Blood Heritage von abgemeldet (1st Arc - Nerima im Wandel) ================================================================================ Kapitel 5: Im Herzen des Chaos – Ein Besuch in Nerima ----------------------------------------------------- Teil 5 - Im Herzen des Chaos – Ein Besuch in Nerima "Es ist schön, daß du mich mal besuchst, mein Sohn.", erklärte Nodoka erfreut, als sie Ranma und dessen Begleitern in ihrem Wohnzimmer gegenübersaß. Alle Vier hatten Tassen mit dampfendem Grünen Tee vor sich stehen. "Ich wünschte, du würdest häufiger die Zeit dazu finden." "Ich auch, Mama.", seufzte Ranma. "Mein Leben ist nur immer ziemlich hektisch und ich habe oft keine Kontrolle darüber, wann ich wo bin." "Ich verstehe was du meinst.", erwiderte Nodoka darauf verständnisvoll und mit einem leichten Schmunzeln. "Aber sag, was führt dich und deine Begleiter hierher?" "Nun...bevor ich darauf antworte, muß ich dir erst eine Frage stellen." "Nur zu, Sohn." "Sagt dir der Name Hild etwas?" Nodokas Augen weiteten sich für einen Moment überrascht, während sie ihren Mund öffnete, um etwas zu sagen, ihn aber sofort wieder schloß. "Jetzt verstehe ich, wo du in den letzten Tagen gewesen bist.", erklärte sie nach einem Moment des Schweigens. "Du warst in Nifelheim." "Dann...ist es also wahr." "Kommt darauf an, was du mit 'es' meinst, Ranma.", antwortete seine Mutter darauf. "Wenn du meinst, daß ich nicht von dieser Welt stamme, dann ja. Es ist wahr." "Und eine gewisse Yui, ein blauhaariger Succubus, ist wirklich deine Schwester." "Oh, dann warst du also bei ihr zu Gast und nicht bei Hild. Ich hatte mich schon gewundert.", erwiderte Nodoka lächelnd. "Hild muß viel zu sehr auf ihre Reputation achten, als das sie für jemanden, der nicht mal in der Nähe ihres eigenen Status anzusiedeln ist, Gastgeber spielen könnte." "Ranma-kun hat unter Yui-sama trainiert, Nodoka-sama.", warf Miki an dieser Stelle ein. "Ist das so?" Ranmas Mutter machte ein überraschtes Gesicht. "Ich glaube, ich werde mit meiner Schwester ein paar Worte über die ungefragte Einmischung in das Leben MEINES Kindes wechseln müssen." "Yui-chan hat lediglich im Auftrag von Hild-sama gehandelt." "Und das rechtfertigt einen solchen Schritt, ohne Rücksprache mit mir, Ranmas Mutter, zu halten?" "Sie hat mir die Situation erklärt und mich selbst entscheiden lassen, ob ich das tun wollte oder nicht.", stellte Ranma an dieser Stelle fest. "Ich habe mich freiwillig dafür entschieden. Und letztlich sollte es ohnehin meine Entscheidung sein, Mama. Nicht deine, nicht die des fetten dummen Pandas, oder von irgendeiner der vielen anderen Personen, die bisher mein Leben kontrolliert haben. Yui-Sensei war die erste Person in meinem Leben, die sich dafür interessiert hat, was ICH will, und dafür bin ich ihr dankbar." "Wenn das so ist." Nodoka seufzte leise. "Dämonen können ziemlich manipulativ und rücksichtslos sein, und ich hatte angenommen, daß du unter Druck gesetzt worden wärst." "Naja..." Ranma kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Als sie mich nach Nifelheim gebracht hat, hat sie mich in meine Fluchform gesperrt und darüber war ich zunächst ziemlich wütend. Aber sie wollte mich damit nur motivieren zu lernen, meinen Fluch unter Kontrolle zu bekommen." "Du bist ihr also nicht mehr böse deswegen." "Nein, Mama. Im Gegenteil." "Könnte das an den vielen netten Sachen liegen, die sie dir beigebracht hat?", fragte Miki unschuldig. Ranma errötete leicht. "Wer weiß?", gab er dann mit einem hintergründigen Lächeln zurück. "Und ich bin ja gespannt auf die Dinge, die ich von meinem Tutor so lernen werde, hmm?" Das zauberte ein schelmisches Lächeln auf das Gesicht des jungen Succubus. "Ich bin sicher, du wirst nicht enttäuscht sein.", schnurrte sie vielversprechend. "Könntet ihr mir nun erklären, warum ihr hier seid?", brachte Nodoka das Gespräch wieder auf den von ihr gewünschten Kurs zurück. "Nun, Neko-sensei wird mir beibringen, die Neko-Ken zu meistern und meine Angst vor K-Ka- diesen Felldingern in den Griff zu bekommen." antwortete Ranma auf die Frage. "Und Miki hier soll praktische Erfahrungen auf der Erde sammeln und für mich als Tutor fungieren, um mir einige Dinge beizubringen, die ich wissen muß, in den paar Wochen bei Yui-Sensei aber nicht lernen konnte. Sie ist offiziell meine Cousine und Yui bittet darum, daß du Miki während ihres Aufenthalts hier bei dir aufnimmst." "Unter der Voraussetzung, daß dein Tutorium hier stattfindet, bin ich einverstanden.", stimmte Nodoka zu. "Auf diese Weise hast du einerseits eine gute Entschuldigung den Tendos und all den Idioten die dir das Leben schwer machen gegenüber, und ich kann mehr Zeit mit dir verbringen." "Coole Idee.", rief Ranma begeistert. "Und ich bin sicher, ein Klasse 1-Dämon wie ich kann euch beiden noch ein paar nützliche Tips mit auf den Weg geben.", setzte Nodoka schmunzelnd hinzu. "So von erfahrenem Succubus zu Succubus-Neuling." "Ähm...sicher.", erwiderte Ranma etwas unsicher darauf, während Miki angesichts dieses Angebots total aus dem Häuschen war. Kein Wunder. Nodoka war schließlich ihr Idol. "Was ich jetzt nur noch nicht verstanden habe ist, wieso sich Yui überhaupt die Mühe gemacht hat, dich zu kontaktieren, Ranma." Ranma erklärte ihr daraufhin das Problem, zu dessen Beseitigung Hild ihn rekrutiert hatte. Nodoka hörte ihrem Sohn schweigend und mit großem Interesse zu, und als er mit seiner Erklärung fertig war, betrachtete sie ihn mit einer bisher noch nie dagewesenen Mischung aus Ernst und Stolz. "Als ich dich zur Welt gebracht habe, Ranma, war mir bewußt, daß zumindest die theoretische Möglichkeit bestand, daß irgendein Ereignis dein Bannsiegel lösen könnte. Aber ich hätte nie gewagt, mir vorzustellen, daß du einmal ein Avatar werden würdest." Sie erhob sich von ihrem Platz, ging zu Ranma herüber, der daraufhin ebenfalls von seinem Platz aufstand, und umarmte ihren Sohn. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie Stolz ich auf dich bin, mein Sohn." "D-Danke, Mama. Das bedeutet mir viel.", erwiderte er darauf, während er die Umarmung erwiderte. In diesem Augenblick fühlte er sich geborgen, geliebt und akzeptiert. Es war einer der schönsten Augenblick in seinem bisherigen Leben. "Und du bist sicher, daß die Tendos dich bei sich wohnen lassen werden?", wunderte Ranma sich zum x-ten Mal, während er mit Neko auf dem Weg zu besagten Tendos war. "Nun, nach allem was ich von dir gehört habe, wird diese Nabiki nicht allzu begeistert sein, solange ich keine Miete zahle. Aber das geht mir sowas von am Arsch vorbei.", antwortete der Katzendämon darauf schulterzuckend. "Denn Kasumi wäre niemals so unhöflich, einen Gast vor die Tür zu setzen. Insbesondere wenn es sich um deine einzige Chance handelt, deine Katzenphobie loszuwerden. Und wenn diese Akane mir zu sehr auf den Keks geht, werde ich ihr eine Lektion erteilen, denke ich." "Sei nicht zu hart zu ihr, okay?" "Keine Angst. Ich würde ihr keinen permanenten Schaden zufügen.", beruhigte Neko seinen Begleiter. "Aber sie sagt doch selbst immer, sie sei eine Kampfsportlerin und wolle auch so behandelt werden. Und genau das wird sie erwarten, wenn ich die Geduld mit ihr verliere." Ranma zuckte mit den Schultern. "Selbstverteidigung ist eine Sache. Aber wenn du sie provozierst, wirst du bei ihrer Familie nicht gerade Punkte sammeln. In dieser Hinsicht ist Akane das kleine verwöhnte Prinzesschen, das sich um nichts kümmern muß, und dem jeder Wunsch erfüllt wird." "Dann ist es ja gut, daß der liebe kleine Neko eine große Portion Realität im Gepäck hat, die er der kleinen Prinzessin notfalls in den Rachen stopfen kann, hmm?!" Ranma seufzte daraufhin nur schicksalsergeben und schüttelte den Kopf. Wieso hatte er das Gefühl, daß er schon bald Zeuge des dritten Weltkriegs werden würde? °Wäre ja halb so wild, aber irgendwie werde ich sicher nicht als 'Zeuge' sondern irgendwo mittendrin enden. Naja, ein chaotisches Leben ist womöglich Voraussetzung für den Job als Avatar des Chaos.° Eine Ebene von Midgard entfernt, in einer der großen Burgen Nifelheims, saß Tzeentch, Herr des Wandels und Manipulator der Wege, auf seinem Thron, eine Kristallkugel in seiner krallenbewehrten Linken haltend, und formte mit seinem Vogelschnabel ein zufriedenes Lächeln. "Endlich beginnst du, zu verstehen, Ranma.", schnurrte er mit seidenweicher Stimme. Hild trat an die Seite des Chaosdämons und warf einen kurzen Blick in dessen Divinationskugel, bevor sie ebenfalls lächelte. "Wieso bloß habe ich den Verdacht, daß er auch ohne Yuis Eingreifen zu einem Avatar geworden wäre?", fragte sie in gespielt unschuldigem Ton. Tzeentch wandte der Höllenfürstin seinen Kopf zu und blinzelte verblüfft, während er versuchte, den Eindruck von Verständnislosigkeit zu vermitteln. "Mein lieber Tzeentch. Du magst der Erzdämon der Manipulation sein, aber ich bin nicht blöd. Der Junge hat weit mehr Chaos als normal in seinem Leben, auch schon vor dem Jusenkyofluch, und ich glaube in dieser Hinsicht nicht an Zufälle." "Der Junge ist einfach der perfekte Kandidat für die Position unseres Avatars, Hild-sama. Yuis kleine Manipulationen haben ihn nur noch perfekter gemacht." "Wie beschränkt du doch in deiner Sicht bist, Intrigenschmied.", grollte eine laute Stimme vom Eingang des Saals her. Dann trat eine gewaltige Gestalt mit donnernden Schritten in den Raum. Der Dämon hatte eine Größe vom etwa fünf Metern, was bedeutete, daß er kaum durch die Tür passte und seine roten ledrigen Schwingen, die an Drachenflügel erinnerten, noch enger als gewöhnlich anlegen mußte, um nicht im Türrahmen stecken zu bleiben. Er war gekleidet in eine runenbesetzte Bronzerüstung auf einem muskelbepackten Körper, der aussah, als habe man ihm sämtliche Haut abgezogen. In der rechten Hand trug er eine doppelblättrige Kriegsaxt, die fast so groß war wie er selbst. Hild ignorierte den Geruch nach Blut, der zusammen mit Khorne, dem Herrn der Schädel, Erzdämon des Schlachtens – nicht im Sinne von Tierschlachterei oder Metzgerei, sondern im Sinne von Abschlachten wohlgemerkt – in den Raum eindrang. Seine Bemerkung ignorierte sie allerdings nicht. "Worauf willst du hinaus?", erkundigte sie sich bei dem blutrünstigsten aller Dämonen. "Sehr einfach, Hild-sama. Der Junge hat Potential, aber er ist alles andere als ein Krieger." "Nur weil er nicht jedem den Kopf abreißt, dessen Nase ihm nicht gefällt...", begann Tzeentch ein wenig genervt, doch Khorne unterbrach ihn mit einem Schütteln seines an einen Büffel erinnernden Kopfes – nun, wahrscheinlich hätten Büffelköpfe so ausgesehen, wenn die Natur den Büffel zu einem wilden fleischfressenden Raubtier gemacht hätte – und stieß ein belustigtes Schnauben aus. "Für einen Dämon, der sich so viel damit beschäftigt, den Dingen auf den Grund zu gehen, begreifst du erstaunlich wenig, Bruder." Tzeentch schaute nun ein wenig beleidigt drein. Natürlich ging er den Dingen auf den Grund. Für eine umfassende Manipulation war es schließlich am Besten, wenn man die Dinge an ihrer Wurzel manipulierte, denn so ließen sich mit minimalem Aufwand maximale Effekte erzielen. "Unser Avatar ist ein Kämpfer. Kein Krieger." "Könntest du den Unterschied erläutern?", fragte Hild. "Selbstverständlich, Herrin. Ranma hat gelernt wie man kämpft, und er hat dies zugegebenermaßen sehr gut gelernt.", erwiderte der Herr der Schädel. "Doch die Basisdoktrin unter der er gelernt hat, ist eine Doktrin, die ihn zwingt, Leben zu schützen und zu achten. Auch die Leben derjenigen, die ihn bekämpfen." Tzeentch und Hild blinzelten verblüfft. Khorne hatte hier in der Tat einen wichtigen Punkt angesprochen. "Ich habe seine Kämpfe beobachtet.", fuhr der Dämon fort. "Egal wie sehr seine Gegner versuchen, ihn zu töten, er beschränkt sich darauf, sie kampfunfähig zu machen. Mehr noch, er verplempert Zeit damit, mit ihnen zu spielen, anstatt ihnen unmißverständlich aufzuzeigen, ein wie großer Fehler es war, sich mit ihm anzulegen." "Und wenn er wirklich in der ihm bevorstehenden Aufgabe erfolgreich sein will, muß er zumindest im Ernstfall in der Lage sein, ohne Zögern zu töten.", setzte Hild an dieser Stelle begreifend an. "Und damit haben wir ein Problem." "Nicht wirklich, Gebieterin.", erwiderte Tzeentch nach einem Augenblick nachdenklichen Schweigens. "Worauf willst du hinaus, Tzeentch?", wollte Hild sofort wissen. "Und dieses Mal kein langes Drumherumgerede." "Ich hatte bereits mit Slaanesh über die Notwendigkeit diskutiert, unserem Avatar noch ein wenig Unterstützung zukommen zu lassen." "Wenn er Verstärkung bräuchte, um seinen Job zu erledigen, wäre er nicht würdig, unser Avatar zu sein.", schnaubte Khorne als Reaktion auf diesen Vorschlag verächtlich. "Mein lieber Bruder, ich wollte keineswegs andeuten, ihm einfach Helfer zur Seite zu stellen." "Was dann?", fragte Hild ungeduldig. "Nun, Hild-sama, ich hatte überlegt, daß unserem Avatar ein paar zusätzliche Erfahrungen gut tun würden.", erklärte der Erzmanipulator. "Wie ihr wisst, Hild-sama, sind wir in den verschiedensten Multiversen aktiv, um dort eine Machtposition zu erlangen und den Einfluß der Kami zu brechen." Hild nickte. Damit erzählte Tzeentch ihr wahrlich nichts neues. "Ich stelle mir vor, und Slaanesh ist da mit mir einer Meinung, daß jeder von uns Chaosfürsten ein Multiversum auswählt, in dem Ranma einmalige und wertvolle Erfahrungen sammeln und neue Fähigkeiten erlernen kann." "Klingt fast so, als würdest du Ranma wie einen Charakter aus einem Rollenspiel betrachten.", meinte Hild grinsend. "Lass ihn Erfahrungspunkte sammeln, seine Attribute steigern, magische Items finden, und so weiter." "Ähm...in der Tat. Das ist eine treffende Analogie.", stimmte Tzeentch zu. "Die Idee gefällt mir.", meinte die Höllenfürstin. "Informiert Slaanesh und Nurgle über den Plan. Dann trefft eure Wahl für passende Multiversen und teilt mir diese Wahl mit. Sobald sich ein günstiger Zeitpunkt ergibt, schicken wir ihn auf die Reise." "Wer ist denn dein Begleiter, Saotome? Und wo warst du die letzten zwei Tage?" "Huh?" °Verdammt. Ich hätte doch an dem Tag hier auftauchen sollen, an dem ich Midgard verlassen habe. Was ist denn jetzt wieder schiefgegangen?° "Mein Name ist Neko. Und Ranma-kun hat die letzten Tage in meiner Gesellschaft verbracht, um sich von seinen Verletzungen zu erholen, Tendo-san.", antwortete der Katzendämon an Ranmas Stelle. "So?" Nabiki warf Ranma einen skeptischen Blick zu. "Normalerweise gehst du in solchen Fällen immer zu Doktor Tofu." "Ähm...", begann Ranma ein wenig unsicher, wurde jedoch sofort von Neko unterbrochen. "Zweifelst du an meinem Wort, Mädchen?" Seine Stimme klang so, als warte er nur auf eine geeignete Entschuldigung dafür, Ärger zu machen. "Wie soll ich den Wert des Wortes einer Person beurteilen, die ich nicht kenne?" "Gute Frage.", erwiderte Neko anerkennend und beugte sich mit einem unheilverkündenden Grinsen vor. "Mein Rat wäre: Höre auf deinen Überlebensinstinkt." "Müssen wir unsere Zeit mit Streitereien vertrödeln, Sensei?", mischte Ranma sich ein. Sicher, er hatte nicht allzu viel für Nabiki übrig, aber deswegen wollte er sie nicht unbedingt ins offene Messer laufen und sie sich mit dem Katzendämon anlegen lassen. Nabiki ihrerseits ergriff die Gelegenheit beim Schopfe, sich aus einer Konfrontation zurückziehen zu können, ohne das Gesicht zu verlieren. "Sensei?" "Du hörst doch sonst so gut, Nabs.", spottete Ranma, was ihm einen vernichtenden Blick der Ice Queen einbrachte. "Sogar die Dinge, die nicht für deine Ohren bestimmt sind." "Ich vermute, die Kleine ist einfach nur überrascht.", setzte Neko amüsiert hinzu. "Doch es stimmt. Ich bin Ranmas neuer Sensei." "Pah! So ein Unsinn.", tönte eine laute Stimme aus dem Hausflur. "Wozu sollte mein Junge einen Wicht wie dich brauchen?" Dick und Doof...ähm...ich meine Genma und Soun waren von einer ihrer üblichen Kneipentouren heimgekommen und hatten die letzten Fetzen der Unterhaltung im Raum vor ihnen aufgeschnappt. Neko drehte sich langsam herum und musterte Genma mit angewiderter Miene. "Also du bist diese wertlose Verschwendung von Biomasse, die meinte sich anmaßen zu können, meinem neuen Schüler die Nekoken beizubringen." Bei dem Wort Nekoken wurden Genma und Soun blitzartig nüchtern. Neko manifestierte eine der berüchtigten Ki-Klauen an seinem rechten Zeigefinger, bevor er auf den fetten Kampfsportler deutete. "Du kleiner unbedeutender Wurm wagst es, die Techniken meiner Schule zu unterrichten, nur um dann auch noch katastrophal zu versagen. Sage mir, Genma Saotome, warum sollte ich dir für diese Respektlosigkeit nicht einfach die Haut in kleinen Streifen herunterschneiden, hmm?" Normalerweise hätte Genma eine aggressive Verbalattacke parat gehabt. Aber er war nicht so verrückt, einen Meister der Nekoken unnötig zu reizen. Also wählte er Alternative zwo: "Ähm...das ist alles nicht meine Schuld. Ranma hat unbedingt darauf bestanden, diese gefährliche Technik zu lernen." Bevor Ranma auch nur zu einem Widerspruch ansetzen konnte, hatte Neko bereits seine Ki-Klaue verschwinden lassen, was einen Ausdruck von Erleichterung auf Genmas Gesicht zauberte. Dann jedoch sprang der Katzendämon auf sein Opfer zu und streckte den kahlköpfigen Mann mit einem einzigen Schlag nieder. "Die Feigheit deines Vaters widert mich an, mein Schüler.", murmelte Neko so leise, daß nur Ranma ihn verstehen konnte. Dann blickte er zu Nabiki herüber. "Ich werde im Dojo wohnen, bis Ranmas Training abgeschlossen ist.", schnappte er. "Einmischungen in besagtes Training oder gar Behinderungen werden nicht toleriert und entsprechend geahndet. Sorg dafür, daß jeder den es betrifft, darüber informiert ist." "Das kann ich tun.", erwiderte Nabiki, die Mühe hatte, sich nicht anmerken zu lassen, wie beeindruckt sie vom Auftreten ihres Gegenübers war. "Für den richtigen Preis." Neko nickte. "Klingt fair.", meinte er. "Im Austausch für deine uneingeschränkte Kooperation mit meinen Bedürfnissen wird deine kleine Schwester für etwaige Verfehlungen keine permanenten Schäden davontragen." "Wie bitte?", schnaufte die mittlere Tendotochter empört. "Was soll an dieser Vereinbarung fair sein?" "Dir wäre es also lieber, wenn ich deine Schwester die volle Härte meines Zorns spüren lassen würde, wenn sie sich danebenbenimmt?", gab Neko in gespielter Verwunderung zurück. "Nun...natürlich nicht. Aber ich dachte eher an finanzielle Kompensation. Außerdem sehe ich nicht, was dir das Recht gibt, meine Schwester bestrafen zu dürfen." "Oh, das will ich dir gern erklären.", antwortete der Katzendämon zuvorkommend. "Ich betrachte einen Angriff auf einen meiner Schüler als gleichbedeutend mit einem Angriff auf mich selbst. Und wenn ich angegriffen werde, schlage ich selbstverständlich zurück. Wenn du natürlich davon ausgehst, daß deine kleine Schwester über genügend Selbstbeherrschung verfügt, sich anständig zu benehmen, ein Versprechen zur Schonung ihrer Gesundheit also unnötig wäre, können wir gern über finanzielle Kompensation verhandeln." Natürlich wußte Nabiki, daß es utopisch war anzunehmen, daß Akane Ranma gegenüber Zurückhaltung üben würde, selbst wenn man ihr mit ernsten Konsequenzen drohte. Dafür war Akane, wie Nabiki sich eingestehen mußte, leider zu stur, zu stolz und...ja, leider auch zu dumm. Mit finsterer Miene musterte sie erst Ranmas neuen Sensei und dann Ranma selbst. "Und was denkst du darüber, daß dein Sensei deine Verlobte bedroht?" "Ich denke, daß es nicht an mir ist, die Methoden meines Senseis zu kritisieren, bevor ich ihn in Aktion gesehen habe.", entgegnete der frischgebackene Dämon für Nabiki überraschend gleichmütig. "Abgesehen davon habe ich beschlossen, Mißhandlungen gleich welcher Art von niemandem mehr hinzunehmen. Wenn du also Nachrichten über mich verbreitest, solltest du diese Information nicht vergessen, wenn du meine selbsternannten Verlobten und Möchtegern-Rivalen kontaktierst." "DAS glaube ich erst, wenn ich es sehe.", schnaubte Nabiki kopfschüttelnd. "Es steht dir frei zu glauben, was immer du willst.", erwiderte Ranma nur mit einem gleichgültigen Schulterzucken. "Wenn sich allerdings irgendwer darüber beschwert, nichts darüber gewußt zu haben, daß sich die Spielregeln geändert haben, werde ich meine Hände, wie man so schön sagt, in Unschuld waschen, und betreffende Person an dich verweisen." Die nächsten Tage über war Ranma so beschäftigt, daß er kaum bemerkte, wie die Zeit verstrich. Von Sonnenaufgang bis zur Mittagszeit meditierte er unter Nekos Aufsicht, wobei der Katzendämon seine mentalen Fähigkeiten nutzte, um Bilder von Katzen in Ranmas Bewußtsein zu projizieren. So sollte er sich seinen Ängsten stellen und sie schließlich überwinden. Nach dem Mittagessen, dessen Menge von Kasumi für ihn verdoppelt worden war, um das verpasste Frühstück zu kompensieren, ging er zum Haus seiner Mutter, wo er bis zum Sonnenuntergang von einer Dämonin erster Klasse namens Mara, die von Hild extra für diesen Zweck von ihren eigentlichen Aufgaben freigestellt worden war, in Verhandlungstaktiken und Vertragsrecht geschult wurde. Schließlich konnte es nicht angehen, daß der Avatar des Ungeteilten Chaos in einer Verhandlung von jedem fünftklassigen Dämon über den Tisch gezogen werden konnte. Ab Sonnenuntergang unterrichtete ihn dann Miki in Techniken und Fertigkeiten, die spezielle Merkmale eines Succubus waren oder zu seinen neuerlangten magischen Fähigkeiten gehörten. Darunter fielen Fertigkeiten wie Empathie, Aureninterpretation, Flug, Materietransformation, Teleportation und Verwandlung. Mindestens drei Stunden reservierte Miki jede zweite Nacht außerdem für das Training von Sex- und Stimulationstechniken. In der fraglichen Zeit in der anderen Hälfte der Nächte unterwies Nodoka ihn mit Mikis Hilfe ausführlich in diversen Verführungstechniken, insbesondere in Kombination mit seiner empathischen Begabung und der Fähigkeit, die Reaktion auf Worte und Taten in der Aura des Gegenübers lesen zu können. Succubi waren nun mal Sexdämonen, und daher war es aus Nodokas Sicht unumgänglich, Ranma nach besten Kräften zu trainieren, auch wenn er "nur" ein Halbsuccubus war. Nach der ersten Woche änderte sich der Stundenplan leicht. Ranma beherrschte einen Großteil seiner dämonischen Fähigkeiten nun weitestgehend, oder zumindest soweit, daß das Erreichen von Perfektion lediglich eine Frage von genügend Übung und Erfahrung war. Daher begann nun eine genaue Unterweisung in der Funktionsweise von Nidheg und dessen göttlichem Gegenstück Yggdrasil. Ranma lernte, mit dem System umzugehen, insbesondere wenn es um das Abrufen von Informationen ging, denn die drei Dämoninnen in seinem Leben hatten ihm inzwischen klar gemacht, wie groß der Wert von Wissen war. Akane hatte in all der Zeit nur zwei mal versucht, sein Training unter Neko zu stören. Beim ersten Mal war sie morgens in die Trainingshalle geplatzt, und bestand lautstark darauf, daß Ranma beim Frühstück anwesend zu sein hatte. Nach einer hitzigen Diskussion mit Neko, in der sie sich nicht durch Worte, nicht mal durch Drohungen, vom Gegenteil überzeugen ließ, packte der Katzendämon sie genervt und beförderte sie mit einem Wurf nach draußen in den Karpfenteich. Als sie wutentbrannt ins Dojo zurückstürmte, wurde sie von dem grinsend wartenden Katzendämon mit einem Ki-Blast begrüßt, der zu schwach war, um sichtbare Schäden an ihr anzurichten, aber dennoch stark genug war, um sie wie von einer Kanone abgefeuert erneut nach draußen zu befördern. Als sie das Bewußtsein wiedererlangte und feststellen mußte, daß Ranmas neuer Lehrer keinerlei Skrupel hatte, sie mit drastischen Mitteln an Störungen zu hindern, und Ranma ihr zudem nicht zur Hilfe gekommen war, gab sie vorerst klein bei. Irgendwann würde dieser brutale, aufgeblasene Bastard verschwunden sein, und dann würde Ranma schon sehen, was er davon hatte, sie im Stich zu lassen... Am Abend des zehnten Trainingstags lag Ranma entspannt und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf dem Dach des Tendohauses und starrte nachdenklich in den klaren Nachthimmel hinauf. Ein leises Rauschen hinter ihm ließ ihn den Kopf drehen, doch es war nur Miki, die fast lautlos auf ihren nachtschwarzen fledermausartigen Schwingen auf das Dach zuglitt und mit geübter Leichtigkeit neben ihm landete, bevor die Flügel sich in ihre Schulterblätter zurückzogen. "Du bist zu spät für deinen Unterricht.", bemerkte sie knapp und hockte sich neben ihm auf das Dach. "Und bevor Mara ausflippt, dachte ich, ich schaue nach und finde raus wieso." "Hild-sama hat mir zwei Wochen gegeben, um ein Rätsel in Akanes Umfeld zu lösen und meine Angelegenheiten hier in Nerima zu regeln.", antwortete Ranma seufzend. "Bei all dem Training hatte ich bis jetzt kaum Zeit, über diese Dinge nachzudenken. Aber jetzt habe ich nur noch vier Tage und den heutigen Abend, bis meine Zeit abgelaufen ist." "Hmm.", brummte die fliederhaarige Dämonin nun ebenfalls nachdenklich. "Wenn es so ein Rätsel ist, dürfte ihre Akte vermutlich gesperrt sein." "Yep. Hild-sama hat gesagt, sie will sehen, daß ich meinen Kopf benutzen kann, um an Hindernissen vorbeizukommen." "Und vermutlich hat sie damit nicht gemeint, daß du deinen Dickschädel als Rammbock verwenden sollst, oder?", erwiderte Miki kichernd. In ihren türkisfarbenen Augen lag ein spöttisches Funkeln. "Bist du nur hier, um mich zu ärgern, Mi-chan, oder hast du auch irgendwas nützliches zu sagen?" "Nun, ich denke, da Hild-sama dir diese Aufgabe gestellt hat, um deine intellektuellen Fähigkeiten zu testen, wird das Rätsel auf jeden Fall lösbar sein." "Wie beruhigend.", schnaubte Ranma leicht irritiert. "Nur keine Aufregung, ne?!" Sie tätschelte Ranmas Kopf, als wenn er ein kleines Kind wäre, das Aufmunterung brauchte. "Bei solchen Rätseln kommt es oft auf die richtige Perspektive an. Wenn du Nidheg nicht direkt benutzen kannst, um dir die Akte anzusehen, mußt du schlicht nach einem Umweg suchen." "Aber Miki. Ich bin keiner von diesen Computerfreaks, die sich um hundert Ecken durch das System schleichen und irgendwelche gesperrten Daten klauen können." "Das weiß ich. Und Hild-sama weiß das auch.", erwiderte Miki gelassen. "Abgesehen davon könnte absolut niemand in eine Datei einbrechen, die von der Magna-Regentin persönlich gesperrt wurde." "Und was jetzt?", schnappte Ranma frustriert. "Ich habe mir echt schon den Kopf zerbrochen, aber ich sehe einfach keinen Weg, wie ich an die Infos in dieser Akte kommen sollte." "Vielleicht solltest du mal nachprüfen, ob diese Infos noch woanders gespeichert sind.", schlug Miki vor. "Ja. Sicher. Akane ist eine Sterbliche. Also müßte es im Yggdrasil-System eine Menge Informations schnipsel und...wie hießen die noch...irgendwas mit Schief oder so... geben?!" "Querverweise zu anderen Akten?", meinte Miki kichernd. "Ja, genau. Die müßte es dort geben. Aber ich glaube nicht, daß es eine gute Idee ist, wenn ich mich durch das Computersystem der Kami zu wühlen versuche. Das könnte leicht zu Mißverständnissen führen, die dann wieder zu Ärger für mich führen würden." "Stimmt. Außerdem wäre das eine Aufgabe, für die selbst ein erfahrener Datensucher mehrere Wochen brauchen würde.", räumte Miki ein. "Verdammt. Wenn du mindestens ein Klasse 2-Dämon ohne Beschränkungen wärst, könntest du Divination benutzen, um selbst einen Blick auf ihre Vergangenheit zu werfen." "Das ist es!", rief Ranma plötzlich, als er über Mikis Bermerkung nachdachte. "Du willst doch hoffentlich nicht einen höherrangigen Dämon darum bitten, das für dich zu übernehmen, oder?" "Natürlich nicht. Mara hat mich schließlich eindringlich davor gewarnt, allzu schnell allzu vielen Dämonen allzu viele Gefälligkeiten zu schulden. Ich habe ganz sicher nicht vor, den Rest meiner Existenz als Sklave zu verbringen." "Gut. Für einen Moment hatte ich schon an dir gezweifelt.", meinte Miki erleichtert. "Aber was genau ist dein Plan?" "Nun... ich werde jemanden aufsuchen, der kein Dämon ist, aber über die Fähigkeit zur Divination verfügt." "Du willst ein Geschäft mit einem Kami machen?!", rief Miki ungläubig. "Aber nein. Ich habe kürzlich von einem Sterblichen gelesen, der über Ressourcen verfügt, die für meine Zwecke ideal sind, Mi-chan. Aber mehr verrate ich noch nicht.", entgegnete Rana grinsend. "Jetzt sollten wir vielleicht zu Moms Haus entschwinden und mit dem Training fortfahren, hmm?!" Mikis Antwort bestand nur aus einem lüsternen Grinsen. Aber das war für Ranma, dessen Grinsen zwar nicht von der Intensität aber von der Art her identisch war, Antwort genug. Ranma hatte sich lange überlegt, wie er die Sache anpacken sollte. Lange Gespräche mit seiner Mutter, Mara und Miki, sowie das Training in Sozialverhalten, das er erhalten hatte, hatten ihn gelehrt, daß es viele Situationen gab, in denen seine frühere an Gedankenlosigkeit grenzende Impulsivität, ihm mehr schadete als nutzte. Und Neko-sensei hatte ihm allzu oft auf frustrierende Art und Weise die Vorteile von Vorausplanung demonstriert. Also hatte sich Ranma zum ersten Mal in seinem noch jungen Leben hingesetzt und über mögliche Wege zu tun, was er zu tun beabsichtigte, nachgedacht, um die Erfolgschancen möglicher Alternativen abzuwägen. Daß er mit Hilfe von Nidheg Zugriff auf Unmengen allgemeiner Informationen hatte, die ihn bei diesem Prozeß unterstützen, war ein großer Vorteil, den er allmählich zu schätzen lernte. Seine Tante Yui hatte wohl Recht gehabt, als sie gesagt hatte, er wäre nicht dumm, sondern nur uninformiert. Jetzt stand er in seiner weiblichen Form vor der Tür eines großen, zweistöckigen Einfamilienhauses, von dessen Terrasse man sogar das Meer sehen konnte, und das vom offensichtlichen Wohlstand seiner Bewohner kündete, und drückte einmal auf den Klingelknopf. Michiru Kaioh war überrascht, als sie die Türklingel hörte. Es war früher Nachmittag, und sie und Haruka erwarteten eigentlich keinen Besuch. Als sie die Tür öffnete, sah sie sich einem freundlich lächelnden rothaarigen Mädchen in dunkelroten Jeans und bauchfreiem schwarzen T-Shirt gegenüber. "Guten Tag. Ich bin Ranma Saotome, aber meine Freunde nennen mich Ranko-chan.", erklärte das Mädchen zusammen mit einer höflichen Verbeugung. "Ich bin auf der Suche nach Setsuna Meioh und hörte, sie solle hier wohnen." Michiru blinzelte verblüfft. Zu keinem Zeitpunkt hätte sie damit gerechnet, einen Besucher für ihre zurückgezogen lebende Mitbewohnerin vor ihrer Tür vorzufinden. "Guten Tag. Mein Name ist Michiru Kaioh.", antwortete sie und erwiderte höflich die Verbeugung. "Es ist richtig, daß Meioh-san hier wohnt. Allerdings ist sie noch nicht zu Hause. Wir erwarten sie erst in einigen Stunden zurück." "Wer ist denn an der Tür, Mi-chan?", fragte in dem Moment eine weitere Stimme aus dem Inneren des Hauses. Wenig später trat die hochgewachsene blonde Haruka Tenoh an die Tür neben ihre grünhaarige Freundin. Beim Anblick von Ranko-chans wohlgeformter Figur ließ sie einen anerkennenden Blick über den Körper des Rotschopfs wandern. Bis Michiru dies bemerkte und ihr einen Ellbogen in die Rippen stieß. Ranko stellte sich erneut vor und wiederholte ihr Anliegen. "Es ist schon so lange her, daß wir Gäste hatten.", meinte Haruka daraufhin zu Michiru. "Bitten wir sie doch herein, damit sie auf Setsuna warten kann." "Das sagst du doch nur, weil du sie attraktiv findest.", erwiderte die junge Künstlerin leise und mit einem Unterton, der eine Mischung aus freundlichem Spott und einer kleinen Portion Eifersucht war. "Du etwa nicht?", gab Haruka ebenso leise und mit einem kecken Grinsen zurück. "Außerdem bin ich neugierig, was Setsuna mit so einem Babe zu schaffen hat. Vielleicht steckt ja mehr hinter ihrer kühlen Fassade, als wir bisher angenommen hatten, hmm?" Michiru rollte mit den Augen und beschloß, das nicht weiter zu kommentieren. Stattdessen wandte sie sich wieder dem geduldig wartenden Mädchen zu. "Also wenn es dir nichts ausmacht, Ranko-chan, kannst du gern drinnen auf Setsuna warten." "Gern.", antwortete Ranko und strahlte die beiden jungen Frauen mit ihren großen blauen Augen fröhlich an. Michiru und Haruka nahmen sie daraufhin in die Mitte und führten sie durch den großzügig gestalteten Eingangsbereich in den eigentlichen Wohnraum. Unterwegs kamen sie an mehreren Gemälden vorbei, die alle in düsteren Mischungen aus schwarz, dunkelblau, blutrot und violett gehalten waren. Die düstere Farbpalette passte hervorragend zu den sehr lebendig dargestellten apokalyptischen Szenarien, die das gemeinsame Thema aller Gemälde waren. Die junge Dämonin erkannte mit einer gewissen Bestürzung, daß es sich bei diesen Bildern um Visionen dessen handelte, was eintreten würde, wenn sie mit ihrer Mission scheiterte und ihr baldiger Gegenspieler, der Champion der Ordnung, gewinnen würde. Diese Erkenntnis stärkte sie in ihrer Entschlossenheit, alles zu tun, was notwendig war, um eine Niederlage zu verhindern. "Das sind sehr...interessante Bilder.", bemerkte sie auf dem Weg ins Wohnzimmer. "Auf gewisse Weise sehr realistisch.", fügte sie hinzu, nachdem Michiru sich bedankt hatte. "Ich frage mich, woher sie die Inspiration dafür bekommen haben, Kaioh-san." Für einen kurzen Moment trat ein Ausdruck von tiefer Seelenpein in Michirus Augen. "Möchtest du vielleicht einen Tee mit uns trinken, Ranko-chan?", fragte Michiru an Stelle einer Antwort auf die Frage nach ihrer geheimen Muse. Ranko ihrerseits begriff sofort, daß sie wohl einen wunden Punkt getroffen hatte und bedauerte ihren Schnitzer. "Gern.", antwortete sie und gab Michiru damit einen Weg, sich in die Küche und damit aus dem Gespräch zurückzuziehen, um ihre durch diese Frage aufgewühlten Emotionen unter Kontrolle zu bringen. "Hmm. Kaioh-san ist also eine Küstlerin.", brummte Ranko. Dann warf sie Haruka einen interessierten Blick zu. "Und was machen sie, Tenoh-san, wenn sie nicht zur Schule gehen?" "Rennsport.", antwortete Haruka und lehnte sich entspannt in ihrem Sessel zurück. "Früher hauptsächlich Autos, aber heute zieht es mich mehr zu Motorrädern. Und ich mache Kampfsport. Und selbst?" "Nachdem ich laufen gelernt hatte, entschied mein Vater, aus mir ein Denkmal für seine angeblichen Fähigkeiten als Meister und Lehrer der Kampfkünste zu machen.", antwortete Ranko darauf mit einem Seufzen. "Die folgenden zehn Jahre lang bestand jeder Tag meines Lebens aus fünf Stunden Schlaf und neunzehn Stunden Training. Mehr oder weniger." "Dann müßtest du ja ziemlich gut sein, hmm?", erwiderte Haruka mit einem herausfordernden Unterton. Wettkämpfe aller Art lagen der blonden Senshi nun mal im Blut, und Ranma konnte sie gut verstehen. "Als Vater hat er nichts getaugt, aber nach zehn Jahren unter einem erbarmungslosen Ausbilder sollte ich wohl was können.", schnaubte die Dämonin. Sie hob fragend eine Augenbraue und grinste frech. "Interesse an einem kleinen...Sparringmatch?" Sie legte in den Tonfall, mit dem sie das letzte Wort aussprach, gerade so viel Zweideutigkeit, daß Harukas Wangen sich ein wenig röteten. Aus den Nidheg-Archiven wußte Ranma natürlich alles notwendige über die Senshi und hatte sich gründlich informiert, da er ja später mit ihnen irgendwie zusammenarbeiten sollte. Daher kannte er natürlich Harukas und Michirus Neigung zum eigenen Geschlecht. Deshalb war er in seiner weiblichen Form hier. Um später eine gute Zusammenarbeit sicherzustellen, konnte es von Vorteil sein, bei diesem ersten Besuch bereits ein paar Sympathiepunkte zu sichern. "Gehen wir...auf die Terrasse.", schlug Haruka vor, nachdem sie den Kloß in ihrem Hals losgeworden war. Sie sagte noch kurz Michiru Bescheid, die gerade dabei war, in der Küche den Tee aufzugießen. Dann folgte sie ihrem Gast nach draußen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)