Ayashi - Der Weg zur Wahrheit von abgemeldet ((überarbeitet)) ================================================================================ Kapitel 28: ------------ Die Dienerinnen waren schnell über die baldige Abreise informiert und taten in der Eile ihr Bestes. Ayashi brachte Ayame gleich ins Bett, damit sie sich wenigstens noch etwas schlief, bevor die Reise begann. Ihre Sachen konnten die Dienerinnen auch alleine richten. Dann kehrte Ayashi in ihre eigenen Gemächer zurück und gesellte sich zu ihren Dienerinnen. „Kaum seid Ihr wieder da, reist Ihr auch schon wieder ab, Ayashi-Sama.“ meinte Zhu-Lien, als Zhang kurz den Raum verlassen hatte. „Ich war vier Jahre zu Hause, Zhu-Lien!“ lachte Ayashi und entschied, das meiste ihrer Sachen in Fukuoka zu lassen. Ayashi hatte ihre Dienerinnen – vor allem Zhu-Lien – nie mit großer Strenge behandelt, um zu erreichen, was sie von ihnen wollte. Das ein oder andere freie Wort ließ sie sich gefallen. Wenn es nach ihrem Vater ging, ließ sie ihren chinesischen Dienerinnen eindeutig zu viel durchgehen, doch sie konnte nicht anders. Zhu-Lien und Zhang waren so bewundernswerte Persönlichkeiten und sie wollte nicht vergessen, dass auch sie Youkai waren, die aus angesehenen Familie stammten und es als Ehre ansahen, ihr, Ayashi, dienen zu dürfen. „Nun, es ist für eine Hime wie Ihr eine seid, doch schon recht ungewöhnlich, dass Ihr Euch überhaupt auf Reisen begebt und scheinbar das Abenteuer sucht.“ „Ich frage mich, was ich denn sonst den ganzen Tag machen sollte. Womit sollte ich mir die Zeit vertreiben? Handarbeiten und Spaziergänge im Garten? Das reicht mir einfach nicht.“ „Ganz offensichtlich schlagt Ihr auch ein wenig nach Eurer verehrten Mutter.“ Ayashi dachte nach und nickte schließlich zaghaft, auch wenn sie den Freiheitsdrang eher auf ihre Wolfsyoukai-Natur zurückführte. Sie hatte noch nie sonderlich darauf geachtet, aber die Youkai, die am Hof oder in der Umgebung wohnten, oder der Familie nahe standen, akzeptierten, dass ihre Mutter eine Sterbliche gewesen war. Viele von ihnen betrachtete sie gar nicht als Menschen, sondern einfach als die verstorbene Frau des Youkai-Fürsten. Während Ayashi ihre restlichen Sachen in ein Bündel packe, fiel ihr Blick in den Spiegel. Ihr schwarzes, langes Haar, ihre geschmeidigen Bewegungen und ihr anmutiger Körper – sie konnte keinen Makel erkennen. Sie hatte zwar keine Zeichen im Gesicht, wie zum Beispiel Inu-no-taishous Sohn Sesshoumaru-Sama das Zeichen einer Mondsichel auf der Stirn trug, doch sie sah aus wie eine Youkai. „Vielleicht solltet Ihr Euch noch etwas ausruhen, Ayashi-Hime.“ riss Zhu-Lien sie aus ihren Gedanken. Ayashi schloss die Augen und nickte leicht. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie so bald aufbrechen würde und konnte etwas Schlaf sicher gut vertragen. „Ich werde mich etwas niederlegen.“ meinte sie. Zhu-Lien nickte und verließ den Raum, um auch Zhang davon zu unterrichten, dass nichts mehr zu tun sei. Sesshoumaru saß über einigen Unterlagen, die sein Vater ihm zum Überprüfen gegeben hatte, und zog immer wieder eine Augenbraue hoch, wenn er über etwas stolperte, das ihm nicht gefiel. Sein Vater war eindeutig zu nachsichtig mit den Bauern und zu verständnisvoll, was ihre Probleme anging. Wieso musste er auch dauernd seine Großzügigkeit an diesen Bauern ausleben? „Sesshoumaru-Sama! Sesshoumaru-Sama!“ „Brüll’ nicht so, Yaken.“ entgegnete Sesshoumaru und blickte nur flüchtig von seinem Schreibtisch auf, als sein Diener durch die offene Tür gehetzt kam. „Verzeiht mir, Sesshoumaru-Sama. Verzeiht mir.“ „Was willst du?“ „Ein Bote brachte eine eilige Nachricht von Kataga-Sama.“ entgegnete Yaken. Sesshoumaru blickte auf und streckte ungeduldig seine Hand aus. Yaken eilte heran und reichte seinem Herrn das zusammengerollte Stück Papier und Sesshoumaru begann zu lesen. Nach einer Weile fragte Yaken: „Sesshoumaru-Sama, sind es unerfreuliche Nachrichten?“ „Kataga-Sama wünscht, noch einmal mit mir zu sprechen.“ beantwortete Sesshoumaru die überaus neugierige Frage. „Er schlägt den morgigen Nachmittag vor. Gib’ dem Boten Bescheid, dass ich einverstanden bin. Sag’ ihm, dass ich allein komme. Du wirst mich nicht begleiten, Yaken.“ „Wie Ihr wünscht, Sesshoumaru-Sama.“ meinte der Krötendämon, verneigte sich und eilte wieder aus dem Raum. Sesshoumaru legte das Schriftstück beiseite und erhob sich von seiner Schreibtafel und den Papieren, die vor ihm lagen. Mit sicheren Schritten machte er sich auf den Weg zu seinem Vater, den er im Empfangssaal antraf. Sesshoumaru blieb etwas entfernt stehen, da sich sein Vater gerade im Gespräch mit einigen seiner Verbündeten befand. Tsukiyomaru, Sesshoumarus engster Freunde, nickte ihm kurz zu, als er ihn sah, konzentrierte sich dann aber wieder gänzlich auf das Gespräch. Sesshoumaru hörte, dass es um eine Bedrohung durch die Drachen ging, die in verschiedene Gebiete an der nordwestlichen Küste eingefallen waren, und sowohl Youkai als auch Menschensiedlungen angriffen und dem Erdboden gleichmachten. Viele seien schon gefallen, erzählte einer der älteren Youkai-Führer, und bat nun Inu-no-taishou um seinen Rat und seine Unterstützung. Sesshoumaru mischte sich nicht in das Gespräch ein, denn noch war er nicht der Herr über die Gebiete der Westlichen Länder und noch würde sein Vater ihn ausdrücklich darum bitten, wenn er seine Meinung zu irgendeiner Angelegenheit hören wollte. Nach wenigen Augenblicken schien alles besprochen und geregelt zu sein und Tsukiyomaru trat zu seinem Freund. „Ich hatte eigentlich erwartet, dass du an der Besprechung teilnimmst, Sesshoumaru.“ gab er zu, nachdem sie sich begrüßt hatten. „Ich war anderweitig beschäftigt. Entschuldige mich einen Moment, aber ich muss mich dringend mit meinem Vater besprechen. Ich komme nach draußen, sobald ich kann.“ entgegnete Sesshoumaru und verschwieg, dass es überhaupt nichts von einer Zusammenkunft gewusst hatte. Tsukiyomaru nickte und verließ den Empfangssaal ebenso wie die anderen, um im Hof auf Sesshoumaru zu warten. Sesshoumaru trat zu seinem Vater und verneigte sich ein wenig. „Vater, ich werde morgen bei Kataga-Sama erwartet. Ich erhielt soeben die Nachricht.“ „Weißt du, was er mit dir besprechen möchte?“ fragte Inu-no-taishou und blickte seinen Sohn prüfend an. „Nein, doch ich kann mir vorstellen, dass er überprüfen möchte, ob ich meinen Zorn auf die Katzenyoukai in den letzten vier Jahren überwunden habe.“ „Ich bin mir sicher, dass er dich deshalb nicht zu sich bestellen würde.“ „Er bestellt mich nicht zu sich, Vater.“ „Gut, er bittet dich, zu kommen.“ verbesserte Inu-no-taishou sich und gab seinem Sohn damit keinen Anlass mehr, seinen Stolz verletzt zu sehen. „Er ist vorsichtig, was politische Dinge angeht, und ist sich bewusst, dass du mein Nachfolger bist. Ich vermute, er will dich nach und nach besser kennen lernen, damit er weiß, was er zu erwarten hat, sobald du die Nachfolge antrittst.“ Sesshoumaru schwieg und nickte. Er wusste, dass er vieles anders regeln wollte, wenn er erst Herr über die Westlichen Länder war, doch im Moment entschied sein Vater und es stand ihm nicht zu, seine grundsätzlichen Entscheidungen zu kritisieren. Inu-no-taishou duldete das menschliche Gerede über den Herrn, sah ihnen vieles nach und unterstützte und half ihnen, sollten Missernten und Hungersnöte oder auch nur eine Horde von wilden Tieren oder Söldnern ihre Dörfer heimsuchen. Sie standen unter seinem Schutz, obwohl sie keinerlei Abgaben oder sonstige Gegenleistungen erbrachten – dass er damit das Vermögen und die Mittel seines Landes schmälerte, schien ihm gleichgültig zu sein. Sesshoumaru würde das ändern. „Interessiert dich, was wir besprochen haben?“ fragte Inu-no-taishou, der Sesshoumarus nachdenklichen Gesichtsausdruck falsch deutete. „Sicher interessieren mich dir Belange unserer Verbündeten. Wenn du es für richtig hältst, wirst du es mir sagen. Deshalb fragte ich nicht.“ erklärte Sesshoumaru und kehrte aus seinen Überlegungen zurück. „Die Drachen sind dabei, eine Armee aufzustellen. Zurzeit greifen sie in kleineren Gruppen, die sie als wild gewordene Söldner tarnen, die Gebiete der nordwestlichen Küste an, und dementieren jegliche Kriegsabsicht. Unsere Verbündeten können diese Söldner allein schlagen, doch eine größere Auseinandersetzung ist nicht mehr zu verhindern.“ „So sollte ich mich möglichst bald bereit machen, nehme ich an.“ erwiderte Sesshoumaru. „Das wäre mir sehr recht, Sesshoumaru.“ stimmte Inu-no-taishou seinem Sohn zu und ließ ihn sich zurückziehen. Sesshoumaru verließ den Raum mit großen Schritten, doch er schien sich kaum Sorgen über die bevorstehende Auseinandersetzung zu machen. Inu-no-taishou blickte ihm nach und war wieder einmal froh, Sesshoumaru zum Sohn zu haben. Er konnte sich auf ihn verlassen. Er war stolz auf ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)