sing a song von Bellatora (oder: Wenn du feststellen musst, dass du die Menschen in deiner Umgebung doch nicht so gut kennst, wie du geglaubt hast.) ================================================================================ Kapitel 8: Geheimniss, Gründe und Erpressungen ---------------------------------------------- Da Roland hinter Nakamura her war, hatte Seto keinen Chauffeur. Obwohl er das für gewöhnlich vermied nahm er an diesem Abend also ein Taxi um zu Katsuyas Auftritt zu kommen. Das Erste, was ihm auffiel, als er aus dem Wagen stieg, war Roland, der missmutig an eine Wand gelehnt dastand und den Eingang im Auge behielt. "Was treiben Sie hier?", fauchte Seto seinen Angestellten auch schon an. "Sie sollten doch bei Nakamura bleiben!" Roland schaute nicht schlecht, als jemand ihn von der Seite her mit der Stimme seines Chefs anfauchte und drehte den Kopf langsam zur Seite. "Ähm~ ja, aber... Nun, der Junge ist dort drin.", gab er stotternd Auskunft und deutete mit der Hand in Richtung des Clubs. Eigentlich kannten sie sich lange genug, dass Roland ganz gut mit Kaiba klar kam, doch wusste er durchaus, dass es selbst für ihn gefährlich werden konnte, wenn der Firmenchef sich aufregte. Dieser funkelte ihn auch mit der geballten Macht seiner eisigen Augen an, doch schließlich konnte der Ältere nichts dafür, wo die kleine Mistkröte hin ging. Und der hatte schließlich auch schon gesagt, dass er Jazz mochte und selbst spielte, also war es wohl nicht verwunderlich, ihn hier anzutreffen. Doch der Brünette fragte sich schon, wie der Kleinere an die Karte gekommen war. Er selbst versuchte es jetzt schon ewig und hatte erst jetzt durch einen Bekannten, dem selbst ein Termin dazwischen gekommen war die begehrte Eintrittskarte erhascht. Das Zweite, was ihm auffiel war die ellenlange Schlange vor dem Club. Wenn die weiter so rumtrödelten würde die Show nie rechtzeitig beginnen können, wie der Blauäugige grummelnd feststellte. Er selbst ging einfach schnurstracks an der wartenden Menge vorbei. Er war Seto Kaiba, er stellte sich nicht an. Den Türsteher, der ihn nicht vorbei lassen wollte, bedachte er nur mit einem seiner berühmten Blicke, dann war auch das kein Problem mehr. Der Einzige der sich je gegen diesen Blick aufgelehnt hatte war Wheeler. Wäre der nicht so ein Hänfling würde er sicherlich einen guten Türsteher abgeben, dachte sich Seto. //Gewaltbereit genug ist der ja, so oft, wie er mir Schläge androht...angedroht hat...// Seit einiger Zeit hatte das aufgehört, auch wenn sie sich immer noch stritten. Aber wieso fiel ihm das erst jetzt auf? Im Club selbst war schon ungefähr die Hälfte der Tische besetzt. Diese waren gleichmäßig in dem Raum vor der Bühne verteilt, mit je drei oder vier Stühlen. Irgendwie war Seto aufgeregt. Endlich, sein erstes Jonouichi Katsuya Konzert! Er hatte schon befürchtet alle Besucher würden sich stehend vor der Bühne drängen, was ja nun nicht wirklich zur Musik gepasst hätte. Nein, so mit den Tischen war das ganz gut gemacht. Es vermittelte den Eindruck, man würde einfach nur nett einen trinken gehen, und die Show auf der Bühne sei nur das nebensächlich Unterhaltungsprogramm. An einem der Tische entdeckte er Nakamura und ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Der Kleine war doch mit dem Köter verabredet? Nun, denen würde er jetzt aber einen Strich durch die Rechnung machen. Mal sehen ob Wheeler sich aufregte, wenn er ihn bei Makoto an dem Dreier-Tisch entdeckte... Mit seinem üblich kalten Blick ließ er sich auf einen der Stühle fallen. Nakamura sah das nur aus den Augenwinkeln und dreht sich nun um, um zu sehen, wer ihm den Abend über Gesellschaft leisten würde. Doch als er seinen Sitznachbarn erkannte weiteten seine Augen sich geschockt. "Ka...Kaiba?! Was machst du denn hier?" Der Schwarzhaarige konnte es einfach nicht glauben. Sollte Joey ihm von seinem Geheimnis erzählt haben? Aber das konnte doch nicht sein?! "Glaubst du, du wärst der Einzige, der Jazz mag? Oder der Jonouichi Katsuya kennt?", fragte Seto mit spöttischem Unterton. Wenn er doch nur gewusst hätte wie lächerlich er sich mit diesem Kommentar eigentlich machte... "Nein, das nicht aber... Sag mal...was weißt du von Jonouichi Katsuya?", fragte Nakamura vorsichtig nach. Nun war der junge Millionär doch leicht verunsichert, was er sich aber natürlich nicht anmerken ließ. Sein neuer Klassenkamerad schien ja irgendetwas zu wissen, dass ihm scheinbar entgangen war. Doch was konnte das sein? "Was gibt es da schon zu wissen? Er ist begnadet und ein hervorragender Künstler. Des weiteren erzählt man sich, dass er sehr hübsch sein soll. Haare wie Gold, oder so... Dafür habe ich mich ehrlich gesagt nie so interessiert. Hat ja nicht gerade eine Auswirkung auf die Musik, wie er aussieht. Jetzt aber mal etwas anderes, wo steckt eigentlich der Köter? Ich meine, man sieht euch doch sonst nie getrennt und als er bei mir war schien es so, als würde er Katsuya ebenfalls...kennen." Das war je gerade noch mal gut gegangen. Beinahe hätte Kaiba, bei dem Versuch vom Thema abzulenken verraten, dass er von ihrer Verabredung wusste. Da hatte er ja gerade noch mal die Kurve gekriegt. "Oh, ähm...der...der kommt schon noch... Ich...ich geh noch mal eben auf die Toilette, bevor es anfängt." Und mit diesen Worten verschwand Makoto so schnell es ging aus der Gefahrenzone. Wer konnte schon sagen, wie Seto reagieren würde, wenn er sah wer da auf der Bühne stand. Der Grünäugige wollte dann jedenfalls nicht in der Nähe des Vulkans sein. Kaiba würde seine Wut dann ja doch bloß an ihm auslassen, soviel war klar. Er verkrümelte sich in eine dunkle Ecke, würde sofort nach der Show zu Joey gehen und ihn warnen, dass Kaiba nun wohl Bescheid wusste. Vor sich hin grummelnd und die Arme vor der Brust verschränkt lehnte der schwarze Strubbelkopf sich an die Wand. Wenn Seto jetzt alles wusste, dann würde das Probleme bedeuten. Probleme nicht nur für sein Idol, nein auch für Makoto selbst. Das da irgendwas Merkwürdiges zwischen den Beiden lief war ja ziemlich offensichtlich, doch wenn der Brünette nun Bescheid wusste, dann würde er vielleicht endlich erkennen, dass Wheeler gar nicht der Idiot war, für den er ihn hielt. Würde vielleicht sogar entdecken, dass er das auch nie wirklich geglaubt hatte. Und dann hatte Makoto den Salat, denn dann würden die Beiden bestimmt endgültig zueinander finden. Irgendwie musste er das verhindern. Er wollte Joey für sich! Kaiba hatte ihn doch gar nicht verdient, so wie er ihn behandelte. Die Ursache der Probleme machte es sich indes so gut es ging auf dem Stuhl gemütlich, sah abwechselnd zur Bühne, in die Richtung, in die Nakamura verschwunden war und zur Tür. Wheeler war ganz schön spät dran. Mittlerweile waren so gut wie alle Plätze belegt. Nur die Beiden an Kaibas Tisch seltsamerweise nicht. Das konnte allerdings auch daran liegen, dass er jeden, der versuchte sich zu setzen mit seinem Killerblick bedachte, woraufhin es sich der Mutige doch wieder anders überlegte. Plötzlich wurde es dunkel im Club, nur noch die Kerzen auf den Tischen spendeten etwas Licht, die und der Scheinwerfer auf der Bühne, der direkt auf ein noch unbesetztes Mikrophon gerichtet war. Leise Musik erklang vom Flügel, an dem man die dunklen Umrisse einer Person erkennen konnte. Schnell schwoll die Musik an, trieb warm und voll durch den Club in dem sonst kein einziges Geräusch mehr zu hören war. Die Show hatte begonnen. Die Zuschauer lauschten gebannt, nippten ab und an an ihren Getränken. Das gesamte erste Stück wurde im Halbdunkeln gespielt und man sah höchstens mal das bekannte Gold der Haare aufblitzen, wenn sich das wenige Licht darin brach. Alles in allem war es eine total angenehme Stimmung und man vergaß teilweise wirklich völlig, dass es sich um ein Konzert handelte. Doch dann klang das erste Lied langsam aus und Applaus brandete auf. Man konnte nun auch erkennen, wie sich die Person am Flügel aufrichtete. Immer weiter trat sie in den Lichtkegel des Scheinwerfers und mit jedem Schritt den Jonouichi Katsuya tat wurde der Unglaube in Kaibas Blick größer. //Das kann doch nicht....das kann nicht wirklich....das ist Wheeler!// Jeder Andere wäre wohl vom Stuhl gekippt, doch Seto saß nur mit steinerner Miene da, während Jonouichi sein Publikum begrüßte und einen Eröffnungswitz riss, der sogar komisch war. Unser geliebter Eisklotz konnte, nein wollte es einfach nicht glauben. Das war einfach unmöglich! Joey Wheeler, der Joey Wheeler sollte Jonouchi Katsuya, das geniale Ausnahmetalent sein? Das ging einfach nicht in Setos Kopf, passte einfach nicht in sein Weltbild. Und doch musste er sich wohl damit abfinden, denn es war sein blonder Mitschüler, der da auf der Bühne stand, ins Publikum lächelte und das nächste Stück ansagte. Er fing an zu spielen, einen flotten Rhythmus zu dessen Takt er seinen gesamten Körper wiegte. Kaiba konnte ihn einfach nur anstarren und musste erst mal verarbeiten, was ihm Augen und Ohren da mitteilten. Joey stand auf der Bühne und er war fantastisch! So ging es noch insgesamt drei Stunden, in denen der Musiker noch mehr Klavier spielte, sang und sich beim Singen mit dem Klavier oder mit dem Kontrabass selbst begleitete. So langsam akzeptierte Seto, was er sah und hörte. So langsam fing er sich wieder und wurde sich seiner Umwelt wieder bewusster, konnte sich Katsuyas Show nun richtig widmen. Ungefähr eine halbe Stunde war einfach an ihm vorbei gerauscht. Doch er wäre nicht Seto Kaiba, wenn er sich von einem solchen Schock nicht schnell wieder erholen würde. Aufmerksam besah er sich Joey. Nie hätte er gedacht, dass dieser in irgendwas so gut sein könnte, geschweige denn so professionell. Doch was er da tat war einfach gekonnt. Und nicht nur das, der Brünette musste sich auch eingestehen, dass Joey zum anbeißen aussah. Eine eng anliegende schwarze Hose und ein oben leicht offen stehendes rotes Hemd schmiegten sich an seinen Körper. //Hat er vorhin nicht noch ein Jackett angehabt?// Unbemerkt von Seto, der da noch in seinem Trancezustand gefangen gewesen war, hatte Joey sich des Kleidungsstücks entledigt, da der blöde Scheinwerfer die Bühne wahnsinnig aufheizte, weshalb ihm auch die Haare leicht verschwitzt ins Gesicht hingen. Ein glückliches Strahlen zierte sein Gesicht und wenn er sang schloss er die Augen halb, was Seto extrem an seinen Traum erinnerte, in dem Joey ihn so verführerisch angesehen hatte. Wheeler gehörte einfach auf die Bühne, das sah man sofort. So oft der Blauäugige Joey auch mit seinen Freunden lachen gesehen hatte, so völlig glücklich wie dort oben hatte er nie gewirkt. Und er erwischte sich dabei, wie ihm dieser Anblick gefiel. Nicht, weil der Köter so heiß aussah, sondern weil er so zufrieden wirkte. Diesmal gab Joey keine Zugabe, was unter Anderem an Makoto lag, der schon hinter der Bühne auf ihn wartete und meinte er müsse ihn ganz dringend unter vier Augen sprechen. So kam Joey nur noch mal zum Verbeugen raus und eilte dann in seine Garderobe, wo sein Freund auf ihn wartete. "Was ist denn los?", fragte er, war schon leicht panisch, da er ja nicht wusste, worum es sich handelte. "Kaiba ist hier!", platze es da auch schon aus dem Grünäugigen hervor. Wheeler fühlte sich als hätte ihn jemand geschlagen, sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht und er starrte Makoto nur an. "Nein.", hauchte er. Das durfte einfach nicht wahr sein. Seto würde das doch sofort jedem erzählen, nur um ihn zu ärgern. Was sollte er denn jetzt bloß tun? Fieberhaft suchte Joey nach einem Ausweg, als er plötzlich von seinem schwarzhaarigen Kumpel unterbrochen wurde. "Bitte, entscheide dich nicht für ihn.", kam es flehend. "Ich weiß ja, dass du ihn magst, auch wenn ich nicht verstehe warum, aber..." Und dann küsste der Kleine ihn. Joey, den schon die Worte davor völlig verwirrt hatten stand nur stocksteif da, spürte wie Makotos Zunge sich ihren Weg in sein Reich suchte, als plötzlich die Tür aufging und sie erschreckt auseinander fuhren. Seto hatte sich, nachdem Joey endgültig von der Bühne verschwunden war einen Weg durch die Menschenmenge gebahnt, wollte zu Joey und ihm reinwürgen, dass er jetzt alles wusste. Das würde sicherlich ein Spaß. Gleichzeitig wollte er aber auch wissen, warum der Blonde seinen Ruhm geheim hielt. Der Typ von der Security wollte ihn nicht durchlassen, doch auch das hatte sich mit einem giftigen Blick und dem Kommentar: "Haben sie ein Ahnung wer ich bin?", erledigt gehabt. //Ts, Idiot. Wenn einer meiner Leute sich so leicht einschüchtern ließe hätte ich ihn längst gefeuert.// Als er die Tür zu Wheelers Garderobe öffnete erstarrte er erst mal. Da stand SEIN Hündchen doch tatsächlich und knutschte mit dieser kleinen Mistkröte! Die Beiden sahen auch ziemlich geschockt aus, dass er sie erwischt hatte und Makoto rannte mit Tränen in den Augen an dem Brünetten vorbei, welcher ihn auch nicht aufhielt. Von Nakamura wollte er schließlich nichts. "Dann seid ihr also doch zusammen.", meinte er nur kühl zu dem Braunäugigen, der ihn noch immer geschockt anstarrte. //Nein, das darf doch alles nicht wahr sein. Makoto, er...er will etwas von mir...er küsst mich und....und natürlich muss Seto das sehen! Das ist einfach nicht fair!// Nur langsam fand der Musiker aus seinen wirren Gedanken in denen er sein Pech verfluchte. Blinzelnd sah er Kaiba an. "Was? Nein! Wir sind nicht zusammen. Ich will nichts von Makoto!", platzte es da auch schon schnell aus ihm heraus, ehe er wirklich darüber nachdenken konnte. Er wollte einfach nicht, dass ausgerechnet Seto das glaubte. Mit rotem Gesicht sah er ihn an. "Nein? Dann küsst du also einfach Jeden, der so daher kommt?", fragte dieser nun spöttisch. "Ich habe ihn nicht geküsst, er hat mich geküsst. Und nur weil dir der Mut für so was fehlt musst du mich nicht dumm anmachen.", giftete Joey nun, in alter Manier. Er hätte jedoch wissen müssen, dass er den Firmenboss mit so einer Behauptung nur provozierte. "Nicht trauen?", fragte er knurrend und war mit zwei großen Schritten auch schon bei dem Blonden, der ihn nur mit geweiteten Augen ansah. Kalte Finger legten sich in seinen Nacken und kaum eine Minute nach dem ersten Überfall hatte der Überrumpelte auch schon wieder fremde Lippen auf seinen. Doch diesmal war ihm das längst nicht so unangenehm, auch wenn er im ersten Moment noch zaghaft versuchte Kaiba von sich weg zu drücken, gab er das doch schnell auf, krallte seine Finger lieber in dessen Oberteil und schloss genießend die Augen. Wie lange wünschte er sich schon genau dies? Er wusste es nicht mal genau. Er wusste nur, dass er seine Lippen bereitwillig öffnete, als Setos Zunge über sie strich, und dass er sich auch nicht wehrte, als sein Schwarm ihn gegen eine Wand drängte, sich eng an ihn drückte und seine Hand unter sein Hemd schob. Er keuchte sogar leicht in den Kuss, als kalte Finger über seine, noch vom Auftritt erhitzte Haut strichen. Doch so plötzlich wie der Blauäugige sich auf ihn gestürzt hatte so schnell ließ er jetzt auch wieder von ihm ab. "Wer traut sich hier nicht?", fragte der Brünette überheblich, drehte sich um und wollte gehen. "Warte!" Joey atmete noch schwer, konnte nicht recht glauben, was da gerade geschehen war, doch gehen lassen konnte er Seto jetzt nicht. "Na, willst du noch mehr?", fragte er, drehte sich um und grinste Wheeler an. //Ja!//, schrie es in dessen Inneren doch was er sagte entsprach dem nicht im Geringsten. "Versprich mir, dass du niemandem erzählst, dass ich Jonouichi Katsuya bin!", verlangte er. Kaiba zog nur die Augenbraue hoch. Das war es nicht was er sich erwartet, was er sich insgeheim wohl sogar erhofft hatte. "Ach, und was sollte mich davon abhalten? Warum verheimlichst du das eigentlich? Und versuch erst gar nicht, dich vor einer Antwort zu drücken, schließlich willst du ja was von mir." Wheeler kaute sich leicht auf der Unterlippe herum, seufzte dann aber geschlagen. "Na gut, dann erzähle ich es dir eben. Es gab eine Zeit, da habe ich es nicht verheimlicht. Jonouichi Katsuya ist mein richtiger Name und früher war ich auch unter diesem Namen an der Schule angemeldet... Seit der ersten Klasse wussten alle, dass ich anders war. Bei so kleinen Kindern ist es fast egal, weshalb du anders bist, du wirst gehänselt. Damit konnte ich noch halbwegs leben, denn ich hatte auch ein paar sehr gute Freunde und die Musik hat mich einfach so erfüllt, dass es mir egal war. Doch je älter ich wurde, um so mehr haben sich die Leute bei mir eingeschleimt oder um so mehr wurde ich von den Anderen verachtet, für hochnäsig gehalten. Ich wusste nicht mehr, wer mich wirklich mochte und wer sich nur in meinem Ruhm sonnen wollte. Irgendwann habe ich dann beschlossen, dass mir das jetzt reicht. Ich hab die Schule gewechselt und die Identität von Joey Wheeler angenommen. Das ist die Kurzfassung der Geschichte." Abermals seufzte Joey. "Ich hätte gedacht, dass gerade du das nachvollziehen kannst. Zu dir sind auch immer alle scheißfreundlich, nur wegen deiner Firma. Ich habe immer geglaubt, dass du dich aus dem gleichen Grund so zurück ziehst, aus dem ich einen anderen Namen angenommen habe." Ernst blickte er aus braunen Hundeaugen zu ihm auf und Kaiba hatte das starke Bedürfnis ihn in den Arm zu nehmen, ihn zu trösten. "Hinzu kommt noch, dass ich berühmt und schwul bin und ich keine Lust habe mich ständig zu verstecken. Deshalb sorgt meine Managerin dafür, dass keine Fotos von mir veröffentlicht werde, dass keine Presseleute in die Shows kommen und jeder wird durchsucht, ob er versucht eine Kamera mit rein zu nehmen. Das einzige, was von mir veröffentlicht wird sind die CDs und ab und an ein Interview bei dem dann aber auch kein Wort über mein Äußeres geschrieben werden darf. Klar, ein paar Sachen sickern durch, alleine schon wegen der Zuschauer. Aber wer noch nie auf einem Konzert war, der weiß nicht wie ich aussehe." Kaiba nickte verstehend. "Du hast Recht, ich kann es nachvollziehen, auch wenn das nie der Grund dafür war, dass ich mich zurück ziehe, wie du es nennst. Ich hab einfach keine Zeit für diesen Kinderkram.", behauptete der Gefrierschrank in Person. "Aber von dem Kindergarten weißt du doch mittlerweile, dass sie um deinetwillen mit dir befreundet sind, warum also verheimlichst du es ihnen noch? Ich sehe es doch richtig, dass nur Nakamura Bescheid weiß?" Schlagartig wurde Joeys Blick trauriger und er ließ sich schwer auf das Sofa fallen, dass nicht weit von ihm stand. "Ich werde es ihnen noch sagen... Wenn wir mit der Schule fertig sind. Dann können sie selbst entscheiden, ob sie mich noch sehen wollen, nachdem ich sie so lange belogen habe. Makoto weiß es ja auch nur, weil er mich schon auf Konzerten gesehen hat. Ich habe mich immer relativ sicher gefühlt, weil Jazz in unserer Altersgruppe nicht so beliebt ist, dass sie das Geld für eines meiner Konzerte zahlen würden. Ich hab mich ganz schön erschreckt, als er in die Klasse kam und mich so angestarrt hat. Übrigens auch, als ich die CDs bei dir gesehen habe. Ich schätze es war nur eine Frage der Zeit, bis du es aufgedeckt hättest." Schief lächelte er ihn an. Es war viel passierte heute Abend und Joey war mittlerweile völlig fertig. Er wollte eigentlich nur noch nach Hause und in Ruhe über alles nachdenken. Auch über Makoto und wie er mit ihm umgehen sollte. "Eine Frage der Zeit? Ha! Wenn nicht zufällig ein Geschäftspartner von mir einen wichtigen Termin gehabt hätte und doch zu diesem Konzert hätte gehen können, wäre ich wohl nie an eine Karte gekommen! Und so langsam kann ich mir auch denken, wer dafür verantwortlich ist." Anklagend richtete er seinen Blick auf den Blondschopf, der ihn aber nur völlig verblüfft ansah. "Ich? Nein, ich war das nicht. Aber... Oh, ich schätze da steckt meine Managerin hinter. Sorry. Ich werde ihr sagen, dass du es jetzt eh weißt." Er lächelte ihn entschuldigend an und rieb sich über die müden Augen. "Also, was ist nun? Behältst du es für dich?" "Das kommt ganz darauf an, ob du auf meine Bedingungen eingehst." Ein genialer Gedanke hatte sich in Kaiba breit gemacht und er grinste Wheeler fies an. "Du wirst mir von jetzt an nicht mehr widersprechen, wirst alles tun, was ich dir sage, auch in der Schule, klar? Und wenn du nur einmal nicht spurst, dann werde ich es allen erzählen." Die sonst eisig blauen Augen blitzen nun vorfreudig und jagten Joey kalte Schauer über den Rücken. Er wollte gar nicht so genau wissen, was der Brünette von ihm verlangen würde. Sich nicht mehr mit ihm zu streiten, dass würde er schon irgendwie schaffen, wenn der ihn nicht absichtlich reizte, worauf man sich allerdings auch nicht verlassen konnte. "Na gut.", meinte er geschlagen. Versuchen konnte man es ja wenigstens mal. Wenn es nicht klappte, dann war das eben Pech, doch gleich aufzugeben kam für einen Joey Wheeler einfach nicht in Frage, egal wie groß die Erfolgsaussichten waren. "Hast du da schon genauere Vorstellungen?" Jonouichi wollte wenigstens ungefähr wissen worauf er sich da einließ. "Hm~, ja ein Paar hätte ich da schon. Also, als erstes wirst du Mokuba Klavierunterricht geben. Und dann...ja, ich will, dass du dich in der Schule mehr anstrengst, klar? Nur noch eine Note schlechter, als eine Drei und ich sehe unsere Abmachung als gebrochen an." Das machte Seto wirklich Spaß, was man deutlich an dem fetten Grinsen in seinem Gesicht sehen konnte. "Was? Warum? Das mit Mokuba versteh ich ja noch. Wobei ich gleich mal anmerken möchte, dass ich ihm gerne Unterricht gebe, dass aber auch er nicht wissen soll, dass ich Jonouichi Katsuya bin. Aber warum willst du, dass ich gute Noten schreibe? Das kann dir doch egal sein? Gerade dir sollte klar sein, dass ich keine Zeit habe mich jeden Tag hinzusetzen und zu lernen. Außerdem schaff ich meinen Abschluss doch, also ist es doch egal mit was für einem Durchschnitt. Ist ja nicht so, dass ich mit zig anderen Leuten um eine Ausbildung oder einen Studienplatz kämpfen müsste. Ich bin in meinem Beruf schließlich schon erfolgreich und gehe bloß zur Schule, um wenigstens ein bisschen Normalität zu haben. Mal ganz davon abgesehen, dass es dich doch sicherlich herzlich wenig interessiert, ob ich nen guten Abschluss schaffe oder nicht." Die Arme vor der Brust verschränkt und schmollend sah Joey Kaiba an. Er war der festen Überzeugung Seto würde diese Bedingung nur stellen um ihn zu ärgern, oder noch schlimmer, weil er davon ausging, dass Joey das eh nicht schaffen würde und er ihn dann bloß stellen könnte. Die eisblauen Augen seines Gegenübers funkelten ihn jedoch nur böse an, jede Belustigung war aus seinem Blick gewichen. "Warum ich das verlange? Ganz einfach, ich will nicht, dass der Kerl, den mein Bruder so bewundert ein Idiot ist. Du bist immerhin sein Vorbild, da lasse ich einfach nicht zu, dass du so schlechte Noten hast.", meinte er abfällig. "Wobei ich mir keineswegs sicher bin, ob du das schaffst. Wenn nicht muss ich wohl versuchen Mokuba davon abzubringen ausgerechnet dich so anzuhimmeln." Groß sah der Blonde seinen Klassenkameraden an. Das hatte er ja gar nicht gewusst, dass Moki ihn auch so mochte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Hier zeigte sich wieder eine der Seiten, die er so an Seto mochte. "Es ist wirklich süß, wie du dich um deinen Bruder kümmerst.", meinte er sanft. Seine Wut war verschwunden, auch wenn Seto bestätigt hatte, dass er Joey nicht zutraute die Bedingung zu erfüllen. "Ich werde mich anstrengen versprochen. Auch wenn ich es ein bisschen albern finde, da der Kleine es eh nie erfahren würde. Schließlich ist es nicht Jonouichi Katsuyas Zeugnis." Die nächste Zeit würde sicherlich stressig werden, wenn er zusätzlich zu seinem normalen Programm noch Unterricht geben und für die Schule lernen musste. Er wusste beim besten Willen nicht, wie er das organisieren sollte. Zum Glück standen demnächst keine weiteren Auftritte an und es war gerade erst ein neues Album erschienen, also konnte er was die Musik anging demnächst einfach etwas kürzer treten. Seine Managerin würde nicht begeistert sein, aber er hatte sich so eine kleine Auszeit wirklich verdient. Und es war ja auch nicht lange. Bald war das Schuljahr eh vorbei und er hatte sie ja auch schon vorgewarnt, dass das lernen für die Abiklausuren viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Irgendwie würde das also schon gehen. "Also, wann soll ich kommen? Wegen Mokuba meine ich." "Oh, ich bin sehr dafür, dass du jeden Tag nach der Schule direkt zu mir kommst. Ich werde bestimmt noch so die ein oder andere Aufgabe für dich haben." Da war es wieder, das süffisante Grinsen und das Funkeln in den blauen Augen. "Was? Dir ist doch wohl klar, dass das nicht geht. Ich habe einen Job, wie du weißt. Ich muss üben, ich muss ins Studio, ich muss komponieren. Außerdem hast du mir gerade aufgetragen etwas für die Schule zu tun.", beschwerte der Blonde sich lautstark. Dieser Kerl war doch auch einfach nicht zu fassen! Stellte Bedingungen, die sich gegenseitig ausschlossen. "Krieg dich mal wieder ein Wheeler. Wir sehen uns schließlich jeden Tag in der Schule. Wenn du also einen Termin hast, dann kannst du es mir einfach sagen. Üben kannst du außerdem auch bei mir, falls du den Flügel vergessen haben solltest und auch um für die Schule zu lernen musst du ja wohl nicht unbedingt zu Hause sein, oder?" Das war wieder typisch Kaiba. Nervte einen einfach so lange mit Logik bis man gar nichts mehr einwenden konnte. Und das selbst bei Dingen, bei denen kein normaler Mensch Logik auch nur vermuten würde. Wie logisch hörte es sich denn schon an, dass Seto Kaiba wollte, dass Joey Wheeler jeden Tag nach der Schule zu ihm nach Hause kam? Richtig, überhaupt nicht. Und trotzdem schaffte es der Firmenchef, das besagter Joey Wheeler sich gerade dazu bereit erklärte. "Okay, ich gebe auf. Ab jetzt komme ich, wenn ich keinen Termin habe nach der Schule zu dir und gebe Moki Unterricht oder was du sonst so von mir verlangst." Geschlagen ließ Jonouichi den Kopf hängen. Seto hatte mal wieder gewonnen, aber das war zwischen ihnen ja schon zum Normalzustand geworden. Hatte Katsuya mal die Hoffnung gehabt das würde sich ändern, wenn Kaiba von seiner zweiten Identität erfuhr, dann war diese Hoffnung soeben gestorben. Jedenfalls wollte er jetzt nur noch eins: Nach Hause und schlafen. Nicht mehr denken, sich keine Sorgen wegen Seto und Makoto machen, einfach kurz alles vergessen. Morgen. Morgen konnte er sich wieder Sorgen machen und überlegen wie er das alles hinkriegen sollte, aber auf keinen Fall mehr Heute. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)