Ayashi - Der Weg zur Wahrheit von abgemeldet ((überarbeitet)) ================================================================================ Kapitel 92: ------------ Ayashi schluchzte leise und klammerte sich an Sesshoumaru. Ihre Tränen durchweichten den Stoff seines Haoris, doch sie wollten einfach nicht versiegen. Sesshoumaru hielt sie nur fest und ließ seine Hand zärtlich immer wieder über ihren Rücken streichen, um sie zu beruhigen, doch er drängte sie nicht, ihr Schweigen zu brechen. Er sprach ab und zu ein Wort, das sie nicht richtig verstand, doch er ließ ihr Zeit. Sesshoumaru wartete ab. Er wollte nicht, dass sie sich gedrängt fühlte. Er wollte nicht, dass sie jetzt sprachen, denn er hatte ein wenig Angst davor, wie er feststellte. Er hatte Angst davor, was sie sagen würde. Er befürchtete, dass sie sich ihm sofort entziehen würde, wenn sie die Kraft dazu hatte, da lediglich die Situation dafür gesorgt hatte, dass sie seine Arme um ihren Körper duldete. Und er wollte sie nicht aus seiner Umarmung entlassen. Viel zu lange hatte er sich nach ihr gesehnt. Viel zu lange war es her, seit er ihren Körper gespürt hatte, ihren Duft eingeatmet hatte und ihren Atem leise gehört hatte. Es wusste, dass es eine schlechte Gelegenheit war, so selbstsüchtig zu sein, doch nun war sie bei ihm und er genoss es. Er konnte nicht anders. Ayashi wusste nicht genau, wie viel Zeit vergangen war, in der sie geweint und das Gefühl seiner Arme um sich herum genossen hatte, doch sie hatte bemerkt, dass sie sich seit langer Zeit in seinen Armen, in seiner Nähe endlich wieder vollständig fühlte. Es war ein mächtiges Gefühl, das beinahe alles andere unwichtig erscheinen ließ. Beinahe. Denn trotzdem kam das Bewusstsein um die Tatsache in ihren Verstand zurück, dass sich an der Ausgangssituation beinahe nichts geändert hatte. Ihr Vater wollte noch immer nicht, dass sie nach Fukuoka zurückkehrte, wenn sie nicht einwilligte. Konnte sie überhaupt noch einwilligen? Nein. Sie konnte es nicht, auch wenn das Angebot vielleicht noch bestand. Niemals konnte sie einwilligen. Eine Versöhnung mit ihrem Vater war folglich nicht in Sicht. Und noch immer hing die Vision ihrer Mutter über ihrer Beziehung zu Sesshoumaru, von der sie überhaupt nicht sicher war, dass sie noch eine Chance hatte. Sie wollte dennoch lieber durch Sesshoumarus Hand sterben, als die eines anderen Youkai als führende und schützende Hand in ihrem Leben zu akzeptieren. Ayashi schüttelte leicht den Kopf und presste die Augen fest zusammen. Sesshoumaru hielt sie fest. Sesshoumaru war da. Er liebte sie. Er musste sie lieben – wie sie auch ihn liebte. Verzweifelt. Schmerzhaft. Uneingeschränkt. Tief in ihrem Herzen wusste sie es, doch dennoch streute ihr Verstand winzige Zweifel und Hoffnungslosigkeit setzte sich in ihrem Herzen fest und lähmte sie. Konnte er sie überhaupt lieben, wo sie ihn doch zu diesem Kampf herausgefordert hatte? Konnte er sie überhaupt noch schätzen, wo sie sich ihm doch nun so erbärmlich zeigte? Konnte er überhaupt verstehen, was sie zu ihrem Handeln gebracht hatte? Wie ging es nun weiter? Was hatte sie nur getan? „Vergib’ mir, Sesshoumaru.“ flüsterte sie erstickt und spürte, wie sich sein Körper ein wenig versteifte. „Vergib’ mir.“ wiederholte sie, worauf er nur seine Umarmung um sie noch verstärkte, jedoch nichts sagte. Sesshoumaru konnte nicht glauben, dass sie ihn um Vergebung bat. Und er verstand nicht, weshalb sie um Vergebung bat. Er war zu dankbar, dass sie zuließ, dass er sie hielt. Er war zu froh darüber, denn er hatte vermutet, ihre Nähe nie wieder zu spüren. Sie war zu ihm zurückgekehrt, obwohl er alles getan hatte, das Gegenteil zu bewirken. Wenn jemand um Vergebung bitten musste, war das wohl er, wie er fand. „Es ist in Ordnung, Ayashi. Es ist alles in Ordnung.“ murmelte er leise an ihr Ohr, doch sie schüttelte den Kopf. „Nicht alles.“ erwiderte sie und löste sich ein wenig von ihm, sodass sie ihm in das Gesicht sehen konnte. Sesshoumaru ließ seine Hände sinken und Ayashi fühlte sofort eine leere Kälte an den Stellen, an denen nun seine Berührungen fehlten. Seine bernsteinfarbenen Augen ruhten fragend und aufmerksam auf ihr, doch wieder stellte sie fest, dass er sie zu nichts drängte. Wollte er überhaupt nicht wissen, was in sie gefahren war? Wusste er etwas, das er ihr nicht sagte? Nein. Sie war diejenige, die ihm von Anfang an nicht alles gesagt hatte. Sie musste jetzt mit ihm reden, obwohl sie am liebsten noch Stunden damit zugebracht hätte, in seinen Armen wieder die Geborgenheit zu finden, die sie so lange vermisst hatte. „Wir müssen reden.“ fügte Ayashi deshalb ihren Worten hinzu, worauf Sesshoumaru nickte. „Ich habe viele Fragen, Ayashi.“ gab er zu. Ayashi senkte den Kopf und nickte leicht. Das konnte sie sich vorstellen. Und sie wusste, dass er jedes Recht dazu hatte, doch sie wusste nicht, ob sie ihm seine Fragen beantworten konnte. Sie zuckte leicht zusammen, als er ihr Kinn mit seinen Fingerspitzen berührte. Langsam hob er ihr Gesicht zu seinem und zwang sie zärtlich, ihn anzusehen. „Ich werde versuchen, dir zu erklären, was…“ begann Ayashi, doch er legte ihr einen Finger auf die Lippen, weshalb sie verstummte. „Ich habe eine sehr wichtige Frage, die du mir gleich beantworten solltest.“ entgegnete er und zögerte einen Moment. „Wenn ich kann…“ murmelte Ayashi, doch er schüttelte den Kopf, was sie wieder schweigen ließ. Sesshoumaru sammelte sich und atmete tief durch, als ob es ihn Überwindung kosten würde, seine Frage zu stellen, doch schließlich ergriff er das Wort: „Ich habe dich seit vier langen Jahren nicht mehr gesehen, doch es verging kein Tag und keine Nacht, in der ich nicht an dich gedacht habe.“ Ayashi hörte ihm zu und unterbrach ihn nicht, obwohl sie feststellte, dass es keine Frage war, die er stellte. „Du warst in mir und um mich herum, Ayashi. Du warst mein Sinn und mein Verstand und mein Lebenswille. Du warst in jedem Herzschlag und in jedem Atemzug. Du warst im Sommer ein kühler Lufthauch und im Winter eine wärmende Flamme. Die Erinnerung an dich war Wasser für meine sterbende, verdörrende Seele, obwohl sie auch das war, was mich quälte. Es gab keinen Ort, an dem ich verweilen konnte, ohne dass du bei mir warst. Und auch wenn es sehr schmerzhaft war, dich nicht als Person bei mir zu haben, war es dennoch tröstlich, zumindest die Erinnerungen zu haben. Irgendwie.“ meinte er. Ayashi verstand, wie er sich gefühlt hatte. Ihr war es ähnlich gegangen. Ihre Kehle zog sich zusammen und sie fühlte erneut die Tränen in sich aufsteigen. Dieselben Gefühle, ähnliche Grenzen, doch was hätte sie anders machen können? Sie hätte ihren Stolz vergessen müssen. Sie hätte ihn vergessen müssen und hätte zu ihm eilen sollen, sobald sie sich mit ihrem Vater entzweit hatte. Das hätte sie tun sollen! „Ich werfe dir nichts vor, Ayashi. Niemals. Und in diesem Fall ist es so sinnlos, dir etwas vorzuwerfen. Ich war selbst Schuld an meinem Unglück. Ich und die Situation, aber nun muss ich etwas wissen, Ayashi.“ „Ja?“ fragte sie und konnte kaum noch sprechen, da ihre Stimme beinahe wieder voller erstickter Tränen war. „Darf ich dich noch lieben?“ fragte er und sie blickte ihn einen Moment fassungslos an. „Ich habe mit dir gekämpft, weil es dein Wunsch war. Sollte es dein Wunsch sein, werde ich nie wieder ein Wort über meine Liebe zu dir verlieren. Sollte es dein Wunsch sein, werde ich nie wieder deinen Weg kreuzen. Sollte es dein Wunsch sein, werde ich…“ Ayashi fasste sich und nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände, was ihn verstummen ließ. Sie konnte nichts sagen, da ihr nichts Passendes einfiel. Sie war zu verwirrt und zu glücklich, sodass sie ihn nur schweigend anblicken konnte, ihre Tränen wegblinzelte und ihn leicht anlächelte, ehe sie seine Lippen mit ihren berührte. Sesshoumarus Arme drückten sie fest an sich und seine Lippen streichelten zärtlich und fordernd ihre. Hätte es Ayashi für möglich gehalten, durch die Zärtlichkeit eines einzelnen Kusses zu sterben, wäre sie davon überzeugt gewesen, dass es nun so weit war. Ihr Herz hämmerte wie wild und war immer noch krampfhaft zusammengezogen, sodass es heftig schmerzte. Ayashi erwiderte seine Küsse und gab sich einige lange Augenblicke seiner Zärtlichkeit und Leidenschaft hin, obwohl sie es kaum aushielt. Sie wusste nicht, was sie fühlte. Liebe. Leidenschaft. Hoffnungslosigkeit. Hingabe. Lust. Dankbarkeit. Verzweiflung. Glück. Hoffnung. Schmerz. Doch, sie wusste, was sie fühlte. Sie verstand nur nicht, wie sie all diese Gefühle gleichzeitig empfinden konnte. Sie zitterte ein wenig und lehnte sich stärker gegen Sesshoumarus Körper, der ihr Gewicht leicht ausgleichen konnte, weshalb sie nicht auf den Boden zurücksanken. Sie liebte ihn. Sie liebte ihn so sehr. Und sie weinte schon wieder, stellte sie fest. Sesshoumaru brachte ein wenig Abstand zwischen sie und betrachtete sie besorgt. Ayashi schüttelte den Kopf und lächelte unter Tränen, ehe sie ihre Arme um seinen Nacken schlang. „Ich liebe dich, Sesshoumaru. Ich gehöre dir. Ich will nichts anderes als bei dir zu sein. Ich wollte nie etwas anderes.“ hauchte sie und fühlte, wie er sie mit seinen starken Armen an sich presste. „Dann bleib’ bei mir, Ayashi. Bleib’ bei mir und geh’ nie wieder fort.“ flüsterte er in ihr Ohr und Ayashi nickte, schloss für einen kurzen Moment die Augen und blickte dann in den Nachthimmel hinauf, an dem die Sterne funkelten. Sie wusste nicht genau, was die Zukunft für sie bereithielt, doch das wusste niemand – auch ihre Mutter Midoriko nicht, da war sich Ayashi sicher. Ihre Zukunft war an Sesshoumarus Seite. Irgendwie würden sie es schaffen, weil sie es wollten. Sie hatte das Gefühl, dass sie alles schaffen konnten, wenn sie es nur wollten, doch Ayashi wusste, dass sie ihm nichts mehr verheimlichen wollte. Sesshoumaru musste alles über die Vision und den Streit mit ihrem Vater wissen und sie, Ayashi, würde ihm alles erzählen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)