Die Magie der Musik 2 von abgemeldet (Die Fürsorge eines Bruders) ================================================================================ Kapitel 15: ------------ Kapitel 15 „Ha!“ Stöhnend schlang Daniel ein Bein um Kai, während dieser weiterhin rhythmisch in ihn stieß. Seit sie nun in gewissem Sinne offiziell miteinander gingen, war es nicht unbedingt Daniel, der sich während seinem Rausch an körperlicher Nähe ergötzen wollte, sondern Kai kam jetzt auch ziemlich oft auf ihn zu. Daniel keuchte erregt auf, als Kai mit jedem schnellen Stoß seine Prostata reizte und ihn somit in den Himmel beförderte. Aufgeheizt krallte er seine Hände in Kais Schultern und kam den Bewegungen entgegen, hörte sich selbst nach mehr flehen, doch machte sich daraus nichts. Die Erfahrung des Sex mit Kai war jedes Mal wieder von Neuem atemberaubend. Kai lächelte versonnen in Daniels erblühtes Gesicht und schloss die Augen. Das war einfach zu genial. So in ihrer Lust gefangen, bemerkten sie nicht, wie die Haustür knackend aufgebrochen wurde und drei schwarz gekleidete Männer die Wohnung betraten. Vorsichtig arbeiteten sich jene den Flur entlang bis zum Schlafzimmer, aus dem eindeutige Geräusche kamen. Kikuchi zog überrascht eine Augenbraue nach oben, als er in den Raum trat. Er nickte Feis Leibwächtern zu, die sich sofort anspannten. Der Assassine schlich sich unbemerkt näher an Daniel und Kai heran, ehe er blitzschnell auf das Bett sprang und Kai einen deftigen Schlag an die Schläfe gab, der ihn sofort ohnmächtig zusammenbrechen ließ. „Nehmt den Schwarzhaarigen mit“, sagte er auf Japanisch zu seinen Komplizen, während er Kai von Daniel herunter zerrte. „Lasst mich los!“, schrie Daniel wie von Sinnen und schlug um sich. Was auch immer Kikuchi und seine Handlanger hier machten, wenn sie ihn hätten umbringen wollen, hätten sie es wohl schon getan. Außerdem hielt sich Daniels Angst gerade ohnehin ziemlich in Grenzen. Wütend wehrte er sich gegen die anderen beiden und blitzte Kikuchi an. Schnell hatte er seine Schwachstelle gefunden und schlug ihm in einem unbeachteten Moment hart auf die Nase, bevor er grob ein Stück von ihm weggezogen wurde. „Lasst mich los, ihr Affen!“ Wütend begann es in Kikuchis Augen zu funkeln. Er versetzte Daniel einen heftigen Schlag gegen den Hinterkopf, um ihn wenigstens für die nächste Zeit ruhig zu stellen. Sogleich sank der Schwarzhaarige bewusstlos zusammen. Kikuchi zog seinen Mantel aus und sie legten ihn dem jungen Mann um, bevor sie ihn nach unten in den Wagen schafften. Der Assassine schloss fürsorglich hinter sich die Tür, deren Schloss noch sauber einhakte. Er verstand schließlich sein Handwerk. Sie beeilten sich zurück zum Agamie Anwesen zu fahren, wo man sie schon erwartete. Serdall wies sie an, Daniel in sein Schlafzimmer zu bringen, was sie nach Feis bestätigendem Nicken taten. Man ließ Serdall mit Daniel allein, der seufzend damit begann, Daniel mit einem Waschlappen den nun kalten Schweiß vom Körper zu waschen. Leise wimmernd kam Daniel nach kurzer Zeit zu sich. „Scheiße“, zischte er und griff sich an den Hinterkopf. Er fühlte eine ziemlich große Beule und ließ die Hand kraftlos wieder sinken. Die Augen hatte er noch geschlossen. Er wollte lieber gar nicht sehen wo er war. Das Kokain hatte ebenfalls aufgehört zu wirken und er fühlte den üblichen Gedankenwust durch seinen Kopf wirbeln. „Schluss“, flehte er, als in schneller Folge die Bilder all seiner Fehler in den letzten Tagen auftauchten, immer wieder unterbrochen von Serdalls Gesicht. Serdall saß mittlerweile einfach nur neben Daniel und sah ihn an. Übelkeit gepaart mit einer schrecklichen Angst setzte sich in seiner Bauchregion ab. Er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte, er wusste nur, dass er diesen Daniel hier nicht kannte. Vorsichtig strich Serdall mit dem Zeigefinger über Daniel Wange, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Leicht öffnete Daniel seine Augen ein Spalt breit und schloss sie dann wieder. Ein leises freudloses Lachen war zu hören. „Scheiße, Kai. Was für ein Zeug hat du mir da gegeben?“, murmelte er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Soweit war es also schon, dass seine Wahnvorstellungen Wirklichkeit zu werden schienen. Serdall zischte wütend auf. Er hatte Daniel fürsorglich in eine Hose gesteckt und war dabei über etwas gestolpert, was ihm gar nicht gefiel. „Dieser Kerl wird dir nie wieder etwas geben“, erwiderte Serdall kalt und stand auf. Die Arme verschränkend stellte er sich an die geschlossene Glastür zum Balkon und starrte eisig hinaus. Alles was er jetzt fühlte war Wut und Enttäuschung. „Ich hoffe du bist langsam wieder bei Sinnen.“ Geschockt für Daniel hoch und stöhnte schmerzlich auf, als sein Kopf sich bemerkbar machte. Er musste daran denken, Kikuchi dafür noch eins auf die Nase zu geben. Aber jetzt war das wichtiger, was sich hier vor ihm abspielte. „Serdall.“ Daniel konnte es noch immer nicht glauben. Warum war er hier? Wie kam es dazu, dass Kikuchi und Feis Bodyguards ihn förmlich aus Kais Wohnung entführten? Vollkommen verdutzt ging Daniel auf Serdall zu. „Ja“, erwiderte der Violinist nur. Er wusste nicht wo er anfangen sollte, was er Daniel überhaupt sagen sollte. Fahrig strich er sich durch die Haare und sah zu Daniel, der ziemlich geschockt und verständnislos zu ihm sah und wohl eine Erklärung erwartete. Stattdessen legte Serdall einfach nur den Kopf leicht schief und musterte Daniel kalt. Seine Liebe für Daniel schob er momentan weit weg. Hier musste er erst klären, ob es noch der Daniel war, den er liebte. „Du hast ziemlich schnell die Hoffnung aufgegeben, nicht?“, fragte er emotionslos und lehnte sich an die Glastür in seinem Rücken. Daniel fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Endlich sah er Serdall wieder, endlich. Er hätte nicht im Traum daran gedacht, dass es so schnell gehen würde, überhaupt auf diese Art und Wiese gehen würde, doch die Worte trafen ihn hart. „Nein!“, begehrte er auf, doch Serdalls kalte Augen ließen ihn zurückschrecken. So hatte er ihn noch nie angesehen. Daniel schluckte und spürte, wie Tränen in seinen Augen aufstiegen. Das waren die Nachwirkungen des Kokains, das wusste er, aber trotzdem konnte er sie nicht unterdrücken. „Doch“, revidierte er seine eben gegebene Antwort leise und starrte betrübt auf den Boden. „Aber ich dachte doch…“ Er stockte. Interessierte es Serdall überhaupt, was er gedacht hatte? Serdall verzog angewidert den Mund. „Was dachtest du? Dass du dich von einem Drogendealer ficken lassen und dir mit Kokain das Hirn wegätzen musst?“, schrie Serdall wütend und sah auf Daniels zusammengesackte Gestalt. „Hast du auch nur einen Moment an mich gedacht, als du dir diesen Mist durch die Nase gezogen hast?“ Zornig ging Serdall auf Daniel zu und packte ihn hart am Kinn. „Sag es mir“, flüsterte er bedrohlich und sah Daniel in die Augen. All die Gefühle, die Hoffnungslosigkeit, die Angst, die Sehnsucht und die Liebe zu Daniel schienen jetzt in Serdall überzureagieren und sich zu einem wahren Chaos in ihm zu verwandeln. Er verstand Daniel nicht. „Du weißt es. Alles“, stellte Daniel geschockt fest. Aber woher wusste Serdall davon? Er sah in den so eisigen Augen vor sich, dass Serdall immer noch auf eine Antwort wartete. Daniel wandte den Blick ab, wenn er schon das Gesicht nicht von Serdall wegdrehen konnte. „Ich habe die ganze Zeit nur an dich gedacht“, flüsterte er. „Deswegen habe ich es auch erst gemacht. Ich konnte einfach nicht länger.“ „Wie bitte?“, fauchte Serdall wütend. „Du konntest was nicht länger? Nicht auf mich warten? Oder konntest du es ohne Sex nicht mehr aushalten?“ Kopfschüttelnd ließ Serdall von Daniel ab. Fei hatte ihm gesagt, dass Daniel wohl ein bisschen verwirrt sein würde, wenn die Drogenwirkung nachließ. Es wäre wohl angebrachter, wenn er sich ausschlafen würde. Serdall konnte auch einiges an Ruhe vertragen und das nicht zu knapp. „Daniel“, meinte er nun leiser und sah wieder zu seinem verstört wirkenden Freund. Die Tränen schienen nicht versiegen zu wollen und es schmerzte Serdall tief in seinem Innern. „Besser wir schlafen erst einmal eine Nacht. Morgen reden wir weiter. Jetzt bist du nicht wirklich ganz da.“ Hart biss sich Daniel auf seine Unterlippe. Er wollte noch etwas sagen, irgendwas, aber er wusste nicht, mit welchen Worten er in dieser Situation auch nur irgendwas erreichen konnte. Serdall zu umarmen oder ihm sich irgendwie zu nähern traute er sich auch nicht. Stattdessen nickte er simpel und zögerte. Er wollte nicht allein sein. Etwas unbehaglich schob er sich unter die Bettdecke an den Rand von seiner früheren Bettseite. Wollte Serdall ihn jetzt überhaupt noch haben? Oder ließ er ihn aus Mitleid erst einmal bleiben, damit er nicht weiterhin mit Kai Kontakt hatte? Daniel zog die Decke um sich herum fest. Nebenbei fragte er sich, wann die Tränen endlich mal aufhören würden zu fließen. Seufzend wandte Serdall den Blick ab und ging in das angrenzende Bad von seinem Schlafzimmer. Er war froh, dass er Daniel wieder bei sich wusste, doch irgendwie kam er sich trotzdem extrem fern von ihm vor. Er liebte Daniel, ja. Doch da war dieses unbestimmte Gefühl, das ihm keinerlei Vertrauen ihm gegenüber verspüren ließ. Serdall glaubte, dass es einem Messerstoß gleichkommen würde, wenn er Daniel umarmen würde. Er musste unbedingt mit ihm einige Dinge klarstellen und Serdall war sich nicht wirklich sicher, ob diese Beziehung überhaupt noch eine Zukunft hatte. Traurig zog sich Serdall um. Würde er sich dann wirklich umbringen? Jetzt kam ihm diese Aktion nur idiotisch und überhaupt schrecklich unüberlegt vor. Er war Fei dankbar, dass er eingelenkt hatte, dass er nun nicht mehr in sein Leben eingreifen wollte. Zumindest hatte er ihm das gesagt. Serdall unterdrückte den Drang, sich einfach an Daniels Seite zu legen, um wieder seine Wärme zu spüren. Schweren Herzens legte er sich auf seine Bettseite. Er war hellwach und sein Kopf war voll von Gedanken und Sorgen, die sich einfach alle um Daniel drehten. Er knipste die Nachttischlampe aus und starrte an die Decke. Wie sollten sie das nur überstehen? Ziemlich steif lag Daniel an seiner Seite und zupfte nervös an dem Teppich, den er durch seinen aus dem Bett hängenden Arm erreichen konnte. Wie sehr wünschte er sich jetzt Kai her, im Gepäck eine Bahn Kokain. Entspannung, das war es nämlich, was Daniel gerade brauchte, begleitet von einer Abnahme seiner umherwirbelnden Gedanken. Er war bis zum Umfallen erschöpft und müde, da er in den letzten Tagen auch fast nicht geschlafen hatte, doch der Schlaf wollte sich auch dieses Mal nicht einstellen. Emotionslos verfolgte Daniel die Gedankenstränge, die durch seinen Kopf schossen, sich zwar vom Inhalt her, nicht aber von den Gefühlen, die sie auslösten, von denen der letzten Tage unterschieden. Neu war allerdings die Frage warum er hier war, warum Fei das erlaubte und ihn nicht gleich umgebracht hatte, als er auch nur einen Fuß in dieses Haus gesetzt hatte, warum man überhaupt bei Kai eingebrochen und Daniel nicht einfach herbestellt hatte. Die wichtigste Frage war allerdings die nach Serdalls Liebe. Serdall schien ganz genau zu wissen, was in Daniels Leben passiert war, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Wie es dazu kam musste noch ergründet werden, doch Fakt war, dass irgendjemand ihn in den letzten Tagen verfolgt haben musste. Diese Erkenntnis ließ Übelkeit in Daniel hochsteigen, allerdings nicht so sehr wie die Frage, ob Serdall ihn jetzt immer noch liebte. Das Vertrauen war weg, das stand wohl außer Frage, aber die Liebe? Ruhelos stand Daniel schließlich auf und trat auf den Balkon hinaus. Er ignorierte die Kälte, die ihm umklammerte und starrte die Straße hinunter. Es war halb vier. Er würde nicht mehr schlafen können. Müde ließ er sich auf einen der Stühle sinken und ergab sich seinem Schicksal, ließ seinen Gedanken freien Lauf, die begleitet von erneuten Tränen über ihn hineinbrachen. Serdall legte sich auf die Seite und starrte zur offenen Balkontür. Daniel konnte also genauso wenig schlafen wie er. Fahrig strich er sich über die Augen, bevor er ebenfalls aufstand und zu Daniel hinaus trat. Betrübt sah er auf Daniels zusammengesunkene Gestalt. Was hatte Daniel nur dazu gebracht, überhaupt Drogen zu nehmen? Hatte ihn der Schmerz so sehr erdrückt, als er diesen unwahren Brief gelesen hatte? Mitleid breitete sich in Serdall aus. Er wusste nicht wie sich Daniel gefühlt haben musste, als er diese Worte gelesen hatte, dass es aus wäre, dass Serdall ihn nicht liebe… Serdall ging kurzentschlossen auf ihn zu und legte eine Hand auf Daniels Schulter, wobei der sofort zusammenzuckte. „Komm, Daniel. Es ist kalt und ich kann nicht schlafen, wenn du so unruhig bist“, murmelte Serdall leise und fasste seine Hand. Er wollte wenigstens für den Moment all die schrecklichen Dinge vergessen und einfach mit Daniel im Arm einschlafen. Überrascht ließ sich Daniel auf die Beine und zurück ins Schlafzimmer ziehen. Etwas unbehaglich schlüpfte er unter die Decke. Er wollte sich schon wieder an den Rand schieben, als Serdall sein Handgelenk griff und ihn aufhielt. Perplex nahm Daniel wahr, wie Serdall näher zu ihm rutschte. Bild dir nichts drauf ein, schalt er sich selbst für das jähe Gefühl der Hoffnung. Er hat selbst gesagt, dass er nicht schlafen kann, wenn du so unruhig bist. Er will einfach seine Ruhe haben. Trotzdem konnte Daniel die Wärme spüren, die ihn durchflutete. Zittrig atmete er ein und erlaubte es sich, sich zu entspannen und wenigstens jetzt, vielleicht das letzte Mal, auf diese Weise Serdalls Nähe zu spüren. Die Tränen flossen immer noch, doch zumindest fühlte Daniel sich jetzt geschützt und behütet, auch wenn das alles wohl nur Einbildung war. Erleichtert atmete Serdall aus. Vorsichtig schob er seine Hand über Daniels, von den niedrigen Temperaturen draußen noch leicht gekühlte Brust. Langsam lehnte er sich näher und zog Daniel dann in eine Umarmung, die ihn leise seufzen und leicht zittern ließ. Er wollte gern sagen wie sehr er das vermisst hatte, wie sehr Daniel ihm gefehlt hatte, doch kein Wort verließ seine Lippen. Stumm strich er die Tränen von Daniels Wangen und genoss diese wohlbekannte Nähe. Zumindest sein Körper war Daniel vollkommen verfallen, so wie auch Serdalls Verstand, doch das Vertrauen war weg. Trotzdem, wollte er zu Daniel irgendetwas sagen, diese Umarmung erklären, doch er konnte einfach nicht. Serdall war nur froh, Daniel erst einmal wieder bei sich zu haben. Das Schweigen war Daniel Beweis genug, dass diese Nähe keine andere Bedeutung für Serdall hatte, als endlich schlafen zu können. Trotzdem lehnte Daniel sich dankbar in die Umarmung und vergrub sein Gesicht in Serdalls Halsbeuge. Ein letztes Mal. Ein letztes Mal noch diese vertraute, vermisste Nähe, ehe es endgültig aus war, Serdall heiraten und Daniel hinter sich lassen würde. Aber hatte Daniel nicht auch Serdall hinter sich gelassen? Zumindest nach außen hin musste sein Verhalten gegenüber Kai so ausgesehen haben. Wie sollte ein Außenstehender auch seine wahren Beweggründe erkennen? Doch Daniel wusste, dass er wohl nie über Serdall hinwegkommen würde. Das hatte ihm auch sein Tattoo gezeigt. Er hatte es sich unter dem Einfluss von Kokain stechen lassen, wo eigentlich alle negativen Gedanken aus seinem Kopf verbannt waren und trotzdem war das Motiv ein s-förmig geschlungener Drache. Serdall und Asien. Wenn das nicht Beweis genug für seine immer noch unendliche Liebe war, die Daniel auch deutlich spürte. Aber ein schlichtes Bild würde wohl kaum eine Hochzeit aufhalten. Endlich fand Serdall Ruhe und konnte einschlafen, als Daniels Atemzüge auch tiefer wurden. Stunden später erwachte Serdall aus einem doch sehr erholsamen Schlaf. Es war schummrig im Zimmer. Dichte Wolken verhingen dunkel die Sonne und erweckten eine triste Atmosphäre, die Serdall umso bedrückter werden ließ. Seufzend sah er auf Daniels Schopf, der sich im Schlaf auf seine Brust gelegt hatte, wie so meist, bevor dieser ganze Spuk mit Fei gewesen war. Liebevoll ließ Serdall eine Hand durch die schwarzen Haare streichen und über den Nacken kraulen. Wie sehr ihm das gefehlt hatte… Himmel, allein bei diesem Anblick schlug sein Herz schneller und immer mehr kam das Verlangen, Daniel einfach wieder zu küssen. Aber das ging nicht. Erst musste er wissen woran er war und Daniels Betrug war unverzeihlich. Wie hatten sie da überhaupt noch eine Chance? Hatte Serdall überhaupt die Wahl? Entweder er verzieh Daniel oder er würde keine Sekunde mehr vernünftig leben können. Wieso stand diese Liebe nur in so einem erschreckend radikalen Verhältnis? Daniel regte sich nach einiger Zeit. Er hatte ziemlich unruhig geschlafen. Unangenehme Träume hatten ihn heimgesucht und verfolgt, doch jedes Mal, als er aufgeschreckt war, lag er neben oder halb auf Serdall und schlief schon bald darauf wieder ruhig und entspannt ein. Alles in Allem hatte er viel besser geschlafen als die vergangenen Nächte. Müde gähnte er. Trotzdem hätten es ruhig noch einige Stunden mehr sein können. „Morgen“, flüsterte Serdall heiser und strich Daniel weiter über den Hals und durch die Haare. „Wie geht es dir?“, fragte er leise und besorgt, als Daniel unglücklich zu stöhnen schien. Sie mussten reden, unbedingt. Kurz überlegte Daniel und horchte in sich hinein. „Hm“, antwortete er dann. „Müde, erschöpft, ausgelaugt.“ Er zögerte. „Und ich habe echt das Verlangen nach ein bisschen Kokain.“ Daniel riss die Augen auf, als er die Anspannung des Körpers unter sich fühlte. Erst jetzt realisierte er irgendwie, dass es Serdall war und nicht Kai, mit dem er hier lag. Gut, irgendwie war ihm das vorher auch schon klar gewesen, aber sein noch müdes Gehirn schien nicht schnell genug geschaltet zu haben. Serdall versuchte sich zu beruhigen, was bei dieser Aussage kaum möglich war. Daniel schien wohl wirklich von diesem Zeug abhängig zu sein, trotz der nur kurzen Zeit. Die Hände von Daniel nehmend strich er sich fahrig über das Gesicht. Er wusste nicht wie er anfangen sollte, wie er jetzt reagieren sollte… Seufzend richtete er sich ein wenig auf, was Daniel dazu veranlasste von ihm herunter zu rutschen und sich neben ihn zu legen. „Ich hoffe dir ist klar, dass du das Zeug nicht nehmen solltest“, meinte er kalt und sah zu Daniel. Das war nicht wirklich das, was er sagen wollte. Eigentlich hatte er Lust, Daniel dafür anzuschreien, ihm die Nasenlöcher zuzukleben, damit er gar nicht mehr dazu kam, sich irgendetwas hindurch zu ziehen. „Erklär mir das, Daniel“, murrte Serdall im nächsten Moment und schob die Decke von Daniels Hüften, sodass halb dessen neueste Errungenschaft zum Vorschein kam. Das Tattoo. „Und wenn du schon dabei bist, auch die Gründe für das Kokain“, flüsterte Serdall emotionslos und legte sich auf die Seite, um Daniel aufmerksam anzusehen, auf eine Erklärung wartend. Daniel seufzte erledigt und richtete sich ebenfalls im Bett auf. Starr blickte er auf seine Finger. Er war Serdall wohl eine Erklärung schuldig. Allerdings kam ihm in diesem Moment ein anderer Gedanke, der sich hartnäckig festsetzte und sich nicht mehr so schnell abschütteln ließ. Leicht wütend sah Daniel Serdall an. „Weißt du, eigentlich dürfte dir das alles egal sein“, schnaubte er impulsiv. „Du hast dich schließlich feige per Brief von mir getrennt, oder nicht? Also hast du kein Recht, mir irgendwelche Vorwürfe zu machen.“ Serdall lachte kalt auf. „Was hättest du denn getan, hm?“, zischte er wütend. „Hättest du denjenigen, den du liebst, einfach sterben lassen? Tut mir leid, dass ich dich liebe und nicht wollte, dass du stirbst. Aber du scheinst eh alles abzuhaken, so wie es kommt und geht. Mit mir bist du ja auch durch.“ Er sah Daniel noch kurz an, ehe er sich weiter im Bett aufsetzte. Warum hatte Daniel es denn nicht verstanden? Klar, dieser Brief war hart gewesen, doch es hatte nun mal keine andere Möglichkeit gegeben, Daniel zu schützen. Was bitteschön hätte er denn sonst tun sollen? „Warte“, meinte Daniel schnell und drückte Serdall wieder ein Stück zurück. Es stimmte ja. Was hätte Serdall machen sollen? Vielleicht hatte Fei ihm auch beim Schreiben über die Schulter geschaut oder er wollte einfach nicht, dass Daniel mit ihm Kontakt aufnahm und sich somit selbst in Gefahr brachte. Es war vielleicht nicht die glücklichste Lösung gewesen, aber was hätte er in der Situation getan? „Der Brief hat mich fertig gemacht“, begann Daniel seine Schilderung leise. „Ich hatte zuerst gedacht, dass es nur ein Fake war, ein Mittel, um mich erst einmal nicht mehr bei dir zu haben, bis sich alles wieder beruhigt hatte. Trotzdem war ich total deprimiert und habe gedacht, dass es wirklich aus ist, dass nach der Hochzeit alles verloren ist. Ich wusste nicht, wie lange dich Fei danach bedrängt hätte und was noch alles zwischen dir und dieser Japanerin passiert wäre. Auf jeden Fall habe ich ein paar Tage vorher Kai kennen gelernt. Wir sind dann in die Disko gegangen, weil ich mich einfach ablenken wollte, und irgendwie hat er mir dann Ecstasy gegeben, das mich alles um mich herum hat vergessen lassen. Es war klasse, als plötzlich alles Schreckliche in den Hintergrund gerückt war. Am nächsten Abend habe ich dann auch wieder eine Pille geschluckt, als die Wirkung nachließ dann Kokain gesnieft. Es war irre, wie gut ich mich plötzlich gefühlt hatte. Immer, wenn die Wirkung nachließ, stürzte ich wieder in meine tristen Gedanken und wenn ich wieder Kokain genommen hatte, fühlte ich mich gut. Und irgendwie zog mich Kai eben auch irgendwie an. Körperlich“, fügte Daniel flüsternd hinzu. „Und das Tattoo“, meinte er noch, um mit dem Thema schnell abzuschließen. „Irgendwie war das eine Kurzschlusshandlung. Ich wollte eins haben und habe mir einen Tag später das Ding stechen lassen. Ich war etwas geschockt als ich am nächsten Tag festgestellt hatte, was es genau für ein Motiv war. Irgendwie habe ich es im Studio nur als simplen Drachen gesehen.“ Serdall verzog angewidert den Mund. Sollte man es wirklich auf die Drogen abwälzen können? War Daniel sich nicht trotzdem klar darüber gewesen, was er eigentlich tat? Doch es schmerzte Serdall zu wissen, dass Daniel sich nicht im Ansatz zurück gehalten hatte und eigentlich nur vor der Realität geflüchtet war. Was hätte er denn dazu gesagt, wenn Serdall plötzlich alles schleifen lassen hätte? Sich mit Alkohol zugekippt und einfach alles kommen lassen hätte? Serdall musste sich in diesem Augenblick sehr zusammenreißen, nicht einfach seine Gefühle überhand ergreifen zu lassen. „Es ist ein simpler schwarzer Drache, Daniel“, murrte er missgestimmt. „Und ich kann nicht verstehen, dass du mir keine Sekunde vertraut hast, wie es scheint.“ „Ich habe dir vertraut“, erwiderte Daniel heftig. „Aber was nützt alles Vertrauen, wenn selbst du machtlos bist? Wärst du es nicht, hätte es nie so einen Brief gegeben. Du hättest mir die Sache durch Dustin schildern, aber mich nicht mit diesem Fetzen vollkommen im Dunkeln tappen lassen.“ „Daniel, glaubst du Fei hat mich mit Dustin reden lassen? Ich musste diesen Brief gerade so schreiben. Er hat es von mir verlangt. Aber du benutzt deinen Kopf nur dafür, um an mir zu zweifeln und dich mit Drogen vollzupumpen, weil du es nicht aushältst. Toll, Daniel. Ich dachte eigentlich immer, dass du ein wenig Verstand hättest. Klar sah die Situation beschissen aus und bis gestern Abend immer noch ziemlich ausweglos, aber wenigstens habe ich mich nicht entmutigen lassen“, fauchte er aggressiv und rieb sich zittrig über die Schläfen. Seine Handknöchel waren an den verheilten Stellen immer noch gerötet. „Du hingegen hast nur alles verschlimmert“, flüsterte er resignierend und sah Daniel traurig an, zeigte ihm, was er gerade im Moment fühlte. „Im Gegensatz zu dir wusste ich verdammt noch mal auch nicht, was vor sich ging“, fauchte Daniel und sah demonstrativ in eine andere Richtung, wich Serdalls Blick konsequent aus. „Es wäre echt klasse gewesen, wenn ich ein Jahr lang vor mich hin gelitten hätte, bevor ich erfahre, dass du zum zweiten Mal Vater wirst oder vielleicht sogar nach Japan auswanderst, weil Fei dich bei sich haben wollte.“ „Du hättest wissen müssen, dass selbst ich das nicht kann“, erwiderte Serdall grimmig und lehnte sich zurück. „Und jetzt? Soll ich etwa akzeptieren, dass du mich im Grunde genommen betrogen hast? Klar, vielleicht hast du den Brief als deinen Freischein gesehen, aber was jetzt? Ich für meinen Teil habe keine Ahnung, was ich tun soll. Ich kann dir nicht vertrauen, auch wenn ich dich immer noch liebe“, erklärte er sich. „Und ich weiß nicht, ob du überhaupt zurück zu mir willst oder zu diesem Kai und seinem Kokain.“ Daniel schluckte schwer. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er im Moment anscheinend mit zwei Menschen zusammen war, die ihn beide liebten. Bei Serdall war es klar, dass er ihn liebte und Kai hätte nach der Enttäuschung mit seinem letzten Freund und seiner eigentlichen Vorliebe zu schnellen anonymen Sex nie mit ihm eine feste Beziehung angefangen, wenn er ihn nicht auch lieben würde. Die Zwickmühle hatte zugeschnappt und Daniel in sich gefangen. Nervös spielte er an der Bettdecke. Daniel wurde klar, dass er einem von ihnen wehtun würde und er wusste eigentlich genau, wer dieser Jemand sein würde. Das schlechte Gewissen machte sich in ihm breit, aber es war wohl nicht zu vermeiden. „Ich will nicht zu Kai zurück“, meinte er leise und sah Serdall flüchtig an. Abschätzig blickte Serdall zu Daniel. Wenigstens war das ein Anfang. Daniels Fehler konnte man nicht rückgängig machen, jetzt ging es eher darum, Schadensbegrenzung zu betreiben. „Und die Drogen? Und ich? Was willst du, Daniel?“ Serdall lehnte sich ein wenig zu ihm und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. „Warum kommt es mir nur so vor, als ob du lieber abhauen würdest, als dich mit mir zu versöhnen oder gar mit mir zusammen zu bleiben? Echt Daniel, so kenne ich dich nicht. Schließlich warst du sonst immer der, der sich um mich bemüht hat. Jetzt wo ich es getan habe, dein Leben geschützt und versucht habe, meinen Bruder zu beruhigen, da lässt du mich fallen? Du liebst mich nicht, oder?“, fragte er leise. Plötzlich kam ihm ein schrecklicher Gedanke. „Fei hatte wohl recht…“, murmelte er mehr zu sich, als zu Daniel. Kraftvoll stieß Daniel Serdall auf das Bett zurück und pinnte ihn dort fest. Wütend und traurig zugleich starrte er ihn an. „Ich liebe dich“, zischte Daniel gefährlich. „Ich liebe dich mehr als alles Andere, weswegen ich überhaupt erst in diese Scheiße reingerutscht bin. Ehrlich gesagt habe ich keinen Bock drogenabhängig zu sein, zu werden, was auch immer. Und…“ Daniel sackte ein Stück in sich zusammen und lehnte seine Stirn an Serdall Brust. „Eigentlich will ich einfach nur, dass alles so wird wie früher.“ Serdall keuchte leise. Sofort breitet sich eine angenehme Wärme in ihm aus. Das war der Daniel, den er kannte. Stürmisch. Liebevoll legte Serdall seine Hände an Daniels Wangen. „Ich liebe dich auch und ich wünschte, Fei hätte sich nie bei uns eingemischt“, flüsterte er leise und zog Daniel in eine enge Umarmung. „Du hast mir so schrecklich gefehlt. Trotzdem, du hast so viel Mist gebaut, ohne mich…“ „Ich weiß“, murmelte Daniel heiser. Schuldgefühle brandeten plötzlich in ihm auf, so groß und verzehrend wie er sie noch nie erlebt hatte. Daniel begriff mit einmal, was er wirklich für Scheiße gemacht hatte. Dass er Drogen genommen hatte war wohl das kleinste Übel, aber er hatte mit Kai geschlafen, ihn oral befriedigt und gesagt, dass er fest mit ihm gehen würde. Und Serdall wusste darüber Bescheid. Daniel kam sich klein und schmutzig vor, wollte sich am liebsten selbst dafür in den Arsch beißen, dass er sich dermaßen verhalten hatte. Zittrig löste er sich aus der Umarmung und sah Serdall leicht entsetzt an. „Serdall“, begann er flüsternd, „kannst du überhaupt noch mit einem wie mir zusammen sein?“ Das war die Frage, die Serdall am meisten fürchtete und auf die er so gar keine Antwort wusste. Es war so vieles auf einmal geschehen und er hatte noch nicht einmal im Ansatz alles verarbeitet. „Ich kann es dir nicht sagen“, murmelte er resignierend. „Irgendwie habe ich das Alles noch nicht so wirklich verarbeitet... Aber du weißt, wie ich zu deiner Untreue eigentlich stehe. Ich habe es oft genug gesagt. Nur...“, Serdall seufzte leise und strich Daniel durch die Haare. „Ich kann dich nicht verurteilen, weil der ganze Scheiß, der jetzt passiert ist, viel zu heftig war. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich es akzeptieren, noch verzeihen kann.“ Daniel nickte und spürte schon wieder Tränen in den Augen. Verdammt war er wieder sentimental. „Es ist nur…“, er biss kurz die Zähne zusammen, sodass seine Kiefermuskeln deutlich hervortraten. „Ich glaube ich kann es nicht ertragen, wenn ich mir Hoffnungen mache, die dann im Endeffekt doch nutzlos sind, verstehst du? Also wenn du meinst, dass es nicht geht…“ Er stockte wieder kurz und sammelte seine Gedanken. „Bitte mach entweder Schluss mit mir oder sag mir, dass du wieder richtig mit mir zusammen sein willst und es auch kannst.“ Serdall schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. „Glaubst du ich kann jetzt eine Entscheidung treffen, die ich im nächsten Moment nicht doch bereue? Nach all dem verlangst du, dass ich ganz schnell ja oder nein sage? Daniel, ich kann dir nur sagen, dass ich dich liebe, dass ich dich auch nicht verlieren will. Erst jedoch müssen wir über diesen Kai reden...“ Serdall sah wütend zu Daniel. „Warum hast du mit ihm geschlafen? Wie stehst du zu ihm?“, fragte er leise und seine Augen funkelten leicht. Kikuchi hatte ihm und Fei süffisant grinsend erklärt, bei was sie Daniel gestört hatten... Daniel setzte sich ganz auf und fuhr sich fahrig durch die Haare. „Das.. Wir…“ Er brach resigniert ab. Wie sollte er Serdall das nur erklären, ohne dass er ausrastete? „Wir haben uns in der Mensa kennen gelernt“, begann er zögerlich. „Er ist wirklich nett. Also echt nur nett, nicht, dass du mich jetzt falsch verstehst. Es war nur… Naja, wenn ich die Drogen genommen hab, sei es das Ecstasy oder das Kokain, dann habe ich mich so befreit gefühlt und in gewisser Weise auch… erregt. Und ich habe Kai gekannt und ihn gemocht und so…“ Daniel fuhr sich erneut durch die Haare und starrte auf die Bettdecke. „Später dann habe ich gemerkt, dass er mich ziemlich gern hat und den Zustand ausgenutzt, um an das Kokain zu kommen, damit ich dich vergessen konnte. Also nicht dich vergessen, sondern einfach die schmerzlichen Gedanken loswerden, die mit dir verbunden waren. Dann… nun ja, er hat mich gefragt, ob ich sein fester Freund werden will und ich…“ Er zögerte. Wie sollte er Serdall begreiflich machen, dass es zwar so ernst klang, es aber nicht war? Ganz und gar nicht. Nichts im Gegensatz zu ihrem Verhältnis. „Du hast ja gesagt“, stellte Serdall kalt fest. Er musste ja gesagt haben, sonst würde er nicht so zögern. Wütend schob er Daniel von sich und stand auf. „Ich bring diesen Kerl um“, zischte Serdall wütend und begann sich hastig anzuziehen. Nicht nur, dass er Daniel Drogen gegeben hatte, nein, jetzt auch noch… Serdall fluchte wütend und schmiss ein Hemd in die Ecke, bei dem ihm ein Knopf abgerissen war, als er zu stark dran gezogen hatte. „Serdall!“, rief Daniel entsetzt und zog ihn am Handgelenk hart zurück, als er schon die Klinke in der Hand hatte. „Man, du kannst Kai doch nicht an allem die Schuld geben. Wenn er überhaupt an irgendwas Schuld hat. Er hat mich gefragt, weil er mich echt gern hat. Was will man ihm da verübeln? Ich habe ja gesagt, weil ich zu dem Zeitpunkt nicht alle Tassen im Schrank hatte. Wenn du deine Wut an irgendwem auslassen willst, dann an mir.“ „Ohne ihn wäre es nicht im Ansatz so weit gekommen“, zischte Serdall und wandte sich zu Daniel um. „Und? Würdest du zu ihm zurückgehen? Würdest du wieder irgendwelchen Stoff durch deine Nase ziehen?“ Bedrohlich ging Serdall auf Daniel zu. Er kochte vor Wut und es machte ihn rasend, dass Daniel diesen Mann in Schutz nehmen wollte. „Wenn ich ihn nicht getroffen hätte, dann wäre ich an irgendeinen anderen Typen geraten, der mir dann zu einem Dealer verholfen hätte, der mir gestrecktes Zeug verkauft hätte, wahrscheinlich noch mit irgendwelchen Giftstoffen drin“, erwiderte Daniel angriffslustig. „Ich denke ich werde nicht mehr koksen, kommt auf die Situation drauf an, würde ich sagen. Und ich werde nicht zu ihm zurückgehen, wenn du es beziehungstechnisch meinst, besuchen werde ich ihn wohl auf jeden Fall. Ich mag ihn, er ist nett. Gut, er dealt, aber ich habe mir den Stoff geben lassen, um ihn gebettelt. Warum machst du ihn dafür verantwortlich?“ Weil er dir den Scheiß gegeben hat und du viel zu gutgläubig bist, zischte Serdall ihm gedanklich zu, sprach es jedoch nicht aus. Er würde nicht zulassen, dass Daniel diesen Kai jemals wiedersah, soviel stand fest. Und er würde auch dafür sorgen, dass dieser Mann eine Lektion bekam. Egal was Daniel davon hielt, für Serdall war es das Mindeste, was er tun musste. „Du machst es mir wirklich nicht leicht“, fauchte er wütend und stieß Daniel kraftvoll vor die Brust, sodass er zurück auf das Bett fiel. Er krabbelte über ihn und setzte sich auf Daniels Hüften. „Sag mir, wer dir wichtiger ist. Ich oder dieser Mann?“ Wie sollte er Daniel wieder vertrauen können, wenn es bei diesem Kai Hahn schon zu dieser Streitigkeit kam? Daniel war quasi mit Kai zusammen, mit Serdall aber nicht mehr. Doch Serdall wollte es nicht einfach beenden, er konnte es nicht. Das würde ihm den letzten Rest geben. Perplex starrte Daniel Serdall an. Sein Herz hämmerte unglaublich schnell von Serdalls überraschenden und unerwarteten Handlungen. Schon kurze Zeit später festigten sich seine Gesichtszüge allerdings wieder. „Was glaubst du, wer mir wichtiger ist?“, fragte Daniel beleidigt. „Wenn du sagst, dass du mich liebst und so lange, wie du mich schon kennst, sollte die Antwort auf der Hand liegen. Wie sollte ich jemals einen Menschen mehr lieben können als dich?“ Kurz hob Daniel die Hand und fuhr Serdall über die Wange, dann ließ er sie allerdings wieder sinken. Serdall sollte das Tempo ihrer erneuten Annäherung bestimmen, wenn sie denn zustande kam. Er hatte kein Recht dazu. Serdall stützte sich beidseitig mit den Händen neben Daniels Kopf ab. Er beugte sich tiefer zu seinem Gesicht, sodass er Daniels Atem auf seinen Lippen spüren konnte. „Wenn du mich liebst“, flüsterte Serdall emotionslos und sah Daniel aggressiv in die himmelblauen Augen, „wärst du mit mir zusammen und nicht mit Herrn Hahn.“ Konnte man sich so mit Drogen zudröhnen, dass man vergaß, wen man wirklich liebte? War es nicht so, dass Daniel einfach nur seine Hemmungen verloren und endlich das getan hatte, was er wollte? Serdall spürte den augenblicklichen Schmerz, der sich auf grund der Angst und der Enttäuschung, die ihn plötzlich überkam, durch seinen Körper zog, doch er unterdrückte jegliche Regung. Daniel würde ihm sagen, wie es war. „Serdall…“ Wütend wischte Daniel sich die Tränen aus seinem Gesicht, die wieder zu fließen angefangen hatten. Er musste sich Serdall irgendwie verständlich erklären. Er wollte nicht, dass es aus war, weil er die dümmsten Fehler seines Lebens begangen hatte. „Wenn ich auf Drogen war, hatte ich immer so ein Bauchkribbeln, als wenn ich verliebt wäre. So ziemlich bei jedem, aber Kai kannte ich. Außerdem war ich ziemlich dauergeil und konnte diese Gefühle irgendwann nicht mehr unterdrücken. Als Kai mich gefragt hatte, kam alles zusammen. Diese seltsamen Gefühle, der Sexualtrieb und die Drogen. Ich glaube, dass ich in nüchternem Zustand niemals ja gesagt hätte.“ Verzweifelt sah er Serdall in die wieder so kalten Augen. Unwillig schüttelte der Violinist den Kopf. „Ich weiß nicht, wie oft du es mit Kai getrieben haben musst, aber anscheinend existiert dein schlechtes Gewissen nicht oder du hast es absichtlich mit dem Kokain abgestellt“, knurrte er halblaut. Es ging gegen seine Prinzipien, dass er überhaupt noch mit Daniel redete. In seinen Augen hatte Daniel ihn eindeutig betrogen, mit den Drogen und Kai. Was hatte er denn anderes getan, als sich diesem Mann verkauft, um an dieses Teufelszeug zu kommen? Serdall stockte. Kai war ein Dealer. Der wusste sicherlich, wie man die Leute impfen musste, um sie zu potenziellen Kunden zu bekommen. Und Daniel war wohl das ideale Opfer gewesen. Egal, ob Daniel behauptete, dass Kai nur Mitleid mit ihm gehabt hatte, in Serdalls Sicht der Dinge stand da etwas ganz Anders dahinter. Oh er würde Kai Hahn schon die Rechnung noch einmal vorlegen lassen und dann würde er Daniels offene Beträge begleichen. Hundertfach. Serdall seufzte erneut tief. Allein die Nähe jetzt zu Daniel ließ ihm wieder bewusst werden, dass er ohne diesen Mann nicht leben konnte. Alles in ihm schrie danach, sich wieder selig in Daniels Arme schmiegen zu können, wieder diese Lippen zu berühren, die er so lange nicht gespürt hatte. „Falls ich dir jetzt diese Chance gebe, Daniel“, flüsterte er ihm leise ins Gesicht, „dass ich wieder mit dir richtig zusammen sein will, dann musst du einer Bedingung zustimmen, die ich dir stelle.“ Serdall ließ seine Augen sehnsüchtig über Daniels Gesicht gleiten, ehe er sie wieder mit den himmelblauen Iriden fixierte. „Wenn du mich jemals wieder mit einer anderen Person derart betrügst, wirst du die Konsequenzen tragen.“ Daniel strahlte. Serdall vergab ihm, oder? Nichts anderes sagte dieser Satz aus. Die Bedingung war lächerlich. Er hatte nicht vor, jemals wieder einen anderen Typen auch nur anzusehen. „Natürlich“, antwortete er glücklich, behielt seine Finger aber noch bei sich. „Gut“, meinte Serdall noch nicht so euphorisch, wie Daniel es nun war. „Du weißt hoffentlich, dass die Konsequenzen sich darauf belaufen, dass ich dich eigenhändig umbringen werde“, erklärte Serdall eisig und sah Daniel ernst ins Gesicht. Ihre Beziehung würde nicht mehr so sein wie früher. Das war Serdall klar und es gab kein Weg zurück für sie. Doch Serdall musste sich sicher sein, dass sein Vertrauen nicht noch einmal derart missbraucht und mit Füßen getreten wurde. Selbst jetzt hätte er sich deswegen fast umgebracht. Entsetzt sah Daniel ihn an und lachte unsicher. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“ Schnaubend legte Serdall den Kopf leicht schief. Würde Daniel wissen, was er mit seiner Dummheit fast verursacht hatte, würde er diese Frage vielleicht nicht stellen. Serdall hatte aber auch nicht die Absicht, Daniel über diesen Gefühlsausbruch zu informieren. „Es war mir nie etwas ernster. Noch irgendein Ausrutscher…“, Serdall schüttelte leicht den Kopf. „Ich liebe dich und ich teile dich nicht.“ Daniel schüttelte perplex den Kopf. „Du klingst gerade irgendwie ein wenig verrückt“, meinte er mit gerunzelter Stirn. „Aber egal. Selbst wenn das tatsächlich dein Ernst sein sollte, ich glaube, ich käme nicht damit klar, wenn ich dich noch mal betrügen sollte. Ich gebe es zwar nicht gern zu, aber wenn du mich nicht von Kai weggeholt hättest, wäre ich wohl echt drogensüchtig geworden und hätte mir das Hirn weggekokst. Noch eine Trennung und ich springe wohl von irgendeinem Hochhaus. Nie wieder.“ Ernst sah Daniel Serdall an. „Ich nehme dich beim Wort“, erwiderte der Violinist leise und lehnte sich zurück, wobei er sich bewusst vollständig auf Daniels Hüften niederließ. „Wir schlafen auch nicht mehr miteinander, bis du einen Aids Test machen lassen hast“, führte Serdall im nächsten Moment aus. Er würde wegen Daniels Ausrutscher keinerlei Risiko eingehen. „Und ich glaube, wir sollten langsam frühstücken gehen.“ Serdall strafte sich jedoch seiner eigenen Worte lügen, als er an Daniels Hosenbund herumfummelte und sich dessen Tattoo besah. „Das wird mich wohl immer an diesen Mist erinnern“, flüsterte er bedrückt und strich leicht über diesen s-förmigen Drachen. „Mich erinnert es eher an dich“, erwiderte Daniel leise und nahm Serdalls Hand von hinten in seine. Leicht fuhr er die Konturen des Tattoos nach. Es schmerzte noch etwas, aber es war ja auch noch recht frisch. „Ein S, siehst du?“, fragte er. Zu dem Aids Test sagte er nichts. Er konnte Serdall verstehen. Zwar hatten Kai und er immer ein Kondom benutzt, aber sicher war sicher. Er bezweifelte zwar, dass irgendetwas passiert war, allerdings würde Daniel sich hüten, Serdall zu widersprechen. Es kam Daniel ohnehin wie ein Wunder vor, dass Serdall ihm tatsächlich nach all dem Mist noch eine zweite Chance gab. Serdall lächelte bei Daniels Berührung leicht. Zaghaft ließ er seine beiden Hände an Daniels entblößte Seiten entlang gleiten, wobei er sich wieder zu Daniels Gesicht beugte. „Wir sind also wieder zusammen?“, fragte er Daniel leise. Seine Lippen waren nur noch wenige Zentimeter von Daniels entfernt und er sah ihm wieder warm in die Augen. Es wurde Zeit, dass sie einige Dinge nachholten. „Wenn du meinst, dass du mich noch einmal haben willst“, meinte Daniel fast schüchtern. „Mir ist klar, dass es lange dauern wird, bis alles wieder so ist wie früher, aber wenn du dafür bereit bist, bin ich es allemal. Ich werde versuchen, meine Fehler irgendwie wieder gut zu machen, das verspreche ich.“ Bei Daniels unsicherem Blick wurde es Serdall ganz mulmig zu Mute. Oh, wie hatte er sich nach diesem Moment gesehnt! „Das ist ein guter Anfang“, flüsterte Serdall liebevoll lächelnd. „Aber so wie früher wird es wohl nie“, fügte er leise, jedoch nicht missgestimmt an. Es war ein Neuanfang und das Vertrauen musste sich Daniel wieder schwer erarbeiten, aber es würde klappen. Da war sich Serdall sicher. Sanft legte Serdall plötzlich seine Lippen auf Daniels. Sie hatten genug geredet. Er hielt es kaum mehr aus. Er erinnerte sich schon nahezu nicht mehr an ihren letzten Kuss, doch dieser war definitiv anders. Intensiver. So ein heftiges Bauchziehen wie jetzt hatte Serdall bei all ihren Küssen nicht erlebt. Es lag wahrscheinlich an ihrer langen Trennung, an seinem schrecklich schweren Kummer und der furchtbaren Sehnsucht, die diesen Kuss bittersüßer als alle zuvor machte. Kurz zögerte Daniel, dann erwiderte er den Kuss vorsichtig. Leicht ließ er seine Zunge die Konturen von Serdalls Lippen nachziehen, bevor er behutsam die schon viel zu fremde Mundhöhle erkundete. Befreit seufzte er auf und schlang die Arme um Serdall. Er hatte ihn so vermisst. Das wurde ihm gerade erneut mit aller Deutlichkeit bewusst. Warum hatte er nicht an Serdall geglaubt? Er hatte es scheinbar ja doch geschafft, seinen Bruder umzustimmen. Aber das war jetzt egal. Daniel hatte ihn wieder. Lange und tief küssten sie sich einige Zeit. Serdall löste sich kurz von Daniel und lehnte seine Stirn lächelnd an Daniels. In ihm tanzte jegliches Glückshormon durch seine Blutbahnen und ließen ihn sich richtiggehend energiegeladen fühlen. „Lass uns endlich aufstehen, duschen und dann gehen wir zu Taki. Der Kleine hat dich unheimlich vermisst, genauso Kimba.“ Sogleich zog Serdall Daniel mit sich in das Badezimmer. Als sie unter der Dusche standen wandte Daniel sich etwas unbehaglich um. Der nackte Körper vor ihm weckte eine Sehnsucht in ihm, die er fast nicht aushalten konnte. Es war einfach viel zu lange her und er hatte sich viel zu viele Gedanken um Serdall und ihr Zusammensein gemacht, als dass die Vorstellung von Sex mit ihm nicht ungemein verlockend war. Aber Serdall hatte ihm klargemacht, dass bis nach einem bestätigenden Test nichts laufen würde. Serdall machte auch keinerlei Anstalten seine Aussage zu revidieren, sondern stieg sogleich aus der Dusche heraus als er fertig war, ohne Daniel auch nur wirklich angefasst zu haben. Ihm war nicht wirklich danach, wenn er sich allein daran entsann, bei was Kikuchi Daniel gestern unterbrochen hatte. Vor dem Spiegel stehend, kam ihn noch ein Gedanke. Womöglich waren noch einige Sachen von Daniel bei Kai. So hatte er wenigstens einen Vorwand, dorthin zu gehen. Daniel würde er davon nichts erzählen. Er kannte seine viel zu gute Einstellung und er würde sich dabei keinen Strich durch die Rechnung machen lassen. Serdall schlang sich gerade ein Handtuch um die Hüften, als Daniel auch endlich aus der Duschkabine trat. Unweigerlich wanderten Serdalls Augen über ihn. Es war ungewohnt, dass Daniels Intimbereich rasiert war. Er wirkte jünger, als er war. Sein Blick blieb an dem Tattoo hängen. „Du solltest es eincremen“, meinte Serdall zu Daniel und deutete auf den schwarzen Drachen. „Ja, du hast recht. Wurde mir im Studio auch empfohlen“, erwiderte Daniel etwas unbehaglich. Es war schrecklich, dass Serdall und er plötzlich so distanziert zueinander waren. Aber wer sollte es Serdall verübeln, dass er erst einmal Zeit brauchte, um über alles nachzudenken und Daniel zu verzeihen? Daniel ging zurück ins Schlafzimmer und öffnete den Kleiderschrank. Ein warmes Gefühl durchflutete ihn als er sah, dass alles von ihm noch dort war, wo er es gelassen hatte. Serdall hatte tatsächlich scheinbar keinen Moment daran gezweifelt, dass sie wieder zusammenkommen würden. Er griff sich einen Pullover, eine Jeans sowie Shorts und zog sich schnell an. Etwas seltsam war ihm schon zumute, alle Hausbewohner zu treffen. Wie sollte er beispielsweise Taki erklären, wo er so lange war? Es würde wohl keiner dem Kleinen die Wahrheit gesagt haben. Serdall zog sich ebenfalls an, nun ohne irgendwelche Knöpfe abzureißen. Er umarmte Daniel, als dieser ziemlich unsicher im Raum stand und unwohl zu ihm sah. „Keine Angst“, flüsterte Serdall und hauchte einen Kuss auf Daniels Stirn. „Erst mal werden wir etwas essen. Dann muss ich wohl noch einmal mit Fei reden und ihn fragen, wann er abreisen will. Mayumi kann nicht ewig dein Zimmer besetzen“, murmelte Serdall und strich mit den Händen Daniels Rücken auf und ab. „Alles in Ordnung?“, fragte er leise, als Daniel nichts erwiderte. „Ich hab Angst, irgendwie“, meinte Daniel unbehaglich und lehnte sich Halt suchend an Serdall. „Was soll ich sagen, wenn Taki mich irgendwas fragt? Wie wird Fei auf mich reagieren und was ist mit Dustin und Ethan? Was wissen die Zwei überhaupt? Ich fühle mich, als wenn ich mich dem nicht stellen könnte. Ich fühle mich so schlecht, weil ich weiß, dass ich so viele Fehler gemacht habe, die eigentlich nicht wieder gutzumachen sind.“ Traurig lächelnd sah er Serdall kurz an und starrte dann auf seine Hände. Serdall seufzte leise und strich Daniel von der Stirn aus durch die Haare und brachte ihn so dazu, ihn wieder anzusehen. „Du bist keinem von ihnen irgendwie Rechenschaft schuldig. Die Fehler hast du mir gegenüber begangen und ich werde sie verzeihen. Alles Andere ist vorerst egal. Fei hat sich beruhigt und wird keine Probleme mehr machen und Dustin ist jetzt auch zweitrangig, oder nicht? Wir müssen uns doch zusammenraufen, das geht sie nichts an.“ „Du hast ja recht“, seufzte Daniel. „Aber mich plagt halt mein schlechtes Gewissen. Allerdings kann ich mich nicht verstecken, bis ich mir selbst verziehen habe. Also lass uns gehen.“ Er straffte sich und ging gefolgt von Serdall, den Daniel an die Hand genommen hatte, aus dem Schlafzimmer. Er wollte es hinter sich bringen. Viel schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Ende Kapitel 15 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)