Ayashi - Der Weg zur Wahrheit von abgemeldet ((überarbeitet)) ================================================================================ Kapitel 78: ------------ Ayashi kehrte zurück ins Schloss und nahm einem immer noch verwunderten Ban seine Aufgabe wieder ab, da sie nun wieder selbst zur Stelle war. Der Gesichtsausdruck seiner Hime gefiel ihm nicht. Außerdem wirkte sie leicht verstört, doch er wagte nicht, sie nach dem Grund für ihr Verhalten zu fragen. Ayashi setzte sich wieder auf die Engawa und blickte zu Izayoi und Inuyasha hinüber. „Ist etwas vorgefallen?“ fragte sie, als Ban sich nicht zurückzog, und nickte in die Richtung der beiden. „Izayoi-Sama bat mich, mit Euch sprechen zu dürfen.“ entgegnete Ban, worauf Ayashi überrascht aufblickte. „Sagte sie, worüber sie mit mir sprechen möchte?“ wollte sie wissen, doch Ban schüttelte den Kopf. „Nein, ich bedaure, Ayashi-Sama. Sie sagte, es sei ihr ein Bedürfnis.“ erwiderte er, was Ayashi zu einem Kopfschütteln verleitete. „Und wir tun natürlich alles, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen.“ murmelte sie leise, doch Ban hörte sie. „Vergebt mir meine Offenheit, Hime-Sama, aber… empfangt sie nicht, wenn Ihr nicht wollt.“ „Es geht schon lange nicht mehr darum, was ich will, Ban-Sama. Sagt ihr, dass ich sie heute Abend noch aufsuchen werde. Dann kann sie mit mir sprechen.“ entgegnete Ayashi und erhob sie von ihrem Platz. Sie konnte jetzt nicht mit ihr sprechen. Jetzt nicht. Sie brauchte einen Augenblick für sich, um mit den Nachrichten umzugehen, die Sesshoumaru ihr überbracht hatte, wenn man das überhaupt ordentlich konnte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Neuigkeiten auch die anderen im Schloss erreichen würden, doch bis dahin war sie die einzige, die Bescheid wusste. Ayashi wusste, dass sie ihr Wissen für sich behalten musste, denn sie konnte es nicht erklären. Es war ein schreckliches Wissen, denn es vernichtete jegliche Hoffnung, die es in ihr noch gegeben hatte. Wenn sie sich nur vorstellte, welchem Gegner Sesshoumaru, sein Vater und ihr Vater gegenüber standen, so wurde ihr schwindelig und ließ nur noch einen Wunsch in ihr laut rufen: Sie wollte weg von hier. Sie wollte keine Verpflichtungen mehr erfüllen müssen. Sie wollte ein Leben fernab von Macht und Krieg mit Sesshoumaru. Ayashi wusste, dass sie nicht mehr wollte, doch dass schon das allein zu viel verlangt war. Sie war gefangen in einem Käfig von widrigen Umständen, aus dem sie nicht entkommen konnte. Am Abend überwand sich Ayashi und trat zu Izayoi, die den gesamten Tag schon ihr Kind in ihren Armen hielt und es nicht losließ. Sie wusste, dass sie das Gespräch beginnen sollte, also fragte sie: „Izayoi-Sama, ich hörte, Ihr erbatet ein Gespräch. Worüber wollt Ihr mit mir sprechen?“ „Ayashi-Sama, es ist mir… Ich freue mich sehr, dass Ihr meiner Bitte nachkommt.“ erwiderte Izayoi und wies mit einer flüchtigen Handbewegung auf das leere Sitzkissen, worauf Ayashi Platz nahm. „Ich habe bemerkt, dass Ihr heute Nachmittag das Schloss verlassen habt.“ meinte Izayoi zurückhaltend und Ayashi nickte. „Ich schwor, Euch zu schützen, und gedenke diesen Schwur nicht zu brechen. Ihr habt nichts zu befürchten. Die Krieger werden ihre Aufgabe auch ohne mich ausführen können.“ „Ich zweifelte nicht an Eurer Zuverlässigkeit, Ayashi-Sama. Vergebt mir.“ Ayashi blieb stumm und blickte Inu-no-taishous Frau an, die den Blick gesenkt hielt. Sie würde niemals eine große Herrscherin werden, wie man es von der Gefährtin eines Daiyoukai erwartete. Niemals. „Verzeiht mir, Ayashi-Sama, doch ich muss Euch etwas fragen.“ begann Izayoi wieder, worauf Ayashi sie geduldig und abwartend anblickte und leicht nickte. „War Eure Mutter eine Youkai?“ fragte sie ohne Umschweife und Ayashi konnte sich denken, worauf diese Frage führen sollte. „Sie starb, als ich noch sehr klein war. Ich erinnere mich kaum an sie. Mein Vater spricht nicht oft von ihr. Und ja, sie war eine Youkai.“ antwortete Ayashi. Sie wollte sich weitere Fragen ersparen. Sie wollte nicht Izayoi fragen hören, warum Ayashis Geburt keinen Krieg heraufbeschworen hatte. Sie wollte Izayoi nicht wissen lassen, dass sie und ihre eigene Mutter etwas gemeinsam hatten, denn das hatten sie in Ayashis Augen überhaupt nicht. „Ich verstehe so viele Dinge nicht, Hime-Sama. Mein Leben war sehr beschaulich, doch als ich Inu-no-taishou kennen lernte… Es hat sich verändert, aber ich kann auch nicht sagen, dass ich es bereue.“ „Natürlich nicht.“ gab Ayashi zurück und blickte in den dämmrigen Himmel. „Ihr bereut es nicht, Inu-no-taishou kennen gelernt zu haben, und dennoch sehnt Ihr Euch das beschauliche Leben zurück.“ „So ist es, Ayashi-Sama.“ „Ihr solltet Euch schnell daran gewöhnen, dass Euer Leben nie wieder beschaulich sein wird. Das Leben mit einem Daiyoukai zu teilen, ist für einen Menschen nicht, doch da Ihr Euch dafür entschieden habt, müsst Ihr jetzt auch mit den Konsequenzen leben.“ „Ich bin in Sorge um ihn.“ flüsterte Izayoi und Ayashi nickte. „Ihr seid nicht die einzige, die um ihn fürchtet. Inu-no-taishou liegt sehr vielen Youkai am Herzen. Sein Verlust… Seine Gesundheit ist sehr wichtig für sie.“ Izayoi schwieg eine Weile und nickte nachdenklich, doch Ayashi wurde das Gefühl nicht los, dass Izayoi noch etwas sagen wollte, weshalb sie noch sitzen blieb. „Ich danke Euch, Ayashi-Sama. Ihr seid sehr gütig.“ „Ich habe versprochen, Euch zu schützen, Izayoi. Das tat ich für Inu-no-taishou.“ „Ich verstehe.“ murmelte Izayoi und betrachtete das Kind in ihren Armen. „Trotzdem habt Ihr mir erneut Hoffnung gemacht.“ Ayashi musste ein leises Lachen unterdrücken. Hoffnung. Im Moment war Izayoi eine der wenigen, die Hoffnung hatte, obwohl diese nicht begründet war. „Inuyasha hat einen älteren Bruder, doch er ist seit der Geburt seines Halbbruders nicht mehr so oft im Schloss seines Vaters. Er hasst mich. Und er hasst den kleinen Inuyasha.“ „Izayoi-Sama, das ist nicht wahr. Er hasst nicht Euch oder Inuyasha. Er fürchtet nur um seinen Vater. Und er war nicht mehr im Schloss, weil er dafür sorgen musste, dass die Verbündeten seines Vaters weiterhin ihre Treue halten.“ „Ihr versteht nicht, Ayashi-Sama. Es geht mir nicht um mich. Es geht mir um meinen kleinen Sohn und um meinen Mann, der sich meinetwegen mit seinem erstgeborenen Sohn entzweit hat.“ „Izayoi-Sama!“ entgegnete Ayashi heftig, da die Frau vor ihr überhaupt nichts begriffen hatte. „Sesshoumaru-Sama steht auf der Seite seines Vaters. Er kämpft für ihn. Er stirbt für ihn. Wenn er sich mit seinem Vater gestritten hat, dann nicht wegen Eurer Person, sondern weil sein Vater wegen Euch alles riskiert hat, was auch meiner Meinung nach…“ Ayashi brach ab und schüttelte den Kopf, als sie Izayois erschrockenes Gesicht sah. „Was denkt Ihr, warum wir uns gerade im Krieg befinden? Gut, vielleicht war uns Youkai in unserer wilden Art einmal wieder danach, uns gegenseitig umzubringen. Wenn das ist, was Ihr denkt, habt Ihr wirklich nichts verstanden, Izayoi-Sama. Das Gleichgewicht unserer Welt, der Welt der Youkai, ist nun zerbrechlich und nicht mehr stabil, da Inu-no-taishou Euch gewählt hat. Es ist diese Entscheidung, die ihm das Vertrauen und die Achtung der anderen Youkai nehmen, da man eine starke Herrin an seiner Seite erwartet hatte. Indem er Inuyasha noch als Sohn anerkennt, macht er damit Sesshoumaru das Erbe streitig, und das ist vielleicht sogar das größte Problem von allen anderen.“ „Ich verstehe nicht.“ gab Izayoi kleinlaut zu und Ayashi erklärte: „Stellt Euch die Frage, wem die ehrwürdigen Youkai folgen sollen, wenn sowohl Inu-no-taishou als auch Sesshoumaru den Tod finden! Inuyasha? Ein Hanyou, der von seiner sterblichen Mutter kaum ausreichend auf diese Aufgabe vorbereitet werden konnte, wäre der rechtmäßige Erbe. Sollen sie ihm folgen? Sollen sie ihm vertrauen? Sollen sie ihm ihre Treue schwören, dass er sie schützt? Kann das funktionieren, Izayoi-Sama?“ Izayoi schüttelte nur stumm den Kopf und blickte auf ihren Sohn hinab, der an seinem Daumen lutschte. „In unserer Welt gibt es niemals nur ein Paar, das Wünsche hat, oder eine Familie, die Pläne hat. Es betrifft uns immer alle. Deshalb steht mein Vater nun Seite an Seite mit Inu-no-taishou … und noch so viele andere. Das Gleichgewicht muss gewahrt bleiben. Die Sicherheit muss erhalten bleiben. Und dafür muss gerade die Erbfolge eines so wichtigen Reiches wie Inu-no-taishous gesichert und anerkannt sein.“ „Aber wenn…“ begann Izayoi und stockte, ehe sie fortfahren konnte: „Wenn Inu-no-taishou und Sesshoumaru sterben würden… und niemand von ihrer Familie die Herrschaft übernehmen könnte… Wäre das nicht genauso schlimm, wie wenn nur mein Sohn…?“ „Nein. Nein, durchaus nicht. Inuyasha ist zu diesem Zeitpunkt der zweite Erbe nach Sesshoumaru, doch niemand würde ihm folgen. Kämpfe um die Herrschaft würden mehr als bald ausbrechen. Der stärkste würde daraufhin herrschen.“ „Inu-no-taishou ist der Stärkste. Deshalb herrscht er doch.“ „Izayoi, Ihr versteht nicht! Das Land wurde Inu-no-taishou vom Kaiser, der in unseren Tagen nicht mehr in Japan weilt, zugesprochen, da er in den Kämpfen gesiegt hatte. Ja, Inu-no-taishou war der stärkste Krieger, doch das heißt nicht, dass er es auch heute noch ist.“ entgegnete Ayashi und nickte. Sie konnte nicht glauben, über was sie sich mit Izayoi unterhielt – und dass sie schon über die Zeit nach Sesshoumarus Tod nachdachte. Tränen stiegen ihr in die Augen. Tränen des Kummers. Tränen der Verzweiflung. Langsam wandte sie den Blick ab und kämpfte die verräterischen Tropfen tapfer nieder. Nein, sie würde niemals Schwäche zeigen. Nicht vor Izayoi. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)