Flucht vor Sesshoumaru von astala7 (Veränderung) ================================================================================ Kapitel 46: Fünf Jahre später ----------------------------- Fünf Jahre sind vergangen, seit Kuraifaia zur Prinzessin ernannt wurde. Doch erst jetzt wird sie bemerken, welche schrecklichen Auswirkungen der Krieg haben kann. Er fordert Opfer. XxX „Nein.“ „Nein?“ „Nein.“ „Warum nicht?“ Gute Frage. Wie sollte sie ihm erklären, warum sie sich dem Ort nicht nähern durften, an dem sich höchstwahrscheinlich die Person befand, die sie seit fünf Jahren suchten? „Wir würden nicht reinkommen“, legte sie einfach mal fest. „So ein Unsinn! Das südliche Schloss mag gut bewacht sein, ja. Aber wir müssen nur die Bannkreise genau durchsuchen, bestimmt gib es da eine Lücke! Wir müssen es einfach wagen, Mitsura!“ Eindringlich sah der Dämon sie an, doch die Angesprochene stand weiter nur da, mit verschränkten Armen und symbolisierte so ihren Unwillen. „Es ist alles andere als sicher, dass Kuraifaia hier ist. Wenn etwas schief geht, sind wir beide tot, Chikara!“, warf sie ein. „Wir haben alles abgesucht! Wirklich alles! Du willst sie doch gar nicht mehr finden, nicht war? Du hast mich die ganze Zeit von einem entlegenem Ort zum nächsten gelockt. Glaubst du etwa, ich hätte das nicht mitbekommen?!“, fuhr Chikara die Youkai an. „Wenn es tatsächlich so wäre – und ich sage nicht, dass es so ist – warum sagst du dann erst jetzt etwas?“, konterte Mitsura. „Ich habe unsere Route beobachtete und festgestellt, dass du besonders die Gebiete um das Schloss herum meidest. Das brachte mich auf die Idee, dass du genau weißt – oder zumindest vermutest – wo sich deine Schwester befindet. Nämlich in diesem Schloss“, schloss er. Die Frau schüttelte den Kopf. „Ich habe diese Gebiete gemieden, weil sich hier zu viele feindliche Dämonen befinden. Das ist doch vollkommen klar.“ „Nein, du täuschst mich nicht mehr. Ich habe dieses Problem von verschiedenen Seiten betrachtet und ich denke, ich habe dich durchschaut. Dieser Brief, kurz bevor wir aufgebrochen sind, der war von Kuraifaia, nicht wahr? Sie hat von der zweiten Schlacht gehört und wollte dich zurückrufen. Nur deswegen hast du deinen Posten als Anführerin damals aufgegeben. Dann bist du mit mir gekommen, um sicher zu gehen, dass ich sie nicht so schnell finde“, erwiderte Chikara ruhig. Etwas jedoch sagte Mitsura, dass er seine eigenen Worte nicht wahr haben wollte. „Du liegst falsch. Der Brief damals war von meinem Bruder.“ Das war ja nicht einmal gelogen, obwohl sie wusste, dass es wohl Kuraifaia gewesen war, die ihn diktiert hatte. „Wie du vielleicht auch schon herausgefunden hast, bin ich keine Japanerin, was die Schrift erklären sollte. Und ich denke, dass es mein gutes Recht ist, auch noch ein wenig Privatsphäre zu haben.“ „Du kannst sagen was du willst, ich werde mich nicht von meinem Vorhaben abbringen lassen“, meinte der Inuyoukai fest entschlossen. Mitsura schwieg. Was der Dämon erzählte, entsprach alles der Wahrheit. Ja, sie hatte ihn vom Schloss fernhalten wollen und ja, sie hatte vermutet, dass Kuraifaia hier sein würde. Sie war sich einfach sicher, dass ihre Schwester noch nicht bereit war, jetzt mit der Vergangenheit konfrontiert zu werden. Die Situation würde eskalieren und sich schlimmstenfalls ins Gegenteil wenden und das wollte sie vermeiden. Aber so wie die Sache aussah, würde sich Chikara wirklich nicht umstimmen lassen. "Wenn wir geschnappt werden, ist es aus. Sie werden uns foltern, um möglichst viele Informationen über den Westen heraus zu bekommen. Willst du Sesshoumaru unbedingt verraten?", fragte Mitsura leise. Chikara zuckte zusammen, als hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst. Mit zitternder Stimme antwortete er: "Ich weiß, dass das Risiko hoch ist. Aber ich habe es dem Lord versprochen. Wenn ich mit leeren Händen zurück kehre, dann-" Er brach ab, biss sich auf die Zunge. "Es könnte die Entscheidung zu diesem Krieg bringen. Es ist meine Pflicht, diese Mission zu erfüllen, selbst wenn es mich mein Leben kosten sollte! Ich darf den Lord nicht enttäuschen, denn ich weiß, dass er auf mich zählt. Nichts wird mich von meinem Ziel abbringen, und um keine Folter der Welt würde ich ihn verraten!" Mitsura konnte nicht anders, sie wandte den Blick ab. Mit solcher Leidenschaft treu für jemanden einzustehen, das war ihr fremd. Fast schämte sie sich ein wenig vor Chikaras reinem, durchdringenden Blick. Und da wusste sie auf einmal, dass sie seinem Plan folgen musste. Die Sache geriet ihr außer Kontrolle. Das war bisher noch nie passiert. Niemals im Leben, nicht bei einem Mann. Wie nur konnte dieser Dämon so vehement für Sesshoumaru einstehen? Wie konnte Freundschaft, Treue und Loyalität so weit gehen? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Chikara besonders viel zurück bekommen hatte. Umso mehr missfiel es ihr, dass er sich nun gegen sie zu wenden schien. Aber das war kein Problem, nicht für sie. Mitsura war eine sehr anpassungsfähige Frau, sie sah in allem einen Vorteil. Irgendwie würde sie Chikara und sich selbst schon dort durchschmuggeln, zur Not könnte Kuraifaia ihnen vielleicht zur Flucht verhelfen... okay, das wohl eher nicht. Aber Makotoko war ja auch noch da, der würde sie schon nicht hängen lassen. "Gut, ich denke wir sind jetzt quitt", seufzte Mitsura geschlagen. "Was meinst du?", fragte der Andere verwirrt. "Nun ja, ob du es glaubst oder nicht, aber auch ich habe tatsächlich vor, Kuraifaia zu finden. Ich wollte ihr lediglich etwas Zeit lassen, um sich an neue Umstände zu gewöhnen und meiner Meinung nach ist es noch viel zu früh, sie jetzt schon aufzusuchen. Ich hatte vor, sie nach dem Krieg zu suchen, aber als ich von deiner Mission hörte, wurde mir klar, dass ich verhindern musste, dass du sie sofort wieder zurück schleppst. Es ist wahr, ich habe dir nie vertraut und schon öfter mit dem Gedanken gespielt, dich zu töten. Offen gesagt, das tue ich auch jetzt. Aber da du mir ebenfalls misstrautest und mich benutztest, um Kuraifaias Aufenthaltsort heraus zu bekommen, denke ich, dass die Verhältnisse auf beiden Seiten nun ausgeglichen sind", erklärte sie ehrlich. Der Dämon hob eine Augenbraue. "Und was heißt das jetzt?" "Lass uns ab jetzt wirklich zusammen arbeiten!" Demonstrativ streckte ihm Mitsura die Hand hin. "Ich bin immer noch der Meinung, dass du einen Fehler machst, aber ich werde dir dennoch helfen, meine Schwester zu finden." Und danach suchen wir uns ein geeignetes Versteck, um uns vor dir und Sesshoumaru zu verbergen, fügte sie in Gedanken hinzu. "Und danach sucht ihr euch ein geeignetes Versteck, um mir und damit dem Lord zu entkommen?", fragte Chikara skeptisch und erstmals hatte Mitsura Herzklopfen. Vor Aufregung, versteht sich. "Nun,"... meinte sie ausweichend, "dein Auftrag lautete lediglich, sie zu finden. Nicht, sie zurück zu bringen, wenn ich mich recht entsinne. Lord Sesshoumaru", mit Absicht wählte sie die höfliche Variante, "möchte doch nur wissen, wo sie ist, und wie es ihr geht." Chikara sah sie noch immer misstrauisch an, dann jedoch fasste er wie in Zeitlupe nach ihrer Hand und drückte sie leicht. "Gut... Wir werden sie ausfindig machen und Informationen beschaffen, alles Weitere besprechen wir später." Noch immer hatte er die Stirn gerunzelt. Mitsura lächelte ihr teuflisches Lächeln. Sie könnte Chikara noch eine Zeit lang von weiteren Dummheiten abhalten und bis er den Befehl bekam, sie in den Westen zu bringen - falls das überhaupt je geschehen würde - wäre Kuraifaia schon wieder über alle Berge. In der Flucht war sie recht gut... Oder zumindest geübt. * Im Süden... "Unsere Kameraden haben sich hier, in Yatohama verschanzt. Es sind insgesamt an die fünfzig." Der Youkai tippte mit dem Finger auf einen Punkt auf der Landkarte. "Danke, Akakage. Das zwingt uns, unsere Pläne zu ändern...", murmelte Kuraifaia. "Wenn ich das richtig verstanden habe, ist Yatohama doch eine Art unterirdisches Labyrinth, oder?", fragte eine junge, schwarzhaarige Frau, rechts von der Prinzessin. "Ja, Ryo-jin, aber es ist doch recht übersichtlich. Ich würde es eher als eine sehr große Säulenhalle bezeichnen", antwortete die Erbin des Südens. "Nun, wir Fuchsdämonen verstehen ein wenig von dem Bau unter der Erde und ich denke, es wird nicht schwer sein, diese Position zu verteidigen. Vorausgesetzt, man hat die richtigen Mittel." Die Kitsune wartete höflich auf eine Aufforderung weiter zu sprechen und nachdem sie ihr erteilt worden war, fuhr sie fort: "Ich weiß nicht, wie Inuyoukai das handhaben, aber es wird schwer sein, von außen anzugreifen. Wie viele Eingänge hat Yatohama?" "Zwei. Einer ist groß angelegt an einer Höhle, der andere ist so etwas wie ein Geheimgang, der etwa zweihundert Meter weiter weg im Erdboden liegt. Die zuerst waagerechte Höhle am Haupteingang ist an einer Stelle eingestürzt, sodass man bildlich gesehen eine Etage tiefer gelangen kann. Yatohama selbst erstreckt sich unterirdisch", erklärte Akakage. "Wissen die Westler von diesem zweiten Eingang?", fragte Ryo-jin, doch die Frage fand Kuraifaia überflüssig. Welcher Inuyoukai, der nicht wenigstens einmal nach einem zweiten Eingang gesucht hätte, hätte diesen nicht entdeckt?! "Ja, sie kennen ihn. Die Hundedämonen im Inneren haben beide Eingänge verschüttet und mit Bannkreisen gesichert, um nicht durch giftiges Gas hervorgelockt werden zu können", antwortete Akakage. "Wie viele westlicher Krieger genau liegen dort auf der Lauer?", verlangte die schwarzhaarige Fuchsyoukai zu wissen. "Das wissen wir nicht. An sich sind es vielleicht doppelt so viele..." Kuraifaia begann, sich zurückzulehnen. Sie kannte die Fakten schon und es war langweilig für sie, alles noch einmal durchzukauen. Aber die Kitsune brauchte alle Informationen, also überließ sie es Akakage, dem neuen Heerführer, sie aufzuklären. Seit Heigoku vor fünf Jahren gestorben war, kümmerte er sich um alle militärischen Angelegenheiten. Jede Schlacht wurde vorher mit ihm besprochen und seit neustem zogen sie auch immer einen Fuchsyoukai zu Rate, denn die waren erstaunlich intelligent. Sie halfen ihnen, neue Strategien auszutüfteln und selbst die unsicherste Stellung schien man mit ihren Schlachtplänen halten zu können. Yatohama war so ein Fall. Eine Kompanie von etwa fünfzig Krieger saß dort gefangen, belagert von mindestens einhundert westlichen Hundedämonen. Bei den großen Verlusten, die der Süden in diesem Krieg schon erlitten hatte, konnten sie es sich nicht leisten, diese Kämpfer dort alle ihrem Schicksal zu überlassen. Sie mussten Hilfe schicken. Allerdings hatte Ryo-jin ganz recht, Yatohama mochte sich von innen gut verteidigen lassen, zur Hilfe eilende Krieger müssten jedoch auf der Ebene kämpfen, wo sie ein gutes Ziel abgaben. Die Sache war nicht einfach. "Was wir brauchen, ist Ablenkung. Wir können sie nicht mit einer Übermacht angreifen, dazu haben wir zu wenig Krieger, das Risiko ist zu groß. Wenn wir aber den Überraschungseffekt auf unsere Seite ziehen können, haben wir so gut wie gewonnen", meinte die Kitsune. "Bedenke aber die Spezialeinheiten des Lords des Westens. Sie werden sicherlich jeder Zeit Hilfe aus der Luft anfordern können und da wären auch noch die Schlangen...", meinte Akakage. Wieder hörte die Prinzessin nur mit halbem Ohr zu. Stattdessen besah sie sich die beiden Dämonen etwas genauer. Ein neutraler Beobachter hätte die Dämonenrasse der beiden wahrscheinlich verwechselt. Akakage, der Inuyoukai, hatte blutrote, hüftlange Haare und ein schmales, fast feminines Gesicht. Seine Augen leuchteten orange und verliehen ihm einen fast hinterhältigen Ausdruck, der perfekt zu seiner vollkommen schwarzen Kleidung passte. Ryo-jin jedoch wirkte eher aufgeweckt, fast verspielt. Sie trug sogar - untypisch für eine Kriegerin - ein Kleid, das mit Feuermustern bestickt war. Sie wäre durchaus schön gewesen, sähe nicht ihre Frisur aus, als käme sie gerade aus dem Bett. Ihre Zopf hinderte ihre widerspenstigen Haare mehr schlecht als recht daran, ihr ins Gesicht zu fallen. Alles in allem sah sie nicht wie die bahnbrechende Intelligenzbestie aus, dessen Ruf sie inne hatte. Aber man sollte ja bekanntlich keine Vorurteile haben. Eine Stunde später war der neue Schlachtplan fertig ausgearbeitet und selbst Kuraifaia musste zugeben, dass die Ideen der Kitsune Gold wert gewesen waren. "Ryo-jin, gibst du die Anweisungen für den Bau der neuen Waffen weiter?", wies sie die Kitsune an. "Sofort, Prinzessin!", sagte diese höflich uns verließ den Raum. Kuraifaia wandte sich an Akakage: "Bitte gib sämtliche Informationen an den Rat weiter, sie sollen sofort mit der Umsetzung beginnen. Setze sie, wenn nötig, ein wenig unter Druck." Eigentlich musste der Plan noch offiziell von ihnen genehmigt werden, aber dazu hatten sie keine Zeit. "Verstanden", erwiderte der Rothaarige. "Ich werde derweil zum Fürsten gehen und ihm die neue Lage erklären." Mit diesen Worten wandte die Inuyoukai sich zur Tür und verließ den Beratungsraum, dicht gefolgt von Akakage. * Im Westen... "Wie ist die Lage in Yatohama?", fragte Sesshoumaru ungeduldig. "Noch steht alles zu unseren Gunsten, es ist jedoch zu erwarten, dass die Feinde bald Unterstützung bekommen", antwortete der berichterstattende Soldat, der sich anstrengen musste, um dem Lord zu folgen, welcher im Laufschritt die Gänge seines Schlosses durchquerte. "Wie sind die Verhältnisse?", fragte er weiter. "Einhundertundzwanzig unserer Krieger gegen etwa vierzig Gegner. Sie halten sich unterirdisch versteckt und haben einen Bannkreis um die ganze Höhle gelegt", war die Antwort. Sesshoumaru legte die Stirn in Falten. Wenn die Südler noch Verstärkung schickten, würde das zu einer großen Schlacht heranwachsen. Es mochten kaum zweihundert Youkai im Spiel sein und zu Anfang des Krieges nannte man ein Gemetzel erst 'Schlacht', wenn mindestens dreihundert kämpften. Aber die Zeiten hatten sich geändert, beide Seiten hatten zu wenig Krieger und wenn sie in Yatohama einen Sieg erringen konnten, bei dem genug von ihren Feinden starben, könnte dies schon das Ende des Krieges bedeuten. Könnte. "Ich werde mich unverzüglich nach Yatohama begeben. Du kannst gehen", befahl er dem Soldat. Während sich der Youkai entfernte, war nun auch Sesshoumaru am Ausgang angekommen. Vor ihm erstreckte sich der Schlosshof. Da es gerade Frühling war, standen die Kirschbäume, welche die angrenzenden Gebäude schmückten, in voller Blüte. Der Lord schenkte der herrschenden Pracht nicht mehr als einen flüchtigen Blick, bevor er sich auf zum Tor machte. Diener und Soldaten - von denen es hier nicht mehr so viele gab, weil alle im Heerlager waren - wichen ihm hastig aus und kurz nachdem er den schützenden Bannkreis des Schlosses verlassen hatte, verwandelte er sich in seine Energieform. Die Sache in Yatohama würde er lieber selbst erledigen. * Im Süden... "Du bist verrückt!", zischte Chikara zwischen zusammengebissenen Zähnen. "Ich hab das schon x-mal gemacht, keine Sorge. Das Zeug färbt deine Haare schwarz, geht auch relativ gut wieder ab. So fällst du nicht auf, falls du doch erwischt wirst! Komm, ich hab's doch auch gemacht!", versuchte Mitsura ihn zu überzeugen und wedelte mit der Flasche vor seiner Nase rum. Die Wahrheit war, dass das Zeug die Haut verätzte, wenn es mit Wasser reagierte. Dem Typen würde glatt der Schädel wegschmelzen. Sie selbst hatte sich lediglich ihre Haare gewaschen, die weiße Farbe so rausbekommen. Ihre pechschwarzen Haare waren vollkommen natürlich. "Denkst du, das Zeug wird man nicht riechen?!", protestierte Chikara und strich sich durch sein grau-weißes Haar. "Riechst du bei mir etwa was?!" Natürlich nicht. Sie lachte sich ins Fäustchen. "Nein, aber- Verdammt, ich will nicht wie ein Südler aussehen!", sagte ihr Partner entschieden. "Nun zier dich doch nicht so! Wir haben uns ja auch schon mit den Gräsern eingerieben, die unseren Geruch soweit verdecken, dass man uns zwar noch als Hundedämonen identifizieren, jedoch nicht einem Land zuordnen kann. Da hattest du doch auch nicht solche Probleme!", meinte sie verärgert. Der Grund, warum sie Chikara töten wollte, war kompliziert und sie hätte ihn lieber niemandem erklären wollen. Fest stand aber, dass sie sich in letzter Zeit viel zu wohl bei ihm fühlte. Als er ihr indirekt den Verrat vorgeworfen hatte, war sie verletzt gewesen. Das durfte nicht passieren! Mitsura befürchtete wirklich, Gefahr zu laufen sich in ihn zu verlieben. Sie hatte kein Problem mit der Liebe an sich. Sie konnte in entscheidenen Momenten viel Kraft verleihen, das wusste sie. Aber sie verletzte auch, sie verletzte das Herz des Liebenden. Sie jagte Angst vor Zurückweisung ein, Angst vor dem Tod des Partners. Sie machte abhängig. Und sie wollte alles andere als von einem Mann abhängig sein. Sie hätte ihn schon längst töten sollen. Schon vor fünf Jahren, bevor sie aufbrachen. Es gab unendliche Gelegenheiten. Sie hätte nicht einmal ihr Versprechen gegenüber Sesshoumaru brechen müssen, sie hätte es wie ein Unfall aussehen lassen können. Aber nein, sie hatte es so weit kommen lassen. Jetzt aber war Schluss. Dieser Dämon musste sterben, damit niemand sie würde verletzten können! Damit sie nie wieder jemanden liebte. Mit ihren Geschwistern war es etwas anderes, sie hatte kein Problem damit, wenn diese wütend auf sie waren. War ja meist zu ihrem eigenem Besten. Aber sie würde es schwer ertragen, wenn Chikara auf sie böse wäre. Es täte ihr viel mehr weh... "Nun mach schon", brummte sie eingeschnappt und stellte die Flache auf einen nahen Baumstumpf. Chikara beäugte die Flasche widerwillig. Er hatte keine Ahnung von Mitsuras Plan, aber die Vorstellung, sich als einen seiner Feinde auszugeben, widerstrebte ihm zutiefst. Sicher war es sehr viel mehr vorteilhaft, aber... Und seinen armen Haaren wollte er das auch nicht antun. Aber das waren nur zweitrangige Gründe und das wusste er. In Wirklichkeit erinnerte ihn eine gemeine, heimtückische Stimme in seinem Inneren daran, dass Mitsura eine exzellente Giftmischerin war. Für sie war es kein Problem, ein geruchloses Mittel herzustellen, das auch einen Youkai wie ihm gefährlich werden würde, wenn es mit seiner Haut in Berührung kam. Er hasste es. Er hasste dieses ewige Misstrauen, die Stimme der Vernunft, die ihn einfach nicht losließ. Er würde sich so gerne fallen lassen, in ihre herrlich violetten Augen und in ihrem Anblick versinken. Mit schwarzen Haaren sah sie sogar noch besser aus, auch wenn es die Farbe des Feindes war. Er konnte einfach nicht anders, als zuzugeben, dass sie die schönste Dämonin war, der er je begegnet war. Sie hatte mehrere, durchaus klare Anspielungen gemacht und hatte es dreimal fast geschafft, ihn zu verführen. Sein Herz war ihrem Charme bereits erlegen, doch Chikara war ein logisch denkender Youkai. Es wäre zu gefährlich, sich auf sie einzulassen. Das Risiko war zu groß. Wer wusste schon, welchen Plan sie wirklich verfolgte? Vielleicht war er nur eine von vielen Spielfiguren darin und er wollte ihr nicht in die Hände spielen. Aber die Versuchung war groß. Noch aber widerstand er ihr. Immer wieder erinnerte sein Unterbewusstsein ihn an seinen Auftrag, sein Versprechen. Sesshoumaru hatte ihn vor dieser Frau gewarnt. Sie war gefährlich, ein heimtückisches Genie. Es war nicht gut, ihr zu vertrauen. Und das schmerzte ihn. Wieso konnte er sich nicht in irgendeine harmlose Youkai verlieben, sie zu seiner Gefährtin machen und den Rest seines Lebens glücklich sein? Aber nein, es hatte ja so kommen müssen. Und jetzt hasste er sich selbst dafür, dass er Mitsura nicht vertrauen konnte. "Ich werde meine Haare nicht färben. Es wird auch so gehen", meinte er schließlich. Mitsura seufzte. "Du weißt, dass das albern ist." Tief in sich spürte die Dämonin eine unerhörte Erleichterung und sie wusste instinktiv, dass sie jetzt nicht mehr die Kraft aufbringen würde, ihn doch noch zu überreden. Es ging einfach nicht. Chikaras Miene blieb ausdruckslos und so seufzte Mitsura noch einmal gespielt enttäuscht auf, und steckte die Flasche wieder ein. "Also schön, dann lass uns das Schloss in Augenschein nehmen." Sie waren schon recht nah am Regierungssitz des Südens und der Marsch dauerte für die beiden übermenschlich schnellen Dämonen keine zehn Minuten. Sie entdeckten einen kleinen Hügel und indem sie sich flach auf den Boden legten, verbargen die frischen Gräser ihre Gestalt. Zum Glück wehte der Wind günstig und trug ihren Geruch vom Schloss weg. Mitsura spähte über die Landschaft und die Schlossmauer hinweg und erhaschte einen Blick auf die kunstvollen Torbögen und Gebäude, die das Schloss des Südens mehr wie eine Stadt aussehen ließen. Ein kaum wahrnehmbares Flimmern umgab den Komplex. "Gut, ich werde hinunter gehen und überprüfen, mit welchen Bannkreisen das Schloss geschützt ist." Mitsura drehte ihren Kopf nach rechts um Chikara, der neben ihr im Gras lag, direkt anzusehen. "Wehe du pfuschst mir ins Handwerk!" "Aber wenn die Wachen dich erwischen-" "Mit den Wachen werd ich fertig!“, schnitt die Frau ihm das Wort ab. Chikaras Miene verhärtete sich. "Es geht nicht nur darum, die Beschaffenheit der Bannkreise herauszufinden! Du darfst keine Aufmerksamkeit erregen!" Die Youkai lächelte zynisch. "Oh glaub mir, das werde ich nicht." Mit diesen Worten kroch sie ein paar Schritte zurück, erhob sich ein wenig, gerade so, dass man sie vom Schloss aus nicht sah, und lief dann in einem Bogen direkt auf das Tor zu. Hinter sich hörte sie noch Sesshoumarus Vertrauten zischend die Luft einziehen. Sie ging geradewegs auf die Wachen zu! * Auf dem südlichem Schloss... Kuraifaia schloss leise die Tür hinter sich. Sie brauchte sich nicht lange im Zimmer umzusehen, um den Gesuchten zu finden. Zielstrebig ging sie auf die Bettstatt des Fürsten zu. Sein drei Monaten hatte er sie nicht verlassen. „Mein Fürst, es gibt neue Probleme“, begann sie ohne Einleitung, nachdem sie sich neben dem alten Mann niedergelassen hatte. „Sprich, mein Kind“, forderte der Kranke sie mit schwacher Stimme auf. „Ein Rudel von etwa fünfzig Kriegern des Südens musste sich in Yatohama verschanzen, wo sie jetzt von ungefähr der doppelten Menge an Westlern belagert werden.“ Ninushu Omaru mochte es nicht, wenn man lange um den heißen Brei herumredete. „Das ist schlecht. Aber ich denke, du hast schon etwas unternommen?“, fragte er. „Ja. Ich habe mit Ryo-jin und Akakage einen Verteidigungsplan zusammengestellt. Er muss nur noch von euch und dem Rat abgesegnet werden, dann brechen wir sofort auf“, erklärte sie nüchtern. Der Alte drehte leicht seinen Kopf zu ihr und sie konnte in sein Gesicht sehen. Er war in den letzten Jahren furchtbar schnell gealtert, schneller noch als ein Mensch es hätte tun können. Das war die Wirkung des Gifts, welches Keisushiro ihm heimlich verabreicht hatte. Tiefe Falten zogen sich über sein Antlitz und die ehemals violetten Haare waren nun lediglich ein wenig rosa. „Du wirst auch gehen?“, fragte er schwach, anscheinend ohne die Kraft, sie aufhalten zu können. „Ja, ich denke es ist an der Zeit, dass ich mich offen zeige. Vielleicht noch nicht als Erbin des Südens, aber doch schon als neue Anführerin“, meinte sie entschlossen. „Was ist mit deinem Bruder?“ „Mako wird hier bleiben. Seine Kräfte könnte ich in der Schlacht zwar gut gebrauchen, da er sich ja schon lange wieder vollständig erholt hat, aber er würde ohnehin nur machen, was er will und sich zu lange an einzelnen Opfern aufhalten. Er bleibt in den Folterkammern, vielleicht kann ich ihm ein paar Neulinge mitbringen.“ Mako war unter dem Namen 'Künstler des Todes', wie er sich selbst seit Neuestem gerne nannte, bereits über die Grenzen des Landes bekannt geworden. Er war berühmt dafür, auch den treuesten Hund dazu bringen zu können, die Geheimnisse seines Herren zu verraten. Mit den meisten spielte er noch eine Zeit lang, brach ihren Willen wieder und wieder und gewährte ihnen die Erlösung des Todes erst nach einigen Tagen. In einer Schlacht, wo es um das schnelle Erledigen und eigenes Überleben ging, hatte er nicht viel verloren. Das lag nicht an seinen Fähigkeiten, er kannte mindestens fünfundsechstzig Arten um einen Dämon innerhalb von drei Sekunden zu töten. Aber es machte ihm schlichtweg keinen Spaß, er war dann unmotiviert und gelangweilt, kurz: Er bekam nichts ordentlich auf die Reihe und verdrückte sich meist mit einem oder zwei Opfern in ein nahes Wäldchen, um sie bei lebendigem Leibe auseinander zu nehmen. „Wie gedenkt ihr in Yatohama vorzugehen?“, fragte der Fürst und Kuraifaia erklärte ihm in Kurzform den Plan. Ninushu nickte bedächtig. „Du weißt aber schon, dass höchstwahrscheinlich der Lord des Westens selbst vor Ort sein wird?“, erwiderte er, nachdem die junge Frau aufgehört hatte zu sprechen. „Ich rechne damit, ja. Ich habe ihn allerdings noch nie gesehen... Warum nennen ihn eigentlich alle nur 'Den Lord des Westens' und nicht einfach seinen Namen?“ Das fragte sie sich eigentlich schon seit Jahren, wollte aber nicht ihre Unwissenheit zugeben und direkt danach fragen. Wäre doch peinlich zugeben zu müssen, dass man nicht einmal den Namen seines größten Feindes kannte. „Ach weißt du, das ist ein dummer Aberglaube. Der verstorbene Fürst, Inu no Taishu, war seit langem der mächtigste Inuyoukai überhaupt. Das lag allerdings hauptsächlich an dem Höllenschwert, das er besaß. Sein Sohn soll dieses Schwert angeblich in der Unterwelt versiegelt haben und man erzählt sich, dass der Geist des Schwertes auf Rache sinnt und ihn verfolgt. Angeblich wurde sein Name verflucht und deshalb spricht ihn niemand aus, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Im Westen hält man selbstverständlich nichts auf diesen Fluch und wenn du einen Hundedämon des Südens aufforderst, seinen Namen zu nennen, wird er es ohne zu zögern tun, weil er nicht als Feigling gelten will. Aber warum sollte man das – wenn auch geringe – Risiko eingehen, verflucht zu werden, wenn man ihn auch einfach 'Lord des Westens' nennen kann?“, erklärte er müde. „Das ist wirklich... ein sehr dummer Aberglaube. Aber die Schrecken, die er selbst verbreitet, kommen noch dazu, nicht wahr? Ich habe gehört, was er angeblich in den Schlachten geleistet haben soll. Er kämpft fast immer an forderster Front und soll keine Angst kennen“, sagte sie leise, aber mit Respekt in der Stimme. „Ein Mann ohne Angst ist ein Mann ohne Hoffnung“, erwiderte Ninushu Omaru weise. Kuraifaia nickte traurig, dann stand sie auf. „Ich werde jetzt alles vorbereiten.“ Damit drehte sie sich um und wollte den Raum verlassen. Kurz davor drehte sie sich noch einmal um und sagte: „Wir werden diesen Krieg gewinnen. Ich verspreche es. Auf die eine oder andere Art werden wir diesem Krieg gewinnen, Vater.“ Ninushu Omaru lächelte und Kuraifaia wusste, dass es ihm sehr viel bedeutete, dass sie ihn mit 'Vater' angesprochen hatte. Und während sie langsam die Tür hinter sich schloss, fiel ihr plötzlich ein, dass sie noch immer nicht den Namen des Lord des Westens wusste. Aber nun war es zu spät, sie würde nun sicher nicht mehr nachfragen. Sie konnte wohl nur hoffen, dass sie ihn im Vorbeigehen mal aufschnappte... * Eine halbe Stunde später vor dem Tor... „Und wenn ihr dann vom Krieg zurück kommt, meldet ihr euch doch wieder bei mir, nicht war?“, sagte Mitsura zuckersüß und schenkte den Soldaten eines ihrer vielversprechendsten Lächeln. „Aber sicher, Süße. Der Gedanke an eine so hübsche Frau wird unseren Kampfgeist mächtig anstacheln! Aber du solltest jetzt wirklich gehen, der Zug kommt gleich hier durch“, erwiderte die Wache. „Selbstverständlich, ich möchte ja nicht, dass du deinen Job verlierst“, sagte die junge Frau augenzwinkernd, klimperte noch einmal mit den Wimpern und machte dann kehrt. Sie war sich sicher, dass der Inuyoukai ihr jetzt verliebt hinterher starrte und sich erstmal nicht wundern würde, warum eine völlig Fremde in Kriegszeiten auf das Schloss kam und sich am Tor gleich wieder abwimmeln ließ. Nichts gegen die männliche Rasse, aber das fand sie einfach naiv. Mitsura kehrte in einem weiten Bogen zu Chikara zurück, welcher sie schon ungeduldig erwartete. „Sag mal, bist du verrückt geworden?! Was zum Teufel denkst du dir dabei, einfach in die Arme des Feindes zu laufen?!“, schalt er sie in einem wütenden Flüsterton. „Was denn, warst du etwa besorgt um mich?“, fragte sie schelmisch. „Darum geht’s doch gar nicht! Deine Aktion war unverantwortlich! Wenn sie dich entdeckt hätten, hätte unsere ganze Mission scheitern können! Außerdem ist es einfach schockierend, zu sehen, wie du diese Kerle angemacht hast!“, betonte er zornig. „Also bist du eifersüchtig?“, meinte Mitssura nur und legte sich zu ihm bäuchlings ins Gras, um wieder einen Blick auf das Schloss zu haben. Chikara schnappte nach Luft: „Für wen hältst du dich eigentlich?! Ich dachte, wir wollten zusammenarbeiten, aber du hast mir nicht einmal gesagt, was du vor hattet!“, sprudelte er weiter. „Chikara, halt mal die Luft an! Sieh lieber mal da hinunter und hör dir an, was ich erfahren habe.“ Sie zeigte auf den Eingang des Tores. Widerwillig wandte der ehemalige Lehrer den Blick nach unten. Gerade hatten sich die Flügel des riesigen Tores geöffnet und zu seiner Überraschung kamen gut zwei Dutzend Krieger auf verschiedenen Reittieren heraus. Sie alle waren sichtbar für einen schweren Kampf gewappnet und die Satteltaschen ihrer Reitdämonen waren merkwürdig ausgebeult. Und noch etwas war seltsam: Die Youkai trugen allesamt Gasmasken. Unter den Reittieren gab es da drei oder vier graue Wölfe, einen Dachs, zwei Wesen, die geflügelten Bären glichen und etliche andere Reittiere. Sie alle waren schwer beladen, große Netze und Schnüre hielten etliche kleine Bündel auf den Sätteln. Der Zug roch nach Waffenfett, Leder, Eisen und dem strengen Geruch der Reitdämonen, unter den sich der Geruch der Hundedämonen mischte. An der Spitze ritt eine schwarzhaarige junge Frau in einem feuerroten Gewand doch tatsächlich auf einem dämonischem Stinktier. Neben ihr zwei Krieger in enger Rüstung, deren Gesichter Mitsura jedoch nicht sehen konnte. Der eine war schwarzhaarig, der andere ein Rotschopf. Nein, korrigierte sie ich selbst, der Schwarzhaarige war in Wahrheit eine Frau. Sie saß auf einem seltsamen Wesen, das auf den ersten Blick wie ein großer, schwarzer, struppiger Hund aussah. Die Vorderbeine glichen jedoch eher den Flossen eines Seehundes, oder besser den Schaufeln eines Maulwurfes. Der rothaarige Mann neben ihr ritt einen Dachs, dessen Schwanz einer Schlange glich und mit spitzen Stacheln gespickt war. Aus reiner Gewohnheit wollte Mitsura den Geruch der beiden schwarzhaarigen Frauen identifizieren, doch gerade als sie festgestellt hatte, dass die in dem roten Kleid eine Kitsune war, stieß ihr Stinktier ein – besonders für Hundeyoukai – äußert widerwertiges Gas aus und die Gasmasken erhielten einen Sinn. Die beiden Inuyoukai krochen ein Stück über den Hügel zurück. „Die Wachen haben mir erzählt, dass die Soldaten nach Yatohama ziehen. Eine ganze Reihe wirklich guter Krieger zieht dahin, das Schloss wird so gut wie leer sein, das ist perfekt für uns! Ich hab die Bannkreise untersucht und ich denke, wir kommen da durch.“ Ihre Augen leuchteten dabei. „Er ist erstmal grob gegen alle, die dem Süden was zu Leide wollen und wir sind ja nur hier, um meine Schwester zu besuchen. Es gibt noch ein paar andere Zauber gegen andere Youkaiarten, die dann nur auf Einladung rein dürfen, aber die sind jetzt mal egal. Der Schutz außen rum ist extrem stark, noch mit Blutchecking und so.“ Sie ignorierte sein fragendes Gesicht bei diesem Anglizismus: „Der einzige Weg führt also durch das Tor.“ „Durch das Tor können wir nicht!“, protestierte Chikara. „Nun lass mich doch zu ende reden! Also, der Bannkreis zieht sich wie eine Kuppel über die Stadt, aber die Mauer drum rum ist ziemlich dünn und jetzt kommt das Beste: Nur etwa die Hälfte der Zauber verläuft durchgängig!“ Sie strahlte ihn an, als hätte sie jetzt den Nobelpreis verdient, aber der Inuyoukai stand noch immer auf der Leitung. „Mann, das heißt wir können uns durchgraben!“, sagte sie schließlich. „Du willst dich durchgraben?!“, wiederholte Chikara ungläubig. „Ja sicher! Wir erschaffen einfach einen unauffälligen, geräuscheschluckenden Bannkreis, bündeln unser Youki und erschaffen einen Tunnel“, eröffnete sie ihren Plan. Der Hundedämon sah sie nur an. „Du bist eine geisteskranke, todesmutige Risikobereitschaft in Person!“ „Falsch: Ich bin DIE geisteskranke, todesmutige Risikobereitschaft in Person!“, korrigierte sie ihn. * Eine Stunde später in Yatohama... Sesshoumaru wurde immer ungeduldiger. „Wann ist es endlich so weit?!“, fauchte er. „Mein Lord, ich bitte vielmals um Entschuldigung, aber die Heiler brauchen noch eine Weile“, stammelte der Bote. Bei Dämonen gab es so etwas wie Magier nicht, aber wenn man Spezialisten für Magie durch Youki suchte, so holte man einen Heiler. So war es jetzt auch deren Aufgabe, den Bannkreis zu brechen, den die Südler um Yatohama aufgebaut hatten. Die Krieger hatten die Höhle besetzt, besonders an den Eingängen. Leider gab es keine genaue Karte von dem Labyrinth unter ihren Füßen und ihr Geruchssinn nahm nur Erde wahr. Der Lord des Westens saß mit gekreuzten Beinen auf einem Felsvorsprung direkt über der Höhle und hatte so einen guten Ausblick auf das Geschehen. Über ihm in der Luft zogen sieben Ketsu Tori ihre Runden und die Schlangendämonen bereiteten ein Giftgas vor, falls sich auch nur die kleinste Lücke im Bannkreis zeigen würde. Alles war bereit für die Austreibung ihrer Feinde. Jeder war bereit. Nur Sesshoumaru, der immer wieder daran denken musste, dass sich dort unten auch Anis befinden könnte, fühlte sich alles andere als bereit. * An der Grenze zum Osten... Die Patrouille in diesem Teil des Landes war einfach nur langweilig. Hier kreuzten sich zwar ganze drei Länder, nämlich Westen, Osten und Süden, aber passieren tat hier nie etwas. Der Krieg fand viel weiter südlich, an der Grenze der beiden Herzländer statt. Hier war alles ruhig. Zu ruhig. Das jedenfalls fand die Patrouille des Westens, die viel lieber ein paar Südlern die Kehle durchgeschnitten hätten. Heute aber hatten sie Glück, denn der Zufall hatte ihnen die Witterung des Staatsfeindes zugetragen. Der Angriff war schnell geplant und fast ebenso schnell durchgeführt. Kigiyakana hatte vorübergehend die Führung über das Rudel übernommen, Rakunas offizieller Nachfolger war jedoch Kawamaru. Yoku Shinsetsuna und Kamu waren nicht wirklich infrage gekommen, ersterer nahm die Sache nicht ernst genug und zweiterem hatte man es einfach nicht zugetraut. Außer ihnen befanden sich nur noch Ame, Kôgyoku und Shin kara seigan suru gamo Yakusoku o tagaenai, oder einfach Shinkara, in der Gruppe. Der Rest de Rudels war im Krieg gefallen oder befand sich noch in diesem. Das Grenzrudel bestand jetzt also nur noch aus fünf kampffähigen Dämonen – ein gefundenes Fressen für die Westler. Als ersten traf es Kamu. Er hatte am Rand der Lichtung, auf welcher sie rasteten, Wache gestanden und die feindlichen Youkai, die sich aus einer Richtung nährten in die der Wind wehte, hatten ihn schnell überwältigt. Der Blutgeruch seiner durchgeschnittenen Kehle wurde vom Wind davon geweht. Dann erst startete der eigentliche Angriff. Das Rudel wurde vollkommen überrascht und hatte eigentlich von Anfang an keine Chance. Die Inuyoukai stürmten aus den Büschen hervor und die Südler hatten gerade noch Zeit, in Verteidigungsstellung zu gehen, bevor sie über sie herfielen. Zum Zeitpunkt des Überfalls war Kôgyoku gerade dabei, Shinkara zu füttern. Er selbst galt ebenfalls noch als Welpe, doch ein Mensch hätte sein Alter wohl auf acht oder neun geschätzt. Er hielt eine kleine Flasche, welche mit Blut gefüllt war, in der Hand und flößte dem gut zwei Meter langen Dämonenhund neben ihm langsam etwas davon ein. Der Welpe war erst wenige Jahre alt und hatte noch nicht einmal die Augen geöffnet. Er konnte sich nicht in seine menschliche Gestalt verwandeln und auch seine ersten tapsigen Schritte wirkten eher unbeholfen. Sein Fell war schwarz, wurde gelegentlich von einer roten Strähne durchzogen und sein buschiger Schwanz war nach oben gerollt. Die für Dämonen so typische, gefährliche und blutrünstige Ausstrahlung würde erst mit der Zeit kommen. Noch sah Shinkara einfach nur süß aus. Die beiden Hundedämonen saßen in der Mitte der Lichtung und waren umgeben mit den tierischen Hunden, die das Rudel stets begleiteten. Wie schon seine Mutter schien Shinkara eine fast übernatürliche Anziehungskraft auf sie zu haben. Kigiyakana, Shinkaras Mutter, zog gerade einem Eichhörnchen die Haut ab. Nicht das sie vorhaben würde, es zu verspeisen, das Fleisch warf sie den Hunden zu. Sie tat es einfach aus Langeweile. Die war jedoch je vorbei, als der erste Schrei ertönte. Ausgestoßen hatte ihn Ame, die mit einem magischen Pfeil in die Seite getroffen worden war. „Ame, bei Kami-sama, was ist los?!“, rief die Dämonin und ließ das Eichhörnchen fallen. „Sie... greifen an!“, brachte die Verletzte heraus, dann hustete sie heftig und ein Schwall Blut quoll aus ihrem Mund. Sofort kamen Kawamaru und Yoku Shinsetsuna herbei. Dann ging es los. Auf einmal war die Luft über ihnen erfüllt mit dem Sirren von Bogensehnen und während die Youkai damit beschäftigt waren, dafür zu sorgen, dass sie nicht getroffen wurden, gingen die Weißhaarigen mit einstimmigem Kriegsschrei zu einem Frontalangriff über. Sie sprangen von den Bäumen herunter, stürmten aus dem Dickicht hervor und einer grub sich sogar durch die Erde. Das Rudel bildete blitzschnell einen Verteidigungsring um die beiden Welpen, aber sie waren nur noch zu viert, denn Kamu war nirgends zu sehen. Als der Wind drehte und sie sein Blut rochen, verdüsterten sich ihre Mienen. „Hey Leute, was auch immer passiert, wir halten zusammen, okay?“, sagte Kigiyakana leise, während sie aufmerksam die acht Dämonen beobachtete, die wie Katzen ihre Formation umrundeten. Jäger. „Natürlich. Wir sind ein Rudel und wir halten zusammen“, antwortete Kawamaru fest. „Ame!“, sagte eine leise Stimme hinter ihnen. Es war Kôgokus. „Was passiert jetzt?“ Das Kind klang seltsamerweise überhaupt nicht ängstlich oder sonst irgendwie verschreckt. Es wirkte fast unberührt, sachlich. Nicht wie ein Kind eben. „Was jetzt passiert? Na wir treten ein paar Westlern in den Arsch, das passiert jetzt“, antwortete Kigiyakana grimmig. Dann stürmte der erste Feind vor. Als Erstes wurde Ame angegriffen, da sie ohnehin schon verletzt war. Deren Waffe waren dummerweise Pfeil und Bogen, für den Nahkampf nicht gerade optimal. Kurzerhand riss sie also die Sehne von ihrem Langbogen und benutze das kostbare Stück als Knüppel, indem sie eines der zugespitzten Enden dem Angreifer in den Bauch rammte. Mit voller Kraft hätte sie ihn wohl durchbohrt, doch der Youkai konnte gerade noch ausweichen. Bald aber stand fest, das dieses nur ein Ablenkungsmanöver war, denn nur Sekunden später wurden Yoku Shinsetsuna und Kigiyakana zugleich von vier Dämonen angegriffen. Drei von ihnen hatten Schwerter, der Vierte eine große Axt. Kigiyakana verteidigte sich so gut es ging mit ihrem Speer und Yoku Shinsetsuna riss einem von ihnen mit einem Klauenangriff die Brust auf. Nun aufgestachelt drangen ihre Gegner noch intensiver knurrend auf sie ein. Kawamaru und Ame wollten ihnen zur Hilfe eilen, aber auch sie wurden sofort von zwei weiteren Gegnern daran gehindert. Ame starb als nächstes. Kigiyakana stieß ein verletztes Heulen aus, als sie ihren blutigen Körper sah und kämpfte mit noch größerer Verbissenheit weiter. Drei Krieger fielen ihrem Speer zum Opfer. Yoku Shinsetsuna erledigte noch zwei weitere, bevor er sein Schwert verlor eine geschickte Finte des Weißhaarigen sein Leben beendete. Ein Dolch steckte in seiner Brust. Kigiyakana wollte sich auf den Angreifer stürzen, doch sie handelte zu übereilt und ein Hieb mit der Axt eines anderem Feindes raubte ihr den linken Arm. Es waren jetzt nur noch zwei Feinde da, aber es war anzunehmen, dass sich in unmittelbarer Umgebung noch der Rest des Rudels befand. Kawamaru hatte die Verbliebenden etwas zurückgedrängt. Kigiyakana, schwer verletzt, umklammerte ihren blutigen Armstumpf und kroch langsam zu den Welpen. Ihr Blick war gehetzt und wild, ihr Gesicht blutverschmiert. Dem älteren Welpen ging es am schlechtesten. Kawamaru hatte ihm verboten, auch nur in irgendeiner Weise zu kämpfen, als sie den Verteidigunsring geschlossen hatten. Er sollte auf Shinkara aufpassen und das tat er auch. Aber mit anzusehen, wie sein Rudel vor seinen Augen starb, ohne etwas dagegen tun zu können, war selbst für ein Kind, das schon seine Eltern hatte sterben sehen müssen, einfach zu viel des Grauens. Etwas in seiner kindlichen Seele zerbrach unwiderruflich und hinter seiner ausdruckslosen Miene spielten sich Bilder des Horrors ab. „Kôgyoku, du musst... von hier fliehen! Nimm Shinkara mit, ich bitte dich, kümmere dich gut um ihn!“ Ihre verschwitzte Hand tastete sich zu dem Fell ihres Welpen und legte sich auf seinen Kopf. „Shin kara seigan suru gamo Yakusoku o tagaenai... bitte verzeih mir!“, sagte sie lächelnd. Und da auf einmal öffnete der Welpe seine verklebten Augen, blinzelte ein paar mal und sah zum ersten Mal in das Gesicht seiner Mutter. Shinkara sah das Lächeln auf ihrem Gesicht und fühlte sich wohl. „Kôgyoku bring ihn... bring ihn zum Schloss und zu... zu Kuraifaia, hörst du? Ich bitte dich, rette meinen Sohn!“ Kôgyoku hatte wie gebannt auf ihre blutverschmierten Lippen gestarrt, sich auf ihre Worte konzentriert, dass er die Gefahr erst sah, als sie schon da war: „KIGIYAKANA!“ Kawamarus Ruf hallte über die Lichtung und erreichte Kôgyokus Ohr in dem Moment, in dem sich das Wurfmesser in den Rücken der Frau bohrte. Ein zehnter Youkai war hinter den Bäumen aufgetaucht, dann ein elfter, noch einer, sogar einer, der sicher noch fast ein Welpe war. Der Rest des Rudels war eingetroffen. „Kôgyoku... Du musst... stark sein!“, brachte Kigiyakana mit letzter Kraft hervor, dann sackte ihr Kopf auf die Erde. Etwas in Kôgyokus Inneren schien plötzlich zu explodieren. Als er die Leiche der Frau sah, die immer wie eine Mutter zu ihm gewesen war und ihre letzten Worte hörte, sprengte etwas seine Ruhe. Kôgyoku war ein sehr starker Dämon. Seine Eltern hatten einen hohen Youkigehalt und waren früher Leithund und Leithündin im Rudel gewesen, selbst der Fürst hatte manchmal ihre Dienste in Anspruch genommen. Ein Dämon benutzte immer nur eine Bruchteil von dem Youki, was er von Geburt an hatte. Durch Kämpfe, Training und Alter allgemein wurde das Youki nicht etwa mehr, man konnte nur mehr davon benutzen. Das Unterbewusstsein stellte in der Regel an einem bestimmten Punkt eine Schranke. Nicht so bei Kôgyoku. Die seelische Erschütterung bei dem Tod seiner Eltern hatte seine Schranke in Fetzen gerissen. Sein gesamtes Youki, von der Stärke eines jahrhundertelang trainierten Youkai, war mit einem mal frei gesetzt geworden. Jetzt geschah das gleiche noch einmal. Kôgyokus Augen färbten sich blutrot, als seine Umrisse zu verschwimmen schienen. Ein Licht, dessen Farbe das bloße Auge nicht erkennen konnte, breitete sich mit nicht wahrnehmbarer Geschwindigkeit von ihm aus und ein Schrei, wie ihn weder Tier noch Mensch je zustande gebracht hätten, verließ gleichzeitig seinen Mund. Der kleine Youkai hatte sich über den Leib des Welpen geworfen und Tränen der Verzweiflung und der Wut rannen über sein Gesicht. Er nahm nicht wahr, wie die Lichtung um ihn herum zerfetzt wurde, wie die Bäume aus ihrer Verankerung gerissen wurden und wie die Überlebenden um ihn herum zu blutigen Leichenteilen wurden. Niemand blieb verschont, nicht ihre Angreifer, nicht die unschuldigen Frauen und Kinder vom Rest ihres Rudels, nicht die Leichen seiner toten Kameraden und auch Kawamaru, der einzige andere Überlebende, der noch immer gekämpft hatte. Innerhalb von Sekunden war der Boden auf der Lichtung rot gefärbt und überall lag Fleisch herum. Und inmitten der Leichen lag Kôgyoku, noch immer über den Welpen gebeugt. Abgesehen davon, das dieser kaum noch Luft bekam, weil er fast erdrückt wurde, ging es Shinkara gut. Kôgyokus Energie hatte ihn beschützt. Obwohl der junge Welpe das Szenario um sich herum nicht verstand, beschlich ihn ein ungutes Gefühl und er drückte sich leise winselnd noch näher an Kôgyoku. Dieser jedoch war unansprechbar. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er die ganzen Toten um sich herum an und konnte nicht fassen, was hier geschehen war. Innerhalb von Minuten hatte man sein gesamtes Leben zerstört, hatte ihm die letzten Personen genommen, an dem ihm noch etwas lag. Seine Familie... Dann fiel sein Blick auf das, was früher einmal Kawamaru gewesen war und sein Entsetzen wurde noch größer. Das war er gewesen! Kawamaru hatte noch gelebt und er hatte ihn umgebracht! Ein leises Winseln ließ ihn schließlich noch einmal zu Shinkara sehen und vage erinnerte er sich an Kigiyakanas letzte Worte. Und da flossen die Tränen. Seit dem Tod seiner Eltern hatte er nicht mehr geweint, aber das war zu viel für ihn. Es war einfach zu viel. An diesem Tag legte Kôgyoku seine Kindheit ab. Sein Rudel war noch nicht ganz vernichtet. Shinkara war ja auch noch da. Er als ältester, männlicher Inuyoukai war jetzt also der Leithund. Diese Rolle konnte kein Kind übernehmen und so wuchs Kôgyoku geistlich um ein ganzes Stück. Seine Gedanken wurden kalt und berechnend. Als erstes würde er Shinkara zum Schloss und zu Kuraifaia bringen. Er zählte die Youkai nicht wirklich zu seinem Rudel, da sie nur wenige Wochen dabei gewesen war, aber er musste sich an Kigiakanas letzten Wunsch halten. Dann würde er eine Ausbildung zum Krieger machen, wenn möglich Shikara wie einen Bruder großziehen und irgendwann sein eigenes Rudel gründen. Mit diesen Plänen im Kopf wischte sich Kôgyoku die letzten Tränen aus dem Gesicht und stand auf. Es sollte das letzte Mal gewesen sein, dass er aufrichtig und ohne es verstecken zu wollen, Schwäche gezeigt hatte. Shinkara sah den Youkai mit treuen Augen an. „Hast du Hunger, Shin kara seigan suru gamo Yakusoku o tagaenai?“, fragte Kôgyoku leise. „Es wird Zeit, dass du feste Nahrung zu dir nimmst.“ Er deute mit einer ausladenen Bewegung auf die zerfetzten Leichen. „Bedien dich.“ XxX ENDLICH FERIEN!!! Eine Woche Ostsee, kein Internet, da hört ihr nix von mir. Deshalb hab ich hier auch noch bis halb eins gesessen um das kap noch schnell fertig zu stellen, ich hoffe, das ende ist nicht misslungen. Ich will die ff bis zum Ende der Sommerferien fertig haben, aber ich weiß nciht ob ich das schaffe. Wer von euch im Urlaub ist, wird sicher kapitel nachlesen, aber ich würde mich echt freuen, wenn ihr trotzdem zu jedem kap ein kommi schreibtXD Bis denne, eure astala7 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)