Surf's up! von Kikoro (Im Meer der Gefühle) ================================================================================ Kapitel 24: Herzensangelegenheiten ---------------------------------- Kapitel 24 - Herzensangelegenheiten Es war dunkel und still im dem kleinem Badezimmer im Westflügel des Mädchentraktes. Nur das leise Schluchzen, welches aus einer der Toilettenkabinen drang, zerstörte die Stille. Sakura saß da, steif wie ein Brett, und schaute mit weit geöffneten Augen auf den Schwangerschaftstest in ihren Händen. Tränen liefen ihr über das Gesicht und sie konnte kaum die blinkenden Leuchtbuchstaben erkennen, die unaufhörlich das Wort negativ anzeigten. Am liebsten hätte sie Luftsprunge vollzogen und laut vor Freude geschrieen. Sie war nicht schwanger! Welch ein Glück! Was hätte sie bloß getan, wäre sie wirklich Mutter geworden? Und wer hätte sie unterstützt? Von ihren Eltern konnte sie keine Hilfe erwarten. Ganz im Gegenteil, sie waren es doch immer gewesen, die ihr im Falle einer Schwangerschaft gedroht hatten, ihr keinerlei Beistand zu leisten. Und Sasuke hätte sich bestimmt auch nur einen Dreck um sein Kind geschert. Sasuke! Bei dem Gedanken an ihn, wallte sich ungeheuere Wut in ihrem Magen auf. Wie konnte er ihr das bloß antun?! Wie hatte er sie bloß so verführen können? Natürlich war ihr bewusst, dass sie es selbst gewollt hatte. Aber sie stand unter Alkoholeinfluss, hatte sie doch den Kummer und Frust der letzten Tage mit den Spirituosen zu ertränken versucht. Sie war sich ihrer selbst nicht mehr Herr gewesen und das hatte Sasuke ausgenutzt! Dieser elende Bastard! Sie hatte von vornherein gewusst, was für eine miese Ratte er doch war. Sasuke war keinesfalls wie die anderen Jungen, die sie immer so verachtet hatte. Er war viel schlimmer. Er spielte mit den Gefühlen des weiblichen Geschlechtes, nutzte sie aus und ließ sie letztendlich fallen wie eine heiße Kartoffel. Das Jungen immer so triebgesteuert sein mussten! In ihrer Wut hatte Sakura gar nicht bemerkt, wie sie ihre Hände zu Fäusten geballt hatte. Ihre Fingerknöchel traten schon weiß hervor. Sie rang sich zur Beherrschung, erhob sich und warf den Schwangerschaftstest in den nächsten Mülleimer. Sie musste jetzt unbedingt mit Sasuke sprechen, wollte hören, was er zu dem Geschehenen zu sagen hatte. Nicht, dass sie ihm am Ende noch zu Unrecht beschuldigte. Sie verließ das Bad und begab sich auf den Gang, der zu den Klassenräumen führte. In ungefähr zwanzig Minuten begann der Unterricht und Sakura wollte vorher noch mit Sasuke reden. Wenn er nicht wieder blaumachen würde, fand sie ihn bestimmt im Garten. Noch immer erpresste er sie damit, was sie im Garten entdeckt hatte. "Das werde ich auf jeden Fall mal mit ihm klären!", knurrte sie, als sie nach links abbog. Plötzlich stieß Sakura gegen etwas Hartes. Sie strauchelte leicht, ehe sie nachschaute, was sie da soeben gerammt hatte. Sensei Shizune stand vor ihr und hielt sich den Kopf. "Oje. Bitte entschuldigen sie, Sensei. Ich war gerade so sehr in Gedanken versunken und habe nicht mitbekommen, wo ich hinlaufe!", entschuldigte sich Sakura und wurde puterrot. Gott, war das peinlich! Sie hoffte bloß inständig, keinen Ärger zu bekommen. Shizune lachte bloß. "Ach was, es ist ja nichts passiert!" Sie sah Sakuras besorgten Gesichtsausdruck. "Was ist denn los?", hakte sie besorgt nach. Als Sakura schwieg, fügte sie gelassen hinzu: "Du kannst es mir ruhig erzählen!" Sakura nickte bloß. Es war wohl wirklich das Beste, sich Sensei Shizune anzuvertrauen. Die junge dunkelhaarige Frau sah auf die Armbanduhr. Bloß noch eine Viertelstunde bis Unterrichtsbeginn. "Pass auf", setzte sie an. "Ich würde sagen, wir setzten uns zusammen und du erzählst mir alles. Falls du zu spät kommen solltest, werde ich das dann klären. Okay?" Mit diesen Worten bedeutete sie Sakura, ihr zu folgen. Sie betraten Shizunes Zimmer und Sakura staunte nicht schlecht, als sie eintrat. Sie kannte ihre Englischlehrerin noch nicht sehr lange, und dennoch, sie hätte nie auch nur im Entferntesten daran geglaubt, dass Shizune eine solche Leseratte war. Bücherregale, die bis unter die Decke gingen und angefüllt waren mit Massen von Büchern, Comics, Mangas, Manwhas und Manhuas, reihten sich dicht aneinander. Geschichtsbücher, Schulbücher, Historienromane, Abenteuerromane, Liebesromane. Ein wahres Paradies für echte Bücherwürmer. In der hintersten rechten Ecke stand, direkt neben einem riesigen Regal aus Zedernholz, ein großes Bett und daneben eine kleine Kommode auf der ein halbes Dutzend gerahmter Bilder sand. Shizune bot Sakura einen Platz an dem Eichenholztisch an, der in der Mitte des Raumes stand. Sakura setzte sich hin. Sie war nervös, wusste nicht, was sie sagen sollte. Shizune setzte sich ihr gegenüber, faltete die Hände zusammen und sah sie fragend an. "Nun", setzte sie an und strich mit einem Finger über die Maserungen im Holz des Tisches. "Was ist nun passiert? Warum bist du so aufgewühlt?" Sakura schluckte hart. Jetzt war es soweit. Jetzt musste sie ihre Gefühle offenbaren. "Also, es geht da um eine meiner Mitbewohnerinnen" Sie zwirbelte nervös eine ihrer rosafarbenen Haarsträhnen um den Finger. "Sie hat vor kurzem mit einem Jungen geschlafen und hatte danach Angst, schwanger sein zu können. Allerdings stellte sich heraus, dass sie es nicht war. Das Problem ist jetzt, dass sie nicht weiß, wie sie dem Jungen, mit dem sie geschlafen hat, gegenübertreten soll. Einerseits ist sie sauer und gibt ihm die Schuld, sie ausgetrickst zu haben, da sie angetrunken war. Andererseits weiß sie aber, dass sie selbst auch einen Teil Mitschuld trägt. Und nun weiß sie nicht, was sie tun soll" Shizune, die ihr die ganze Zeit zugehört hatte, lächelte. Es war ein wissendes Lächeln, das Sakura irgendwie unsicher machte. "Das ist doch ganz einfach!", erklärte sie. "Am Besten ist es, wenn sich beide einfach zusammensetzen und reden. Ich weiß, dass viele glauben, mit reden nicht weit zu kommen. Aber es stimmt wirklich. Reden kann wahre Wunder bewirken. Die beiden sollten darüber reden, was passiert ist, wie sie weitermachen wollen. Erst dann können beide mit guten Gewissen ihrem Leben weiterhin nachgehen" Das, was Shizune gesagt hatte, klang so logisch. Sakura dachte darüber nach. Vielleicht hatte sie recht. Sie wollte zwar von Anfang an mit Sasuke reden, hatte den Gedanken aber schnell verworfen. Nun war sie sich sicher. Sie war absolut zuversichtlich. Sie musste mit Sasuke reden! Sofort! Sie erhob sich, bedankte sich bei Shizune und verließ das Zimmer. Sie war kurz vor den Klassenräumen, bis ihr plötzlich einfiel, dass die Jungen aufgrund einer Projektwoche die ganze bevorstehende Woche freihatten. Verdammt! Das hatte sie in ihrer Wut und dem aufkommenden Frust völlig vergessen. Und am Nachmittag hatte Sasuke Training. Sie konnte also erst am Abend mit ihm reden... ●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙ Shikamaru saß auf dem Balkon seines Zimmers. Die Sonne blendete ihn und er kniff die Augen zusammen. Was hatte er bloß getan? Er hatte alles vermasselt! Dabei war der gestrige Abend so wunderbar, so perfekt gewesen. Einfach traumhaft. Und er hatte sich wie der größte Baka des Internates benommen! Kein Wunder, dass Ino nichts mehr mit ihm zu haben will. Er war aber so ein Idiot! ... Manchmal fragte er sich wirklich, warum er ausgerechnet Ino mochte. Normalerweise war sie gar nicht der Typ Mädchen, den er bevorzugte. Sie war viel zu launisch und zu zynisch. Aber dennoch. Er mochte ihre hochnäsige Art wie sie ihr Kinn reckte und die Art, wie sie sich ihr weißblondes Haar aus dem Gesicht strich. Sie wirkte dabei immer so friedlich und gedankenverloren. Er mochte es, wie sie ihren Kopf neigte und wie sie sich kleidete. Alles an ihr war so... perfekt. Mit einem Seufzen verschränkte Shikamaru die Arme hinter dem Kopf und blickte gen Himmel. Weiße Wolken trieben an ihm vorbei, friedlich und unbeschwert, so, als wollten sie ihn dazu bringen, hinauszugehen und es ihnen gleich zu tun. Aber ihm war im Moment zu überhaupt gar nichts zumute. Vielmehr wollte er einfach nur in seinem Zimmer sitzen, schmollen und an den gestrigen Tag denken. ~Flashback~ Der Sand unter ihren nackten Füßen war angenehm kalt. Es war wirklich eine hervorragende Idee von Shikamaru gewesen, an den Srand zu gehen und sich einfach bloß ein wenig zu entspannen. Sie war nun schon seit drei Wochen auf diesem Internat, aber es fiel ihr noch immer schwer, sich einzuleben und an all das zu gewöhnen, was sie aus ihrem früheren Leben nicht kannte. Zudem setzten ihr die Schule und vor allem der Streit mit Shikamaru zu. Da hatte sie eine Auzeit mal wirklich nötig! Sie erhaschte einen Seitenblick zu Shikamaru, der gedankenversunken auf seine Füße schaute. Sie liefen nun schon seit mehr als zehn Minuten den schmalen Küstenstreifen entlang und hatten bisher noch kein einziges Wort miteinander gewechselt. Ino kam es so vor, als würde ihn irgendetwas beunruhigen. Sie seufzte innerlich. Seitdem sie Shikamaru zum ersten Mal begegnet war, mochte sie ihn. Er war so nett und fürsorglich und erkundigte sich stets nach ihrem Wohlergehen. Und sie zeigte sich in dieser Hinsicht stets desinteressiert. "Shikamaru?", fragte sie mit leiser Stimme und ergriff seine Hand. Sie war angenehm warm. Irgendwie ungewöhnlich für einen Mann. "Ist alles in Ordnung?" Shikamaru, der aus seinen Gedanken gerissen worden war, sah sie mit seinen dunklen Augen an. Er hatte wirklich sinnliche Augen, dunkelbraun wie das Fell eines Bären. Ein leichtes Lächeln schlich über seine Lippen, oder zumindest ein Anflug eines Lächelns. Er zog Ino zu sich und schlang zögernd die Arme um sie. Ino kam nicht umhin, hysterisch in sich hineinzulachen. Wie lange hatte sie sich schon nach so einem Moment, so einer Berührung von ihm, gesehnt? Es war vor wenigen Tagen, als sie erkannt hatte, was sie wirklich für ihn empfand. Sie hatten zusammen auf einer Blumenwiese, etwas außerhalb des Internates, gesessen und in den Himmel gestarrt. Die Luft war vom sinnlichen Duft spätreifer Blumen erfüllt und der Wind war angenehm mild. Die beiden hatten über alles Mögliche geredet, ihre Familie, Freunde, ihr altes Leben. Ino hatte von dem Blumenladen erzählt, der ihren Eltern gehörte, und von der Leidenschaft, mit der sie Blumen bestimmte und an ihnen roch. Sie hatte ihren neugewonnenen Freund noch nie so gesprächig wie an diesem Tag erlebt. Er hatte ihr erzählt, dass sein Vater ein berühmter Biologe ist und er einst in seine Fußstapfen treten möchte. Dann hatte er gegrinst, die Augen geschlossen und Ino zu sich gezogen. Der Wind hatte aufgefrischt und bunte Blätter durch die Luft gewirbelt. Als Ino ihren Kopf auf seiner Brust gebettet hatte, strich ihr Shikamaru sanft über die Wange. "Du bist wirklich außergewöhnlich!", hatte er ihr zugehaucht. Und von diesem Moment an, wusste Ino, dass sie für Shikamaru mehr als bloß Freundschaft empfand. Es war nicht so wie in diesen klischeehaften und total kitschigen Liebesfilmen, die sie sich damals oft mit ihren Eltern angesehen hatten. Es war absolut real und sie genoss es irgendwie, das Gefühl, das sie stets übermannte, wenn sie in Shikamarus Nähe war. Noch immer standen die beiden da, sich in den Armen liegend. Die Sonne hatte sich über ihren Häuptern gesenkt und färbte den Himmel rotorange. "Shikamaru?", setzte Ino erneut an und strich ihm zaghaft über den Rücken. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht. "Was ist los?" Es schien eine halbe Ewigkeit zu vergehen, als er ihr endlich antwortete. "Gestern, da kam ein Anruf. Von einem Freund meines Vaters. Er erzählte mir, dass meine Eltern bei einem Autounfall schwer verletzt wurden und nun im Krankenhaus liegen. Er meinte, er wüsste nicht, wie schlimm es wäre, nur, dass mein Vater im Koma liegen und meine Mutter wohl für eine lange Zeit bettlägig sein würde. Ich bin daraufhin sofort zu Tsunade gegangen und habe um eine Einverständniserklärung gebeten, das Internat verlassen zu dürfen. Doch sie meinte, es würde nicht gehen, sie dürfe mich mitten im Schuljahr nicht für so eine lange Zeit gehen lassen" Er umarmte sie noch fester. "Ach, Ino, ich weiß nicht, was ich tun soll. Wenn meine Eltern sterben, würde ich darüber nie hinweg kommen. Sie bedeuten mir so viel" Ino stockte der Atem. Nie hätte sie geglaubt, dass es so etwas Tragisches war, dwas Shikamaru die ganze Zeit geplagt hatte. Er tat ihr so Leid. Vorsichtig legte sie ihre Hände auf seine Wangen und zog seinen Kopf zu sich hinunter damit sie auf gleicher Augenhöhe waren. "Ganz egal, was passiert, ich bin immer für dich da, mein Ananaskopf!", erwiderte sie und küsste ihn auf die Stirn. Shikamaru lächelte, sah ihr tief in die Augen. "Danke", hauchte er. Das Meeresrauschen unterstrich das gesamte Szenario. Wieder trat Stille ein, die diesmal allerdings nur von kurzer Dauer war. "Ino. Es gibt da etwas, was ich dir die ganze Zeit schon sagen wollte" Er kratzte sich verlegen im Nacken. "Ich... ich mag dich echt gerne. Schon seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Ich wusste sofort, dass du etwas ganz Besonderes bist" Er legte eine Hand unter ihr Kinn und hob es leicht an. "Ino, ich glaube, ich hab mich in dich verliebt!" Ino wusste im ersten Moment nicht, was sie sagen sollte. Zu viele Sinneseingebungen durchfluteten ihren Kopf. Der Moment, den sie sich in ihrem Innersten sehnlichst erhofft hatte, war eingetreten. Und nun wusste sie nichts darauf zu erwidern. Sie fühlte dasselbe, wusste aber nicht, wie sie ihm das mitteilen sollte. Gerade öffnete sie ihren Mund, als dieser auch schon von Shikamarus Lippen verschlossen wurde. Es war ein sanfter, verspielter Kuss und nachdem sich die beiden voneinander lösten, sagte keiner von ihnen etwas. Sie setzten sich einfach bloß in den weichen Sand und starrten hinaus aufs Meer. Die Sonne war beinahe ganz am Horizont verschwunden und Ino fühlte sich nie zuvor glücklicher als in diesem Augenblick. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie nie gedacht, dass dieser Abend der schlimmste seit langem werden würde. Ihr Streit begann ganz unmittelbar. Ino hatte eine Handvoll Sand durch ihre Finger rieseln lassen. "Wie schön der Sand doch ist", murmelte sie und sah auf den glitzernen Strahl grellen Weißes, der durch ihre Finger floss. "Damals waren ich und meine Eltern oft am Strand gewesen" Es war mehr aus einem Reflex heraus und völlig unüberlegt, als Shikamaru die unheilvolle Frage über die Lippen glitt. "War es nicht dein Vater, der aus Geldgier diese ganzen hässlichen Altbauhütten auf den Stränden erbaut hatte und dadurch sämtlichen Leuten alles genommen hat?" Im nächsten Moment hätte er sich am liebsten geohrfeigt. Und wie erwartet fuhr Ino herum. In ihrem Gesicht stand Enttäuschung und auch ein wenig Wut geschrieben. Er hatte den romantischen Moment kaputtgemacht. "Mein Vater hat Niemandem etwas weggenommen!", setzte sie an. Shikamaru hätte ertwartet, dass sie maßlos wütend werden würde, doch dies war nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, ihre Stimme war tränenerstickt und zitterte. Sie schien verletzt. "Ich weiß selbst, dass mein Vater nicht immer das Richtige getan hat. Sein Beruf und der ständige Stress mit der Yamanaka-Industries hat ihn nicht immer auf den richtigen Pfad geführt. Aber er ist auf keinen Fall ein schlechter Mensch. Mit dem Bau der Altbauhütten mag er zwar einigen Menschen ihren Beruf weggenommen haben und somit auch ihr Obdach. Aber er hat diesen Bau nie aus Eigennutz angestiftet. Die Hütten waren dazu da, Obdachlosen Schutz zu gewähren und nicht, um die Natur oder das Leben eines Menschens zu zerstören!" Sie erhob sich langsam, klopfte den Sand von ihrem Rock und wandte sich ein letztes Mal an Shikamaru. "Und ich hatte geglaubt, du wärst anders" Dann war sie verschwunden, so schnell, dass Shikamaru gar nicht reagieren konnte. Er erhob sich, packte sich den Kopf und trat auf einen der meterhohen Steine ein, die ringsum aus dem sandigen Untergrund ragten. Er war so ein unsensibler Esel! Wieso konnte er nicht einmal seine Zunge hüten oder überlegen, was er sagte? Er war doch so ein Intelligenzbolzen. Und dann war er nicht imstande, eine anständige Konservation zu führen? Verzweifelt stützte er sich mit den Händen an einem der weißen Steine ab und sah zu Boden. Ino konnte ja nicht wissen, warum er nicht so gut auf das Thema zu sprechen war. Sie war sich nicht im Klaren darüber, dass er dadurch seinen Onkel verloren hatte. Es war vor knapp einem halben Jahr, als ihm sein Job als Fischer entrissen wurde und somit auch sein Heim und alles, was er besaß. Am nächsten Tag hatte er sich mit seinem Wagen eine Klippe runtergestürzt. Für Shikamaru war sein Onkel wie ein bester Freund gewesen. Jedes Wochenende hatte er ihn auf seinem kleinen Boot mit aufs Meer hinausgenommen. Sie hatten sich aufs Deck gesetzt, ihre Angeln in das tiefblaue Wasser geworfen und die größten Fische in der Umgebung geangelt. Es war ein Schock für Shikamaru gewesen und er hatte es heute noch nicht ganz verkraftet. Zu wütend war er gewesen. Seit dem Tag an schob er einen mächtigen Groll auf Inoichi Yamanaka und seine Familie. Und dann war das Unglaubliche passiert, denn er hatte sich in Inoichis Tochter verliebt, seinen ganzen Groll beiseite zu schieben versucht und es irgendwie geschafft. Für Ino. Aber in dem Moment, an dem die beiden da im Sand lagen und Ino ihm Geschichten aus ihrer Vergangenheit erzählt hatte, da waren all die Erinnerungen in ihm hochgekommen. Vielleicht hatte er sich ja ein falsches Bild von Inoichi Yamanaka und seiner Firma gemacht. Vielleicht hatte Ino mit dem, was sie gesagt hatte, recht. Natürlich war sein Onkel dadurch auch nicht mehr lebendig zu machen, aber vielleicht half eine Aussprache, dem Groll den Garaus zu machen. Er musste es einfach tun. Für Ino. Aber erst einmal musste er sich überlegen, wie er sich angemessen bei ihr entschuldigen konnte. Denn irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie wütend war und enttäuscht. Letzteres war noch immer schlimmer für ihn als ihre Wut. Er hatte sie noch nie so verletzt und traurig gesehn. Sie benahm sich ganz anders als sonst. All ihre Taffheit, ihr frecher Umgangston und ihre Eitelkeit waren verflogen. Zum ersten Mal wirkte sie nicht so unantastbar, wie sie sich immer gab. Ihre Fassade bröckelte. Und dennoch, lieber hätte Shikamaru all ihre Wut und all ihren Zorn über sich ergehen lassen, als sie so traurig zu sehen. Es war ihr keineswegs zu verübeln, wenn sie mit ihm nichts mehr zu tun haben wollte, ihm aus dem Weg ging und nicht mehr mit ihm redete. Mit dieser schrecklichen Erkenntnis im Herzen stieß sich Shikamaru von dem Stein ab, seufzte, steckte die Hände in die Hosentaschen und trat seinen Weg zurück zum Internat an. ~Flaschback Ende~ Es klopfte leise an der Tür. Es war ein zögerndes, beinahe schüchternes Klopfen, fast so, als wäre sich sein Besucher nicht wirklich sicher, ob es der richtige Zeipunkt wäre, ihn zu stören. "Herein", raunte Shikamaru, gerade laut genug, damit es sein Besucher hören konnte, öffnete die Augen und starrte gespannt zur Tür. Die Tür flog auf und im Türrahmen standen Kiba und Naruto, nur mit einer Shorts bekleidet und bewaffnet mit Surfbrettern und Handtüchern. Wasser perlte von ihren Körpern und ihre Haare hingen ihnen strähnig ins Gesicht. Anscheinend waren sie gerade surfen gewesen. "Los, komm!", meinte Kiba euphorisch und zerrte seinen Freund am Arm hoch. Naruto nickte ihm bekräftigend und aufmunternd zu. "Mendokuse!", murmelte Shikamaru und sah sich hilflos nach einem Ausweg um. Aber es gab keinen. Er drehte sich zu Kiba und Naruto um, die ihn erwartungsvoll anschauten. "Ist ja schon gut. Ich komme mit!" Sie liefen einen langen, mit dunkelblauem Teppich ausgelegten, Gang entlang. "Wo wollen wir eigentlich hin?", erkundigte sich Shikamaru und versuchte, mit den Anderen Schritt zu halten. Kurz nachdem ihn seine Freunde entführt hatten, hatten diese sich umgezogen und ihre Surfbretter verstaut. Und nun schleppten sie ihn weiß Gott wohin. Er fragte sich ständig, was dieser ganze Humbuk hier eigentlich sollte. Wohin, verflucht nochmal, schleppten ihn seine Freunde? Allmählich wurde der Gang breiter und der Teppichboden ging in Fliesen über. Die Fenster wurden größer und eleganter und dann tauchte die riesige Haistatue vor ihnen in der Ferne auf. Shikamaru hielt inne und schnappte nach Luft. "So, jetzt müssen wir nur noch auf unsere Freunde warten", meinte Naruto und deutete auf das große Eingangsportal. "Ich hab aber keine Lust zu warten!", nörgelte Shikamaru bockig und steckte die Hände in die Hosentaschen. Na, das konnte ja spaßig werden. Eine Viertelstunde später kamen sie auch, ihre Freunde, auf die sie so lange gewartet hatten. Die kleine Gruppe kam gerade um die Ecke marschiert und Shikamaru erkannte ein paar seiner Mitschüler. Zaku ging strahlend neben Kin her und schien ihr gerade etwas Lustiges zu erzählen, denn seine Freundin lachte amüsiert. Die beiden waren, sofern er wusste, frisch zusammengekommen. Hatte ja auch lange genug gedauert, dachte Shikamaru bei sich. Es stand den beiden ins Gesicht geschrieben, dass sie sich mochten. Neben den beiden lief Shino, der Shikamaru schon immer ein wenig suspekt war. Wie immer trug er seine Sonnenbrille und seinen langen grauen Mantel, dessen Kragen seinen Mund verdeckte. Hinter ihm liefen Temari, Hinata und ein paar Leute, die er nicht kannte. Das Schlusslicht bildete zu seinem Schrecken kein Geringerer als Ino. Wütend warf Shikamaru seinen beiden Freunden einen vielsagenden Blick zu. Er würde ihnen die Gurgel zudrehen! Ino schien ihn anfangs gar nicht zu bemerken, lief sie doch mit gesenktem Haupt der kleinen Gruppe nach. Erst als Kiba pfiff, um die Anderen auf sich aufmerksam zu machen, sah sie auf und entdeckte Shikamaru. Anders als erwartet wurde sie nicht zornig. Sie sah ihn eher gleichgültig an, so, als ob die beiden sich nicht kennen würden. Kiba begrüßte jeden einzelnen seiner Freunde und räusperte sich dann laut. "Wenn dann nun alle zugegen sind, können wir ja beginnen. Ich habe mir nämlich eine kleine Überraschung überlegt" Mit einer weit ausholenden Geste deutete er auf die Treppe, die in den Jungentrakt führte. "Wir veranstalten nämlich jetzt ein Gokon der besonderen Art!" Die Anwesenden waren von der Idee nicht gerade begeistert, was sie durch ein frustriertes Seufzen verlauten ließen. Sie kannten Kibas grandiose Ideen nämlich sehr gut. Meist führten sie dazu, dass sie eine Menge Ärger bekamen. Doch der taffe Braunschopf ließ sich nichts anmerken und ging voraus. Die Anderen folgten ihm nur widerwillig. Man sah ihnen an, dass sie keine Lust hatten, dieses Spiel mitzumachen. Als sie in Kibas Zimmer ankamen, setzten sich alle verschwörerisch auf den Boden. Kiba ging zu seinem Schreibtisch und öffnete die oberste Schublade, aus der er eine Handvoll gelber kleiner Zettel fischte. Dann gab er jedem einen davon. "Also. Jeder von euch hat nun einen Zettel, auf dem eine Zahl zwischen 1 und 6 steht. Jede Zahl existiert zweimal. Die beiden, die die gleiche Zahl haben, sind für diesen Abend lang ein Pärchen" "Und was ist, wenn zwei Leute des selben Geschlechtes die gleiche Zahl haben?", fragte einer aus der Menge. Kiba schien auf diese Frage vorbereitet, denn er grinste hämisch. "Dann habt ihr Pech. Die Regel lautet, die Leute mit der gleichen Zahl bilden ein Pärchen. Und außerdem, heutzutage ist es doch kein Problem mehr, homosexuell zu sein!" Er lachte schrill. Dann rang er sich zur Beherrschung, räusperte sich und verkündete: "Nun öffnet eure Zettel und tut euch zusammen" Shikamaru entfaltete das kleine Stückchen Papier und entzifferte die unordentliche Zahl als eine Drei. Na super, drei war seine absolute Unglückszahl. Wahrscheinlich geriet er an einen dieser merkwürdigen Kerle. Oder an eines dieser komischen Mädchen. Er sah sich um. Shino war mit Temari zusammengekommen, Zaku mit einem ihm fremden Mädchen, sehr zum Leidwesen von Kin, die zu allem Pech auch noch mit einem Mädchen verkuppelt geworden war. Naruto war mit Hinata zusammengekommen. Auch eine sehr problematische Konstellation. Der Rest der Pärchen war ihm unbekannt. Ino war die Einzige, die mit niemanden zusammengekommen zu sein schien. Shikamaru mutmaßte, dass sie ebenfalls die Drei besaß. Wirklich super... Heute war echt sein Tag! Er hatte richtige Angst, als er Ino gegenübertrat. Noch nie hatte er in dieser Hinsicht Angst gehabt, doch nun wusste er einfach nicht, wie er ihr gegenübertreten sollte. Er nahm all seinen Mut zusammen und stellte sich vor Ino. "Scheint, als hätte uns das Schicksal zu Partnern gemacht" Ino sah auf und zum ersten Mal seit dem gestrigen Abend, wurde ihre Miene zornig. "Was für ein unendliches Glück ich doch habe!", bellte sie sarkastisch. Shikamaru durchfuhr ein eisiger Schauer. Noch nie hatte Ino in einem so eisigen Ton mit ihm gesprochen! Sie schien ihn wirklich zu hassen! Er verfluchte sein ganzes gottverdammtes Leben und setzte sich seufzend in einiger Entfernung ihr gegenüber. Rund fünf Minuten später begann Kiba damit, die erste Runde einzuleiten. Er holte einen Würfel unter seinem Kopfkissen hervor. "Das Pärchen, mit der Zahl, die nun gewürfelt wird, muss diese Salzstange zusammen aufessen" Er würfelte. Shikamaru schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Er hoffte bloß, dass es das Schicksal gut mit ihm meinte und bloß nicht die 3 gewürfelt wurde. Er wollte Ino nicht mit den Lippen berühren. Naja, eigentlich wollte er es schon, aber solange sich die Wogen nicht geglättet hatten, war es besser, sich ganz langsam an Ino heranzutasten. Der Würfel wirbelte über den Teppichboden und blieb letztendlich auf der 1 stehen. Kin und ihre Partnerin zuckten zusammen. Dann nahmen sie die Salzstange entgegen, die ihnen Kiba reichte, steckten sie in den Mund und aßen sie auf, partout darauf achtend sich ja nicht mit dem Mund zu berühren. Dann waren die beiden mit würfeln an der Reihe. Kin erhob ihre Stimme. "Das nächste Pärchen muss sich leidenschaftlich küssen. Mit Zunge!" Sie warf dabei einen hasserfüllten Blick Richtung Kiba und hoffte bloß, dass die 6 gewürfelt wurde. Dann könnte Kiba nämlich mal beweisen, wieviel Mumm in ihm steckte und seinen männlichen Partner mal gehörig abschlabbern. Sie warf und starrte gespannt auf den Würfel. Er drehte und drehte, schien gar nicht stehenbleiben zu wollen, stand für einen kurzen Moment auf der Kante und blieb letztendlich stehen. Alle beugten sich gespannt über den kleinen Gegenstand und wollten wissen, welche Zahl gewürfelt wurde und welches Pärchen somit an der Reihe war. Es war eine 3... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)