Über meine einzige Liebe... von Ana-san ================================================================================ Kapitel 1: Aller Anfang ist schwer ---------------------------------- Als ich am nächsten Morgen aufwachte, galt mein erster Gedanke Kamota. Es war nichts Bestimmtes. Es ist nicht Liebe, sagte ich mir. Schließlich hatte ich dieses Gefühl schon hinter mir. Es lag einfach nur daran, dass ich ihn gestern zum ersten Mal nach sechs Jahren wieder gesehen hatte und das weckte alte Erinnerungen. Tatsächlich hatte ich bis zum gestrigen Tag nur selten an ihn gedacht. Immer wenn ich ein Buch las, fragte ich mich, ob Kamota es wohl schon gelesen hatte, wie damals in der High School. Hatte er vielleicht keine Zeit zum Lesen, oder hatte sich sein Geschmack geändert? Während ich aufstand, mich fertig machte und in der Küche meinen morgendlichen Kaffee trank, dachte ich weiterhin an ihn. Dabei fragte ich mich, ob Kamota mich wohl anrufen würde, schließlich hatte er sich extra meine Nummer geben lassen. Und hatte er nicht etwas von einem Abendessen gesagt, kurz bevor ich ging? Er schien es aufrichtig zu wollen. Kamota hatte sich in all der Zeit wirklich nicht verändert. Er war natürlich erwachsener geworden und strahlte eine gewisse männliche Reife aus, doch sein immer fröhlicher, manchmal übertriebener Charakter war der gleiche geblieben. Diese Erkenntnis hatte mich sehr erfreut. Und wer hätte gedacht, dass er sich damals am Strand übergeben hatte! All die Jahre war ich der festen Überzeugung, er und Shibata hätten sich zu einem romantischen Date bei Mondschein getroffen. Kamota schien diese Episode seines Lebens sehr peinlich zu sein. Bei dem Gedanken an seine gestrige Reaktion auf Shibatas Erklärung konnte ich ein Kichern nicht unterdrücken, sein vor Scham gerötetes Gesicht war einfach zum Schießen! Tja, hätte ich es damals gewusst… Hätte ich es gewusst, ja was wäre dann? Alle möglichen Gedanken schwirrten in meinem Kopf, doch eine klare Antwort hatte ich nicht. Ich schaute auf die Uhr und sah, dass ich los musste, wenn ich nicht zu spät im Büro sein wollte. ‚Das wird ziemlich stressig…’, konnte ich nur noch denken. In den nächsten Tagen hatte ich sehr viel mit der Arbeit zu tun, daher blieb mir keine Zeit an etwas Anderes zu denken… Ich hatte von Torii geträumt. Es war ein heftiger Traum gewesen. Ich saß aufrecht in meinem Bett, schwitzend und schwer atmend. Einen solchen Traum hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Es lag wohl daran, dass ich Torii gestern zum ersten Mal nach sechs Jahren wieder gesehen hatte. Außerdem war ich wieder Single. Ich musste keine Gewissensbisse haben, denn Shibata und ich hatten gestern in gegenseitigem Einverständnis Schluss gemacht. Wir sahen beide keinen Sinn mehr in unserer Beziehung, da wir uns nicht mehr liebten. Das kam wohl auch daher, dass ich Shibata nie so sehr geliebt hatte wie sie mich und das hatte gemerkt. Ob bewusst oder unbewusst, sie hatte gemerkt, dass meine Gedanken oft jemand anderem galten. Ich hoffte sehr, dass sie nicht wusste wem. Und nun war sie dieser Situation überdrüssig geworden, ihre Gefühle kühlten sich mit der Zeit ab und die Trennung kam ihr ebenfalls gelegen. Doch wir wollten weiterhin Freunde bleiben. Seit jenem Tag, als Torii bei mir war, bis heute hatte ich von ihm geträumt, mich nach ihm gesehnt. In den letzten Jahren wurden diese Träume weniger heftig und häufig und ich dachte, ich hätte mich endlich damit abgefunden, dass ich ihn niemals haben könnte. Aber so war es nicht. Nach dem Wiedersehen mit ihm waren meine Gefühle mit einem Schlag umso stärker zurückgekehrt. Ich wollte ihn wieder sehen. Die Absicht, ihm meine Gefühle zu offenbaren, hatte ich nicht, denn das Risiko, seine Freundschaft zu verlieren, wollte ich nicht eingehen, schon gar nicht, nachdem ich ihn endlich wieder getroffen hatte. Ich merkte, wie sehr er mir all die Jahre gefehlt hatte. Erst jetzt konnte ich es mir eingestehen: Ich liebte ihn immer noch. Und diesmal würde ich es nicht zulassen, dass wir uns für so lange aus den Augen verlieren. Ich wollte ihn sofort anrufen, aber dann fiel mir ein, dass er heute früh zur Arbeit musste, weshalb er gestern schon so früh gegangen war. „Ich muss mich gedulden“, sagte ich mir. Ich selber konnte mir so gut wie immer aussuchen, wo und wann ich arbeitete. Nur ab und zu musste ich ins Büro oder auf Geschäftsreise. Am Abend desselben Tages versuchte ich Torii zu erreichen, doch es meldete sich nur der Anrufbeantworter. Eine Nachricht hinterließ ich nicht, stattdessen versuchte ich es später noch einmal. Als ich ihn wieder nicht erreichen konnte, verschob ich das Vorhaben auf den nächsten Tag. Aber auch dann hob niemand ab. Ich versuchte es immer und immer wieder, doch nach fünf Tagen befiel mich endgültig Panik. Hatte Torii mir etwa eine falsche Nummer gegeben? Doch dann schalt ich mich einen Dummkopf, schließlich war er nicht so einer. Dafür war er viel zu gutmütig. Aber während ich das dachte, verlor ich immer mehr an Selbstvertrauen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Meine Gefühle wurden von Tag zu Tag stärker und die Angst, Torii vielleicht nicht mehr wieder sehen zu können, ließ mich fast verzweifeln. Meine Arbeit konnte ich vergessen, denn ich konnte mich auf nichts konzentrieren. Ich nahm mir für einige Tage Urlaub, verschanzte mich in meiner Wohnung und traf mich mit niemandem. Immer wenn das Telefon klingelte, bekam ich starkes Herzklopfen und hoffte, es wäre Torii. Aber natürlich war er es nie, schließlich hatte er meine Nummer gar nicht. Am Samstag versuchte ich ein letztes Mal, Torii anzurufen. Wenn es diesmal nicht klappte, würde ich es aufgeben. Aber ich hatte mich nur selten daran gehalten, was ich mir vornahm. Und dann endlich war es soweit. Torii selbst ans Telefon! Ich konnte vor Freude kein Wort rauskriegen. Doch als Torii kurz davor war aufzulegen, fand ich meine Sprache wieder. „Hallo“, presste ich hervor. Ich zwang mich ein paar Mal tief ein und aus zu atmen. „Hallo“, wiederholte ich und diesmal klang meine Stimme relativ normal. „Ich bin’s, Kamota.“ „Hi!“ Toriis Stimme hörte sich rau an, als wäre er eben erst aufgewacht. Ich spürte, wie mein Herzschlag sich beschleunigte. „Habe ich dich etwa geweckt? Das tut mir sehr Leid!“ „Nein, nein. Es ist schon in Ordnung. Ich war schon vor dem Klingeln wach. Wir hatten die ganze Woche sehr viel in der Firma zu tun. So viel, dass ich das Gefühl hatte, da übernachten zu müssen. Aber jetzt ist alles erledigt und ich konnte endlich ausschlafen.“ Ich hörte ein Lächeln auch seiner Stimme heraus. ‚Das war es also’ dachte ich. Ich fühlte mich wieder sicherer. „Ich habe sogar ein paar Tage Urlaub bekommen“, sprach Torii weiter. „Ehrlich? Ich habe auch Urlaub. Was für ein Zufall! Wie wär’ s wenn wir uns treffen? Heute? Wir haben uns schon so lange nicht gesehen, abgesehen von diesem einen Abend. Ich würde gern wissen, was du so alles getrieben hast in den letzten sechs Jahren.“ Ich lachte, merkte nicht, dass ich anfing, wie ein Wasserfall zu reden. Ich war so glücklich und gleichzeitig so nervös. Hoffte bloß, Torii würde nichts auffallen. „Gerne, aber ich wollte heute noch ein paar Berichte zu Ende schreiben, damit ich für die nächsten paar Tage nicht an die Arbeit denken muss...“ Mein Herzschlag setzte für einen Augenblick aus – eine Absage! „…aber heute Abend habe ich Zeit.“ Mit Mühe konnte ich noch einen Seufzer der Erleichterung unterdrücken. „Ja! Und zur Feier des Tages werde ich uns was kochen“, sagte ich voller Tatendrang. „Hahahaha! Seit wann kannst du kochen, Kamota?!“ „Es sind immerhin sechs Jahre vergangen, Torii. Es gibt noch so vieles, was du nicht von mir weißt…“ Dabei dachte ich nicht an meine Kochkünste. „Ich bin richtig gut im Kochen, wirst schon sehen!“ „Ok, abgemacht. Ich habe sowieso keine Lust auf ein Restaurant oder sonst etwas, wo es so viele Leute gibt. Mir ist es da viel zu laut.“ „Super! Hast du was zu schreiben da? Ich geb dir meine Adresse…“ Nachdem ich Torii meine Adresse genannt hatte, verabschiedeten wir uns. Ich freute mich wie ein kleines Kind, das Geburtstag hat. Ich würde für den Menschen kochen, den ich liebte. Es musste also etwas ganz Besonderes werden. Hatte Torii ein Lieblingsessen? Ich wusste es nicht. Woran ich mich aber noch ganz deutlich erinnerte, war seine Vorliebe für Zitronenkuchen. Davon konnte er nie genug kriegen. Ich stellte mir sein genussvolles Gesicht vor, nachdem er ein Stück probiert hatte, seinen freudigen Seufzer nach dem Herunterschlucken. Ich sah vor mir, wie er sich Sahne aus dem Mundwinkel leckte und dann von den Fingern. Und plötzlich veränderte sich das Bild. Nicht er sondern ich war nun derjenige, der ihm die Finger leckte. Schließlich erreichte ich seinen Mund und unsere Lippen trafen sich in einem leidenschaftlichen Kuss. Ich konnte ein Stöhnen nicht mehr unterdrücken, konnte mich aber mit Mühe wieder zusammenreißen. Ich sollte nicht an solche Dinge denken, die gewisse Reaktionen in meinem Körper hervorriefen. „Dafür ist jetzt keine Zeit“, sagte ich mir. Ich musste mir noch überlegen, was ich kochen sollte und dann einkaufen gehen. ‚Die Wohnung sollte auch mal aufgeräumt werden’ dachte ich. Ich hatte mich in den letzten Tagen sichtbar gehen lassen. Schließlich kam mir eine Idee und ich machte mich auf den Weg zum Supermarkt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich keine konkreten Pläne in Bezug auf Torii, wollte ihm bloß eine Freude machen und selbst Spaß haben… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)