiedliche Art und Weise erklären mussten, bis er auch mal in seinem Hirn angekommen war. „Ich weiß, dass ich mich dumm verhalte“, seufzte Daniel. „Ich weiß es wohl schon die ganze Zeit, war aber wohl zu ignorant, um es zu bemerken. Du bist ein netter Kerl, wenn du nicht gerade in deinem Arschloch-Modus bist, aber den hatten wir scheinbar in letzter Zeit alle. Nur weil du eben ein so netter Kerl bist finde ich es eben irgendwie dumm, alles einfach abzuhaken und tschüss zu sagen. Ich weiß auch nicht. Aber du hast recht, genau wie andere vor dir, die mit mir gesprochen haben. Serdall ist wichtiger als alles Andere. Und wie gesagt, du hast deinen netten Pfleger, den du dann später während deinen Dienstpausen im Krankenhaus vernaschen kannst.“ Daniel grinste das erste Mal seit langem wieder. Kai grinste nun auch deutlich. „Das Beste an meinem Pflegerbaby ist, dass er auch Arzt wird. Er macht nur gerad sein Praxispraktikum, aber mir lässt er besondere Pflege zukommen“, lachte er versaut und sein Blick wurde verträumt. „Stell dir mal vor“, philosophierte er im nächsten Moment, „wenn wir dann beide im Krankenhaus arbeiten und uns dann in den leeren Krankenbetten wälzen können. Doktorspielchen, wenn du verstehst.“ Sein Grinsen wurde überdimensional und er musste leicht den Kopf schütteln, um es halbwegs wieder aus seinem Gesicht zu bekommen. „Neee, danke. Das will ich mir lieber nicht vorstellen“, erwiderte Daniel kopfschüttelnd und mit gespielt angewidertem Gesichtsausdruck. „Naja, zumindest müsst ihr euch keine Gedanken darum machen, dass so ein frisch bezogenes Krankenbett in irgendeiner Art und Weise unhygienisch wäre. Nur der nächste Patient wird sich wohl etwas über die Flecken auf dem Laken beschweren.“ Kai zuckte mit den Schultern. „Wir werden das schon fleckenlos hinbekommen“, meinte er mit einem Zwinkern und musste plötzlich laut lachen. „Es ist schön mal wieder mit dir so zu reden“, gab er zu. „Und ehrlich, Florian ist ein ganz Süßer. Ich glaub, dass er mich diesmal echt nicht ausnutzt oder so. Er ist so dermaßen lieb, dass ich manchmal denke, dass er nicht real sein kann. Ohne ihn hätt ich dich nicht so schnell verkraften können“, meinte er halblaut und lächelte wieder verschmitzt. Erleichtert lächelte Daniel ebenfalls. „Das freut mich“, murmelte er leise und stand dann auf. „Ich denke, dass das ein guter Zeitpunkt ist, um das Ganze abzuschließen. Wenn Florian dir bis hierhin geholfen hat, wird er dich bestimmt auch weiterhin so fürsorglich betreuen und ich hoffe für dich, dass du auch andere Wege findest, deine Wohnung zu finanzieren, ohne zu dealen. Vielleicht quartierst du dich einfach gleich nachdem du hier raus bist bei deinem Schnuckel ein. Ihr könnt euch ja gegenseitig beim Lernen helfen. Ich werde jetzt jedenfalls erst einmal nach Hause fahren.“ „Daniel“, Kai griff mal wieder nach Daniels Hand, „ich würde mich freuen, wenn du dich ab und zu mal meldest. Ne sms, oder ‘nen kurzer Anruf, okay? Wir müssen ja den Kontakt nicht ganz abbrechen und wer weiß? Vielleicht ist Serdall mal in soweit bereit doch einmal mit dir in die Disko zu gehen und wir sehen uns da? Dann werde ich versuchen mich ein wenig mit ihm anzufreunden und dann klappt das mit der Freundschaft schon irgendwann. Aber alles gleich haben zu wollen war echt dumm von dir“, meinte er noch mit einem faden Lächeln. „Ja, vielleicht schreib ich dir irgendwann mal. Nur habe ich das Gefühl, Serdall zu hintergehen, wenn ich es ihm nicht sage und wenn ich es ihm sage, wird er darüber wohl auch nicht so glücklich sein. Später mal, denke ich, aber jetzt ist noch alles zu frisch. Außerdem hast du in nächster Zeit auch genug Ablenkung. Junge Liebe.“ Theatralisch griff sich Daniel ans Herz und kicherte daraufhin leicht albern, auch wenn er sehr schnell wieder ernst wurde. „Wir werden sehen, was sich ergibt“, meinte er und ging dann zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte. „Tschüss.“ „Bye Bye, Danniboy. Vergiss nicht, einfach mal ne Sms, ob du noch lebst. Ich schreib dir jedenfalls, wenn ich aus dem Krankenhaus raus bin!“ Er lächelte Daniel noch mal zu und machte eine Handbewegung, die ihn raus scheuchen sollte. Mit einem mulmigen Gefühl sah er zu, wie Daniel die Tür hinter sich zuzog. Er hoffte wirklich, dass es irgendwann mit ihrer Freundschaft noch einmal klappte. ------------------------------------- Erschöpft schloss Daniel die Haustür hinter sich, als er am nächsten Tag von der Uni kam. Es war schon Mittwoch, kaum zu glauben. Der Weg nach Hause war extrem stressig gewesen, da der Winter endlich mit aller Macht über sie hinein gebrochen war und mit ihm gut vierzig Zentimeter Neuschnee, der die Räumdienste sowie die Autofahrer überforderte. Auf dem Weg nach Hause hatte Daniel zwei Unfallstellen passiert und war in einen kleinen Stau mitten in der Stadt gekommen. Hätte ihm das vorher jemand gesagt, wäre er zu Fuß gegangen, was bei den Schneemassen, die von den Straßen teilweise auf die Bürgersteige umgelagert wurden, auch nicht das Wahre gewesen wäre. Vor sich hin grummelnd zog er sich Schuhe, Schal und Jacke aus und ging in die Küche, um sich schnell einen warmen Kakao zu machen. Er schnappte sich seine Tasse und wollte gerade nach oben in sein Zimmer gehen, um sich gleich an die Wiederholung des Stoffes vom heutigen Tag zu machen, als Serdall die Treppe hinunter kam. Daniel schluckte nervös. Sie hatten sich seit ihrer vorläufigen Trennung eigentlich kaum gesehen, waren sich beide mehr oder weniger aus dem Weg gegangen, hatten es vermieden, zusammen zu essen oder fernzusehen. Dementsprechend überfordert war Daniel auch jetzt mit der Situation. „Hey“, murmelte er leise und unsicher. Serdall sah etwas zu abrupt auf. Er war gerade so in Gedanken gewesen, dass er Daniel gar nicht bemerkt hatte, obwohl sich seine Gedanken gerade ziemlich um seinen Freund gedreht hatten. „Hallo“, sagte er etwas zu leise. Er kam sich im gleichen Moment ziemlich dumm vor. Es war doch nicht so, als wenn es ein Verbot zwischen ihnen gab, nicht mehr miteinander zu reden. „Wie geht es dir?“, meinte er nun etwas lauter. „Bist du gut durch den Schnee gekommen?“ „Ja, ging so“, antwortete Daniel möglichst unbeteiligt. „War halt ziemlich viel los auf den Straßen, aber es ging.“ Fahrig fuhr er sich durch die Haare und hätte am liebsten laut losgelacht. Es war so affig, wie sie sich gerade benahmen. Entweder ganz oder gar nicht, aber diese gespielte Höflichkeit und dass sie so taten, als wäre alles normal so, wie es war, war einfach nur bekloppt. „Können wir reden?“, wollte Daniel deswegen wissen. „Oder noch nicht?“ Serdall biss sich auf die Unterlippe. Die zweite Nacht ohne Daniel, überhaupt die ganze Zeit ohne ihn, machte Serdall fast wahnsinnig, aber war es jetzt das Richtige einfach wieder nachzugeben? Hatte Daniel denn jetzt eingesehen, was er falsch gemacht hatte? Die Hände in den Hosentaschen vergrabend versuchte Serdall sich zusammenzureißen, um nicht gleich zu schnell ja zu sagen. Er war wahrscheinlich selbst noch nicht wirklich so weit. „Glaubst du, dass du jetzt schon mehr weißt als vor zwei Tagen?“, fragte er eine Spur zu zynisch. „Ich habe viel Zeit zum Nachdenken gehabt und einige Leute haben mir auch ziemlich den Kopf gewaschen und mich mal mit einem Arschtritt auf das gestoßen, dass ich in letzter Zeit so fleißig ignoriert habe“, erwiderte Daniel schulterzuckend, Serdalls zynische Ader etwas aufgreifend. Allerdings wurde er danach wieder ernst. „Wenn du sagst, dass du noch etwas brauchst, um dir über einiges klarzuwerden, werde ich das akzeptieren. Ich habe nur das Gefühl, dass die Situation gerade etwas bescheuert ist. Noch nicht einmal normal miteinander reden können wir.“ „Ja, können wir nicht“, meinte Serdall schlicht und schob sich an Daniel vorbei, um wie geplant nach unten zu gehen. Er hatte keine Lust sich jetzt noch mit Daniel zu streiten, deswegen ging er lieber. Gerade baute sich nämlich nur wieder Wut in ihm auf. Es kam ihm so vor, als ob Daniel diese Auszeit in Frage stellte. Die Situation war bescheiden, ja, aber daran war doch Serdall nicht Schuld, oder? Gut, er hatte diese Pause gewollt, weil er sonst womöglich schlussendlich keinen anderen Weg mehr gesehen hätte, als sich von Daniel zu trennen, aber Daniel schien immer noch nicht zu sehen, was Serdall diese Auszeit vielleicht bedeutete. Daniel hatte sich ja auch schön von anderen die Gedanken zerpflücken lassen und sich womöglich Hilfe gesucht. Serdall hing da leider nur noch zwischen Himmel und Hölle und wusste nicht mehr was er denken, noch fühlen sollte und war leider nicht der Typ, der sich anderen heulend an den Hals warf. Schnaubend ging Serdall in die Küche. Es war eben nicht so simpel, wie es sich Daniel wieder mal schönredete. Traurig und leicht verletzt sah Daniel Serdall hinterher. Das hatte er mal wieder toll hinbekommen. Wenn er vernünftig gefragt hätte, dann wäre ein Gespräch vielleicht zustande gekommen, aber so blockte Serdall ab und das war es. Es ärgerte Daniel, dass Serdall mal wieder so empfindlich war, aber er kannte seinen Freund. Vor allem in solchen Situationen war er eben schwierig, aber Daniel hatte das natürlich mal wieder ignoriert und war verbal total ins Fettnäpfchen gelatscht. Seufzend machte er sich erneut auf den Weg in sein Zimmer. Serdall verbrachte den restlichen Tag zusammen mit Yoshiko im Wohnzimmer, der er Deutsch beibrachte. Damit hatten sie gestern angefangen und Serdall würde die nächsten Wochen eben versuchen diese Sprache zu unterrichten sooft er konnte. Glücklicherweise hatte Yoshiko noch nicht wirklich mitbekommen, was gerade zwischen ihm und Daniel lief und so konnte er ganz ohne Unterbrechungen und irgendwelche Fragen in der Hinsicht mit ihr arbeiten. Gegen Abend verließ Serdall wieder das Haus um woanders zu essen und kam relativ spät Heim. Der Grund dafür waren eher die schlechten Wetterverhältnisse, als sein eigenes Bedürfnis nicht nach Hause zu kommen. Er fluchte leise im Flur, um sich etwas zu beruhigen. Als er die Einfahrt reingefahren war, war der Wagen ausgeschert und hätte beinah den Pfeiler vom Tor mitgenommen. Serdall pfefferte seine Handschuhe in die Ecke. Seit wann war er nur so gereizt? Er rollte mit den Augen. Diese Frage konnte er sich ja wohl selbst am besten beantworten. Daniel. Sich durch die Haare streichend ging Serdall ins Wohnzimmer. Er würde sich jetzt noch einen Scotch genehmigen, die Spätnachrichten ansehen und sich dann ins Bett begeben. Für heute hatte er schlichtweg genug. ------------------------------------- Mit pochendem Schädel schlurfte Daniel durch den stockdunklen Flur. Dieser verdammte Traum von neulich schien Gefallen an ihm gefunden zu haben. Grummelnd tastete er sich an der Wand lang. Zum Glück hatte es ihn nicht ganz so mitgenommen wie das erste Mal, da er zumindest vermutete, jetzt auf dem richtigen Weg zu sein, doch trotzdem war er total verschwitzt und würde erst einmal nicht schlafen können. Er würde wohl noch schnell duschen. So wollte er nicht wieder ins Bett gehen und ob er dumm und wach herumlag oder sich wieder sauber herrichtete, war schließlich egal. Als er wieder aus der Dusche kam und sich ein Handtuch umgebunden hatte, machte er sich immer noch im Dunkeln auf den Weg in die Küche. Irgendwie beruhigte ihn diese Dunkelheit. Licht würde ihn jetzt irgendwie nur hibbelig machen und von der vollkommenen Finsternis im Flur durch das eine kleine Fenster am anderen Ende, das das Licht allerdings nicht bis hierher warf, wäre der Schock von den aufflammenden Deckenleuchten momentan auch nicht das, was Daniel brauchte. Gähnend ging er die Treppe hinunter, um sich einen Mitternachtskakao zu machen. Serdall hatte gerade den Fernseher ausgeschaltet, da hörte er es. Da schlich doch jemand durch das Haus! Zumindest huschte da jemand im Flur rum, was um diese Uhrzeit ziemlich ungewöhnlich war. Seit der Sache mit Fei befürchtete Serdall schon länger, dass vielleicht wieder jemand auf den Bruder des Oyabun aufmerksam geworden war. Eilig holte sein Springmesser und machte das Licht aus, um dann in den Flur zu huschen. Er hörte die vorletzte Stufe knacken. Da war eindeutig jemand. Keiner hier im Haus würde in Verlegenheit kommen, das Licht anzumachen. Es konnte also nur ein Einbrecher sein. Im selben Moment wie er den Schemen packte und ihm das Messer an die Kehle hielt, kam ihn diese Situation irgendwie vertraut vor. Hatte er nicht schon einmal vor zwei Jahren einen halbnackten Mann so gefasst? Daniel hisste erschrocken auf, als er aus seiner Bewegung gerissen wurde und sich in einem schraubstockartigen Griff befand. Er hielt sich an dem Arm fest, der ihn umklammerte und versuchte sein Gleichgewicht wiederzufinden. Sein Herz raste vor Schreck, bis er den vertrauten Geruch wahrnahm und den Körper hinter sich erkannte. Erleichtert seufzte er auf. „Ehrlich, Serdall, du hast eine Alarmanlage installiert, die auf den neusten Stand der Technik ist. Anstatt alles anzugreifen, was sich bewegt, solltest du einfach das Licht anmachen und gucken, weil es eigentlich ziemlich unwahrscheinlich ist, dass jemand hier hereinkommt, ohne den Alarm auszulösen oder die Hunde aufzuwecken.“ Serdalls Augen wurden schmal, doch er ließ seinen Griff nicht locker. Da hatte er also mal wieder seinen gutgläubigen Freund gefasst. Anstatt zu antworten, ließ Serdall die unscharfe Messerseite über Daniels Oberkörper tanzen. Jetzt, wo er Daniel so in seinen Armen hatte, konnte er es sich nicht verkneifen und ließ seine Zunge hinter Daniels Ohrmuschel wandern. Daniel hatte frisch geduscht. Seine Haare waren noch nass und seine Haut stellenweise feucht. Augenblicklich wurde Serdall warm und er verspürte Lust auf seinen Freund. Spielerisch konnte er mit dem Messer das ungebundene Handtuch lösen, was mit einem dumpfen Klang zu Boden ging. Sein Springmesser ließ er zurück in den Griff schnappen und steckte es in seine Hosentasche. „Du bist gefährlich“, meinte er leise an Daniels Ohr und küsste sich über Daniels Hals. „Gefährlich anziehend“, hauchte er atemlos und seine Hände wanderten über Daniels Oberkörper. Wann hatten sie sich das letzte Mal gespürt? Sich geküsst? Serdall wurde gerade richtiggehend wahnsinnig. Sein Verstand schaltete sich komplett ab. „Nicht“, murmelte Daniel mit fliegendem Atem. Eine Gänsehaut hatte sich schon bei der Berührung des Messers auf seinem Oberkörper breit gemacht, doch Serdalls Hände ließen ihn noch stärker erschauern. Er spürte, wie sich scheinbar sein gesamtes Blut langsam in seinen Lenden sammelte und formulierte noch schnell seinen letzten klaren Gedanken, bevor sein Gehirn sich noch vollends abschaltete. „Wir haben noch gar nicht geredet“, keuchte er, während er sich gegen Serdall lehnte. „Egal“, hauchte Serdall atemlos und drängte Daniel zur Wand. Er drückte Daniel eng dagegen wobei er sich an seinen Rücken schmiegte und seine Hände über Daniels Hüften gleiten ließ. Gerade deswegen hatte er Abstand zu Daniel gesucht, denn sobald er zu nah an ihm dran war, war er eben viel zu weich und konnte nicht anders, als auf seine Sehnsucht zu hören, die gerade die Überhand gewann. Keuchend drehte er Daniel zu sich um und kniete sich vor ihn hin. Forsch küsste er sich über Daniels Unterleib, bis hin zu dessen Glied, das er wortlos zwischen die Lippen nahm. Stöhnend warf Daniel den Kopf zurück und knallte leicht gegen die Wand, doch das war ihm im Moment vollkommen egal. Der ganze Stress der letzten Tage hatte ihn ganz vergessen lassen, wie lange er Serdall nicht mehr so nahe gewesen war. Generell hatte er diese Bedürfnisse ziemlich schleifen lassen. Er webte seine Finger in Serdalls Haare und keuchte immer wieder leise auf. Diese talentierte Zunge, die immer wieder über seine Eichel fuhr, sich den Schaft entlang arbeitete und dann von einem saugenden Mund abgelöst wurde, machte ihn noch ganz verrückt. Abrupt zog er Serdall zu sich hoch und küsste ihn verlangend. „Ich will dich“, raunte er heiser, als sie sich kurz voneinander lösten und er Serdall den Pullover samt darunterliegendem T-Shirt über den Kopf zog. „Schlaf mit mir.“ Serdall nickte. Er keuchte unterdrückt und überlegte fieberhaft, wie sie so schnell wie möglich zum Punkt kamen, ohne dass sie jetzt noch irgendwoher Gleitcreme holen gingen. Kurzentschlossen drehte er Daniel wieder zur Wand. Serdall benetzte zwei seiner Finger mit viel Speichel, die er dann zu Daniels Hintern führte und ihn spärlich vorbereitete. „Okay so?“, fragte er nach einer kurzen Weile, in der schon selbst seine Hose geöffnet hatte und sie bis auf die Knöchel gleiten ließ. Er wollte Daniel zwar nicht verletzen, dennoch schob er sein hartes Glied langsam in ihn, als Daniel heiser zugestimmt hatte. Himmel, er war so kopflos im Moment. In seinen Ohren rauschte nur noch das Blut und sein ganzer Körper war bis zum Bersten gespannt. Er musste sich gerade wirklich beherrschen. Doch all das half nichts, als er endlich vollständig in Daniel versunken war. Ein Stöhnen unterdrückend verbiss sich Serdall in Daniels Nacken, während sich seine Hände fest in Daniels Hüfte gruben. Er konnte nicht lange ausharren und er spürte zum Glück, wie sich Daniel entspannte und sich ihm begierig entgegen schob. Ohne zu zögern begann Serdall einen harten Rhythmus anzuschlagen, wobei sich Daniel selbst gegen die Wand abstützen und die Beine ein wenig spreizen musste, um besseren Halt zu haben. Heiser stöhnte Daniel auf und drückte seine erhitzte Wange gegen die Tapete. Leidenschaftlich kam er Serdalls schnellen Stößen entgegen. Er hatte das gebraucht, er hatte es so gebraucht. Das erste Mal seit langem war sein Kopf vollkommen leer und er genoss einfach das heiße Blut, das durch seine Adern schoss, seinen rasenden Atem und vor allem Serdalls Berührungen, die ihn an den Rand des Wahnsinns trieben. Die in den letzten Wochen so oft andauernde Enthaltsamkeit und die Härte des Sex schwemmten Daniel schon nach kurzer Zeit an den Rand des Höhepunkts. Er spannte seine Muskeln immer wieder an, um auch Serdall langsam aber sicher verrückt zu machen und keuchte schweißüberströmt auf. Keuchend versenkte sich Serdall immer schneller in Daniel, um dann plötzlich kurzzeitig vollkommen aus ihm herauszugleiten. Sein Freund stöhnte ungehalten laut auf, was Serdall sofort eine Hand vor seinen Mund schlagen ließ, bevor er sich wieder hart in ihm versenkte. „Sei leise“, keuchte er atemlos und stieß ungestümer in ihn. Er hielt Daniel wieder mit beiden Händen fest, um sein Becken ruhig zu stellen. Serdall biss sich hart auf die Unterlippe, als Daniel heiser stöhnend kam, wobei Serdalls Penis gnadenlos massiert wurde und er so selbst seinen Höhepunkt erreichte. Sich heiß in Daniel entladend lehnte er schwach seine Stirn auf dessen Rücken und versuchte zu Atem zu kommen. Es dauerte eine Weile, bis er wieder etwas klarer im Kopf wurde und er sich matt über Daniels Haut küsste. „Gott, hast du mir gefehlt“, hauchte er heiser. Daniel zuckte kurz leicht zusammen und atmete einmal kurz tief durch. Er fühlte sich körperlich gut und seit langem wieder richtig befriedigt, allerdings wusste er gerade nicht, worauf sich Serdalls Kommentar bezog. Auf seine Person generell, obwohl er ein Gespräch vorhin abgelehnt hatte oder auf den Sex? Würde er wieder Abstand zu Daniel suchen, sobald die Nachwirkungen seines Orgasmus verklungen waren. Er lehnte den Kopf erneut schwach gegen die Wand und schloss kurzzeitig die Augen. Vorsichtig zog sich Serdall aus Daniel zurück, als er wieder in der Verfassung war und ging zum Lichtschalter, nachdem er seine Hose wieder auf seine Hüften gezogen hatte. „Lass uns duschen gehen“, meinte er halblaut und sammelte Daniels Handtuch und seine anderen Sachen auf. Sein Blick blieb an Daniel hängen, der schwach an der Wand hing. Schuldbewusst ging er auf seinen Freund zu und zog ihn in seine Arme. Er wusste, dass das Ganze jetzt ziemlich bescheuert sein musste, schließlich hingen sie immer noch in einer Beziehungspause und er ging schon wieder zu alten Gewohnheiten über. „Danach reden wir“, räumte er noch ein und küsste Daniel auf den Mund. Sein Blick fiel in dem Moment auf die Wand und den Boden und er bekam einen minderschweren Schock und löste seinen Mund von Daniel. „So ein Mist“, fluchte er leise und sah ungläubig auf das Sperma, das kurz über dem Boden an der Wand hing. Daniel folgte seinem Blick und seine gedrückte Stimmung legte sich durch Serdalls Entschluss, mit ihm reden zu wollen und durch das, was er sah. Leise lachte er auf. „Gib her“, meinte er zu Serdall, schnappte sich das Handtuch, befeuchtete es leicht in der Küche und sorgte dann dafür, dass die gröbsten Spuren beseitigt waren. „Wenn man morgen noch was sieht, musst du halt dafür sorgen, dass dort eine nette Statue oder sowas hinkommt, aber ich denke, dass wir nicht in die Verlegenheit kommen werden.“ Serdall musste auch leise lachend den Kopf schütteln. Das war so typisch für sie. Irgendetwas war immer, sei es irgendwelche Familienmitglieder, die sie bespannten oder unterbrachen oder eben, dass Daniel gegen die Wand abspritzte. Amüsiert legte Serdall einen Arm um Daniels Hüfte und zog ihn mit sich nach oben. „Dein Sperma. Du besorgst eine Statue“, meinte er belustigt und führte Daniel in ihr Schlafzimmer, um ihn sogleich unter die Dusche zu schieben. „Warum warst du überhaupt noch so spät auf?“, fragte er verwundert, während er sich von seinen restlichen Sachen befreite. Erst wollte Daniel noch spielerisch maulen, dass Serdall derjenige gewesen war, der überhaupt an der Situation im Flur Schuld hatte und er genauso gut die Statue besorgen konnte, außerdem war es sein Haus, seine Tapete und sein Teppich, Daniel waren die Flecken, sofern sie da sein sollten, also egal, aber Serdalls Frage ließ ihn dann doch seine Gedanken auf andere Wege bringen. „Ich hatte einen Albtraum“, antwortete er wahrheitsgemäß, während er das Wasser anstellte und so lange mit der Hand fühlte, bis es eine angenehme Temperatur hatte. Mitleidig sah Serdall zu Daniel, ehe er zu ihm trat und die bloßen Arme um seinen Freund schob. In Daniels Augen erkannte Serdall leise Furcht. Er seufzte tonlos und drängte Daniel unter den nun warmen Wasserstrahl der Dusche. Er hatte noch nie erlebt, dass Daniel einen Albtraum oder dergleichen hatte und er hatte das unbestimmte Gefühl, dass ihre Auszeit für diesen Albtraum verantwortlich war. Daniel einen tröstlichen Kuss auf die Lippen hauchend, begann er in langen Strichen mit den Händen über dessen Körper zu fahren. Kurz nahm er noch Duschgel und Shampoo hinzu, um seinen Freund komplett einzuseifen. „Worum ging es in dem Traum?“, fragte Serdall mit fester Stimme an Daniels Ohr und ließ seine Hände weiter über seinen Körper gleiten. Seufzend schlang Daniel seine Arme um Serdalls Hals und genoss die Berührungen. Es tat gut, seinem Freund endlich wieder so nahe zu sein. Hoffentlich wurde nach dem Gespräch wieder alles gut und er verhielt sich währenddessen auch so, dass Serdall über das Ende ihres Beziehungsstopps nachdachte. Viel länger hielt er das nicht mehr aus, diese Schwebephase. „Ich glaube, ich möchte den Inhalt nicht noch einmal resümieren“, antwortete er Serdall. „Die beiden Nächte haben mir schon gereicht.“ „Okay“, meinte Serdall nachsichtig und sah Daniel in die Augen. „Falls du aber drüber reden möchtest, dann komm zu mir, ja?“, hauchte er und küsste Daniel auf die nun lächelnden Lippen. Er legte ein großes Handtuch um Daniel und seine Schultern, als sie aus der Dusche stiegen und umarmte seinen Freund eng von hinten, wie er es schon sooft getan hatte. Im Wechselschritt zum Bett gehend ließ Serdall nicht von ihm ab. Er hatte Daniel wirklich vermisst, gerade weil sie eigentlich zusammen waren und schon sooft solche Durststrecken hinter sich hatten, aus ganz anderen Gründen. Nackt wie sie waren schlüpften sie gemeinsam unter eine Decke. „So“, flüsterte Serdall halblaut und schloss die Augen. Er betete zu allen Göttern, dass Daniel wirklich in den beiden Tagen verstanden hatte worum es ihn ging und hoffte, dass sie sich nicht wieder stritten. „Ja“, meinte Daniel leise und vergrub sich in seinem Kissen und zog die Decke noch ein Stück höher, als könnte er sich somit besser für das nun Kommende wappnen. Wer sollte anfangen? Er oder Serdall? Er hatte Mist gebaut, Serdall für die Auszeit gesorgt. Sie beide wollten reden. Seufzend biss sich Daniel unentschlossen auf die Unterlippe. Seufzend rückte Serdall ein wenig von Daniel ab. Eigentlich hatte er gedacht, dass Daniel wenigstens den Anfang machen würde. Er wollte es Daniel nicht wieder zu einfach machen, er musste doch einsehen, dass es wichtig war, dass er jetzt was sagte. Traurig schloss Serdall die Augen. Vielleicht hatte Daniel auch einfach nichts zu sagen? Hatte sich selbst kaum Gedanken gemacht? Schließlich hatte Dustin ihn womöglich so einiges gesagt, aber wie Daniel dazu stand… das war nun mal Daniels Sache. Fahrig strich sich Serdall durch seine Haare und legte sich auf den Rücken, ohne dass noch jeglicher Körperkontakt zwischen ihm und Daniel bestand. Was tat Daniel ihm denn nun wieder an? Er wollte gar nicht wissen, wie diese Situation ausging, zu welcher Lösung sie kamen, aber er hatte gerade ein verdammt schlechtes Gefühl. Daniel fasste den Entschluss besser als Erster den Mund aufzumachen, da sich Serdall schon wieder zu distanzieren schien. Er legte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab, um Serdall gut im Blick zu haben. Tief holte er noch ein letztes Mal Luft, bevor er zu sprechen anfing. „Ich habe langsam auch kapiert, dass es nicht darum geht, ob ich jetzt mit Kai befreundet bin oder nicht, sondern einfach ums Prinzip und um Vertrauen. Ich habe mich in der Zeit, die ich zum Nachdenken hatte, mal in deine Situation hineinversetzt und begriffen, dass allein der Fakt, dass ich das Thema Kai überhaupt angesprochen habe, ziemlich unangebracht war. Ich bin wohl mal wieder zu gutgläubig und verzeihe viel zu schnell, denn ich mag Kai vielleicht ganz gern haben, aber jede Erwähnung seines Namens tut dir weh. Das ist mir klar geworden.“ Serdall nickte, wobei ihm insgeheim ein tonnenschwerer Stein vom Herzen fiel, dass Daniel wenigstens wusste, worum es ihm ging. „Weißt du“, sagte Serdall leise, „du kannst das nicht mehr rückgängig machen, was du gesagt hast.“ Er legte sich ebenfalls auf die Seite, sodass gut ein halber Meter zwischen ihnen Platz war. „Genauso wie du es nicht rückgängig machen kannst, dass du mit Kai Sex hattest, aber es frisst sich immer noch durch meinen Kopf. Besonders weil ich weiß, dass du Kai immer noch gern hast“, flüsterte er mit zitternder Stimme. „Ich habe einfach keine Ahnung mehr, woran ich bei dir bin. Ja, du hast mir beteuert, dass du mich liebst, aber diese ganze Sache mit Kai…“ Kraftlos fiel Serdall wieder auf den Rücken und starrte an die Decke. „Ich kann damit nicht umgehen.“ „Es sind irgendwie immer Extremsituationen, in denen ich mich so dumm verhalten“, führte Daniel aus. „Bei Kai kam irgendwie eins zum Andern. Ich wollte die Gedanken an dich verdrängen und bin in die Disko gegangen, wo ich mich zulaufen lassen habe. Dann habe ich irgendwann Ecstasy genommen, aus Ecstasy wurde Kokain und ich hatte ein extrem starkes Bedürfnis nach körperlicher Nähe. Ich habe es ausgenutzt, dass Kai mir verfallen war, um an die Drogen zu kommen und weiterhin vergessen zu können. Ich weiß, dass das Alles Mist war, aber was ich damit sagen will ist, dass so eine Situation wohl nicht wieder vorkommt. Außerdem…“ Daniel stockte kurz. „Hör mir bitte erst mal zu, ja? Ich war heute noch mal bei Kai, um für mich selbst einen Abschluss zu finden. Wir haben uns ausgesprochen und alles einvernehmlich beendet, sodass du dir zumindest was Kai anbelangt keine Gedanken mehr machen musst.“ Gepeinigt schloss Serdall die Augen. Musste Daniel ihm immer wieder erzählen, was ihn in Kais Arme getrieben hatte? Er gab sich langsam schon immer mehr selbst die Schuld, dass er nicht genug gegen Fei gekämpft hatte, dass er Daniel von all dem nicht abgehalten hatte. „Du weißt immer noch nicht, worum es wirklich geht, oder?“, zischte er im nächsten Moment unglücklich. „Verstehst du nicht, dass es eben einfach verdammt noch mal darum geht, dass Kai dein Denken beherrscht? Dass du nicht einmal gesagt hast, dass es dir leid tut. Ich meine jetzt nicht das mit dem Sex, ich meine, dass du immer noch eine Freundschaft zu ihm wolltest und mich dabei total übergangen hast. Klar haben wir darüber geredet, aber ich kann dir zur Hölle noch mal nicht alles verbieten, deswegen habe ich zugestimmt, dass ich mitgehe.“ Unwirsch sprang Serdall aus dem Bett und lief aufgebracht zum Schrank, um sich anzuziehen. „Ich will nicht immer wieder hören wie es dazu kam, dass du mit Kai gefickt hast, verdammt“, zischte er, als er eine Hose anzog. „Scheiße, was glaubst du denn, was das in mir auslöst? Ich konnte nicht bei dir sein, ja!“, schrie er mit Tränen in den Augen. „Ich wollte, aber ich konnte nicht!“ Fluchend schmiss er den Pullover in eine Ecke und strich sich wütend über die Augen. Langsam glaubte er, dass Daniel gar nicht sah, was los war, sondern immer wieder jede Wunde aufriss, die gerade minimal verheilt war. Erschrocken sprang Daniel ebenfalls aus dem Bett und ging zu Serdall. Er schloss die Arme um seinen Freund, der sich erst extrem gegen diese Berührung wehrte, irgendwann jedoch einfach schlaff stehen blieb. „Verdammt, es war doch nicht deine Schuld“, fluchte Daniel heiser. „Du hattest hier genug eigene Probleme und wenn du anders gehandelt hättest, würde ich vielleicht gar nicht mehr leben, weil Fei durchgedreht hätte. Es ist alles generell einfach scheiße gelaufen und mir tut es ehrlich leid, was passiert ist. Außerdem beherrscht Kai nicht mein Denken, sondern er war einfach eine Sache, die noch geklärt werden musste, sich jetzt aber erledigt hat. Das kann ich jetzt von mir schieben und wünschte mir, dass du dazu auch in der Lage bist, trotz allem, was du durch ihn und mich erleiden musstest.“ Serdall vergrub seinen Kopf in Daniels Halsbeuge, ohne jegliche Anstalten zu machen Daniel selbst zu umarmen. Ihm war im Moment einfach extrem ungut und übel, aber Daniels Hände, die über seine Haut strichen, brachten wenigstens etwas Beruhigung. Jedoch musste er sich im nächsten Moment hastig lösen. Sein Magen zog sich krampfhaft zusammen und er schaffte es gerade so, sich auf der Toilette zu übergeben. Keuchend versuchte er zu Atem zu kommen und die Krämpfe in sich niederzuringen. Wieso passierte das erst jetzt? Jetzt, wo er sich wieder mit Daniel versöhnen wollte? Er wusste ja, dass sich nervlicher Stress immer sehr auf seinen Körper ausschlug, aber gerade war das extrem unpassend. Er hätte kotzen können, als das mit Daniel noch so furchtbar unsicher war, doch nicht jetzt, wo sie sich wieder zusammenraufen wollten. Aber wahrscheinlich hatte er es da einfach nur zu sehr verdrängt, war viel zu froh gewesen, Daniel wieder zu haben. Erneut musste er würgen und sich übergeben. Dankbar nahm er den Zahnputzbecher mit dem Wasser an, den Daniel ihm entgegenhielt, womit er sich gleich den Rachen ausspülte. Sein Freund setzte sich zu ihm und Serdall lehnte schwach seinen Kopf auf Daniels Schulter, ließ sich wieder in eine Umarmung ziehen. „Ich will das einfach alles vergessen“, flüsterte er Daniel heiser zu und schloss die Augen. „Bitte, lass uns nie wieder darüber so direkt sprechen, ja?“ Daniel strich Serdall sanft die verirrten Haarsträhnen aus der Stirn, küsste ihn sanft auf den schwarzen Haarschopf und lehnte dann seinen Kopf an Serdalls, der immer noch auf seiner Schulter lag. Er war im Gegensatz zu Serdall noch nackt und das Badezimmer nicht sonderlich gut geheizt, aber das war Daniel im Moment egal. „Meinst du, dass das jetzt die gesamte Aussprache war? Wenn dir etwas fehlt, das dann weiterhin unsere Beziehung belastet, ist das auch nicht das Wahre. Also wenn du meinst, dass wir über etwas noch nicht ausgiebig genug gesprochen haben, sag es bitte.“ „Willst du mir etwa nochmal erzählen, warum du dich von Kai vögeln lassen hast?“, zischte Serdall angepisst und legte seine Arme eng um seinen Bauch. „Es hat dir nichts bedeutet, oder? Dann können wir auch das Ganze vergessen. Ich für meinen Teil weiß nicht, was wir sonst tun sollten“, fauchte er unglücklich und schlug sich einmal stark gegen die Stirn, um das Bild aus seinem Kopf zu vertreiben, wie Daniel und Kai miteinander schliefen. Wenn er noch einmal diesen Namen hören musste, würde er ausrasten und das lag nicht in seiner Absicht. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht damit umgehen kann.“ „Ich habe nie gesagt, dass ich darüber noch einmal sprechen möchte. Und nein, es hat mir nichts bedeutet. Ich hatte nur gedacht, dass es besser wäre, lieber nochmal nachzuhaken, ob es außer diesem einen gewissen Thema noch etwas gibt, das wir besprechen sollten, bevor wir es ignorieren und später bereuen.“ Daniel seufzte kurz leise und atmete Serdalls Duft tief ein, um sich zu beruhigen. Langsam wurde ihm echt kalt, aber er wollte diese Sache endlich zu Ende bringen. Serdall schüttelte den Kopf. Nein, da gab es nichts mehr, wenn Daniel diesen Kai nicht mehr erwähnen würde und sie einfach all das hinter sich lassen würden. Sich wieder an Daniel lehnend schlang er die Arme um ihn und lehnte seine Wange an Daniels Brust. „Kannst du es nicht einfach vergessen?“, fragte er Daniel ernst, sah ihn jedoch nicht an. Sie würden sonst nicht anders über die Sache hinwegkommen. Serdall interpretierte, kaum dass das Thema aufkam, viel zu viel in dieses Verhältnis hinein und es machte ihn schier wahnsinnig, wenn er Angst haben musste, das ihre Beziehung deswegen in die Brüche gehen könnte. Daniel hatte versucht es zu unterdrücken. In letzter Zeit hatte es immer besser geklappt, sein oft so aufbrausendes Temperament zu unterdrücken, aber irgendwann war es mal genug. Er konnte nicht immer brav kuschen, wenn ihm etwas nicht passte und mit Serdall konnte man meist nicht normal diskutieren, sondern musste auf den Tisch hauen, um sich Gehör zu verschaffen. Abrupt löste er sich und setzte sich so auf die Fliesen, dass er Serdall ins Gesicht sehen konnte. „Meinst du das bringt es, jetzt einfach alles zu verdrängen?“, fragte er unwirsch. „Zwar versuchst du dann nicht mehr dran zu denken, aber es ist noch da, oder? Und gerade bei dir stelle ich mir das als sehr fatal vor. Du bist so ein scheiß emotionaler Typ, dass das Ganze dich immer belasten wird, bei allem, was du mit mir machst, ohne dass du es überhaupt bemerkst, weil du es ja so schön verdrängst.“ Aufgebracht schmiss Daniel die Hände hoch und schnaubte frustriert. „Warum auch überhaupt verdrängen und vergessen? Wir haben darüber geredet, dass es mir nichts bedeutet hat. Gar nichts. Es war scheiß gefühlloser Sex und ich habe deswegen ein so schlechtes Gewissen dir gegenüber, dass ich mich teilweise am liebsten aus dem Fenster werfen würde. Die ganze Angelegenheit ist für mich abgeschlossen und es wäre schön, wenn du das von dir auch behaupten könntest, damit wir einigermaßen normal weitermachen können. Wenn wir alles verdrängen, verdränge zumindest ich auch die Fehler, die ich gemacht und aus denen ich gelernt habe!“ Serdall atmete auf. Irgendwie war es das, was er jetzt gebraucht hatte. Seinen impulsiven Freund, der ihm sagte, was er dachte. Er war irgendwie erleichtert, dass Daniel endlich überdeutlich sagte, dass das mit Kai eben bedeutungslos war. So glaubte er Daniel mehr… „Der Sex war scheiße?“, fragte er Daniel leise und sah ihm in die Augen. Auch das hatte ihm wirklich wehgetan, dass Daniel Kai gegenüber gesagt haben sollte, dass er schlecht im Bett war. Alles, was Kai ihm an den Kopf geworfen hatte… warum hatte Daniel nicht alles abgestritten? Warum hatte er gesagt, dass Kai ihm das gab, was ihm fehlte? „Du hast gemeint, dass Kai dir das gegeben hat, dass dir bei mir gefehlt hat. Was ist jetzt?“ „Verdammt, wie oft soll ich dir das noch sagen“, stöhnte Daniel verzweifelt. „Kai ist ein lockerer Typ mit dem man abends weggehen und Spaß haben kann. Es nun einmal so, dass du lieber zuhause bleibst. Da mache ich dir auch keine Vorwürfe. Ich kann einigen Dingen, die du gern tust, auch nichts abgewinnen. Trotzdem würde ich eben mal gern in die Disko und das fehlt mir dann eben auch. Nicht unbedingt bei dir. Es wäre zwar schön, mit dir zu gehen, aber ich will dich zu nichts zwingen. Ich meine das generell. Und der Sex…“ Daniel stockte kurz in seinem Redeschwall. „Es kommt auf die Situation und die Person an. Besagter Herr ist eben extrem erfahren und kommt schnell zur Sache. Dem war ich damals nicht abgeneigt. Aber das heute mit dir im Flur war um ein Vielfaches besser weil du es eben warst, die Situation unheimlich erregend, der Ort, die Dunkelheit. Auch sonst ist der Sex gut. Abwechslungsreicher wird er jetzt auch. Also was soll ich mich beschweren?“ Ja, erfahren, dachte Serdall wütend. Höchstwahrscheinlich hatte dieser Kai Typen wie am Fließband abgefertigt. Man konnte den Sex auch bloß auf die Reize reduzieren, was Serdall aber für schwachsinnig hielt, wenn da keine Liebe war. Nachdenklich sah Serdall zu Daniel. Sein Freund liebte ihn und Serdall selbst hatte nie das Gefühl gehabt, dass ihm was bei Daniel fehlte. Er hätte auch zu Anfang sagen können, dass ihm der Busen einer Frau fehlte, doch das war nicht so. Wenn er liebte, liebte er eben nicht nur den Körper, nicht die Hülle… Tief seufzend strich sich Serdall durch die Haare. Er war einfach ein viel zu verklärter Romantiker. „Ich gehe mit dir in die Disko“, bestimmte Serdall im nächsten Moment. „Wenn dir das gefällt, probieren wir das eben aus. Dafür kommst du mit mir in ein Konzert. Immer so im Wechsel, okay?“, schlug er leise vor und zog Daniel vom Boden hoch. Daniel zog die Nase kraus. Er hörte Serdall gern zu, wenn er spielte, er liebte es, wenn Serdall spielte, aber stundenlang irgendeinem Orchester zuzuhören, wie es irgendwelche klassischen Stücke von sich gab, war für ihn nach einiger Zeit mehr Tortur als alles Andere, auch wenn es anfangs noch recht interessant war. Aber es wäre wohl nur fair, wenn Serdall dafür mal mit in die Disko kam. „Hm“, murmelte Daniel zustimmend. „Nicht vergessen, Ethan und Dustin mitzunehmen, damit ich auch mal tanzen darf“, fügte er noch grinsend hinzu und schmiegte seinen kalten Körper dann an Serdall. „Lass uns ins Bett gehen. Mir ist ziemlich kalt und ich bin müde. Es ist mitten in der Nacht und irgendwie hat mich das Alles auch etwas erschöpft.“ Serdall nickte. Als sich Daniel jedoch seufzend auf ihr Doppelbett legte, musste er unweigerlich lächeln. Sie konnten doch jetzt noch nicht schlafen. Verschmitzt blickend ging Serdall zum Fußende des Bettes und kroch dann zwischen Daniels Beine. „Wann hast du nachher Uni?“, fragte er wie nebenbei, während er in Daniels linke Kniekehle griff, sich hinab beugte und seinen Mund verführerisch über Daniels Innenschenkel gleiten ließ. „Spät“, murmelte Daniel einerseits unbehaglich, andererseits schon voller Vorfreude. Es war immer so nach ihren Versöhnungen. Sex ohne Unterlass, um alles nachzuholen, was sie in der Zwischenzeit verpasst hatten. „Serdall, ich habe in den letzten zwei Stunden schon zweimal geduscht.“ „Dann duschen wir danach eben nicht mehr“, flüsterte Serdall lasziv und sah Daniel grinsend ins Gesicht. „Irgendwelche besonderen Wünsche für den jetzt unvermeidlichen Sex?“ Er wartete eine Antwort nur halb ab, denn nebenbei küsste er sich weiter über Daniels Haut. „Alles, aber bitte keinen Kuschelsex. Erstens will ich noch etwas Schlaf bekommen und zweitens habe ich gerade irgendwie weder Geduld noch Durchhaltevermögen. Und“, Daniel drehte sich schnell mit Serdall herum, sodass er jetzt auf seinem Freund lag, „ich will nicht wieder zur absoluten Untätigkeit verdammt sein. Lust auf neunundsechzig als Einstimmung?“, fragte er mit einem breiten Grinsen. „Ich möchte mindestens einmal langsamen, sensationsartigen, einfühlsamen Sex“, beharrte Serdall. „Sonst gehe ich gleich schlafen“, führte er aus, wobei nur seine leicht geröteten Wangen verrieten, dass es für ihn schon eine Überwindung war, so offen mit Daniel zu reden. Leicht grummelnd seufzte Daniel auf. „Dann müssen wir wohl erst mal dafür sorgen, dass meine schon aus den Ohren quellenden Hormone soweit beruhigt werden, dass ich währenddessen nicht verrückt werde vor unterdrückter Lust“, konstatierte er. „Dann macht es ja keinen Spaß“, murrte Serdall leise, aber er grinste im nächsten Moment schief. Wie er Daniel kannte, würde er auch so wieder betteln. Irgendwie war seine Ausdauer immer noch nicht an Serdalls herangekommen in all der Zeit. „Lass uns lieber mal anfangen“, meinte er im nächsten Moment. Er schubste Daniel von sich herunter und sein Freund blieb auf der Seite liegen. Serdall nutzte diesen Moment, um sich so hinzulegen, dass sein Gesicht an Daniels Unterleib herankam und Daniel ebenfalls an seinen. Er leckte sich leicht über die trockenen Lippen, bevor er begann Daniel zu verwöhnen. Leise stöhnte Daniel auf und begann dann selbst Serdalls Glied zu bearbeiten. Sie taten es nicht oft in dieser Position, aber wenn sie es taten, war es jedes Mal unglaublich. Er imitierte nur Sekundenbruchteile später jede von Serdalls Bewegungen, sodass sein Freund genau das zu spüren bekam, was er Daniel selbst zugute kommen ließ. ------------------------------------- Müde schlug Serdall am späten Morgen die Augen auf. Daniel lag wie tot neben ihn, was Serdall nicht sonderlich wunderte. Er grinste versaut, was er eigentlich nur sehr selten machte. Sie hatten es schlichtweg die ganze Nacht miteinander getrieben und Daniel war beim insgesamt fünften Mal einfach mittendrin weggepennt vor Erschöpfung. Lächelnd strich Serdall über Daniels Rücken, da er einfach auf dem Bauch liegengeblieben war und sich scheinbar seitdem nicht mehr bewegt hatte. Serdall hauchte einen Kuss in den schönen Nacken, ehe er aufstand und sich glücklich streckte. So eine Nacht war wirklich mal wieder nötig gewesen. Es war, als ob alle seine Zweifel nun vollkommen verschwunden waren und durch schöne Erinnerungen ersetzt worden sind. Natürlich war es noch längst nicht vergessen, was mit Kai und wegen Fei geschehen war, doch es schien wie in weite Ferne gerückt. Nach einer ausgiebigen Dusche zog sich Serdall noch eine leichte Hose an, ehe er mit bloßem Oberkörper, der voll von Knutschflecken war, nach unten ging. Er wollte nur schnell Daniel etwas zum Frühstücken holen. Naja, eher holte er essbare Dinge, die nicht zubereitet werden müssten. So dachte sich Serdall das zumindest. Was war denn gegen ein Glas Saft und Weißbrot einzuwenden? Er stockte im Türrahmen, als er Yoshiko in der Küche entdeckte. Mist, er war davon ausgegangen, dass sie allein im Haus waren, schließlich waren Taki und Dustin schon in der Schule. „Einen wunderschönen guten Morgen“, meinte er dennoch, schließlich trübte das jetzt seine gute Laune auch nicht mehr. „Morgen“, murmelte Yoshiko, als sie Serdall ebenfalls bemerkte und wandte ihren Blick schnell und mit extrem roten Wagen ab. Scheinbar stark beschäftigt machte sie sich daran, den Wasserkocher anzustellen und im Küchenschrank nach einem Teebeutel zu kramen. Jetzt, wo sie Serdall sah, kamen in ihr die Erinnerungen an die gestrige Nacht wieder hoch. Sie war aufgewacht, weil sie meinte, etwas gehört zu haben, was sich schließlich als leidenschaftliches Stöhnen nur ein paar Meter von ihrem Zimmer entfernt herausgestellt hatte. Der Anblick von Serdalls reichlich verziertem Oberkörper ließ jetzt auch darauf schließen, von wem diese Geräusche gekommen waren. Serdall musste wegen ihrer Reaktion leise lachen. „Sag mal“, fragte er im nächsten Moment liebenswürdig und schob sich in ihr Blickfeld, „würdest du für mich ein Tablett mit Frühstück zubereiten? Ich möchte Daniel überraschen“, meinte er halblaut und lächelte sie entschuldigend an, da er ihr ansah, dass es ihr extrem unangenehm war, Serdall so gezeichnet zu sehen. Yoshiko räusperte sich leise. „Soll irgendwas Bestimmtes mit drauf. Sowas wie Honig oder so?“, wollte sie noch extremer errötend wissen. Serdall lächelte glücklich. „Auf jeden Fall muss eine Tasse Kakao drauf. Ansonsten Marmelade“, zählte er auf und sah dabei zu, wie Yoshiko alles mögliche aus den Schränken heraussuchte und den Toaster betätigte, wobei sie immer noch schrecklich rot im Gesicht war. Verwirrt zog Serdall eine Augenbraue nach oben. War es ihr wirklich so peinlich, dass er ein paar Knutschflecke hatte? „Entschuldige meine Aufmachung“, meinte er kleinlaut. „Ich hab ganz vergessen, dass jetzt noch jemand mehr da ist.“ „Es ist nicht nur das“, erklärte Yoshiko schüchtern. „Nur wart ihr gestern Nacht doch etwas laut.“ Peinlich berührt wandte sie sich wieder von Serdall ab. Warum war sie nur so extrem verklemmt? Gut, sie hatte noch keine Erfahrungen auf dem Gebiet, aber heutzutage sprachen selbst junge Teenager ohne Scham über diese Themen und sie starb schon fast vor Scham, obwohl es noch nicht einmal um sie selbst ging. „Ups“, meinte Serdall nun auch etwas rot im Gesicht, ehe er laut lachte. „Dafür entschuldige ich mich dann auch. Echt, das war eine Ausnahme Yoshiko. Daniel und ich hatten die letzten Tage eine mittelschwere Beziehungskrise, was sich heut Nacht zum Glück wieder eingerenkt hat“, meinte er leise und biss sich auf die Lippe, als sie noch röter wurde. Tja, nun wurde sie daran eingeweiht, was man Versöhnungssex nannte. Serdall seufzte leise. Yoshiko würde damit schon klarkommen. Sie war vernünftig und sie würde auch nicht ewig Jungfrau bleiben, da war sich Serdall sicher. Sich bedankend nahm Serdall das Tablett von ihr entgegen. „Echt, tut mir leid, dass wir so laut gewesen waren.“ „Schon gut, ihr hattet eure Gründe“, beendetet sie das Thema und beschloss, nicht weiter auf Serdalls genannte Beziehungskrise einzugehen, da sie scheinbar vorüber war und nicht erneut aufgerollt werden musste. „Um halb zwei gibt es Essen, wenn Dustin und Taki wieder da sind“, fügte sie noch hinzu. „In Ordnung. Und vielen Dank für das Frühstück.“ Er lächelte sie noch einmal ehrlich an, ehe er sich beschwingt umdrehte und auf den Weg zurück zu Daniel machte. Leise Lachend registrierte er, dass Daniel sich nicht einen Zentimeter bewegt hatte. Serdall stellte das Tablett auf den Nachtschrank und beugte sich zu Daniel, wobei er die Decke von dessen Schultern etwas nach unten zog und begann, ihn sanft zu kraulen. Sein Freund zog ein wenig die Nase kraus. „Prinzesschen?“, fragte Serdall leise an Daniels Ohr und hauchte einen Kuss auf seine Wange. Daniel zog scharf die Luft ein und stöhnte leise. „Nicht, Serdall“, murmelte er leidlich. „Ich kann nicht mehr. Es ist bestimmt schon fast Morgen und ich muss irgendwann zur Uni.“ Mit einem erstickten Laut vergrub er den Kopf im Kissen. „Außerdem brennt mein Arsch wie Feuer“, fügte er noch hinzu. Serdall lachte und strich weiter über Daniels Rücken. „Es ist schon Morgen und ich glaube kaum, dass du heute noch wirklich zur Uni kommst“, meinte er ehrlich und ließ seine Fingerspitzen sanft über die weiche Haut wandern. „Du bist zum Schluss eingepennt, Dan“, flüsterte Serdall amüsiert und seine Augen wanderten verträumt über Daniels Rücken, der ziemlich schön verziert war mit roten Flecken. Himmel, sie waren wirklich etwas zu heftig gewesen. Kurz fluchte Daniel unschön, machte aber keine Anstalten, sich irgendwie zu bewegen. Verdammt war das peinlich, einfach mittendrin einzupennen. Vor allem fragte er sich, was Serdall dann gemacht hatte. So wie Daniel sich fühlte, hatte er sich von einem schlafenden Freund nicht stören lassen und einfach weiter gemacht, aber erstens traute Daniel ihm das in keinster Weise zu und zweitens reichten fünf mal Masse aus, um ihn sich so durch den Fleischwolf gedreht fühlen zu lassen. „Ich denke auch nicht, dass ich heute zur Uni gehe, weil ich mich nämlich nicht einen Zentimeter bewegen werde, sondern einfach so liegen bleibe, bis es wieder Zeit zum schlafen ist“, murrte er. „Wie spät ist es eigentlich?“ „Kurz nach zehn“, verkündete Serdall grinsend und küsste Daniel noch auf die Stirn. „Meinst du, du schaffst es dich auf den Rücken zu drehen? Ich hab Frühstück mit hochgebracht“, meinte er und streichelte Daniel unablässig. Er hatte gerade das schreckliche Bedürfnis, Daniel einfach fühlen zu lassen, dass er ihn liebte, aber eben nicht auf sexuelle Art und Weise. Jedoch wusste er nicht, ob Daniel sich in soweit bewegen würde, dass sie sich aneinander kuscheln konnten, obwohl… „Komm mal her.“ Serdall setzte sich neben Daniel, wobei er sich gegen die Wand lehnte und fasste Daniel an den Achseln, um ihn zu sich zu ziehen, auch wenn sein Freund dabei zischend fluchte. Entschuldigend lächelnd half Serdall ihm sich zwischen seine Beine zu legen und mit den Rücken an seine Brust zu lehnen. Umständlich griff er nach der Decke und drapierte sie wieder über Daniel und griff dann nach rechts zum Nachtschrank, um Daniel seinen Kakao zu reichen. Daniel ruckelte sich so hin, dass er nur ein geringes Puckern in seinem Allerwertesten spürte und nahm die warme Tasse entgegen. „Das nächste Mal liegst du unten und ich mache mich fünfmal über dich her, bis du vor Erschöpfung zusammenbrichst, dann wirst du mal sehen, wie das ist“, grummelte er, musste allerdings leicht grinsen. Serdalls Nähe und der verführerische Duft des Kakaos besänftigten ihn ziemlich. Außerdem war es ja nicht so, dass er die Nacht gestern nicht genossen hätte. Nur Nummer vier und fünf waren dann doch etwas viel gewesen, aber Serdall wusste leider, wie man ihn rumkriegen konnte. Serdall war sichtlich amüsiert, während er seine Hände unschuldig über Daniels Bauch gleiten ließ. „Ich fand, dass die Nacht so in Ordnung war“, meinte er halblaut und brachte seinen Mund nahe an Daniels Ohr, um einen Kuss darauf zu hauchen und mit den Lippen weiter nach unten zu wandern, um Daniels Hals zu liebkosen. Er fühlte sich im Moment einfach nur glücklich. Alles schien zwischen ihm und Daniel geklärt zu sein und solange das Thema Kai nie wieder zu Tage kam, würde Serdall sich nicht mehr so schrecklich fühlen müssen, wie in den letzten Tagen. „Klasse. Dein Arsch fühlt sich auch nicht so an, als hätte man dir einen Einlauf mit Zitronensäure verpasst“, maulte Daniel und nippte an seinem Kakao, während er den Händen nachfühlte, die immer weiter seinen Bauch hinab wanderten. „Dreißig Zentimeter tiefer und das Sexverbot verlängert sich um zwei weitere Tage“, drohte er. „Du hast nie was von Sexverbot gesagt“, murrte Serdall, doch er ließ seine Hände nicht tiefer gleiten. Er wollte Daniel schließlich seine Zeit lassen, um sich zu kurieren, denn wie es schein, war Daniel im Moment extrem missgestimmt. Verständlich, dachte sich Serdall seufzend und griff sich einen Toast, um ihn Daniel vor die Nase zu halten. Nachdenklich legte Serdall die Stirn in Falten. Daniel tat ihm leid. Wie schön auch der Sex gestern gewesen war, diese Nachwirkungen waren wirklich nicht sonderlich angenehm. „Bist du böse auf mich?“, fragte Serdall im nächsten Moment. Schließlich hatte er Daniel bei den letzten beiden Malen ja ziemlich überrumpelt oder besser gesagt dazu animiert, obwohl sein Freund schon ziemlich fertig gewesen war. Daniel seufzte leise und schluckte das Stück Toast herunter, das er abgebissen hatte. „Ich bin nicht böse“, meinte er und verzog den Mundwinkel leicht. „Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht auch meinen Spaß gehabt, auch wenn es eigentlich irgendwann mal genug davon war. Ich bin wohl grad nur etwas mies drauf, weil mein Hintern nicht ganz so glimpflich davongekommen ist. Tut mir leid.“ Er lehnte sich näher an Serdall und biss noch einmal von dem Weißbrot ab. „Mir auch“, flüsterte Serdall leise und stützte sein Kinn auf Daniels Schulter ab. Trotzdem hätte er diese Nacht nie missen wollen. Er war wirklich froh, dass er mit Daniel wieder ins Reine gekommen war. Nicht auszudenken was geschehen wäre, wenn sie es nicht hinbekommen hätten. Leise seufzend schloss Serdall die Augen. Er liebte Daniel so unsagbar sehr, dass es ihm manchmal wirklich unheimlich war. Gerade in diesen extremen Situationen, die sie jetzt alle überstanden hatten, hatte er das Gefühl, dass er immer abhängiger von Daniel wurde. Unbehaglich dachte er an die Ringe, die Fei ihnen geschickt hatte. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es trotzdem noch viel zu früh dafür war. Ende Kapitel 26 Kapitel 27: ------------ Kapitel 27 Leise vor sich hin summend stand Daniel am Freitag vor dem Badezimmerspiegel und gelte sich seine Haare. Er hatte schon etwas Kajal um die Augen, den er von Dustin stibitzt hatte. War eigentlich klar gewesen, dass der einstmals so große Partygänger noch irgendwo sowas rumfliegen hatte. Dustin schien ihn entweder nicht zu vermissen oder nicht zu brauchen, denn er machte sich zusammen mit Ethan ein Stockwerk tiefer fertig. Grummelnd bearbeitete Daniel eine Strähne etwas härter, die einfach nicht so sitzen wollte, wie er es geplant hatte. Mürrisch saß währenddessen Serdall auf dem Badewannenrand und ließ seinen Blick ungeniert über Daniels Körper gleiten. Gut, es war die Rede davon gewesen, dass sie in die Disko gehen, aber musste Daniel sich deswegen so herrichten. Serdall glaubte, dass er nie solch eine enge Jeans an Daniels gesehen hatte, die auch noch so schrecklich tief saß, dass man dessen Beckenknochen erkennen konnte. Und das Muskelshirt war auch viel zu eng und betonte Daniels schönen Körper viel zu sehr. „Meinst du nicht, dass du es etwas übertreibst?“, murrte Serdall und dachte dabei auch besonders daran, dass Daniel vorhin sogar wieder sein Schamhaar abrasiert hatte. Das Schlimme an dieser Hose war auch, dass man selbst Daniels Tattoo halb zu Gesicht bekam. Serdall hatte sich noch nichts angezogen, sondern saß immer noch in seiner Hauskleidung, was hieß schlabbrige Jeans und weites Shirt, rum und hatte keinerlei Ambitionen Daniel nachzueifern. Und dann noch dieses schwarze Kram, den sich Daniel glücklicherweise dezent um die Augen gemacht hatte. Daniels Augen waren gerade verdammt hell und stechender als normal, was Serdall leise Herzhüpfer gab, wenn sein Freund ihn ansah. „Serdall, du ruinierst die Stimmung“, erklärte Daniel seufzend, während er sich die Hände wusch und seinen Freund durch den Spiegel betrachtete. „Außerdem wollen wir demnächst los und du hast doch wohl nicht vor so zu gehen, oder? Und wenn du mein Outfit schon übertrieben findest, möchte ich nicht sehen wie du reagierst, wenn du die anderen Typen siehst, die dort rumlaufen. Allein der Barkeeper hat ganz klischeehaft oft nicht mehr als eine Fliege um den Hals und eine enge Hose oder Hotpants.“ Er drehte sich um und hockte sich neben die Wanne. „Und mal ehrlich, du kannst mir nicht erzählen, dass ich dir so nicht gefalle“, fügte Daniel noch grinsend hinzu. Er hatte Serdalls Blicke sehr wohl bemerkt. Serdall murrte weiter leise. Ja, Daniel gefiel ihm schon ganz gut, obwohl er ihn nackt am liebsten hatte… Seufzend stützte Serdall seinen Kopf in eine Hand und sah Daniel in die Augen. „Ich brauch nicht lange, um mich anzuziehen“, meinte er gelassen. Schließlich würde er sich sicherlich nicht so zurecht machen. Wozu auch? Er hatte ja keine Hintergedanken. Er stockte. „Ich hoffe, dass du dich nur für mich so aufdonnerst“, knurrte er und zog die Nase leicht kraus, als er in Daniels Nacken griff, um ihn forsch zu küssen. Allein der Gedanke machte ihn schon eifersüchtig, dass Daniel eben gesehen werden wollte und das von lauter anderen Schwulen… Kurz erwiderte Daniel den harten Kuss, bevor er sich mit ziemlich roten Lippen wieder löste. „Nun, ich kleide mich dem Anlass entsprechend“, führte er aus. „Denn wenn du da in deinen Alltagsklamotten hingehst, fällst du fast mehr auf. Zumindest in dieser Disko. Und wenn du vorhast, diese Klamotten einfach gegen ein paar frische auszutauschen, hast du dich geschnitten.“ Er nahm Serdall an die Hand und zog ihn hinter sich her ins Schlafzimmer. Leider war sein Freund doch ein wenig größer als er, was hieß, dass zumindest die Hosen nicht passen würden, aber Serdall hatte so viele Anziehsachen, da würde sich schon was finden lassen. Daniel steckte den Kopf in den Kleiderschrank und inspizierte den Inhalt eine Zeit lang, bevor er von ganz hinten eine zumindest auf den ersten Blick recht enge Jeans herauszog und noch ein weißes Hemd dazulegte. Finster sah Serdall auf die Sachen. „Meinst du echt, dass ich mich für diesen Laden auch noch schick mache?“, murrte er genervt und ging zu Daniel, um ihn in die Arme zu ziehen und leichte Küsse auf sein Gesicht zu hauchen, während er ihn rückwärtig gegen eine Wand drängte. Irgendwie verstand Serdall diese ganze Mentalität sowieso nicht. Daniel wollte, dass er sich zurecht machte, aber wofür? Damit er vielleicht noch von irgendeinem Typen angelabert wurde? Serdall war froh, wenn er seine Ruhe hatte und ihn keiner auf zehn Meter näherte und das wäre für die Gesundheit anderer auch besser, wenn sie es ebenso bei Daniel handhaben würden. Daniel drückte Serdall ein Stück von sich weg. Wenn sie in diesem Tempo weitermachten, währen sie auch nach Mitternacht noch immer hier. „Du sollst dich nicht für diesen Laden schick machen, sondern für mich. Denn ehrlich gesagt finde ich es nicht schlecht, dich auch mal in anderen Klamotten als diesen hier zu sehen“, meinte Daniel finster und deutete auf Serdalls schlabbriges, bequemes Zeug. „Wenn wir ins Konzert gehen, soll ich ja wohl auch nicht so aufkreuzen und wenn wir in die Disko gehen, ziehst du dich eben bitte auch dementsprechend an.“ Serdall rollte mit den Augen. Daniel hatte ja Recht. Murrend ließ er von seinem Freund ab und begann sich auszuziehen, um dann die Sachen überzustreifen, die Daniel ihm raus gelegt hatte. Finster sah er zu Daniel, als er das kurzärmelige Hemd zuknöpfte, wobei er dann doch die ersten beiden Knöpfe offen ließ, damit man die Weißgoldkette zu Gesicht bekam, die Daniel ihm damals geschenkt hatte. „Zufrieden?“, fragte er Daniel, ehe er ins Bad schlurfte, um sein Parfüm aufzutragen, das Daniel so mochte. Serdall warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Daniel hatte natürlich eine der Hosen rausgezogen, die ihm mal vor zwei Jahren gepasst hatten, aber jetzt schon ziemlich eng waren, da er in der Zeit durch das gute Essen und die liebevolle Pflege ziemlich an Muskeln zugelegt hatte. Serdall musste bei dem Gedanken leicht grinsen, doch es schwand wieder aus seinem Gesicht. Seine Haare waren immer noch ziemlich lang und er strich fahrig hindurch. „Genau so“, kommentierte Daniel Serdalls letzte Handlung. „Nur mit ein bisschen Gel in den Händen.“ Er holte die Tube hervor und hielt sie Serdall vor die Nase. Kajal wollte er seinem Freund ehrlich nicht aufschwatzen, vor allem waren Serdalls Augen durch den Teil Japaner, der in ihm steckte, ohnehin von Natur aus gut betont. Er musste sagen, dass Serdall ihm echt gefiel. Im Anzug sah er schon zum Anbeißen aus, aber diese Klamotten ließen seine Gedanken dann noch mehr abdriften. Etwas abwesend öffnete er noch jeweils einen Knopf oben und unten vom Hemd und hielt dann wieder die Geltube hoch. Gekonnt tippte sich Serdall mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. „Meine Haare sind auch so schon ein Zustand“, meinte er ernst und sah ungläubig auf das Haargel. „Deine Haare sind klasse und mit dem Gel werden sie noch besser“, gab Daniel zurück und drückte sich eine Portion auf die Hand, bevor er seine Hand in die Nähe von Serdalls Haaren brachte. Keuchend rückte Serdall von Daniel ab, aber hatte alsbald das Waschbecken im Rücken. Nach Daniels Handgelenken greifend hielt er seinen Freund davon ab, ihm die Hände in die Haare zu drücken. „Wir müssen es doch nicht übertreiben“, knurrte er, jedoch versetzte er sich in Alarmbereitschaft, als Daniel lasziv lächelnd sein Becken gegen seins schob. „Wir übertreiben es schon nicht“, raunte Daniel und leckte sich provozierend über die Lippen. „Du wirst schon sehen, dass du dich so besser fühlst, wenn du dich zwischen den ganzen Leuten wiederfindest. Außerdem weißt du gar nicht wie heiß es mich jetzt schon macht, dich mal so zu sehen. Wenn jetzt noch deine Haare gemacht sind kannst du davon ausgehen, dass ich den ganzen Abend nicht die Augen von dir lassen werde.“ Verlangend küsste er Serdall, der seine Handgelenke noch immer im festen Griff hatte. In den Kuss seufzend merkte Serdall wie jeglicher Widerstand in ihm bröckelte, bis er Daniels Handgelenke losließ, um seine Hände auf Daniels Hüfte zu legen und ihn enger an sich zu ziehen. Sein Freund nutzte natürlich die Gelegenheit, um das Gel in seine Haare zu verteilen, doch Serdall war es egal, solange nur Daniels Zunge sich mit seiner verwob. Keuchend lösten sie sich nach einer Weile voneinander und Daniel zupfte grinsend an Serdalls Frisur herum, was der nun wortlos geschehen ließ. Wenn sein Freund ihn dafür so entschädigte, störte es Serdall schon fast gar nicht mehr und das seine Finger gerade über Daniels festen, kleinen Hintern in dieser engen Hose streichen konnten, war ein schöner Nebeneffekt dieser Aktion. Triumphierend besah sich Daniel sein Werk. Er war noch nicht sonderlich erfahren im Haare stylen, doch er befand, dass er seine Sache bei Serdall eigentlich recht gut gemacht hatte. „Nun, nachdem wir beide fertig sind, könnten wir eigentlich losgehen oder zumindest gucken, wie weit Dustin und Ethan sind.“ Misstrauisch warf Serdall noch einen Blick in den Spiegel. Gut, es sah nicht schlecht aus, aber es war ein sehr ungewohnter Anblick. Seufzend verschränkte Serdall seine Hand mit Daniels, nachdem er Daniel zugestimmt hatte. In der zweiten Etage trafen sie auf ein schon sehr bekanntes Bild. Ethan war gerade dabei Dustin tief zu küssen, hatte die Arme eng um dessen Hals geschlungen, während Dustin ihn gierig zurückküsste und seine Hände sich schon unter Ethans Hose am Hintern stibitzt hatten. Serdall könnte wetten, dass Ethans Hose vorne sicherlich schon offen war. „Wir sind dann fertig“, meinte Serdall lauter und kälter als nötig. Stöhnend löste sich Dustin von dem Rothaarigen, der sofort seine Stirn an seine Brust vergrub und sah zu Daniel und Serdall. Seine Augen weiteten sich ein Stück weit und er pfiff anerkennend durch die Zähne. „Ihr habt euch ja richtig rausgeputzt“, meinte er verschmitzt, während er seine Hände von Ethans Hintern abzog und der seine Hose wieder schloss. Daniel sah dem Ganzen eher skeptisch zu. Er ließ Dustins Worte unkommentiert. „Irgendwie etwas seltsam, dass ihr meint, hier so eine Show abziehen zu müssen, wenn wir eigentlich demnächst irgendwann loswollen“, meinte er scheinbar gleichgültig. „Vor allem glaube ich, dass es in der Disko auch irgendwo sowas wie einen Darkroom gibt, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Von daher könnten ihr das auch auf später verschieben und wieder mal was Neues ausprobieren.“ „Da spricht die Eifersucht“, trällerte Dustin amüsiert und legte einen Arm um Ethans Schultern. Seine Augen wanderten musternd über Serdall und Daniel. Bei letzterem stockte er leicht, als er das halbe Tattoo auf dem V, das durch Daniels knappe Kleidung nun zur Hälfte zu sehen war, registrierte. Überrascht zog er eine Augenbraue nach oben. Davon hatte er gar nicht gewusst. Plötzlich verstellte Serdall etwas die Sicht auf seinen Freund und sah Dustin wütend an. Abwehrend hob der die Arme und lachte vergnügt. „Lasst uns losfahren“, meinte er und zog Ethan mit sich nach unten. Lange mussten sie nicht anstehen, um reinzukommen. Serdall hatte sich kurz verabschiedet und war dann zufrieden wiedergekommen, um sie an den anderen wartenden Gästen vorbei in die Disko hineinzulotsen. Unglaublich, dass sogar Türsteher bestechlich waren. Wobei, eigentlich konnte es denen ja egal sein, wer nun zuerst und wer danach reinkam. Daniel sah sich um. Alles war wie immer. Auf einigen erhöhten Tanzflächen tanzten entweder gut gelaunte Gäste oder engagierte Tänzer, die lange Bar war gut besetzt und die Tanzfläche um diese Uhrzeit schon von vielen Leuten in Beschlag genommen. Serdall registrierte mit einem bösen Blick die Umgebung. Mussten diese ganzen Männer so glotzen? Sofort schlang er einen Arm um Daniel und zog ihn eng gegen sich. Das war absolut nicht seine Lokalität. Die Musik war laut und schlecht, es war stickig, verraucht und viel zu warm. Mit einem schiefen Lächeln registrierte er jedoch, wie Daniel diese ganze Atmosphäre zu gefallen schien, dass seine Augen zu leuchten schienen vor Freude. Wenn er es eben mag, dachte sich Serdall nachgebend und zog Daniel mit sich an die Bar, um ihnen etwas zu trinken zu bestellen. Grinsend stellte Daniel fest, dass Serdall ihm unwissentlich genau denselben Drink bestellte, den er die letzten Male, die er hier war, auch getrunken hatte. Glücklich setzte er sich auf einen der Hocker, die vor einem Teil der Bar platziert waren, und genoss das Gefühl der wummernden Bässe in seinem Magen. Es war toll wieder hier zu sein und noch besser war es, dass er Serdalls als Begleitung hatte. Dustin und Ethan waren schon irgendwo in der Menge untergetaucht, doch das störte Daniel nicht sehr. Er vermutete nicht, dass Serdall nüchtern schon tanzen würde, aber der Abend war lang und die Menge an Alkohol unerschöpflich. Serdalls Lippen verzogen sich zu einem Strich, während er sich krampfhaft an seinem Glas Scotch festhielt. Ihm war absolut unwohl bei den ganzen Menschen, die so zusammengepfercht in diesen Räumlichkeiten zu sein schienen und er mittendrin. Daniel schien richtig hier aufzugehen. Sein ganzer Körper versprühte eine unbändige Vorfreude und Ungeduld und Serdall beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, wenn er mal nicht die ganzen anderen Männer finster ansah, die zu ihnen blickten. Unweigerlich ließ Serdall seine Hand über Daniels Oberschenkel gleiten und stellte sich eng neben seinen Freund, wobei neben ihm sich schon wieder ein Mann vorbeidrängte, um an die Bar zu kommen. Der Körperkontakt, der dabei entstand, bereitete Serdall Übelkeit. Kurzentschlossen drehte er Daniel zu sich, schob sich zwischen dessen Beine und schlang die Arme um ihn, nur um noch einmal Kraft für diesen ganzen Mist zu tanken. Etwas überrumpelt umarmte Daniel seinen Freund. Serdall schien das Ambiente wirklich nicht sonderlich zu mögen, aber sie mussten ja nicht bis zum frühen Morgen hierbleiben. Zwei bis drei Stunden sollten genügen. So konnte er sich etwas austoben und Serdall war danach hoffentlich nicht zu schlecht gelaunt. Seufzend küsste Daniel ihn kurz und sah ihm dann aufmunternd in die Augen. „Sei einfach mal ein wenig lockerer“, sprach Daniel in Serdalls Ohr, um die Musik zu übertönen. „Hab ein wenig Spaß und zieh nicht so ein Gesicht, okay? Wir bleiben nicht so lange.“ Mit einem leichten Grinsen strich Daniel ihm kurz über die Wange. Schief lächelte Serdall zurück. Jetzt schien es fast halb so schlimm. Er küsste Daniel noch einmal tief, ehe er wieder von ihm abließ und seinen Scotch trank. Er wollte Daniel nicht den Abend vermiesen, aber das eben war wirklich noch einmal nötig gewesen, um nicht völlig verrückt zu werden zwischen diesen ganzen Menschen. „In Ordnung“, meinte Serdall noch zu Daniel, ehe er sich noch ein Glas Alkohol bestellte und sein Leeres abgab. Serdall sah sich weiterhin um, versuchte aber nicht ganz so böse auszusehen, damit Daniel sich wenigstens amüsieren könnte. Er entdeckte im nächsten Moment Ethan und Dustin und lehnte sich gleich entschlossen zu Daniel. „Du wolltest doch tanzen, oder? Da ist Ethan.“ Daniel grinste, stand auf und strebte auf die Tanzfläche zu. Er bahnte sich den Weg durch einige tanzende Männer und ignorierte die Hände, die ab und an auf seinen Hintern glitten. Wenn er sich jedes Mal darüber aufregen würde, wäre er den ganzen Abend nur am herumschreien. Außerdem zeigte ihm dieses Verhalten, dass sein Marktwert trotz der langen Beziehung mit Serdall noch nicht so extrem tief gesunken war. Nicht, dass er vorhatte, dieses Wissen für irgendwas zu gebrauchen, doch es war einfach mal schön, sich darüber im Klaren zu sein. Zumindest pushte es Daniels Ego doch um einiges. Bei Dustin und Ethan angekommen ließ sich Daniel in den Rhythmus der Musik fallen. Lächelnd nahm er zur Kenntnis, dass seine beiden Freunde für ihn etwas Platz machten. Einige Zeit tanzten sie locker nebeneinander, bis Dustin sich etwas von Ethan löste und Daniel antanzte. „Spinner“, schrie Daniel lachend über die Musik hinweg. „Lass deine Griffel bei dir, sonst stirbst du gleich mehrere Tode. Einen durch deinen eifersüchtigen Freund und wohl gleich mindestens zwei durch meinen.“ Dustin lachte vergnügt und streckte Daniel kurz die Zunge heraus. Es war überaus belustigend Serdall an der Bar zu sehen, wie er sich einen Scotch nach dem anderen regelrecht rein kippte. Dustin verstand ihn irgendwo. Dass er überhaupt in einer Disko für Homosexuelle war, grenzte sowieso fast an ein Wunder. Eher hätte Dustin gewettet, dass Serdall sich selbst vom Dach eines Hochhauses schmiss, als sich hierher zu begeben. Gerade weil Serdall eben solche Musik einfach nur hasste und dass hier nur Männer herumliefen war wohl ein zweiter Punkt, der sich zur Menschenmasse tummelte, die Serdall auf den Magen schlagen würde. Daniel und Ethan an sich ziehend tanzte Dustin mit den beiden etwas aufreizender. Sein kleiner Engländer würde nie etwas gegen Daniel sagen, wenn es eben bei diesen kleinen Spielchen blieb. Kurz warf Dustin noch einen Blick über die Masse und musste im nächsten Moment laut loslachen. Wurde Serdall etwa gerade angemacht? Ein etwas zierlich wirkender, junger Mann mit superblondem Haar, großen, grünen Augen und hübschem Gesicht stand neben Serdall und unterhielt sich sogar mit dem Violinisten. Ja, sie unterhielten sich. Serdall hatte höchstwahrscheinlich in der kurzen Zeit zu viel getrunken, sonst konnte sich Dustin nicht erklären, warum sein Schwager sogar einmal lächelte. „Ich glaub dein Freund ist nicht sehr eifersüchtig“, schrie Dustin zu Daniel und deutete zur Bar. Daniels Blick schoss in die Richtung, die Dustins ausgestreckter Arm andeutete und er stoppte in seinen Bewegungen. Ziemlich ungläubig starrte er zu seinem Freund. Serdall würde nie einfach so auf jemanden zugehen. Auch wenn wohl dieser Kerl da auf ihn zugegangen war, war Serdall auf das Gespräch eingestiegen. Scheinbar interessiert hielt er die Unterhaltung aufrecht und lächelte jetzt sogar leicht. Allein das ließ Daniels Laune rapide sinken. Schnaubend machte er einen Schritt nach vorne. Er wurde jedoch sofort am Arm gegriffen und von Dustin zurückgehalten, der ihn belustigt ansah. „Du vertraust Serdall nicht einmal in dieser Situation?“, rief er Daniel ungläubig ans Ohr und zog ihn wieder zu sich. „Sieh doch einfach mal zu, was passiert“, rief Dustin noch und animierte Daniel wieder zum Tanzen, wobei der Schwarzhaarige jedoch ständig zu seinem Freund stierte und finster beobachtete, was geschah. „Es geht nicht darum, dass ich ihm nicht vertraue. Ich vertraue einem stark alkoholisierten Serdall im Zusammenhang mit einem nicht vertrauenswürdigen Typen nicht“, meinte Daniel angepisst. Sein Blick blieb weiterhin an Serdall kleben und er riss die Augen auf, als er den Kellner zu sich heranwinkte, der ihm kurze Zeit später Zettel und Stift brachte. Er ließ den anderen Kerl ein Stückchen Papier abreißen, bevor er selbst etwas auf den Rest schrieb. Bei Daniel brannten alle Sicherungen durch. Er riss sich von Dustin los und stapfte wütend auf die beiden an der Bar Sitzenden zu. Hart packte er den Blonden am Arm und pfefferte ihn gegen die Theke. Er riss Serdalls Handgelenk zu sich, an dem das Armband hin und hielt seines daneben. „Weißt du, was das heißt?“, zischte er. „Das heißt verpiss dich und lass die Griffel von meinem Freund. Und die hier gibst du mir auch besser.“ Daniel nahm das Stück Papier an sich, auf dem wie gedacht Serdalls Telefon- und Handynummer standen. Der Blonde sah etwas überrascht drein und Serdall sah ziemlich verliebt zu Daniel. „Prinzesschen“, rief Serdall gegen den Lärm an und schlang einen Arm um dessen Hüfte, um ihn zu sich zu ziehen. „Das ist Luka“, erklärte er laut und entnahm Daniels Fingern das Stück Papier, um es dem Blonden hinzuhalten. „Er spielt Violoncello in einem Kammermusikensemble deiner Uni“, erklärte er laut. „Wir wollen uns Mal treffen, da ihnen gerade die Violine für ihr Streichquartett fehlt.“ Serdall verstand zwar Daniels Eifersucht, doch er war eben nur von diesem jungen Mann angesprochen wurden, da er ihn als Serdall Agamie erkannt und ihm erklärt hatte, was los war. Serdall sah jedoch nicht den höhnischen Blick, den Luka Daniel zuwarf, während sich der Blonde das Stück Papier wieder aus Serdalls Händen nahm und natürlich überdeutlich dessen Finger berührte. Daniel griff Luka am Kragen und knallte ihn dieses Mal um einiges fester erneut an die Theke, sodass sein Gegenüber schmerzhaft stöhnte. „Lass deine Griffel von ihm oder ich stopfe dich kopfüber ins Klo“, drohte Daniel und stieß Luka dann von sich. Er drehte sich zu Serdall um und küsste ihn hart und verlangend, während er seinen Oberschenkel an dessen Schritt brachte und nachdrücklich anfing, Serdall zu reizen. „Daniel“, zischte Serdall wütend, während er ihn etwas von sich schob. Was war denn nur in seinen Freund gefahren? „Bist du denn komplett verrückt?“, rief er wütend und sah kurz entschuldigend zu Luka, der schief zurücklächelte. „Ich ruf Sie an“, rief der Blonde und rieb sich den Rücken, während er das Weite suchte. Serdall lieferte sich währenddessen ein kleines Blickduell mit Daniel. Er kannte seinen Freund nicht eifersüchtig, aber er hätte nie gedacht, dass er auch gewalttätig werden würde. Das war dann doch Serdalls Part. Starr sah Daniel zurück. Wenn Serdall dachte, dass er untätig dabei zusah, wie sein Freund angemacht wurde und es noch nicht einmal bemerkte, hatte er sich geschnitten. Dieser Luka war bestimmt nicht nur auf ein wenig Hilfe in seinem beschissenen Kammerorchester aus. Wahrscheinlich träumte er schon von einer großen Karriere durch irgendwelche Beziehungen, die Serdall hatte und mit etwas Überzeugungskraft an ihn weiterleiten würde. Daniel schnaubte und starrte Serdall weiterhin fest in die Augen. Amüsiert lächelnd lehnte sich Serdall plötzlich zurück und nippte an seinem Glas, während er seinen Freund nicht aus den Augen ließ. Daniel war eifersüchtig, aber richtiggehend heftig. Dieser Blick gab Serdall eine Gänsehaut und wenn er ehrlich war gefiel es ihm, dass Daniel sich doch so um ihn sorgte. Serdall stellte sein Glas wieder fort und schlang dann seine Arme um Daniels Nacken. „Luka ist weg“, meinte er deutlich an Daniels Ohr. „Du kannst wieder tanzen gehen.“ Serdall war sich bewusst, dass er Daniel ziemlich damit ärgerte, dass er sich jetzt nicht entschuldigte und seine Liebe für ihn beteuerte. Doch gerade baute sich die Hoffnung in ihm auf, dass sich Daniels Wut bis sie zu Hause waren noch ein wenig steigerte. Sein Freund würde bis dahin sicherlich fuchsteufelswild sein und Serdall war gespannt, wie sich das auf ihren Sex auswirken würde. „Jaa, klar“, meinte Daniel gedehnt. „Damit dann der nächste Typ denkt, er hätte einen Freischuss und sich an dich ranschmeißt. Denn falls du es nicht gemerkt haben solltest, hat dieser verfickte Luka genau das gemacht.“ Reichlich angenervt blieb Daniel neben Serdall sitzen und bestellte sich etwas Hochprozentiges. Er war wütend und angepisst und stocksauer. Außerdem weigerte er sich strikt sich einzugestehen, dass er eifersüchtig war. Er wollte seinen scheinbar so naiven Freund nur vor Übergriffen schützen. So gutgläubig wie Serdall heute schien, würde er den nächsten Kerl wohl auch noch helfend auf die Toilette begleiten. „Wenn du nicht tanzen gehst, dann können wir auch nach Hause fahren“, rief Serdall Daniel ins Ohr und lächelte ihn verschmitzt an. Ethan kam plötzlich auf sie zu, nachdem Daniel nur unverständliches gegrummelt und sich den Whiskey runter gestürzt hatte, den er sich bestellt hatte. Der Rothaarige sah Serdall kurz fragend an, bis der nickte und griff dann nach Daniels Hand, um ihn mit sich zurück in die Menge zu ziehen. Serdall trank indes weiter und ignorierte die geierartigen Blicke um ihn herum. Er wollte die Zeit einfach nur noch rumbringen und sich dann endlich wieder in Daniels Arme sinken lassen. Etwas abwesend betrachtete er das Armband, das Daniel vorhin mit dem eigenen vorgehalten hatte. So eindeutig wie ein Ring war solch ein Armband nicht. Serdall seufzte laut, was in dem Krach reichlich unterging. Er dachte an die Ringe. Gerade nach dieser Aktion hatte er das Bedürfnis, sie mit Daniel anzulegen. Das würde einfach zeigen, dass es da keinen Zweifel gab, ob sie nun nur Freunde oder Geschwister waren. Zwei gleiche Ringe waren unmissverständlich, besonders an der rechten Hand. Mechanisch bewegte sich Daniel im Takt, während er in seinen Gedanken Serdall und vor allem Luka verfluchte. Dafür, dass der Kerl Serdall weiterhin angegraben hatte, obwohl Daniel ihm unmissverständlich klargemacht hatte, dass sie zusammen waren, hätte er dieser miesen Kröte am liebsten mehr gegen die Theke geknallt, als nur den Rücken. Allein damit die Fronten ein für alle mal geklärt waren. Allerdings war er noch nie so wirklich der gewalttätige Typ gewesen. Aber auch Serdall kotzte ihn gerade ziemlich an. Einerseits, da er Luka einfach erneut seine Nummer zugesteckt hatte, andererseits, da er trotz Daniels Ausbruch einfach geschwiegen und ihn obendrein eben mal wieder auf die Tanzfläche dirigiert hatte. Wer war denn angeblich so extrem einfühlsam? Von dieser Eigenschaft Serdalls hatte er nicht sehr viel gemerkt. Nach einer halben Stunde war es Daniel genug. Er verabschiedete sich von Dustin und Ethan und ging zurück zu Serdall. Alle Typen, die in weniger als einen Meter Entfernung um ihn herumstanden, erdolchte er mit Blicken und stellte sich dann vor seinen Freund. „Wegen mir können wir los“, verkündete er grantig. Serdall rollte mit den Augen. Sein Freund schien wirklich extrem missgestimmt sein. Doch ihm war es Recht. Er würde sein Prinzesschen schon wieder milde stimmen. Schulterzuckend bahnte sich Serdall den Weg zu Ethan und Dustin und verabschiedete sich, da die Beiden anscheinend ihren Spaß hatten und noch eine Weile bleiben wollten. Grinsend packte Serdall seinen grummeligen Freund an der Hand und zog ihn mit sich aus der Disko. Vor dem Eingang stehend telefonierte Serdall kurz nach einem Taxi, mit dem sie wenige Minuten später nach Hause fuhren. Serdall schwieg sich aus und Daniel bockte augenscheinlich mit viel Leidenschaft. Es war doch nicht so, dass Serdall mit diesem Luka irgendetwas getan hätte, was ihm nicht einmal im Ansatz in den Sinn kam. Immer noch ziemlich vergnügt öffnete Serdall die Haustür und streifte sich die Schuhe ab. Es hatte kein Licht mehr in den Fenstern gebrannt, so vermutete er, dass Yoshiko schon im Bett war und Taki sowieso. Seinen Sohn hatte er höchstpersönlich noch schlafen gelegt. „Wir hätten nicht gehen müssen“, meinte Serdall im nächsten Moment zu Daniel, der sich etwas ruppig die Jacke von den Armen riss und die Schuhe durch den Flur trat. „Nein, das ist wahr“, erwiderte Daniel patzig. „Wir hätten nicht gehen müssen. Es hätte gereicht, wenn du gegangen wärst, damit nicht noch einmal so eine kleine Rampenlicht geile Schlampe meint, dich betatschen zu müssen, was dir scheinbar gar nicht so schlecht gefallen hat.“ Wütend versetzte Daniel seinen Schuhen noch den endgültigen Gnadenstoß, sodass sie in ihre Ecke flogen, und ging dann in die Küche. Kopfschüttelnd folgte Serdall ihm, blieb aber im Türrahmen stehen, wo er sich mit verschränkten Armen gegen das Holz lehnte. „Natürlich hat es mir gefallen“, meinte Serdall laut. „Schließlich steh ich drauf, wenn mich kleine Kinder an den Händen befummeln. Da möchte ich sie glatt bespringen“, zischte Serdall leicht sauer. „Komm wieder runter, Daniel. Ich bin mit dir zusammen und du weißt, dass ich dich nie irgendwie betrügen würde“, knurrte er seinen Freund an und drehte sich dann um. Er ging ins Wohnzimmer, um sich noch einen Scotch zu genehmigen. Solange Daniel eifersüchtig war, war es okay, aber ihm zu unterstellen, dass Serdall ihn irgendwie betrügen würde, sei es einen anderen Mann anzufassen, fand Serdall reichlich übertrieben. „Oh ja, natürlich. Der große, immer treue Serdall mit seinen nicht angreifbaren Moralvorstellungen, würde natürlich nie in Versuchung kommen, mich zu betrügen“, zischte Daniel, während er Serdall folgte. „Er würde daran noch nicht einmal den geringsten Gedanken verschwenden, wenn er durch ein ihn anhimmelndes und in ein Gespräch verwickelndes kleines Kind dazu animiert wird und sein Charakter durch zu viel Alkohol mal wieder vollkommen ins Gegenteil gekehrt ist.“ Wütend entriss Daniel Serdall das gerade gefüllte Glas und schmiss es quer durch den Raum. Er wusste selbst nicht, warum er gerade so ausrastete, aber wenn er sich das Bild von Luka in Gedanken rief, wie er Serdall auf die Pelle rückte und berührte, kam ihm die Galle hoch. Perplex sah Serdall auf seine Hand, in der er eben noch das Glas gehalten hatte. Er wollte nicht hinsehen, wo jetzt der ganze Scotch klebte und was für ein riesiger Fleck auf dem hellen Teppich war. Mal wieder. „Entschuldige, dass ich ein paar Worte mit ihm gewechselt habe“, zischte er mürrisch und halb amüsiert, während er seine Hände in die Hosentaschen steckte. „Und es tut mir auch schrecklich leid, dass ich dich dann nicht weiter beobachtet habe, wie du mit deinem Arsch herumgewackelt und dich immerzu ganz zufällig betatschen lassen hast. Wie unaufmerksam von mir“, sagte er zu gefasst und sah Daniel ernst an. „Trotzdem“, knurrte Serdall im nächsten Moment und trat nah an Daniel heran, „auch wenn ich stockbesoffen wäre, würde ich dich nie betrügen. Gut, ich habe mit diesem Typen geredet, aber seit wann verbietest du mir den Mund?“ „Seit du anscheinend nicht mehr in der Lage bist, deine Gesprächspartner sorgfältig genug auszuwählen. Und wenn du auch nur daran denken solltest, in diesem verdammten Kammerorchester zu spielen und somit diesen verdammten Luka wiederzusehen, werde ich verdammt nochmal nicht mehr zögern und ihm dieses Mal den Schädel irgendwo gegenschlagen.“ Etwas grob stieß Daniel Serdall von sich und tigerte dann im Wohnzimmer umher, die Scotchspur zu seinen Füßen vermeidend. Er wollte sich irgendwie abreagieren und wünschte sich im Moment nichts mehr, als einen Boxsack, der irgendwo aufgehängt war. Serdall ließ sich in einem Sessel nieder und sah Daniel dabei zu, wie er auf und ab stampfte. „Deine Eifersucht ist unbegründet, Daniel. Ich bin im Grunde nur schwul, weil ich dich liebe. Kein anderer Mann würde je die Gefühle auslösen, die du mir gibst und ich finde, dass keinerlei Gefahr besteht, wenn ich zu diesem Kammermusikensemble gehe und für die paar Wochen aushelfe. Du beschwerst dich doch immer, dass ich zu viel Energie habe. Da könnte ich wenigstens etwas davon umsetzen und nicht immer an dir.“ Geschockt blieb Daniel stocksteif stehen und starrte Serdall entsetzt an. Diesen Kommentar konnte man in mehr als in einer Hinsicht verstehen. „Ich bin nicht eifersüchtig“, fauchte er. „Fein, dann lass deine verfickte Energie eben an Luka aus, mir soll das doch egal sein. Scheinst ja auf junge Kerle zu stehen und einer verlangt dir scheinbar nicht genug ab.“ Wütend raste er an Serdall vorbei in Richtung Tür. Jedoch sprang Serdall auf und schlang fest die Arme um Daniel. „Du bist eifersüchtig“, hauchte Serdall Daniel ins Ohr. „Mehr als gut für uns ist“, flüsterte er und schob Daniel gegen die Wand, da sich sein Freund heftig zu wehren begann. Serdall pinnte ihn jedoch fest und ließ ihn nicht entkommen. „Ich würde nie mit diesem Blonden schlafen“, knurrte er Daniel wütend ins Ohr und führte seine Hand nachdrücklich in dessen Schritt, während er seinen Unterleib eng gegen Daniels Hintern drückte. „Du bist der Einzige, Prinzesschen.“ Schnaubend schloss Daniel die Augen. Er wollte sich nicht so leicht von Serdall einwickeln lassen, aber sein Freund wusste leider viel zu gut, welche Knöpfe man drücken musste, um ihn wieder runterzubringen. Diese Beteuerungen zusammen mit den erregenden Berührungen, ließen jeden Widerstand dahin schmelzen. Zumindest ziemlich. „Es war scheiße von dir, dass du mich in der Disko einfach nach diesen Thema von dir geschoben hast und gar nicht darauf eingegangen bist“, grummelte er immer noch etwas angepisst. Mit einem Lächeln bemerkte Serdall, wie sich Daniel gegen ihn lehnte. Er zog ihn mit sich zum Sofa und setzte ihn auf seinen Schoß. „Was hätte ich denn sagen sollen, hm?“, meinte er halblaut und strich liebevoll über Daniels Wange. „Hast du echt gedacht, dass ich mich mit dir grundlos streite und dir den Abend vermiese? Ich wollte eigentlich, dass du deinen Spaß hast, aber dieser Luka hat eben meine Aufmerksamkeit erregt. Nicht wegen seinem Äußeren oder so, sondern weil er mich auf meine Geige angesprochen hat. Himmel, hätte der mich angemacht, hätte ich ihn gleich verabschiedet“, erklärte Serdall nachdrücklich und sah Daniel ernst in die hellblauen Augen. „Gut, dass er meine Finger angefasst hat, als ich ihm den Zettel gegeben habe, war blöd, aber das passiert nun mal, wenn man etwas überreicht. Du hättest dich nicht so aufregen müssen.“ „Du hättest seinen Blick dazu sehen müssen“, maulte Daniel, war allerdings schon wieder einigermaßen versöhnt. „Ehrlich, so triumphierend wie der geschaut hat, hat er sich nicht nur einen Erfolg bei dir in einer Hinsicht ausgemalt.“ Er legte seine Arme um Serdalls Hals und ließ seine Finger durch die Nackenhaare gleiten. Nachdenklich legte Serdall die Stirn in Falten. Entweder interpretierte Daniel zu viel hinein oder aber Luka schien wirklich Interesse zu haben. Serdall legte seine Hände auf Daniels Hüften und küsste ihn kurz. „Du bist echt süß, wenn du eifersüchtig und so aggressiv bist“, meinte Serdall halblaut und schnurrte leicht bei der Liebkosung seines Nackens. „Und ich hatte gedacht, dass ich dir heute Abend die Typen vom Hals zerren würde“, meinte er belustigt und senkte seine Lippen auf Daniels Adamsapfel, um genüsslich dort zu saugen. Daniel legte den Kopf etwas zurück und seufzte genüsslich. „Wir waren gar nicht lange genug da und ich mit viel zu vielen anderen Sachen beschäftigt, als dass du mir die Typen hättest von Hals halten können. Aber das holen wir dann nächstes Mal nach“, meinte Daniel leise glucksend. Murrend löste sich Serdall von Daniel und sah ihn nicht begeistert an. „Schön, aber wir könnten dir auch eine Jacke oder so kaufen, die den Leuten, die dich anfassen, auf Knopfdruck einen Elektroschock verpasst. Natürlich hätte ich dann die Fernbedienung dafür“, meinte Serdall mit einem Grinsen im Gesicht. Der Gedanke gefiel ihm gar nicht mal schlecht. Serdalls Blick fiel wieder auf das Armband an seinem linken Handgelenk und er presste die Lippen aufeinander. Er wollte Daniel von den Ringen erzählen, aber er traute sich nicht wirklich. „Übrigens, wie gedenkst du den Fleck im Teppich zu beseitigen?“, fragte er liebenswürdig und lehnte sich zurück in die Polster. Schnaubend sah Daniel ihn an. „Du bist indirekt genauso an dem Fleck schuld“, murmelte Daniel. „Wir können ja warten, bis die Hunde das alles aufgeleckt haben. Vielleicht kann man sie dazu animieren.“ „Du hast sie ja nicht mehr alle“, meinte Serdall genervt. Er hatte Kimba und Mücke viel zu sehr in sein Herz geschlossen, um sie zu so etwas zu bringen. „Wir wäre es, wenn du dich als mein Hausmann und eifersüchtigem Biest dazu erhebst und dieses Malheur beseitigst?“ „Soll ich vielleicht auch gleich noch nackt putzen, wenn ich schon mal dabei bin?“, fragte Daniel leicht pikiert, stand aber auf, da er irgendwie einsah, dass es auch nicht angemessen war, Yoshiko oder irgendwen anders seine Sauerei beseitigen zu lassen. „Nein, aber du könntest mir ein neues Glas Scotch bringen“, rief Serdall Daniel hinterher, da sein Freund wohl gerade irgendwelches Zeug holte, um den Fleck aus dem Teppich wegzumachen. Daniel kam mit einer Tube Teppichreiniger, einer Bürste und dem Staubsauger zurück und blickte leicht finster zu Serdall. Mit zuckersüßer Stimme fing er schließlich an zu sprechen. „Klar Schatz. Möchtest du vielleicht auch noch ein wenig Eis hinein haben oder ein ganz spezielles Glas, das nicht kaputt geht, wenn ich es mal wieder durch die Gegend schmeiße?“ Kopfschüttelnd kippte Daniel Serdall ein Glas Scotch ein und ging zu ihm. „Ehrlich, ich komme mir vor wie so ein altes Hausmütterchen, das ihrem Ehemann das Bier, hier den Scotch, zum Fußball, hier irgendwie einfach nur so, bringt“, maulte er leise. Serdall zog Daniel zu sich und stellte den Scotch erstmal auf den Sofatisch, um seinen Freund in Polster zu drücken und sich über ihn zu bringen. „Sag mal“, meinte Serdall, während er seine Hände mit Daniels verschränkte. „Glaubst du wirklich, dass wir so enden, wenn wir heiraten würden?“, fragte er etwas zu ernst und sah Daniel forschend in die Augen. „Nein“, entgegnete Daniel schnell und bestimmt und lächelte Serdall an. „Denn einerseits würdest du mich nie so herumkommandieren, wenn du es nicht im Spaß meinen würdest und zweitens lasse ich das bestimmt auch nicht mit mir machen.“ Leicht strich er über Serdalls Wange. Nein, sie würden nie so enden wie die Leute in diesen klischeehaften Ehen, die schon dreißig Jahre andauerten und nur noch aus gegenseitigem aneinander Vorbeileben bestanden. Serdall biss sich auf die Lippe. Er wusste nicht, wie er das Thema anschneiden sollte. Er wollte Daniel nicht richtig ehelichen. Das wäre einfach nur zu … tja, er wusste es auch nicht genau. Ihm war nur unwohl dabei, Daniel vor ein Standesamt zu führen. Aber er wollte für sich sagen können, dass Daniel sein Mann war, dass sie zusammengehörten, ohne irgendwelchen Wisch oder Urkunden. Wortlos stand Serdall auf, um zu seinem Geigenkoffer zu gehen. Er würde den Mund so nicht aufbekommen, das wusste er. Deswegen holte er die Schatulle heraus und hielt sie Daniel vor die Nase. „Das hat uns Fei geschickt“, meinte er leise und wurde leicht rot. Einerseits, weil er sich schäbig vorkam, da er Daniel die Ringe einfach so zeigte, andererseits, weil es ihm wirklich etwas peinlich war. Skeptisch nahm Daniel die kleine Schatulle entgegen. Sein Herz begann schneller zu schlagen, als er die Ringe sah. Sie schienen aus Weißgold zu sein wie Serdalls Kette, sahen allerdings irgendwie noch ein wenig anders aus. Innen hatten sie jeweils unterschiedliche japanische Schriftzeichen. Daniel vermutete, dass es sich um ihre Namen handeln könnte. Etwas ungläubig sah er Serdall an. Seine Gedanken fuhren Achterbahn. Eigentlich hätte er etwas pikiert sein sollen, dass Serdall ihm so ein wichtiges Geschenk mit den Worten überreichte, dass sein Bruder es geschickt hätte und es somit fast klingen ließ, als wäre er davon nicht wirklich begeistert, doch Daniel kannte seinen Freund zumindest schon so gut, dass er wusste, von welcher Seite er dieses Thema betrachten musste. Anhand der Tatsache, dass Serdall die Ringe in seinem Geigenkoffer versteckt hatte, dem wohl sichersten Platz hier im Haus, um kleine Dinge zu verstecken, zeigte ihm, dass er eine Zeit lang unsicher war, ob und wenn ja wann und wie er Daniel die Schmuckstücke zeigen sollte. Außerdem schienen ihm die Ringe wichtig zu sein, sonst hätte er sie nicht versteckt, sondern Daniel gleich gezeigt und vielleicht einfach wieder zurückgeschickt. So allerdings… Daniel zog die Stirn kraus. Auch wenn Serdall die Ringe scheinbar wichtig waren, was sah er in ihnen? Was hatte er weiterhin vor? Vorsichtig nahm Daniel einen aus dem weichen Polster und betrachtete ihn näher. Er war wirklich echt schön und er fragte sich, ob Fei irgendwie ihre Ringgrößen herausbekommen hatte oder die Ringe auf gut Glück angefertigt worden waren. „Sie sind echt schön“, teilte Daniel Serdall einen seiner letzten Gedanken mit. Serdall nickte zustimmend. Ja, sie waren schön. Er sah aber seinem Freund doch die Frage ins Gesicht geschrieben, was Serdall mit dieser Offenbarung beabsichtigte. Entschlossen schluckte Serdall an dem Klos, der ihm gerade die Stimme nehmen wollte. „Daniel“, begann er leise und sah konstant auf den Ring, der immer noch in Daniels Händen ruhte. „Ich möchte, dass wir die Ringe aufsetzen“, sagte er unsicher und biss sich nervös auf die Lippen, da er die nächsten Worte nun wirklich nicht anständig überlegt hatte. „Aber nicht als Verlobungs- oder Hochzeitszeichen. Ich will, dass wir die Ringe tragen, damit jedem klar wird, dass wir zusammengehören.“ Daniel setzte an etwas zu sagen, doch Serdall legte kurz den Zeigefinger auf seine Lippen. „Es ist wegen der heutigen Sache, als du Luka das Armband präsentiert hast. Ich glaube es wäre einfach eindeutiger, die Ringe zu tragen. Natürlich nur, wenn du wirklich willst…“ Daniel lächelte gerührt. „Warum sollte ich nicht wollen, du Dummie“, erwiderte er und küsste Serdall einmal kurz. Er hatte nie erwartet, dass Serdall irgendwas von wegen Hochzeit oder Verlobung im Sinn hatte. Momentan fiel es ihm sogar noch oft genug ziemlich schwer, sich mit Daniel öffentlich vor Leuten zu zeigen. Also zeigen schon, nur Zärtlichkeiten waren dann doch eher seltener. Allerdings rührte Daniel allein die Geste extrem. Sie zeigte, dass Serdall noch mehr Zusammengehörigkeit demonstrieren wollte, als es schon die Armbänder taten. „Hm, irgendwie passen die Ringe sehr gut zu den Armbändern“, murmelte er leise. Er griff nach Serdalls Kette und hielt den Ring dagegen. „Das ist doch irgendwie was Anderes. Vielleicht noch etwas Rotgold mit drin oder so? Ich habe da gar keine Ahnung. Und die Zeichen im Ring kann ich auch nicht lesen.“ Serdall lächelte überglücklich, als er Daniel den Ring aus der Hand nahm. „Es ist Platin, genauso wie unsere Armbänder und innendrin stehen dein und mein Name“, erklärte er seinem Freund und griff nach dessen rechter Hand. Er war so unendlich froh, dass Daniel zugestimmt hatte. Serdall glaubte, dass sein Herz in seiner Brust so hämmerte, als ob es heraus wollte, um sich zu Daniels zu gesellen. Seine Finger zitterten leicht, als er den Ring über Daniels Ringfinger streifte. Lächelnd beugte sich Serdall zu Daniels Hand und küsste das Schmuckstück liebevoll, ehe er sich aufrichtete und verliebt blickend die Arme um dessen Nacken schlang, um seine Lippen auf die von seinem Freund zu pressen und ein inniges Zungenspiel zu entfachen. „Ich liebe dich, Daniel“, flüsterte er gefühlschwer, als er sich von ihm löste, wobei jedoch noch sein Mund nahe an Daniels war, sodass er dessen Atem überdeutlich auf seiner Haut fühlen konnte. „Ich liebe dich auch“, hauchte Daniel glücklich zurück und lehnte sich ein Stück zur Seite, um den zweiten Ring aus der Schatulle zu holen und ihn Serdall ebenfalls anzustecken. Bei Serdalls Bemerkung, dass sie aus Platin waren, genauso wie ihre Armbänder, regte sich irgendwas in ihm. Er hatte mal einen Bericht darüber gesehen, konnte sich jetzt allerdings nicht mehr daran erinnern. Er würde später mal darüber Nachforschungen anstellen. Jetzt hatte er wichtigeres im Sinn. Eng schmiegte er sich an seinen Freund und strich leicht die Gesichtskonturen nach. An Serdalls Lippen blieben seine Finger hängen und zogen leicht die Unterlippe nach unten. Vorwitzig strich Serdalls Zunge über die Fingerkuppe, ehe er sich vorlehnte und seinen Mund geschmeidig auf Daniels legte. Seine Hände begannen fahrig über den schönen Körper seines Geliebten zu gleiten. „Wir müssen hochgehen“, hauchte er atemlos, als Daniels Arme sich um seinen Nacken schlangen. „Ich will dich über die Türschwelle tragen“, flüsterte er im nächsten Moment schalkhaft und grinste, als Daniel in der Bewegung innehielt. „Du bist so doof manchmal“, lachte Daniel und versetzte Serdall einen gespielten Stoß. „Aber ich muss dir zustimmen. Allerdings“, er stand auf und streifte sich Shirt, Hose und Tanga vom Körper, „habe ich vorher noch etwas zu tun.“ Schalkhaft grinsend ging Daniel zu seinen Putzutensilien, nahm sich die Tube mit dem Teppichschaum und verteilte eine großzügige Portion auf dem Boden, bevor er die Putzbürste nahm und sich grinsend an die Arbeit machte, wobei er darauf achtete, dass sein Hintern immer etwas höher war, als eigentlich notwendig. Serdall lehnte sich ungläubig zurück und sah erstaunt zu, wie Daniel nackt den Fleck wegputzte. „Du bist so verrückt manchmal“, meinte er perplex und stützte seinen Ellenbogen auf die Sofalehne, um seinen Kopf so auf seine Hand zu lehnen, dass er Daniel gut im Blick hatte. Er begann zu lächeln als er Daniels Allerwertesten beobachtete, wie er auf und nieder ging, und dabei ziemlich unanständige Gedanken hatte. Als Daniel dann etwas außer Atem von dem Putzzeug abließ, sprang Serdall auf und schnappte ihn bei der Hand. Diese kleine Showeinlage hatte ihn wirklich ziemlich scharf gemacht und die Erektion in seiner Hose war schon etwas unangenehm. In der dritten Etage angelangt, legte Serdall einen Arm um Daniels Oberkörper und bückte sich dann leicht, um mit dem anderen in Daniels Kniekehlen zu greifen und ihn wie eine Braut über die Türschwelle in ihr Schlafzimmer zu tragen. Mit dem Fuß stieß er die Tür hinter sich wieder zu und legte Daniel dann vorsichtig auf das Doppelbett. Kurz ging Serdall noch einmal zur Tür um abzuschließen, ehe er wieder zu Daniel zurückkehrte, wobei er aber stehenblieb und ihn intensiv mit den Augen betrachtete. Grinsend räkelte sich Daniel auf dem Bett und sah verführerisch zu Serdall. Bewusst ließ er eine Hand über seinen Körper gleiten. Serdall sollte bloß nicht glauben, dass er sich wie beim letzten Mal fünfmal hintereinander verführen lassen würde. Dieses Mal würde das Ganze etwas anders laufen. Sich auf die Unterlippe beißend setzte sich Serdall neben Daniels Hüfte und beugte sich zu dessen Oberkörper und küsste, biss, sowie leckte über die feine Haut, während er seine linke Hand zwischen Daniels Beine gleiten ließ. Sinnlich ließ er seine Zungenspitze über Daniels linke Brustwarze wandern und pustete dann leicht darüber, sodass sie sich verhärtete. Lächelnd widerholte er dies bei der anderen und genoss es, dass Daniels Brust schon flatterig auf und ab ging. Sich versucht beherrschend öffnete Daniel die letzten Knöpfe von Serdalls Hemd und strich es ihm von den Schultern. Er zog seinen Freund zu sich aufs Bett und drehte sich mit Serdall herum, sodass er es sich zwischen dessen Beinen bequem machen konnte. Er lehnte sich hinüber zum Nachttisch und drapierte Kondome und Gleitgel auf dem Bett, bevor er mit seiner Hand unter dem Bett tastete und Serdall ablenkend küsste. Er fand was er suchte, ließ seine Hände sanft über Serdalls Körper gleiten und sorgte dafür, dass er die Arme über den Kopf legte. Mit einem maliziösen Grinsen ließ Daniel die Handschellen einrasten und sah dann unschuldig auf Serdall hinab. „Du kleiner Schleicher“, zischte Serdall und ruckte an den Handschellen. Augenrollend registrierte er, dass Daniel sie an der Metallquerstrebe vom Bett befestigt hatte. Etwas murrend zog Serdall noch ein wenig daran, was ihm jedoch nur ein Klirren von Metall brachte. Sich wehrend verhinderte Serdall, dass Daniel ihm seine Hose auszog, indem er seine Beine eng um seine Taille schlang und ihn fest gegen sich zog. „Womit hab ich die Schellen verdient?“, murrte Serdall leise. „Tja, mal überlegen“, meinte Daniel amüsiert, während er sich rechts und links von Serdall auf dem Bett aufstützte. „Also einmal allein für die Nacht, in der du mich fünfmal rangenommen hast. Rein theoretisch müsste ich dir diese Nettigkeit sogar gleich ganz zurückgeben, da ist es schon ganz gut, wenn du zumindest etwas bewegungsunfähig bist, aber ich denke, das tue ich dir nicht an.“ Daniel lachte leicht, als er Serdalls doch recht erleichterte Miene sah. „Und dann noch für so diverse andere Dinge, wie mich dir deinen Scotch bringen und putzen zu lassen, dafür, dass du mich eifersüchtig gemacht hast, da gibt es schon einige Sachen. Außerdem“, er lehnte sich noch ein Stück weiter vor, sodass seine Lippen genau neben Serdalls Ohr waren, „macht es mich einfach total an, dich so wehrlos unter mir liegen zu haben.“ Serdall seufzte tief und schloss die Augen. Musste Daniel ihm das so ins Ohr raunen? Himmel, allein diese Stimme machte ihn gerade so schrecklich verrückt, dass er sich wie im Paradies fühlte. „Du bist unmöglich“, hauchte Serdall nicht sehr überzeugend und rieb sein Becken leicht gegen Daniels. Er war irgendwie froh, dass Daniel nicht den Wunsch äußerte mit ihm zu schlafen, also dass er oben liegen würde. Irgendwie hatte er seit dem letzten Mal nicht wirklich das Bedürfnis. Wenn er sich konzentrierte, konnte er sich diesen Schmerz danach noch viel zu gut ins Gedächtnis rufen. Leicht stöhnend schloss er die Augen, als Daniel ihn an der Hüfte packte, um ihn stillzuhalten. Wieder klirrte das Metall der Handschellen, als Serdall an ihnen zog, bei dem Reflex nach Daniel zu greifen. „Küss mich“, meinte er atemlos und lehnte sich leicht nach oben. „Was bekomme ich dafür?“, fragte Daniel mit einem diabolischen Grinsen. Ohja, es hatte etwas, in dieser Position zu sein. „Wünsch dir was, ich werde sehen, was ich machen kann“, entgegnete Serdall lächelnd. Daniel schien diese ganze Sache viel zu sehr zu gefallen. „Nun, es geht momentan erst einmal nur um einen Kuss. Von daher werde ich meine Forderungen noch nicht ganz so hoch schrauben. Ich denke, es wäre ein fairer Preis, wenn du dir morgen die Zeit nimmst und mit mir und Taki Eislaufen gehst.“ Die Nase kraus ziehend sah Serdall Daniel etwas ungläubig an. Er hätte gedacht, dass Daniel jetzt irgendetwas Sexuelles von ihm verlangen würde, doch mit so etwas hatte er jetzt nicht gerechnet. „In Ordnung“, erwiderte er Daniel. Taki würde sich sicherlich freuen. Serdall selbst würde sich wohl etwas vor dem Eis drücken, aber irgendwie würde er das schon schaffen. Er war nicht wirklich der Eisläufer. Nicht, dass er immer hinfiel, aber es war ihm einfach zu unsicher. „Gut“, meinte Daniel und beugte sich wieder ein Stück weiter zu Serdall hinunter, sodass sich ihre Lippen leicht berührten. „Übrigens hast du eben ganz schön dämlich geguckt“, fügte er noch grinsend hinzu, bevor er Serdall in einen atemraubenden Kuss verwickelte. Daniel ließ seine Hände an Serdalls nackter Brust hinab fahren, bevor er flink die Knöpfe der Hose öffnete. Er löste sich kurz von seinem Freund, um ihn auch unten herum komplett seiner Kleidung zu entledigen, nahm auch gleich noch die Socken mit. Anschließend legte Daniel sich wieder halb auf Serdall und küsste ihn erneut. Schauer um Schauer rann Serdall über die Haut. Jeder Zentimeter, den Daniel mit den Fingerspitzen umfuhr, kribbelte wie kleine, heiße Feuer. Die Tatsache, dass Serdall seine Hände nicht bewegen, somit Daniel nicht berühren konnte, ließ ihn sich selbst winden in der Hoffnung, seine Haut an Daniels zu bringen. Immer wieder blieben Serdalls Augen an dem Ring hängen, den Daniel nun trug. Er hätte nie gedacht, dass es ihn so glücklich machen würde, aber selbst bei den Armbändern war seine Freude schon schier unbändig gewesen. Nun waren sie wieder einen Schritt weiter, sie hatten noch mehr Hürden genommen. Er keuchte unterdrückt, als Daniels Hände zu seinem Unterleib wanderten und Fingerspitzen ihn sanft reizten. „Du hast doch bald Semesterferien“, fing Serdall plötzlich an, obwohl sein Atem ziemlich flatterig ging. „Lass uns nach Weihnachten Urlaub machen.“ Daniel lächelte glücklich. Urlaub machen mit Serdall. Das klang einfach traumhaft. Einfach mal für einige Zeit raus, weg vom Alltag. Eine einsame Berghütte mit offenem Kamin, vielleicht ein paar Skier im Gepäck. Grinsend ließ er seine Finger weiter über Serdalls Schritt wandern. „Nun, ich glaube dafür hast du dir gleich einige Sachen verdient“, meinte er und küsste sich die flache Brust hinunter. Seufzend schloss Serdall die Augen und genoss Daniels liebevolle Behandlung. Wieder zog er ungeduldig an seinen Fesseln, öffnete dabei seine Augen halb, um zu Daniel zu sehen, der ihn nun verschmitzt zuzwinkerte, ehe er den Mund über Serdalls Glied stülpte. Stöhnend bog Serdall das Rückgrat durch. Leicht errötend schloss Serdall die Augen. Das war etwas laut gewesen. Aber der viele Alkohol, den er in der Bar und daheim getrunken hatte, ließ ihn befreiter sein und auch gab es irgendwie einen gewissen Kitzel, wenn er seine Hände nicht bewegen konnte. Er fuhr unruhig mit seinen Beinen über Daniels Seiten entlang und versuchte so wenigstens ein wenig das zurückzugeben, was Daniel ihm gab. Wieder verließ ein tiefes Stöhnen seine Lippen, weil Daniel mit der Zunge die Unterseite seines Penis lang fuhr. „Daniel“, bettelte er weinerlich und biss sich keuchend auf die Unterlippe. Daniel wusste mittlerweile viel zu gut, was ihm gefiel, auch das seine Linke schon wieder über Serdalls Rippen strich und sie sanft mit den Fingerkuppen koste, erzeugte eine Gänsehaut nach der anderen. Verschmitzt grinsend verwöhnte Daniel ihn weiter. Er schnappte sich Serdalls Beine und hielt sie fest auf das Bett gedrückt, sodass sein Freund vollkommen bewegungslos war, während er erst einmal vermehrt Zunge und etwas Zähne einsetzte, um Serdall verrückt zu machen. Die Reaktionen, die er bekam, bestätigten sein Tun. Serdall stöhnte immer wieder Daniels Namen und versuchte mehr als einmal, sich den Handschellen zu entledigen, um nicht vollkommen bewegungslos zu sein. Irgendwann schob Daniel Serdalls Beine so zurecht, dass er sich darauf setzen konnte und nun seine Hände wieder freihatte, um seinen Freund in den Wahnsinn zu treiben. „Dan, nicht!“, rief Serdall heiser. Er war kurz davor zu kommen, was er aber nicht wollte. Daniel schien das jedoch nicht zu interessieren. Schockiert stellte Serdall fest, wie dessen Bemühungen intensiver wurden. Hart auf seine Lippe beißend versuchte Serdall sich selbst zurückzuhalten. Er zuckte mit den Beinen und wollte Daniel von seinem Tun abbringen, doch im nächsten Moment war es zu spät und er kam abgehackt keuchend in Daniels Mund. Fluchend lehnte Serdall sein Gesicht gegen seinen Oberarm und schöpfte Atem. Das war absolut unfair gewesen. Unverständliches nuschelnd blieb Serdall erst mal so in dieser Position und sah nicht zu Daniel. Er musste erst einmal wieder runterkommen, denn kleine bunte Punkte tanzten immer noch hinter seinen Augenlidern. Gut gelaunt robbte Daniel nach oben und schmiss sich neben Serdall auf das Bett. Er hatte erreicht, was er erreichen wollte und war für den Moment vollkommen zufrieden mit sich. „Das war Nummer eins“, raunte er in Serdalls Ohr. „Mach dich auf was gefasst, denn sobald du wieder einigermaßen fit bist, wird Runde zwei gestartet.“ Daniel hatte den Plan gefasst, sich für die letzten fünfmal Sex, in denen er unten liegen musste, auf seine Art und Weise zu rächen, nämlich indem er Serdall erst einmal richtig schön auslaugte, bevor er ihn dann in den Himmel ritt. Grinsend zeichnete er Muster auf Serdalls sich schnell hebende und senkende Brust. „Und wie sieht Runde zwei aus?“, keuchte Serdall noch ziemlich atemlos und blitzte Daniel mit einem Auge an. Wie sein Freund gerade schaute, ahnte Serdall nur übles. Höchstwahrscheinlich würde er ewig nicht mit ihm schlafen. „Zählt das nicht als Misshandlung?“, murrte Serdall halblaut und rieb seine Stirn an seinem Oberarm, um ein wenig den Schweiß davon zu nehmen. „Nun, ich denke, dass die Meisten das wohl unter Vergnügen und Befriedigung zählen würden“, erwiderte Daniel und tupfte Serdall immer noch breit grinsend mit einem Taschentuch helfend die Stirn ab. „Und wir kennen doch dein tolles Durchhaltevermögen. Da wird dir dieses Bisschen doch noch nichts ausgemacht haben. Also geht es jetzt weiter.“ Er ließ seine Hände von Serdalls Brust erneut tiefer wandern und umfasste gezielt das noch schlaffe Glied. „Daniel“, murrte Serdall und rollte leicht mit den Augen. Das war doch gemein. „Ich mag dich vögeln“, zischte er leise versaut und sah Daniel ernst ins Gesicht. Er konnte das nur sagen, weil er eben angetrunken war und er nicht die ganze Zeit nur mit Hand und Mund verwöhnt werden wollte. Bei den Worten aufstöhnend vergrub Daniel sein Gesicht kurz in Serdalls Halsbeuge und saugte an der weichen Haut in seinem Nacken. Er wurde in Versuchung geführt, von seinem so sorgfältig geplanten Vorhaben abzuweichen, doch noch war er standhaft. „Du wirst mich vögeln“, hauchte er verrucht. „Allerdings wirst du noch etwas darauf warten müssen.“ „Ich will nicht warten“, erwiderte Serdall lasziv. „Ich will dich gleich spüren. In dir sein und sehen, wie sehr du mich liebst.“ Schnurrend rieb Serdall seine Wange an Daniels und begann Worte auf Japanisch zu flüstern, um Daniel zu locken. Schließlich wusste er ganz genau, wie sehr Daniel das mochte und er sah es ja auch an der Gänsehaut, die seinem Freund gerade über die Arme rann. Serdall hatte heute wirklich keine Lust darauf, es ewig hinauszuzögern. In sich hinein grummelnd lehnte Daniel seine Stirn an Serdalls Schulter, während er seine Hände von den intimen Bereichen zurückzog. „Ich hoffe du weißt, wie sehr ich dich hasse“, maulte er. „Ja“, meinte Serdall leise und lächelte versonnen. „So sehr, dass du mich schon wieder liebst“, konterte er verschmitzt lächelnd und küsste Daniel auf die Schläfe. „Du hast doch nicht echt geglaubt, dass ich dir das durchgehen lassen würde?“ Daniel setzte sich auf und stützte sein Kinn auf der Hand auf, während er Serdall nachdenklich betrachtete. „Ich hatte es zumindest gehofft“, meinte er schulterzuckend. „Aber was nicht ist, ist eben nicht. Ich glaube, ich kann auch damit leben. Wobei ich doch schon gern total erledigt erlebt hätte, während ich noch quickfidel bin.“ Das Lächeln kehrte wieder auf Daniels Gesicht zurück und er beugte sich zu Serdall, um ihn zu küssen, während er nach der Gleitgeltube tastete, bevor er sich schnell selbst vorbereitete. Daniel war dabei nie so gründlich wie Serdall selbst, wenn es um ihn ging, doch Daniel konnte damit leben. Er hatte nicht Serdalls Geduld und es klappte auch so sehr gut, warum die Sache also in die Länge ziehen? Er löste sich wieder von seinem Freund, zog ihm ein Kondom über und ließ dann schneller als Serdall reagieren konnte, die Spitze seines Gliedes in sich eindringen, bevor er abrupt stoppte. Serdall lachte leise. Daniel war immer noch in dem Modus, es hinauszuzögern. Gut, jetzt konnte Serdall damit leben. Verliebt blickte Serdall mit seinen blaugrünen Augen zu Daniel und sog dessen Anblick in sich auf, wie er leicht zitternd verharrte. Serdall ahnte, dass Daniels eigene Beherrschung gerade Stück für Stück bröckelte. „Meinst du, dass du das noch lange durchhältst, Prinzesschen? Ich für meinen Teil finde es gerade sehr schön“, meinte er grinsend. Daniels Muskelring zog sich massierend um seine Spitze herum zusammen und es war wirklich ein unbeschreiblich gutes Gefühl. Da er gerade erst gekommen war, konnte er damit gut leben. Bei Daniel würde das sicherlich anders aussehen. Daniel schoss einen wütenden Blick auf Serdall ab. Ja, verdammt, er war nahe daran, einfach alle Pläne fahren zu lassen und sich wie ein wilder auf Serdall zu stürzen, doch noch war es nicht so weit. Zumindest fast nicht. Warum kannte der Kerl unter ihm ihn auch nur so gut? Warum hatte er Serdall erst einen blasen müssen, sodass sich dessen ohnehin schon schier grenzenlose Beherrschung noch mehr hatte steigern können? Geschlagen ließ Daniel den Kopf hängen. Er hatte gekämpft und verloren. Missmutig verzog er die Mundwinkel, bevor er sich ganz auf Serdall niederließ und befreit aufstöhnte. „Du bist so ein Arschloch“, murrte er. „Wir müssen ja nicht gleich beleidigt sein, Prinzesschen“, lachte Serdall vergnügt und biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe, als Daniel ihn böse anfunkelte. „Ich bin halt unwiderstehlich“, triezte er Daniel schulterzuckend weiter und rollte unter ihm leicht mit dem Becken, was Daniel zum Keuchen brachte. Immer noch vergnügt guckend bewegte sich Serdall gegen Daniel, der trotz dessen weiterhin still auf ihm saß, die Hände auf Serdalls Brust abgestützt. Serdall sah es Daniel an, dass er gerade im Zwiespalt war. Einerseits war da seine Lust, andererseits sein Trotz. Serdall war gespannt, wofür sich sein Freund entscheiden würde. Dieses Spiel gefiel ihm selbst mehr, als er gedacht hätte. Kurz knurrte Daniel gefährlich, als Serdall sich immer weiter bewegte und hielt sein Becken in Position fest auf das Bett gedrückt. Es war schon so schwer genug, einigermaßen standhaft zu bleiben, da war Serdalls Zutun nicht gerade hilfreich. Das ganze Vorspiel seit dem Nacktputzen hatte ihn selbst nicht kalt gelassen und jetzt auch noch diese gemeinen Reize, die Serdall auf ihn ausübte. Daniel keuchte einmal kurz, schloss entschlossen die Augen und stand dann auf. Überrascht weiteten sich Serdalls Augen und er sah zu Daniel, der triumphierend über ihm stand. „Willst du jetzt selbst Hand anlegen?“, fragte Serdall verwundert und sah bezeichnend auf Daniels erregtes Glied. Serdall hoffte nicht. Er wollte doch endlich mit Daniel schlafen und dieser kurze Vorgeschmack war schon viel zu gut gewesen, als dass er jetzt noch lange warten wollte. „Genau das habe ich vor“, erwiderte Daniel schlicht und lehnte sich so an das Bettgestell, dass Serdall gute Sicht hatte, wenn er den Kopf drehte. Die Augen schließend und leise aufseufzend fuhr er mit der Hand einmal über die gesamte Länge seines Gliedes, bevor er es mit rhythmischen Bewegungen zu pumpen anfing. „Ich will nur ausgeglichene… Verhältnisse schaffen“, führte er stockend aus. Serdalls Mund stand buchstäblich offen, als er Daniel dabei zu sah, wie er sich selbst befriedigte. „Du bist echt verrückt“, keuchte Serdall ungläubig und beobachtete Daniel dabei, wie er sich selbst in Richtung Höhepunkt manövrierte, was Serdall natürlich nicht kalt ließ. Im Gegenteil, in ihm brannte die Lust sich wie ein gleißendes Feuer in Richtung seiner Lenden. Gepeinigt schloss er die Augen. „Komm her, Daniel“, meinte Serdall leise, bevor sein Freund noch kam. „Ich möchte es dir…also…“ Serdall nahm sich leicht zusammen und sah zu Daniel, der ziemlich verwirrt zu ihm guckte. „Lass mich dich mit dem Mund verwöhnen“, überwand sich Serdall und sah lächelnd zu seinem Freund. Himmel, es war echt eine Umstellung darüber zu reden, was sie sexuell taten, doch er hatte ja mit Daniel schon darüber gesprochen und Daniel gefiel es ja, wenn er es tat. Vollkommen perplex hielt Daniel in seinen Bewegungen inne. Irgendwie konnte er nicht glauben, was er gerade gehört hatte. Wobei sie letztens noch darüber gesprochen hatten, dass sie jetzt offener miteinander reden wollten und den Sex generell etwas verändern wollten, doch das aus Serdalls Mund zu hören war dennoch total unerwartet und einfach nur gewöhnungsbedürftig. Nichtsdestotrotz rannen Daniel heiße Schauer über den Rücken, als er sich diese Situation bildlich vorstellte. „Okay“, meinte er etwas heiser. „Aber erwarte nicht, dass ich dich dafür losmache. Ich kann mir denken, dass du das schamlos ausnutzen würdest.“ Ziemlich schief und wacklig grinsend stopfte Daniel seinem Freund ein Kissen unter den Kopf und hockte sich dann auf dessen Brust. „Hätte auch nicht geglaubt, dass du mich losmachen würdest“, erwiderte Serdall leise und ließ dann seinen Blick über Daniels Glied wandern, das nun vor seinem Gesicht schwebte. Seufzend öffnete Serdall den Mund und ließ seine Zunge verspielt über Daniels Eichel gleiten, bevor er sich vorbeugte, um daran zu saugen, während seine Zunge flatterig darüber tanzte. Gerade jetzt hätte er Daniel wirklich gerne angefasst, über den festen Hintern gestrichen und überhaupt Daniel mit den Fingern verwöhnt. Daniels Becken stieß leicht vor und zurück, was Serdall geschehen lassen musste. Sein Freund schien gerade wirklich bis zur Schmerzgrenze erregt zu sein. Daniel stöhnte keuchend über ihm und seine Hände wanderten zu Serdalls und verschränkten sich mit ihnen umständlich. Es dauerte nicht lange, bis sich das Sperma in Serdalls Mund nach und nach entlud. Er zog bei dem salzig bitteren Geschmack leicht die Nase kraus, doch schluckte es dann. Er hauchte noch einen Kuss auf Daniels Penis, ehe er seinen Blick nach oben richtete. Daniel stützte sich zittrig am Bettgestell ab. Amüsiert ließ Serdall seine Zunge wieder über Daniels immer noch erstarktes Glied gleiten, um es sofort weiter zu reizen, bevor es erschlaffte. Daniel schluckte mehrfach schnell hintereinander und lehnte seinen Kopf stöhnend an die Wand. Was tat Serdall hier nur mit ihm? Er verdrehte erzitternd die Augen und konnte nichts dagegen tun, dass er schon wieder voll erregt war. Irgendwie hatte es nicht wirklich viel gebracht einmal zu kommen, da sein Durchhaltevermögen dank Serdalls talentierter Zunge schon wieder auf ein Minimum reduziert worden war. Keuchend stand er langsam auf und verlagerte seinen Standort einen knappen Meter weiter nach unten. Aufseufzend ließ er Serdalls Glied wieder in sich gleiten und fing gleich an, sich zu bewegen. Scheiß auf alles, was er sich vorgenommen hatte. Es war ohnehin von Anfang an klargewesen, dass er diese Pläne nicht zu genüge würde ausführen können. Genüsslich stöhnte Serdall auf. Ja, so war das gleich viel besser. Daniel stützte sich auf seinem Bauch ab und er versuchte ihm verstärkt entgegenzukommen. „Ich liebe dich Prinzesschen. Auch wenn du so ungeduldig bist“, erklärte Serdall stockend und lehnte sich mit dem Kopf vor, in der Hoffnung, dass Daniel ihn küsste. Vielleicht würde Daniel ein anderes Mal seinen Willen bekommen, obwohl Serdall es bezweifelte. So war es doch am schönsten. „Und ich liebe dich trotz deiner verfluchten Engelsgeduld“, keuchte Daniel und genoss das Gefühl des ausgefüllt seins. Rhythmisch ließ er sich immer wieder auf Serdall hinab gleiten und stützte sich dabei jetzt neben seinem Freund ab. Serdalls Lachen ging in ein ersticktes Stöhnen über. Er selbst hatte langsam aber sicher auch seine Belastungsgrenze erreicht. Besonders dadurch, dass Daniel ihn erst gereizt, dann wieder abgelassen hatte und dann noch die Sache… Serdall wollte gar nicht mehr daran denken. Allein bei der Erinnerung daran, schoss sein Puls in ungeahnte Höhen. Daniel wurde immer schneller und Serdall hieß dies gerade sehr willkommen. „Ah…“, schrie Serdall leise auf, als Daniel kam und er fast zeitgleich ebenso, da Daniel sich heftig verspannte, ehe er geschafft und leicht zitternd auf Serdalls Brust niederging. „Machst du mich bitte los?“, fragte Serdall keuchend, weil er gerade das unbändige Verlangen danach hatte, seinen zitternden Freund zu umarmen. „Hmm, was bekomme ich dafür?“, wollte Daniel murmelnd wissen. „Rein theoretisch könnte ich aus einem Anfall von Bösartigkeit einfach den Schlüssel im Klo runterspülen oder Dustin und Ethan mal zum Gucken herholen.“ „Wie du meinst. Ich wollte dich ja nur ein wenig im Arm halten“, zischte Serdall nun etwas missgestimmt. Irgendwann war auch mal genug des Spiels und das war mit Daniels letztem Kommentar der Fall. Serdall ließ sich gerne zu manchen Dingen überreden und machte dann auch mit, aber das setzte gerade dem Ding die Krone auf. Er wand sich unwohl unter Daniel und wollte, dass jener von ihm stieg. „Vielleicht solltest du die beiden am besten gleich holen. Vergiss aber nicht den Schlüssel vorher wegzuschmeißen“, knurrte Serdall. Schuldbewusst zog Daniel den Kopf etwas ein, löste sich von Serdall und schloss die Handschellen auf, bevor er sich wieder auf seinem Freund niederließ, nachdem er schnell das Kondom entsorgt hatte, damit Serdall nicht auf die Idee kam zu flüchten oder ähnliches. „Tut mir leid“, meinte Daniel leise und fuhr durch Serdalls schwarze Mähne. „Ich weiß mal wieder nicht, wann genug ist.“ Ergeben seufzte Serdall. So konnte er ihm auch nicht böse sein. „Schon gut“, erwiderte er sanft und schlang eng die Arme um Daniel, begann sacht über Daniels Rücken zu streichen. „Du bist ab und an einfach ziemlich kopflos“, meinte Serdall und küsste Daniel sanft. „Manchmal finde ich das ja auch ziemlich niedlich an dir“, zog er Daniel lächelnd auf und ließ seine Zunge kurz über dessen Oberlippe gleiten. „Jaa, und manchmal ruiniere ich damit entweder die Stimmung oder du wirst wütend oder bist beleidig“, seufzte Daniel und kuschelte sich die Augen schließend näher an Serdall. Er genoss die sanften Berührungen und schüttelte über diesen ganzen Sex eben den Kopf. Himmel, was war nur in ihn gefahren? Grinsend spähte er zu Serdall. Sein Freund war sinngemäß in ihn gefahren, wenn man es auf diese Schiene drängen wollte, dachte er glucksend. „Was ist so lustig?“, wollte Serdall überrascht wissen, da Daniels Stimmung so plötzlich umgeschlagen war. So wie Daniel aber guckte, wollte Serdall vielleicht doch nicht wissen, was sein Freund gerade dachte. „Ich glaube, das willst du nicht wirklich wissen“, bestätigte Daniel seinen Verdacht in fast demselben Wortlaut. „Außer deine Einstellung zu schmutzigem Sex und schmutzigem Denken hat sich dauerhaft verändert und nicht nur durch etwas Alkohol und einem ernsten Gespräch für kurze Zeit.“ „Du bist versaut, Dan“, meinte Serdall und rollte mit den Augen. Serdall ließ seine Hände zu Daniels Hintern gleiten und begann augenblicklich zu grinsen, als er sich mit seinem Freund wieder herumwirbelte. „Irgendwie hättest du dafür ja eine kleine Strafe verdient“, meinte Serdall ernst und drückte dabei Daniels Knie auseinander. „Vielleicht sollten wir die fünf Mal vom letztens toppen?“ „Wenn du das tust, schläfst du die nächste Woche auf der Couch“, zischte Daniel pikiert. In der Hinsicht verstand dieses Mal er keinen Spaß. Fünfmal auf den Tag verteilt, okay, war noch zu verkraften, aber hintereinander war dann doch nicht das, was sein Hintern gerne mitmachte. „Vier Mal?“, verhandelte Serdall amüsiert und führte schon einen Finger in Daniel ein. „Beim Vierten darfst du auch mit mir“, schlug Serdall leise vor und wurde leicht rot im Gesicht. Er küsste Daniel auf die Lippen und sah ihn fragend an. Reichlich erschüttert blickte Daniel zu seinem Freund. „Du meinst das ernst“, stellte er perplex fest. Er hätte nie gedacht, dass Serdall sich in dieser Hinsicht noch einmal für ihn öffnen würde. Daniel verpasste sich eine mentale Ohrfeige. Seit wann dachte er in jedem Satz so zweideutig. Er sah wieder zu Serdall und lächelte ihn doch irgendwie etwas gerührt an. „Nun, ich denke, dass ich das Angebot akzeptiere. Also sind wir jetzt bei Nummer drei, denn immerhin sind wir beide schon zweimal gekommen.“ „Wir sind bei Nummer zwei“, stellte Serdall klar. „Es zählt nur wie oft wir miteinander gekommen sind“, beharrte er nachdrücklich und zwinkerte Daniel zu, weil er so unbegeistert guckte. „Keine Angst, ich tu es auch die nächsten beiden Male ganz langsam und sanft“, führte er schelmisch blickend aus. „Oh, ich freue mich“, erwiderte Daniel ironisch. Allerdings fiel ihm auf, wie doof er gerade klang. Als ob er die Bedingungen für etwas Unangenehmes wie die nächste Folter aushandeln würde, dabei war das hier genau das Gegenteil. Seufzend umarmte er Serdall und lächelte ihn an. „Okay“, bestätigte er. „Langsam und sanft.“ Glücklich sah Serdall in Daniels himmelblaue Augen, ehe er sich zu ihm beugte und liebevoll küsste. Es gab ihm ein unsagbar schönes Gefühl, das Daniel dem zustimmte. Er würde Daniel auf Wolken betten, das versprach er sich, während er sich sacht über Daniels Oberkörper küsste und ihn verwöhnte. Ende Kapitel 27 Kapitel 28: ------------ Kapitel 28 Vor sich hin summend räumte Daniel am nächsten Morgen durch die Küche. Serdall war auch schon wach, wenn er auch noch ein wenig Zeit brauchte, um wirklich richtig in die Welt der Lebenden einzutauchen. Diese Minuten nutzte Daniel allerdings, um den Frühstückstisch zu decken, auch wenn Serdall wohl lieber den Morgen mit ihm im Bett verbracht hätte. An Daniels Abneigung gegen unnützes Herumliegen nach dem Aufwachen hatte sich allerdings noch nichts geändert. Yoshiko schien ihren Job als Haushälterin und ein Stück weit auch Takis Babysitterin ziemlich ernst zu nehmen. Zumindest hatte sie den Kleinen an die Hand genommen und machte mit ihm einen Morgenspaziergang zusammen mit den Hunden. Daniel sollte es recht sein. Bei der Kälte musste er nicht unbedingt raus. Ziemlich müde schlurfte dann auch schon Dustin in die Küche, mit tiefen Augenringen und verstrubbelten Haaren. „Kaffee“, heulte er gequält und schleppte sich zur Kaffeemaschine, um mit kleinen Augen das Gebräu vorzubereiten und dann das Gerät anzustellen. „Hallo, Dan“, meinte er gähnend, als er sich umwandte und zu dem Schwarzhaarigen sah. „Ihr seid ja früh gegangen gestern. Habt ihr euch noch gestritten?“, fragte er leise und rieb sich übers Gesicht. Sie hätten nicht so lange feiern sollen. Gerade jetzt merkte Dustin, dass er das einfach nicht mehr gewohnt war, besonders dann nicht, wenn er danach Ethan noch ein paar Mal beglücken musste. Versaut musste er bei dem Gedanken wieder grinsen. Daniel schüttelte ebenfalls grinsend den Kopf über Dustins Verhalten. Ehrlich, bei dem Vorbild merkte er immer wieder, wie harmlos Serdall und er doch waren. „Nein, wir haben uns nicht gestritten. Nun, ich bin ein wenig ausfallend geworden, aber generell ist die Nacht sehr schön und sehr befriedigend verlaufen. Du hingegen scheinst langsam alt zu werden.“ „Pah“, murrte Dustin angefressen und funkelte Daniel böse an. „Es ist eben ermüdend den ganzen Abend auf seinen Schatz aufzupassen, Spaß zu haben, zu trinken und dann mit Ethan noch dreimal zu vögeln“, erklärte er knurrend und verschränkte die Arme. „Schließlich habe ich die ganze Woche gearbeitet, nicht so wie du oder Serdall“, erklärte er gähnend und holte sich noch eine Tasse für seinen Kaffee. „Ich möchte dich mal bei diesem Fulltimejob sehen.“ Dustin drehte sich nun schon wieder grinsend zu Daniel und ließ seinen Blick über ihn wandern. „Übrigens hab ich nicht gewusst, dass du tätowiert bist. Sieht echt gut aus. Was hat Al dazu gesagt?“ „Ach, im ersten Moment war er natürlich nicht so davon begeistert“, meinte Daniel schulterzuckend. „Vor allem, weil ich es mir während der Zeit mit Kai habe stechen lassen. Aber als er die Bedeutung dann auch mal verstanden hat, war es für ihn so zwischen egal und okay schwankend, denke ich mal. Ich finde es toll und rückgängig machen kann man es ohnehin nicht mehr so wirklich.“ „Zeig doch nochmal. Ich hab es gestern ja nur halb gesehen. Dann kannst du mir auch gleich erklären, was es bedeutet“, meinte Dustin grinsend und schenkte sich die erste Tasse Kaffee ein. Daniel knöpfte seine Hose auf und schob sie lässig zusammen mit seinen Shorts ein gutes Stück nach unten, sodass der gesamte Drache zu sehen war. „Das Motiv habe ich auf einem Plakat in dem Studio gesehen, wo ich das Tattoo habe machen lassen. Es ist mir gleich ins Auge gesprungen. Einerseits wegen des Drachens, den ich eben mit Japan assoziiere, andererseits wegen dem S, das er mit seinem Körper bildet“, erklärte er. „Uh“, meinte Dustin entzückt und sah ziemlich überrascht auf Daniels bloßen Unterleib, der nicht nur mit dem Tattoo, sondern auch ein paar Kussmalen versehen war. Daniel rasierte sich! Dustin begann lasziv zu lächeln, vergrub aber die Hände in den Hosentaschen, um nicht in Versuchung zu kommen. „Wow, da hast du Serdalls Revier ja gründlich gezeichnet“, meinte er überrascht und nickte irgendwie abwesend. Er stockte kurz, als er auf Daniels rechte Hand sah und zog verwirrt eine Augenbraue nach oben. „Gestern hattest du den Ring aber noch nicht“, sagte er eindeutig perplex. Den Reisverschluss schließend sah Daniel ebenfalls auf den Ring und lächelte selig. „Nun, es kommt darauf an, wie man gestern definiert“, stellte er verschmitzt grinsend klar. „Denn kurz vor zwölf hatte ich ihn wohl schon. Aber du hast recht, er ist neu.“ „Ahja“, meinte Dustin unzufrieden und setzte sich zu Daniel an den Frühstückstisch, da der sich nun einen Stuhl geschnappt hatte. Dustin griff nach Daniels rechter Hand und begutachtete das Schmuckstück. „Das Ding hat doch sicherlich eine Bedeutung“, stellte er leise fest und sah Daniel dann fest in die Augen. „Sag nicht, dass Serdall dir einen Antrag gemacht hat? Du weißt schon, dass der Ring dann an die Linke gehört?“ „Er hat mir keinen Antrag gemacht. Ehrlich, kannst du dir Serdall in so einer Situation vorstellen? Okay, so romantisch wie er ist wäre das ein extrem klischeehafter Antrag, aber Serdall würde mich nicht fragen, ob ich ihn heiraten will. Die Ringe sind einfach dazu da um zu zeigen, dass wir zusammengehören, wie Serdall das so schön ausgedrückt hat. Noch eine Steigerung zu den Armbändern. Fei hat sie uns übrigens geschickt. Unsere Namen sind innen eingraviert.“ Daniel nahm seinen Ring vorsichtig ab und zeigte ihn Dustin. „Ich bin echt sprachlos“, gab Dustin zu und besah sich kurz die fein eingearbeitete Gravur mit den japanischen Zeichen. „Hätte nie gedacht, dass Fei überhaupt so nett sein könnte und auch nicht, dass Serdall dir diesen Ring anlegt. Irgendwie sind die beiden echt vom gleichen Schlag, oder? Beide können sich um hundertachtzig Grad drehen, wenn sie wollen“, seufzte Dustin und lächelte, als Daniel seinen Ring wieder ansteckte. „Was ist das für Material? Silber?“, fragte er nachdenklich. Die Ringe schienen wie passend gemacht für die Armbänder. „Jaa, man merkt echt, dass die beiden Brüder sind. Und Ringe und Armbänder sind aus Platin, meinte Serdall. Ich dachte erst, es wäre ebenfalls Weißgold, genauso wie seine Kette, aber irgendwie sieht es doch etwas anders aus.“ Entrückt lächelnd drehte Daniel den Ring an seinem Finger etwas hin und her. Dustin verschluckte sich an seinem Kaffee, als er das Wort Platin hörte. „Himmel, die beiden schmeißen echt mit ihrem Geld um sich“, stellte er keuchend fest und sah ungläubig auf Daniels Arm und Hand. „Ring und Armband ergeben bestimmt ein paar tausend Euro“, meinte er ziemlich neidisch und legte leicht den Kopf schief. „Vielleicht sollte ich dich erschlagen und das Zeug verkaufen“, meinte er belustigt und sah Daniel ins Gesicht, das doch etwas schockiert dreinsah. „Sag jetzt nicht, du wusstest nicht, wie teuer Platin ist“, sagte er und begann leise zu lachen. Das war so typisch für Daniel. Daniel schüttelte nur vollkommen baff den Kopf. Er musste schlucken wenn er sich vorstellte, dass er gerade sein erstes Auto an Finger und Handgelenk trug. Im übertragenen Sinne. Oh, wenn er Serdall erwischte, würde er ihm was erzählen. Er hatte seinem Freund klar und deutlich gesagt, nachdem er ihm den neuen Wagen geschenkt hatte, dass er nie wieder ein extrem teures Geschenk haben wollte und dann kam ein Armband aus Platin? Nun musste Dustin wirklich lachen. „Nun ja, das ist natürlich doch schon ziemlich ignorant“, sagte er glucksend und duckte sich leicht bei Daniels bösem Blick. „Du hättest doch ahnen müssen, dass dein Geburtstagsgeschenk nicht von der Stange ist“, meinte er augenrollend. „Schließlich kennst du doch Serdall. Für sein Prinzesschen nur das Beste.“ „Und wenn es eine Sonderanfertigung aus Weißgold gewesen wäre, hätte er garantiert trotzdem nur einen Bruchteil des Preises bezahlt“, beschwerte Daniel sich und sah etwas abwertend auf das Armband. Es war schön, ja, und es hatte eine sehr wichtige Bedeutung für ihn, trotzdem würde er es Serdall am liebsten dafür um die Ohren pfeffern, dass er sich über ihre Absprache hinweggesetzt hatte. Daniel wollte nicht, dass sein Freund alles irgendwie für ihn bezahlte und ihm solche Geschenke machte. Er fühlte sich dabei irgendwie minderwertig und so, als würde er Serdall nur ausnutzen, was ihm einige Leute schon vorgeworfen hatten. Aber er meinte es ja eigentlich nur gut. Daniel seufzte. Verlegen kratzte sich Dustin am Kopf. Was sollte er auch sagen? Serdall war nun mal so, dass er für seine Liebsten eben alles gab. „Sei froh, dass er dir noch kein Haus geschenkt hat, wie er es bei Louise getan hat“, gab er zu bedenken und lächelte schief. „Daniel, er würde da noch ganz andere Sachen anbringen, wenn du ihn lassen würdest. Da sind ein Hund, ein Auto und ein Platinarmband noch gar nichts.“ „Sollte er es wagen mir ein Haus zu schenken, was er nicht tun würde, weil er schon hier eines hat und ein weiteres für mich sinnlos wäre, würde ich die Schlüssel im Klo versenken“, grummelte Daniel und kratzte mit seinem Messer auf dem Teller herum. Irgendwie hatte es ihm einen ganz schönen Dämpfer versetzt, dass er doch wieder sowas Teures bekommen hatte, aber es war nun einmal unter anderem Serdalls Art um auszudrücken, dass er ihn liebte. Egal wie verquer das war. „Dann wäre er ziemlich gekränkt, vermute ich mal“, grinste Dustin und schmierte sich eines der Brötchen. Es war schon krass, wie Serdall es mit seinem Geld hielt, aber er hatte es ja auch. Dustin wollte nicht wissen, wie viel sich da auf seinen Konten häufte und was er alles schon für Taki und vielleicht sogar für Daniel angelegt hatte. Serdall hatte sicherlich eine satte Lebensversicherung. Selbst bei Louise war eine enorme Menge Geld von der Versicherung gekommen, wie Dustin in einem der Briefe zufällig gesehen hatte. Dafür hatte Serdall aber viel für eine ordentliche Beerdigung und Totenfeier ausgegeben. Trotzdem war es für eine Person allein wohl zu viel Geld, besonders bei Serdall. Er machte sich ja nicht unbedingt überteure Luxusanschaffungen, aber lebte eben doch recht angenehm und leistete sich ab und an mal etwas. In den zwei Jahren nach Louises Tod hatte sich Serdall gar nichts Großes gekauft, zumindest nicht dass Dustin wusste. „Serdall pennt wohl noch, oder? War bestimmt eine heiße Nacht“, meinte er und lächelte versaut. „Er pennt wohl wieder“, korrigierte Daniel. „Eigentlich war er schon wach und wollte nur noch etwas liegenbleiben, aber so wie ich ihn kenne, hat er sich noch einmal umgedreht und weilt wieder im Land der Träume. Das würde er aber wohl auch machen, wenn die Nacht nicht so heiß gewesen wäre. Wobei mir einfällt, dass ich meine Klamotten im Wohnzimmer noch aufsammeln muss.“ Daniel griff jetzt ebenfalls nach einem Brötchen und schmierte es sich. Es hatte wohl wirklich keinen Zweck auf Serdall zu warten. Bekam er eben erst zum Mittag etwas zu essen. „Im Wohnzimmer? Habt ihr es etwa gestern noch da getrieben?“, fragte Dustin nun doch neugierig und biss von seinem Brötchen ab. „Es scheint ja nun doch ein bisschen besser im Bett zu laufen, oder? Ist er jetzt ein wenig offener?“ „Ja, das kann man wohl so sagen“, meinte Daniel glücklich und dachte an die letzte Nacht, in der Serdall die Abmachung tatsächlich eingehalten hatte und sie beim vierten Mal getauscht hatten. Und er konnte Daniel sagen, was er wollte, aber es war dieses mal ziemlich stressfrei und unkompliziert abgelaufen und es hatte Serdall sehr wohl fast von Anfang an eine Menge Spaß gemacht. „Und nein, wir haben es nicht im Wohnzimmer getrieben. Ich habe nur geputzt, weil ich Serdalls Scotch durch die Gegend geworfen habe.“ „Ah ja, du hast also nackt geputzt“, stellte Dustin grinsend fest und stützte seinen Kopf in eine Hand. „Und dann gab’s Versöhnungssex“, meinte er weiter grinsend und sah Daniel ernst in die Augen, als ob er etwas in ihnen zu suchen schien. „Aber da ist irgendwie noch etwas. Etwas mit Serdall.“ Daniel kniff abschätzig die Augen zusammen. „Du machst mir Angst“, stellte er ernst fest. Ehrlich, bei Dustin dachte er echt oft, dass der Kerl ihm durch die Augen in das Innerste seiner Seele sehen konnte. Oder eher in das Innerste seiner Gedanken und Erinnerungen. „Frag doch einfach. Das macht dich weniger unheimlich“, fügte Daniel noch murmelnd hinzu. Dustin begann abschätzend zu überlegen und legte den Kopf leicht schief. Er sah Daniel fest an und begann plötzlich zu grinsen. „Du wirst rot, also hat er dich wieder rangelassen“, flötete Dustin amüsiert und schlug Daniel leicht auf die Schulter, als er noch eine Nuance röter wurde. Der Blonde gluckste vergnügt und schmierte sich ein neues Brötchen. Daniel war echt zu leicht zu durchschauen. Die Nase rümpfend stützte Daniel sein Kinn auf den Armen ab. „Ich glaube du verrätst mir dein Geheimnis nicht, wie du mich immer wieder durchschaust, sodass ich diese Technik auch mal bei Serdall anwenden könnte, oder?“, wollte er wissen. „Nein. Betriebsgeheimnis“, summte Dustin und biss von seinem Brötchen ab. „Außerdem“, nuschelte er mit vollem Mund, „muss man bei Serdall einfach gucken, wie er sich gibt. Da merkt man, wenn was faul ist. Weißt du doch“, zwinkerte er und grinste mit vollen Backen. Schnell machte er noch zwei weitere Brötchen und machte eine Tasse Tee. „Ethan ist gerade etwas bewegungsunfähig“, erklärte er verträumt lächelnd. „Ich werd ihn mal ein bisschen auf Touren bringen.“ „Hm“, meinte Daniel nur unbestimmt und schmierte Serdall ein paar Brötchenhälften. Der würde wohl auch nicht von allein runterkommen, aus mehreren Gründen. Außerdem brachte Dustins Rat, Serdall etwas zu beobachten und zu sehen, wie er sich gab, ihm nicht sehr viel, da Serdall sich hauptsächlich in Situationen, die Daniel ohnehin selbst ausgelöst hatte, anders verhielt. Es ging Daniel um die anderen Gelegenheiten, bei denen er eben nicht Auslöser war. Seufzend lud er alles auf ein Tablett und ging nach oben. Egal, momentan war ohnehin alles zwischen ihnen geklärt. Leise trat Daniel ins Schlafzimmer und wartete einen Moment, bis sich seine Augen an das spärliche Licht, das gerade so durch die Ritzen der Jalousien drang, gewöhnt hatten. Leicht lächelte Daniel als er sah, dass Serdall tatsächlich wieder schlief. In den ganzen zwei Jahren hatte er aus seinem Freund immer noch nicht ganz die Angewohnheit des lange Schlafens vertreiben können. Vorsichtig stellte er das Tablett auf der leeren Bettseite ab und beugte sich über Serdall. „Aufwachen“, hauchte er leise und küsste sich über die von der Decke freigelegte Brust. Nur langsam regte sich Serdall ein wenig und schien endlich aus dem Land der Träume zu gleiten. Er seufzte müde und schlug halb die Augen auf. „Daniel“, stellte er heiser fest und gähnte verhalten. „Ich steh gleich auf“, meinte er nicht sehr überzeugend und legte einen Arm über seine Augen. Die sanften Küsse auf seinem Brustkorb genießend seufzte Serdall leise und zog die Nase leicht kraus. Er streckte die Arme über seinen Kopf und knurrte leicht dabei, ehe er sie um Daniels Oberkörper legte und ihn zu sich zog, um sich an seinen Freund zu kuscheln. „Noch fünf Minuten“, flüsterte er halblaut und hauchte einen Kuss auf Daniels Kinn. „Das hast du auch schon vor einer Stunde gesagt“, seufzte Daniel und brachte wieder etwas Distanz zwischen sich und Serdall. Sein Blick glitt zum Tablett und er griff guten Mutes nach der Tasse darauf, um sie Serdall neben den Kopf zu halten, sodass der Geruch zu seinem Freund herüberzog. „Kaffee?“, fragte er hoffnungsvoll. „Jetzt nicht“, meinte Serdall nun, trotz Daniels hoffnungsvollen Blickes und kuschelte sein Gesicht wieder in die Decke. „Aber gleich“, meinte er gähnend und griff nach Daniels freier Hand, um sie mit seiner zu verweben, ehe er wieder ruhig dalag und eingeschlafen zu sein schien. Frustriert aufstöhnend fuhr Daniel sich durch die Haare. Oh wie er es hasste, Serdall morgens nicht aus dem Bett zu kriegen. Es gab jetzt noch zwei Notlösungen für solch eine Situation. Die eine war der kalte Waschlappen. Das hatte Daniel einmal gemacht und dann nie wieder. Streit war dabei vorprogrammiert, da Serdall sehr empfindlich auf einen solchen Start in den Morgen reagierte. Die zweite Möglichkeit… Seufzend zog Daniel sich bis auf die Shorts aus und krabbelte dann unter die Decke. Er zog Serdalls Pyjamahose ein Stück nach unten und legte seine Hand um das halberigierte Glied. „Na wenigstens einer von euch scheint zumindest teilweise wach zu sein“, murrte er, bevor er seinem Mund um die Eichel legte. „Daniel“, stöhnte Serdall, halb erregt, halb genervt und biss sich im nächsten Moment auf die Lippe. Wieso war sein Freund nur so ein kleiner Schleicher und viel zu talentiert mit der Zunge? Keuchend kam Serdall wenig später und setzte sich dann halb auf. „Das war unfair“, stellte Serdall klar und hob die Decke an, unter der ihn Daniel unschuldig guckend angrinste. Augenrollend ließ sich Serdall nun wieder zurückfallen, als ihm das leichte Puckern in seinem Hintern bewusst wurde. Er hatte es wirklich noch einmal mit Daniel getan. Leicht begann er zu lächeln. Es war um ein Vielfaches besser gewesen, als beim ersten Mal. Serdall zog Daniel zu sich und sah ihm fragend in die Augen. Warum musste Daniel nur immer so früh aufstehen? Seufzend küsste er Daniels Lippen. „Du hast gewonnen. Ich geh duschen“, murrte er und machte sich daran, die Beine aus dem Bett zu schieben. „Ich komm mit. Es war doch recht stickig und ziemlich heiß unter der Decke“, erwiderte Daniel um einiges enthusiastischer und war sogar noch vor Serdall im Bad, der sich erst einmal ausgiebig strecken musste und dann langsam auf ihn zu schlurfte. Vor sich hin summend schlüpfte Daniel aus seinen Shorts und stellte das Wasser auf eine angenehme Temperatur. „Kommst du?“, fragte er Serdall, der immer noch in der Tür stand und ihn einfach nur beobachtet hatte. Serdall begann zu lächeln. Zwar nervte ihn Daniels energetische Art ein wenig, doch dass sein Freund so glücklich zu sein schien, zählte für Serdall mehr. Kurz blieb sein Blick an Daniels rechter Hand hängen und an dem Ring. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus, als er auf Daniel zuging und ihn umarmte. „Ich glaube, wir hätten gestern noch eine Runde machen können“, meinte er gähnend, während er fahrig über Daniels Körper strich und sich über seinen Nacken küsste. „Hätten wir?“, fragte Daniel gespielt neugierig und zog Serdall mit sich unter die Dusche. Seine Pyjamahose hatte Serdall im Schlafzimmer gelassen. „Nun, ich denke wenn wir noch eine Runde drangehängt hätten, dann hätte ich dich vor dem Mittagessen auf gar keinen Fall gesehen. Von daher denke ich, dass das schon ganz gut so war. Außerdem ist es auch nicht so, dass wir nicht da weitermachen könnten, wo wir gestern aufgehört haben.“ Grinsend lehnte er sich gegen die etwas kühle Duschwand und zog Serdall zu sich, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Überrascht wanderten Serdalls Augenbrauen in die Höhe, bevor er den Kuss erwiderte. Daniel schien wirklich gut gelaunt zu sein, so freizügig wie er wieder war. In den Kuss lächelnd fasste Serdall an dessen Po und brachte ihre Becken eng gegeneinander. „Du hättest mich auch so vor dem Mittagessen nicht gesehen, wenn du mich weiterschlafen lassen hättest“, murrte Serdall gespielt säuerlich und umschlang Daniel an der Taille, während sein Freund seine Arme um seinen Nacken schlang. Lächelnd küsste er die rosigen Lippen. „Aber so finde ich das auch gar nicht schlecht“, hauchte er leise und drückte Daniel forsch gegen die Wand. „Ich hätte auch nicht erwartet, dass du mir und den Reizen meines Körpers widerstehen kannst“, neckte Daniel. Er steckte einen Arm unter der Duschstange hindurch, um einen gesicherten Halt zu haben und ließ seine Hände Serdalls Rücken hinab wandern. Nachdrücklich zog er ihn ganz an sich, sodass ihre Körper sich in der ganzen Länge berührten. „Niemals“, bestätigte Serdall und griff in Daniels Knie, um ihn sich auf die Hüfte zu heben. „Du und deine Reize, ihr seid unwiderstehlich“, hauchte er grinsend und küsste Daniel tief. Seine rechte Hand schummelte er zu Daniels Hintern, während er seinen Freund mit der anderen sicher stützte. Serdall schüttelte innerlich über sie den Kopf. Sie hatten schon vor ein paar Stunden phänomenalen Sex gehabt und jetzt würden sie wieder miteinander schlafen. Waren sie süchtig? Ja, dachte sich Serdall entschieden. Er war süchtig. Nach Daniel, seiner Liebe, seinem Körper und den göttlichen Gefühlen, die er mit ihm hatte. Einige Zeit später stand Daniel in einer frischen Shorts und sich mit einem Handtuch die Haare trocken rubbelnd vor dem großen Fenster im Schlafzimmer. Für einen Spätherbsttag war es ziemlich hell und es sah nicht so aus, als würde es in nächster Zeit einen Schneesturm oder ähnliches geben. Serdall kam aus dem Badezimmer und umarmte ihn von hinten, den Kopf auf seiner Schulter aufstützend. Daniel ließ das Handtuch auf den Boden gleiten und legte seine Arme auf Serdalls. „Sieht so aus, als wäre heute wirklich der perfekte Tag, um auf irgendeinem See oder so etwas Schlittschuh zu laufen“, meinte er. Serdall strich mit einem Finger über den Ring an Daniels Hand und verzog leicht mürrisch das Gesicht. „Auf einem See? Da kann ich mich ja gar nicht an den Seiten abstützen. Ich bin kein guter Eisläufer“, gab er zu und seufzte leise, bevor er mit dem Mund über Daniels Hals wanderte. Daniel und Taki zuliebe würde er trotzdem mitkommen, auch wenn er befürchten musste, dass er sich vielleicht die Hand brach… Nun ja, vielleicht sollte er doch versuchen, Daniel auf eine andere Idee zu bringen, denn mit dieser Aussicht wurde ihm schon leicht schlecht. „Wie wäre es denn mit einem Spaziergang im Wald? So verschneit ist das doch sehr romantisch“, schlug Serdall vor. Daniel legte leicht den Kopf schief. „Ich glaube nicht, dass ich diesem feigen Fluchtversuch zustimmen kann“, meinte er grinsend. „Außerdem hast du mir gestern zugesichert, dass wir Eislaufen gehen im Austausch dafür, dass ich dich küsse. Erinnerst du dich?“ So ganz ohne Hintergedanken hielt Daniel nicht an diesem Tagesplan fest. Ein Waldspaziergang wäre auch nicht schlecht, aber dort bestand wohl kaum die Möglichkeit, dass ein beinahe aufs Eis fallender Serdall sich hilfesuchend an seinen Freund klammerte und ihn anschließend vor Dankbarkeit besinnungslos küsste. Daniel seufzte. Man durfte ja wohl noch träumen. „Aber wir gehen in irgendeine Eishalle, wenn dir das lieber ist. Aber eine mit offenem Dach oder so, damit wir wenigstens etwas von diesem recht schönen Tag haben.“ Serdall seufzte leise an Daniels Ohr. „Bevor wir eine Eishalle ohne Dach gefunden haben, ist es Abend“, meinte er leise und schloss sich seinem Schicksal ergebend die Augen. „Es gibt einen ziemlich schönen See ein paar Kilometer außerhalb der Stadt. Der wird im Winter fürs Eislaufen bewacht. Da brauchen wir keine Angst haben, einzubrechen“, meinte er halblaut. Auf diesem See war Dustin einmal gewesen und Serdall konnte sich daran entsinnen, dass sein Schwager davon begeistert war. Zumindest hatte er noch tagelang davon geschwärmt. „Taki freut sich bestimmt“, versuchte er sich selbst noch ein wenig zu überzeugen, was ihm auch halbwegs gelang. „Genau, Taki freut sich bestimmt“, stimmte Daniel lächelnd zu und löste sich dann von Serdall. „Und genau deswegen sollten wir auch dafür sorgen, dass wir schnell loskommen, da es, wie du sicherlich weißt, im Winter sehr früh dunkel wird und ich nicht nur eine Stunde dort bleiben will. Mittag essen wir einfach dort. Die haben garantiert eine Pommesbude oder ähnliches, wenn sie den See schon extra bewachen lassen. Taki wird sich auch über Fastfood freuen. Also auf geht’s.“ Daniel griff sich wahllos ein paar Sachen aus dem Schrank, zog sich zweischichtig an, damit ihm nicht zu schnell zu kalt wurde und sah dann erwartungsvoll auf Serdall. Sein Blick blieb auf dem Armband und dem Ring hängen, die sein Freund genauso wie er jetzt beide rechts trug. „Was ich dich noch fragen wollte“, murmelte er ernst und fast schon bedrohlich. „Was“, er hob seinen rechten Arm, um das Armband vor Serdalls Augen zu halten, „ist das?“ „Wie, was ist das?“, fragte Serdall verwirrt und ging auf Daniel zu, um an ihm vorbeizulangen und sich ebenfalls warme Sachen herauszusuchen. „Bist du jetzt total abgedreht?“ „Nun, ich werde meine Frage dann selbst beantworten. Das ist ein Armband“, erklärte Daniel schnaubend. „Und wie du mir gestern erklärt hast, ist es aus Platin. Erkennst du jetzt, worauf ich hinaus will?“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er Serdall dabei zu, wie er sich seine ausgewählte Kleidung auf die Arme lud. Kopfschüttelnd zog sich Serdall im nächsten Moment an. „Nein, aber ich befürchte langsam wirklich, dass du irgendetwas zu sehr gegen den Kopf bekommen hast“, sagte er schmunzelnd und ging auf Daniel zu, als er sich gerade einmal Shorts und Hose angezogen hatte. „Hast du dich gestern irgendwie gestoßen?“, fragte er besorgt und strich Daniel einmal durch die Haare, um nach einer Beule zu fühlen. „Hände weg“, zischte Daniel und wich einen Schritt zurück. Bei Serdalls Gesicht, das von Schock und Unverständnis gekennzeichnet war, senkte er den Kopf und seufzte frustriert auf. „Tut mir leid“, murmelte er. „Aber“, Daniels Kopf schoss wieder in die Höhe und er näherte sich Serdall, um ihm mit dem Finger anklagend auf die Brust zu stechen, „wie kannst du es erstens wagen, mir dieses verdammte Armband zu schenken, nachdem ich dir schon bei dem Auto fast den Kopf umgedreht hätte und wir ausgemacht hatten, dass ich keine teuren Geschenke mehr bekomme, mir dann nicht zu sagen, dass das Armband aus Platin ist und als ich es dann erfahren habe und augenscheinlich nicht wusste, dass es aus Platin ist, mir dann nicht zu sagen, wie teuer dieses verfluchte Armband durch dieses Material ist!“ Augenrollend ließ sich Serdall auf ihr gemeinsames Bett fallen, zu dem Daniel ihn gedrängt hatte. Ziemlich baff sah er Daniel an und schüttelte den Kopf. Er wusste im ersten Moment nicht was er sagen sollte. Gut, er hatte sich über ihre Vereinbarung hinweggesetzt, aber dass Daniel deswegen so wütend wurde, hätte Serdall nicht gedacht. „Daniel“, fing Serdall ernst an, „spielt das denn jetzt noch eine Rolle? Nach der ganzen Zeit, in der du und ich dieses Armband glücklich getragen haben?“ Lächelnd stand Serdall auf und fasste nach Daniels Händen. „Ich habe es dir damals nicht unter die Nase gerieben, dass es solch ein teures Material ist, damit wir uns nicht den schönen Abend versauen. Du siehst doch, wie du dich jetzt schon wieder aufregst. Es ist doch keine große Sache.“ Serdall die Hände entziehend begann Daniel durch den Raum zu tigern und immer wieder böse und wütende Blicke in Serdalls Richtung abzufeuern. „Es ist eine große Sache“, stellte er klar. „Und es spielt jetzt auch noch eine Rolle. Denn es geht nicht um dieses Armband oder mein Auto, sondern es geht ums Prinzip. Erstens, wie soll ich wissen, ob du dich nicht auch über andere Vereinbarungen hinwegsetzt, wenn du meinst, dass deine Meinung dann schließlich doch wichtiger ist, weil du eben diese oder jene Aktion ausführen kannst, wie zum Beispiel dieses Armband kaufen, weil du das Geld hast? Zweitens, was meinst du, wie ich mich dabei fühle, wenn ich andauernd solche Geschenke bekomme? Ich will auf eigenen Beinen stehen, will nicht, dass mir irgendwer vorwirft, dass ich mich von meinem Freund reich beschenken lasse, dass ich nur mit dir zusammen bin, weil du so viel Geld hast. Diese Anschuldigungen wurden gemacht, vor mir und auch vor dir.“ Daniel schoss dieses Mal einen verzweifelten Blick in Serdalls Richtung und dachte an Kais Worte, als er versucht hatte, Daniel allein und auch ihm und Serdall zusammen im Krankenhaus klarzumachen, dass ihre Beziehung eigentlich nur auf Äußerlichkeiten basierte. Daniel wusste, dass Kai das nur gesagt hatte, um sie auseinanderzubekommen, damit er bei Daniel wieder Chancen hatte, aber sah es nicht für Außenstehende genau danach aus? Serdall war nun einmal gegenüber fremden Leuten eher zurückhaltend bis unfreundlich, wer dachte denn dann daran, dass Daniel sich das den ganzen Tag lang freiwillig und ohne Hintergedanken antat? Serdall wandte verletzt den Blick ab. Daniels Sicht dieser Dinge tat irgendwie weh. Serdall meinte es nur gut, in jeglicher Hinsicht. Er wollte Daniel eben etwas bieten, er hatte schließlich das Geld dazu und er hatte Daniel sicherlich nie das Gefühl gegeben, gekauft zu sein. Schließlich geschahen diese Geschenke nur zu besonderen Anlässen und wenn Daniel sich selbst da schlecht fühlte, dann wusste Serdall auch nicht weiter. Warum musste er denn auf andere hören? Besonders auf diesen Kai, der Daniel wohl noch im Hinterkopf klang. Mit diesen Argumenten hatte Kai also Daniel von seiner Seite getrieben. Serdalls Blick wurde hart, als er seine Hand austreckte. „Dann gib mir das Armband zurück“, sagte er kalt und sah Daniel ernst in die Augen. „Ich dachte, dass zumindest du mehr dahinter siehst als das Geld, was darin steckt. Meinetwegen gib mir auch das Auto zurück. Dann schenke ich dir eben nichts mehr. Schließlich würden alle meine Geschenke eben über deinem Budget liegen. Und die Sache, dass ich mich über dich hinweggesetzt habe“, Serdall biss sich leicht auf die Lippe, ehe er sich zwang weiterzusprechen, „das tut mir leid. Aber wenn man dich beschenkt, kann man es dir anscheinend nie recht machen.“ Serdall schluckte an dem Klos, der sich in seiner Kehle bilden wollte, während er immer noch darauf wartete, dass Daniel ihm das Armband gab. „Und wenn du auf eigenen Beinen stehen willst, solltest du vielleicht auch nicht in diesem Haus wohnen. Es wäre besser, wenn du wieder zu deiner Mutter ziehst. So können wir wenigstens die Mäuler stopfen, die neidisch darauf sind, dass ich dich eben liebe, mit allem was ich habe. Ich dachte zumindest bis jetzt, dass du nicht das Gefühl hättest gekauft zu sein. Wenn es doch so ist, dann sollten wir diese ganze Sache schleunigst ändern.“ Geschockt sah Daniel ihn an. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte er heiser, doch Serdall machte den Anschein, als würde er es sehr wohl so meinen, wie er es sagte. Daniel warf einen Blick auf sein Armband, dann auf Serdall, bevor er es schließlich mit deutlich beschleunigtem Atem abnahm und in Serdalls wartende Hand legte. Er fühlte sich, als würde ein großes Stück von ihm jetzt fehlen und er starrte auf sein nun so leer wirkendes Handgelenk. Versucht tief einatmend schloss Daniel kurz die Augen. „Ich habe nicht das Gefühl, gekauft zu sein“, flüsterte er. „Und ich sehe sehr wohl die Bedeutung hinter diesen Geschenken. Aber nachdem ich dir gesagt hatte, dass ich nicht damit klarkomme, dass alles so teuer ist, hättest du mir nach diesem voll ausgestatteten Auto nicht einfach ein Armband aus Weißgold kaufen können, wie es deine Kette ist? Ist die Bedeutung, die es damit erfüllen soll, nicht dieselbe? Es kommt mir nicht nur darauf an, was die Leute denken, wenn sie sehen, dass ich so reich beschenkt werde. Es geht auch darum, was ich dabei fühle. Du lässt mich hier einfach so wohnen, ohne dass ich einen Cent hinzu bezahle, du bezahlst mein Studium, meine Kleidung, einfach alles. Ich komme mir so abhängig vor und an Festtagen steigert sich dieses Gefühl ins Unermessliche, weil ich einfach nicht weiß, wie ich das wieder aufwiegen soll. Und dann versuche ich mit dir darüber zu reden, aber über Vereinbarungen dieser Art setzt du dich hinweg. Wenn das also wirklich der einzige Weg ist und du so denkst, wie du es eben ausgeführt hast…“ Daniel beendete seinen Satz nicht, sondern holte sich eine Reisetasche aus dem Kleiderschrank und begann einige Sachen darin einzupacken. Tränen hatten sich in seinen Augen gebildet, wofür er sich schon wieder verfluchen konnte. Wenn Serdall ihn so sah, würde er alles sagen, nur damit es Daniel wieder besser ging und es ging hier nicht um irgendwelches Mitleid, das zu irgendwelchen Aktionen und Beteuerungen führte, sondern es ging ihm darum, dass Serdall tatsächlich verstand, um was es ihm ging. Serdalls Finger schlossen sich fest um das Armband, das Daniel tatsächlich abgenommen hatte. Er hätte nie gedacht, dass Daniel so weit gehen würde, dass er das tatsächlich einfach so wegwerfen würde… „Wenn du nicht siehst, dass es eben zu mir gehört…“, zischte Serdall wütend und warf Daniels Armband auf das Bett, ehe er an Daniel vorbei und auf die Tür zuging. „Deswegen habe ich es dir verschwiegen. Und jetzt, wo wir gerade mal wieder wirklich zusammen sind, da musst du das ausgraben. Daniel“, Serdall blickte zur Seite und sah kurz auf seinen weinenden Freund, „ich liebe dich. Aber ich scheine mal wieder deinen Vorstellungen nicht zu entsprechen.“ Serdall drehte sich nun vollends noch einmal zu Daniel und sah ihm kalt in die Augen. „Das alles, was in den letzten Wochen passiert ist, das ist mehr als eine Beziehung vertragen kann. Und wieder gibt es etwas, was nicht stimmt. Es soll wohl nicht sein“, meinte leise, ehe er sich umwandte und das Zimmer verließ. Irgendwann war es auch einfach mal genug. Wütend auf sich selbst und auf Daniel machte sich Serdall auf dem Weg nach draußen. Er griff nach seinem Mantel, stieg in seine Schuhe, bevor er sich seinen Schlüssel nahm und durch den Schnee zur Garage lief, ohne sich verabschiedet zu haben. Er brauchte jetzt seine Ruhe, ohne irgendwen, ohne Daniel. Daniels Atem flog, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen und seine Augen sprangen im halben Sekundentakt von der Tür zu seiner halbgepackten Tasche und dem Armband. Es brauchte einige Zeit, bis sich der erste Schock gelegt hatte, doch dann traf ihn die Realität umso härter. Serdall hatte Schluss gemacht. Das war der Gedanke, der ihm gerade die ganze Zeit hämmernd im Kopf herumschwirrte. Nur noch Sekunden konnte er seine Maske aufrecht erhalten, dann brach er schluchzend über seiner Reisetasche zusammen. Er hatte alles falsch gemacht. Mal wieder. Warum hatte er auch dieses Thema zur Sprache bringen müssen? Er wusste doch, wie schwer es war, Serdall von seinen Ansichten abzubringen. Oder waren es seine eigenen Ansichten, die falsch waren? Ehrlich gesagt war Daniel nicht davon überzeugt, dass darin sein Fehler lag. Vielleicht war es begründet gewesen, Serdall darauf anzusprechen, das Problem war nur, eben ‚Serdall‘ darauf anzusprechen, da eine negative Reaktion absehbar war. Nur wie negativ sie war, hätte Daniel sich nie im Leben ausmalen können. Kraftlos schleppte er sich kurz zur Tür, um den Schlüssel herumzudrehen und kroch dann auf Serdalls Bettseite, nachdem er das Armband hochgenommen und auf das Kopfkissen gelegt hatte. Ein Entschluss hatte sich in seinem Kopf gebildet und er brauchte Kraft, um ihn ausführen zu können. Viel Kraft, die er sich hier zu holen versuchte. Seine Augen waren wieder trocken und Daniel wischte sich die letzten Tränenspuren von den Wangen, während er hinaus in den nun grauen Himmel starrte und die Schneeflocken betrachtete, die leise gen Boden fielen. Stundenlang war Serdall einfach herumgefahren, immer konzentriert auf die Straße sehend, damit er bei der Glätte nicht noch im Graben landete. In ihm schien die gleiche Kälte zu herrschen, die der Winter sie mit seinem Eis und dem Schnee verkörperte. Hatte er wirklich gerade mit Daniel Schluss gemacht? Es fühlte sich zumindest so an. Was hatte es auch für einen Zweck, diese Beziehung fortzuführen? Irgendwann würde Daniel immer mehr stören, denn jetzt schien er gerade damit anzufangen alles zu äußern, was ihn störte. Sei es der zu anständige Sex, Serdalls Verschlossenheit gegenüber anderen, seine Brutalität gegen Kai und nun sogar sein Geld. Was kam als nächstes? Dass er zu viel geigte? Dass er einen Sohn hatte, dass er viel zu viel Serdall Agamie war? Gerade bog Serdall wieder in der Einfahrt vor seinem Haus ein, als der Schnee stärker wurde. Serdall kam sich mittlerweile ziemlich herzlos vor. Nicht eine Träne bisher, keine Magenschmerzen, nichts. Daniel war sicherlich schon weg. Seufzend stieg Serdall aus und ignorierte die fragenden Blicke von Yoshiko, als er an der Küche vorbeiging und nach oben. In seinem Zimmer stockte er kurz. Das Bett war gemacht, der Schrank geschlossen und Daniel war weg. Verwirrt ging er auf den Kleiderschrank zu und öffnete ihn. Daniels Seite war leer. Weg. Alles. Daniels Sachen waren komplett ausgeräumt. Serdall presste die Lippen zusammen. Also war es wirklich aus zwischen ihnen. Ob Daniel wohl schon bei Kai war? Kopfschüttelnd schloss Serdall die Tür wieder und drehte sich herum. Seine Augen blieben an seinem Nachtschrank hängen. Es gab ihm einen Stich als er sah, dass dort das Armband und der Ring ordentlich hingelegt worden waren. Die Stirn runzelnd ging Serdall darauf zu, als er den Brief entdeckte, der neben den beiden Sachen lag. Er nahm ihn in die Hände und öffnete ihn. Es war Daniels Handschrift. Serdall, ich kann nachvollziehen, dass du wütend bist, vor allem auf mich, und ich kann dich ehrlich gesagt gut verstehen. Du hast wohl recht, dass in den letzten Wochen mehr passiert ist, als eine Beziehung vertragen kann und mir ist bewusst, dass ich für all das verantwortlich bin. Immer warst du derjenige, der verzeihen musste und ich sehe ein, dass es irgendwann nicht mehr möglich ist und ich werde dieses Mal nichts gegen deinen Entschluss, unsere Beziehung zu beenden, sagen. Vor allem werde ich nicht wieder so einen Stunt bringen wie das letzte Mal. Ich werde nicht noch einmal für diese Beziehung kämpfen da ich gemerkt habe, dass dich jegliche Fortführung irgendwann immer wieder verletzt hat, was ich ein für alle Mal vermeiden will. Scheinbar war ich einfach nicht in der Lage, dich und deinen Charakter vollständig zu verstehen, auch nach fast zwei Jahren Beziehung nicht, sodass ich immer wieder in diverse Fettnäpfchen getreten bin. Ich habe die Sachen, die praktisch dir gehören, hiergelassen. Kimba ist wohl in der Hinsicht eher an der Grenze, aber hier ist sie wohl besser aufgehoben als sonst irgendwo, mit all dem Platz, den sie hier hat, der vertrauten Umgebung und Mücke als Spielkameradin. Mir tut es für Taki leid, der sich wohl ziemlich vor den Kopf geschlagen fühlen muss. Sag ihm einfach die Wahrheit, nämlich dass ich dich nur unglücklich gemacht habe und du jetzt für ihn eine neue nette Mom suchst, über die er in der Schule dann auch etwas erzählen kann, ohne Angst zu haben, diskriminiert zu werden, nur weil sein Vater in seinem Leben eine falsche Entscheidung getroffen hat. Das obligatorische ‚such nicht nach mir‘, das oft in solchen klischeehaften Briefen vorkommt, spare ich mir, da ich einerseits nicht daran glaube, dass du überhaupt auf die Idee kommen wirst, weil du nach diesen Brief wahrscheinlich die Wände hochgehst, ich andererseits auch nicht unbedingt will, dass es nach diesem klischeehaften Brief mit so einem obligatorischen Ende dann zu einem dieser obligatorischen, klischeehaften Hollywood-Happy-Ends kommt. Das wäre wieder der Anfang des Teufelskreises. Vergib mir, aber ich kann nicht anders, als dir trotzdem noch einmal zu sagen, dass ich dich liebe. Daniel Serdall ließ den Brief sinken. Es war vorbei. Eine Weile starrte er einfach vor sich hin und ließ diese Worte in seinem Kopf nachhallen, wie ein endloses Mantra. Das Stück Papier glitt aus Serdalls Händen und fiel zu Boden. Er hätte nie in seinem Leben geglaubt, dass er Daniel einfach so gehen lassen würde, doch jetzt… Serdall schüttelte den Kopf und rieb sich freudlos lachend über die Stirn. „Das ist doch alles so bescheuert“, meinte er zu sich selbst, ehe ihm einige Tränen über die Wangen rannen. Er hatte so sehr gekämpft, hatte sich mit Fei geschlagen, hatte Daniel alles gegeben und es endete so? Daniel hatte Recht, Serdall hatte ihm viel zu viel verziehen und jetzt ging es wohl einfach nicht mehr. Nachdrücklich rieb sich Serdall über die Augen. Was war das für eine Dankbarkeit? Hart biss er sich auf die Lippe. Vielleicht hatte Daniel das auch alles nie gewollt? Serdall schüttelte den Kopf. Nein, Daniel hatte das gewollt. Serdall wusste, dass Daniel ihn liebte, aber sie konnten wohl einfach nicht miteinander, was wohl Serdalls Schuld war. Er war schließlich der, der anscheinend nicht sah, dass er Daniel eine Last zu sein schien. Gerade wegen seinem Charakter und seinem Geld. Auch wenn Daniel sagte, dass er Serdall liebte, waren da immer Dinge gewesen, die sie nicht wirklich miteinander überwinden konnten. All das schien in der letzten Zeit hochgekommen zu sein, jetzt, wo sie nicht mehr nur durch die rosarote Brille sahen, wo ihre Beziehung am seidenen Faden gehangen hatte. Und wie man sah war es eben wirklich die verklärte Liebe gewesen, die sie so lange aneinander geschweißt hatte. Anders konnte sich Serdall das nicht erklären. Seufzend legte er Daniels Ring und Armband in die Nachtschublade und den Brief dazu. Warum hatte er sich nur auf Daniel eingelassen? Langsam wurde diese Frage in ihm immer lauter. Sie waren so schrecklich verschieden gewesen, schon immer. Es hätte ihm doch klar sein müssen, dass es zum Scheitern verdammt war. Serdall ließ sich auf sein Bett fallen, doch als ihm Daniels Geruch in die Nase stieg, sprang er schlagartig wieder auf. Er riss das gesamte Bettzeug und die Kissen herunter, nur die blanken Matratzen blieben. Serdall holte Säcke, in denen er das Bettzeug stopfte und verdammte diese dann in die Abstellkammer. Er holte ein frisches Kissen und eine Bettdecke aus dem Schrank im Flur und bezog beides mit blütenweißer Bettwäsche. So würde es ihm leichter fallen, Daniel zu vergessen. Ende Kapitel 28 Kapitel 29: ------------ Kapitel 29 „Wie lange wollen Sie bleiben?“, fragte die junge Frau an der Rezeption und Daniel legte nachdenklich den Kopf schief. „Ich weiß es noch nicht. Erst einmal wohl zwei Wochen. Ich muss sehen, wie es dann mit diversen anderen Dingen aussieht. Besteht die Möglichkeit, dass ich noch einmal verlängere?“ „Natürlich“, kam die achselzuckende Erwiderung. „Momentan ist ohnehin nicht die Zeit, in der so viele Schulklassen oder so hier sind. Das bringt für Sie gleich mehrere Vorteile. Erstens ist es nicht so laut in der Nacht und in den nicht vollgestopften Speisesälen und zweitens ist wohl immer irgendwie ein Zimmer frei, zumindest bis Mitte März.“ Daniel lächelte schwach. „Das klingt doch nicht schlecht.“ „Bezahlen Sie alles gleich bar oder erst mal eine Anzahlung?“, fragte sie geschäftsmäßig. „Erst mal eine Anzahlung wäre mir lieber. Der Rest kommt dann demnächst nach. Ich muss vorher allerdings erst noch einmal zur Bank.“ Er grinste etwas schief. „Mit den Hausregeln von Jugendherbergen im Allgemeinen sind Sie vertraut? Nachtruhe um zweiundzwanzig Uhr, Essenszeiten ab sieben, ab zwölf und ab neunzehn Uhr. Keine Schmierereien irgendwo, kein Alkohol, keine Drogen, keine Zigaretten im Gebäude“, zählte sie auf. „Ja, das ist mir noch im Hinterkopf geblieben“, meinte Daniel. „Es ist noch nicht so lange her, dass ich noch mitten in der Zeit der Jugendherbergen und Klassenfahrten steckte.“ Er nahm den Schlüssel entgegen und betrat dann sein Zimmer im Erdgeschoss. Ehrlich, dafür hatte er seine Lehrer immer beneidet, dass ihr Einzelzimmer fast genauso groß war wie ihre Viererzimmer, in denen sie zwischen den Betten gerade mal einen schmalen Durchgang hatten. Aber wie wurde ihnen immer gesagt: „Ihr seid hier zum Essen und Schlafen, den Rest des Tages wandert ihr und besichtigt Museen.“ Seufzend ließ sich Daniel auf das Bett fallen und seine Tasche neben sich. Scheiße, anstatt so verdammt sarkastisch zu sein, sollte er vielleicht lieber seiner verlorenen Liebe hinterher trauern. Wobei, wenn er zulassen würde, dass er jetzt in Selbstmitleid verfiel, würde er so wie er sich kannte doch wieder zu Serdall rennen und das wollte er in erster Linie seinem Freund – Ex-Freund – nicht antun. Daniel streckte sich lang aus und starrte an die Decke. Wer hätte gedacht, dass er mal hier landen würde? Aber er hatte gerade echt nicht das Verlangen danach, wieder nach Hause zu gehen. Es gab dafür mehrere Gründe. Er wollte nicht erklären müssen, warum er wieder zuhause war, dass er sich von Serdall getrennt hatte. Das zu erklären hieß, auch einige andere Dinge zur Sprache zu bringen, über die er selbst mit seiner Familie lieber nicht reden wollte. Denn, so leid es ihm auch tat, waren sie nicht mehr diejenigen, die sein Denken und sein Leben bestimmten, seit er zu Serdall gezogen war. Desweiteren wollte Daniel jetzt auf eigenen Beinen stehen, sich selbst zeigen, dass er nicht abhängig von Serdalls Geld war, dass er gut allein klarkam und kein mieser kleiner Schleicher war. Er ignorierte das stechende Gefühl in seiner Brust, das ihn glauben ließ, jeden Moment verrückt zu werden, wenn er es nicht hinausließ, und schlug die Zeitung auf, die er sich an der Rezeption gekauft hatte, bevor er die Stellenanzeigen durchging und sein Handy zückte. Er hatte gerade ein paar Anzeigen durchtelefoniert und zumindest eine erst einmal recht positive Antwort bekommen, als sein Handy klingelte. Dustin. „Daniel hier“, meldete er sich seufzend. Hatte der Kerl also schon Wind von allem bekommen. Wahrscheinlich wollte er ihn jetzt zurückholen. „Hey, Dan“, rief Dustin gut gelaunt in den Hörer. „Sag mal, wo bist du denn? Wir wollten einen Fernsehabend machen, aber Serdall meinte du wärst unterwegs. Kommst du bald wieder? Sollen wir auf dich warten?“ Daniel schnaubte. Scheinbar hatte Serdall Dustin doch nichts erzählt. Das beklemmende Gefühl in seiner Brust verstärkte sich, doch er ignorierte es weiterhin. „Nun, er hat recht, ich bin nicht da. Folglich solltet ihr einfach anfangen und euch einen schönen Abend machen.“ „Sag mal, was ist los? Serdall verhält sich komisch und du auch“, zischte Dustin misstrauisch und lehnte sich gegen die Wand im Flur. „Was ist denn heut morgen passiert?“ Seufzend beschloss Daniel, dass es keine Sinn hatte, Dustin irgendwas zu verschweigen, da er ohnehin spätestens im Laufe des Abends extrem misstrauisch werden würde, wenn Daniel nicht auftauchte. „Ich würde sagen, dass das Übliche passiert ist, mit etwas mehr Endgültigkeit“, erwiderte er, konnte sich allerdings vorstellen, dass Dustin keine Ahnung hatte, was er ihm damit sagen wollte. „Serdall und ich haben uns getrennt, endgültig. Du wirst mich heute leider nicht mehr zu eurem Fernsehabend begrüßen dürfen, da ich ausgezogen bin.“ Daniel ignorierte weiterhin den immer stärker werdenden Druck in seiner Brust. „Was?“, schrie Dustin in das Handy und sah fassungslos vor sich hin. „Wieso das? Ihr wart doch zusammen, habt die Ringe getragen. Scheiße, was soll der Mist? Nach all dem ist Schluss? Das ist ein schlechter Scherz, Daniel. Bitte sag mir, dass das nicht dein Ernst ist“, sagte er laut und strich sich fahrig durch die blonden Haare. „Wo bist du überhaupt? Darf ich zu dir kommen?“ „Nein, ich denke nicht, dass das so eine gute Idee ist. Ich…“ Sich unterbrechend fuhr Daniel sich über das Gesicht und änderte seine Meinung noch einmal. Ihm war klar, dass er es nicht ganz allein schaffen konnte und wenn er schon nicht vorhatte, seine Familie damit zu belasten, wobei es in erster Linie darum ging, sich nicht damit zu belasten, seiner Familie sein Leben in den vergangenen zwei Monaten aufzutischen, brauchte er wohl oder übel jemand anderen zum Reden. „Ich bin momentan in der Jugendherberge am Ende der Weststadt. Zimmer dreizehn, wie es der Zufall so will. Klopf einfach.“ „Gut, ich bin in ein paar Minuten da“, meinte Dustin und legte auf. Er sagte schnell Ethan bescheid. Sein Freund guckte skeptisch, doch willigte schlussendlich ein. Mittlerweile hatte sich der Schnee gelegt und Dustin kam gut mit seinem Wagen durch die Straßen, da die Räumfahrzeuge die erforderlichen Dienste leisteten. Ziemlich verwirrt klopfte er dann an der Zimmertür, die Daniel ihm genannt hatte. Er verstand einfach nicht, warum sich Daniel und Serdall so plötzlich getrennt hatten. Das war doch alles einfach nur albtraumhaft, was die beiden durchmachten. „Hey“, meinte er halblaut, als Daniel ihm öffnete. Er nahm den Schwarzhaarige in seine Arme, nachdem sie die Tür wieder geschlossen hatten und Dustin eingetreten war. „Was macht ihr bloß für Sachen?“, fragte er leise und strich Daniel über den Rücken. Daniel spürte, wie der Knoten in seiner Brust aufsprengte und eine wahre Flut an Tränen über sein Gesicht rann. Er schlang seine Arme um seinen besten Freund, der scheinbar immer wusste, wie er sich fühlte, wann Hilfe angebracht war und was und was er nicht in welcher Situation sagen musste. Sie standen lange Zeit so da, Daniel in Dustins Armen, geräuschlos vor sich hin weinend und Dustin ihn einfach schweigend etwas hin und her wiegend und über den Rücken streichend. Irgendwann löste Daniel sich und setzte sich auf das Bett. Dustin machte es sich neben ihm bequem. „Tja, dieses Mal ist es endgültig“, meint Daniel schulterzuckend und versuchte ein Grinsen, das verunglückter nicht hätte sein können. Dustin strich ihm mitfühlend über die Wange. „Aber warum?“ fragte er verständnislos. „Heute Morgen warst du noch glücklich mit ihm. Was ist denn nur passiert, dass es soweit kommen konnte?“ Dustin verstand schlichtweg die Welt nicht mehr. Serdall war nicht aufgelöst oder am Boden zerstört, sondern nur etwas kühl und Daniel schien erst jetzt richtig geweint zu haben. Es musste wirklich ein schlimmer Streit gewesen sein, denn Daniel trug den Schmuck nicht mehr, den Serdall ihm geschenkt hatte, obwohl Serdall im Gegensatz dazu kaum verändert schien. Hatte etwa Serdall sich von Daniel getrennt? Das konnte doch nicht sein, nicht sein Schwager, der verklärte Romantiker, der Daniel selbst einen Seitensprung verziehen hatte. Leise und an einigen Stellen etwas stockend, erzählte Daniel Dustin alles seit dem Augenblick, als er Serdall auf die Sache mit dem Armband angesprochen hatte. Er gab ihren Streit wieder, Serdalls Worte zum Schluss und zitierte den Brief ziemlich wortwörtlich. Anschließend atmete er einmal tief durch. „Nun, für Serdall scheint die Sache damit wohl auch gegessen zu sein, wenn er es noch nicht einmal für nötig befindet, dir Bescheid zu sagen, dass ich nicht mehr da bin, sondern einfach unterwegs“, meinte Daniel mit einem schwachen Lächeln. Er sollte glücklich sein, dass er Serdall so enttäuscht hatte, dass es ihm scheinbar nicht schwer fiel, Daniel gehen zu lassen, doch innerlich Riss dieser Gedanke tiefe Wunden. „Ich glaube echt, dass dieser Streit einfach zu viel für euch beide war“, gab Dustin zu und seufzte leise. Das war wirklich eine bescheidene Situation für die beiden und Dustin gab ehrlich für sich zu, dass das hatte kommen müssen. Er wusste wirklich keinen Rat für Daniel. „Du weißt doch selbst, dass nach der ganzen Sache mit Fei schon ein kleiner Sprung bei euch drin war, aber ich hatte wenigstens gehofft, dass ihr das beide kitten könntet, aber irgendwie ist das nicht ganz gelungen.“ Ratlos strich sich Dustin durch die Haare. „Aber ich verstehe nicht, warum du Serdall das Armband gegeben hast, um die Wahrheit zu sagen. Ich mein, das war doch fast wie ein Antrag für dich gewesen, damit hat er Louise hinter sich gelassen, um zu dir zu stehen. Egal wie scheiße teuer das Teil war, das hättest du nicht tun sollen. Klar, war es unfair von Serdall das er überhaupt sowas Teures dafür gekauft hat, aber naja. Du kennst Serdall. Und er hat mir sicher nicht gesagt, dass es aus ist zwischen euch, weil ich dann mit ihm geredet hätte.“ „Ja, das wollte er sicherlich vermeiden. Wahrscheinlich kapselt er sich jetzt wieder vollkommen ab“, schnaubte Daniel, lehnte sich dann allerdings wieder kraftlos an die Wand zurück. „Frag mich mal, warum ich in Extremsituationen reagiere, wie ich reagiere. Ich weiß nur, dass ich immer falsch reagiere, aber warum ich so reagiere…“ Daniel stöhnte, als er sich selbst zuhörte. „Ich war wohl einfach überfordert“, fuhr er schließlich fort. „Ich hätte wissen müssen, dass Serdall nicht so reagiert, wie man sich das vielleicht generell vorstellen würde, dass er sich entschuldigt und sagt, dass er meine Wünsche anerkennt und das in Zukunft sein lässt. Stattdessen haben wir uns mal wieder gegenseitig hochgeschaukelt und dann hat er irgendwann das Armband gefordert und dass ich zu meiner Mutter ziehe und dumm wie ich bin habe ich natürlich genau falsch gehandelt und ihm dieses verdammte Armband auch noch gegeben.“ Er seufzte. „Nun, es war wohl ganz gut so. Jetzt ist es vorbei und ich kann Serdall nicht mehr gut alle drei Tage aufs Neue irgendwie verletzten.“ „Mal ehrlich, was hast du Serdall in den ganzen letzten Wochen nicht schon abverlangt? Und jetzt hast du ihm noch vorgeworfen, dass er eben so ist wie er ist, eben ein Mensch, der auf Luxus abfährt. Daniel, ich denke ihr beide seht einfach nicht mehr, was wirklich wichtig ist. Keine Ahnung, aber seit wann redet ihr nur so beschissen aneinander vorbei?“ Seufzend lehnte sich Dustin neben Daniel. Irgendwie war er wütend auf die beiden und hätte sie am liebsten gemeinsam gegen eine Wand gehauen. Wie konnte man nur so schrecklich kurzsichtig sein? Serdall war doch immer sehr berechnend gewesen, wieso jetzt nicht mehr? Gut, er verstand, dass sein Schwager wohl schwer mit dieser Situation umgehen konnte, besonders da er Daniel liebte und immer nur das Beste gewollte hatte. „Und du willst dir jetzt eine eigene Wohnung suchen, nehme ich an?“, fragte er nach einer kurzen Stille. „Soll ich dir ein bisschen Geld leihen, bis sich das mit Serdall wieder eingerenkt hat?“ „Nein“, antwortete Daniel prompt. „Ich bleibe erst einmal hier, bis ich genug zusammen habe. Ein wenig habe ich gespart, aber das reicht vielleicht gerade mal für die Kaution und um das Nötigste mit den ganzen Möbeln einzurichten. Möblierte Zimmer oder WG-Zimmer gibt es mitten im Semester auch nicht. Ich bin gerade dabei, mir einen Job zu suchen.“ Er deutete auf die Zeitung, die mit aufgeschlagenen und teilweise markierten Stellenanzeigen auf dem Boden lag. „In vier Tagen habe ich ein Vorstellungsgespräch in dem Restaurant gegenüber der Post in der Innenstadt. In der Zwischenzeit werde ich mal wieder meine Gitarre rauskramen und einen auf Straßenmusiker machen. Der Verdienst ist gar nicht mal so schlecht.“ Dustin schluckte. Irgendwie hatte es schon etwas Endgültiges, wenn Daniel so sprach, dass er sich nun ein neues Leben aufzubauen schien, ohne Serdall. „Du hast wirklich mit ihm abgeschlossen, oder?“, fragte Dustin ungläubig und sah Daniel von der Seite her an. „Du wirst nicht mehr um ihn kämpfen, hab ich Recht?“ „Ich muss mit allem abschließen“, meinte Daniel leise und schloss kraftlos die Augen. „Wir können nicht ewig so weitermachen. Irgendwer würde irgendwann zusammenbrechen und ich fürchte, dass Serdall der Erste von uns sein wird. Das will ich mir und vor allem ihm ersparen. Nenn mich feige, aber ich habe den scheinbar günstigen Moment genutzt, um ihm einmal wehzutun, danach aber nicht mehr. Und scheinbar haben die letzten Male schon gereicht, sodass er den Schmerz gewohnt ist und sich über das jetzt nicht mehr wirklich aufregt.“ Dustin schüttelte den Kopf. Serdall würde auch ohne Daniel zusammenbrechen. „Ich weiß nicht, ob dass das Beste für euch beide ist. Keine Ahnung, aber ich glaube für Serdall wird es wohl das letzte Mal für immer sein, dass er sich verliebt hat. Niemand wird ihm mehr so nahe gehen wie du. Wer will sich auch die Mühe machen? Ehrlich, auch wenn er gut aussieht, sein Charakter wird jetzt nach diesem Rückschlag noch eine Spur ekliger werden und er wird selbst auch keine Lust auf irgendjemanden mehr haben“, meinte Dustin leise. Diesmal hatte nicht der Tod Serdall seinen Liebsten genommen, sondern das Leben und all seine Hürden. Dustin seufzte tief. Was dachte er hier für einen Mist zusammen? Daniel war nicht aus der Welt und Serdall auch nicht. Es bestand immer noch Hoffnung für die beiden. „Überleg dir das alles noch einmal. Schließlich liebt ihr euch.“ „Du hast doch selbst gesagt, dass die ganze vergangene Zeit zu viel für uns war und so wie es scheint, wird es auch so weitergehen. Ich weiß nicht, was besser ist, vor allem für Serdall: Eine Beziehung wie unsere, in der wir uns scheinbar momentan in regelmäßigen kurzen Abständen in die Haare kriegen und immer kurz vor einer Trennung sind oder eben ein endgültiges Aus, wobei ich letzteres zurzeit bevorzuge, sonst hätte ich nicht so gehandelt. Nach Louise hättest du auch nicht gedacht, dass er noch einmal jemanden findet und hier war ich. Außerdem gibt es genug Leute, die zumindest temporär an ihm interessiert sind und mit denen er seinen Spaß haben kann.“ Daniel dachte finster an diesen Luka aus dem Kammerorchester der Universität. Dieser Gedanke schmerzte, jeder Gedanke, der Serdall mit jemand anderem zeigte, schmerzte, doch es war seine Entscheidung gewesen, das Ganze endgültig zu beenden. Stöhnend rieb sich Dustin über die Schläfe. Serdall würde sicherlich nie wieder jemanden an sich ranlassen. Rein aus dem Grund heraus, weil Daniel ihn hiermit schon genug verletzt hatte. Serdall würde sich einreden, dass es keinen Zweck mehr für irgendeine Beziehung gab und würde wieder Louise zu seiner Göttin stilisieren. „Gut, es ist deine Entscheidung und ich möchte dir da nicht reinreden. Trotzdem wäre ich wirklich glücklich, wenn du sagen würdest, dass du es mit Serdall irgendwann mal wieder versuchst, falls er nicht wirklich jemand anderes hat, okay? Das ist nämlich jetzt auch scheiße. Klar, ihr hattet eure Differenzen, aber im Moment ist das Ganze einfach viel zu sehr aufeinander geknallt. Irgendwo war Serdall sicher noch gereizt wegen der Sache mit Kai und Fei und du ziemlich fertig und unsicher. Das verstehe ich ja, aber ich kann nicht mit ansehen, wie das Alles zwischen euch komplett in die Brüche geht, denn eines kannst du nicht bestreiten. All die Zeit vor Fei, da wart ihr glücklich, mehr als das.“ Getroffen und traurig schloss Daniel wieder die Augen. Dustin hatte Recht. Die Zeit, bevor Fei sie damals recht gewaltsam voneinander getrennt hatte, war wohl ohne zu lügen die schönste seines Lebens gewesen. Er war glücklich mit Serdall, sie hatten sich eigentlich super verstanden, wenn es auch mal ein paar kleinere Streits gab, die aber wohl normal waren und waren einfach verliebt gewesen. Jetzt war alles nur noch ein einziger Kampf mit kleinen Lichtblicken, die in dem stressigen Alltag allerdings unterzugehen schienen. „Was erwartest du von mir?“, fragte er Dustin. „Dass ich Mitleid mit Serdall habe, weil er als einsamer Witwer und verstoßener Ex-Freund jetzt vielleicht keine neue Beziehung eingeht? Es bringt nichts, es jetzt noch einmal miteinander zu versuchen, da das gleiche Chaos erneut stattfinden würde und in einem Monat ist es auch hoffnungslos, da Serdall mich dann von Tag zu Tag mehr vergessen und verdrängt haben wird. Aber wenn es dich glücklich macht, warte ich halt ab, ob er in einem halben Jahr oder einem Jahr immer noch keinen Partner hat und klingel dann an der Haustür und frage, ob er mich nicht doch ganz gern zurückhaben will.“ Wütend sprang Dustin auf. „Genau das ist die Einstellung, die euch auseinander gebracht hat“, zischte er wütend. „Dieser Zynismus, diese ganze Hoffnungslosigkeit. Ehrlich, mir kommt es so vor, dass du gerade ziemlich auf Serdall pfeifst. Wenn du dich wirklich um ihn sorgen würdest, hättest du es jetzt nicht so dämlich formuliert. Mitleid mit Serdall haben… Hast du anscheinend nicht. Serdall hat viel Scheiße durchgemacht, hat das alleine durchgestanden. Klar, er hat viel Geld, hat einen wunderbaren Sohn, scheint auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen. Trotzdem wird er sich jetzt verdammt noch mal nur einsam fühlen und sich wieder zurückziehen, während du weiter schön zur Uni gehst, dir nebenbei Geld verdienst und lustig freudig vielleicht einen neuen Mann triffst, der dich liebt. Serdall aber, der wird dich leider nie vergessen können, wie du denkst und das weißt du ganz genau.“ Zittrig holte Dustin Luft. Warum machte er Daniel nur solche Vorwürfe? Er wusste warum, weil Daniel gerade so abwertend über Serdall geredet hatte, dass er seine Liebe einfach so schnell vergessen könnte. „Meinst du, dass ich ihn so leicht vergessen kann“, rief Daniel ebenfalls wütend, aber auch verzweifelt und verließ ebenfalls seinen Platz auf dem Bett. „Meinst du, es ist mir nicht schwergefallen, diesen verdammten Brief zu schreiben und mich von ihm zu trennen, nach all dem, was wir durchgemacht haben, mir bewusst, dass ich damit meine erste richtige Liebe und Beziehung verliere? Ich habe nie für jemanden auch nur ansatzweise diese Gefühle entwickelt und du als Zuschauer in der ersten Reihe wirst mit am besten wissen, wie wichtig mir Serdall ist. Genau deswegen ist es für mich unerträglich zu wissen, dass ausgerechnet ich derjenige bin, der ihm am meisten wehtut und das auch noch regelmäßig. Ich kann einfach so nicht weitermachen und er scheinbar auch nicht, da er meinte, dass es aus ist und ich ihn in meinem Brief nur noch einmal bestätigt habe.“ „Dann sag es doch einfach so, wie du es jetzt getan hast“, zischte Dustin wütend. „Deine zynische Seite kannst du stecken lassen, denn jetzt ist es auf jeden Fall ernst und ich verstehe keinen Spaß mehr!“, schrie Dustin wütend und ging nahe an Daniel heran. „Sag mir einfach klar, dass du aufgibst, dass du jetzt nach all dem aufgibst und Serdall für immer in Ruhe lässt. Entweder das oder du gehst wieder zu Serdall, wenn die Zeit reif ist, wenn ein wenig Gras über das Ganze gewachsen ist.“ Dustin beugte sein Gesicht näher zu Daniel, während seine Augen Daniels festhielten. „Du weißt selber, dass ihr beide ohne einander nicht könnt und dass eine Trennung nur übergangsmäßig wirklich Sinn macht. Glaubst du denn echt, dass du es nicht ewig bereuen wirst, dass du ihn einfach verlassen hast, nur weil er mal wieder emotional überreagiert hat?“ „Ich bereue es jetzt schon“, seufzte Daniel und starrte lieber auf Dustins Nase, als direkt in dessen Augen. Er seufzte erneut. „Ich glaube, dass ich es nicht hinbekommen werde, ihn für immer in Ruhe zu lassen. Von daher bleibt wohl nur noch die Option, es irgendwann noch einmal zu versuchen und zu hoffen, dass ich nicht wieder ganz von vorn bei ihm anfangen muss.“ Daniel lächelte schief, war aber schon etwas besser gelaunt und froheren Mutes als noch zu Anfang ihres Gespräches. „Du hältst mich ein wenig auf dem Laufenden, oder?“ Dustin trat nickend einen Schritt zurück. „Ich komme ab und zu vorbei und sehe nach, wie du dich hier hältst“, bestimmte er leicht lächelnd und schlug Daniel auf die Schulter. „Und falls du bei irgendwas Hilfe brauchst“, ernst suchte Dustin wieder Daniels Blick, „bitte scheue dich nicht, mich zu fragen, ja? Ich bin immer für dich da und kümmere mich auch um Serdall.“ Daniel schaffte ein ehrliches Lächeln. „Danke“, erwiderte er leise. „Ich weiß langsam gar nicht mehr, wie ich das Alles wieder gutmachen soll.“ Er umarmte Dustin kurz und brachte ihn noch bis zu den Eingangstoren der Jugendherberge, dann ging er wieder in sein Zimmer zurück und machte sich seufzend auf die weitere Suche nach Aushilfsjobs, das Thema Serdall für den Moment verdrängend. ------------------------------------- Daniel stand an seinem mittlerweile schon üblichen Platz in der Fußgängerzone, vor sich sein offener Gitarrenkasten, seine Gitarre in der Hand und sang bekannte und beliebte Lieder aus diversen Jahrzehnten. Er hätte Winter- und Weihnachtslieder singen können, aber die hingen ihm echt zum Hals raus. Es reichte, wenn er sie im Radio auf und ab dudeln hörte, da musste er nicht noch selbst du dieser lästigen Sitte beitragen. Außerdem schien vor allem das jüngere Publikum ihm dafür dankbar zu sein. Es war schon Mitte Dezember und die Temperaturen und das Wetter hatten sich der Jahreszeit angepasst. Aus diesem Grund machte er zwischen seinem Spiel immer mal wieder einen kurze Pause, um sich im Café nebenan etwas aufzuwärmen und wieder Gefühl in seine Hände zu bekommen. Schnee war ja schön, aber nicht, wenn er gerade am Spielen war. Sein zweiter Job, wenn man das hier überhaupt als einen Job bezeichnen konnte, brachte etwas mehr Geld und war im Vergleich zum Musizieren auf der Straße um einiges angenehmer was die Temperaturen anging, aber dafür machte Daniel das Singen und Gitarre spielen mehr Spaß, als das Kellnern im Restaurant. Die Entscheidung beides zu machen war ihm recht leicht gefallen, da er nur von Freitag bis Samstag im Restaurant arbeitete, eben dann, wenn die Stoßzeiten waren und Aushilfe gebraucht wurde. Den Rest der Zeit verbrachte er eben in der Fußgängerzone, zumindest bis er vielleicht noch etwas gefunden hatte, das er parallel neben dem Studium laufen lassen konnte. Genau das war nämlich das Problem. Wie er sich schon gedacht hatte, suchten die Meisten entweder Vollzeitkräfte, Personal mit flexibleren Arbeitszeiten als er sie bieten konnte oder mit Erfahrung, die Stelle war schon besetzt oder erst in drei oder mehr Monaten zugänglich. Diese Umstände machten es Daniel nicht unbedingt leicht, das nötige Kleingeld zu verdienen, aber er war optimistisch, dass er Ende Januar dann seine Wohnung mieten konnte. Anzeigen hatte er schon durchgelesen und auch eine ganz schöne Einzimmerwohnung gefunden. Er musste eben nur noch zusagen. Solange tat es auch noch die Jugendherberge. Daniels Leben verlief also in recht geordneten Bahnen. Er ging zur Uni und arbeitete anschließend, bevor er sich dann abends an die Stoffwiederholung machte und dann am nächsten Tag wieder zur Uni aufstand. Seine Tage waren durchgeplant und er war froh darüber, da ihm so nicht allzu viel Zeit blieb, über Serdall nachzudenken. Der Schmerz der Trennung war noch immer in ihm und brannte in seiner Brust wie ein glühender Feuerhaken, doch er würde damit klarkommen. Er musste damit klarkommen. Außerdem bestand noch immer die Option, wieder zu ihm zu gehen, nachdem, wie Dustin es so schön formuliert hatte, etwas Gras über die Sache gewachsen war. Knapp zwei Wochen waren dafür wohl zu wenig und Daniel hatte gelernt, sich zu gedulden. „Dan!“ schrie es plötzlich aus der Masse und ein schwarzhaariger Lockenschopf kam auf Daniel zugerast. Freudig umklammerte Taki ihn und sah ihn glücklich an. „Warum spielst du denn hier Gitarre?“ „Nun, es macht mir Spaß und ich kann damit auch gleich ein wenig Geld verdienen“, antwortete Daniel und sah sich nervös um. Taki würde nicht allein gekommen sein. Innerlich war seine Hoffnung zweigespalten in einmal den Wunsch, dass Yoshiko mit ihm hier war, sodass er eine Konfrontation mit Serdall vermeiden konnte und andererseits dem Verlangen, Serdall nach knapp zwei Wochen wiederzusehen. Taki kurz bei sich zu haben war auf jeden Fall schön, doch als Daniel Serdall tatsächlich auf sie zukommen sah, sank ihm doch das Herz in die Hose. „Hey“, grüßte er ziemlich schwach. Serdalls blaugrüne Augen musterten Daniel emotionslos. „Hallo“, sagte er kalt und scheinbar ohne Bedeutung. „Taki, komm her“, meinte er zu seinem Sohn, der tatsächlich von Daniel abließ und zu seinem Vater ging, der ihm einmal liebevoll durch die Haare strich. „Gehst du dir bitte schon einmal deine Zuckerwatte holen?“ Er gab ihm Geld und jauchzend sprang Taki los zu dem Stand, der unweit von ihnen war. Serdall richtete sich auf und sah Daniel wieder so gefühllos an. Plötzlich schüttelte er den Kopf. „Von mir wolltest du kein Geld und jetzt erbettelst du dir es“, stellte er fest und sah Daniel starr in die Augen. Er holte sein Portemonnaie aus der Manteltasche und schmiss dann einen Cent in Daniels Gitarrentasche, die offen auf der Erde lag, für diverse Geldgaben. „Hier, so viel bist du mir noch wert.“ Sprachlos und vollkommen geschockt sah Daniel auf den Cent, der so gefallen war, dass er einsam auf dem Samt des Gitarrenkoffers lag. Etwas schien in seinem Inneren zu zerbrechen und Daniel erkannte, dass es wohl die Hoffnung war, die er erst einmal sicher in seinem Inneren eingeschlossen hatte, bis er seine Dinge geregelt und seine Wohnung gemietet hatte und auf einen Beinen stand. Doch soweit war es jetzt gar nicht erst gekommen. Entschieden schob er die Traurigkeit beiseite, die ihn zu übermannen drohte. Er wollte nicht hier vor Serdall zusammenbrechen und ihm auch noch diesen Triumpf gönnen. Einen Triumph, an dessen Anfang Daniel selbst stand, da er für Situation, wie sie jetzt war, der Hauptverantwortliche war. Nichtsdestotrotz erwiderte er Serdalls Blick fest, egal wie es in seinem Inneren aussah. „Willst du vielleicht gleich für Taki mit bezahlen?“, fragte er. „Normalerweise ist das bei Eltern so üblich, soviel ich weiß. Mal sehen, was du meinst, dass ich ihm noch wert bin.“ Schnaubend stieg Serdall plötzlich in Daniels Gitarrenkoffer und stand dann dicht vor ihm, sah ihm kalt ins Gesicht. „Viel, wie du siehst. Eben ein Leben für einen Liebsten“, knurrte Serdall leise und sah Daniel ohne mit der Wimper zu zucken ins Gesicht. „Aber diese Art von Bezahlung ist bei dir ja nicht üblich“, hauchte er selbstgefällig und stieg wieder aus dem Koffer heraus. Er zerknüllte einen Geldschein und warf ihn Daniel vor die Füße. Es folgte noch ein abfälliger Blick, bevor er sich umwandte und zu seinem Sohn ging. Taki wartete schon auf ihn, um weiter über den Weihnachtsmarkt zu gehen. Ungläubig sah Daniel in seinen Gitarrenkoffer und starrte auf den fünfhundert Euro Schein. In einer schnellen Bewegung hob er ihn auf und sah sich dann nach Serdall um, der gerade in schon recht weiter Entfernung an einer Spielzeugbude stand. „Behalt dein verficktes Geld. Ich will es nicht!“, schrie er ihn an, doch Serdall zog Taki einfach mit sich um die Ecke und sie verschwanden aus Daniels Blickfeld. „Verdammtes Arschloch“, setzte Daniel noch nach und war nahe dran, das Geld einfach in den nächsten Mülleimer zu werfen, doch schließlich zog er es doch vor, es sich in die Tasche zu stecken. Scheiße, wenn er es nicht dringend brauchen würde, hätte er das Zeug verbrannt. Wo war nur sein verfluchter Stolz hin? Daniel schnappte sich das restliche Geld, verstaute seine Gitarre im Koffer und machte sich auf den Weg zurück zur Jugendherberge. Er würde sich den restlichen Tag freinehmen. War ja schließlich nicht so, als hätte er heute nicht gut verdient. Noch extrem wütend stapfte er den Rückweg durch den Schnee hindurch, bis er in seinem Zimmer war. Allerdings hatte Daniel in den letzten zehn Minuten dann doch einiges von seiner Wut eingebüßt und jetzt, wo er alleine war, brach die darunter verborgene Trauer über ihn herein. Schwer atmend legte er sich auf das Bett uns spürte die Tränen über seine Wangen laufen. Klarer hätte Serdall es nicht machen können, dass er mit ihm abgeschlossen hatte und Daniel jetzt nicht mehr für ihn war, als irgendein Fremder, wenn überhaupt. Wohl eher ein stinkender Bettler, der sein Leben momentan in einer Jugendherberge fristete. Daniel wollte es nicht zugeben, aber er vermisste den Luxus von Serdalls Haus schon ein wenig, vor allem aber vermisste er Taki, die Hunde, Dustin und Ethan und natürlich Serdall. Den lieben Serdall und nicht das Arschloch, das er heute wieder dargestellt hatte. Seufzend schloss er die Augen und fiel bald in einen erschöpften Schlaf. ------------------------------------- Argwöhnisch beobachtete Dustin Serdall beim Telefonieren. Sein Schwager sprach mit einem Luka und Dustin vermutete, dass es dieser Blonde aus der Disko war, mit dem er sich gerade unterhielt. „Gut, ich werde am Mittwoch da sein“, erklärte Serdall gerade mit dieser eiskalten Stimme, die Dustin immer noch die Nackenhaare hochstellte. Seit der Trennung von Daniel war Serdall der alte Eisblock wie früher, nach Louises Tod, nur schien er nun noch ein paar mehr Grad unter Null zu sein und die Säureschicht um einiges dicker als damals. Serdalls Bick traf Dustins, als er das Gespräch beendete und auflegte. Offensiv zog Dustin eine Augenbraue nach oben, doch sein Schwager ging nicht darauf ein, sondern wandte sich wortlos ab. Doch bevor er das Wohnzimmer verlassen konnte, sprach Dustin ihn an. „Serdall, du bist wieder wie damals“, meinte er laut. Serdall lächelte plötzlich schmal zu Dustin, als er leicht den Kopf wandte. „Nicht ganz“, erwiderte er leise und ging dann hinaus. Schwer nahm er jede Treppe einzeln, als er nach oben und in sein Schlafzimmer trottete. Kurz nur sah er auf das Doppelbett, das nur noch auf einer Seite bezogen war. Die andere Seite blank. Nur eine Matratze. Unbedeutend. Serdall schloss die Augen, versuchte die Bilder zu verdrängen, die ihm Daniel zeigten, wie er auf dieser Seite ruhig geschlafen hatte, wie er mit Serdall dort gelegen hatte und wie sie sich dort geliebt hatten. Energisch schüttelte Serdall den Kopf und öffnete die Augen, um diese ganzen Szenen von sich zu schieben. Dennoch sah er wieder Daniel vor sich, wie er in dicken Sachen im Schnee stand, Gitarre spielte und dazu melodisch sang. In diesem Moment war Serdall das Herz stehengeblieben. Taki war sofort auf Daniel losgegangen, aber er selbst hatte mit sich kämpfen müssen. Hatte kurz noch dieser Stimme gelauscht, die dann so abrupt geendet hatte. Seufzend setzte sich Serdall gegen die Heizung und zog die Beine an seinen Leib. Warum war ihm nur so furchtbar kalt? Er glaubte, dass er langsam erfror. Jämmerlich erfror, ohne dass sich jemand darum kümmerte. Zu Daniel war er auch so kalt gewesen. Gepeinigt schloss Serdall die Augen. Es hatte so weh getan, Daniel so zu sehen. Warum nur hatte Daniel so etwas über ihn gewählt? Das nannte er auf eigenen Beinen stehen? Kopfschüttelnd lehnte Serdall seine Stirn gegen seine Knie. Das konnte doch nicht Daniels Ernst sein. Wut war mit jedem Schritt, den er auf Daniel zugegangen war, in ihm gewachsen. Wie konnte er ihm das antun? Sich wie ein Bettler vor ihm präsentieren! Sorge machte sich in Serdall breit, doch er kämpfte sie nieder. Daniel wollte ihn nicht und ganz besonders seine Fürsorge nicht. Daniel kam nicht mit ihm klar, das hatte der Brief eindeutig bewiesen. Hatte Daniel ihn denn niemals verstanden? Das war nicht wahr. Aber die letzte Zeit hatten sie sich wohl auseinandergelebt. Reiß dich zusammen, zischte Serdall sich innerlich an. Das mit Daniel war vorbei. Wieso ließ er sich wegen diesem kurzen Wiedersehen wieder aus der Bahn werfen? Die ganzen letzten zwei Wochen hatte er keinen einzigen Gedanken an diesen Mann verschwendet, doch jetzt materte er sein Hirn wieder mit Erinnerungen und Fragen. Immer wieder spielte sich in seinen Träumen die Szene ab, wie Daniel ihm das Armband wiedergab. Das war auch das Einzige, was Serdall in den letzten zwei Wochen zugelassen hatte, zulassen musste. Er verstand es immer noch nicht, warum Daniel es abgenommen hatte. Für Serdall war es das Gleiche gewesen, als wenn Daniel ihm sein Herz aus der Brust gerissen und zertreten hätte. Daniel hatte seine Liebe abgewiesen. Das setzte Serdall damit gleich. „Du warst so dumm“, flüsterte er plötzlich und schlug sich gegen die Schläfen. Er hätte sich wirklich nie auf Daniel einlassen sollen. Dann wäre ihm all der Schmerz erspart geblieben. Für Daniel hatte ja auch nicht die schöne Zeit gezählt, die sie miteinander verbracht hatten. Er war schließlich einfach gegangen, hatte aufgegeben. Als sich Tränen in Serdalls Augen bilden wollten, stand er abrupt auf und trat auf den Balkon, ließ die Kälte das Alles wieder in ihm einfrieren und Serdall wieder klar denken. Daniel war Geschichte. Serdall würde ihn das nächste Mal, wenn er ihn sah, einfach komplett ignorieren. Er würde keine Worte mehr an ihn verschwenden. Das heute war eine bescheuerte Ausnahme gewesen. Ein Zeichen, dass er eben noch nicht wirklich über Daniel hinweg war. Wie auch? Keuchend lehnte sich Serdall gegen das schneebedeckte Geländer. Er liebte Daniel immer noch, egal wie sehr er es verdrängen wollte. Er liebte Daniel so furchtbar, dass es ihn zerfraß, dass es er Daniel fasst schon hasste dafür, dass er gegangen war und ihm so einen bescheuerten Brief hinterlassen hatte. Mit einem erstickten Laut ging Serdall in die Knie und lehnte die Stirn gegen das kühle Geländer. Wann würde all der Schmerz in ihm aufhören? Wann würde er seine Gefühle wieder verschließen? „Nur noch ein Bisschen“, sagte er leise, stand auf und ging zurück in sein Zimmer. Wütend ließ er den Blick über die Wände und die kleine Kommode schweifen, an denen neben Louises und Takis Bildern auch Daniels hingen. Entschieden ging er auf diese zu und sammelte jedes einzelne von den Wänden. Er stapelte sie in seinen Armen, während er nach und nach hektisch jedes Einzelne abnahm. Er fragte sich, warum er das noch nicht eher getan hatte, als er sich einen Karton holte und die Bilder dann ebenfalls in die Abstellkammer verbannte. So wie er diese Tür nun verschloss, so würde er Daniel in sich aussperren. Die Gefühle für diesen Mann waren vergebens und wenn Serdall nicht wollte, dass er kaputt ging, musste er sie verbannen und nie wieder heraufbeschwören. Kalt begann er zu lächeln. In ihm war nur noch das dumpfe Schlagen seines Herzen, aber kein Daniel. Das war besser als der Schmerz, beschied er und machte sich dann bettfertig. Morgen würde er wieder in die Universität gehen und mit dem Kammermusikensemble helfen. Das lenkte ihn ab und es machte ihm Spaß, mit anderen Streichern zu spielen. Luka war ein recht aufgeschlossener Mann und himmelte Serdalls Künste geradezu an. Auch die Anderen beiden von den momentan drei Streichern waren begeistert. Serdall würde nur für die Monate aushelfen, die der Violinist ihres kleinen Quartetts gerade im Ausland studierte. Leider bekam er in der Universität zu viel Aufmerksamkeit. Die ganze Musikfachschaft schien ständig mit ihm die Hände schütteln zu wollen, was Serdall enorm störte, doch eben einfach erduldete, um in diesem Quartett zu spielen. Natürlich merkte man die Unterschiede in seinem Können und dem der Anderen, doch es machte ihm Spaß und er brauchte die Ablenkung im Moment. Ende Kapitel 29 Mal wieder Dankeschön für all eure lieben Kommentare. :) Kapitel 30: ------------ Kapitel 30 Erschöpft trat Daniel aus dem Vorlesungsraum. Er hatte die Nacht extrem schlecht geschlafen. Gegen drei Uhr morgens war er aufgewacht und hatte einfach nur dagelegen und an die Decke gestarrt, während seine Gedanken Achterbahn gefahren waren. Immer wieder lief die Szene vom Vortag vor seinem inneren Auge ab. Wie kalt Serdall ihn angesehen hatte, wie abwertend er Daniel behandelt hatte. Seufzend schloss Daniel bei der Erinnerung daran die Augen. Scheinbar hatte zumindest Serdall schon mit allem abgeschlossen. Für ihn selbst war bis zu diesem Zeitpunkt irgendwie noch nichts beendet gewesen. Jetzt wusste Daniel, wie sinnlos sein Verhalten gewesen war. Er wusste, wie Serdalls Charakter gestrickt war. Zumindest in groben Zügen. Die Feinheiten schien er immer noch nicht zu kennen. Wie Dustin auch gesagt hatte, war diese Trennung für ihn wohl so ziemlich das Schlimmste, was hätte passieren können. Für Serdall gab es jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder leiden oder vergessen. Er hatte sich wohl für die Zweite entschieden. Daniel wünschte sich, dass er das auch so leicht können würde. Immerhin hatte er gestern gemerkt, dass es keinen Sinn machte zu hoffen, dass alles wieder gut werden würde. Eigentlich war jeder Gedanke, den er daran verschwendet hatte, sinnlos. Sie hatten sich getrennt. Serdall zuerst von ihm und er selbst hatte diese Trennung mit seinem Brief und seinem Auszug sozusagen amtlich gemacht. Wie konnte er da erwarten, dass Serdall sich von dem Zeitpunkt an trauernd in seinem Zimmer verkroch und ihn glücklich und mit offenen Armen empfangen würde, wenn er nach einiger Zeit, in der Gras über die Streitigkeiten der ganzen letzten Zeit gewachsen war, wieder bei ihm auftauchen würde? Seufzend machte Daniel sich auf den Weg zur Mensa. Die Tatsache, dass sein Zweitfach Musik war, machte es nicht gerade einfacher Serdall zu vergessen, wenn sie in jeder Vorlesung über diverse Komponisten und klassische Werke oder auch einfach nur über Notenkunde sprachen. All das erinnerte ihn an den Fehler, den er gemacht hatte, wobei sich Daniel nicht sicher war, welcher Fehler der größere gewesen wäre: sich von Serdall zu trennen oder weiterhin in dieser Beziehung zu leben, die scheinbar nur noch von Unverständnis und Streit geprägt war. Wie hatten sie sich so auseinander gelebt? Daniel holte sich sein Mittagessen und setzte sich dann zu einigen Kommilitonen an den Tisch. Er kannte sie alle vom sehen und hatte ab und an mit ihnen gesprochen, allerdings waren sie nicht so etwas wie Freunde, sondern eher flüchtige Bekannte. Um miteinander in der Mensa zu essen reichte das allerdings aus. Daniel war außerdem froh darüber, dass er so Ablenkung hatte und nicht allein mit seinen Gedanken war. Mit halbem Ohr hörte er dem Gespräch zu, das im Gange war, und schaufelte sich währenddessen das Hühnerfrikassee in den Mund. „Deswegen bin ich überzeugt, dass es keiner hier von der Uni sein kann“, kam es von Christian, der schräg gegenüber Daniel saß. „Keiner kann so spielen und wir haben meiner Meinung nach auch keinen, der überhaupt als Ersatz für Robert einspringen kann oder will. Also muss es jemand von außerhalb sein, der hier in der Zeit spielt.“ „Aber wer würde so kurzfristig in einem stinknormaler Kammerorchester einer stinknormalen Uni einspringen? Wenn ich so Geige spielen könnte, hätte ich echt bessere Dinge zu tun, als mich mit irgendwelchen zweitklassigen Leuten abzugeben“, gab Ben zu bedenken. Daniel hörte nun aufmerksam geworden zu. „Das, was ich gehört habe, ist, dass es sich um jemanden handelt, der generell in keinem Orchester spielt oder so. Vielleicht hatte er einfach lange Weile oder hat seine soziale Ader entdeckt, um dem auseinanderzubrechen drohenden Kammerorchester der städtischen Uni aus der Klemme zu helfen. Wer weiß das schon“, meinte Torsten, der letzte in der Runde. „Wenn euch das so brennend interessiert, dann fragt ihn doch einfach selbst. Soviel ich weiß, proben die gerade im ersten Musikraum“, meinte Christian schulterzuckend. Daniel stand abrupt auf, die verdutzten Blicke seiner Kommilitonen ignorierend. Die Puzzleteile setzten sich in seinem Kopf zusammen. Seine Gedanken glitten zu der Diskonacht und Luka und resümierte noch einmal das Gespräch. Als er das kurze Geigensolo hörte, das aus der halbgeöffneten Tür des Musikraumes drang, waren alle Zweifel beseitigt. So spielte nur einer. Mit rasendem Puls lehnte Daniel sich an die nächste Wand und rutschte in eine einigermaßen bequeme Sitzposition hinunter. Er schloss die Augen und versuchte sich einigermaßen zu beruhigen. Er hatte keine Ahnung, warum er eigentlich hier war, was er sich davon erhoffte. Die Fronten zwischen ihm und Serdall waren seit gestern geklärt, warum machte sich also trotzdem noch diese beschissene Hoffnung in ihm breit? Warum ließ ihn der Klang dieser Geige sich entspannen? Hart schob Daniel diese störenden Gedanken beiseite. Es brachte nichts, sich jetzt und überhaupt damit zu beschäftigen. Stattdessen ruckelte er sich in eine noch etwas bequemere Position und ließ sich von den sanften Klängen davontragen. Die Erschöpfung der letzten Nacht forderte ihren Tribut und er driftete in einen leichten Halbschlaf ab. ------------------------------------- „Bis zur nächsten Probe“, verabschiedete Serdall sich von Luka und den beiden Anderen, nachdem er seine Geige in seinem Koffer verstaut hatte. Er fühlte sich immer noch beschwingt von seinen Geigenklängen und irgendwie auch ziemlich ruhig. Die Stunden, die er hier verbrachte, musste er nicht daheim sein, dort wo ihn alles an Daniel zu erinnern schien. Er spielte langsam mit dem Gedanken, das ganze Haus zu verkaufen, einfach aus dem Grund heraus, dass er es kaum mehr dort aushielt. Er würde sich das noch einmal überlegen. Louise hing in diesem Haus auch viel zu sehr mit drin. Seufzend verließ er den Musikraum und stockte schlagartig in der Bewegung. „Daniel“, hauchte er ungläubig, als er den Schlafenden an der Wand entdeckte. Aus einem Impuls heraus ging er auf den Schwarzhaarigen zu und hockte sich vor ihn. Hatte Daniel ihnen zugehört? Lächelnd streckte Serdall eine Hand aus und strich sanft über Daniels Wange, vergessend, dass sie getrennt waren. „Prinzesschen, du kannst hier doch nicht schlafen“, sagte er zu ihm und weckte Daniel so. Lächelnd und noch immer nicht ganz wach lehnte Daniel sich an diese warme und vertraute Hand. Entspannt sog er seine Lungen mit Sauerstoff voll und atmete dann langsam und seufzend aus. Müde schlug er die Augen auf und sah Serdall neben sich sitzen. Als Daniel ebenfalls wahrnahm, wo sie waren, riss er geschockt die Augen auf und sprang auf die Füße. „Serdall“, keuchte er geschockt. Er hatte nur kurz zuhören wollen, aber keinesfalls einschlafen und dann auch noch ausgerechnet von ihm gefunden werden. Serdalls Hand ballte sich zur Faust. Die Hand, die gerade noch an Daniels Wange geruht hatte. Plötzlich trat auch Luka aus dem Raum und sah skeptisch zu dieser Szene. „Serdall, du bist ja noch hier. Wolltest du nicht deinen Sohn von der Schule abholen?“ Schlagartig wurde Serdalls Blick kalt, als er noch einmal kurz zu Daniel sah. Wie hatte er sich nur dazu hinreißen lassen? Was war nur in ihn gefahren? „Du hast Recht“, meinte er und ballte immer noch seine Rechte, an der noch immer einer der Ringe weilte, die sie von Fei geschenkt bekommen hatten. Daniel ignorierend wandte sich Serdall um und ging den Gang entlang, ohne sich noch einmal umzuwenden, dabei versuchte er, sein hämmerndes Herz ebenfalls zu ignorieren. Daniel atmete heftig und sah Serdall hinterher. Sein Magen hatte sich schmerzhaft zusammengezogen und Daniel keuchte gepeinigt auf. Er war überfordert, vollkommen überfordert mit der Situation. Er hatte keine Ahnung, was er denken sollte. Serdall war gestern so extrem kalt zu ihm gewesen, doch jetzt weckte er ihn sanft, anstatt ihn beispielsweise einfach abwertend in die Rippen zu treten und ihm zu sagen, dass er im Weg herumsaß. Serdall trug noch den Ring. Warum trug er ihn noch? Hatte er doch noch nicht mit allem abgeschlossen? Aber warum war er dann, sobald Daniel richtig aufnahmefähig war, wieder so extrem distanziert? Schnaubend lehnte Daniel den Kopf an die Wand hinter sich. Es war töricht von ihm, sich irgendwas in der Hinsicht auszumalen. Er hatte gar kein Recht dazu. Das Ende ihrer Beziehung war im Einvernehmen geschehen, auch wenn sie nicht offen darüber gesprochen hatten, so hatten sie beide doch diese Worte benutzt, ob in Wort oder in Schrift. Das gab Daniel keinerlei Grund, wieder bei Serdall angeschlichen kommen zu wollen. „Na?“, meinte Luka plötzlich süffisant zu Daniel. „Scheint so, als ob Serdall genug von dir hätte. Hab mich sowieso gefragt, wie jemand wie du so einen weltklasse Mann halten soll“, grinste er und sah Daniel höhnisch an. „Jetzt ist er ja nicht mehr dein Freund, also genug Platz für mich.“ Daniel versuchte ruhig zu bleiben, doch er konnte sein im ersten Moment aufbrausendes Temperament nicht zügeln. Hart knallte er Luka an die Wand, eine Bewegung, die ihm bei diesem Kerl irgendwie schon zu bekannt vorkam, und hielt ihm die Hand an die Kehle. „Versuch es“, zischte er. „Mal sehen, wie lang es dauert, bis er dich richtig schön fertig gemacht hat und du heulend zum nächstbesten Typen rennst.“ Abrupt ließ Daniel von Luka ab, als hätte er sich die Finger verbrannt. Er spürte, wie sich seine Abneigung gegen ihn noch um ein Vielfaches steigerte. Dieser Typ war so widerwärtig und ging ihm mit seiner Art dermaßen auf den Senkel, dass er sich fast wünschte, Luka würde es bei Serdall versuchen, nur um richtig schön eins auf den Deckel zu bekommen. Andererseits verging Daniel allein bei dem Gedanken daran fast vor Eifersucht. Luka lachte amüsiert, obwohl er sich leicht über den Hals rieb. „Ich sag dir bescheid, wenn er mich das erste Mal hart gefickt hat“, sagte Luka entschieden und grinste siegessicher. „Zu mir ist er nämlich sehr zuvorkommend, wenn du verstehst, was ich meine.“ Erneut versetzt Daniel Luka einen harten Stoß. Es gab einen dumpfen Knall, als Lukas Kopf mit der Wand Bekanntschaft machte und Daniel presste sich dieses Mal komplett an ihn, sodass ihre Gesichter ebenfalls nur noch Millimeter voneinander entfernt waren. „Ich würde mir an deiner Stelle nicht sehr viel darauf einbilden“, flüsterte Daniel gefährlich. „Ihr habt vielleicht dasselbe Gesprächsthema, weil ihr beide eines dieser verfickten Streichinstrumente spielt, aber versuch ihn auch nur einmal näher zu berühren und du bist Hackfleisch.“ Luka stöhnte leicht unter dem Schmerz, der durch seinen Hinterkopf raste. Er sammelte sich jedoch im nächsten Moment und stieß Daniel gewaltsam von sich. „Diese verfickten Streichinstrumente?“ Luka schüttelte den Kopf. „Falls du es nicht bemerkt haben solltest, Serdall liebt seine Geige, wie jeder Musiker sein Instrument liebt, aber anscheinend hast du davon keine Ahnung. Und Serdall ist sehr freundlich zu mir und seine Finger sind nicht nur begabt mit den Saiten“, meinte Luka mit einem Augenzwinkern, sich bewusst, dass er gerade sehr hoch pokerte. „Aber du hast sicherlich eine Ahnung, was Serdall alles damit anstellen kann.“ Der Blonde strich sich die Falten aus der Kleidung, ehe er Daniel finster ansah. „Und falls du mich noch einmal anfasst, dann verklag ich dich wegen Körperverletzung, verstanden? Du bist schließlich der Letzte, der in Bezug auf Serdall was zu sagen hat.“ Luka wandte sich um und ging wieder in den Musikraum, um die Tür hinter sich nachdrücklich zuzuknallen. Ungläubig starrte Daniel Luka hinterher. Dessen Worte hatten genau dort getroffen, wo es wehtat. Verdammt wehtat. Daniel konnte nicht glauben, dass es stimmte, dass Serdall sich tatsächlich mit Luka eingelassen hatte. Er wusste, dass der Blonde Serdall schon in der Disko angehimmelt hatte, doch zu jeder Beziehung oder auch nur Affäre gehörten zwei. Würde Serdall tatsächlich auch diesen Weg gehen, um sich über ihre zerbrochene Beziehung hinwegzuhelfen? War er deswegen Daniel gegenüber so kalt, weil er durch Luka leicht mit ihm hatte abschließen können? Tischte Luka ihm irgendwelche Halbwahrheiten über Serdall auf? Denn dass er Daniel nicht leiden konnte, war klar. Stöhnend lehnte Daniel seinen Kopf an die kalte Wand. Er brauchte Gewissheit, sonst würde er verrückt werden. Die Erleuchtung kam blitzartig zu ihm. Keuchend riss Daniel die Augen auf und fummelte sein Handy aus der Tasche. Wenn Luka zu Serdall gehen würde oder Serdall in letzter Zeit öfter das Haus verließ, würde einer das garantiert wissen und das war Dustin. Ungeduldig zählte Daniel das Tuten, das aus dem Hörer drang, bis Dustin sich endlich meldete. „Ja?“, meldete sich Dustin. „Wie geht’s dir, Daniel?“, meinte er sogleich, als er den Namen auf seinem Display las. „Ziemlich scheiße, aber das ist jetzt egal. Sag mal, kommt in letzter Zeit öfter so ein blonder Kerl bei euch vorbei? Oder geht Serdall irgendwohin, wenn nicht zur Uni?“, wollte Daniel hastig wissen. „Soll ich mal lachen?“, murrte Dustin und schob die Tests beiseite, die er gerade kontrolliert hatte. „Serdall ist eisiger als je zuvor. Glaub mir, hier kommt kein blonder Kerl her und Serdall fährt eben ab und an nur zur Uni und vielleicht einmal einkaufen. Ansonsten fährt er mit Taki eben ein wenig rum. Jetzt kannst du mir sagen, warum es dir scheiße geht“, forderte Dustin und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Naja, jetzt geht es mir schon ein bisschen weniger scheiße“, seufzte Daniel und erzählte Dustin dann von seiner gestrigen Begegnung mit Serdall. Dustin seufzte in den Hörer. „Du möchtest nicht wissen, wie er hier alle angiftet. Entweder er ignoriert einen oder er hat nur wieder seine Sticheleien für mich übrig. Ethan hat er letztens zum Weinen gebracht, nur weil Ethan sich seit seinem Outing nicht mehr mit seinen Eltern versteht. Ehrlich, er ist ein Kotzbrocken. Ich bin kurz davor, mit Ethan auszuziehen. Bei aller Liebe, das muss ich mir ja nicht antun.“ „Wir können ja eine Dreier-WG aufmachen“, scherzte Daniel, doch wurde im nächsten Moment wieder ernst. Es lief momentan einfach alles beschissen. Zumindest schien es sehr wahrscheinlich, dass Luka ihn angelogen hatte. Was Daniel das brachte, war die Frage. Serdall war jetzt ein freier Mann, genauso wie er. Sie konnten beziehungstechnisch jetzt tun und lassen was sie wollten und keiner hatte das Recht, sich darum zu scheren. Ehrlich gesagt wollte Daniel Serdall einfach nur wiederhaben, auch wenn er ihm während ihrer Beziehung vielleicht wieder wehtat und das einfach nur verdammt egoistisch war, aber momentan fühlte er sich einfach nur beschissen. „Das ist vielleicht gar keine schlechte Idee“, meinte Dustin halblaut und stütze seinen Kopf auf seine freie Hand. „Lass dich nicht unterkriegen, ja? Es ist wohl wirklich besser, wenn du Serdall vergisst. Ich glaube, dass das bei ihm alles keinen Sinn mehr macht. Er ist für eine Beziehung eben viel zu verrückt.“ „Ehrlich gesagt will ich ihn nicht vergessen“, gestand Daniel und machte sich auf den Weg nach draußen, um einen einigermaßen ruhigen Platz für sich zu finden, wo keiner zufällig vorbeikam. Er setzte sich auf eine der verschneiten Bänke und kümmerte sich nicht darum, dass seine Hose etwas nass wurde. „Scheiße, ich vermisse ihn so und ich habe das Gefühl, dass sich das und auch meine Liebe zu ihm mit jedem Tag steigert, egal wie kalt er zu mir ist. Und jetzt werde ich ihn garantiert auch noch regelmäßig sehen.“ „Klasse“, zischte Dustin und schloss genervt die Augen. „Ehrlich, er wird dich nur noch scheiße behandeln. Du kennst Serdall, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat. Und du kannst mir glauben, diesmal hat er sich wirklich fest in den Kopf gesetzt, keinen mehr an sich ran zu lassen. Du willst gar nicht wissen wie euer Zimmer aussieht“, knurrte Dustin wütend. „Halt dich fern von ihm. Er ist schlimmer als damals und selbst ich kann kein anständiges Wort mehr mit ihm wechseln. Daniel“, sagte Dustin liebevoll, „er hat echt einen Sprung in der Schüssel. Du kannst nicht so masochistisch sein und dich wieder nur von ihm anpöbeln lassen.“ „Du kennst mich doch, ich liebe es hart“, meinte Daniel ironisch und schloss kurz die Augen. Er hatte eine ungefähre Ahnung, was Serdall mit ihrem – seinem – Zimmer gemacht hatte. Wenn er mit Daniel abgeschlossen hatte, war wohl alles, was mit ihm zu tun hatte, rausgeflogen. Es tat weh, daran zu denken, aber es war verständlich und Daniel wäre der Letzte, der Serdall dafür verurteilen würde. „Ich werde mal sehen, wie sich das Alles entwickelt“, seufzte er. „Daniel, da entwickelt sich nichts mehr“, erwiderte Dustin aufgebracht. „Lass ihn einfach. Du wirst schon über ihn hinwegkommen. Schließlich bist du nicht so verschroben wie er. Hast du nicht einen hübschen Studenten, der dich mag? Verbring doch ein bisschen Zeit mit jemandem, lenk dich von Serdall ab. Das liegt jetzt alles hinter dir. Und ich werde mir demnächst auch eine Wohnung suchen. Weihnachten mit Serdall kann ich mir echt sparen. Vielleicht kommt dann auch Taki zu uns, mal sehen.“ „Ich will keinen hübschen Studenten. Von denen hab ich genug“, erwiderte Daniel schnaubend und dachte an das ganze Fiasko mit Kai. „Fein, such dir eine Wohnung. Ich werde Weihnachten zusammen mit einer ganzen Horde sechzehnjähriger feiern. Und bitte spar dir in Zukunft deine Ratschläge. Ich habe keinen Bock auf irgendeine Affäre, um mich abzulenken.“ „Du kannst dann Weihnachten auch zu uns kommen“, sagte Dustin nachdrücklich und strich sich durch die blonden Haare, als er hörte, dass Serdalls Wagen in der Auffahrt hielt. „Außerdem meine ich es nur gut. Was bringt es dir, wenn du Serdall ewig nachtrauerst?“ „Trotzdem will ich mich nicht gleich ins nächste Abenteuer stürzen“, machte Daniel seinen Standpunkt klar. Er wusste selbst, dass er es in seiner impulsiven Art wohl getan hätte, wahrscheinlich sogar zu Kai zurückgegangen wäre, der momentan wohl zum engsten Auswahlkreis gehörte, da sie sich einfach gut verstanden, aber ein kleiner Funke namens Hoffnung schien immer noch in ihm zu glühen. „Ich will euch beide Weihnachten nicht stören“, meinte Daniel weiter. „Wenn ihr echt zu der Zeit eure eigene Wohnung haben solltet, werdet ihr sie wohl einweihen wollten. Wie dem auch sei, vielleicht komm ich am zweiten Weihnachtstag mal zum Kaffee oder so. Ich denke, dass ich Heiligabend zu meiner Familie gehen werde. Die werden sich freuen, mich mal wieder zu sehen.“ „In Ordnung. Serdall ist gerade nach Hause gekommen. Mal sehen, wen er jetzt wieder angiftet“, murmelte Dustin genervt und lauschte, als sein Schwager schwer die Treppen nach oben ging. „Ich hab leider auch noch einen Berg Arbeit vor mir, die derzeit etwas hängen bleibt, da wir mal wieder so viele Klassenarbeiten schreiben müssen. Ich ruf dich morgen nochmal an, okay?“ „Ja, wie du meinst“, seufzte Daniel. „Tut mir leid, dass wir dir soviel Ärger machen.“ „Momentan macht mir nur einer Ärger“, zischte Dustin und atmete im nächsten Augenblick tief durch. „Halt die Ohren steif, Dan. Es kann ja nicht ewig alles beschissen laufen“, meinte er optimistisch und lächelte leicht. Daniel legte auf und versuchte ebenfalls so optimistisch zu sein wie Dustin. Generell hatte er wohl recht. Ewig konnte es nicht so beschissen laufen und viel weiter absinken konnte Daniel auch nicht, also ging es wohl nur noch bergauf. Die Frage war nur wann und wie schnell. ------------------------------------- „Essen für Tisch sieben ist fertig!“, drang es durch die Küche und Daniel schnappte sich die Teller und machte sich auf den Weg hinaus in den Speisesaal des Restaurants. Heute war es besonders voll, da Livemusik gespielt werden sollte. Einmal im Monat wurde solch ein Abend hier organisiert und es war das erste Mal, dass Daniel selbst bei sowas mithelfen musste. Er arbeitete immerhin erst seit drei Wochen hier. Lächelnd stellte er die Teller vor die Gäste und fragte noch nach speziellen Wünschen, bevor er sich zu Tisch vier begab, um dort die Abrechnung zu machen. Seltsam, er war noch nicht lange hier und doch waren ihm die Abläufe schon extrem vertraut. Lag vielleicht daran, dass er die drei Tage, die er hier arbeitete, von Restaurantöffnung bis zum bitteren Ende schuftete. Dafür verdiente er ziemlich gut. Vor allem das Trinkgeld war reichlich, soweit er das beurteilen konnte. Seufzend dachte er an die letzten Tage, während er sich wieder auf den Weg zur Küche machte. Eine weitere Konfrontation mit Serdall hatte es nicht gegeben, da Daniel ihm bewusst aus dem Weg ging. Allerdings kam er nicht drum herum, zu den Proben zu gehen, die, wie er schnell erfahren hatte, jeweils Montag, Mittwoch und Freitag stattfanden. Bei einem Termin musste er zwar seine Vorlesung schwänzen, aber es war ja nicht dauerhaft, wie sich Daniel sagte. Er saß dann wie beim ersten Mal an der Wand und lauschte vor allem Serdalls Geige. Irgendwie hatte sie trotz der ganzen Situation eine extrem beruhigende Wirkung auf ihn und diese Momente waren es, die ihn die Kraft für den ganzen Trubel schöpfen ließen. Als er das nächste Mal aus der Küche ins Restaurant trat, hatten die Helfer schon die Instrumente, Stühle und Notenständer auf der kleinen Bühne aufgebaut. Scheinbar gab es heute Kammermusik. Daniel seufzte. Das hatte er noch gebraucht. Als dann auch noch der Chef des Restaurants voller Stolz das Streichquartett der heimischen Universität ankündigte, hätte Daniel sich fast übergeben. Warum meinte das Schicksal es nur so schlecht mit ihm? Mäßiger Applaus wurde den Künstlern entgegengebracht, als allen voran Luka auf die Bühne trat. Jedoch ging ein leichtes Raunen durch die Reihen, als Serdall Agamie als Letzter folgte und sich scheinbar desinteressiert hinstellte, Stuhl und Notenständer ignorierend. Der Violinist schien plötzlich die Leitung über dieses kleine Ensemble übernommen zu haben, denn er gab das Zeichen, um zu beginnen. Die Zeit in dem noblen Restaurant schien stehen zu bleiben, als Serdall mit dem ersten Strich seiner Geige klare Klänge entlockte und eine verzaubernde Melodie zu spielen begann. Die übrigen Streicher schienen nur dafür da, um sich an die Fersen von Serdalls Geige zu hängen und es kam einem so vor, als ob sie im Kontrast zu der Inbrunst standen, mit der Serdall spielte, mit der Seele, die in dessen Geige zu leben schien. Die Augen geschlossen ließ sich Serdall in die Geigenklänge fallen, verschmolz mit seinem Instrument. Er wusste, dass er den anderen die Show stahl, doch das hätte den Dreien auch so klar sein müssen, als sie ihn gefragt hatten für ihre Geige einzuspringen. Die Gleichgültigkeit gegenüber seinen Mitstreitern war Serdall willkommen. Sie sollten nicht denken, dass diese Unterstützung in irgendeiner Weise dafür gedacht war, sich durch ihn einen Namen zu machen. Er war Serdall Agamie, ein Solokünstler, dessen Talent niemand je missbrauchen würde. Schweiß stand Luka, Ben und Rinaldo auf der Stirn, als sie mit dem ersten Stück geendet hatten und tosender Applaus erscholl, allen voran wohl für Serdall Agamie. In ihren Proben war es nie so gelaufen wie jetzt. Natürlich hatte man den Unterschied gemerkt, dass Serdall in einer anderen Welt zu spielen schien, aber Luka hätte nie geglaubt, dass diese Welt so endlos weit entfernt schien. Serdall hatte nicht einmal auf die Noten geschielt, hatte einfach nach seinem Erinnerungsvermögen gespielt… Kopfschüttelnd starrte Luka Serdall an. Das war wirklich eine Weltklasse für sich. Schmal lächelnd verbeugte sich Serdall. Er fühlte sich gut. Es hatte ihm gefehlt, dass er so lange nicht mehr vor Leuten gespielt hatte. Glücklich begann er das nächste Lied anzustimmen, während Luka, Ben und Rinaldo leise fluchend die Notenblätter zu diesem Lied umblätterten. Normalerweise hätte Daniel bei dieser Hektik wohl zumindest geschmunzelt, allerdings war er immer noch geschockt, mit Serdall konfrontiert zu sein und dieses Mal keinen Ausweg zu haben. Er versuchte sich mehr auf seine Arbeit und weniger auf die Musik zu konzentrieren, allerdings war das schier unmöglich, da er sich die Ohren nun einmal schlecht zukleben konnte. Glücklicherweise waren die Gäste ebenfalls so von der Musik gefesselt, dass es keinem auffiel, dass Daniel ziemlich langsam arbeitete. Warum verdammt hatte er nicht einen Blick auf die Karte geworfen, in der stand, wer heute auftrat? Dann hätte er sich krank gemeldet oder irgendwas. Jetzt keimte wieder Sehnsucht in ihm auf und schien in verschlingen zu wollen. Verbissen kämpfte Daniel sich durch den Rest des musikalischen Abends. „Daniel!“ Sein Chef nahm ihn beiseite und Daniel schloss leise aufstöhnend die Augen. Scheinbar wurde sein fehlender Arbeitseifer doch bemerkt. Was kam jetzt? Die Kündigung? Eine mündliche Verwarnung? Zumindest war das Abendprogramm beendet, sonst wäre Daniel wohl vollständig durchgedreht. „Ich möchte, dass du die vier Musiker bedienst“, fuhr sein Chef fort. „Drei sind von deiner Universität, der vierte scheint fast in deinem Alter zu sein, sodass sie bestimmt gut mit dir klarkommen. Paolo ist wohl doch etwas aus der Reihe und die anderen haben genug in den anderen Ecken des Restaurants zu tun.“ Sprachlos sah Daniel ihn an. Er musste mal wieder feststellen, dass immer alles noch schlimmer kommen konnte, als es ohnehin schon war. Nicht nur, dass er Serdall am Hals hatte, er musste sich auch noch mit diesem Schleimscheißer Luka herumschlagen und dabei immer hübsch freundlich bleiben, sonst war er seinen Job schneller los, als er ‚verpiss dich‘ sagen konnte. „Gut“, meinte er und fuhr sich fahrig durch die Haare. Er sah, wie sich die Vier an Tisch elf setzten und machte sich mit den Speisekarten auf den Weg zu ihnen. „Guten Abend“, grüßte Daniel und tat so, als würde er niemanden aus der Runde erkennen. Er überreichte die Karten und stellte sich dann mit Block und Stift ans Tischende. „Kann ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?“, fragte er höflich. „Ein Wasser“, antwortete Serdall und sah Daniel lächelnd ins Gesicht, von seinem Geigenspiel immer noch ziemlich verklärt blickend. Lukas Gesicht verfinsterte sich. Der Abend war die Hölle. Nicht nur, dass Serdall sie ziemlich vorgeführt hatte, nein, nun kam auch noch der Ex von ihm und Serdall schien wieder übermäßig freundlich zu sein. „Ein Bier“, zischte Luka und die beiden anderen bestellten sich ebenfalls noch etwas Alkoholisches. Die Stimmung schien ziemlich gedrückt und keiner außer Serdall war zufrieden mit diesem Abend. Reichlich verwirrt schrieb Daniel diese Bestellungen auf seinen Zettel und ging dann zur Theke, um die Getränke zuzubereiten. Mit gerunzelten Augenbrauen sah er zu Serdall. Daniel verstand ihn nicht. Warum benahm Serdall sich mal so kalt und dann wieder so nett und freundlich? Er hätte ihn genauso mies behandeln können wie Luka eben, aber er lächelte ihn an. Daniel schüttelte den Kopf. Er blickte da nicht durch. Schnell kassierte er noch am Nebentisch ab, bevor er mit den Getränken zurückkam. „Haben Sie schon gewählt?“, fragte er geschäftsmäßig, nachdem er die Getränke verteilt hatte und zückte wieder Block und Stift. Serdall musterte Daniel, nun jedoch wieder bar jeder Emotion im Gesicht. Das schöne Gefühl von seinem Geigenspiel war verflogen und langsam gingen ihm die drei Anderen am Tisch auf die Nerven. Und langsam wurde es ihm auch ein wenig zu viel, dass Daniel hier war. Denn nun kamen die Gedanken zurück, die er so weit von sich geschoben hatte. Wie man sah, verdiente sich Daniel also hier auch noch neben der Uni sein Geld. Auch nicht wirklich die beste Methode. Es machte Serdall wieder wütend. Was machte es denn für einen Unterschied, wenn er das Geld von Serdall bekam? Bei Serdall musste er dafür auch nichts tun und sie hatten immer Zeit füreinander gehabt. Jetzt wollte Serdall nicht wissen, wie viel Freizeit Daniel im Moment hatte. Kopfschüttelnd bestellte sich Serdall eines der teuersten Menüs, während Luka und die anderen sich eher zurückhielten mit ihren Bestellungen, vielleicht aus Angst nicht vom Restaurant die Rechnung beglichen zu bekommen. Als Daniel wieder geschäftsmäßig fortging, fing Luka plötzlich an wütend mit Serdall zu sprechen. „Musstest du so eine Show abziehen?“, zischte er und Serdall zog überrascht eine Augenbraue nach oben. „Was für eine Show?“ „Deine Ich-bin-das-Wunderkind-mit-der-Geige-Show“, knurrte Ben neben Serdall. Kalt begann Serdall zu lächeln, was die Übrigen jedoch in keinster Weise störte und sie wurden nun sogar laut. „Weißt du eigentlich wie peinlich das war? Du hättest dich ein bisschen zurücknehmen können, oder?“ Serdall legte amüsiert den Kopf schief. „Tut mir leid, es liegt nicht in meiner Natur schlecht zu spielen. Ich heiße nicht umsonst Serdall Agamie“, meinte er gelassen und verschränkte die Arme. Wütend schlug Luka mit der Hand auf den Tisch, bevor er schrie. „Du bist nichts weiter als ein eingebildeter Lackaffe.“ Es war mehr als ein Zucken, da hatte Serdall sein Wasserglas geschnappt und es Luka ins Gesicht gekippt, bevor er ihn am Kragen packte. „Du solltest dir überlegen, mit welchen Leuten du dich anlegst, du Nichts“, drohte er leise, ehe er Luka mit voller Wucht auf seinen Stuhl beförderte. Serdall griff nach seinem Geigenkoffer, den er nicht wie die anderen auf der Bühne gelassen, sondern mit zum Tisch genommen hatte. Erhobenen Hauptes ging Serdall zur Bar, während er Rinaldo, Ben und Luka wutschäumend zurückließ. „Ich hätte gern einen anderen Tisch.“ Daniel hatte wie wohl fast jeder im Restaurant das Geschehen verfolgt. Leidlich musste er zugeben, dass es ihn diebisches Vergnügen bereitet hatte, wie Luka die volle Breitseite von Serdall abbekam. Um den Kerl tat es ihm nicht wirklich leid. Er hatte sich Daniel gegenüber auch nicht gerade toll benommen. Paolo sah etwas unsicher auf Serdall und winkte Daniel dann zu sich an die Bar heran. Daniel seufzte. Ehrlich, man konnte zwar so argumentiere, dass er die Vier zugewiesen bekommen hatte, doch Paolo hätte Serdall den Tisch auch selbst zeigen können. Die Augen verdrehend ging er zu den beiden und sah Serdall mit seinem Standardlächeln an, dass er sich in den drei Wochen hier angewöhnt hatte, während er aus den Augenwinkeln beobachtete, wie Luka versuchte, sich mit Hilfe der Servietten wieder trockenzulegen. Sein Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen, bis er Serdall wieder ansah und seine Mundwinkel wieder etwas in sich zusammen fielen. „Folgen Sie mir bitte“, meinte er zu Serdall und führte ihn zu einem freien Tisch. Schnell brachte er ihm noch ein neues Wasser. „Ihr Essenswunsch ist derselbe oder möchten Sie sich noch einmal umentscheiden?“, wollte er wissen. Serdall schüttelte den Kopf. „Danke, nein. Ich bleibe bei meiner Bestellung. Hauptsache man hält mir diese Missgeburten vom Hals“, knurrte er leise und sandte noch einen finsteren Blick zu den Dreien, die nun arglistig zu ihm sahen. Serdall sah noch einmal Daniel kurz in die Augen, bevor sein Gesicht abwandte und unbestimmt in die Räumlichkeit sah. Warum hatte er das jetzt gesagt? Er wollte nicht mehr als nötig mit Daniel reden, aber er war etwas sauer wegen Luka. Seufzend strich sich Serdall durch die Haare. Er würde essen und dann gehen. „Bringen Sie mir dann gleich die Rechnung mitsamt dem Essen. Ich möchte hier nicht länger als nötig verweilen.“ Daniel nickte knapp und ging dann in Richtung Küche. Es fühlte sich vollkommen falsch an, dass Serdall ihn behandelte wie einen Fremden, wobei er Serdall auch so behandelte, aber nur, weil er nicht wusste wie Serdall reagieren würde, wenn er auf gut Freund machen würde. Allerdings stellte sich auch die Frage, wie genau er mit Serdall reden sollte, wenn nicht förmlich, aber zumindest war Serdall heute scheinbar höflich und nicht mehr so kalt und abwertend. Daniel seufzte, als er den Zettel mit den Bestellunge in der Küche abgab und dann wieder ins Restaurant ging. Einige Zeit später trat er wieder an Serdalls Tisch, um ihm das Essen hinzustellen. Die Rechnung hatte er, wie gewünscht, ebenfalls schon fertig gemacht. Wobei es ohnehin egal war, weil keiner der Vier etwas würde bezahlen müssen. „Das Essen geht aufs Haus. Ich hoffe, es schmeckt“, meinte Daniel. Er sah Serdall etwas länger als nötig an und wandte seinen Blick dann schnell ab, als es ihm bewusst wurde. Abschätzig verfolgte Serdall Daniel mit den Augen, als jener wieder ging und seine Arbeit aufnahm. Er seufzte leise. Wieso nur hatte er Daniel hier antreffen müssen? Er fühlte sich langsam einfach nur elend. Lustlos stocherte er in dem Essen herum. Er würde noch ein paar Minuten bleiben und dann endlich gehen. Serdall hatte keine Lust, dass er seine eisige Schicht verlor, nur weil Daniel als Kellner verkleidet vor ihm herumsprang. Die Zeiten waren vorbei, dass ihn das interessierte. Serdall seufzte erleichtert, als wieder die Kälte in ihm aufstieg, auch die Wut wieder in ihm wuchs. Daniel brauchte ihn nicht und Serdall ihn ebenso wenig. „Und das ist der Ex von diesem arroganten Ekel. Ich wette du hast es dir sicher gefallen lassen, wenn er dich wie den letzten Dreck behandelt hat“, zischte Luka wütend. Ben und Rinaldo sahen Daniel nun ebenfalls düster an und hatten allesamt die Arme verschränkt. Das Gesprächsthema hatte sich derweil auf Serdalls widerliche Art festgefahren. „Du kannst deinem Ex ausrichten, dass er ein Arschloch ist. Jämmerlich verrecken kann er, aber keine Geige spielen“, fauchte Ben und Rinaldo nickte bestätigend. Daniels Miene verschloss sich, als er den Dreien das Essen vor die Nase knallte. „Ich muss Sie bitten, Ihre Beleidigungen unseren Gästen gegenüber einzustellen, da ich sonst nicht umhin komme, den Chef zu benachrichtigen, damit er Ihnen Hausverbot erteilt“, zischte er wütend. „Gäste? Das ist doch kein Gast“, fauchte Luka wütend. „Das ist noch nicht mal ein Mensch. So ein widerliches Ekel gibt es kein zweites Mal auf der Welt.“ Luka warf einen scharfen Blick zu Serdall, der sie nun aufmerksam beobachtete, da sie alles andere als leise waren. „Du nimmst ihn doch nur in Schutz, weil du immer noch hinter ihm her hechelst. Sieh es ein, er ist ein mieser Drecksack, der sich um niemanden kümmert, als um sich selbst.“ „Pass auf, was du sagst“, knurrte Daniel gefährlich und stütze sich hart auf dem Tisch ab. Er hätte die Fäuste geballt, um nicht in Versuchung zu kommen, sie Luka ins Gesicht zu klatschen und verlegte sich stattdessen darauf, ihm kontinuierlich in die Augen zu starren. Luka lachte spöttisch. „Willst du wegen dem Penner noch deinen Job riskieren, damit er dich noch mit seiner arroganten Art auslachen kann?“ Sich selbstgefällig durch die Haare streichend entgegnete er Daniels Blick mit Hohn, sich bewusst, dass Serdalls Aufmerksamkeit ihnen auf jeden Fall zuteil wurde und er so mit Serdall abrechnen konnte. „Zum Glück hab ich erkannt, wie er ist. Dich scheint er ja ganz um den Finger gewickelt zu haben. Schon gewusst, dass er nen scheiß Charakter hat? Nein? Dann sag ich es dir jetzt. Er ist ein Arschloch“, schrie er abfällig in Daniels Gesicht. Ein hoher, erschrockener Schrei war ein paar Tische weiter zu hören, als sich Daniel auf Luka stürzte und ihm seine Faust ins Gesicht rammte. Bevor er noch irgendwas anderes tun konnte, wurde er von Paolo, der das scheinbar schon hatte kommen sehen, nach hinten gerissen und von Luka weggezogen. Schnaubend wehrte Daniel sich eine Zeit lang und sah mit Genugtuung, wie sich Luka die blutende Nase hielt. Irgendwann wurde ihm klar, was er getan hatte und was das für Konsequenzen hatte und er riss geschockt die Augen auf, ehe er in sich zusammensackte und sich widerstandslos von Paolo in Richtung Hinterzimmer führen ließ. Serdall schüttelte den Kopf. Warum ließ sich Daniel von diesen Sprüchen nur bis aufs Blut reizen? Es war doch aus zwischen ihnen. Daniel hätte Luka die Hand geben sollen, weil er doch die Wahrheit gesprochen hatte. Einen Moment blieb Serdall nicht verstehend sitzen, bevor er den Teller von sich schob, seinen Geigenkoffer nahm und zur Garderobe ging. Graziös schlüpfte er in seinen schwarzen Mantel, ignorierte dabei die geierähnlichen Blicke, die nun auf ihn geworfen worden waren. Schließlich hatte sich dieser Ausfall um Serdall gedreht und so ziemlich jeder hier konnte wohl eins und eins zusammenzählen und erkennen, dass er besagter Serdall war. Augenrollend legte er sich den Schal um, nahm seinen Geigenkoffer auf und verließ das Restaurant. Langsam ging er zu seinem Wagen, in Gedanken bei Daniel hängend. Sie waren doch nun schon drei Wochen auseinander. Daniel sollte eigentlich keinerlei Gefühle mehr für ihn haben, hätte sich nicht aufregen müssen. Seufzend lehnte sich Serdall gegen seinen Wagen, nachdem er seine Geige auf die Rückbank gelegt hatte, und starrte nun in den klaren Nachthimmel. Wieso nur wurde ihm warm dabei, dass Daniel sich immer noch so sehr für ihn einsetzte? Er hatte geglaubt alle Gefühle für Daniel zu verbannen, aber wie man sah war das einfach nur ein verzweifelter Versuch gewesen. Gebracht hatte es nichts. Jetzt vermisste er Daniel nur umso mehr. Seufzend öffnete Serdall seine Wagentür und setzte sich auf den Fahrersitz. Er verharrte so, um seine zitternden Finger zu beruhigen. Daheim würde er sich am besten eine Flasche Scotch genehmigen, dann würde es ihm besser gehen. Fluchend trat Daniel ins Freie und schlug als erstes hart gegen die Wand. Außer einem heftigen Schmerz in seinem Fingerknöchel brachte ihm diese Aktion allerdings nicht. Er war immer noch stocksauer. Wie er erwartet hatte, war er gerade unzeremoniell rausgeschmissen worden. Sein Chef hatte ihm von Anfang an gesagt, dass er einen jugendlichen Heißsporn nicht gebrauchen konnte und er sich zusammenzureißen hatte. Wie gut das klappte, hatte Daniel ja gerade selbst gesehen. Am liebsten hätte er Luka noch eine reingehauen für den triumphierenden Blick, den er ihm zugeworfen hatte, als Daniel von Paolo Richtung Ausgang geführt wurde. Sein Blick fiel auf Serdalls schwarzen Wagen und Daniel ballte die Fäuste. Der Scheißkerl hatte sich scheinbar auf die Toilette verzogen. Zumindest hatte er ihn drinnen nirgends gesehen. Immer noch vor Wut kochend formte Daniel Schneebälle und feuerte sie auf die Heckscheibe ab. Zumindest konnte er sich so etwas auspowern und gegen das Gefühl, gleich platzen zu müssen, ankämpfen. Plötzlich ging jedoch die Tür auf und Serdall sah zu dem Übeltäter, der seinen Wagen bombardierte. „Ich glaube nicht, dass Sie irgendeinen Grund dazu haben, Ihren Frust an meinem Wagen auszulassen“, knurrte Serdall wütend und verschränkte die Arme. Als er jedoch Daniel erkannte stockte ihm kurz der Atem. „Soll ich dich nach Hause fahren?“, fragte er ihn im nächsten Moment und schlug sich innerlich dafür selbst. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Erstaunt sah Daniel ihn an. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Serdall in seinem Wagen saß und schon gar nicht, dass er ihm dieses Angebot machte. Allerdings froren ihm durch seine superschlaue Aktion eben die Finger ab und er hatte echt keine Lust, die ganze Strecke bis zur Jugendherberge zu laufen, wenn er schon die Chance hatte, sich chauffieren zu lassen. Seufzend nickte er und ließ sich auf den Beifahrersitz plumpsen. Versucht gleichgültig stieg Serdall ebenfalls wieder ein und startete den Motor. Durch die Standheizung waren Front- und Heckscheibe frei von Eis, nur noch ein paar Abdrücke von den Schneebällen störten Serdall in der Sicht, die aber alsbald schmolzen. Wortlos fuhr er an und drehte die Heizung hoch, als er Daniels gerötete Finger sah. „Wohin?“ „Jugendherberge in der Weststadt“, meinte Daniel leise und starrte aus dem Fenster. Am liebsten hätte er etwas gesagt wie ‚Zu dir‘ oder ‚Nirgendwo. Bleiben wir einfach hier so stehen‘ oder auch irgendwas kitschiges wie ‚Ich folge dir, wohin du gehst‘. Irgendwie schien das allerdings nicht angebracht. Er musste Serdalls Freundlichkeit auch nicht ausreizen. Serdall verzog angewidert den Mund. Immer noch hatte er kein Verständnis dafür, dass Daniel all das ihm vorzog. Dass er lieber ein Straßenmusikant und Kellner war, dass er lieber in einer Jugendherberge lebte, anstatt mit ihm in einem Bett zu liegen. Aber was dachte Serdall überhaupt darüber nach? Sie hatten sich getrennt. Es ging ihn nichts mehr an, was Daniel tat oder nicht tat. Stille legte sich bleischwer über sie und Serdall wusste nicht, was er sagen sollte. Was überhaupt zwischen ihnen gesagt werden musste. Er war so dumm. Wieso nur hatte er Daniel anbieten müssen, ihn nach Hause zu fahren? Etwas hibbelig knetete Daniel seine Finger. Das hatte einerseits den Vorteil, dass sie schneller wieder warm wurden, andererseits kämpfte er somit auch gegen seine Nervosität an. Irgendwie hatte er gerade keine Ahnung, was er weder von Serdall noch von der Situation halten sollte. Einmal leise durchatmend lotste er Serdall zu dem abgelegenen Parkplatz der Jugendherberge. Jetzt um diese Uhrzeit war kein Mensch mehr hier und die dichten Büsche verdeckten jede Sicht nach außen. Unentschlossen blieb Daniel sitzen. Serdall wartete mit angelassenem Motor, dass Daniel ausstieg, doch jener machte keinerlei Anstalten dazu. Seufzend drehte Serdall den Schlüssel, sodass das summende Motorengeräusch verstummte. „Ich glaube, dass es besser wäre, wenn du jetzt gehst“, meinte Serdall halblaut und lehnte sich im Sitz zurück. Er hatte keine Ahnung was sonst geschehen würde, aber er hatte Angst, dass sie sich nur wieder stritten. „Ich glaube auch“, murmelte Daniel leise und schnallte sich ab. Er hatte keine Ahnung, wie genau es passiert war. Alles, was er wusste war, dass er plötzlich auf Serdalls Schoß saß und ihn besinnungslos küsste. Keuchend vergrub er eine Hand in den halblangen, schwarzen Haaren und wanderte Serdalls Hals hinunter. Sein Körper hatte die Kontrolle übernommen, sein Denken ausgeschaltet und Daniel war darüber ehrlich gesagt überhaupt nicht traurig. Serdall ließ es geschehen, dass Daniel so über ihn herfiel. Er konnte nicht sagen was ihn leitete, als er an die Seite des Sitzes Griff und die Lehne nach hinten klappen ließ, sodass er nun halb liegen konnte. Es war ihm einfach egal. Sein Körper tat einfach das, was er mit Daniel gewohnt war zu tun. Schneller, als er es selbst merkte, hatte er Daniel die Hose von den Beinen gezogen und Daniel Serdalls Hose ein Stück nach unten. Sie sprachen kein Wort, es war einfach nur eine Spannung, die zwischen ihnen herrschte, die sie so schnell wie möglich abbauen mussten. Mit wenig Vorbereitung drang Serdall mit seinem Penis in Daniel ein, während der sich stöhnend an ihn klammerte. Keuchend schlug Daniel passend zu dem praktisch nicht vorhandenen Vorspiel einen harten Rhythmus an, während er sein Gesicht in Serdalls Halsbeuge vergrub und sich an der weichen Haut festsaugte. Seine Hände hatten sich hart ins Polster der Lehne vergraben. Er richtete sich ein Stück auf, sodass seine Prostata bei den Stößen gereizt wurde und stöhnte leise vor sich hin. Entrückt lächelnd strich Serdall mit den Händen über Daniels Körper und begann dann auch dessen Glied hart zu pumpen. Keuchend biss er sich auf die Lippe, während er sich hart in Daniel versenkte, wobei Daniel nun still hielt. Dieser Sex war komplett ohne Gefühle, nur zur Befriedigung ihrer Lust und dies lies einen schalen Beigeschmack, als Serdall kurz nach Daniel kam. Über sich selbst sprachlos schüttelte Serdall den Kopf, als er Daniel, der auf ihm zusammengesunken war, kurz über den Rücken strich. Blind griff Serdall nach der Taschentuchpackung, die in der Ablage in der Fahrertür ruhte. Er drückte Daniel an den Schultern von sich und begann ihre Unterleiber zu säubern, damit er sich nicht noch den Wagen versaute. Daniel ließ alles mit sich geschehen und sah Serdalls Bemühungen nur schweigend zu. Er hatte ein fürchterlich schlechtes Gewissen, dass er diese ganze Aktion gestartet hatte. Er hatte außerdem noch weniger Ahnung, wo sie jetzt überhaupt standen, als vorher. Sie hatten sich getrennt, beide hatten sie sich seltsam benommen und scheinbar keiner, wobei Daniel sich bei Serdall oft nicht sicher war, mit ihrer Beziehung so ganz abgeschlossen. Und jetzt? Seufzend schloss er seine Hose und rutschte von Serdall runter. Fahrig fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht und lehnte den Kopf geschafft gegen die Kopfstütze. Das war mal wieder so eine typische Daniel-Erhard-Handlung gewesen. Er könnte sich dafür selbst den Kopf abreißen. Serdall war für seinen Geschmack etwas zu still. Daniel hatte damit gerechnet, dass er ihm jetzt sprichwörtlich einen Kopf kürzer machte. „Tja, ich gehe wohl wirklich besser“, hauchte er leise und langte nach dem Türgriff. „Ja“, murmelte Serdall und sah Daniel nicht an. Er war verwirrt. Sie hätten eben nicht miteinander schlafen dürfen, doch sie hatten es dennoch getan. Serdall schlug sich mental selbst. Wieso nur hatte er Daniel auch heimgefahren? Serdall stellte die Sitzlehne wieder in die richtige Position und schnallte sich an. Nachdem Daniel den Wagen verlassen hatte, fuhr er einfach an, ohne weiter über diese ganze Sache nachzudenken. Er durfte dem nicht zu viel beimessen. Sie hatten es einfach nur noch einmal wegen der alten Zeiten willen miteinander getan. Das war keine Grund, sich irgendwelche Hoffnungen zu machen. „Sicher nicht“, zischte Serdall nun wütend auf sich selbst. Jetzt war er wieder kühl, aber wo war seine Distanz zu Daniel gewesen, als jener ihn plötzlich geküsst hatte? Kopfschüttelnd fluchte Serdall. Mehr als Sex war das nicht gewesen. Und der Sex war bedeutungslos. Mit hängendem Kopf schlurfte Daniel in sein Zimmer. Er hatte Serdalls Wagen nicht hinterher geschaut. Irgendwie fand er es unerträglich, ihn davonfahren zu sehen. Apathisch ließ er sich auf sein Bett fallen. Scheiße, wenn er bis jetzt noch nicht über das Ende der Beziehung hinweg war, war er es jetzt überhaupt nicht mehr. Er konnte einfach nicht glauben, dass er mit Serdall geschlafen hatte. In seinem Auto. Auf einem öffentlichen Parkplatz. Genau deswegen schien alles wieder aufgerissen zu sein, was in den letzten drei Wochen zumindest ein winzig kleines bisschen verheilt war. Verdammt, wie kam er überhaupt darauf, Serdall abzuknutschen, obwohl sie nicht mehr zusammen waren? Wollte er sich sein eigenes Grab schaufeln? An Liebeskummer sterben? Wütend auf sich selbst machte Daniel sich bettfertig. Es war schon weit nach Mitternacht und da er durch seine tolle Aktion im Restaurant jetzt am Wochenende frei hatte, konnte er sich seine Zeit anders einteilen. Ausschlafen, raus in die Fußgängerzone. So sah sein Plan aus. Und dann nochmal irgendwann nachsehen, ob vielleicht eine neue Stelle irgendwo für ihn frei war. Wer wusste das schon. Seine Gedanken abschaltend und beschließend, für heute Abend einen Schlussstrich unter das Thema zu ziehen, löschte Daniel das Licht. Ende Kapitel 30 Kapitel 31: ------------ Kapitel 31 Daniel warf sich seinen Schal um und schnappte sich seine Gitarre. So gern er auch spielte, aber jeden Tag bei diesem verdammt kalten Wetter war es nach einiger Zeit dann doch eher Qual als Freude. Grummelnd hatte er gerade die Hand an der Türklinke, als sein Handy klingelte. Dustin. „Hey, was ist los?“, fragte er. „Daniel!“, rief der Blonde aufgebracht und schüttelte ungläubig den Kopf. „Wir müssen was tun. Du musst herkommen oder diesen Blonden umbringen. Serdall hat sich sicher gestern mit dem rumgebissen!“, meinte er empört und linste noch einmal ins Wohnzimmer, wo Serdall schon wieder geigte. Der Hals war übersät mit Knutschflecken, was Dustin einfach nur aus der Bahn warf. „Scheiße, das kann er dir doch nicht antun!“ Stöhnend ließ sich Daniel wieder auf sein Bett sinken. Musste er Dustin jetzt etwas alles erklären? Er seufzte frustriert. „Nun, diesen Blonden, namentlich Luka, umzubringen, habe ich schon übernommen. Zumindest habe ich ihm die Nase blutig geschlagen und dadurch meinen Job verloren“, berichtete er neutral. „Na und? Serdall hat Knutschflecke! Scheiße, die können doch nur von diesem Luka sein, von wem denn sonst? Schließlich waren die gestern in so einem Restaurant, um zu spielen. Man Daniel, interessiert dich das denn gar nicht?“ „Es würde mich interessieren, wenn die Dinger nicht von mir sind. Unter den gegebenen Umständen kann ich allerdings sagen, dass es mir so ziemlich egal ist“, meinte Daniel sarkastisch. Dustin schien einen Moment zu überlegen und Daniels Worte zu durchdenken, so wie er es als anständiger Lehrer auch bei seinen Schülern tat, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Als ihn die Erkenntnis traf, keuchte er überrascht. „Wie kommst du dazu, dich mit Serdall rumzubeißen?“, fragte er scharf. „Ich habe keine Ahnung, was da verdammt nochmal in mich gefahren ist“, zischte Daniel zurück. „Serdall hat mich gestern nach Hause gefahren nachdem ich meinen Job los war, weil Luka Serdall aufs Übelste beleidigt hat und ich ihm als Dank dafür eine reingehauen habe und dann standen wir auf dem Parkplatz der Jugendherberge und da ist es passiert. Ende der Geschichte.“ „Ihr habt im Auto gevögelt?“, quietschte Dustin glücklich und jauchzte im nächsten Moment auf, sodass sogar Serdall kurz in seinem Geigenspiel inne hielt. Sich zurückhaltend lief Dustin zur Treppe und ging nach oben. „Aber das ist doch toll! So weißt du wenigstens, dass du immer noch bei ihm ankommst! Und was hat er gesagt? Wann trefft ihr euch wieder?“ „Er hat gar nichts gesagt und wir werden uns nicht treffen“, grummelte Daniel. „Das war bedeutungsloser Sex und auch wenn es zwischen uns aus ist, kann man nun mal nicht verleugnen, dass es zumindest körperlich noch zu funken scheint. Das hatte keinerlei Bedeutung. Zumindest für ihn nicht.“ Daniel seufzte frustriert. „Das glaubst du wohl selber nicht!“, rief Dustin wieder viel zu laut und sah Yoshiko entschuldigend an, die gerade überrascht die Treppe herunterkam. ‚Daniel‘, formte er lautlos mit den Lippen und deutete auf sein Handy. Yoshiko lächelte glücklich und nickte, ehe sie mit der Wäsche, die sie in einem Korb trug, nach unten ging. „Man, versuch es doch bitte noch einmal. Scheiße, das kann doch jetzt erst Recht nicht einfach auseinander gehen.“ „Dustin“, grummelte Daniel ungeduldig, „ich weiß ja nicht, ob du es schon gemerkt hast, aber es ist schon vor einigen Wochen auseinander gegangen. Serdall hatte einen guten Grund Schluss zu machen und ich habe ihn in diesem Vorhaben unterstützt, um ihm nicht weiterhin wehzutun. In der letzten Zeit hatte ich viel Zeit zum Nachdenken und meine zu wissen, wo meine Fehler lagen, doch wenn Serdall mich nicht zurückhaben will, muss ich das akzeptieren, auch wenn ich ihn noch immer mehr als alles Andere liebe und alles dafür geben würde, ihn wieder zurückzubekommen. Scheiße.“ Wütend auf sich selbst wischte Daniel sich die Tränen aus dem Gesicht und starrte mit zusammengebissenen Zähnen an die gegenüberliegende Wand. „Serdall hatte diese Trennung sicher nicht gewollt, egal wie sehr du ihn verletzt hast. Er hat dich auch nur geliebt, dich und eben all deine Fehler“, knurrte Dustin wütend. „Im Grunde hast du ihn verlassen! Er wollte doch nur die Bestätigung, dass du ihn liebst, aber nein, da hatte er auf einmal zu viel Geld, war zu großzügig dir gegenüber. Ich möchte nicht wissen, was du ihm noch alles vor Augen gehalten hast, wie schlecht er eigentlich ist, aber glaubst du nicht, dass es mal an der Zeit für dich ist, ihn so zu akzeptieren? Du hättest das Armband nicht zurückgeben sollen, nur weil es aus Platin ist, aber du hast es, wegen der Meinung anderer. Und weißt du was?“, rief Dustin wütend und trat gegen die Bodenleiste an der Wand. „Jetzt bist du verdammt nochmal an der Reihe, auf Serdall zuzugehen und dir das Armband zurückzuholen. Nur dass du diesmal die Augen offen hältst und dir deine Worte überlegst. Wenn Serdall dann immer noch auf diese Trennung besteht, dann fresse ich meine eigenen Haare.“ Daniel schloss erledigt die Augen. Dustin hatte wohl im Prinzip recht mit dem, was er sagte. Er hatte Serdall in letzter Zeit wirklich nur kritisiert. Angefangen damit, dass der Sex mit ihm zu langweilig war, wenn man es mal krass ausdrückte, bis zum letzten Streit über die immer wieder auftauchende Geldfrage. Kein Wunder, dass es ihm in diesem Augenblick zu viel geworden war. Wahrscheinlich hatte Serdall seine Worte zu dem Zeitpunkt gar nicht so ernst gemeint. Vielleicht wollte er sich tatsächlich nicht von ihm trennen und Daniel hatte eben mit seinem Brief alles beendet. Leise stöhnend rieb er sich über den Nasenrücken. Wer wusste schon, wie Serdall es interpretierte, dass Daniel ihm das Armband zurückgegeben hatte? Daniel hatte es in der Situation nur getan, weil Serdall so ernst danach verlangt hatte. Vielleicht hatte Serdall es als Aus ihrer Beziehung gesehen, als Symbol dafür. „Warum ist nur immer alles so kompliziert?“, fragte er erschöpft und ließ sich in die Kissen fallen. „Weil ihr beide sture Dummköpfe seid, manchmal“, zischte Dustin immer noch ziemlich aufgebracht. „Wie wäre es, wenn du gleich vorbeikommst? Taki ist nicht da und Serdall“, kurz lauschte Dustin von seinem Zimmer aus auf die Treppen, „der geht gerade auf sein Zimmer.“ Dustin ließ sich auf sein Bett fallen und starrte an die Decke. „Am besten du nimmst dir ein Taxi ich warte auf dich und mache dir dann die Tür auf.“ „Ich habe Angst“, gestand Daniel, vergrub den Kopf einmal kurz im Bettzeug und richtete sich dann doch recht entschlossen auf. „Aber ich komme trotzdem. Zumindest, um dich zu besuchen. Ich denke, dass ich in gut zwanzig Minuten da sein werde.“ „Gut und mach dich hübsch. Das erleichtert vielleicht manches. Und wenn wir erst mal nur reden, ist das auch in Ordnung. Dann bist du halt mein Gast“, meinte Dustin entschieden. Er wollte einfach nur, dass Serdall und Daniel wieder zusammenkamen und einsahen, dass sie füreinander bestimmt waren. Dustin wünschte es sich einfach, für sie und für sich selbst. Schließlich wollte er Serdall wirklich nicht verlassen müssen und ihn ganz sich selbst überlassen, nur weil die beiden sich selbst geißelten. „Bis gleich.“ Wie abgesprochen rief sich Daniel ein Taxi und ließ sich zu Dustin fahren. Hübsch gemacht hatte er sich nicht wirklich. Er war schon fertig und auf dem Weg nach draußen gewesen, bevor Dustin angerufen hatte. Noch einmal tief durchatmend klingelte Daniel. Himmel, er hatte total Bammel, in dieses Haus zu gehen da er befürchtete, dass ihn die Erinnerungen erschlagen würden. Dustin riss auch sogleich die Tür auf und zog Daniel in den Flur. Bevor Daniel auch nur zu Wort kommen konnte, hatte Dustin die Arme um ihn geschlungen und ihn fest an sich gedrückt. „Na endlich! Ich dachte schon, dass du unterwegs einen Rückzieher gemacht hast“, meinte er und ließ wieder von Daniel ab. „So, denkst du, dass du bereit bist für Serdall?“ „Nein“, erwiderte Daniel und stieß zischend die Luft aus. „Aber lässt du mir eine Wahl?“ Schief grinste er Dustin an. „Niemals“, deklarierte Dustin grinsend und zog Daniel schneller die Jacke von den Armen, als der gucken konnte. „Ich meine, was hast du zu verlieren? Serdall und du seid schon getrennt. Wenn dann tut es jetzt eben noch einmal weh oder ihr kommt wieder zusammen. Aber ich bin optimistisch. Wird schon schief gehen“, erwiderte er noch lächelnd und strich Daniel durch die Haare. Sofort zog er geschockt seine Unterlippe nach unten und richtete Daniels Haare wieder. „Himmel, ich fühl mich wie ein Vater, der seinen Sohn auf sein erstes Date schickt“, meinte Dustin nun leise lachend. „Das hier ist schlimmer als ein erstes Date“, seufzte Daniel und fuhr sich selbst noch einmal durch die Haare. „Da ist man sich wenigstens einhundert prozentig sicher, dass beide dasselbe wollen. Hier bin ich eher skeptisch.“ Daniel folgte Dustins Druck an seinem Rücken und ging in Richtung Treppe. Er stockte vor den letzten Stufen. „Weißt du, vielleicht sollte ich einfach mit ihm telefonieren. Oder noch besser ich schreibe ihm einen Brief. Damit hat alles geendet, damit fängt es wieder an. Ja, die Idee ist wirklich gar nicht mal so schlecht.“ „Auf keinen Fall“, knurrte Dustin und schob Daniel weiter vor Serdalls Tür. „Ihr werdet miteinander reden. Von Angesicht zu Angesicht. Dann siehst du wenigstens, ob du das Richtige sagst“, murrte Dustin und grinste im nächsten Moment diabolisch. „Du kleiner Feigling wirst jetzt reinen Tisch machen“, flüsterte er und klopfte nun laut an Serdalls Tür. Sofort hastete er die Treppen runter und ließ Daniel verwirrt stehen. „Dustin, du kleiner, fieser, abgebrühter…“ Daniel stoppte in seinem Fluchen und drehte sich geschockt um, als die Tür aufging und er sich mit Serdall konfrontiert sah. Mit großen Augen starrte Daniel ihn an. „Äh, hallo“, stotterte er durcheinander. Serdall musste den Impuls unterdrücken die Tür vor Daniels Nase zuzuschlagen. Was machte der überhaupt hier? Vor allem, was machte er hier vor seiner Tür? „Was willst du hier?“, fragte Serdall auch sogleich. „Falls du wegen gestern hier bist, muss ich dich enttäuschen. Wegen dem Sex kommen wir sicher nicht wieder zusammen“, sagte er kühl und gratulierte sich selbst dazu, dass er so gefasst dabei war. Er hatte das gestern einfach nur als Fehltritt abgetan. Wie man sah, war es wirklich ein enormer Fehler gewesen. Er hatte mit Daniel abgeschlossen. Zumindest bis gestern. Dieser Ausrutscher würde ihm jetzt nicht noch einmal passieren. Schnaubend stieß Daniel Serdall ein Stück zur Seite und betrat unaufgefordert das Zimmer. Im ersten Moment blieb er erstarrt mitten auf der Stelle stehen. Es zu befürchten und es tatsächlich in allen Ausmaßen zu sehen, waren zwei ganz unterschiedliche Dinge. Man hätte anhand dieses Raumes nicht sagen können, dass sie überhaupt einmal zusammen gewesen waren, dass hier zwei Menschen gelebt hatten. Alles, was irgendwie mit ihm zusammenhing, war verschwunden. Die Bilder, kleinere Geschenke, die Bettwäsche. Daniel räusperte und sammelte sich. „Wie du bestimmt auch bemerkt hast, war der Sex bedeutungslos“, murrte Daniel und machte es sich auf dem Stuhl in der Ecke bequem. „Das hatte nichts mit Beziehung oder so zu tun, sondern einfach mit Frust- und Lustabbau. Trotzdem hat das gezeigt, dass zumindest auf einer Ebene zwischen und noch nicht alles eingefroren ist.“ Gelassen schloss Serdall die Tür und wandte sich dann zu Daniel. Er blieb in einer angemessenen Entfernung stehen und musterte ihn. „Und welche wäre das? Die Ebene in unserer Schwanzregion?“, fragte Serdall wütend und verschränkte die Arme. „Falls du es nicht mitbekommen hast, wir sind geschiedene Leute und ich glaube nicht, dass du dem gestern zu viel beimessen solltest. Wir hätten uns beide beherrschen müssen“, zischte er wütend. „Ich bitte dich zu gehen, falls du nur hergekommen bist, um das von gestern zu wiederholen. Ich für meinen Teil glaube mit dir durch zu sein.“ Jetzt schon mit den Nerven am Ende für sich Daniel durch das Gesicht. „Es war scheiße, dass ich die ganze Sache so angefangen habe“, seufzte er. „Vielleicht würde es mein Anliegen verdeutlichen, wenn ich sagen würde, dass ich eigentlich nie wirklich eine Trennung wollte, dass ich mich nur von dir getrennt habe, damit ich dir nicht noch mehr wehtue, dass ich gemerkt habe, dass ich ohne dich nicht kann, weil ich dich einfach viel zu sehr vermisse und die Sache gestern es nicht unbedingt leichter gemacht hat, dich doch mal irgendwann in zehn Jahren vielleicht vergessen zu können, was ich aber eigentlich gar nicht will.“ Serdall schüttelte den Kopf. „Daniel, du weißt selbst, dass das zwischen uns nie gutgehen wird. Wir sind schlichtweg zu verschieden. Ich kann dich nicht verstehen und du mich nicht. Es ist nicht umsonst zu einer Trennung gekommen.“ Serdalls Finger bohrten sich in seine Oberarme, als er die Arme vor seiner Brust verschränkte. „Glaubst du echt, dass wir einfach wieder zusammenkommen können und eben auf den nächsten Krach warten? Du musst einfach einsehen, dass wir nicht füreinander gemacht sind. Jetzt nicht und auch nicht in der Zukunft. Du liebst eben nicht alles an mir und das wird immer ein Problem bleiben. Und ewig nur Kompromisse machen geht auch nicht, wie du gesehen hast.“ Daniel gab einen erstickten Laut von sich. Wie sollte er Serdall alles erklären und ihn überzeugen? „Die Streits sind hauptsächlich durch meine Schuld entstanden“, fing er einfach irgendwo an. „Ich liebe dich, aber ich muss doch nicht alles gut finden, was du tust, oder? Nur habe ich in letzter Zeit einfach viel zu schnell und viel zu viel kritisiert, wobei ich eigentlich der Erste hätte sein müssen, der bei sowas ruhig ist. Schließlich habe ich genug Mist gebaut. Das habe ich eingesehen. Kernpunkt in den Streits war beispielsweise die Sache mit deinem Geld. Es ist okay, wenn deine Geschenke etwas größer ausfallen. Wenn ich das Geld hätte, würde ich dir bestimmt auch nur das Beste kaufen. Es war wohl nur mein Stolz, der mich daran gehindert hat, das anzunehmen. Ich meine, ein Geschenk, das deinem Geldbeutel nicht wehtut ist mehr, als ich auf meinem Sparbuch habe. Aber ich weiß, dass man eben alles aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten muss.“ Daniel seufzte und stand auf. Er ging auf Serdall zu, der starr an seinem Platz stehen blieb. Mit einer schnellen Bewegung griff Daniel das rechte Handgelenk und hielt es eisern fest. „Warum trägst du eigentlich noch Armband und Ring, wenn du angeblich über mich hinweg bist?“, fragte er. Schnell entzog Serdall seine Hand und vergrub sie in seiner Hosentasche. „Fass mich nicht an“, zischte er wütend und ging einen Schritt zurück, um Distanz zwischen sie zu bringen. „Du hast mir in der letzten Zeit wohl oft genug gezeigt, dass ich eben nicht deiner Liebe wert bin, okay?“, fauchte er nun wirr und wandte konsequent den Blick ab. „Jetzt, wo ich nicht daran vergehe von dir getrennt zu sein, da kommst du wieder an. Nachdem du mir das Armband einfach zurückgegeben hast, weil es einfach zu kostbar für dich war“, zischte Serdall wütend und blickte wieder kalt in Daniels Augen. „Und jetzt sagst du mir, dass es ja alles ein Fehler war, dass es dir Leid tut? Du hast nie alles gut gefunden, was ich getan habe und du hast es mir auch gesagt, aber so extrem wie in den letzten Tagen unserer Beziehung war es nie gewesen. Und ich bin immer fair geblieben, habe dir das mit Kai nicht dafür vorgehalten, den wohl größten Fehler deines Lebens. Warum bist du jetzt so unfair und kommst zu mir? Warum, wenn du in Gedanken doch nur glaubst, dass es wieder in die Brüche geht?“ „Meinst du, wenn ich denken würde, dass alles wieder in die Brüche geht, würde ich mir das hier antun?“, schrie Daniel wütend. „Ganz bestimmt nicht. Aber da der größte Fehler dieser Beziehung wohl mein Verhalten war und ich positiv gestimmt bin, dass ich es in den letzten drei Wochen, in denen ich viel Zeit zum Nachdenken hatte, doch ziemlich geändert habe, sehe ich keinen Grund, dass irgendwas die Harmonie wieder gefährden sollte. Nur du musst wieder alles mies machen und scheinst lieber mal wieder dein Leben lang Single bleiben zu wollen. Super.“ Serdall schüttelte den Kopf. „Du brauchst mich nicht anzuschreien“, knurrte er vernehmlich und trat noch einen Schritt zurück, von Daniel weg. „Ich glaube ich bin lieber Single, wenn du nur ‚positiv gestimmt‘ bist dich geändert zu haben.“ Sich gegen die Wand in seinem Rücken lehnend versuchte Serdall Halt zu bekommen, da seine Beine langsam ziemlich weich wurden. Daniel wollte ihn jetzt wieder umstimmen, nach all dem wollte er einfach wieder mit ihm zusammen sein, nur weil sie gestern Sex gehabt hatten? Serdall wollte gerade einfach nur weg von Daniel, weil er ihn viel zu sehr in die Mangel nahm, zu aufbrausend war in diesem Moment, was Serdall dicht machen ließ. „Außerdem geht es nicht darum, dass du dich änderst. Es geht ums Verstehen, verdammt. Wir verstehen uns eben nicht mehr. Das solltest du einsehen.“ Eine Zeit lang vergrub Daniel sein Gesicht in den Händen und blieb still im Sessel sitzen, zu dem er nach Serdalls Worten wieder zurückgegangen war. Irgendwann sah er wieder zu Serdall auf. Ernst. Erschöpft. Einfach vollkommen mit den Nerven am Ende. „Ich glaube einfach nicht daran, dass es noch einmal so schlimm werden wird. Diese drei Wochen haben mir dann doch einiges gebracht, vor allem bei meiner mir selbst auferlegten Fehlersuche. Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich es ohne dich keinen Tag länger aushalte.“ Langsam ging er wieder auf Serdall zu und lehnte sich einfach nur müde gegen ihn. Daniel umarmte ihn nicht, verlangte von Serdall auch nichts in die Richtung. Er brauchte gerade einfach nur etwas Halt. Serdall verspannte sich dabei jedoch augenblicklich. Er ballte die Hände zu Fäusten. So konnte er nicht mit Daniel nicht reden. Jener war viel zu nah und Serdalls Mauer zerfiel, wie ein Gebilde aus Sand im Regen. „Daniel…“ Serdall verstummte als Daniel federleicht eine Hand an seine Wange legte und ihn kurz küsste. Augenblicklich schob Serdall Daniel ein Stück von sich, beließ seine Hände aber auf Daniels Schultern. Wenn Daniel so weiter machte, würde Serdall ihm alles glauben. Es war fast wie zu Anfang, wo Daniel eben instinktiv machte, was Serdall aus der Bahn warf. „Bitte, ich will das nicht wieder überstürzen. Lass es uns langsam angehen. Ich denke, dass du erst mal wieder hier einziehst? Trotzdem kann ich nicht einfach sagen, dass wir wieder zusammen sind“, stammelte Serdall etwas unbeholfen und biss sich auf die Lippe. Er nahm seine Hände von Daniel und rang nach seiner Fassung. Daniel lächelte leicht und legte den Kopf schief. Seine Hände hatten währenddessen den Weg über Serdalls Arme zu seinem Rücken aufgenommen, wo sie jetzt hauchzart auf und ab strichen. „Danke“, murmelte Daniel leise und küsste Serdall wieder vorsichtig, bevor er ihn glücklich umarmte. Überfordert ließ Serdall es geschehen und lächelte schief. So konnte er Daniel weder böse sein, noch ihm nicht glauben. Aber noch waren sie eben erst am Anfang. Bis sie sich wirklich wieder zusammengerauft hatten, würde es wohl ein wenig dauern. „Du schläfst dann in deinem Zimmer?“, fragte Serdall nun nach. Das verstand Serdall nämlich darunter, es langsam angehen zu lassen. Seufzend löste Daniel sich wieder ein Stück von Serdall. „Ist okay“, meinte er. „Besser als gar nichts, denke ich.“ Unentschlossen trat er etwas auf der Stelle herum. Irgendwie wurde er gerade etwas aus der Bahn geworfen. „Und jetzt?“, wollte er wissen. „Irgendwelche besonderen Vorschläge?“ „Wie wäre es, wenn wir erst einmal deine Sachen wieder herschaffen?“, murmelte Serdall und fasste nach Daniels Hand, um sie mit seiner zu verschränken. Völlig voneinander abzulassen war Blödsinn, aber Serdall wollte lieber langsam wieder dazu übergehen mit Daniel wieder zusammen zu sein. Er lächelte Daniel ehrlich an. In ihm begann es sanft zu kribbeln, allein durch diese kleine Berührung ihrer Hände. „Ich fahre dich, okay?“ Daniel lachte leise. „Das letzte Mal, als du das gesagt hast, hast du mich mehr als nur gefahren. Wobei ich ehrlich gesagt nichts gegen eine Wiederholung hätte. Dieses Mal allerdings auf anderem Niveau.“ Grinsend zog er Serdall mit sich die Treppe hinunter. Dustin streckte seinen Kopf neugierig aus der Küche hinaus und Daniel ging zu ihm. Glücklich schlang er seine Arme um Dustin und gab ihm einen feuchten Schmatzer, bevor er sich wieder grinsend von ihm löste und zu Serdall zurücktrottete. „Danke“, meinte er ehrlich. Dustin grinste überdimensional, als Serdall etwas eifersüchtig zu ihm blickte und Daniel wieder bei der Hand nahm. Etwas angeekelt wischte er Daniels Speichel von seiner Wange. „Das wäre auch weniger nass gegangen“, meinte er lachend und streckte Daniel die Zunge heraus. „Wir fahren kurz Daniels Sachen holen“, meinte Serdall nun zu seinem Schwager und jener nickte glücklich. „Hach, unsere Turteltäubchen sind wieder in Aktion“, rief Dustin euphorisch und Serdall verdrehte die Augen, musste aber lächeln, als er einen Arm um Daniels Schultern schlang. Er zog ihn mit sich zur Garderobe und wenig später saßen sie schon in Serdalls Wagen und fuhren in Richtung Jugendherberge. Daniel ging mit Serdall in sein Zimmer und packte seine Sachen zusammen. Seufzend zog er noch sein Bett ab und fegte einmal durch, während Serdall es sich auf einem der Stühle am Tisch bequem gemacht hatte. „Füße hoch“, befahl Daniel, als er mit dem Besen in Serdalls Reichweite kam und beseitigte den ganzen Dreck dann schließlich im Mülleimer. Er sah sich noch ein letztes Mal prüfend um, ob er auch nichts vergessen hatte und machte sich dann wieder auf den Weg zur Rezeption. Wortlos sah Serdall dabei zu, wie Daniel bezahlte. Seufzend nahm er Daniels Tasche, als der noch irgendetwas unterschreiben musste und machte sich auf zu seinem Wagen. Er verstaute die Tasche im Kofferraum und lehnte sich, auf Daniel wartend, an die Fahrertür. Nachdenklich richtete Serdall seinen Blick gen Himmel. Schneeflocken fielen träge auf die Erde und verfingen sich zum Teil in seinen Haaren. Er beobachtete wie sein Atem kondensierte und sich dann verflüchtigte. Im Moment fühlte er sich mit Daniel wieder irgendwie in einer Schwebe. Er war sich nicht sicher, ob es das Richtige war, was er tat und er wusste auch nicht, ob es gutgehen würde, aber das Risiko musste er wohl eingehen. Er hoffte wirklich, dass sie wieder glücklich wurden, dass er selbst nicht mehr zweifeln musste und Daniel endlich zufrieden war mit dem, was sie hatten. Leise trat Daniel auf Serdall zu und umarmte ihn von hinten. Er stellte sich auf Zehenspitzen, damit er sein Kinn auf Serdalls Schulter ablegen konnte. Schnell schob er seine kalten Finger durch einen der Schlitze zwischen den Knöpfen von Serdalls Mantel und seufzte zufrieden. „Hast du Lust Schlittschuh zu laufen“, wollte er grinsend wissen. „Nur wir beide?“, fragte Serdall und lächelte etwas gezwungen. Er sah sich wirklich schon auf dem Eis mit einer plattgedrückten Nase, weil er aufs Gesicht gefallen war. Serdall schnappte sich Daniels Hände aus seinem Mantel, drehte sich zu ihm um und vergrub Daniels und seine Hände in seinen Manteltaschen, während er seine Nase an Daniels stupste. „Aber nur für eine Stunde in einer Eishalle“, bestimmte Serdall und küsste Daniel kurz auf die kalten Lippen. Je weniger Zeit sie auf dem Eis verbrachten, umso geringer war hoffentlich auch die Unfallgefahr. Lächelnd ließ Serdall von Daniel ab und ging um den Wagen herum, um sich hineinzusetzen. Die Heizung aufdrehend wartete Serdall kurz, dass Daniel einstieg und fuhr dann an. Es war ein ganz schöner Weg von der Jugendherberge zur Eishalle und sie brauchten so, da die Straßen in manchen Teilen der Stadt ziemlich glatt und nicht gestreut waren, relativ lange. Euphorisch zog Daniel Serdall zum Schlittschuhverleih und anschließend auf eine Bank am Rand der Eisfläche. Schnell hatte er die Schnürsenkel zugebunden und stakste schon auf das Eis zu, während Serdall sich noch in seine Schuhe kämpfte. Grinsend lief Daniel die ersten Schritte und genoss das Gefühl des mühelosen vor sich hin Gleitens. Länger als nötig verbrachte Serdall damit, die Schuhe anzuziehen und linste dabei immer wieder zu Daniel, der ihm schon grinsend zusah. Doch irgendwann musste Serdall zugeben, dass seine Schnürsenkel fest verzurrt waren und er eigentlich bereit dafür war, um sich aufs Eis zu Wagen. Daniel einen mürrischen Blick zuwerfend machte er sich nun auch auf den Weg zum Eis, wo er sich dort angekommen immer mit einer Hand an der Berandung festhielt. Daniel hielt neben ihm und sah Serdall mit schiefgelegtem Kopf an. „Also wenn du absolut nicht hättest laufen wollen, hättest du auch einfach nein sagen können“, meinte er überlegend und zuckte dann mit den Schultern. „Allerdings bist du jetzt schon mal hier, da kannst du auch gleich ein paar Runden drehen. Du kannst doch Schlittschuhlaufen, oder?“ Serdall verdrehte die Augen. „Ich kann, aber man kann sich da auch verletzen und ganz besonders die Hand brechen“, erwiderte Serdall stur und stieß sich, nach einem forschen Blick über die Eisfläche die halbwegs gut besucht war, von der Seite ab und lief dann langsam und bedacht neben Daniel her. „Außerdem hatte ich diese Rechnung ja noch bei dir offen“, murrte er leise. „Nun, das ist richtig“, erwiderte Daniel abwägend. „Allerdings hatte ich schon damals nicht daran gedacht, was dabei alles passieren kann. Aber ein unglücklicher Sturz und der schlimmste Fall könnte eintreten. Ich werde mich dann allerdings vor dich schmeißen und dich abfangen, also immer schön nahe bei mir bleiben.“ Lächelnd nahm Daniel Serdalls Hand. Serdall zuckte bei dieser Berührung ein wenig zusammen und brachte Daniel leicht ins Trudeln. Erschrocken wandte er den Blick etwas um sich herum, doch biss er sich dann hart auf die Lippe. Was war er denn für ein Feigling? Schief lächelte er Daniel an und strich leicht mit dem Daumen über Daniels Handrücken, ehe er weiter mit ihm Hand in Hand lief, sich dabei zwang ruhig zu bleiben. Er war es immer noch nicht gewöhnt, dass man sich nach ihm umwandte, nur weil er mit Daniel zusammen war. Manchmal kam auch ein böses Wort oder Beschimpfungen und das hatte er einfach noch nicht wirklich verarbeitet. „Sorry“, murmelte er nur halblaut während sie weiter ihre Runden zogen. Lächelnd schüttelte Daniel den Kopf. „Ist schon in Ordnung. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass du nicht ganz zurückgeschreckt bist. Ich kann verstehen, wenn du nicht mit der abwertenden Meinung anderer konfrontiert sein möchtest, bin allerdings glücklich, wenn du dich dem stellst. Aber es ist letztendlich deine Entscheidung.“ Serdall nickte nur. Es war eben einfach nicht normal, für andere Leute. Er selbst hatte es zu Anfang ja auch für nicht normal gehalten. Seufzend hielt er mit Daniel an. Er wollte nicht, dass das ewig so weiterging, dass er zu feige für dieses ganze Leben war. Entschlossen schlang er einen Arm um Daniels Hüfte, sah ihm lächelnd in die Augen, bevor er sanft seine Lippen auf Daniels legte. Hier kannte ihn doch keiner und es war ein unbeschreibliches Gefühl, Daniel hier zu küssen. Daniel keuchte kurz überrascht. Er hätte nie damit gerechnet, dass Serdall sich ihm von selbst so nähern würde. Allerdings hatte er damit ehrlich gesagt auch kein Problem und es war unbeschreiblich schön, dass Serdall für ihn über seinen eigenen Schatten sprang. Besser gesagt für sie. Für ihre Beziehung, die scheinbar tatsächlich wieder intakt war. Zumindest langsam und allmählich. Aufseufzend legte Daniel seine Hände in Serdalls Nacken und erwiderte den Kuss. Serdall löste sich von Daniel und räusperte sich leicht. „Wir müssen ja nichts provozieren, nicht wahr?“, murmelte er leise und registrierte mit roten Wangen die etwas skeptischen Blicke, die ihnen zugeworfen wurden. Er wollte sich nicht zu sehr darüber aufregen, aber ganz konnte er es eben nicht ignorieren. „Lass uns noch ein wenig herumlaufen“, meinte er leiser und nahm nun Daniel bei der Hand. „In Ordnung“, gab Daniel sein Einverständnis und sie zogen noch ein paar langsame Runden, bevor sie ihre Schlittschuhe wieder abgaben und in Richtung Auto gingen. „Das war schön“, meinte Daniel lächelnd und lehnte sich etwas an Serdall. Hier auf dem Parkplatz war fast niemand und er war sich ziemlich sicher, dass Serdall ihn dann, nachdem er Daniel in der Eishallte sogar geküsst hatte, nicht von sich wegstoßen würde. „Ja“, bestätigte Serdall lächelnd, schnappte sich Daniel und drückte ihn küssend gegen die Wagentür. Schließlich hatten sie in dieser Hinsicht noch drei Wochen Pause wieder aufzuholen. Zumindest das Küssen würde Serdall jetzt nicht mehr zurückhalten, mit dem Sex würden sie sich noch ein wenig Zeit lassen müssen. Serdall hatte Angst, dass es genau so wie am gestrigen Abend laufen würde. Einfach schnell und ohne Gefühl. Nachdem er sich seufzend von Daniel gelöst hatte, schob er Daniel zur Beifahrerseite, als jener seine Finger schon wieder in tiefere Regionen gleiten lassen wollte. Daniels Ungeduld hatte sich wohl in den letzten Wochen kein Deut gebessert. Tief seufzend fuhr Serdall vom Parkplatz und machte leise das Radio an. Daniel seufzte ebenfalls, allerdingst aus Frust. Er war nach dieser langen enthaltsamen Zeit ziemlich heiß auf körperliche Nähe, aber Serdall wollte es einerseits langsam angehen lassen und andererseits waren sie nicht wie gestern mitten in der Nacht auf einem verlassenen Parkplatz, sondern am Tag vor einer belebten Eishalle. Keine gute Idee, hier und jetzt etwas zu versuchen. Er ruckelte sich etwas bequemer in seinem Sitz zurecht und hielt seine kalten Finger direkt vor die Heizung. Serdall sah es Daniel an, dass ihm diese Abweisung nicht wirklich passte und er wohl lieber wieder hemmungslos von null auf hundert gegangen wäre, aber Serdall konnte eben nicht so schnell umschalten. An einer roten Ampel glaubte Serdall kaum, was Daniel tat. Plötzlich beugte sich sein Freund in seinen Schoß und öffnete Serdalls Hose. „Spinnst du?“, rief er perplex und zog Daniel an den Haaren von dieser Region weg. Daniel wollte doch nicht echt…? Zischend rieb sich Daniel seine malträtierte Kopfhaut und sah ziemlich schuldbewusst drein. Er hatte wenigstens einen Versuch starten wollen, auch wenn er sich schon gedacht hatte, dass Serdall ihn abweisen würde. Scheinbar war die Devise wirklich, dass sie es langsam angehen würden. Obwohl, auch unter normalen Umständen wäre ein Blowjob im Auto an einer roten Ampel wohl kaum etwas gewesen, das Serdall mit Freuden angenommen hätte. Seufzend schüttelte Daniel über sich den Kopf. Warum handelte er mal wieder so komplett hirnlos. „Entschuldige“, murmelte er leise. Serdall beließ es dabei. Er wusste zwar nicht, was Daniel sich dabei gedacht hatte, aber er kannte seinen Freund und seine schreckliche Ungeduld. Ein wenig war Daniel ja auch experimentierfreudig, aber sowas würde Serdall sicherlich nicht mitmachen, dass sie es hier am helllichten Tage soweit treiben mussten. Nachsichtig lächelnd strich Serdall Daniel über den Oberschenkel, als schon die Ampel auf grün schaltete und er weiterfuhr. Daheim in der Zikadillenstraße half Serdall Daniel seine Sachen wieder nach oben zu bringen. Einräumen ließ er ihn selbst. Etwas unbehaglich sah Serdall auf die halbleeren Wände, an denen sonst die Bilder von ihnen gehangen hatten, besonders die von Daniel. Kurz küsste er Daniel in den Nacken, als der die ersten Shirts in den Schrank räumte, bevor er schnell zur Abstellkammer ging und die Kiste mit den Photos zu holen. Daniel sah Serdall neugierig hinterher, zuckte dann allerdings mit den Schultern und leerte seine Tasche nach und nach vollständig. Als Serdall schließlich wiederkam und Daniel sah, was sein Freund in den Händen trug, konnte er sich sein glückliches Lächeln nicht verkneifen. Er warf einen Blick in die Kiste und holte einige Sachen heraus. „Ganz meine Meinung“, meinte Daniel freudig grinsend. „Ich finde auch, dass es ohne diese Sachen ziemlich leer wirkt. Mein Anblick hellt doch gleich jedes Zimmer etwas auf.“ Serdall kniff Daniel in die Nase. „Einbildung“, meinte er leise lachend und begann die Bilder wieder sorgfältig an ihren angestammten Platz zurück zu hängen. Nachdenklich betrachtete er jedes Einzelne und ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus und ließ ihn sich glücklich fühlen. Daniel und zum Teil auch sie gemeinsam lächelten freudig in die Kamera. Und Daniel lächelte jedes Mal überbreit, bis auf dem Bild, das zu seinem zwanzigsten Geburtstag gemacht wurde, wo er gerade vor dem neuen Wagen stand. Da waren ihm die Gesichtszüge total entgleist. Lächelnd hängte Serdall das letzte Bild an die Wand und ging dann zu Daniel, der wieder dabei war seine Sachen einzuordnen. „Hast du dich eigentlich mit Kai getroffen, in den letzten drei Wochen?“, fragte Serdall plötzlich. Irgendwie kam ihm das gerade in den Sinn. Hatte sich Daniel mit Kai getröstet? Serdall konnte sich nicht vorstellen, dass Daniel die Nächte allein in diesem kahlen Zimmer in der Jugendherberge verbracht hatte. Etwas unbehaglich sah Daniel Serdall an. Er fand es seltsam, dass sie jetzt über dieses Thema sprachen, nachdem Serdall das letzte Mal doch überdeutlich gemacht hatte, dass er darüber nicht mehr nachdenken wollte. Allerdings war die Frage nicht eifersüchtig gestellt, sondern eher neutral und Daniel musste in der Hinsicht ohnehin kein schlechtes Gewissen haben. „Nein, ich habe ihn nicht gesehen“, erwiderte er. „Irgendwann kam mal eine sms, dass er aus dem Krankenhaus raus ist, aber das ist auch alles, was es zu dem Thema zu sagen gibt.“ Serdall sah Daniel eine Spur zu überrascht an. Er hätte wirklich gedacht, dass Daniels erstes Ziel nach ihrer Trennung Kai gewesen wäre. Zumal es dieses Mal auch wirklich ernst gewesen war. Ungläubig setzte sich Serdall aufs Bett und sah nachdenklich auf den Boden. „Hast du dann jemand anderes gehabt?“, fragte Serdall nüchtern und legte leicht den Kopf schief. „Entschuldige, eigentlich geht es mich auch nichts an“, meinte Serdall schnell, als er Daniels skeptischen Blick sah, „aber es würde mich schon interessieren.“ Im ersten Moment baute sich in Daniel das Verlangen auf, stinksauer zu werden. Dann allerdings seufzte er und ließ sich schwer ebenfalls auf das Bett plumpsen. Serdall hatte eigentlich jedes Recht, so von ihm zu denken. Er hatte während ihrer Beziehung in der Hinsicht bei Zeiten voller Probleme diverse Ausreißer gehabt. Sei es David, Dustin oder Kai. Kein Wunder also, dass Serdalls Gedanken in diese Richtung schweiften. „Ist schon okay“, meinte er und ließ sich ganz zurücksinken. „Ich habe mich bislang nicht unbedingt so benommen, dass du anders von mir denken könntest. Allerdings hatte ich niemand anderen. Erstens war ich dafür zu beschäftigt und zweitens habe ich die ganze Zeit gehofft, eben doch noch zu dir zurückkommen zu können.“ Serdall biss sich auf die Lippe. Er fühlte sich irgendwie schlecht, da er Daniel so falsch eingeschätzt hatte. Aber es beruhigte ihn ungemein, dass Daniel sich nicht gleich wieder in fremden Betten Trost gesucht hatte. Das bedeutete Serdall so viel, dass er nur glücklich lächeln konnte. Sein Herz machte freudige Hüpfer, als er sich zu Daniel drehte und nach seiner Hand griff. Erleichtert sah er Daniel in die Augen. Er wusste nicht was er sagen sollte, was überhaupt angebracht wäre. Serdall lehnte sich einfach vor und küsste Daniel, um ihn an seiner Freude teilhaben zu lassen. Sie ließen sich in die Kissen fallen und Serdall zog Daniel eng gegen sich, während seine Finger sich unter Daniels Pulli stahlen und die warme Haut in der Rückenmitte bestrichen. Die Augen halb geöffnet, versuchte sich Serdall zu versichern, dass dies hier kein Traum war, dass er wirklich wieder mit Daniel zusammen war. Er hatte in den letzten Tagen nicht wirklich daran geglaubt, dass sie jemals wieder zusammenkamen, doch jetzt war es einfach nur unfassbar. Sanft ließ Serdall seine Zunge zwischen Daniels Lippen gleiten. Kurz nur fuhr er über Daniels gerade Zähne, ehe er die andere Zunge bestrich und sie dazu animierte mitzumachen. Zufrieden seufzend schloss Daniel die Augen und erwiderte den sanften Kuss. Seine Hände machten sich auf Wanderschaft über Serdalls Körper. Einige Zeit lagen sie so da, den Anderen einfach küssend und leicht berührend. Allerdings ließ auch das Daniel nach der langen Zeit ohne Serdall nicht kalt und er schob seinen Freund schweren Herzens ein Stück von sich weg. „Wenn du es langsam angehen willst, sollten wir hier lieber abbrechen“, erklärte er etwas peinlich berührt, als er Serdalls verdatterten und fragenden Blick sah. Serdall seufzte. Daniels Beherrschung war wie immer kaum vorhanden. „Okay“, murmelte Serdall und richtete sich wieder auf, wobei er sich die Haare wieder zurückstrich, die nun wieder ein kleines Chaos waren. „Wenn du deine Sachen einsortiert hast, können wir nach unten gehen. Yoshiko hat bestimmt gleich das Abendbrot fertig und Taki ist auch gleich von Kevin wieder da.“ Er zog Daniel vom Bett hoch und küsste ihn noch einmal auf die Lippen. Es wäre zwar schön, wenn sie sich einfach wieder hemmungslos in den Laken wälzen würden, aber diese drei Wochen hatten bei Serdall Spuren hinterlassen und er wollte es eben wirklich nicht wie beim letzen Mal überstürzen. Jetzt würden sie sich Zeit lassen und auch ruhig zu ihrem normalen Alltag zurückkehren. So würde hoffentlich alles wieder in Ordnung kommen und sie wieder glücklich miteinander sein und nicht einfach die Probleme beiseite schieben und übereinander herfallen. Daniel nickte und packte weiter seine Kleidung in den Schrank. Er würde jetzt ein paar Minuten brauchen, um wieder runterzukommen. Es tat ihm leid, dass er ihre Zweisamkeit hatte unterbrechen müssen, aber er war so schnell von null auf hundertachtzig, dass es ihm ab und an selbst unheimlich war. Allerdings ging ihm das hauptsächlich nur bei Serdall so, es sei denn, Daniel hatte es wirklich nötig. „Gut, wir können“, verkündete er, als auch die letzte Hose ordentlich auf ihrem Bügel hang und der Schrank endlich geschlossen war. Taki, der Yoshiko schon beim Tischdecken half, war wirklich glücklich, dass Daniel wieder da war und er beanspruchte ihn das ganze Abendbrot über und auch danach noch. Serdall wurde dabei leicht außen vor gelassen, weil Taki vorrangig mit Daniel Videospiele spielte und erzählte, wie es mit seinen Freunden lief. Serdall nutzte die Zeit nach dem Abendbrot, um wieder zu geigen. Dustin und Ethan waren nach dem Abendessen auf ihre Etage verschwunden. Serdall hatte für sich bestimmt, dass er sich wegen den beiden etwas einfallen lassen musste, als Entschuldigung dafür, dass er so unerträglich zu ihnen gewesen war. Jetzt im Rückblick tat es ihm schon leid, was er ihnen zugemutet hatte. Ende Kapitel 31 Kapitel 32: ------------ Kapitel 32 Als es kurz nach zehn war, schnappte sich Serdall Taki und schickte ihn ins Bett. Obwohl es Samstag war, war das für ein Kind spät genug, auch wenn Taki ziemlich mürrisch war, weil er viel lieber noch mit Daniel gespielt hätte. Nach einer anstrengenden Diskussion deswegen kam Serdall dann ziemlich erschöpft ins Wohnzimmer zurück. Daniel saß noch auf dem Sofa und guckte irgendeinen Film. Seufzend ließ Serdall sich auf das Sofa niedersinken und platzierte seinen Kopf auf Daniels Schoß. „Irgendwann schafft mich der Kleine nochmal. Ich hoffe, dass das nie schlimmer wird. Es ist schrecklich, wenn er so störrisch ist“, gab Serdall zu und seufzte noch einmal tief. Die schlimmste Zeit mit Taki stand ihm eigentlich ja noch bevor. Er wollte nicht wissen, wie sein Sohn seine Pubertät auslebte. Lächelnd fuhr Daniel ihm durch die Haare. „Ich weiß gar nicht, was du willst“, meinte er amüsiert. Du warst doch recht schnell wieder hier und Taki hat dich auch nicht angeschrien oder so. Also kein Grund, um irgendwie erschöpft zu sein. Das kannst du dir aufheben, bis Taki vierzehn ist oder so.“ Daniel legte kurz den Kopf schief und rechnete nach. „Man, wenn der kleine vierzehn ist, bist du schon über dreißig“, fügte er dann gespielt geschockt an. „Du alter Knochen.“ Serdall fing leise an zu knurren. Noch war er kein alter Knochen und andere Väter waren älter, wenn ihre Kinder vierzehn wurden. Er war also noch ziemlich gut dran. „Ja, alt und morgen gleich grauhaarig“, murrte er leise und biss kurz in Daniels Finger, als sie vor seinem Gesicht schwebten. „Außerdem ist erst einmal Dustin dran mit dem dreißig werden. So gleich, bald, in einem Jahr“, grinste Serdall. Sein Schwager nahm es ziemlich mit, schon so alt zu werden. Der Altersunterschied bei ihm und Ethan war noch ein wenig größer als bei ihm und Daniel. Immerhin war Ethan sieben Jahre jünger als er und Daniel und Serdall trennten nur fünf. Da war Dustin womöglich in dem Glauben, Ethan etwas beweisen zu müssen oder aber Serdall erlebte noch das Wunder, dass Dustin vernünftig würde. Seufzend schüttelte er den Kopf. Wunschdenken. „Ein Jahr ist noch eine lange Zeit“, erwiderte Daniel nachdenklich. Wenn er allein resümierte, was in den knapp zwei Jahren Beziehung mit Serdall alles passiert war. Ja, zwei Jahre waren tatsächlich eine ganz schon große Zeitspannte. Mit Mühe riss er sich wieder zurück in die Gegenwart. Grinsend sah er Serdall an. „Ich wusste gar nicht, dass du so fies schadenfroh sein kannst“, neckte er. „Manchmal überkommt es mich einfach“, erwiderte Serdall mit schmalen Augen und kniff Daniel wieder in die Nase. „Ist jedenfalls besser, als so frech zu sein wie du“, meinte er lächelnd und fing mit der linken Hand Daniels Rechte ein, um ihre Finger zu verschränken. „Darf ich dich eigentlich fragen, was du zu Weihnachten haben möchtest?“, murmelte Serdall etwas schüchtern. Schließlich hatten sie sich allein wegen einem Geburtstagsgeschenk getrennt und Serdall wusste nicht, wie weit er zu Weihnachten gehen durfte. Daniels Geschenk fehlte jetzt leider und in ein paar Tagen war es schon so weit mit der Bescherung. Für alle anderen hatte Serdall etwas besorgt, aber bei Daniel hatte er geglaubt, dass es eben nicht nötig war, da sie zu derzeit ja noch getrennt gewesen waren. „Nun, wenn du willst, kannst du mir auch sowas wie einen Zweitwagen schenken. Ich habe in der letzten Zeit gelernt, unsere finanziellen Verhältnisse richtig einzuschätzen. Dir tut es nicht weh und du willst mir damit eine Freude machen, was du auch tust, also kann es auch etwas in der Art sein. Aber was wünsche ich mir?“ Überlegend zog Daniel die Stirn kraus. Schmuck hatte er jetzt ja eigentlich genug. Geschockt riss er die Augen auf und sprang auf, sodass Serdall fast vom Sofa rutschte. „Mist, entschuldige“, murmelte Daniel schnell und fuhr sich dann fahrig durch die Haare, bevor er sich wieder in die Polster fallen ließ. „Sag mal, hast du meinen Ring und das Armband noch?“, fragte er leise. „Meinst du ich würde das wegschmeißen?“, murrte Serdall nun etwas gekränkt und setzte sich auf, wobei er sich den Nacken rieb, der bei Daniels Hampelmann ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden war. Entschuldigend strich Daniel ebenfalls kurz über Serdalls Nacken und sah dann unbehaglich auf seine andere Hand, die auf seinem Oberschenkel ruhte. „Hast du etwas Bestimmtes mit den Sachen vor?“, versuchte Daniel sich dem Thema langsam zu nähern. Er wollte Serdall nicht direkt fragen, ob er ihm Ring und Armband wiedergeben wollte, weil Daniel das Gefühl hatte, mit der Rückgabe dieser Dinge den Anspruch darauf verloren zu haben. Allerdings waren sie ihm extrem wichtig und er würde sich sehr viel besser und in seiner erneuten Beziehung mit Serdall sehr viel bestätigter fühlen, wenn er sie wieder hätte. „Natürlich habe ich damit etwas Besonderes vor“, knurrte Serdall mürrisch und sah Daniel an, als ob er verrückt geworden wäre. „Und du weißt ganz genau, was ich damit vorhabe“, meinte er nun mit einem leichten Lächeln. „Sag mir was, Daniel“, flüsterte Serdall leise und legte minimal den Kopf schief, während er einen Zeigefinger unter Daniels Kinn legte, um ihm auffordernd in die Augen zu sehen. Mit all seiner Willenskraft hielt Daniel Serdalls Blick stand und das war eine erhebliche Menge, da ihm diese ganze Situation gerade nicht wirklich geheuer war. Tief atmete er durch und blinzelte einmal kurz. „Vielleicht möchtest du sie mir zurückgeben?“, fragte er zögernd. Nun legte Serdall provokant den Kopf schief. „Vielleicht auch nicht?“, erwiderte Serdall nun und ließ von Daniel ab. Er wollte nicht, dass Daniel sich darauf verließ, dass er ihm diesen Schmuck zurückgab. Er wollte nicht, dass Daniel so zaghaft in der ganzen Sache war. Es ging hier um etwas Wichtiges. Etwas enorm Wichtiges und da konnte Daniel einfach nicht so schüchtern sein. Seufzend lehnte sich Serdall zurück und lächelte Daniel entschuldigend an. Er sah es Daniel an, dass es ihm weh tat, dass Serdall nicht gleich Ring und Armband gezückt hatte. „Ich glaube wir brauchen noch ein bisschen Zeit“, erklärte Serdall leise. Schließlich waren sie erst seit heute Nachmittag offiziell wieder zusammen. Daniel nickte betrübt, beschloss dann allerdings doch noch etwas zu sagen. „Es ist nur so“, fing er an, „dass mir die Sachen extrem wichtig sind. Nicht wegen ihrem materiellen Wert, sondern wegen dem, was dahinter steckt. Das Armband habe ich von dir bekommen, um unsere Beziehung sozusagen auch sichtbar zu machen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie glücklich mich das gemacht hatte. Normalerweise bist du so jemand, der bei solchen Sachen eher sehr zögernd ist und dann auf einmal ein Armband. Ich war ziemlich baff. Genauso wichtig ist mir auch der Ring, weil er für mich auch ohne Standesamt irgendwie eine eheliche Bedeutung hat. Also ich meine in der Hinsicht mit Liebe bis in den Tod und zusammen sein in guten wie in schlechten Zeiten. Beides haben wir ja schon fast hinter uns.“ Er lächelte etwas gequält. „Aber ich kann verstehen, dass du erst mal sehen willst, wie sich das zwischen uns in nächster Zeit weiterentwickelt, ob es überhaupt die richtige Entscheidung war, mich zurückzunehmen und ob alles tatsächlich so laufen wird, wie wir es uns wünschen.“ Serdall seufzte tief. Er war froh, dass Daniel doch noch wirklich den Mund aufmachte. „Warum sagst du das denn nicht gleich“, fragte er Daniel ernst, wobei er ihn schon bei der Hand nahm und mit sich nach oben zog. „Wenn dir etwas wichtig ist, musst du es sagen. Davor warst du mir einfach zu zaghaft“, erklärte Serdall mit ausgreifender Gestik und ging mit Daniel die Treppen nach oben. Im Schlafzimmer angelangt zog Serdall die Schublade seines Nachtschranks auf, in dem er so einige wichtige Dinge lagerte. Unschuldig lag der Platinschmuck darin und schien darauf zu warten, dass man ihn wieder anlegte. Lächelnd griff Serdall nach Daniels rechter Hand und legte zuerst das Armband wieder an. Er hielt den Ring in seiner Linken und betrachtete ihn eingehend, bevor er Daniel ruhig in die Augen sah. „Das war das letzte Mal, dass der Schmuck deinen Arm verlassen hat, verstanden?“, sagte er und seine Miene verdeutlichte, dass es ihm sehr wichtig darum war. „Ja, ich verspreche es“, bestätigte Daniel und sah dabei zu, wie Serdall ihm den Ring nach einem letzten prüfenden Blick in Daniels Augen wieder an den Finger steckte. Daniel musste hart schlucken. Irgendwie war er mal wieder ziemlich sentimental. Es bedeutete ihm total viel, dass Serdall ihm sozusagen noch einmal Ring und Armband schenkte. „Ich war mir irgendwie nicht sicher, ob ich die Sachen verdient habe“, kam er auf Serdalls Frage von vorhin zurück. „Immerhin war ich derjenige, der sie dir wiedergegeben hat, ich war derjenige, der die Trennung eingeleitet und sie letzten Endes auch ausgeführt hat. Deswegen wollte ich nicht einfach die zwei Dinge verlangen.“ Serdall schüttelte den Kopf. Seine Hände wanderten zu Daniels Hüfte und er zog ihn gegen sich, bevor er Daniels Mund kurz mit einem Kuss verschloss. „Diesmal ist einfach zu viel auf einmal passiert und ich wollte, dass du nach beidem verlangst. Gerade weil du aus deiner Unsicherheit mir beides einfach wiedergegeben hast. Ich möchte, dass wir das lassen. Dass wir uns eben sicher sind. Ehrlich, wie oft haben wir jetzt schon gezweifelt und sieh uns an? Wir sind so rettungslos verliebt, da darf doch eigentlich kein Platz für irgendwelche Zweifel sein. Ich will nicht mehr an dir zweifeln. Gerade nach diesen drei Wochen, wo wir uns wohl beide mehr selbst nach einander gesehnt haben, als je zuvor“, erklärte Serdall leise und hauchte wieder einen Kuss auf Daniels Lippen. „Ich will auch nicht mehr zweifeln“, erwiderte Daniel. „Ich glaube, dass es am besten wäre, wenn ich einfach wieder so kackfrech bin wie am Anfang und dir immer gleich auf den Schlipps trete, indem ich einfach sage, was ich gerade denke. Das klingt zwar vielleicht im ersten Moment ziemlich krass, allerdings hatte ich dich am Anfang unserer Beziehung so auch sehr gut im Griff.“ Daniel lachte leicht. „Auch wenn ich mir jetzt mein eignes Grab schaufele“, murmelte Serdall an Daniels Lippen, „wenn du frech bist, gefällst du mir am besten. Dir steht es nicht, schüchtern oder nachdenklich zu sein. Ich mag es einfach, wenn du übermütig bist, solange es eben nicht zu viel wird.“ Sanft führte Serdall seine Hände an Daniels Wangen und strich leicht mit dem Daumen über die warme Haut. Seufzend schloss Daniel bei dieser sanften Berührung die Augen und lehnte sich gegen Serdalls Stirn. Er spürte schon wieder, wie sein Körper anfing zu kribbeln und stöhnte frustriert auf. Serdall hatte vorhin gesagt, dass er es nicht übertreiben wollte. Andererseits hatte er eben auch behauptet, dass er es mochte, wenn Daniel frech war. Und das, was Daniel gerade plante, zählte wohl unter dieses frech sein. Mit einer fließenden Bewegung hatte er Serdall einen Stoß gegeben, der ihn aus dem Gleichgewicht geraten ließ. Schnell war Daniel über seinem Freund und drückte ihn ganz auf das Bett. Grinsend betrachtete er Serdall von oben herab. „Ich glaube, du hast dir grad tatsächlich dein eigenes Grab geschaufelt“, meinte er amüsiert. „Und du wirst direkt in den Himmel kommen.“ Er schob Serdalls Pullover hoch und umspielte mit seiner Zunge gezielt Serdalls linke Brustwarze. Unterdrückt stöhnend biss sich Serdall auf die Unterlippe. Er konnte sich jedoch kein Lächeln verkneifen, während er Daniel dabei beobachtete, wie er sich langsam über seinen Torso arbeitete. Kurzentschlossen schnappte sich Serdall Daniel an den Schultern und wirbelte ihn mit sich herum, sodass er nun wieder auf ihm lag. „Glaubst du, ich lasse dich einfach mit mir spielen?“, fragte er amüsiert und pinnte Daniel fest, indem er mit einer Hand beide Handgelenke griff. Er zwinkerte Daniel zu, bevor er sacht über die roten Lippen leckte und seine freie Hand in Daniels Schritt gleiten ließ. Daniel stöhnte kurz leise und grinste dann anzüglich. „Nun, man kann ja wohl noch hoffen“, antwortete er und zuckte so gut es ihm in dieser Position möglich war mit den Schultern. „Allerdings“, fuhr er fort und biss sich auf die Lippe, als Serdall anfing seine Hand langsam zu bewegen, „ist das hier auch nicht gerade so schlecht. Scheint so, als hätte eher ich mir mein eigenes Grab geschaufelt. Denn ich glaube nicht, dass du dich heute erbarmst, sondern mich fast vor Lust sterben lässt und jeden Orgasmus unmenschlich hinauszögern wirst.“ „Wer sagt denn, dass ich mit dir schlafen will?“, flüsterte Serdall scheinheilig und küsste Daniels Wange. „Ich will dich nur ein wenig ärgern“, hauchte er grinsend gegen Daniels Lippen und seine Finger rieben stärker in seinem Schritt. „Was immer du auch vorhast, ich glaube, es wird mir nicht gefallen“, stöhnte Daniel und schloss frustriert die Augen, da Serdalls Berührungen zwar erregend waren, aber nicht unbedingt etwas, was in naher Zukunft zu irgendwas führen würde. Trotz allem beschleunigte sich seine Atmung und kleine Lustbekundungen verließen seinen Mund. „Wir werden sehen“, erwiderte Serdall leise und küsste hauchzart erst Nase, Augenlider, Wangen, wechselte dann zur Stirn, hinab zur Schläfe, über die Kinnpartie und dann zum Mund, der leicht geöffnet war. Daniel zuckte nach oben, um nach Serdalls Lippen zu schnappen, doch jener entzog sich ihm und lächelte verschmitzt. Er zog seine Hand von Daniels Schoß fort und setzte sich nun auf Daniels Lenden. Mit den Fingerspitzen schob Serdall ganz langsam den Pullover des Schwarzhaarigen nach oben über Daniels Kopf. Daniel zärtlich küssend, hielt er ihn davon ab, sich zu entwinden, als er seine Hände freiließ. Schnell verschnürte Serdall den Pullover um Daniels Hangelenke und sah ihm dann unschuldig ins Gesicht. „Na klasse“, meinte Daniel grummelnd und drückte einmal probeweise seine Hände auseinander, aber mit überkreuzten und über seinem Kopf liegenden Armen konnte er fast keine Kraft entwickeln. Schnell hatte er aufgegeben und lag sich seinem Schicksal ergebend unter Serdall. Daniel wusste, dass er wieder betteln würde, von daher konnte er auch gleich damit anfangen. „Kannst du wenigstens meine Hose aufmachen, wenn du schon deine Freude hast, mich zu verschnüren und wohl auch bald zu quälen? Ehrlich gesagt ist sie nämlich schon ziemlich eng.“ Serdall rümpfte die Nase und setzte sich nachdrücklich fest auf Daniels Glied, sich absolut bewusst, dass er Daniels Ungeduld damit nur noch mehr anheizte. Einen Moment ließ er den Blick über Daniels flache Brust gleitend und begann leicht zu lächeln. Er hatte Daniel wirklich vermisst. Wirklich. Seine Art, seine Ungeduld und diesen schmollig-bockigen Blick. Um Verzeihung heischend begann Serdall ihn tief zu küssen, während er mit den Hände über die entblößten Seiten strich, jeden Zentimeter Haut liebkoste und mit den Daumen die Brustwarzen reizte. „Was krieg ich dafür, dass ich dir die Hose öffne?“, fragte er spitzbübisch lächelnd. Er hatte da noch eine kleine Rechnung mit Daniel offen, wegen der Handschellensache von vor drei Wochen. Daniel wusste, worauf Serdall hinaus wollte. Schnaubend musste er feststellen, dass scheinbar tatsächlich alles, was man verteilte, auch wieder auf einen zurückfiel. „Was willst du dafür haben, dass du mir die Hose öffnest?“, kam die kesse Gegenfrage. Serdall seufzte innerlich. Er war da doch so einfallslos. Obwohl, wenn er Daniel noch ein wenig ärgern wollte… Grinsend beugte sich Serdall zu Daniels Ohr. „Schon einmal daran gedacht, in der Oper vorzusingen“, flüsterte er leise und sah Daniel dann amüsiert in das verwirrte Gesicht. „Du kannst doch singen, also warum nicht?“ Von verwirrt zu geschockt wechselnd versuchte Daniel sich freizumachen, hatte damit allerdings noch weniger Erfolg als vorhin. „Spinnst du“, grummelte er. „Ich hatte noch nicht eine Stunde Gesangunterricht in meinem Leben, ich singe Popsongs oder sowas, was vielleicht gut genug ist, um ein paar Euro auf der Straße zu verdienen, aber nicht irgendwas in der Oper zu machen. Ich singe normal und nicht opernmäßig und außerdem hasse ich diese kitschigen, hohen, ohrenzerreißenden Lieder.“ „Also ich mag sie“, erwiderte Serdall leise lachend und strich mit zwei Fingern Daniels Kinnpartie entlang. „Nun, wie können wir uns einig werden, damit ich dir deine Hose öffne. Entweder du singst oder…“ Serdall entfernte seine Hände und wackelte mit ihnen vor Daniels Gesicht herum, um zu verdeutlichen, dass dann Schluss für heute wäre. „Schließlich bin ich auch Eislaufen gegangen“, schob er summend nach und grinste Daniel liebreizend an. „Du bist eine Stunde Eislaufen gegangen“, konterte Daniel. „Das heißt, dass ich auch jedes Recht habe, dich noch herunterzuhandeln. Ich singe keinesfalls in der Oper vor. Ich kann mir ehrlich gesagt bessere Sachen vorstellen, als mich derart zu blamieren. Abgesehen davon studiere ich gerade, um eine andere Berufsrichtung einzuschlagen.“ „Nun gut“, entgegnete Serdall und lachte leise. „Dann versuch mich herunterzuhandeln“, flötete er böse, während er nachdrücklich begann seine Hüfte zu bewegen und unmissverständlich Reibungsenergie zu erzeugen, um Daniel um den Verstand zu bringen. Was ihm auch gut gelang. Daniels Gehirnzellen schienen ihren Dienst vorerst zu quittieren und seiner Gefühlswelt Platz zu machen. Angestrengt versuchte Daniel, zu einer einigermaßen akzeptablen Lösung zu kommen. „Ich singe nicht vor Publikum“, zischte er gepresst. „Dann wirst du nur für mich singen“, bestimmte Serdall nun zufrieden und legte seine Finger wieder auf Daniels Brust. Das war es doch, worauf er hinaus wollte. Serdall hatte bisher immer nur kleine Fetzen von Daniels Können zu Gehör bekommen und das war ihm erst auf dem Weihnachtsmarkt bewusst geworden. Von sich aus würde Daniel nie auf ihn zugehen und ihm etwas singen. Irgendwie war Daniel überhaupt so, dass er sein musikalisches Talent in keinster Weise Serdall zeigte. Vielleicht war es falsche Scham? Serdall wusste es nicht, doch er hoffte es zu ändern. „Abgemacht“, stimmte Daniel schnell zu und bewegte sein Becken ein Stück nach oben in Richtung Serdall. „Würdest du jetzt bitte?“ „Natürlich“, grinste Serdall und zog Daniel schnell die Hose von den Hüften, ließ die Boxershort gleich folgen. Schnell befreite er sich noch selbst von seinem Pullover. Serdall drängte sich zwischen Daniels Beine und spreizte sie weit, während er sich vorbeugte, um seinen Mund um Daniels Glied zu schließen. Stöhnend krallte Daniel sich in seinen Pullover und schmiss den Kopf ins Kissen. Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass Serdall gleich so ranging. Eigentlich hatten sie bis jetzt nur über das Öffnen der Hose verhandelt und so wie Daniel Serdall kannte, hätte er eigentlich gedacht, er würde ihn noch sehr lange quälen. Von daher kam diese Aktion jetzt vollkommen überraschen. „Nicht… aufhören“, kam es abgehackt von Daniel und er schloss genüsslich keuchend die Augen. „Genau, nicht aufhören“, tönte es plötzlich von der Tür und Serdall riss die Augen auf und ruckte mit dem Kopf nach oben, sodass es ein leises Plopp machte, als Daniels Penis seinen Mund verließ. Geschockt und rot im Gesicht wandte sich Serdall um und starrte zur Tür. Dustin stand grinsend dort und sah neugierig zu ihnen. „Ich will gar nicht stören, sondern nur gucken wie es läuft“, meinte er, zwinkerte und winkte Daniel einmal zu. „Und wie ist seine Technik?“, fragte er Daniel und lächelte entschuldigend, als Serdall bedrohlich zischte. „Bin schon weg“, rief Dustin schnell und schloss hinter sich die Tür. Kopfschüttelnd versuchte Serdall zu realisieren, ob das gerade wirklich geschehen war. „Ich hasse ihn“, knurrte Serdall wütend, ehe er wuchtig aufstand und zur Tür stampfte, um sie ruppig zuzuschließen. Hier war wirklich keine Privatsphäre, wenn man nicht alles verriegelte und verammelte. Daniel sah durch seine Finger hindurch und am Pullover vorbei zu Serdall. Er hatte sich, als Dustin seinen dummen Kommentar abgelassen hatte, frustriert stöhnend die zusammengebundenen Hände vors Gesicht geschlagen. Dafür würde Dustin büßen. Grausam büßen. Die Stimmung war weg und Serdall sah nicht so aus, als würde er sich noch einmal erwärmen lassen. Zumindest war das Daniels schlimmste Befürchtung. Sein Blick fiel in seinen Schritt und er stöhnte noch frustrierter als vorhin. Und jetzt? Serdall trat indes einmal kräftig gegen den Bettrahmen und fluchte leise vor sich hin. Jedes Mal dasselbe mit seinem Schwager. Er hasste es, wenn irgendwer sie störte, auf diese extreme Art und Weise störte. Seufzend sah Serdall zu Daniel und seufzte noch einmal tief. Das konnte er seinem Freund jetzt auch nicht antun. So nämlich, wie Daniel dalag, hatte es scheinbar kaum Spuren hinterlassen, zumindest in unteren Regionen, dass Dustin sich zu Wort gemeldet hatte. Kopfschüttelnd krabbelte Serdall wieder zwischen Daniels Beine und strich die Innenschenkel entlang, während er sich richtig hinsetzte, sodass er Daniels Schoß problemlos erreichen konnte. „Und, wie war meine Technik?“, fragte Serdall nun, um die gedrückte Stimmung etwas zu lockern. Nebenbei reizte er Daniel spielerisch an den Innenschenkeln. Schief grinsend sah Daniel ihn an. So eine Frage von Serdall kam auch nicht alle Tage vor. „Nun, ich würde sagen, alles ist verbesserungsfähig“, fing Daniel an und kassierte daraufhin gleich einen gespielten Schlag von Serdall, „aber ich bin sehr zufrieden mit dir und deiner Technik“, beendete er seinen Satz ungerührt. „Wenn du mir jetzt noch hilfst, dieses störende Ding hier zwischen meinen Beinen loszuwerden, erzähle ich auch gern allen weiter wie gut du bist. Aber bitte bitte lass mich nicht hier so liegen“, flehte er und sah Serdall mit Dackelblick an. Kurz schien Serdall zu überlegen, wobei Daniel sichtlich einige Schweißperlen an der Stirn entlangliefen, aus Angst, er würde ihn tatsächlich einfach so liegen lassen, doch Serdall schüttelte leicht den Kopf. In ihm brannte auch zu sehr das Verlangen nach Daniel. Nach drei Wochen würden sie einander wieder richtig fühlen, nicht wie dieser kurze, harte Sex im Auto. Versonnen lächelnd schickte Serdall seine Hände über Daniels Unterleib, während er sich zu dessen Kopf beugte, um sein Gesicht nahe an Daniels zu bringen. „Du brauchst es keinem zu erzählen, ich bin glücklich, wenn es dir gefällt“, hauchte Serdall gegen die roten Lippen, ehe er sie verschloss und seine Zunge in diese verlockende Mundhöhle gleiten ließ. Erregt keuchte Daniel in Serdalls Mund und wollte seine immer noch durch seinen Pullover verschnürten Arme um Serdall legen, doch er wurde effektiv von seinem Freund daran gehindert. Frustriert stöhnte Daniel auf, als Serdall mit einer Hand nach seinen Handgelenken griff und sie wieder zurück auf das Bett drückte. Sich seinem Schicksal ergebend blieb Daniel still liegen und erwiderte den sanften Kuss, ohne sich weiter zu beschweren. Erregt keuchend löste sich Serdall kurz darauf von Daniel. Er sah es ihm an, dass die verschnürten Hände ihn störten, doch das ließ Serdall kalt. Es gefiel ihm auch ab und an Daniel in der Hand zu haben und so dessen Ungeduld besser unter Kontrolle zu bringen. Zwinkernd entfernte Serdall sich von Daniel und beugte sich zu Nachtschrank, um Kondom und Gleitcreme hervorzuholen, die er erst einmal neben Daniels Hüfte ablegte. Überlegend betrachte er Daniel, wie er sich ungeduldig wand und leise bettelnd stöhnte. Sich auf die Lippe beißend wiegelte Serdall ab, was er als nächstes tun würde. Vorerst zog er sich jedoch vollständig aus, streifte Hose, Unterhose und Socken von den Beinen, bevor er wieder unschlüssig zu Daniel sah. Plötzlich begann er lächeln. Warum spielte er nicht ein bisschen mit Daniel? Er hatte Lust darauf und heute konnte sich Daniel sowieso darauf einstellen, dass sie nicht so schnell fertig wurden. Und mit einem Ruck fasste Serdall Daniel bei den Hüften, um ihn auf den Bauch zu drehen. Während Daniel erschrocken keuchte, schob sich Serdall über seinen Rücken und küsste sich über die weiche Haut. Ein erregender Schauer nach dem anderen lief Daniel über den Rücken. In dieser Position hatte er praktisch gar keine Bewegungsfreiheit mehr. Seine Arme waren ohnehin zu nichts zu gebrauchen und auch mit seinen Beinen konnte er Serdall nicht mehr umschlingen. Kleine Lustlaute von sich gebend schloss Daniel die Augen und legte seinen Kopf so entspannt wie möglich in die Kissen. Wenn Serdall tatsächlich vorhatte doch mit ihm zu schlafen, und danach sah es doch sehr deutlich aus, würde es langsam, lange, einfühlsam und bis in die letzte Faser seines Körpers erregend werden. Soviel war Daniel klar. Zwischen Himmel und Hölle würde er schweben und allein der Gedanke daran ließ ihn schon wieder erwartungsvoll aufstöhnen und sich Serdall so gut wie möglich entgegen drängen. Serdall konnte insgeheim immer noch nicht fassen, wie erotisch Daniel sein konnte, besonders wenn er scheinbar wirklich Gefallen daran fand, was Serdall mit ihm tat. Es war atemberaubend und es gab Serdall ein starkes Ziehen in der Bauchregion. Langsam wanderte er mit der Zunge die Wirbelsäule entlang, schob mit den Händen Daniels Beine leicht auseinander und wanderte mit dem Mund immer tiefer. Kurz bevor er am Steiß angelangte, ließ er von seinem Kurs ab und küsste die zwei kleinen Vertiefungen in der unteren Rückenmitte. Mit den Fingern massierte er Daniels Oberschenkel und das Gesäß, während er sich mit leichten Bissen wieder den Rücken hinauf arbeitete. Eine Gänsehaut jagte sich über Daniels Rücken, was Serdall lächeln ließ. Serdall griff blind nach dem Gleitgel und benetzte seine Finger damit. Aufreizend schob er sie in Daniels Pofalte und rieb mit zweien den Spalt entlang, bis zu den Hoden und wieder hinauf. Leckend, beißend und küssend gelangte er wieder hinauf zu Daniels Nacken. Daniel stöhnte ungehemmt unter ihm. Begierde flammte unstillbar in Serdall auf. Wie sehr er es doch vermisst hatte! In ihm schien alles einen Freudentanz zu führen, jede Zelle seines Körpers vibrierte. Er verzehrte sich geradezu nach Daniel, doch dieses Verlangen war nicht nur auf sexueller Ebene. Serdall seufzte. Es ging viel tiefer als nur das. Er wollte alles für Daniel tun, egal was, nur damit sie sich nie wieder trennen mussten. Serdall wusste einfach, dass er ohne diesen Schwarzhaarigen schlichtweg nicht mehr richtig leben konnte. Egal wie sehr er in den letzten Tagen versucht hatte, alles in sich dahingehend zu verdrängen und wegzusperren, seine Gefühle schienen sich seitdem doch nur um ein millionenfaches gesteigert zu haben. Das verdeutlichte ihm nur allzugut diese schreckliche Sehnsucht, die gerade erst in einem Funken in ihm aufstieg und sich langsam enorm steigerte. „Ich liebe dich, Prinzesschen“, hauchte er kurz verzweifelt und er lehnte seine Stirn schwer gegen Daniels Nacken, hielt einen Moment total still. Nur kurz wollte er Daniels Nähe so spüren, bevor sie sich wieder in ihrer Lust verlieren würden. So schnell wie dieser Augenblick gekommen, so verging er auch und Serdall riss sich zusammen, um weiterzumachen. Bevor Daniel irgendetwas sagen konnte, schob Serdall seine Finger in ihn und begann ihn für das Folgende vorzubereiten. Er wollte nicht, dass Daniel sich jetzt irgendwelche Gedanken machen musste, nur weil er so schrecklich pathetisch war. Sie hatten genug durchgemacht. Serdall reichte es einfach und er war froh, dass sich alles zum Guten gewendet hatte. Dass er seinen Daniel wiederhatte. Seufzend verbiss er sich in Daniels Nacken und begann leidenschaftlich dort zu saugen, bevor er selbst noch viel zu sehr über irgendetwas nachdachte. Daniels Gedanken, die bei Serdalls kurzem Innehalten an die Oberfläche gedrungen waren, verschwanden sofort wieder in der Versenkung, als Serdall leicht mit den Fingern seine Prostata berührte. Die Fragen, die Daniel auf der Zunge gelegen hatten, schienen vergessen und er gab sich wieder vollends seiner Lust hin. Stöhnend drängte er sich Serdall entgegen und krallte sich gleichzeitig in seinem Pullover fest. Er konnte nicht sagen, ob es wegen den drei Wochen Abstinenz war, ob er in der Zeit vernünftiger geworden war oder einfach gelernt hatte, auch mal zu genießen, aber Serdalls langsame und vorsichtige Berührungen machten ihn nicht ganz so verrückt und ließen ihn nicht dermaßen verzweifeln wie früher. Im Gegenteil. Momentan schien es das Erregendste, was Daniel seit langem erlebt hatte. Er biss unter sich in das Kissen und verspannte sich kurz, als er jetzt schon fast drauf und dran war zu kommen. „Serdall… ich…“, keuchte er abgehackt. „Komme?“, lachte Serdall rau und zog seine Finger aus Daniel. Jedoch anstatt jetzt mit Daniel zu schlafen, setze sich Serdall neben Daniels Oberkörper, drehte ihn herum und zog ihn in seine Arme. Er ließ es zu, dass Daniel seine verschnürten Arme um seinen Nacken schlang und ihn verzehrend küsste. Jedoch tanzte Serdalls Hand wieder an Daniel hinab. So, wie Daniel halb in seinen Armen lag, konnte Serdall problemlos wieder zwischen Daniels Beine langen und erneut spielerisch in ihn eindringen. Solange Daniel nicht dagegen war, würde Serdall endlich ein ausgiebiges Vorspiel mit ihm durchgehen. Das war schon lange in seinem Interesse und Daniel war scheinbar heute entweder nicht sehr wählerisch und war Hauptsache für Sex oder aber er schien plötzlich doch daran Gefallen zu fingen. Immer wieder führte er seine Hand von Daniels Unterleib fort, über die Innenschenkel, reizte kurz den erigierten Penis, ehe er wieder mit den Fingern in ihn eindrang. Daniel hatte aufgehört Serdall zu küssen und stöhnte nun leidenschaftlich an seinem Ohr. Serdall musste sich wirklich zusammenreißen, da besonders das stark an seiner Selbstbeherrschung nagte. Im nächsten Moment verspannte sich Daniel kurz, bevor er leise schreiend auf seinem Bauch kam. Schwer keuchend hing Daniel in Serdalls Armen. Seine Augen waren nur halb geöffnet und er brauchte einen Moment, um wieder zurück auf den Boden zu kommen und die Gefühle, die gerade über ihn hinüber geschwemmt waren, abklingen zu lassen. Das war unglaublich gewesen und das, obwohl sie noch nicht einmal richtig miteinander geschlafen hatten. Erschöpft lächelnd löste er sich ein Stück von Serdall und sah ihm mit schief gelegtem Kopf kurz in die Augen, bevor er ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen hauchte. „Ich habe dich gewarnt“, meinte er schon wieder leicht grinsend. „Hast du“, erwiderte Serdall lächelnd. „Aber das ist ja nur das Vorspiel“, flüsterte er an Daniels Lippen und sah ihm glücklich in die Augen. „Was meinst du, gehen wir nachher noch einmal runter? Ich würde gern noch einen Scotch trinken“, fragte er leise, während seine Fingerspitzen um Daniels Bauchnabel kreisten und das Sperma verteilten. „Nun, wenn du meinst, dass du hiernach noch in der Lage bist dich zu bewegen“, murmelte Daniel amüsiert. „Wir können auch jetzt kurz gehen. Allerdings denke ich, dass du ziemlich grantig runtergehen wirst, wenn wir dich so lassen und ich habe nichts gegen eine Fortführung einzuwenden. Von daher meinetwegen. Gehen wir dann nachher nochmal runter. Es gibt ohnehin viel nahrhaftere Sachen als Scotch.“ Verhalten kichernd hauchte Daniel Serdall noch einen schnellen Kuss auf die Lippen, löste seine verknoteten Arme von Serdalls Nacken und glitt langsam an der flachen Brust hinab. Augenrollend sah Serdall dabei zu, wie Daniel sich immer weiter an ihm hinab arbeitete. Er versuchte dabei seine eigene Erregung, auf die Daniel wohl unmissverständlich zusteuerte, zu ignorieren, um es seinem Freund nicht zu leicht zu machen. „Das wäre eine einseitige Ernährung“, murrte Serdall leise und strich Daniel eine Haarsträhne aus der Stirn, die an der leicht verschwitzten Haut klebte. Die Liebkosungen von Daniels Mund auf seinem Körper genießend, lehnte sich Serdall leicht zurück, doch bevor Daniel zu tief und zu weit an seinen Unterleib kam, schubste Serdall ihn wieder von sich und machte sich daran, Daniel zu reizen. „Du lässt mich heute gar nichts machen, kann das sein“, maulte Daniel nun doch etwas frustriert, stöhnte im nächsten Moment allerdings schon wieder erregt auf, als Serdall seine Zunge hinter Daniels Ohr wandern ließ. „Fies“, grummelte Daniel noch, schwieg dann allerdings wieder und ließ seine Augen zufallen. „Du darfst nachher was machen. Jetzt bin ich erst einmal dran“, hauchte Serdall egoistisch und biss kurz in das empfindliche Ohrläppchen, bevor er sich nun zwischen Daniels Beine drängte, da der nun wieder auf dem Rücken lag. Küssend wanderte Serdall jeden Zentimeter Haut ab. Von Daniels Scheitel bis hinab zu dessen Füßen glitt er langsam und nachdrücklich über Daniels Körper. Das brachte Daniel erneut soweit in Form, dass er wieder erregt und ungehemmt aufstöhnte. „Auf zu Runde zwei“, flüsterte Serdall und bestrich mit einer ordentlichen Menge Gleitgel wieder Daniels Eingang. Kurz streifte er geübt das Kondom über seinen eigenen Penis. Er legte sich eines von Daniels Beinen über die Schulter, während er sacht in seinen Freund eindrang. Daniel stöhnte laut und doch recht erleichtert auf. Aus einem Impuls heraus schlang er seine gefesselten Arme um Serdalls Nacken und küsste ihn hemmungslos und vernichtend. Ganz konnte er aus seinem alten Verhaltensmuster wohl doch nicht raus und er brauchte gerade ein Ventil, um die angestaute Erregung hinauszulassen. Serdall erwiderte diesen leidenschaftlichen Kuss ebenbürtig und verharrte einen Moment still in Daniel. Er genoss die sanften Wellen, die sich durch seinen Körper trieben wie zarte Klänge. Das Gefühl wieder mit Daniel vereint zu sein, machte ihn schier wahnsinnig vor Freude. Erst jetzt schien sein Körper wirklich zu realisieren, dass die lange Durststrecke vorbei war, dass er wieder mit Daniel zusammen war, ihn wieder richtig lieben durfte. In den Kuss stöhnend, begann Serdall den ersten, tiefen Vorstoß, wobei er dann das Becken wieder langsam zurückzog. Fließend ging diese Bewegung in die Nächste über und ein sanfter Rhythmus entstand. Serdall klammerte sich an Daniels Schultern, schob dabei seine Arme unter dessen Rücken entlang, während er sich eng an ihn klammerte und ihr Zungenspiel immer noch aufrecht hielt. Daniel kam Serdalls momentan noch recht langsamen Stößen entgegen und löste sich aus ihrem Kuss, um seinem Freund ein paar neue Knutschflecke am Hals zu verpassen. Die alten waren noch immer sehr gut zu sehen, es war ja auch noch nicht lange her, seit Daniel sie gemacht hatte, allerdings war dieser Sex so anders als diese lieblose Abfertigung im Auto. Er konnte sich gar nicht vorstellen, was ihn und Serdall dazu verleitet hatte, das zu tun. Nichts kam an diese Gefühle jetzt heran. Aufseufzend und Geräusche machend, die einem leisen Schnurren ähnelten, drängte Daniel sich noch ein Stück näher an Serdall heran. Serdall glaubte im Moment seinen Ohren kaum. Seit wann gefiel es Daniel so sehr, wenn sie es so taten? Das war früher nie so gewesen. Zumindest jetzt hätte er ihn schon wieder angemault und angebettelt schneller zu werden, doch es schien ihm diesmal wirklich zu gefallen. Lächelnd vergrub Serdall sein Gesicht in Daniels Halsbeuge, als eine kribbelnde Gänsehaut über seinen gesamten Rücken lief. Er hätte nie gedacht, dass ihn das je so glücklich machen würde, doch im Moment schien wirklich alles wieder perfekt zu sein. Immer weiter trieb Serdall sie mit seinem langsamen Rhythmus zu ihrem Höhepunkt, Stück für Stück nahmen sie gemeinsam den Weg. Serdall stöhnte leise, als Daniel effizient seinen Muskelring einsetzte und ihn schier um den Verstand brachte, weil dies gerade genau das war, was zu all dem noch gefehlt hatte. Schier ein kleine Ewigkeit verging, bis Daniels und er fast zeitgleich kamen und Serdall schwach auf Daniel und in ihm verharrte. Das war der pure Wahnsinn gewesen. Kleine bunte Punkte tanzten vor seinen Augen, als er sie kurz öffnete. Seufzend vergrub er seine Stirn an Daniels Halsbeuge und klammerte sich schützend an ihn, als ob er ihn vor allem bewahren und nie mehr gehen lassen wollte. Daniel wackelte auffordernd mit seinen Armen, als er wieder einigermaßen zu Atem gekommen war und sah dankend dabei zu, wie Serdall den Pullover löste. Seufzend schlang Daniel seine Arme um ihn und vergrub das Gesicht in Serdalls Halsbeuge. Er fühlte sich im Moment so entspannt und befriedigt, dass er am liebsten nie wieder aufstehen wollte. Einige Zeit blieben sie einfach schweigend in der Position liegen, bis Daniel sich irgendwann wieder regte und etwas von Serdall löste. Lächelnd sah er ihm ins Gesicht. „Das war wundervoll“, hauchte er leise und küsste kurz die leicht geschwollenen Lippen. „Aber ich glaube nicht, dass ich dazu jeden Tag in der Stimmung bin“, fügte Daniel noch grinsend hinzu. Innerlich seufzte Serdall. War es also doch nur eine Laune gewesen heute. Es war schön gewesen auch einmal vollkommen diese Art akzeptiert zu bekommen, doch Daniels Geduld würde sicherlich überstrapaziert, wenn Serdall ihm das jeden Tag abverlangen würde. Es war ja auch nicht so, als ob Serdall es jeden Tag so haben musste. Eigentlich zählte für ihn nur, dass er bei Daniel sein konnte und der ihn liebte. „Das ist schon okay. Ist ja nicht so, als ob ich dich nicht noch anders um den Verstand bringen kann“, murmelte Serdall und versteckte sein Grinsen, wobei er seine Stirn neben Daniels auf die Bettdecke lehnte. Kurz schnaubte Daniel beleidigt, musste dann allerdings für sich feststellen, dass Serdall wohl recht hatte. Seufzend ließ er sich wieder bequem in die Kissen sinken. Nachdem seine Erregung abgeklungen war und sein Gehirn wieder zu arbeiten schien, schwirrte eine Frage in seinem Kopf herum. Etwas unsicher sah er zu Serdall hinauf. „Sag mal“, begann Daniel leicht zögernd, „das hier“, er deutete auf sich und Serdall, der noch immer in Daniel verharrte, „heißt das, dass wir wieder ganz normal zusammen sind oder war das sozusagen einer der ersten Schritte auf dem Weg dorthin? Darf ich hier wieder schlafen oder soll ich lieber rübergehen? Und überhaupt.“ Serdall stützt sich auf die Ellen und strich mit den Händen durch Daniels verschwitzte Haare. „Ich glaube kaum, dass es Sinn machen würde, dass ich dich jetzt noch für die Nacht in dein Zimmer verbanne. Wie ich dich kenne, bist du eine Stunde später sowieso unter meiner Decke, anstatt bei dir drüben“, seufzte Serdall lächelnd und hauchte einen Kuss auf Daniels Nasenspitze. „Außerdem würde ich heute Nacht auch nicht ohne dich im Arm schlafen wollen“, gab er leise zu und lehnte seine Stirn gegen Daniels. „Ich hole nachher gleich unser Bettzeug, ja?“ Daniel nickte glücklich und gab Serdall noch einen schnellen Kuss, bevor er sich leicht gähnend aufrichtete und streckte, wobei Serdalls Glied aus ihm hinaus glitt. „Dann würde ich sagen, gehen wir jetzt duschen und dann nach unten, damit du deinen Scotch trinken kannst“, verkündete Daniel mit neu gewonnener Energie. Nickend entfernte Serdall das Kondom und verknotete es, bevor er Daniel bei der Hand mit sich ins Bad zog. Dort entsorgte er das Präservativ und danach duschten sie sich, nicht ohne die Finger voneinander zu lassen. Ihre Dusche dauerte so länger als geplant. Fertig und ordentlich angezogen gingen sie Hand in Hand nach unten und standen dann im Flur Dustin gegenüber, der wieder einmal nur ein versautes Grinsen im Gesicht zeigte. „Ich sag dir das nur noch einmal Dustin“, zischte Serdall plötzlich. „Störst du uns wieder beim Sex, brauchst du eine Nasen-OP.“ Dustin biss sich auf die Lippe und nickte. „Sorry, aber ich wollte doch bloß wissen, ob ihr euch vertragen habt“, meinte er wieder grinsend und Serdall schüttelte nur den Kopf. Er gab Daniel einen kurzen Kuss auf den Mund und ging schon einmal vor. Serdall ahnte, dass die beiden sich wohl noch etwas zu sagen hatten. Dustin ging glücklich auf Daniel zu und nahm ihn in den Arm. „Du hast es echt geschafft. Seit ihr jetzt wieder ein Herz und eine Seele?“ Daniel erwiderte die Umarmung und nickte glücklich. „Kann man so sagen. Irgendwie scheinen wir die Kurve jedes Mal wieder haarscharf zu kriegen. Ich hoffe echt, dass es jetzt das letzte Mal war.“ „Ich hoffe es auch für dich.“ Dustin sah etwas verdutzt auf Daniels Nacken, den er so in ihrer Umarmung gut sehen konnte. Neugierig bog er mit einer Hand Daniels Kopf so, dass er besser auf den riesigen Knutschfleck schauen konnte. Er hatte ja schon bei Serdall die am Hals bemerkt, die sich seit gestern noch vermehrt hatten, aber dass Daniel nun auch noch ein paar zu haben schien, freute ihn ungemein. „Das Liebesleben scheint auch noch voll funktionstüchtig“, lachte er und löste sich von Daniel. Der legte verdutzt eine Hand in den Nacken. Er hatte gar nicht gewusst, dass Serdall ihm einen Liebesbiss verpasst hatte. Scheinbar war er zu abgelenkt gewesen, um das zu merken. Daniel grinste dreckig. „Ich denke man kann tatsächlich sagen, dass wieder alles in unserer Beziehung bereinigt ist. Zumindest erst mal. Wir haben bestimmt noch einiges an Gesprächsstoff und Klärungsbedarf, aber so wie es aussieht, wird sich alles wieder einrenken. Danke noch mal. Ohne dich hätte ich mich nie hierher getraut.“ „Naja, kommt ja auch mir zu Gute. Der nette Serdall ist mir dann um einiges lieber“, meinte Dustin ernst und lächelte Daniel offen an. „Außerdem hab ich dich echt vermisst. Ohne dich ist es doch verdammt langweilig hier, aber das weißt du ja“, grinste er und gab Daniel einen nassen Kuss auf die Wange, ehe er ihm keck zuzwinkerte. Daniel wischte sich wie Dustin beim letzten Mal angeekelt tuend über die Wange und ging dann langsam in Richtung Wohnzimmer. Zu lange wollte er Serdall auch nicht allein lassen. Wer wusste schon, ob der große Denker sich nicht doch wieder irgendwas zusammenreimte und das war momentan nicht wirklich wünschenswert. „Ach ja, bevor ich es vergesse. Richte Ethan bitte aus, dass ich ihn brauche, wenn er das nächste Mal Zeit hat“, meinte er noch zu Dustin. Neugierig zog jener eine Augenbraue nach oben. „Wozu brauchst du ihn denn?“, fragte er sogleich und verschränkte die Arme. Die Freizeit von Ethan war eben hauptsächlich mit Dustin verplant, da würde es ihn schon interessieren, warum Daniel Ethan beanspruchen wollte. Keck legte Daniel einen Finger an die Lippen. „Das bleibt ein Geheimnis“, meinte er und zwinkerte Dustin grinsend zu. „Allerdings wirst du es bald erfahren, also brauchst du dich nur ein wenig in Geduld zu üben. Auch wenn das ein ziemliches Fremdwort für dich ist. Von daher ist es wohl gar nicht so schlecht, wenn du dich mal in die Richtung ein wenig trainierst.“ Dustin winkte augenrollend ab. „Dann behalt es für dich. Ich glaube eh fast, worauf dein Treffen mit meinem kleinen Fotografen hinausläuft“, grinste er und streckte Daniel die Zunge heraus. „Ich werd es ihm also ausrichten.“ Skeptisch runzelte Daniel die Stirn. Dustin bekam mal wieder alles mit, selbst die Dinge, die er sich eben erst selbst überlegt hatte. Es war wirklich schon unheimlich, dass er Daniel schon fast besser zu kennen schien, als er sich selbst. Und das war bei Serdall, Ethan oder Taki dasselbe. Dustin schien einfach ein extrem empathischer Mensch zu sein. Schulterzuckend tat Daniel diese Tatsache ab. Meistens resultierte aus dieser Eigenschaft nur Positives, also brauchte er sich keine Sorgen darum zu machen und zu versuchen, sie Dustin auszutreiben. Zusammen betraten sie das Wohnzimmer, wo Serdall schon auf der Couch saß und seinen Scotch trank. Lächelnd ging Daniel zu ihm und setzte sich ebenfalls. Ende Kapitel 32 Kapitel 33: ------------ Kapitel 33 „Meinst du nicht, dass das ein bisschen übertrieben ist?“, murrte Serdall enerviert und sah an der Leiter hinauf, die er sichernd hielt. Daniel war gerade dabei, den Engel auf die Spitze des völlig überladen wirkenden Weihnachtsbaums zu setzen. Taki warf immer noch Lametta auf die Tannenzweige und irgendwie war das Serdall einfach eine Spur zu stressig. Vor allem weil mehr Lametta auf dem Boden lag, als auf den Zweigen und Taki und Daniel gemeinsam die Weihnachtslieder rauf und runter trällerten, was ihm langsam Kopfschmerzen bereitete. Ethan und Dustin waren währenddessen dabei, jeden einzelnen Mistelzweig, welche nahezu über jedem Türrahmen in der unteren Etage hingen, auszutesten. Der Engländer hatte darauf bestanden diese Tradition hier fortzuführen, wenn man schon alles Andere abgelehnt hatte. Serdall beschloss für sich, konsequent die Türen alleine oder gemeinsam mit Daniel zu passieren. Er wollte keinen der Anderen küssen. Nicht, dass er es dann tun würde, falls er doch einmal mit Dustin oder Ethan unter einem Zweig stand. Er war schließlich kein Engländer und er hatte keine Lust, diesen Brauch mitzumachen. Maximal bei Daniel. Nun auf jeden Fall bei Daniel. Das wäre ein Lichtblick an diesem stressigen Weihnachtstag. Serdall war wirklich froh, wenn sie diesen vierundzwanzigsten Dezember schnell rumgebracht hatten und der Weihnachtstrubel vorbei war. „Ich finde überhaupt nicht, dass das übertrieben ist“, meldete sich Daniel zu Wort, nachdem er konzentriert den Engel auf der Tannenspitze ausgerichtet hatte, damit er auch exakt gerade stand. „Wenn es nach Dustin gegangen wäre, der das Haus so gestalten wollte wie es in den USA üblich ist, hätten wir jetzt leuchtende Rentiere im Garten stehen, zwei Dutzend blinkende Lichterketten auf dem Dach und noch einen sich selbst aufblasenden Schneemann sowie diverse andere Sachen. Da kannst du mit einem gut geschmücktem Weihnachtsbaum und ein paar leuchtenden Büschen im Garten noch glücklich sein.“ Daniel kletterte die Leiter herunter und sah Serdall prüfend an. Man merkte, dass das Alles schon wieder zu viel für ihn war und er Weihnachten am liebsten gleich gestrichen hatte. Vor allem, weil sich Daniels Mutter noch für heute angekündigt hatte und das Haus dieses Jahr noch voller war als sonst, jetzt, wo Yoshiko auch noch hier war. Ob sie Heiligabend allerdings hier verbringen würde, wusste Daniel nicht. Sie hatte sich die letzten Wochen, wie er erfahren hatte, mit einem Mitarbeiter der japanischen Botschaft getroffen, den sie kennengelernt hatte, als sie ihn und Serdall gedeckt und den Abend im Hotelrestaurant verbracht hatte, damit sie sich, während Fei noch da war, einmal ungestört hatten treffen können. Vielleicht würde sie auch bei ihm sein. Für Serdall wäre diese Lösung wohl besser. Eine Person weniger. Daniel seufzte und strich seinem Freund einmal aufmunternd über die Wange. „Noch ist das mein Haus“, knurrte Serdall finster. „Und ich glaube die Dekoration ist ausreichend.“ Seufzend umarmte Serdall Daniel kurz und küsste ihn. In der letzten Woche hatten sie sich wieder zusammengerauft und es war auch wirklich alles zwischen ihnen geklärt. Serdall war froh: sie hatten wieder eine feste und zweifelfreie Beziehung. Und das Wichtigste war, Serdall vertraute Daniel wieder und Daniel war scheinbar auch wieder zufrieden, dazu auch frech wie zur Anfangszeit. Taki ging nun dazu über ‚O Tannenbaum‘ zu singen und Serdall seufzte überaus angetan. Was für ein Geplärr, dachte er leidlich und lächelte Daniel schief an. So sehr er seinen Sohn auch liebte, zu Weihnachten war er einfach nicht zu bremsen und leider auch ziemlich anstrengend. Als Taki gerade den Refrain wiederholte, reichte es Serdall. Er schnappte sich seinen Sohn, stemmte ihn sich über den Kopf und wirbelte sich mit ihm herum, sodass Taki nun nicht mehr sang, sondern ausgiebig lachte. Lächelnd sah Daniel den beiden zu. Serdall wusste wirklich, wie er mit seinem Sohn umgehen musste. Langsam wurde Taki allerdings ziemlich groß und würde wohl auch bald zu schwer sein, um ihn wie Serdall im Moment durch die Luft zu wirbeln. Allem Anschein nach würde er das Format seines Vaters auf jeden Fall erreichen. Daniel dachte schon wehmütig an den Tag, an dem Taki wohl auf ihn von oben herab ansehen würde. „Na das kann ja was werden“, grummelte er seufzend vor sich hin und winkte unbedeutend ab, als Serdall, der Taki wieder auf den Boden gesetzt hatte, ihn fragend ansah. „Was ist eigentlich mit Yoshiko? Bleibt sie heute Abend hier oder geht sie zu Robin und feiert dort? Denn ehrlich gesagt frage ich mich, wer heute zum Kochen eingeteilt ist und ob überhaupt schon klar ist, was wir essen oder ob wir uns irgendwas bestellen“, wandte er sich an Serdall. Serdall rollte mit den Augen. Es war gerade noch früh am Morgen, aber trotzdem kamen diese Überlegungen reichlich spät. „Das Mittagessen ist schon bestellt“, murmelte Serdall und strich Taki einmal durch die Haare. „Und Yoshiko geht heut Abend zu ihm, ja.“ Vorher hat sie jedoch noch etwas anders für mich zu erledigen, dachte sich Serdall ernst und blickte kurz zur Uhr. Er hoffte, dass bis heute Abend alles glatt ging und Weihnachten bald vorbei war. Irgendwie war ihm das einfach zu viel Rummel an einem Tag. Früher war es doch auch nicht so stressig gewesen, aber irgendwie wurde die ganze Sache von Jahr zu Jahr chaotischer. Serdall seufzte tief. Das lag wohl auch an dem Zuwachs an Leuten und auch daran, dass Taki Weihnachten abgöttisch liebte, so wie Daniel, Ethan und Dustin wohl auch. Nun gut, Serdall gab zu, er mochte Weihnachten auch. Wenn es dann an den besinnlichen Teil des Tages ging, war das romantische Flair wirklich schön. Aber dazu müsste er mit Daniel allein vor einem Kamin sitzen und ungestört mit ihm kuscheln und küssen. Leidlich sah Serdall dabei zu, wie Taki aufgeschreckt mit den Hunden umher jagte und Dustin dann lachend Taki verfolgte, um ihn dann auszukitzeln. Ethan fiel ihm jedoch in den Rücken und alsbald wurde Dustin von Taki und dem Rothaarigen attackiert und zum Lachen und Weinen gebracht. Serdall schmunzelte leicht, während er einen Arm um Daniels Hüfte schlang. „Ob wir die Drei nochmal groß kriegen?“, fragte er leise lachend. „Nun, ich finde sie haben sich schon gebessert“, erwiderte Daniel amüsiert. „Naja, zumindest bei Taki kann man praktisch zusehen, wie er wächst und Ethan und Dustin entwickeln sich charakterlich weiter. Von daher würde ich schon sagen, dass wir unsere Sachen ganz gut machen“, fügte er noch nachdenklich an. Sie waren tatsächlich alle ziemlich zusammengewachsen, Dustin war nicht mehr der skrupellose Aufreißer, Ethan hatte einiges an Selbstbewusstsein zugelegt und Serdall war nicht mehr der kühle Eisblock. Meistens. „Anscheinend“, stimmte Serdall zu und sah der raufenden Bande zu. Mücke und Kimba sprangen bellend um die Drei herum und schoben ihre Schnauzen auch ab und zu vor, um ein wenig mit ihren Zungen herum zu schlabbern. Angeekelt zog Serdall leicht die Nase kraus. Das Gesabber war immer noch viel zu widerlich in seinen Augen, auch wenn ihm die beiden Hündinnen auch ziemlich ans Herz gewachsen waren. Seufzend löste sich Serdall von Daniel, um sich auf das Sofa zu setzen und den Fernseher anzustellen. Vielleicht kam für Taki ein schönes Märchen, was ihn in den nächsten Stunden etwas ruhig stellte. Daniel entschloss sich den Trubel währenddessen etwas aufzulösen und hob Taki ächzend von Dustin herunter. Ethan hörte auf Dustin zu kitzeln und die beiden gingen stufenlos in eine heftige Knutscherei über. Das war auch etwas, worin sich Serdall weiterentwickelt hatte. Normalerweise hätte er Dustin fluchend und um sich tretend aus dem Wohnzimmer befördert, weil Taki sowas nicht sehen sollte, aber jetzt war er in der Hinsicht recht lässig geworfen. „Möchtest du was trinken?“, fragte Daniel Serdall und setzte Taki neben ihn auf die Couch, wo der Kleine schon im nächsten Moment gebannt auf den Fernseher starrte. Kinder. Wenn man wusste, wie man sie ruhig bekam, waren sie sehr einfach zu handhaben. „Ja, ein Wasser“, meinte Serdall lächelnd und strich Taki über den Kopf. Es war schon verrückt, wie so ein Wintermärchen den Kleinen fesseln konnte. Serdall sah dabei zu wie Daniel sich an Dustin und Ethan vorbeischob, die sich gerade noch etwas kurzatmig, aber nicht mehr küssend, umarmten. „Ich muss Abigail noch anrufen“, meinte Ethan plötzlich, löste sich entschuldigend lächelnd von Dustin und schnappte sich das schnurlose Telefon, um seine Schwester anzurufen. Schmollend blieb Dustin im Türrahmen stehen und sah zu seinem, ihm einen Handkuss zuwerfenden Freund. Beleidigt streckte er ihm die Zunge raus und begann plötzlich überbreit zu grinsen, als Daniel wieder aus der Küche zurückkam. Er hielt ihn am Arm fest, als er ihn einfach passieren wollte. Unverschämt lächelnd deutete Dustin nach oben auf den Mistelzweig. „Du weißt doch, was das heißt?“, fragte er Daniel amüsiert und spitzte die Lippen. „Ähm“, meinte Daniel unbeholfen und sah leicht panisch zu Serdall hinüber. Er persönlich hätte keine großen Probleme damit, Dustin zu küssen, da sie beide in einer festen Beziehung waren und alle wussten, dass es hier nur um freundschaftlichen Spaß und nicht mehr ging. Allerdings konnte Daniel sich auch vorstellen, dass Serdall nicht gerade sehr angetan war, wenn er Dustin küssen würde. Auch nicht freundschaftlich. Fragend sah Daniel deswegen zu seinem Freund hinüber und hielt Dustin noch kurz auf Abstand. Erst bekam Serdall das Ganze nicht richtig mit, doch als er dann zu Daniel sah, zog er überrascht die Augenbrauen nach oben. Ihm war unwohl bei dem Gedanken, dass Daniel Dustin küsste, doch… Seufzend nickte Serdall. Dustin war mit Ethan zusammen und zwar glücklich, mehr als das. Er war ihm absolut treu und eigentlich brauchte sich Serdall da keine Sorgen machen. Nur war es eben noch die alte Angst und jetzt, wo Daniels und Dustins Lippen sich kurz berührten, verzog er dennoch leidlich das Gesicht. Kurz schüttelte er den Kopf und vertrieb diese Miene. Das bedeutete nichts. Daniel liebte ihn und das war absolut sicher. Trotzdem würde er Dustin noch eine Kopfnuss dafür geben. Um Serdall zu beruhigen wischte Daniel sich einmal kurz mit dem Ärmel über den Mund, worauf von Dustin ein verletztes Schnauben kam. Augenrollend ging Daniel zur Couch zurück. Man konnte es in diesem Haus auch nie allen recht machen. Er reichte Serdall sein Wasser und nippte selbst kurz an seinem Kakao, während er sich die dicke Wolldecke über die Beine legte. „Ist dir schon wieder kalt?“, fragte Serdall verwundert und sah bezeichnend auf die Decke. Aber was fragte er überhaupt? Daniel war schon immer eine Frostbeule gewesen, egal wie warm geheizt war. Kurzerhand legte Serdall einen Arm um Daniels Schulter und küsste seinen Mund nachdrücklich, als ob er so Dustins Spuren verwischen könnte. Er vertiefte den Kuss in ein inniges Zungenspiel, ehe er schweratmend wieder von Daniel abließ und scheinbar unschuldig und völlig fasziniert von dem Märchen sein Gesicht abwandte. Mit großen Augen sah Daniel Serdall an. Warum ließ er ihn einfach so links liegen? Eben noch im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und jetzt nicht mehr interessant? Grummelnd zog Daniel die Decke noch ein Stück höher und ließ sich dann an der Lehne hinab gleiten, sodass er irgendwann mit dem Kopf auf Serdalls Schoß zum Liegen kam. Er holte sich seine körperliche Nähe schon allein. Unschuldig rutschte er an Serdalls Oberschenkeln hoch, bis er mit dem Hinterkopf am Bauch ankam und schob eine Hand zwischen Serdalls Beine. So, und wenn er ihn jetzt noch ignorieren konnte, musste er wirklich eine sehr starke Selbstbeherrschung haben. Serdall zog nur eine Augenbraue nach oben, sah jedoch nicht vom Film weg. Stattdessen legte er seine Hand in Daniels Nacken und streichelte ihn liebevoll. Ihm ging sein Geschenk für Daniel nicht aus dem Kopf. Gerade fragte er sich, ob es das richtige war, was er für Daniel besorgt hatte, ob es seinem Freund auch gefallen würde. Etwas abwesend legte er den Kopf schief und dachte nach, wobei seine Finger besonders an Daniels Kehlkopf entlang strichen. Die Gedanken von sich schiebend wandte sich Serdall wieder Daniel zu, als dessen Hand deutlich an seinem Innenschenkel auf und ab wanderte. Daniel war wohl wirklich von dem ganzen Weihnachtskitsch angetan. Besonders mit dem ‚Fest der Liebe‘ Teil. Lächelnd ließ Serdall seine Hand von Daniels Schulter hinab zu dessen Taille wandern und kraulte ihn sanft am Bauch, wobei er sich sogleich unter den Pullover stahl und die warme Haut koste. Genießend schloss Daniel die Augen und konzentrierte sich ganz auf Serdalls Berührungen, wobei er die Bewegung seiner Hand irgendwann vollkommen vernachlässigte. Sie hatten vorhin vor dem Aufstehen schon miteinander geschlafen, von daher war Daniel in der Richtung erst einmal ausgelastet und das Streicheln gerade einfach nur entspannend. Kurz gähnte er leise. Ja, geschlafen hatten sie miteinander und das nicht nur heute Vormittag, sondern eigentlich so ziemlich bei jeder Gelegenheit die letzten Tage. Jetzt hatten sie garantiert langsam alles Verpasste nachgeholt. Das Einzige, was jetzt noch nachgeholt werden musste, war der Schlaf. Daniel bemerkte, wie er langsam wegdriftete. Zufrieden sah Serdall auf Daniel hinab. Sein Freund war tatsächlich eingeschlafen, trotz der Laustärke im Raum. Serdall ließ ihn. Sie hatten eine anstrengende Woche hinter sich. Nun grinste Serdall in sich hinein und kraulte Daniel nebenbei weiter. Er ließ Daniel eine Stunde schlafen, da klingelte es auch an der Tür und das Mittagessen wurde von einer angesehenen Restaurantküche angeliefert. Während Dustin die Tür aufmachte, weckte Serdall Daniel sanft, indem er ihn leicht an der Schulter rüttelte und seinen Namen rief. Ihm wurde augenblicklich warm im Gesicht, als Daniel so verschlafen und zerknittert zu ihm sah und sich mit einer Hand über die Augen rieb. „Hey Prinzesschen, es gibt Essen“, flüsterte Serdall und küsste Daniel auf die Lippen. Daniel streckte sich kurz und setzte sich dann ziemlich erschöpft auf. Er fühlte sich absolut erschlagen. Gähnend kam er auf die Beine. „Ich geh erst mal kurz ins Bad“, verkündete er und spritzte sich dort etwas kaltes Wasser ins Gesicht, bevor er zurück ins Wohnzimmer kam, wo am festlich gedeckten Esstisch schon das Essen aufgebaut war. Serdall strich ihm kurz über den Oberschenkel, als Daniel sich neben ihn setzte. Amüsiert sahen sie dabei zu, wie Dustin das tranchieren der großen Ente übernahm, wobei er sich wirklich Mühe gab, nicht alle Stücke schrecklich zu zerpflücken. Den Wein genießend ließ sich Serdall von Daniel auftun und sie aßen allesamt erzählend und in Eintracht. Gemeinsam wurde auch abgeräumt, wobei Serdall auch reichlich half, was bei dem alten Serdall undenkbar gewesen wäre. Dabei geschah es leider auch, dass er kurz im Türrahmen mit Ethan zusammenstieß. Schlagartig wurde der Engländer knallrot und Serdall sah geschockt auf den Mistelzweig. Auf keinen Fall, dachte er. „Vergiss es“, zischte Serdall auch im gleichen Moment, was Ethan zusammenzucken ließ. „Komm runter und reiß dich zusammen“, zischte Daniel leicht ungehalten. Er hasste es, wenn Serdall in dieses alte Muster zurückfiel und andere Menschen in seinem Umfeld derart behandelte. „Es ist nur ein kurzer kleiner Kuss, es ist Tradition und ich habe nichts dagegen, also erledige deine Pflicht und sieh zu, dass du die Türen nur noch mit mir durchquerst, wenn dir das so unangenehm ist. Du hast dir das selbst eingebrockt.“ Ungerührt ging Daniel mit den letzten Schüsseln an den beiden vorbei in die Küche. Finster sah Serdall Daniel kurz hinterher. Er hasste diese Tradition und auch, dass Daniel jetzt scheinbar sauer auf ihn war. Wieder sah Serdall zu Ethan, der still neben ihm stand und auf seine Fußspitzen starrte. Wenn Daniel es unbedingt wollte, würde er Dustins Freund eben küssen. Zischend fasste Serdall Ethan leicht am Kinn und zwang ihn aufzusehen und in seine Augen zu blicken. Serdall war sich bewusst, dass Daniel und Dustin sich nun eins ins Fäustchen lachten, doch er küsste Ethan trotzdem leicht auf einen Mundwinkel, ehe er wieder von ihm abließ und sofort ins Wohnzimmer ging, um sich beleidigt auf das Sofa zu setzen. Ethan war indes rot bis unter die Haarspitzen, als Dustin grinsend einen Arm um ihn legte. Das war für Ethan wohl der schrecklichste Moment im Leben gewesen, besonders weil er immer noch Angst vor Serdall und seiner Art hatte. Sogleich schlang Ethan die Arme um ihn und vergrub sein rotes Gesicht an seiner Halsbeuge. „Was denn, so ein Kuss wirbelt dich so auf?“, fragte Dustin nun neckisch, was Ethan sofort dazu veranlasste, die Arme enger um seinen Nacken zu schlingen und ihn forsch zu küssen. In den Kuss grinsend schlang Dustin die Arme um seinen Engländer. Ethan war wohl eher der Kuss peinlich, weil er Serdall gegenüber eben einfach nicht wusste wie er sich zu verhalten hatte, auch nach all der Zeit nicht. Seufzend stellte Daniel die Schüsseln erst einmal einfach nur auf der Spüle ab und ging dann gleich wieder an dem knutschenden Pärchen vorbei zurück ins Wohnzimmer. Er würde wohl gleich nochmal mit Serdall reden müssen, damit der Haussegen nicht schon wieder schief hing. Für Daniel war die Aktion eben nicht schlimm gewesen. Eher fand er es gut, um Serdall generell mal etwas lockerer solchen Sachen gegenüber zu machen, aber der schien sich von allen hintergangen zu fühlen und war mürrisch, weil er etwas machen musste, wozu er eigentlich keine Lust gehabt hatte. „Sauer?“, wollte er leise wissen, als er sich neben Serdall auf die Couch fallen ließ. Serdall nickte nur. Er fand es eben bescheuert, wenn er bei diesen Kindereien mitmachen musste, gerade wenn es um solche intimen Dinge ging. Dann war er eben ein Miesepeter oder was auch immer. Es gefiel ihm eben nicht, auch wenn es anderen vielleicht Spaß machte und sie es ulkig fanden. Er verband mit einem Kuss eben andere Dinge als das, was mit diesen Mistelzweigen verbunden wurde. „Scheiß Tradition“, knurrte er fast unhörbar und verschränkte die Arme. Daniel seufzte leise und umarmte seinen Freund anschließend. „Es ist einmal im Jahr, es macht allen anderen Spaß und Freude, also wäre es schön, wenn du dich da freiwillig durchbeißen würdest. Wenn du möchtest bezahle ich dich auch für die großen Opfer, die du für uns bringen musst.“ Grinsend fing Daniel Serdalls Lippen zu einem sanften Kuss ein. Serdall löste sich sogleich und drehte Daniel seine Wange zu. „Mir macht es aber keinen Spaß und es ist das letzte Mal, dass ich hier irgendwen außer dich geküsst habe“, knurrte er und behielt seine Arme immer noch überkreuz vor seiner Brust, obwohl Daniel ihn umarmte. „Meinst du nicht auch, dass deine Bezahlung für so etwas irrsinnig ist?“, zischte er danach noch. Das war doch paradox. Daniel wollte ihn dafür belohnen, dass er wild in der Gegend rum küsste. „Man kann alles aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten“, erwiderte Daniel selbst langsam etwas gereizt, da Serdall mal wieder so extrem stur war, doch er versuchte noch so gut es ging die Ruhe zu bewahren. „Ich hätte dich jetzt aus dem Grund bezahlst, da du dich überwindest, um allen anderen ein schönes und einmaliges Weihnachten zu machen, aber du sitzt mal wieder lieber in der Ecke und schmollst. Das ist genau der Serdall von vor zwei Jahren. Klasse.“ „Seltsam, dass ein schönes und einmaliges Weihnachten an Rumgeknutsche unter beschissenen Mistelzweigen liegt“, zischte Serdall nun richtig wütend. „Und zu schade, dass Serdall eben nicht aus seiner Haut kann“, fauchte er noch, ehe er knurrend aufstand, um nach oben zu gehen. Der Stress der letzten beiden Monate, der ganze Weihnachtsrummel, mochte ihn vielleicht etwas empfindlich reagieren lassen, aber Serdall war das gerade einfach egal. Zornig trat er in ihrem Schlafzimmer gegen den Bettrahmen und biss sich auf die Unterlippe. Er hasste es mit Daniel zu streiten, doch er tat es immer wieder und scheinbar aus Daniels Sicht aus banalen Gründen. Daniel hatte den Kopf in den Händen vergraben und saß noch immer auf der Couch. Es war einfach verrückt, wegen welchen Sachen er sich mit Serdall in die Wolle bekam und jetzt hatte er gerade keine Ahnung, ob er ihm hinterher gehen oder hierbleiben sollte. Wenn er nach oben ging, würde der Streit dann eskalieren? Es schien mal wieder jeder seine Meinung zu haben. Allerdings, wenn er nicht zu Serdall gehen würde, würde der dann noch wütender werden, weil keiner da war, um ihn zu beschwichtigen? Schnaubend schmiss Daniel seinen Kopf nach hinten ans Polster. Serdall ging mit grimmigem Gesicht ins angrenzende Badezimmer. Er wusste nicht woher das Gefühl kam, doch noch immer fühlte er sich so, als ob er richtig wütend war, was er aber nicht wollte. Gut, Daniels Worte hatten ihn ziemlich vor den Kopf gestoßen. Wieso lag es an ihm, dass Weihnachten schön wurde? Wieso musste er dafür irgendjemanden außer Daniel küssen? Und überhaupt wusste doch Daniel wohl am besten, dass ihm diese ganze soziale Sache schwer fiel, dass er eben nicht einfach mal irgendjemand küssen konnte. Er konnte und wollte es nicht. Frustriert wischte sich Serdall einmal übers Gesicht. Er musste sich einkriegen, sonst provozierte er hier noch einen unsinnigen Streit. Bitter blickend ging Serdall zur Dusche, nahm sich den Duschkopf und drehte das kalte Wasser an. Er beugte sich vor und ließ es über seinen Kopf laufen, um diese verdammten Gedanken auszumerzen und sein Gemüt abzukühlen. Daniel kam zur Tür rein und umarmte ihn leise seufzend von hinten. Ethan und Dustin hatten sich nach oben verzogen und wollten es wohl vermeiden, in diese Meinungsverschiedenheit mit hineingezogen zu werden und Taki hatte Daniel mit den Hunden nach draußen in den Garten zum Spielen geschickt, während er noch einmal zu Serdall ging. Er hatte für sich beschlossen, dass es nur besser werden konnte und er auch nicht mit Serdall über das Thema reden musste. Er konnte ihn zu nichts zwingen. Wenn er nicht wollte, wollte er nicht und das, was Daniel jetzt tun konnte, war zu helfen, Serdall wieder von seiner Wut herunterzubekommen. Serdall stellte das rauschende Wasser ab und verharrte kurz so, mit Daniel an seinem Rücken geschmiegt, dessen Wärme im krassen Gegensatz zur beißenden Kälte stand, die sich stechend in die Haut an seinem Kopf fraß. „Es tut mir leid“, flüsterte er leise und seufzte. „Ich bin wohl wieder empfindlich gewesen.“ Das Wasser hatte ihm gut getan. Er fühlte sich nicht mehr so, dass er gleich vor Wut platzen musste. Es blieb jedoch das unangenehme Gefühl, dass er Daniel damit wehgetan hatte, nur weil er selbst so ein Ekel war. Serdall richtete sich auf, schluckte kurz, ehe er sich ein Handtuch griff und es sich über seine triefnassen Haare warf, sich kommentarlos abtrocknete. „Ich denke es steht mal wieder unentschieden in Punkto Dickköpfigkeit“, erwiderte Daniel schulterzuckend und setzte sich auf den Toilettendeckel. „Ich hätte dich nicht halb zu etwas zwingen sollen, was du nicht möchtest und du solltest einfach mal versuchen etwas lockerer zu werden. Von daher vergessen wir das Thema am besten einfach. Es ist Weihnachten. Das Letzte, was ich zu so einem Zeitpunkt möchte, ist mich mit dir streiten.“ Sich immer noch etwas mulmig fühlend sah Daniel Serdall zu, wie er das Handtuch wieder an seinen angestammten Platz hing. Serdall nickte. Auch wenn ihm diese Pattsituation nicht gefiel, musste er diesen Kompromiss eben eingehen, dass sie es einfach vergaßen und sich nicht unnötig darüber aufregten. Bei Serdall ging es eben nicht einfach mit ein bisschen locker werden, wie Daniel sich das vielleicht vorstellte. Nun, vielleicht Schritt für Schritt war er in den letzten Monaten offener geworden, aber in solchen Situationen und auch gegenüber Fremden war es eben nicht besser als damals. Küsse waren für ihn zu intim und irgendwie auch zu schade, um sie für einen Spaß zu vergeuden, wenn er in der Zeit auch Daniel nahe sein und ihn spüren könnte. Seufzend ging Serdall auf Daniel zu, beugte sich zu ihm und schlang die Arme um die schmaleren Schultern. Daniel erwiderte die Umarmung. Er war froh, dass jetzt zumindest der Frieden erst einmal wieder hergestellt war. Alles Weitere würde irgendwann ohnehin noch mal wieder aufkommen. Zu dem Zeitpunkt war es immer noch früh genug, alles im Detail zu besprechen. „Gehen wir wieder runter? Taki ist momentan allein mit den Hunden im Garten. Vielleicht könnten wir mit ihm einen Schneemann bauen oder so. Wenn wir schon weiße Weihnachten haben, sollten wir das auch nutzen.“ „Ich föhn nur kurz noch meine Haare“, murmelte Serdall halblaut und stimmte Daniels Vorschlag zu, nur wollte er nicht mit der nasskalten Haut nach draußen. Es war schon eine dumme Idee sich im Winter den Kopf kalt abzuduschen. Hoffentlich wurde er nicht krank, das würde ihm noch am meisten fehlen. Gerade als Serdall fertig geworden war und sie in den Flur gingen, um nach unten zu wechseln, fiel Serdall Daniels etwas unglücklicher Blick auf und ihm wurde bewusst, dass dieser kleine Streit ihm wohl Angst gemacht hatte, dass es vielleicht wieder eskalieren würde, wie zuletzt. „Daniel“, hielt Serdall seinen Freund im nächsten Moment zurück und lehnte ihn gegen die Wand, um Daniel tief zu küssen. So wollte er verdeutlichen, dass dieses Thema abgehakt war, dass sie eben eine kleine Meinungsverschiedenheit in dieser Hinsicht hatten. Dankbar erwiderte Daniel den Kuss. Er hatte das Gefühl gehabt, dass Serdall immer noch mitten im Streit hängen geblieben und seine Stimmung immer noch gedrückt war, doch diese Handlung zeigte ihm deutlich, dass er falsch vermutet hatte. Ein paar Minuten standen sie einfach küssend im Flur, bevor Daniel sich ein Herz fasste und sich von Serdall löste. Er wollte Taki nicht so lange allein lassen, damit dem Kleinen nicht langweilig wurde. Taki hatte zwar Kimba und Mücke an seiner Seite, aber mit denen konnte er keinen Schneemann bauen, Schneeballschlachten oder andere Dinge veranstalten. „Lass uns gehen“, forderte er Serdall lächelnd auf und zog ihn an der Hand hinter sich her. Serdall folgte ihm. Im Flur zogen sie Jacke und Handschuhe an, ehe sie nach draußen gingen, wo Taki schon dabei war eine Schneekugel zu rollen. Doch sie war schon halb so groß wie der Kleine selbst und Serdall half ihm, sie größer werden zu lassen. Zufrieden ließen sie die erste Kugel dann inmitten des Gartens stehen, als sie groß genug war und wollten sich gerade der nächsten zuwenden, als ein Schneeball Serdall an der Schulter traf. Erschrocken wandte sich um und seine Augen wurden schmal, als er Dustin und Ethan entdeckte, die schon die nächsten Bälle formten und dann eine kleine Schlacht anzettelten, die unfairer nicht ablaufen konnte. Es war wohl eher ein jeder gegen jeden als ein zweiparteiischer Kampf und Serdall stellte zu seinem Unmut fest, dass er ein sehr beliebtes Ziel diverser Schneekugeln war. Daniel hatte dann irgendwann ein Einsehen, nachdem er selbst einige Schneebälle auf Serdall abgefeuert hatte und eilte ihm zu Hilfe. Schützend stellte er sich vor seinen Freund und nahm dann das Feuer auf Dustin und Ethan auf, die mittlerweile auch noch Unterstützung von Taki bekommen hatten. Verzweifelt versuchte Daniel der geballten Front standzuhalten, doch mit Ethan im Hintergrund, der die Bälle formte und an Taki und Dustin weiterreichte, die sie dann gnadenlos in seine Richtung warfen, war Daniel schon sehr bald total überfordert. „Hilfe!“, rief er Serdall zu, der sich dezent etwas weiter weg verzogen hatte und puhlte sich den Schnee aus seinem rechten Ohr, der von einem Schneeball herrührte, der ihn mitten im Gesicht getroffen hatte. Serdall rollte mit den Augen. Eigentlich hatte er vorgehabt jetzt wieder reinzugehen, doch stattdessen schlug er seinen Mantelkragen hoch, öffnete die Knöpfe und lief auf Daniel zu, um ihn in seine Arme zu ziehen, die Mantelseiten um ihn zu schlingen und sich schützend vor ihn zu stellen. Schließlich hatte sein Freund sich auf seine Seite gestellt. „Denen wird die Lust schon vergehen“, meinte Serdall grinsend und wurde sich dieser engen, warmen Nähe bewusst, da Daniel nun auch seine Arme um seinen Rücken schlang. „Du hast mich gut verteidigt“, lachte er leise, ehe er Daniels Mund mit seinem verschloss. Und tatsächlich stöhnte Dustin im nächsten Moment genervt, was sich wie ‚Spielverderber‘ anhörte. „Lasst uns den Schneemann weiterbauen“, meinte Ethan und Taki hüpfte los und begann die nächste Kugel zu formen, mit tatkräftiger Unterstützung der anderen. Zufrieden sahen allesamt zum Schluss auf den mannshohen, waschechten Schneemann. „Ich taufe dich Herbert!“, rief Taki glucksend und rotwangig von der Kälte, wobei er mit der Hand gegen Herberts Bauch schlug. Daniel zog eine Augenbraue hoch. „Herbert“, murmelte er leise und ungläubig und schnaubte leise. „So würde vielleicht meine Großmutter ihren Hund nennen, wenn sie einen hätte, aber doch nicht ein Neunjähriger seinen Schneemann.“ Allerdings schien keiner Daniels genuschelten Einwurf gehört zu haben, da Dustin und Ethan dazu übergegangen waren, mit Taki Schneeengel in die unberührte Fläche unter dem Obstbäumen zu machen. Serdall verzog sich indes wieder in die warme Stube und brachte seinen Mantel zurück in den Flur. Er hatte genug von der Kälte und seinen Fingern tat das Ganze auch nicht wirklich gut. Seufzend ging Serdall zum Barschrank. Ein kleiner Scotch wäre zum Aufwärmen vielleicht gar nicht schlecht und würde ihn ein wenig beruhigen. Zumal Daniels Verwandtschaft auch noch zum Kaffee kam und Serdall langsam aber sicher keine Lust mehr auf Weihnachten hatte. Angst und bange wurde ihm sowieso, wenn er an die Bescherung dachte. „Hoffentlich gefällt es ihm“, murmelte er leise und goss sich ein Glas mit Scotch voll, um es gleich an die Lippen zu setzen. Daniel kam ein paar Minuten später rein, über und über mit Schnee bedeckt. Grummelnd schüttelte er seine durchweichten Klamotten so gut es ging über der Terrassentür aus und stapfte dann nur noch in Shorts vor den Kamin. Leicht zitternd rieb er sich seine klammen Hände und sah zu Serdall. In sich hinein grinsend stellte Daniel für sich fest, dass zumindest ein Teil seiner Geschenke Serdall gefallen würde. „Ist etwas?“, fragte Serdall verwirrt bei Daniels Blick und ging mit seinem halbvollen Glas zu Daniel, um sich hinter ihm niederzulassen und ihn in seine Arme zu schließen. So konnte Daniel seinen Rücken an Serdalls Rücken lehnen. „Deine Mutter kommt gleich. Es wäre vielleicht besser, du ziehst dir frische Sachen an“, murmelte er und nahm Daniels kalte Finger in seine, um sie zu wärmen. „Nö, es ist nichts. Und ich gehe gleich hoch, nachdem ich mich kurz aufgewärmt habe. Hier ist es wenigstens warm“, erwiderte Daniel und hob seinen linken Fuß an, um ihn noch etwas näher an den Kamin zu halten. „Ich hasse Dustin und seine dumme Definition von Spaß und Vergnügen“, grummelte er und seufzte frustriert auf, als es an der Tür klingelte. „Das wird dann wohl auch schon meine Mutter sein“, meinte Daniel mit einem schnellen Blick zur Uhr. „Warum sie immer über zehn Minuten früher kommt, ist mir selbst heute noch schleierhaft.“ Er löste sich von Serdall und ging in den Flur, um seiner Mutter samt Anhang die Tür aufzumachen. Ein schneller Blick durch den Türspion und Daniel sah sich in seiner Vermutung bestätigt. „Hey ihr“, grüßte er und umarmte seine Mutter herzlich, ehe er George einen kräftigen Handschlag gab und auch Charline kurz in die Arme schloss. Alle Drei sahen ihn auf Grund seiner geringen Bekleidung etwas verwirrt an. „Geht schon mal ins Wohnzimmer, ich komme auch gleich. Bin nur draußen im Garten etwas nass geworden und brauche neue Klamotten.“ Er schob sie, nachdem alle ihre Jacken und Schuhe abgelegt hatten, durch den Flur und düste dann schnell nach oben. Serdall begrüßte indes auch Daniels Familie. Er sah Daniels Mutter an, dass irgendetwas gerade nicht stimmte. So wie sie ihn ansah, schien sie gleich schrecklich schimpfen zu wollen und Serdall ahnte warum. Wenn man sich den Ring an seiner Rechten ansah, war das Frau Erhard sicher schon aufgefallen. Das gibt Ärger, dachte sich Serdall schwer und Frau Erhard sah noch böser drein als sie sah, wie Serdall zum Scotchglas griff. Gerade wollte sie ansetzen etwas zu sagen, als Taki hereingestürmt kam und sie überschwänglich begrüßte. Hilflos sah Serdall zu Daniel, der endlich zurück war und wartete sehnsüchtig darauf, dass Daniel sich zu ihm setzte. Seine Mutter war gerade wirklich zu viel für ihn. Etwas stutzig setzte Daniel sich neben Serdall auf die Couch und sah in die Runde. Er fragte sich, was vorgefallen war, dass sich so viele Emotionen in einer kleinen Gesellschaft widerspiegeln konnten. Serdall sah ziemlich unglücklich drein, seine Mutter wütend, Charline neugierig, George schien ziemlich neutral zu sein und Taki hüpfte immer noch glücklich und aufgekratzt durch die Menge. „Was ist denn los?“, raunte Daniel Serdall leise zu. Serdall griff nach Daniels rechter Hand und berührte unauffällig den Ring. „Die Ringe“, murmelte Serdall Daniel unhörbar für die anderen zu und stellte sich Daniels Mutter mit einem schmalen Lächeln, weil sie argwöhnisch von ihr beobachtet wurden. „Jetzt wo ihr beide da seid“, fing sie plötzlich energisch an, als Taki wieder nach draußen zu Ethan und Dustin gelaufen war, „könntet ihr mir ja mal erklären, warum ihr Eheringe tragt. Ich wurde zu eurer Hochzeit jedenfalls nicht eingeladen.“ Daniel stöhnte auf. Darauf wollte seine Mutter hinaus. Gut, für Außenstehende musste es tatsächlich etwas seltsam wirken, dass sie dieselben Ringe an der rechten Hand trugen. „Das sind keine Eheringe, Mom“, versuchte Daniel sie zu beschwichtigen und verkreuzte seine und Serdalls Finger miteinander. „Das sind nur – keine Ahnung, wie ich das nennen soll – Sympathieringe oder so. Wir haben nicht geheiratet, sondern die Ringe sind einfach, kitschig gesagt, ein Symbol unserer Liebe.“ Etwas peinlich berührt zuckte Daniel mit den Schultern. Irgendwie hörte sich diese Erklärung ziemlich dumm an. Serdall senkte augenblicklich unter Frau Erhards stechendem Blick betreten den Kopf. So wie Daniel es erklärte, hörte es sich an wie ein dummer Jungenstreich, den sie da gemacht hatten. Serdall wusste auch nicht was er sagen sollte. Es war eben schwer zu erklären und Daniels Mutter schien mit Daniels Erklärung nicht sehr einverstanden. „Dann hättet ihr sie auch links tragen können“, meinte sie ernst und verschränkte die Arme. „Normal ist es jedenfalls nicht, wenn ihr sie beide einfach rechts tragt, das wisst ihr doch“, belehrte sie Daniel und Serdall. Serdall biss sich auf die Lippe. „Es wäre aber nicht das Gleiche“, zischte er eine Spur zu bissig und sah ihr finster ins Gesicht. Was bildete sie sich überhaupt ein? Serdall war wütend, gerade weil sie das in Frage stellte, was ihm im Moment am wichtigsten war. Und Charline sowie diesem George schien diese offene Unterredung auch etwas peinlich zu sein. „Auch wenn Daniel es herunterspielt, dass es nur etwas mit Sympathie zu bedeuten hätte, sehe ich das ganz anders“, knurrte er. „Diese beiden Ringe sind für mich gleichwertig mit Eheringen. Das ich mit Daniel zusammenbleibe, in guten und in schlechten Zeiten, dass ich mich nicht mehr von ihm trenne. Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich ihn wirklich heiraten würde? Gut, dann fahren wir gleich nach den Feiertagen zum Standesamt.“ Wütend stand Serdall auf und ging aus dem Wohnzimmer, um sich in der Küche ein Glas Wasser zu füllen. Wieso mischte sich Daniels Mutter überhaupt ein? Während Serdall sich in der Küche versuchte abzureagieren, sah Frau Erhard erstaunt zu ihrem Sohn. Sie hätte nicht gedacht, dass Serdall so empfindlich darauf reagieren würde. Sie wurde leicht rot. „Entschuldige, ich hab nicht gewusst, dass es euch so wichtig ist“, meinte sie halblaut. „Schon in Ordnung“, seufzte Daniel und fuhr sich fahrig mit der Hand durch die Haare. „Du hast nur irgendwie einen wunden Punkt getroffen. Unsere Beziehung ist nicht so öffentlich wie vielleicht andere. Das liegt einmal daran, dass es eben eine gleichgeschlechtliche Beziehung ist und in den Augen einiger Leute somit nicht normal und andererseits an Serdall, der ohnehin eher der Typ ist, der sein Leben für sich oder eher im kleinen Kreis lebt. Deswegen auch keine Hochzeit. Das wäre einfach vollkommen nicht seinem Charakter entsprechend und deine geradlinige Angangsweise hat ihn auch gereizt, wie man gesehen hat.“ Daniel rieb sich kurz über die Nasenwurzel und stand dann auf. Das war gleich mal wieder ein super Start in ein beschauliches Weihnachten gewesen. „Ich gehe mal kurz zu ihm und kläre das“, verkündete er und ging dann zu Serdall in die Küche. „Ihre direkte Art und die Frage an sich tun ihr leid“, meinte Daniel leise, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Fertig mit den Nerven ging Serdall auf Daniel zu und umarmte ihn fest, vergrub seine Stirn in Daniels Halsbeuge. Das ganze würde zur Bescherung noch eine Spur schlimmer werden, das wusste er. Doch er würde die Zähne zusammenbeißen. „Schon gut, sie hat ja irgendwie Recht. Wir sind in der Hinsicht eigensinnig“, flüsterte er halblaut. „Mir wird das nur langsam zu viel“, gab er zu und schloss die Augen. Seufzend schlang Daniel seine Arme ebenfalls um Serdall und lehnte den Kopf gegen dessen Schulter. Irgendwie kam es ihm fast so vor, dass sie immer, wenn Besuch kam, hier zu zweit in der Küche landeten. „Du kannst auch einfach eine Zeit lang nach oben gehen. Meinetwegen musst du dich nicht durch den Tag quälen. Solange du hier bist wenn es Geschenke gibt, reicht mir das. Taki ist auch draußen und die anderen Weihnachtstage haben wir dann ganz für uns.“ „Nein“, entschied Serdall und sah Daniel schief lächelnd in die Augen. „Ich überleb das schon. Nur würde ich gern noch ein bisschen Geige spielen. Leise im Hintergrund sollte euch das nicht stören beim Erzählen. Aber wenn ich heut nicht mindestens eine Stunde spiele, werde ich wirklich wahnsinnig“, murmelte er an Daniels Lippen, bevor er sie mit seinen verschloss und ihn innig küsste. Er wollte Daniel auch nicht mit seiner Familie alleine lassen, schließlich war Weihnachten und Daniel wollte sicherlich auch mit ihm zusammen sein. Serdall zumindest wollte bei ihm bleiben. Zufrieden aufstöhnend erwiderte Daniel den Kuss und löste sich nach kurzer Zeit wieder von Serdall. Er freute sich darüber, dass sein Freund sich durch den Tag durchbeißen wollte und nicht einfach hochging. Die Geige war zu verkraften. „Dann spiel aber nachdem wir Kaffee getrunken haben. Der Tisch ist ja schon gedeckt, fehlen nur noch Kaffee und Kuchen und die Rasselbande von draußen.“ Nickend schob Serdall Daniel noch einmal kurz gegen die Tür, um ihn forsch zu küssen, sich etwas zu beruhigen für die nächste Zeit. Keuchend löste sich Serdall und lächelte Daniel nun zufrieden an. Er half dann dabei, den Kuchen ins Wohnzimmer zu bringen. Bis der Kaffe durchgezogen war blieben sie noch in der Küche und wechselten dann zu den Anderen zurück. Dustin, Ethan und Taki hatten sich in der Zeit trockene Sachen angezogen und saßen nun fein säuberlich am Tisch und beteiligten sich an der Unterhaltung. Serdall saß etwas abwesend neben Daniel und sah immerzu auf die Uhr. Immer wieder verabschiedete er sich kurz unter dem Vorwand auf Toilette zu müssen und kam dann wieder etwas ruhiger zurück. Er lächelte Daniel entschuldigend an und stocherte ein wenig lustlos in dem Stück Kuchen herum, das ihm nicht schmeckte. Er hasste diesen Süßkram, aber es war unhöflicher nichts zu essen, vor allem wo davor schon so eine gespannte Stimmung gewesen war. Daniel nahm Serdall den Kaffee aus der Hand, als der sich gerade eine Tasse nachschenken wollte und holte ihm stattdessen ein Wasser. „Das Koffein scheint sich negativ auf deine Blase auszuwirken“, kommentierte er seine Aktion und aß dann genüsslich sein Stück Kuchen auf. Der Rest des Tages verlief nach dem doch recht angespannten Beginn des Besuches ziemlich entspannt. Serdall zog sich eine gute Stunde lang in die Küche zurück und spielte Geige. Anschließend kam er sehr viel ruhiger und entspannter wieder ins Wohnzimmer zurück und beteiligte sich jetzt etwas reger an verschiedenen Gesprächen. Daniel hatte sich mit seiner Schwester in eine Ecke des Wohnzimmers verzogen, wo sie die Köpfe zusammensteckten und sich eher pikantere Details aus ihrem Leben erzählten. Da sie sich schon länger nicht mehr gesehen hatten, gab es doch eine ganze Menge auszutauschen. Die ‚Erwachsenen‘ saßen noch immer am Kaffeetisch und unterhielten sich über irgendwelche anderen Dinge. Irgendwann gesellte Taki sich noch zu Daniel und Charline und Ethan hielt es auch irgendwann nicht mehr am Tisch. Zu viert kramten sie eines der vielen Gesellschafsspiele aus dem Schrank und vertrieben sich damit die Zeit bis zum Abend und der damit verbundenen Bescherung. Lächelnd sah Daniel dabei zu, wie Taki von Stunde zu Stunde immer nervöser wurde und erinnerte sich an seine eigene Kindheit, wo ihn fast nichts auf der Couch gehalten hatte und er am liebsten schon am frühen Morgen seine Geschenke auspacken wollte. Taki hingegen verhielt sich eigentlich, wenn man ihn mit Daniel früher verglich, relativ ruhig. Gegen Abend dann verließ Daniel zusammen mit dem Kleinen das Wohnzimmer, damit Serdall die Geschenke aufbauen konnte. Seine eigenen Geschenke hatte Daniel seinem Freund in die Hand gedrückt, damit er sie ebenfalls unter den Baum legen konnte und jetzt saß Daniel zusammen mit Taki in dessen Zimmer und versuchte mit dem nun doch reichlich aufgedrehten Neunjährigen noch die letzten Minuten herumzubekommen. Und dann war es endlich soweit. Serdall begann gleich mit seinem Sohn, der schon hibbelig vor dem Weihnachtsbaum saß und auf die bunten Geschenke starrte, wobei seine meerblauen Augen tellergroß waren. Taki bekam natürlich all die Spielzeuge, die er sich gewünscht hatte, unter anderem auch einige Videospiele und viele Süßigkeiten. Yoshiko war wie gesagt zur Bescherung nicht anwesend, sondern schon beim Kaffee zu ihrem neuen Freund gegangen. Serdall und Daniel schenkten Ethan und Dustin zwei Tickets nach Kalifornien in Dustins Heimatstadt. Das Gesicht, das Serdalls Schwager dabei machte, war überraschend gerührt und wurde sogleich von Ethan mit der Kamera festgehalten. Serdall wusste, dass Dustin das viel bedeutete. Auch wenn er nie über sich und seine Vergangenheit sprach, würde es ein großer Schritt für ihn sein dorthin zurückzufliegen. Lächelnd sah Daniel dabei zu, wie die Anderen sich über ihre Geschenke freuten. Scheinbar hatte Serdall mal wieder Fingerspitzengefühl bewiesen und wusste genau, womit er den Menschen in seiner Umgebung eine Freude machen konnte. Daniel legte das Geschenk, das er von Taki bekommen hatte – ein paar selbstgemalte Bilder und etwas, das aussah wie ein kleines Holzschwein, allerdings Kimba darstellen sollte, aber nichtsdestotrotz total süß war – zur Seite und warf einen kurzen Blick durch die Ecke in das schuhkartongroße Päckchen, das er von Dustin und Ethan bekommen hatte. Tja, wie nicht anders zu erwarten noch originalverpackte Sexspielzeuge aus dem Katalog, den Serdall irgendwann mal nach ihrem Gespräch versehentlich in der Küche liegengelassen hatte. Auf jeden Fall nichts, was seine Familie zu Gesicht bekommen sollte. Gespannt beobachtete Daniel Serdall dabei, wie er sich jetzt daran machte, Daniels Geschenk auszupacken. Serdall lächelte glücklich, als er die gute Flasche Scotch auspackte, die das erste Geschenk darstellte. Bei dem flachen Päckchen, das er nun in den Händen hielt, vermutete er ein Buch, doch als er es auspackte weiteten sich seine Augen leicht. Ein 365-Tage Kalender für das nächste Jahr. Doch das war nicht das Besondere, sondern das Bild, das ihm schon auf dem Cover entgegen blitzte, zeigte einen grinsenden Daniel, der ein Victory-Zeichen in die Kamera machte. Lächelnd blätterte er den Kalender durch und konnte seinen Augen kaum glauben. Für jeden einzelnen Tag gab es ein Bild von Daniel mit einem typischen Spruch von ihm. In Position gestellt oder aber ganz zufällig, lustige und erotische Bilder, alles schien vertreten zu sein. Daniel in allen Formen, in denen es ihn gab. Glücklich lehnte sich Serdall zu ihm und umarmte Daniel fest. „Das ist wirklich schön. Vielen Dank“, meinte er ehrlich und küsste Daniel kurz und tief. Das war das beste Geschenk, das ihm Daniel machen konnte. „Freut mich, dass es dir gefällt“, flüsterte Daniel glücklich und warf dann einen etwas skeptischen Blick unter den Weihnachtsbaum. Taki packte gerade das allerletzte seine unzähligen Geschenke aus und die Anderen waren damit beschäftigt, sich ihre neuen Errungenschaften in Ruhe zu betrachten, doch generell war unter dem Baum alles weg und ausgepackt. Daniel wunderte sich doch etwas, dass kein Geschenk von Serdall dabei gewesen war. Nun, vielleicht hatte sein Freund wieder so ein Geschenk wie die Armbänder vorbereitet, das er Daniel lieber geben wollte, wenn sie unter sich waren. Schulterzuckend tat Daniel das Thema damit für sich erst einmal ab. „Du, ich geh noch einmal auf Toilette“, entschuldigte Serdall sich im nächsten Moment und verließ den Raum. Er hatte die Verwunderung in Daniels Augen lesen können, dass er eben kein Geschenk bekommen hatte, doch das würde jetzt noch kommen. Nervös biss sich Serdall auf die Lippe, als er anstatt auf die Toilette zu gehen in Yoshikos Zimmer wechselte. Unschlüssig sah er kurz einmal durch den Raum, ehe sein Blick an dem kleinen Kinderreisebett hängen blieb, das vorläufig in Yoshikos Zimmer untergestellt war. Er atmete noch einmal tief durch. „Ihm wird’s gefallen“, redete er sich gut zu, als er auf das kleine Bett zuging und lächelnd hinein sah. „Hey Kleines“, flüsterte er leise und braune Augen und ein Lächeln richteten sich auf sein Gesicht. Vorsichtig nahm er das kleine Mädchen heraus und hob es sich väterlich auf den Arm. „Ich stell dir jetzt deinen Papa vor“, meinte er leise und trug das achtzehn Monate alte Kind in das Wohnzimmer. Es war laut als er eintrat, alle erzählten noch, doch als man Serdall entdeckte, wurde es schlagartig still im Raum. Nervös senkte Serdall den Blick, als sich so viele Augenpaare auf ihn richteten, doch er ließ sich jetzt nicht mehr beirren. Er ging mit dem kleinen Mädchen auf seinem Arm zu Daniel und setzte sich neben ihn, auch wenn sein Freund ihn gerade fassungslos anstarrte. „Daniel, das ist Jana Erhardt“, flüsterte er ihm zu und sah ihm schief lächelnd ins Gesicht, während Jana kleine Geräusche machte. Sprachlos starrte Daniel erst Serdall und dann das kleine schwarzhaarige Mädchen in dessen Armen an. Gedankenfetzen rasten durch seinen Kopf. Zuerst hatte Daniel keine Ahnung, was sein Freund von ihm wollte, doch dann setzten sich die Puzzleteile langsam in seinem Kopf zusammen. Nein. Serdall konnte doch nicht… Er würde doch nicht wirklich… Automatisch nahm Daniel die Kleine entgegen, als Serdall sie ihm reichte. Mit großen Augen sah er ihr in das hübsche Gesicht und regte sich nicht weiter. Er stand eindeutig unter Schock und hatte keine Ahnung, was er fühlen, sagen oder denken sollte. „Ey“, meinte Dustin plötzlich als erster, der sich aus seiner Starre löste, „du hast doch jetzt nicht echt ein Kind für Daniel adoptiert, oder Serdall? Das ist ein Scherz, nicht wahr? Sag mir, dass das ein Scherz ist!“ Serdall zuckte mit den Schultern und strich der kleinen Jana vorsichtig über den kleinen Kopf. „Daniel hat sich ein Kind gewünscht und nun hat er eins. Das ist sein Adoptivkind, ich hab nur die Wege dafür erledigt“, meinte er halblaut und wich den entsetzten Blicken aus, die nun auf ihn geworfen worden. „Du kannst ihm doch kein Kind schenken!“, rief frau Erhard nun vollkommen fertig. So etwas war doch absolut geschmacklos. Serdalls wütender Blick legte sich auf Daniels Mutter, doch er sagte nichts. Es war wohl offensichtlich, dass er es konnte und so wie Daniels Augen strahlten, war er gerade wirklich glücklich. Besonders als die kleine Jana lächelnd nach seinem Finger griff und ihn fest umklammerte. Trotzdem war Serdall irgendwie unwohl. Daniel sagte gar nichts dazu. Freute er sich wirklich oder war er einfach gerade geschockt? „Daniel?“, sprach er ihn behutsam an. „Alles okay?“ Daniel löste seinen Blick von dem Kind in seinen Armen, von seiner… Tochter, und sah hoch zu Serdall. Fragend starrte er ihn erst kurz an, bis die Frage richtig in sein Hirn gedrungen war. „Ja“, meinte er nach einigen Augenblicken leise. „Es ist nur… Oh man.“ Fahrig wischte Daniel sich über die Wangen, wo erste Tränen hinunter liefen und sah peinlich berührt in die Runde. Er lehnte seine Stirn an Serdalls und sah ihm tief in die Augen. „Danke“, flüsterte er gerührt und küsste seinen Freund leidenschaftlich. Nie im Leben hätte er gedacht, dass Serdall für ihn ein Kind adoptieren würde. Nicht zu Weihnachten und auch sonst zu keinem Zeitpunkt. Eigentlich standen ihre Positionen zu diesem Thema doch fest. Sie hatten zweimal über Daniels Wunsch gesprochen, eventuell ein Kind zu adoptieren. Normalerweise dauerte so ein Verfahren wenn man Pech hatte auch einige Jahre, von daher hatte er sich jetzt schon darum kümmern wollen und nun saß ein kleines Mädchen auf seinem Schoß. Erleichtert erwiderte Serdall den Kuss. Er hatte schon geglaubt, dass Daniel jetzt wieder mit ihm streiten würde, weil er ihm so ein großartiges Geschenk gemacht hatte, doch er schien wirklich gerührt zu sein. Glücklich strich Serdall die folgenden Tränen von Daniels Wangen und lächelte ihn an. „Auf sowas kannst nur du kommen, Serdall“, meinte Dustin plötzlich fassungslos und lachte im nächsten Moment. „Guck mal Taki, das ist jetzt fast deine Schwester. Du bist ein großer Bruder, Taki“, meinte er zu seinem Enkel und Taki sah verdutzt von seinen Geschenken auf und ging dann zu seinem Vater und Daniel. Mit großen Augen sah er zu dem Kleinkind und lächelte dann breit. „Ich werde ein ganz lieber Bruder sein“, meinte er ernst und strich Jana vorsichtig über die Stirn. Sprachlos sah Frau Erhard Daniel an, während ihr selbst nun Tränen in die Augen stiegen. Dustin lachte über Frau Erhards Verhalten, erst geschockt und dann sentimental. „Du bist jetzt eine Oma“, meinte er zu ihr und sie schluchzte gerührt, sodass George sie in den Arm nahm und ihr lächelnd über den Rücken strich. „Und Dan ist nun ein Papa“, lachte Dustin und sah dabei zu, wie Serdall Jana kurz auf den Arm nahm, damit Daniel sich ein Taschentuch holen konnte. „Und Charline ist Tante und damit Ethan und du nicht zu kurz kommt, werdet ihr Paten“, meinte Daniel schon wieder grinsend, als er mit seinem Taschentuch aus der Küche kam. Der erste Schock war abgeklungen und er war einfach nur noch glücklich, fassungslos, gerührt und irgendwie alles auf einmal. „Himmel, du bist sowas von verrückt“, murmelte Daniel und lehnte sich an Serdall, als er sich wieder neben dem Baum niedergelassen hatte. „Was hat dich eigentlich deine Meinung zu diesem Thema ändern lassen?“ „Das war der einzige Punkt damals gewesen, den ich dir gleich ausgeschlagen habe, obwohl das dir wohl mit am wichtigsten gewesen war“, murmelte er leise und wiegte Jana leicht hin und her. „Mir ist eben klar geworden, dass ein Kind zu adoptieren das Einzige war, was wohl ein tieferer Wunsch von dir sein musste. Schließlich ist das eine riesige Verantwortung, die du jetzt übernehmen musst. Und vielleicht will ich dir auch einfach mal zeigen, wie es sich als eine Glucke anfühlt“, scherzte Serdall gut gelaunt und gab Jana wieder an Daniel zurück. „Wie aufmerksam von dir“, meinte Daniel gespielt ernst und sah sich Jana das erste Mal ganz genau an. „Sie passt wirklich gut in unsere Familie mit ihrem schwarzen Haaren“, stellte er fest. „Und ich glaube ich möchte gar nicht wissen, wie du das ganze Adoptionsverfahren so extrem beschleunigt hast. Ich lebe lieber einfach mit dem Ergebnis.“ Grinsend küsste Daniel Serdall noch einmal. Serdall hielt es auch für das Beste, Daniel mit den ganzen Verfahren nicht zu konfrontieren. Nur war viel Geld geflossen, um Jana ihnen vollständig und ohne Daniels Wissen zu überschreiben und Daniel als Vater einzutragen. Serdall war immer noch ziemlich fertig von dem ganzen Stress, aber all die Vormittage, die er extra früh aufgestanden war während Daniel in der Uni saß, hatten sich gelohnt. Dafür würde er die nächsten Tage marathonschlafen. Sogleich gähnte er auch verhalten. „Ich bin froh, dass du dich freust“, meinte Serdall leise und ignorierte die Übrigen, die langsam etwas lockerer wurden. Lächelnd reichte Daniel Jana an Dustin weiter, der die Kleine auch unbedingt mal halten wollte. Im Laufe des Abends hatte sie jeder mal auf dem Schoß und irgendwann war sie in Daniels Armen eingeschlafen. „Wie sieht es eigentlich mit Sachen für sie aus?“, erkundigte sich Daniel bei Serdall. „Hast du noch was von Taki über oder schon alles besorgt?“ Tief seufzte Serdall. „Das ist alles schon besorgt und steht im Keller. Zumindest das Meiste, was man zum Anfang alles braucht. Sachen und so weiter möchtest du vielleicht lieber aussuchen. Aber das Nötigste an Kleidung und so weiter ist da. Und das Kinderbett ist auch schon in unserem Schlafzimmer oder dachtest du wirklich, dass ich an Blasenschwäche leide?“, fragte er lachend. „Du solltest sie ins Bett bringen, es war wirklich ein langer Tag für sie und es ist auch gleich halb neun, das ist viel zu spät für sie.“ Ungläubig sah Daniel seinen Freund an. Eigentlich hatte er tatsächlich gedacht, dass Serdall etwas zu viel Kaffee getrunken hatte. Normalerweise hing er ja nur an seinem Wasser, da wäre es möglich, dass er deswegen öfter auf Toilette musste. „Man, irgendwie unheimlich, dass ich echt überhaupt nichts mitbekommen habe“, murmelte Daniel. „Du könntest was weiß ich was machen und ich würde es noch nicht mal bemerken.“ Serdall rollte mit den Augen. Das war typisch Daniel. Als ob er gleich etwas Kriminelles tun würde oder vielleicht fremdging. „Es sollte ja schließlich eine Überraschung werden und die Ämter haben eh alle am Vormittag offen, da warst du ja in der Uni“, meinte Serdall schulterzuckend und stand dann auf. Langsam wollten die Erhards auch los und er brachte sie zur Tür, während Daniel mit Jana nach oben ging. Dustin und Ethan räumten freundlicherweise noch ab und Serdall half Taki seine ganzen Geschenke nach oben zu bringen. Daniel hatte Jana und sich selbst schon bettfertig gemacht, als Serdall schließlich ebenfalls das Schlafzimmer betrat. Lächelnd hatte Daniel den Kopf auf eine Hand gestützt und sah vom großen Bett aus Jana beim Schlafen zu. Serdall ging kurz ins Bad und zog sich um, bevor er neben ihn unter die Decke schlüpfte. „Tja, unserem Liebesleben wird die Kleine zumindest anfangs wohl einen Dämpfer geben“, meinte Daniel grinsend und kuschelte sich an Serdall. „Da kommen Dustins und Ethans nette kleine Geschenke gar nicht zum Einsatz. Übrigens war in dem Päckchen so ziemlich alles aus dem Katalog drin, wo wir die Seiten markiert hatten.“ Serdall murrte leise, dass Dustin und Ethan das eigentlich nicht hätten wissen sollen. Aber warum waren sie auch nur so zerstreut gewesen und hatten den Katalog liegen lassen? Ach ja, Daniel war mal wieder zu ungeduldig gewesen. „Die Gelegenheiten werden sich trotzdem finden, schließlich würde sich Yoshiko auch um die Kleine kümmern, hat sie ja heute auch schon den ganzen Tag lang sehr gut gemacht.“ Serdall strich Daniel eine Haarsträhne aus der Stirn und sah ihn forschend an. „Und du bist wirklich glücklich?“ „Natürlich bin ich glücklich. Ich kann gar nicht glauben, dass ich jetzt auch Papa bin. Es wird bestimmt anfangs recht stressig werden, bis ich mich in meine neue Rolle eingefunden habe, aber die schlimmste Zeit der ersten Monate hat Jana ja schon hinter sich. Vormittags sind zumindest immer zwei Leute da, die auf sie aufpassen und nachmittags kümmere ich mich dann um sie. Ehrlich gesagt hätte ich mir kein schöneres Weihnachtsgeschenk vorstellen können. Normalerweise dauert so ein Adoptionsverfahren so lange, wenn ich überhaupt dafür in Frage gekommen wäre und jetzt erfüllt sich mein Traum schon so früh. Ich wollte schon immer wenn dann ein junger Papa werden, damit ich mein Kind später besser verstehen kann und nicht zu alt für die meisten Dinge bin.“ Serdall lächelte. Daniel schien wirklich in die Vaterrolle hineinschlüpfen zu wollen und hatte die kleine Jana wohl schon ins Herz geschlossen. Zufrieden sah Serdall auf das kleine Kinderbettchen neben ihrem Bett. Jana lag ordentlich zugedeckt in ihrem Strampelanzug darin und ihr Nuckel bewegte sich ganz sachte an ihrem Mund. „Ich werde dir so gut es geht zur Seite stehen, Daniel. Schließlich bin ich ja auch nicht unschuldig daran, dass du dich jetzt um sie kümmern musst“, seufzte er leise und streichelte Daniels Rücken. Er gähnte wieder verhalten und schloss schon müde die Augen. „Der Kinderwagen steht noch im Keller, wenn du morgen früh mit ihr spazieren willst“, murmelte Serdall müde und sein Kopf sackte schon leicht zu Seite gegen Daniels Haarschopf. „Auf jeden Fall. Gleich nach dem Aufstehen“, antwortete Daniel, doch er glaubte nicht, dass Serdall es noch mitbekommen hatte. Lächelnd zog er die Decke ganz bis über Serdalls Schultern und legte sich dann selbst richtig hin. Scheinbar schien der Tag seinen Freund ganz schön geschafft zu haben. Der ganze Stress mit Jana, die vielen Leute bei der Weihnachtsfeier, das Alles hatte bestimmt ganz schön geschlaucht. Daniel strich Serdall einmal über die Wange. „Gute Nacht. Und danke nochmal“, flüsterte er und schloss dann ebenfalls die Augen. Ende Die Magie der Musik 2 – Die Fürsorge eines Bruders So, hier wären wir also: Am Ende des zweiten Teiles. Schön, dass ihr mit uns bis hierhin gekommen seid und Serdall, Daniel und die anderen Charaktere auf ihrem – man muss anhand des zweitens Teils schon fast sagen Leidensweg – begleitet habt. Jetzt ist erst einmal Weihnachtspause, aber voraussichtlich am 27. startet dann Teil drei, wer sich dazu noch aufraffen kann. ;) Auf jeden Fall vielen Dank an euch, dass ihr die Geschichte bis hierhin gelesen habt. Euch allen noch fröhliche Weihnachten und lasst euch reich beschenken. Liebe Grüße! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)