Blood Heritage von abgemeldet (1st Arc - Nerima im Wandel) ================================================================================ Kapitel 3: Training der etwas anderen Art ----------------------------------------- Teil 3 – Training der etwas anderen Art "Na, endlich bereit für den nächsten Schritt?", fragte Neko Ranma grinsend, als der Rotschopf fast pünktlich zum Abendessen von Mari ins Esszimmer geleitet wurde, in dem Neko und Yui an einem reichlich gedeckten Tisch von Yuis Hauspersonal bewirtet wurden. "Nein.", entgegnete Ranma-chan trocken. "Hungrig." Diese Antwort entlockte Neko, und nach einer kurzen Erklärung seinerseits auch Yui ein herzhaftes Lachen, während Ranma-chan sich an den Tisch setzte und ordentlich zulangte. Nach einigen Portionen Reis, Fisch, einem dutzend Fleischspießchen und einer Reihe anderer Speisen schien sie hinreichend gesättigt, um an einer Unterhaltung teilzunehmen. Yui und Neko, die sich bis dahin nur über ein paar Belanglosigkeiten und den neuesten Klatsch aus Nifelheims riesiger Gerüchteküche unterhalten hatten, wandten sich ihr zu, als sie bemerkten, daß Ranma-chans Eßgeschwindigkeit deutlich abgenommen hatte. "War das Essen nach deinem Geschmack?", wollte Yui wissen. "Yeah. Absolut fantastisch.", antwortete Ranma-chan strahlend und unterdrückte im letzten Moment einen lauten Rülpser. "Wunderbar. Dann können wir ja jetzt über dein weiteres Training sprechen." "Eigentlich würde ich lieber nach Nerima zurückkehren." "Oh?", kommentierte Yui ein wenig überrascht. "Warum das?" "Naja, Neko sagte, er könne mir die wahre Nekoken erst beibringen, wenn ich wieder in Nerima bin. Und er sagte auch, daß er mich hier auf ihrem Anwesen nicht trainieren dürfte." "Verstehe.", erwiderte der Succubus mit einem ärgerlichen Seitenblick auf einen gespielt entschuldigend mit den Schultern zuckenden Neko. "Und hat er dir auch gesagt, daß sein Training dir erst etwas nützt, sobald du mit meinem Training zumindest fortgeschritten bist?" Der Ausdruck von Überraschung auf Ranma-chans Gesicht war Antwort genug. "Um die Tierfaust-Techniken wirklich zu meistern, ist dein Bannsiegel noch zu stark, Ranma.", erklärte die Blauhaarige. "Mein Training wird dieses Problem beseitigen. Zusammen mit einigen anderen Problemen, unter denen du leidest." "Von was für Problemen reden sie?", wunderte Ranma-chan sich. "Wenn ich meinen Fluch kontrollieren kann und keine Angst mehr vor K-K-Ka..diesen Viechern habe..." "Zum Beispiel deine Unfähigkeit, weibliche Wesen in deiner Umgebung nicht ständig gegen dich aufzubringen.", unterbrach Yui ihn mit einem unschuldigen Lächeln. "Es ist natürlich nicht deine Schuld, daß du nicht über ein Mindestmaß an sozialen Fähigkeiten verfügst, denn schließlich wollte dein Vater einen Sohn haben, der in allem, was nicht unmittelbar mit Kampfsport zu tun hat, von ihm abhängig ist, und hat deshalb dafür gesorgt, daß du nicht lernen würdest, wie man mit anderen Menschen umgeht. Aber das ER es dir nicht beigebracht hat, bedeutet nicht, daß du es nicht lernen solltest, oder?" DAS saß. Und Ranma brauchte fast eine Minute, um zu verdauen, was Yui ihm so unverblümt gesagt hatte. Sein Vater hatte nicht nur durch die multiplen Verlobungen und anderen Mist sein Leben ruiniert, sondern in voller Kenntnis der Konsequenzen dafür gesorgt, daß er nicht die Dinge lernen würde, die ihm dabei helfen konnten, allein aus dieser Situation hrauszukommen. Sicher war es entnervend, immer wieder wegen des eigenen Vaters in Schwierigkeiten zu geraten, aber Ranma hatte sich inzwischen daran gewöhnt, daß sein Vater einfach zu gedankenlos war, um keine Schwierigkeiten anzuziehen. Jetzt zu erfahren, daß sein Vater offenbar geplant hatte, ihn so zu erziehen, daß er sich ohne den alten Mann nicht in der Gesellschaft zurecht finden würde, war ein Schock. Was Ranma in diesem Moment empfand, ging weit über die bisherige gelegentliche Abneigung für seinen Vater hinaus und reichte fast schon an echten Haß heran. Er war jedoch zu sehr Kampfsportler, um sich von seinen Emotionen kontrollieren zu lassen und glitt daher fast automatisch in einen Zustand der Meditation, aus dem er erst zurückkehrte, als er seine emotionale Mitte wiedergefunden hatte. "In Ordnung.", sagte er mit fester, ruhiger Stimme zu Yui. "Ich bleibe und werde hier trainieren. Ich hoffe nur, das Training wird nicht so verrückt wie das meines Vaters." Yuis anschließendes Schmunzeln trug nicht allzuviel dazu bei, ihn zu beruhigen. "Nach dem Essen solltest du dich entspannen und gut ausruhen.", riet der Succubus ihm mit einem fast mütterlich wirkenden Lächeln auf den Lippen. "Dein Training beginnt dann morgen nach dem Frühstück. Und ich hoffe, du wirst deiner Reputation gerecht und wirst nicht alle fünf Minuten wie ein kleines Kind herumnörgeln, daß du mit dem Training aufhören willst." "Für was halten sie mich?", schnaubte der Rotschopf ein wenig beleidigt. "Das Training, vor dem ich weglaufe, muß erst noch erfunden werden." "Deine Worte, lieber Neffe, sind Musik in meinen Ohren.", erwiderte Yui darauf mit sichtlichem Vergnügen. Hätte Ranma geahnt, was ihn erwartete, so wäre er wahrscheinlich in der Nacht vom Grundstück geflohen, um sich den unbekannten Gefahren Nifelheims zu stellen. So jedoch, zumal er versprochen hatte, das Training zu absolvieren, folgte er am nächsten Morgen nach dem Frühstück Yui in einen Raum, in dem ein einzelner bequemer Sessel vor einem sechs Meter im Quadrat messenden Bereich lag, der mit Futons und einigen Kissen bedeckt war, und den man somit als gemütliche Liegewiese bezeichnen konnte. Die Rothaarige hatte keine Vorstellung, welche Art von Training in einer solchen Umgebung ablaufen mochte, und betrachtete den Aufbau mit entsprechend skeptischer Miene. "Was jetzt?" "Ausziehen und setzen.", antwortete Yui knapp. "WAAAAS?!" "Du hast gehört, was ich gesagt habe, Schüler.", schnappte der Succubus streng. Ranma-chan schluckte ihre Proteste herunter und nickte langsam. "Jawohl, Sensei." "So ist's recht.", grinste die Blauhaarige zufrieden, während sie zusah. "Die Boxershorts auch.", verlangte sie schließlich mit einem leichten Naserümpfen. "Aber..." "Du wirst für den Rest des Trainings Mädchenunterwäsche tragen, falls ich noch mehr Widerworte höre." Binnen eines Blinzelns stand Ranma-chan splitternackt da. "Brav. Und jetzt setz dich." Ranma-chan gehorchte, und staunte nicht schlecht. Der Sessel passte sich ihrer Körperform an und war zudem irgendwie beheizt, was bedeutete, daß er eine Temperatur hatte, die leicht über Körpertemperatur lag. Natürlich hatte dieser bequeme Sessel auch einen Haken. Kaum saß das Teilzeitmädchen, da wuchsen aus Teilen der Arm- und Rückenlehnen und aus einigen anderen günstig platzierten Bereichen des Sitzmöbels dünne Tentakel, die sich um ihren Körper legten und in ihrer Position fixierten. "Die Fixierung soll dir dabei helfen, dich besser auf das Training konzentrieren zu können.", beruhigte Yui Ranma-chans Proteste. "Später wirst du ganz sicher ohne auskommen." Nach dieser Versicherung beruhigte die Rothaarige sich wieder, allerdings nur, bis Mari den Raum betrat und zwei Meter vor ihr stehenblieb. "Wie in den Künsten, die du bisher studiert hast, gilt auch hier der Grundsatz: Fundiertes Basiswissen ist die Grundlage für die Anwendung komplexerer Techniken.", beantwortete Yui Ranma-chans fragenden Blick mit einem enthusiastischen Grinsen, das mehr als tausend Worte vermittelte, wie sehr sich der Succubus über diese Situation freute. "Lektion eins: Weibliche Anatomie. Demonstriert an und von Mari-chan." Mari posierte nach dieser Ankündigung aufreizend vor Ranma-chan und zwinkerte ihr fröhlich zu. "Warum ich?", seufzte Ranma-chan an dieser Stelle deprimiert und senkte den Kopf. Der Tentakelstrang unter ihrem Kopf reagierte darauf mit genug Zugkraft, um ihn wieder in eine gerade Position zu zwingen. Mari legte auf Yuis Anweisung hin ihre Kleidung ab, woraufhin Ranma-chan augenblicklich ihre Augen schloß . Der Sessel reagierte darauf mit leichten Elektroschocks und Nadelstichen in den Po, bis sie ihre Augen wieder öffnete. Nach zwei Minuten, überraschend schnell für einen passionierten Dickschädel wie Ranma, kam die Einsicht, daß Widerstand völlig sinnlos war. "Wie ich schon sagte, Ranma,", erklärte Mari freundlich, "ist es völlig in Ordnung, wenn du hinschaust, solange du die Erlaubnis dafür hast. Und ich bin mir ziemlich sicher, daß ich dir diese Erlaubnis bei unserer ersten Begegnung erteilt habe." "Ähm..." "Kein Grund zur Aufregung, Ranma.", schaltete Yui sich hier ein. "Es geht bei dieser Lektion nur um eine ganz normale Unterweisung in korrekter Benennung gepaart mit einer Erklärung der wesentlichen Funktion der Dinge, die die Frau vom Mann unterscheiden. Bedenkt man deine Situation mit dem Fluch, müsstest du erkennen können, daß derartige Kenntnisse wertvoll für dich sind, nicht wahr?" "Hmm...okay. Aber nichts Perverses, klar?!" "Mein lieber Neffe, hast du überhaupt eine Ahnung, was dieses Wort bedeutet?" "Klar." Yui und Mari sahen Ranma-chan erwartungsvoll an. "Hmm...also es bedeutet...mal sehen...also genau weiß ich es nicht, aber es hat irgendwas mit etwas zu tun, was Jungs mit Mädchen tun und Mädchen nicht gut finden." Mari schaute sie nach dieser Erklärung verständnislos an. Yui seufzte nur und schüttelte leicht den Kopf. "Im Verlauf deines Trainings werden wir auf diesen Punkt näher eingehen, Ranma. Für den Moment behalte im Gedächtnis, daß es keinen festen Standard dafür gibt, was pervers ist und was nicht." "Häh?" "Ich gebe zu, für jemanden, der so unwissend ist wie du, ist das schwer zu verstehen.", brummte Yui. "Sie halten mich also für blöd." "Nein. Nicht blöd.", erwiderte sie kopfschüttelnd. "Du bis nicht dumm, sondern uninformiert." "Wo ist denn der Unterschied?", wunderte Ranma-chan sich. "Ganz einfach. Jemand der dumm ist, der begreift Zusammenhänge nicht, auch wenn man ihm alle Fakten zur Verfügung stellt, die er zum Verständnis braucht. Dir jedoch fehlen einfach nur die Fakten, um die Zusammenhänge verstehen zu können.", erklärte der Succubus geduldig. "Darum geht es in diesem Teil des Trainings." "Um...Fakten?" "Nun, wenn ich Nidheg bitten würde, den über Sex und Mädchen uninformiertesten Jungen deiner Altersklasse zu finden, würde vermutlich dein Name herauskommen.", meinte Yui. "Und selbst wenn du ein normaler Junge ohne dämonisches Erbe wärst, wäre das ein inakzeptabler Zustand. Oder willst du riskieren, dich durch reine Unwissenheit vor deinen Altersgenossen lächerlich zu machen, oder, schlimmer noch, manipuliert oder ausgenutzt zu werden?" Ranma-chan schüttelte mißmutig den Kopf. "Gut. Nun ein Versuch, zu erklären, was pervers ist – zumindest im Bezug auf das Thema Sex." "Es gibt auch andere Dinge die...pervers sind?" "Oh ja, die gibt es. Aber lass uns beim Thema bleiben." "Okay." "Als 'normal' wird das angesehen, was die Mehrheit der Menschen als Standard ansieht. Das ist beim Sex so, aber auch bei anderen Dingen. Deine extreme Fixierung auf Kampfsport beispielsweise ist eine Abweichung von der Verhaltensnorm. Und das ist einer der Gründe, warum du Probleme im Umgang mit vielen dieser sogenannten normalen Menschen hast." "Aber sie wollen jetzt nicht sagen, ich wäre pervers, weil ich Kampfsport mache, oder?", rief Ranma-chan sichtlich entsetzt. "Nein, Ranma. Deine Obsession mit Kampfsport würde man schlicht 'ungewöhnlich' nennen. Und die gewissermaßen 'gewöhnlichen' Menschen neigen dazu, die 'ungewöhnlichen' entweder zu meiden, auszugrenzen oder zu versuchen, Druck auf sie auszuüben, damit sie ihr Verhalten so ändern, daß sie sich mehr an die gewöhnlichen Menschen annähern." Ranma-chan nickte verstehend. Derartige Erfahrungen hatte sie selbst schon gemacht, auch wenn es nur wenige gab, die jemals versucht hatten, ihrer 'Obsession' mit Gegendruck zu begegnen. °Vermutlich haben die Leute zu viel Angst davor, diesen Weg bei einem Kampfsportler zu versuchen.°, überlegte sie. "Wenn es nun um den Bereich Sex geht,", fuhr Yui fort, "tritt der Begriff 'pervers' an die Stelle des Wortes 'ungewöhnlich'. Viele Leute haben, gerade wenn es um sexuelle Praktiken geht, eine sehr niedrige Toleranzschwelle für Abweichungen von dem durch das Verhalten der Mehrheit festgelegten Standard. Kleinere Abweichungen werden dann in die Schublade 'gewagte Experimente' geschoben, größere werden als 'pervers' deklariert. Und pervers gilt deshalb als schlecht, weil es in den meisten Kulturkreisen in so ziemlich jedem Bereich als fragwürdig gilt, von der Norm abzuweichen. Allgemeiner Konsens in toleranten Gesellschaften ist übrigens, daß alles das als akzeptabel – und somit nicht als pervers – gilt, was von allen Beteiligten akzeptiert wird und niemandem schadet." "Aber das ergibt keinen Sinn.", platzte es aus Ranma-chan heraus. "Akane weiß, daß ich keinen Sex habe, also wieso beschuldigt sie mich dann ständig, ich wäre pervers?!" "Diese Frage werden wir zu einem späteren Zeitpunkt deines Trainings beantworten.", erwiderte Yui mit einem wissenden Lächeln. "Wieso nicht jetzt?", wollte die Rothaarige wissen. "Weil, mein lieber Neffe, du noch nicht den nötigen Durchblick hast.", antwortete der Succubus darauf. "Natürlich könnte ich dir alles bis ins Detail erklären, aber das wäre letztlich nur meine Ansicht. Und du würdest an meiner Antwort sehr wahrscheinlich zweifeln. Wenn du wartest, bis deine Ausbildung genügend fortgeschritten ist, wirst du die Antwort aber selbst finden können. Ist das nicht eine viel befriedigendere Lösung?" Ranma-chan verstand die Alternativen. Entweder ihr Sensei übernahm das Denken für sie, oder ihr Sensei brachte ihr bei, für sich selbst zu denken. Und genau wie Yui bevorzugte Ranma die zweite Alternative. Auch wenn sie ihm von seinen bisherigen Senseis nur äußerst selten angeboten worden war. Die nächsten drei Stunden waren einer ausführlichen Erklärung des weiblichen Körpers, der Fortpflanzungsorgane und des Menstruationszyklus gewidmet. Die letzten beiden Punkte vor allem, weil Yui Ranma-chans Antwort auf die Frage nach dem Grund für zwei Menschen miteinander Sex zu haben, zu vage fand: "Warum haben zwei Menschen miteinander Sex?" "Hmm. Da kommen Babies bei raus." Ranma-chans Antwort klang halb wie eine Frage. "Oho. Mein lieber Neffe weiß also, wie Babies entstehen. Na dann lass mal hören." Ranma-chan war erst knallrot geworden und hatte sich einige Minuten sammeln müssen, bevor sie den Mund aufbekommen hatte. "Naja...der Junge steckt sein Ding da unten in das Mädchen rein. Solange bis so'n weißes Zeugs aus seinem Ding rauskommt. Das Zeug läuft dann in das Mädchen rein und es wird schwanger. Dann wird das Mädchen neun Monate lang immer launischer und dicker und am Ende kommt dann nen Baby raus." Mari war irgendwann im Lauf dieser Erklärung prustend auf der Liegewiese zusammengebrochen. An den durch die Kissen gedämpften Lauten und dem verräterischen Zucken ihrer Rippenmuskulatur war erkennbar, daß sie von einem heftigen Lachanfall überwältigt worden war. Yui musterte den blonden Succubus irritiert wegen der mangelnden Disziplin, konnte sich aber selbst ein Schmunzeln nicht verkneifen. "Ranma, mein Junge, ich bin ja so froh, daß du in deine Erklärung nicht UPS oder den Klapperstorch eingebaut hast.", stellte sie trocken fest. "Diese Art von Erklärung ist genau das, was ich von deinem Vater erwarten würde. Und die Art wie Mari reagiert, ist so ziemlich das, was du erwarten kannst, wenn du deine Erklärung vor einem deiner Altersgenossen wiederholen würdest." "Toll. Ich hab also keine Ahnung.", schnaufte Ranma-chan beleidigt darüber, daß sich offenbar alle über sie lustig machen wollten. "Aber dann kannst du es mir sicher besser erklären, oder, Sensei?" "Natürlich." Und was dann folgte, waren besagte drei Stunden intensiven Biologieunterrichts, an dessen Ende Ranma-chan alle relevanten Fakten – zusammen mit ein paar weniger relevanten aber nichtsdestotrotz nützlichen Randbemerkungen und Ratschlägen – eingepaukt bekommen hatte. Zu ihrer eigenen Verblüffung stellte sie dabei fest, daß ihr der Unterricht sogar Spaß zu machen begann, nachdem sie ihren anfänglichen instinktiven Widerwillen gegen die Beschäftigung mit 'Mädchenkram' überwunden hatte. "Was kommt als nächstes, Sensei? Noch mehr Biologie?" "Nein, Ranma. Lektion zwei ist eine Lektion in angewandter Psychologie. Und sie lautet: Akzeptiere, daß du so in Ordnung bist, wie du bist." Yui setzte ein gewinnendes Lächeln auf. "Natürlich ist das eine sehr große Aufgabe und deshalb ist diese Lektion in viele kleine Schritte unterteilt. Wir beginnen mit Lektion zwei A: Die äußere Form." Sie wandte sich an ihre Untergebene. "Mari-chan, geh bitte vor und triff die nötigen Vorbereitungen." "Natürlich, Mistress Yui.", erwiderte der blonde Succubus und verließ den Raum. "Die äußere Form?", fragte Ranma-chan stirnrunzelnd nach. "Exakt.", bestätigte Yui mit einem knappen Nicken und betätigte einen Kontakt auf der Rückseite des Sessels, der die fesselnden Tentakel verschwinden ließ. "Jetzt gehen wir erstmal zum Mittagessen." "Yippie! Mittagessen!", jubelte der Rotschopf und sprang enthusiastisch auf. Nach einem suchenden Blick in die Runde wich der Enthusiasmus leichter Irritation. "Ist was nicht in Ordnung? Hast du etwa doch keinen Hunger?", erkundigte Yui sich besorgt. "Doch. Schon." "Aber?" "Wo sind meine Sachen?" "Die hat Mari mitgenommen." "Oh. Und wie komme ich jetzt zum Essen?" "Ähm. Du läufst?", gab Yui in gespielter Verwunderung zurück. "N-N-Nackt?!" Ein dünnes Lächeln machte sich auf Yuis Gesicht breit. "Lektion zwei A trägt ihren Namen nicht umsonst, hmm?" "Äußere Form. Oh. Ich soll wirklich..." Ranma-chans Gesicht war voller Zweifel. Yui nickte aufmunternd. "Dein Körper ist ein Teil von dir, Ranma. Und solange du dich für deinen Körper schämst, bedeutet das, daß du nie ein wirklich zufriedenes Leben wirst führen können. Der erste Schritt auf dem Weg zur Akzeptanz deines Körpers liegt in der Erkenntnis, daß es keinen Grund gibt, sich für ihn zu schämen." "Aber das bedeutet nicht, daß ich später zu Hause auch nackt rumlaufen soll, oder?" "Sicher nicht. DAS würde gegen die dort geltenden Normen verstossen, und du erinnerst dich sicher, was ich dir über Abweichungen gesagt habe, nicht wahr? Ohne Rechtfertigung nackt herumzulaufen, würde dich dort unter Umständen als pervers brandmarken, auch wenn die Perversion hierbei sich meiner Meinung nach eher in den Köpfen der Betrachter abspielt.", antwortete Yui. "Das ist aber ein Thema für eine spätere Lektion." "Hmm. Und warum genau soll ich jetzt nackt herumlaufen?" "Es ist ein nützliches Training für später." "Später?" "Nun, es wird irgendwann in deinem Leben Situationen geben, in denen du dich einer anderen Person nackt zeigen möchtest, und wenn du DANN Unbehagen dabei empfindest, ist das nicht hilfreich.", erläuterte der Succubus geduldig. "Durch das Training lernst du, dieses Unbehagen, das größtenteils auf deiner Erziehung beruht, zu überwinden." "Aha. Aber wieso sollte ich mich denn jemandem nackt zeigen wollen?" Yui unterdrückte einen frustrierten Aufschrei, wenn auch mit Mühe, und sah Ranma-chan zweifelnd an. Tat sie so begriffsstutzig, oder war sie wirklich so...hohl? "Sollte der Fall eintreten, daß du mit jemandem Sex haben willst, nach deiner Heirat beispielsweise, dann ist anzunehmen, daß du und deine Partnerin bei dieser Gelegenheit nackt sein werden. Oder sehe ich das falsch?", schnappte sie irritiert. Ranma-chan lief erneut vor Verlegenheit rot an und antwortete mit einem unsicheren Nicken. "Gut daß du das einsiehst. Es besteht also noch Hoffnung für dich.", scherzte Yui. "Ich sehe, eines der ersten Ziele deines weiteren Trainings muß nun sein, diese irritierende Angewohnheit loszuwerden, bei jeder Kleinigkeit rot anzulaufen." "Es ist nun mal nicht so leicht, über dieses Thema zu reden.", verteidigte Ranma-chan sich. "Stimmt. Es ist viel leichter, es zu tun.", erwiderte Yui mit einem Augenzwinkern. Prompt wurde Ranma-chan noch roter als zuvor. "Naja, lass uns erst mal essen gehen.", meinte Yui dazu seufzend und mit einem ungläubigen Kopfschütteln. Es war ihr nahezu unbegreiflich, daß ein eigentlich völlig gesunder siebzehnjähriger Junge bei der geringsten Andeutung, die auch nur am Rande mit Sex zu tun hatte, eine fast schon allergische Reaktion zeigen konnte. DAS war sicherlich nicht das Ergebnis, das Nodoka sich von Genmas Erziehung ihres Sohnes erhofft hatte. °Aber Moment... allergische Reaktion. Hmm. Interessanter Gedanke. Ich bin gespannt, ob das funktioniert.° Hätte Ranma-chan in diesem Augenblick Einblick in Yuis neue Ideen und Pläne gehabt, wäre sie sicher zunächst rot wie ein gekochter Hummer geworden und anschließend an Bluthochdruck eingegangen. So jedoch marschierte sie frohen Mutes zur Tür hinaus und machte sich an Yuis Seite auf den Weg in den Speisesaal. Was sie zu dem Zeitpunkt nicht wußte, aber in den nächsten Minuten herausfinden sollte, war, daß Mari in Yuis Auftrag dafür gesorgt hatte, daß Ranma-chan auf dem Weg zum Essen praktisch jedem Bewohner des Anwesens über den Weg laufen und auch im Speisesaal nicht ohne eine Menge Gesellschaft sein würde. Die emotionale Anspannung, die dadurch entstand, daß er für über zwei Stunden ununterbrochen den neugierigen und vor allem lüsternen Blicken von fast drei Dutzend Succubi ausgesetzt war, ließ Ranma unbewußt in die 'Seele aus Eis'-Mentalität wechseln. Erst sehr viel später würde Ranma aufgehen, daß er hiermit für sich einen Präzedenzfall für die Anwendung einer seiner Kampftechniken außerhalb einer Kampfsituation geschaffen hatte. Damit hätte er dann auch einen wesentlichen Schritt zur Meisterung von Problemlösungsstrategien im Umgang mit anderen Menschen getan. Nach dem Essen ging es zurück in die Trainingskammer, wo Ranma-chan erneut auf dem Sessel Platz nahm, der auch prompt wieder ihre Gliedmaßen fixierte. "Wie geht's jetzt weiter, Sensei?", erkundigte sie sich ein wenig unsicher. Sie hatte nicht vergessen, daß ihre aktuelle Trainingslektion den Namen 'Äußere Form' trug. "Nun, lieber Neffe, mir ist vorhin etwas durch den Kopf gegangen.", teilte ihr Sensei ihr freundlich mit. "Wir werden deine aktuelle Lektion unterbrechen, um uns mit einem wichtigen mentalen Problem von dir zu befassen." °Jetzt krieg ich sicher wieder zu hören, wie dumm ich doch bin.°, dachte das Teilzeitmädchen und wartete irritiert auf Yuis Erklärung. "Mir kam der Gedanke, daß deine mentale Abwehrreaktion wann immer es um das Thema Sexualität oder auch nur um nackte oder teilweise unbekleidete weibliche Personen geht, so etwas wie das psychologische Gegenstück einer Allergie sein könnte.", erklärte der Succubus. "Und bei den Sterblichen gibt es eine mit großem Erfolg angewandte Methode, um Allergien zu kurieren: Die sogenannte Desensibilisierungstherapie." "Häh?", kommentierte Ranma-chan verständnislos. "Bei dieser Therapie wird der Körper in langsam steigenden Dosen über einen längeren Zeitraum der Substanz ausgesetzt, gegen die er allergisch ist, mit dem Ergebnis, daß der Körper sich irgendwann an die Substanz gewöhnt und die Allergie somit verschwindet." "Oh.", meinte der Rotschopf dazu, zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich verstehend, worauf Yui hinauswollte. Langsam ging sie die Erklärung Schritt für Schritt im Geiste durch, versuchte, sich vorzustellen, wie eine solche Therapie wohl aussehen mochte. Als in ihrem Kopf schließlich die Verbindung zwischen 'dein Problem ist der Anblick von leicht oder gar nicht bekleideten Frauen/Mädchen' und 'die Therapie beruht darauf, den Körper an die Problemsubstanz zu gewöhnen' hergestellt war, weiteten sich ihre Augen und sie bedachte den blauhaarigen Succubus mit einem Blick, der eine Mischung aus Entsetzen und Unglauben war. "D-Das...das ist nicht ihr Ernst, oder?" "Ich vermute, du hast schon eine Idee, was ich vor habe. Was wieder beweist, daß du über einen wachen Verstand verfügst.", erwiderte Yui lobend. "Man muß ihm nur etwas geben, womit er arbeiten kann." "A-Aber..." "Zwei der Personen, die deine diesbezügliche Schwäche regelmäßig ausnutzen, sind Shampoo und Nabiki.", unterbrach Yui Ranma-chans Widerspruch im Ansatz. "Würdest du nicht gern lernen, besser mit ihnen fertig zu werden?" "Moment. Shampoo...das verstehe ich. Aber wieso Nabiki?" "Sie hat dich mit versteckten Andeutungen sexueller Natur, Doppeldeutigkeiten und einer ganzen Reihe weiterer Techniken oft genug in Verlegenheit gebracht. Richtig?" "Ja, schon, aber was hat das eine mit dem anderen zu tun?" "Wenn du verlegen bist, befindest du dich mental in der Defensive und dein logisches Denken ist beeinträchtigt.", erläuterte Yui. "Deshalb hat Nabiki es so leicht, dich um den Finger zu wickeln. Betrachte es als ihre Version von Anything goes." Der Succubus bedachte Ranma-chan mit einem eindringlichen Blick. "Dieselben Taktiken, die du anwendest, um einen Kampf zu gewinnen, setzt Nabiki auch ein. Nur setzt sie die Prinzipien entsprechend der Handhabung sozialer Situationen, wie Verhandlungen mit Personen, von denen sie etwas haben will, ein." "Ich...verstehe, Sensei.", erwiderte Ranma-chan langsam. Nachdenklich. "Und dieses Training wird mir helfen, mit Nabiki und ihrer manipulativen Art fertigzuwerden?" "Wenn du damit fertig bist, wird es ihr auf jeden Fall schwerer fallen, dich aus der Ruhe zu bringen. Damit ist sie dir in euren kleinen 'Verhandlungen' nicht mehr so hoffnungslos überlegen. Es ist ein Anfang, aber es macht dich gegen ihre Fähigkeiten keineswegs immun.", relativierte Yui. "Vergiß nicht, daß sie in der Anwendung diverser Manipulationstechniken jahrelange Erfahrung besitzt." "Toll. Und was hilft mir dieses Training dann? Ich werde mehr Widerstand leisten können, aber am Ende wird sie doch gewinnen." "Aber, aber. Wer wird denn so schnell die Flinte ins Korn werfen, hmm?" Sie tätschelte Ranma-chans Kopf. "Das gleich beginnende Training ist der erste Schritt. Du wirst später lernen, ihre Manipulationstechniken zu erkennen und zu kontern. Ich kann schließlich nicht zulassen, daß ein Dämon von einer einfachen Sterblichen beim Verhandeln in die Tasche gesteckt wird, nicht wahr?" Bei der Erwähnung seines angeblichen dämonischen Erbes schnitt Ranma eine Grimasse. Trotzdem war der Gedanke verlockend, Nabiki irgendwann nicht mehr so ausgeliefert zu sein wie bisher. "Okay. Dann lass uns beginnen, Sensei." Yui lächelte zufrieden. "Es wird dich sicher freuen zu hören, daß sich alle Mädchen, die in meinen Diensten stehen, sofort freiwillig gemeldet haben, um bei deinem Training zu helfen." "Wieso überrascht mich das jetzt nicht?", seufzte Ranma-chan schicksalsergeben. "Oh, sei froh, daß deine Mutter nicht hier ist, um dein Training zu überwachen.", kicherte Yui. "Wieso?" "Nun, bei ihrer Populariät würde schon das Gerücht reichen, daß sie sich auf meinem Anwesen aufhält, und ganze Horden junger Succubi würden versuchen, das Grundstück zu stürmen." "Das verstehe ich nicht. Das klingt so, als würdet ihr meine Mutter als etwas ganz besonderes betrachten." "Das ist sie auch. Ich werde dir den Grund dafür heute beim Abendessen verraten, vorausgesetzt, du gibst dir beim Training Mühe und mogelst nicht." "Mogeln?!", protestierte Ranma-chan augenblicklich. "Gerade beim Mittagessen hast du die 'Seele aus Eis'-Technik benutzt, um deine Gefühle zu kontrollieren." "Selbst wenn, wo ist das Problem?" "Dummkopf. Wie willst du lernen, mit deinen Gefühlen umzugehen, wenn du deine Gefühle während des Trainings blockierst?" "Oh. Das macht Sinn, schätze ich." "Du kannst solche Techniken mit Neko trainieren, wenn wir Zwei miteinander fertig sind. Aber innerhalb meines Trainings haben solche Methoden nichts verloren. Verstanden?" "Ja, Sensei." "Gut. Dann wollen wir mal mit der Desensibilisierungstherapie beginnen." "Eine Frage noch." "Ja?" "Wie kriegen wir raus, ob es funktioniert?" "Es wird in dem Moment funktionieren, in dem du leicht bekleidete Frauen betrachten kannst, ohne Verlegenheit oder Unbehagen zu empfinden.", erklärte Yui. "Wieso habe ich das Gefühl, daß sie mich zu einem Spanner erziehen wollen?", seufzte der Rotschopf. "Denkst du das wirklich?", fragte der Succubus interessiert. "Hrmpf. In den letzten Tagen ist so viel passiert, daß ich nicht wirklich weiß, was ich denken soll. Aber der Verdacht drängt sich schon auf, oder?" "Zugegeben. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied, den du offensichtlich nicht bedacht hast." "Und der wäre?" "Ein Spanner betrachtet die Objekte seiner Begierde, selbst wenn sie ihm dazu keine Erlaubnis gegeben haben. Alle Teilnehmerinnen an diesem kleinen Projekt sind jedoch explizit damit einverstanden, daß du einen oder auch mehrere Blicke auf sie wirfst. Sonst würden sie ja nicht mitmachen, ne?!" Diese Erklärung beruhigte Ranma-chan sichtlich. Sie war zwar alles andere als begeistert von Yui-Senseis Plan, aber da sie bisher fast nur unter ziemlich eigenwilligen Senseis mit sehr skurilen Methoden trainiert hatte, würde sie sich auch hier schlichtweg durchbeißen, ihr Unbehagen überwinden, und am Ende die zu lernenden Techniken meistern. Und die Aussicht auf die ersten Techniken, die gegen Nabiki geeignet waren, ließ es für sie mehr als lohnenswert erscheinen, sich einer Situation zu stellen, die man wohl am Besten als 'Happosais Traumland' bezeichnen konnte. Ranma-chan stocherte lustlos in ihrem Abendessen herum. Das lag allerdings nicht an einem Mangel an Appetit – so etwas gab es bei Ranma nur dann, wenn Akane die Mahlzeit gekocht hatte. Und es lag auch nicht daran, daß das Essen nicht geschmeckt hätte. Im Gegenteil, auch wenn einige für ihn exotische Speisen dabei waren, schmeckte das, was der kleine Rotschopf probierte absolut vorzüglich. Nein, es lag einfach daran, daß Ranma-chan im Geiste immer noch mit den heutigen Trainingsstunden beschäftigt war. Die Succubi in Yuis Diensten waren allesamt sehr, sehr attraktive Frauen und Mädchen. Sogar jemand mit Ranmas bisheriger Ignoranz in derartigen Fragen konnte sich nicht davor drücken, dies zu bemerken. Und jeden dieser Succubi hatte Ranma-chan heute kennenlernen dürfen. Gekleidet in immer weniger Haut bedeckende Kleidung, die zum Ende der Sitzung hin immer enger oder transparenter geworden war. Oder beides. Nur ihr Versprechen an Yui hatte sie davon abgehalten, den ganzen Tag die 'Seele aus Eis' zu praktizieren. Und ihr Körper hatte auf die immer erotischer werdenden Posen, in denen die Succubi sich für sie präsentiert hatten, mit wachsender und für jeden, der mit den Anzeichen vertraut war, deutlich sichtbarer Erregung reagiert. Als Kampfsportler hätte sie in der Lage sein müssen, die völlige Kontrolle über ihren Körper zu behalten. Das war schließlich einer der Grundpfeiler ihrer Ausbildung. Aber sie hatte es nicht tun können. Sie war einfach nicht in der Lage gewesen, dem wachsenden Strom neuartiger Emotionen und den für sie teilweise verwirrenden Reaktionen ihres Körpers auf die auf sie einströmenden Sinneseindrücke Einhalt zu gebieten. Außerdem war Ranma ein Junge, wie er sich selbst immer wieder sagte. Wie konnte sein Mädchenkörper es da wagen, den Anblick leicht bekleideter Frauen derart positiv zu kommentieren? Wenn er zu diesem Zeitpunkt wenigstens ein Junge gewesen wäre, wäre es zwar peinlich aber trotzdem noch irgendwie erträglich gewesen. So jedoch fühlte Ranma sich von seiner ohnehin ungeliebten weiblichen Hälfte verraten. Und jetzt schämte sie sich für ihr Versagen wie nie zuvor in ihrem Leben. Daher der offensichtliche Mangel an Enthusiasmus beim Abendessen. Ranma-chan seufzte schwermütig. "Was ist los, Ranma?", erkundigte Yui sich freundlich besorgt. "Ach, nichts.", brummte die Rothaarige mürrisch. "Hat man dir nicht gesagt, daß es eine schlechte Angewohnheit ist, seinen Sensei zu belügen?", erwiderte der Succubus darauf. "Komm schon, spuck´s aus. Mit mir kannst du über alles reden.", setzte sie verständnisvoll hinzu. "Will nicht.", schnaufte Ranma-chan mit gesenktem Kopf. "Gut. Dann werde ich raten.", entschied Yui mit einem vielsagenden Funkeln in den Augen. "Dich beschäftigt dein heutiges Training. Richtig?" Ranma-chan brummte unwillig etwas, was man als Bestätigung auslegen konnte. "Hmm, wenn das so ist, verstehe ich deinen miesepetrigen Gesichtsausdruck nicht.", meinte die Blauhaarige nachdenklich. "Du schienst in den letzten Stunden doch ziemlich viel Spaß gehabt zu haben." Ranma-chans Kopf ruckte hoch. "Oh. Habe ich einen Nerv getroffen?" "Sie würden das nicht verstehen.", knurrte der Rotschopf. "Nicht wenn du es mir nicht erklärst." "Na schön. Sonst geben sie wohl doch keine Ruhe, was?" Yui lächelte. "Schön, daß wir uns verstehen, lieber Neffe." "Als Kampfsportler", erklärte Ranma-chan dann, "sollte ich immer die Kontrolle über meinen Körper haben." "Klingt sinnvoll.", stimmte Yui zu. "Aber was heute mit meinem Körper passiert ist, hatte nichts mit Kontrolle zu tun.", schnappte die Rothaarige gereizt. "Dieser verdammte Mädchenkörper tut einfach was er will. Ich wollte bestimmt nicht, daß er auf diese Weise reagiert." "So? Ist es denn so falsch, auf den Anblick attraktiver leicht bekleideter Frauen mit sexueller Erregung zu reagieren?", fragte der Succubus unschuldig. "JA!", rief ihr Gegenüber aufgebracht. "Zum einen war ich während des Trainings ein Mädchen. Und Mädchen sollten nicht so auf andere Mädchen reagieren. Und zum anderen wollte ich diese Reaktion nicht." Ein feuchter Schimmer legte sich auf die Augen des Teilzeitmädchens. "Was wenn mein Körper auch in Zukunft Dinge tut, die ich nicht will?" Yui spürte, daß Ranmas Problem tiefer lag und stellte sich deshalb weiter begriffsstutzig, um ihren Neffen aus der Reserve zu locken. "Ich will das einfach nicht.", fauchte Ranma-chan, offensichtlich wütend auf sich selbst. "Warum nicht? Ist doch nichts dabei.", gab Yui unschuldig zurück. "Es ist aber mein Körper, verdammt. Meiner! Verstehen sie?" "Und? Was heute passiert ist, ändert daran doch nichts." "Doch, verdammt!" Ranma-chan klang jetzt ungewöhnlich verzweifelt. Ihr Körper bebte leicht, und von ihr unbemerkt liefen Tränen ihre Wangen herab. "Wenn ich nicht die Kontrolle über meinen Körper habe, ist es so, als wenn er mir nicht gehört." Plötzlich war es, als würde ein Damm in ihr brechen. "Mein Vater hat mir die Kontrolle über mein Leben weggenommen. Ucchan, Shampoo, der alte Ghoul, die Tendos und all die anderen, die mir Verpflichtungen aufzuladen versuchen, die ich nie wollte, nehmen mir dadurch die Kontrolle über meine Zukunft. Der Fluch hat mir die Kontrolle über einen wichtigen Teil meiner Identität genommen." Die Traurigkeit in ihrem Blick hätte vermutlich selbst einem Stein Tränen entlocken können. "Was soll ich denn noch alles verlieren?", wisperte sie mit erstickter Stimme, als Yui längst ihren Platz verlassen hatte, um den Rotschopf in eine tröstenden Umarmung zu ziehen. Manchmal, das wußte der Succubus, mußte man einfach nur jemanden haben, bei dem man sich ausweinen konnte, um sich den Herausforderungen des Lebens mit neuem Mut stellen zu können. Und so hielt sie das zitternde, weinende Bündel Halbdämon in fester Umarmung und spendete der Rothaarigen in der nächsten Stunde schweigend Halt und Trost. Ranma-chans Tränen versiegten nach einer Weile, und das emotional völlig ausgelaugte Teilzeitmädchen schlief schließlich in Yuis Armen ein. Als die Blauhaarige das bemerkte, lächelte sie gerührt und übernahm es dann persönlich, den leichten, kleinen und im Schlaf so verletzlich wirkenden Mädchenkörper den langen Weg in den Gästeflügel zu tragen, wo sie Ranma-chan vorsichtig ins Bett legte. Nachdem sie aus dem Zimmer geschlichen war, so leise sie konnte, um die Schlafende nicht zu wecken, gab sie Mari die Anweisung dafür zu sorgen, daß niemand den Schlaf der Rothaarigen störte, bis sie von selbst wieder aufgewacht war, und Yui dann sofort zu benachrichtigen. Als Ranma-chan am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich seltsam leicht. Sie war sich zwar nicht sicher, woher dieses Gefühl stammte, aber es gefiel ihr trotzdem. Sie rieb sich gerade den Schlaf aus den Augen, als die Tür ihres Zimmers sich öffnete und Yui zusammen mit Mari, die ein Tablett mit Frühstück trug, das Zimmer betrat. "Guten Morgen, Ranma.", grüßte Yui fröhlich. "Ich hoffe, du fühlst dich heute besser." Sie nahm Mari das Tablett aus der Hand und schickte den blonden Succubus hinaus. Dann stellte sie es neben Ranma auf das Bett und setzte sich. "Magst du heißen Kakao und Pfannkuchen mit Marmelade?" "Ähm...keine Ahnung." "Bedien dich einfach. Die sind lecker.", erwiderte Yui grinsend, während sie ihrem eigenen Rat zu folgen begann. Ranma-chan verteilte etwas Kirschmarmelade auf einem warmen Pfannkuchen, der etwas größer als eine Handfläche war, und probierte neugierig. "Lecker.", lautete ihr zufriedener Kommentar. "Iß soviel du willst. Ich kann jederzeit Nachschub organisieren.", meinte Yui zwischen zwei Bissen. Ranma-chan nickte, und für eine Weile waren nur die Geräusche zweier Personen beim Pfannkuchenessen zu hören. "Danke.", murmelte Ranma-chan irgendwann. Yui sah sie fragend an. "Wegen gestern.", lautete die leise zugefügte Erklärung. "Kein Problem, Ranma. Manchmal ist es einfach notwendig, sich auszuweinen." "Aber es ist nicht männlich.", seufzte der Rotschopf in einer Mischung aus Verlegenheit und Niedergeschlagenheit. "Hrmpf. Deine Schule, dieses Musabetsu Kakuto Ryuu, hat doch die Philosophie, das alles gerechtfertigt ist, was dabei hilft, ein Ziel zu erreichen, richtig? Das ist ja wohl einer der Gründe, warum alle, die diese Kunst praktizieren, sich in vielen Dingen stark voneinander unterscheiden. Jeder kann halt andere Mittel einsetzen, um zum Ziel zu kommen. Lediglich die Grundlagen sind identisch, während im späteren Verlauf seiner Ausbildung jeder Schüler unterschiedliche Techniken oder Variationen einer Technik in sein persönliches Arsenal integriert." Ranma-chan nickte bestätigend. "Schon. Aber was hat das eine mit dem anderen zu tun?", wollte sie wissen. "Nun, stell dir vor, die Aufgabe wäre nicht, einen bestimmten Gegner zu besiegen, sondern schlicht dafür zu sorgen, daß es dir gut geht. Dein Vater scheint alle Techniken gemeistert zu haben, die er braucht, um dieses Ziel für sich selbst zu erfüllen." "Ja. Auf Kosten anderer Leute leben und jeglicherVeratwortung weiträumig aus dem Weg gehen." "Du benutzt diese Techniken jedoch nicht, obwohl du von ihm ausgebildet wurdest, nicht wahr?" "Natürlich nicht." Ranma-chan schüttelte sich angewidert. "Sicher, er ist mein Vater, und vielleicht sollte ich deshalb nicht so reden. Aber ich will auf keinen Fall so werden wie er." "Aber wenn du die Techniken ablehnst, die er anwendet,", argumentierte der Succubus mit triumphierender Miene, "dann bedeutet das, daß du seine Autorität als dein Sensei nicht wirklich anerkennst. Und dann kannst du doch genausogut die Beschränkungen ignorieren, die er dir auferlegt hat, oder? Und das bedeutet, daß du Emotionen zeigen darfst, wenn es dir dabei hilft, dich besser zu fühlen." Ranma-chan überdachte das sorgfältig, bevor sie antwortete. "Das ist sicher ein gutes Argument. Aber es fällt mir nicht leicht." "Das verstehe ich völlig." "Wirklich?" Ranma-chan war von dieser Reaktion überrascht. Ihre bisherigen Senseis, Senseis wie ihr Vater, Cologne der Happosai, hatten bestenfalls mit Ungeduld und Beschimpfungen oder erniedrigenden Aufgaben reagiert, wenn sie etwas nicht sofort hatte umsetzen oder begreifen können. In Yui jedoch fand sie zum ersten Mal jemanden, der ihr zuhörte und für sie da war, und ihre Sympathie für den Succubus nahm mehr und mehr zu – trotz des seltsamen Trainings. "Du wurdest dein Leben lang dazu gezwungen, deine Gefühle zu verbergen und alles in dich hineinzufressen. Da wäre es unsinnig zu erwarten, daß du ganz plötzlich mit einer Leichtigkeit über deine Gefühle sprechen kannst, als wenn wir uns über das Wetter unterhalten würden.", erklärte Yui verständnisvoll. "Aber jeder Mensch mit etwas Hirn im Kopf wird dir sagen, daß es nicht gut ist, seine Gefühle in Ketten zu legen oder vor ihnen davonzulaufen. Oder gar zu bestreiten, überhaupt welche zu besitzen. Auch unter den Leuten, die du in Nerima kennst, würden dir das sehr viele sagen können, aber sie haben eigene Interessen daran deine bisherige Unfähigkeit im Umgang mit der Situation dort für sich auszunutzen. Cologne zum Beispiel. Oder Nabiki Tendo. Währenddessen zeichnen sich deine Verlobten eher durch Ignoranz aus, was sie nicht gerade für ihre Ansprüche qualifiziert." "Wie meinen sie das, Sensei?" "Nun, wenn ich einen Verlobten hätte, und dieser Verlobte hätte emotionale oder sonstige Probleme, dann würde ich alles in meiner Macht stehende tun, um ihm zu helfen.", antwortete Yui. "Diese Mädchen jedoch tun entweder gar nichts, oder machen deine Lage noch schlimmer, während sie sich miteinander um das Recht auf die Verlobung mit dir prügeln wie um einen billigen Preis auf dem Jahrmarkt. Als Succubus habe ich zwar keinen körperlichen oder seelischen Bedarf für Liebe, aber ich weiß genug darüber, um zu wissen, daß DAS ganz sicher keine Liebe sondern schlichte Besessenheit ist. So wie bei Kindern, die ein bestimmtes Spielzeug nur haben wollen, weil es gerade von jemand anderem benutzt wird." "Sie meinen...keines dieser Mädchen liebt mich wirklich?" "Ich denke, daß sie fest daran glauben, dich zu lieben, Ranma. Aber keine von ihnen hat eine Ahnung davon, was Liebe wirklich bedeutet. Dafür sind sie noch zu jung und unerfahren." Der Succubus zuckte bedauernd mit den Schultern. "Die Besessenheit, von der ich gerade sprach, äußert sich in dem Wunsch, dem Objekt ihrer Begierde so nah wie möglich sein zu wollen. Und ich fürchte, sie verwechseln in ihrer Unwissenheit einfach diese Besessenheit mit dem, was man allgemeinhin unter dem Begriff Liebe versteht." "Das klingt irgendwie...deprimierend. All dieser Ärger...und eigentlich für nichts." "Ja, nicht wahr? Aber deine Beziehung zu anderen Menschen und deren Beziehungen untereinander zu verstehen, wird dir dabei helfen, deinen Weg zu finden. Auch wenn manche dieser Erkenntnisse schmerzhaft sind, lohnt es sich, zu lernen, wie man andere Leute, ihre Ziele und Motivationen versteht, um herauszufinden, wie man mit diesen Leuten am besten umgehen kann." Ranma-chan nickte langsam. Das klang nach einer guten Möglichkeit, um einen Weg durch das Chaos seines Lebens zu finden. Aber dieses theoretische Konzept in die Tat umzusetzen würde sicher nicht einfach werden. "Würden...sie mir helfen, Sensei?", fragte sie zögerlich. "Zu lernen, Leute besser zu verstehen?" Auf Yuis Gesicht legte sich ein breites Grinsen. "Stolz zu ignorieren, wenn er unangebracht ist, und um Hilfe zu fragen, wenn man sie braucht. Beides Zeichen dafür, daß du langsam anfängst, erwachsen zu werden. Behalte diese Lektion gut im Gedächtnis, Ranma. Sie kann dir in Zukunft noch gute Dienste leisten. Und um deine Frage zu beantworten: Natürlich werde ich dir helfen." "Danke. Sie wollten mir gestern abend auch etwas über meine Mutter erzählen." "In der Tat. Aber du warst nicht in der Verfassung dafür. Und nach allem was ich heute gehört habe, halte ich es für besser, dieses Thema auf einen anderen Tag zu verschieben." "Warum?" Ranma-chan rechnete aufgrund ihrer Erfahrungen mit anderen Leuten, die Entscheidungen für sie getroffen und ihr Informationen vorenthalten hatten, nicht mit einer Antwort. Und wenn, dann bestenfalls mit einer Antwort in der Art von "Es ist zu deinem Besten." "Deine Mutter hat hier bei uns einen gewissen Ruf. Und ich habe die Befürchtung, wenn ich dir jetzt davon erzähle, könntest du dem Irrtum erliegen, daß dein Training dich dazu bringen soll, in ihre Fußstapfen zu treten. Es ist aber nicht meine Absicht, dich in eine bestimmte Richtung zu treiben, sondern dich mit deinen dir selbst noch nicht bewußten Möglichkeiten vertraut zu machen." "Und warum das?" "Nun, wenn dir nur zwei Wege offen stehen, die beide nicht wirklich gut sind, dann wählst du naturgemäß den weniger schlechten, also das kleinere Übel, wie man so sagt.", erklärte Yui geduldig. "Das hilft dir aber nicht dabei, wirklich zufrieden mit deinem Leben zu sein, sondern sorgt nur dafür, das Maß an Unzufriedenheit ein wenig zu reduzieren. Je mehr Wege dir in deinem Leben offen stehen, desto wahrscheinlicher ist es, daß du auf einen Weg stösst, mit dem du wirklich zufrieden sein kannst." "Sie machen das alles also wirklich nur für mich?", fragte Ranma-chan in einer Mischung aus Zweifel und Mißtrauen. "Oh, am Ende des Programms wirst du einige Entscheidungen treffen müssen. Ein paar davon sind Entscheidungen endgültiger Natur, die dir allerdings noch mehr Wege öffnen können, wofür du dann im Gegenzug gewisse Verantwortlichkeiten übernehmen mußt. Aber um die Details brauchst du dir jetzt noch keine Sorgen machen. Wenn es soweit ist, wird alles erklärt werden." "Na dann ist ja gut.", seufzte der Rotschopf erleichtert. "Und bevor wir nun mit dem heutigen Trainingsprogramm fortfahren,", wechselte Yui schlagartig das Thema, "muß ich noch eine Sache zum Thema Kontrolle loswerden. Ich hätte das gestern schon getan, aber da warst du nicht in der Verfassung, mir aufmerksam zuzuhören." Ranma-chan nickte zerknirscht. "Du kannst doch deinen Atem anhalten, nicht wahr?" "Sicher. Keine große Sache." Ranma-chan schaute Yui verwundert an. Was sollte diese seltsame Frage? "Wie lange?" "Hmm. Keine Ahnung. Drei Minuten. Vielleicht vier oder fünf. Ich hab das noch nie getestet." "Zehn?", fragte Yui. Ranma-chan machte große Augen und schüttelte den Kopf. "Versuch es.", verlangte Yui, während sie eine Uhr hervorholte. "Und gib dir Mühe.", fügte sie ermahnend hinzu. Die Rothaarige nickte, atmete einige Male tief ein und aus und hielt dann die Luft an. Nach vier Minuten und achtundzwanzig Sekunden schnappte sie, bereits dunkelrot angelaufen, heftig nach Luft. "Das waren nur knapp viereinhalb Minuten.", erklärte Yui knapp. "Weniger als die Hälfte des gesetzten Limits. Hatte ich nicht gesagt, daß du dir Mühe geben sollst?" "Doch, aber..." "Nochmal.", unterbrach der Succubus sie barsch. "N-Nochmal?" "Du hast mich gehört. Und dieses Mal wird nicht einfach so schlapp gemacht, klar?!" Ranma-chan gehorchte, kam aber wieder nicht über die viereinhalb Minuten-Marke. Nach zwölf weiteren Fehlversuchen verlangte Ranma-chan protestierend zumindest eine Pause von der ihrer Meinung nach sinnlosen Übung. "Warum schaffst du die zehn Minuten nicht?", fragte Yui mit gepielter Enttäuschung. "Fehlt es dir an Willen?" "Sicher nicht.", ächzte Ranma-chan noch ein wenig atemlos. "Aber wieso müssen es zehn Minuten sein?" "Hmm. Soll ich fünfzehn draus machen?" "Sensei, sie sind irre. Es gibt nun mal ein Limit dafür, wie lange der Körper ohne frischen Sauerstoff auskommen kann. Und das hat nichts mit Willenskraft zu tun." Yui lächelte und klopfte ihrer Schülerin zufrieden auf die Schulter. "Gut.", meinte sie. "Jetzt, wo du das endlich eingesehen hast, können wir uns ja wieder deinem richigen Training zuwenden." "Hä? Ich verstehe nicht. Was sollte das alles?" "Du verstehst es wirklich nicht?" fragte Yui erstaunt. Ranma-chan schüttelte den Kopf. "Es ist doch ganz einfach. Hast du nicht gerade endlich erkannt, daß es Dinge gibt, die dein Körper tut, auf die du auch mit der besten Kampfsportausbildung keinen Einfluß hast?", fragte sie mit einem unschuldigen Lächeln. "Alles was du also tun kannst ist zu lernen, welche Reaktionen dein Körper für dich parat hält, und wie du damit umzugehen hast, nicht wahr?" "Ähm...ja." "Oh, und die Art, wie dein momentan weiblicher Körper seine Erregung zeigt, sollte dir nicht peinlich sein. Erregung beginnt hier oben." Sie tippte Ranma-chan gegen die Stirn. "Und dein Körper ist in dieser Angelegenheit ein Werkzeug deines Geistes. Der weibliche Körper hat nun mal bestimmte relativ festgelegte Möglichkeiten, um Erregung zum Ausdruck zu bringen. Einige davon unterscheiden sich von den Möglichkeiten des männlichen Körpers, wie wir später noch sehen werden." Sie warf an dieser Stelle ein gewinnendes Lächeln ein. "Unabhängig vom Körper ist dein Geist jedoch unzweifelhaft männlich. Da ist deine Reaktion auf meine Angestellten doch verständlich, oder?" "Sie meinen, mein Geist hat keine Wahl als die Reaktionen des weiblichen Körpers zu benutzen, eben weil er in einem feststeckt. Ist es das, was sie mir sagen wollen?" "Genau." "Dann will ich meinen männlichen Körper zurück." "Kein Problem.", erwiderte Yui. "Nicht? Aber..." "Du musst lediglich dein Erbe akzeptieren. Dadurch wird der Teil des Bannsiegels geschwächt und mit Glück sogar zerstört, der auf deinen Gestaltwandlerfähigkeiten liegt." "Toll. Mein Erbe akzeptieren.", brummte Ranma-chan nicht allzu enthusiastisch. "Und wie mache ich das?" "Das ist ja das einfache daran.", gab Yui fröhlich zurück. "Du musst einfach nur mein Training erfolgreich absolvieren." "Warum", seufzte Ranma-chan mit gesenktem Haupt, "hab ich mir sowas bloß gedacht?" "Weil du ein kluger Schüler bist.", antwortete Yui schmunzelnd. "Und jetzt komm. Die Mädchen warten." "Dieses Mal habe ich dich.", erklärte Ranma-chan mit einem triumphierenden Kichern, nachdem sie ihren Zug gemacht hatte. "So?" Neko hob in mildem Amusement eine Augenbraue und betrachtete forschend das Spielbrett. "Jawohl.", stellte der Rotschopf zufrieden fest. "Ich gebe zu, es hat lange gedauert, bis ich das Spiel in den Griff bekommen habe, aber es gibt keine Chance für dich, diesem Zweifrontenangriff zu entgehen. Nach meinem nächsten Zug bist du erledigt." "Hmm.", murmelte der Tierfaust-Meister und runzelte skeptisch die Stirn. "Ich gebe zu, du hast tatsächlich gewaltige Fortschritte gemacht. Ich hätte nicht gedacht, daß du dieses Spiel nach nur neun Tagen so gut beherrschen würdest." "Ranma Saotome ist halt der Beste.", meinte die Rothaarige grinsend. "Oh. Und wie läuft dann dein Training mit Yui-chan?" Das Grinsen wich schlagartig aus Ranma-chans Gesicht, während sie zugleich den Blick senkte. "Du weisst vermutlich, wie Yui-Senseis Training aussieht, nicht wahr?" "Ich habe eine ziemlich gute Vorstellung.", gab Neko schmunzelnd zurück. "Wieso? Hast du immer noch diese Probleme?" "Naja, nicht wirklich.", gestand Ranma-chan. "Aber ich glaube, ich bekomme so langsam neue Probleme." "Und was für Probleme wären das?" "Nun, der Anblick leicht- oder gar nicht bekleideter Frauen macht mir jetzt kaum noch was aus. Aber ich schätze, Sensei hat das gemerkt und deshalb das Training verschärft." "Verschärft, hmm?" Er fragte sich, ob Ranma-chan in diesem Zusammenhang die Doppeldeutigkeit ihrer Wortwahl bewußt war. "In welcher Hinsicht?", fragte der Katzendämon interessiert. "Als ich gestern nacht ins Bett gegangen bin, lag eine von Yuis Succubi schon drin." "Oh, wirklich? Du Glückspilz.", kicherte Neko belustigt. "Ja, ja. Lach du nur.", schnappte Ranma-chan. "Aber mir wär vor Schreck fast das Herz stehengeblieben, weil ich dachte, ich wär im falschen Zimmer." "Das hätte ich ja zu gern gesehen.", gluckste Neko. "Und was ist dann passiert?" "Silvy, so hieß der Succubus, meinte, das wäre der nächste Schritt meines Trainings. Sie sagte, Sensei hätte in meiner Akte gesehen, wie schlecht ich damit zurechtkomme, daß Shampoo sich gelegentlich in mein Bett schleicht." "Verstehe. Du sollst dich also jetzt daran gewöhnen, mit einer Frau in einem Bett zu schlafen, damit du bei Shampoos nächstem Streich besser reagieren kannst und nicht durch deine Verlegenheit gelähmt wirst." "Ja. Aber das heißt nicht, daß mir das gefallen muß, ne?!" "Du meinst, du hasst dein Training?", wunderte Neko sich. "Was ist los mit dir? Bist du schwul, oder was?" "NEIN!", protestierte Ranma-chan heftig. "DAS ist es nicht." "Sondern?" "Naja, es gefällt mir irgendwie schon. Das ist ja das Problem." "Also DAS musst du mir erklären." "Bevor ich irgendetwas in dieser Art mit einer Frau anstelle, sollte ich doch wohl mit ihr verheiratet sein, oder?" "Oh." Neko blinzelte verblüfft und zuckte dann mit den Schultern. "Wenn du meinst. Es ist zwar eine sehr romantische Einstellung, aber nicht gerade eine zeitgemässe." "Na und? Ist doch wohl meine Sache." "Sicherlich. Aber frag mal bei Gelegenheit irgendwelche Mädchen, egal ob deine Verlobten oder sonstwen, ob sie mit dem ersten Mal bis zur Ehe warten wollen würden. Die Mehrheit der Antworten könnte dich überraschen." "Hrmpf. Machst du jetzt deinen nächsten Zug, damit ich endlich gewinnen kann?", schnappte die Rothaarige irritiert. "Oh. Sicher." Neko setzte seine Dame auf ein neues Feld und verkündete mit nonchalanter Selbstverständlichkeit: "Schachmatt." "Scha..." Ranma-chan starrte offenen Mundes auf das Spielfeld. "Verdammt. Das ist nicht fair. Du hast sicher irgendwie gemogelt." "Ranma, mein guter, das war jetzt dein wievieltes Spiel? Dein hundertachtundfünfzigstes?" "Hunderneunundfünfzigstes." "Okay. Und du spielst seit neun Tagen Schach." "Richtig." "Und was glaubst du, wie lange ich schon spiele?" "Keine Ahnung. Ein paar Jahre?" "Ein paar. Dreihundertneunundvierzig, um genau zu sein.", antwortete Neko schmunzelnd. "Und denkst du nicht, daß ich dann wohl etwas mehr Erfahrung habe als du?" "Hast du dann nur drauf bestanden, mir dieses dämliche Spiel beizubringen, damit du mit jemandem spielen kannst, den du nach belieben vorführen kannst?" "Wohl kaum. Diese Art von Streicheleinheiten sind für mein Ego unnötig.", meinte der Katzendämon sichtlich amüsiert. "Schach bietet dir die Möglichkeit, eine sehr wichtige Lektion zu lernen. Und wenn du es schaffst, diese Lektion vom Spielfeld auf dein Leben zu übertragen, bekommst du ein sehr nützliches Werkzeug, um dein Leben unter Kontrolle zu bringen." "Und welche Lektion soll das sein?" "Nun, der Wert von Vorausplanung gegenüber Reaktion und Improvisation natürlich.", antwortete Neko. "Wenn du es beim Schach zu etwas bringen willst, musst du mehrere Züge im Voraus denken und Alternativen einplanen, die die möglichen Reaktionen deines Gegners abdecken." Ranma-chan nickte. Dieselbe Rede hatte der Katzendämon ihr schon einmal gehalten, als er ihr die Regeln des Spiels erklärt hatte. "Dieselben Prinzipien lassen sich anwenden, um deine Probleme in Nerima in Ordnung zu bringen." "Meinst du wirklich?" "Aber sicher.", erwiderte Neko zuversichtlich. "Und wenn du deine Ausbildung bei Yui-chan abgeschlossen hast, werden dir auch ein paar nüzliche Ressourcen zur Verfügung stehen." "Wovon redest du?" "Das...ist ein Geheimnis.", antwortete der Katzendämon mysteriös und mit einem Augenzwinkern. "Menno, du bist'n Spielverderber." "Sorry, aber so sind die Regeln, Kleiner." "Welche Regeln?" "Regeln für Dämonen. Welche sonst?" "Danke. Du bist ja wirklich sehr informativ.", schnaufte Ranma-chan sarkastisch. "Ja, nicht wahr." Neko grinste von einem Ohr zum anderen. "Es ist nun mal so, daß du die Details erst erfahren darfst, wenn dein Training abgeschlossen ist." "Ich sag's auch nicht weiter." "Keine Chance. Und das nicht wegen Yui-chan. Die Anweisung stammt direkt von Hild-sama, und es wäre Selbstmord, wenn ich mich mit ihr anlegen würde. Abgesehen davon, würde sie mir zur Strafe für die nächsten tausend Jahre die ödesten Jobs geben, die sie finden kann." "Na schön.", seufzte der Rotschopf. "Aber wenn es wieder was gibt, wovon ich nichts wissen darf, dann fang nicht damit an, mit diesen halbgaren Hinweisen um dich zu schmeissen, klar?!" "Okay. Noch ein Spiel?", fragte Neko mit Blick auf das Spielbrett. "Oder willst du lieber ins Bett gehen?", fragte er mit einem vergnügten Funkeln in den Augen. Ranma-chan errötete heftig, als ihr ins Gedächtnis gerufen wurde, was sie heute abend wieder erwarten würde. "Ähm...n-noch ein Spiel." "Hmm. Wie du willst.", meinte der Katzendämon und begann damit, seine Figuren wieder auf ihren Startfeldern zu platzieren. In den folgenden sieben Tagen legte Yui die Messlatte in Ranmas Training nochmal eine Etage höher. Nachdem sie gemerkt hatte, daß ihr Schüler bei der Betrachtung posierender Succubi völlig entspannt bleiben konnte, dabei jedoch noch immer die typischen Zeichen sexueller Erregung zeigte, die bewiesen, daß Ranma nicht mogelte, indem er die Seele aus Eis einsetzte, und zudem nur noch wenig Anzeichen von Verlegenheit zeigte, wagte sie den nächsten offensichtlichen Schritt. Ein Schritt, auf den die am Training beteiligten Succubi bereits sehnsüchtig gewartet hatten. Yui erlaubte ihnen, auf den gemütlichen Kissen vor dem Sessel, in dem Ranma-chan nach wie vor für das Training fixiert war, auf eine sehr stimulierende Art und Weise zu masturbieren. Natürlich schoß der Verlegenheitsindex der Rothaarigen zu Beginn dieses neuartigen Trainings steil in die Höhe, aber genau wie in der ersten Trainingseinheit begann auch hier nach einigen Tagen ein Gewöhnungseffekt einzutreten. Am Abend des zweiten Tages dieses Trainings wurde Ranma-chan erstmals in eine Kammer geführt, die von einem Podest dominiert wurde, auf dem eine gut zwei Meter durchmessende flache Schale aus rotem Kristall platziert war. Eine Wand des etwa fünf Meter im Quadrat messenden Raumes wurde gänzlich von einem großen Spiegel eingenommen, dessen silberner Rahmen mit winzigen Runengravuren übersäht war. "Das hier ist eine Divinationskammer.", erklärte Yui. "Divination ist die Fähigkeit, Dinge, Orte oder Personen aufzuspüren und zu betrachten. Und als Dämon erster Klasse mit Limitierungen ist es für mich eine Kleinigkeit, von hier aus die Welt der Sterblichen zu betrachten." "Und dafür brauchen sie den Spiegel, Sensei?" "Den Spiegel oder die Kristallschale.", antwortete Yui. "Beides liefert letztlich dasselbe Ergebnis, aber manchmal ist es vorteilhafter das eine oder das andere zu benutzen, abhängig von gewissen Details. Meister spiritueller Meditation und elementarer Magie können einen Feuerelementar an eine Feuerstelle binden und dann diese Flamme zu Divinationszwecken benutzen, aber das ist eine schwierige Kunst hier in Nifelheim, da Elementare die Ebenen der Hölle nicht gern aufsuchen und hier nur schwer zu binden sind." "Wenn sie es sagen, Sensei.", erwiderte Ranma-chan mit einer gewissen Gleichgültigkeit. "Warum bin ich hier? Doch nicht, um dieses Divinationsdingsbums zu lernen, oder?" "Oh, nein. Das ist momentan noch viel zu schwer für dich, mein lieber Neffe.", antwortete Yui kopfschüttelnd. "Du bist hier, weil ich deine Perspektive etwas erweitern möchte. Es wird Zeit, daß dir jemand die Augen darüber öffnet, was für einen Menschen ganz normales Verhalten ist." "Aha.", meinte Ranma-chan dazu nur und runzelte skeptisch die Stirn. Sie hatte zwar keine Ahnung, worauf Sensei jetzt wieder hinauswollte, würde sich aber hüten, zu widersprechen. Bisher hatte Yui-Sensei schließlich auch immer richtig gelegen. Das und die Tatsache, daß Ranma in Yui den ersten...nun ja, Mensch traf es zwar nicht richtig, aber was soll's?...vor sich hatte, der dem jungen Kampfsportler das Gefühl gab, sich für ihn als Person zu interessieren, sorgte dafür, daß Ranma großes Vertrauen in den Succubus setzte. Und dabei entging ihm keineswegs die Ironie der Situation. Er mußte erst in die Hölle gelangen und einen Dämon treffen, um jemanden zu finden, der ihn als Person und nicht als Werkzeug, Sündenbock oder Hindernis betrachtete. Andererseits, wenn Yuis Worte der Wahrheit entsprachen und das Blut in Ranmas Adern zu mehr als der Hälfte dämonischer Natur war, sollte ihn das wohl auch nicht wirklich wundern, oder? "Ich weiß, daß dir meine Worte nicht viel sagen, aber stell dich zu mir vor den Spiegel und sieh zu, was ich tue.", unterbrach Yui seine Gedanken. "Und dann beobachte vor allem gut, was ich dir zeigen werde." Yui begann dann eine Anrufung in einer Ranma unverständlichen Sprache, und während die Dämonenmale in ihrem Gesicht in dunklem Rot zu leuchten begannen, füllte sich der Spiegel mit Leben. Anfangs waren die Bilder verschwommen, doch im Laufe von wenigen Sekunden wurden sie scharf, und das in mehr als nur einem Sinn des Wortes. Der Spiegel teilte sich in quadratische Felder von je etwa zwanzig Zentimetern Kantenlänge auf. Das Motiv in jedem dieser Felder wechselte alle zwei Minuten, was Ranma-chan genug Zeit gab, um alle aktuellen Bilder kurz zu überfliegen. Und was der Spiegel zeigte, öffnete Ranma tatsächlich ein wenig die Augen. Denn jedes Motivfeld zeigte ein Mädchen oder eine Frau im Alter von dreizehn bis fünfzig Jahren, und alle hatten eine Gemeinsamkeit: Alle waren mehr oder weniger intensiv mit Selbstbefriedigung beschäftigt. Und das mal mit und mal ohne den Einsatz diverser Hilfsmittel, wie Ranma-chan mit schockierter Faszination bemerkte. "Wieso zeigen sie mir das, Sensei?", wollte Ranma-chan nach gut einer halben Stunde wissen. "Ich meine, es ist doch irgendwie unanständig, all diese Frauen ohne ihr Wissen zu beobachten, oder?" "Das ist eine Frage, die jeder für sich selbst klären muß.", antwortete Yui darauf schulterzuckend. "Ich denke, solange wir für uns behalten, was wir gesehen haben, ist es so, als ob niemand etwas gesehen hätte. Immerhin fügt es niemandem einen Schaden zu, wenn wir die Dinge, die wir wissen, für uns behalten. Aber diese kleine moralische Frage ist nicht der Punkt." "Sondern?" "All diese Menschen dort tun etwas, von dem du bisher offensichtlich gedacht hast, daß es unanständig wäre. Wenn du willst, können wir diese Bilder tagelang betrachten. Und weisst du, was du dann feststellen wirst?" "Nein. Was?" "Daß es mit Ausnahme von einigen wenigen Menschen, die sich ebenfalls eingeredet haben, oder denen von anderen eingeredet wurde, daß es unanständig sei, so ziemlich jeder Mensch auf der Erde tut. Mit anderen Worten: Du wirst sehen, daß es völlig natürliches Verhalten ist." "Warum sagen dann so viele Leute, daß es unanständig wäre?" "Das hat viele Gründe. Doppelmoral bei denjenigen, die nach außen hin besonders rein und unschuldig erscheinen wollen. Unsicherheit oder gar Angst bei Leuten, die Probleme mit ihrer eigenen Sexualität haben. Und noch eine Reihe anderer weniger offensichtliche Gründe. Manchmal auch ein bißchen was von mehreren Gründen." "Klingt kompliziert." "Ranma, mein Lieber, eine der ersten Lektionen über die Sterblichen, die wir Dämonen gelernt haben ist, daß sie alle kompliziert sind, selbst wenn sie oberflächlich betrachtet einfach wirken.", erwiderte Yui darauf. "Verlasse dich niemals darauf, völlig verstanden zu haben, wie ein Mensch tickt. Denn gerade dann passiert es dir, daß er dich mit etwas total Unerwartetem überrascht." Ranma-chan nickte zustimmend, hatte ihren Vortrag jedoch nur wenig beachtet. Der Großteil ihrer Aufmerksamkeit, so bemerkte der Succubus amüsiert und mit nicht wenig Zufriedenheit, lag bei den Bildern, die ihr der Divinationsspiegel zeigte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)