Flucht vor Sesshoumaru von astala7 (Veränderung) ================================================================================ Kapitel 37: Was geht ab im Süden? --------------------------------- Öhm, ja... Ich meld mich dann auch mal wieder. Also, einige haben sich ja Sorgen um Anis gemacht, ob sie sich denn nun so verändert und so. Dazu muss man sagen, das sich sowohl sie als auch Sess ziemlich sicher sind, den jeweils anderen so schnell nicht wieder zu sehen. Deshalb versuchen beide, ihre Gefühle zueinander zu vergessen. Deshalb - nicht enttäuscht sein - gibt es auch wenig Romantik in diesem Kapitel. Die beiden denken selten aneinander, so gut wie gar nicht, eigentlich. Allerdings muss man bedenken, das dieses kapitel nur einen einzigen tag beschreibt, ja? Hat also nichts zu sagen. XxX Die beiden Gestalten hatten sich bisher noch nicht bewegt, genauso wenig wie Kuraifaia. Noch immer beobachtete sie sie mit geschlossenen Augen durch ihre Aurasicht. Sie blieb auch völlig ruhig, als der eine Youkai plötzlich näher kam. "Kamu, was soll das?!", zischte eine männliche Stimme und der zweite Dämon wollte den ersten aufhalten. "Reg dich ab! Die schläft ganz eindeutig, wir können sie uns mal aus der Nähe ansehen", meinte dieser und zu dem Braun, in dem seine Gestalt für Kuraifaia leuchtete, kam eine Spur von blau hinzu, was dieser überhaupt nicht gefiel. Der Mann, der mit Kamu angesprochen worden war, trat nun vollkommen aus seiner Deckung heraus. Die Youkai bemühte sich, ihre ruhige Atmung beizubehalten, während sie durch ihre geschlossenen Augenlider hindurch das Farbenspiel der braun-blauen Gestalt (zu der sich jetzt noch etwas Grün gemischt hatte) beobachtete, die immer näher kam. Doch dann blieb er plötzlich stehen, wich sogar einige Schritte zurück. "Yoku Shinsetsuna, das ist eine Dämonin!" "Tatsächlich? - Ja, du hast Recht. Aber sie ist weder tot noch verwundet, wieso schläft sie dann?", antwortete der zweite Dämon, der jetzt zu Kamu trat. Kuraifaia beschloss, die beiden noch ein wenig im Dunklem tappen zu lassen. Solange sie sie nicht direkt ansprachen, musste sie ja auch nichts sagen. "Vielleicht hat sie einen heftigen, magischen Kampf hinter sich. Ich kann überhaupt kein Youki bei ihr spüren", fuhr Yoku Shinsetsuna fort. "Möglicherweise ist sie aber auch einfach nur enorm stark, und ist in der Lage, ihre dämonische Energie vollkommen zu unterdrücken. So etwas soll es ja geben...", murmelte Kamu. "Meinst du? In diesem Fall ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass sie wirklich schläft... Vielleicht sollten wir sie einfach mal ansprechen?" Wow, da denkt jemand mit, dachte sich Kuraifaia sarkastisch. "Blödsinn, das - Hey, warte mal!" Doch der Andere war bereits einige Schritte vorgetreten, stand jetzt direkt vor der Youkai und sagte: "Hey, aufwachen! Wir wollen mit dir reden." Kuraifaia hielt die Augen geschlossen, antwortete jedoch trotzdem: "Ich höre." Belustigt sah sie, wie sich die Gestalt ihres Gegenübers violett färbte, ein deutliches Zeichen für Verblüffung. "Sag mal, warst du etwa die ganze Zeit wach?!", knurrte Kamu aufgebracht. "Sicher", antwortete Kuraifaia gleichgültig. Sie sah die Aggression des Einen genau vor sich und erhob sich langsam. Vorsichtig trat sie einen Schritt zur Seite, um nicht den Baum im Rücken zu haben, doch ihre Augen waren noch immer entspannt geschlossen. Dennoch war ihr Gesicht den beiden Youkai direkt zugewandt. "Wer zum Teufel bist du?!", knurrte Kamu aufgebracht. "Mein Name ist Kuraifaia", erwiderte sie ruhig. Da schob sich plötzlich der zweite Youkai vor Kamu und meinte entschuldigend: "Verzeih bitte sein Verhalten, wir haben nur ein paar Fragen an dich. Du bist eine Inuyoukai, nicht wahr? Kommst du aus dem Westen?" Kuraifaia wandte sich ihm zu und konnte seine Angespanntheit, seine Vorsicht erkennen. Waren Westen und Süden verfeindet? Der Knochenfressende Brunnen lag westlich von hier, ja, aber... "Nein. Ich komme vom Kontinent", erwiderte sie, ohne das es falsch war. 'Vom Kontinent' bedeutete bei den Japanern meist China oder das Festland allgemein und grundsätzlich falsch war ihre Aussage damit nicht. Schließlich hatte sie einen Großteil ihres Lebens in Frankreich verbracht und das lag eben auf einem Kontinent, auf dem Festland. Dass es ein anderer Kontinent war, als die Youkai es sich jetzt vorstellen würden, dafür konnte sie ja nichts. Eine waschechte Inuyoukai war sie zwar auch nicht, da ihre Mutter eher zu der Familie der Schakale gehört hatte, aber das diese Dämonen das einfach mal so hübsch festgelegt hatten, kam ihr natürlich ziemlich gelegen. Kuraifaia konnte die Erleichterung, die auf ihre Worte folgten, in ihrer Aura erkennen, doch der Andere war anscheinend noch misstrauisch. „Wieso siehst du uns nicht an, wenn wir mit dir sprechen?!", fauchte er ungehalten. "Weil ich meine Augen nicht öffnen möchte", antwortete die junge Frau sachlich. "Und warum willst du das nicht tun?", meldete sich nun wieder Yoku Shinsetsuna zu Wort. Kuraifaia hatte überhaupt nicht vor, einem wildfremdem Youkai ihre Fähigkeiten unter die überempfindliche Nase zu reiben, also erwiderte sie nur: "Weil ich keinen Grund erkennen kann, warum ich mich näher mit eurer materiellen Existens beschäftigen sollte." Die beiden Männer verstanden dank ihres mittelalterlichen Wissenstandes diese hochgestochenen Begriffe überhaupt nicht - was genau das war, was Kuraifaia beabsichtigt hatte - und der Agressivere von beiden drohte sofort wieder in die Luft zu gehen: "Sag mal, willst du uns verarschen?!" Die junge Frau hörte nur mit halbem Ohre zu, schon seit einiger Zeit spürte sie einen dritten Youkai und der war nicht gerade schwach. Möglicherweise sogar ein echter Gegner für sie selbst, würde er sich mit den beiden Exemplaren vor ihrer Nase zusammentun. Sie selbst konnte mit ihren Kräften ja auch noch nicht perfekt umgehen. Dem Geruch zufolge war auch dies ein Hundedämon. Bald würde er da sein... Aber sie musste sich sich erst einmal um das Hier und Jetzt kümmern. Vielleicht war es ja auch gar kein Feind. Also wandte sie sich wieder Kamu zu. "Nun, es tut mir aufrichtig Leid-", sie verzog sarkastisch die Mundwinkel, doch das Lächeln erreichte ihre Augen nicht, "-das du mich falsch verstanden hast, aber es lag nicht in meiner Absicht, dass du dich... - Wie sagtest du so schön? - VERARSCHT fühlst." Damit hatte sie den Youkai vor ihr jetzt erfolgreich zum Kochen gebracht. "Du kleines...", knurrte er drohend und war schon kurz davor sich auf sie zu stürzen, wurde jedoch im letzten Moment von Yoku Shinsetsuna zurückgehalten. "Kamu, du willst doch nicht etwa eine unbewaffnete, wehrlose Dämonin ohne Youki angreifen, die noch dazu nicht das Geringste sehen kann!?" Diese Worte amüsierten Kuraifaia schon fast, denn schließlich passte diese Beschreibung nicht wirklich haargenau auf ihre Person... "Es ist mir vollkommen egal, ob sie hilflos ist oder nicht! Wie kann sie es wagen, uns so furchtlos und provozierend gegenüber zu stehen?!", fauchte der Inuyoukai und riss sich von ihm los. Kuraifaia spannte sich an, doch weniger wegen dem Youkai mit dem grün-schwarzen Haaren vor ihr, sondern eher wegen der leicht unterdrückten Aura HINTER ihr, deren Besitzer anscheinend im gleichen Moment auf sie zu gesprungen war wie der rasende Dämon. Eben wollte sie beiden mit einem Sprung nach oben ausweichen, doch der Neuankömmling erwies sich als erstaunlich schnell und ehe sie zu einer Handlung fähig war, spürte sie sich grob am Arm gepackt und aus der Angriffsbahn Kamu's befördert. Die Youkai, einen weiteren Angriff erwartend wollte sich losmachen und holte noch in der gleichen Bewegung aus, um dem Fremden einen heftigen Schlag zu versetzen, da wurde sie jedoch schon losgelassen. Ohne große Mühe fing sie diese überraschend kommende Mischung aus Flug und Sturz ab und landete sicher auf beiden Beinen. Alle ihre Gegner befanden sich jetzt vor ihr und sie konnte die dritte Aura klar erkennen. Deren Farben waren erstaunlich ruhig und gelassen, beinahe amüsiert. Aber auch Interesse und ein wenig unterdrückten Zorn konnte sie erkennen. Kurz versuchte sie diesen männlichen Youkai nach Dämonenart abzuschätzen: War er schädlich, nützlich oder einfach für sie nutzlos? Doch nachdem der Dämon sie kurz betrachtet hatte, wandte er sich schnell wieder von ihr ab und den beiden anderen Youkai zu. In deren Auren mischte sich sofort so etwas wie... Zerknirschtheit und Respekt. War der Neue etwa ihr Anführer? "Kamu, Yoku Shinsetsuna, was treibt ihr hier? Ihr solltet schon längst zurück sein!", sagte der Fremde streng. "Wir waren... abgelenkt", sagte der Zweitgenannte. "Tatsächlich? Würdet ihr dann bitte das nächste Mal die Güte haben, euch abzumelden, bevor ihr euch vergnügen geht?", fragte er mit unterdrücktem Zorn. Kuraifaia währenddessen dachte, sie höre nicht richtig. Vergnügen?! Meinte dieser Mistkerl etwa das, was sie meinte, das er meinte? Dann konnte er sich auf etwas gefasst machen! Jedoch hatte sie bei ihm nicht dieses lüsternde Blau in der Aura gesehen, als er sie gemustert hatte. "Es wird nicht wieder vorkommen, Rakuna", versicherten die beiden Dämonen einstimmig. Rakuna, so so. Schön das sie jetzt schon mal seinen Namen wusste. Die Frage war aber immer noch, ob das ein neuer Feind war oder nicht. War das eben kein Angriff gewesen, sondern hatte er sie aus Kamu's Schussbahn holen wollen? Das hätte sie aber auch allein gekonnt... Rakuna währenddessen hatte wohl mit seinen 'Untergebenden' abgeschlossen und wandte sich nun wieder ihr zu. Kuraifaia konnte in seiner Aura keinerlei feindliche Absichten erkennen, aber dennoch war sie etwas verunsichert. Er kam näher und noch immer war Gleichgültigkeit das Gefühl in ihm, das überwiegte. Die junge Frau sah, dass ihr ihre Aurasicht jetzt nichts mehr nutzte. Aus seiner Mimik würde sie hoffentlich mehr lesen können. Also öffnete sie die Augen. Rakuna hielt inne. Er hatte sich schon die ganze Zeit gefragt, warum diese Youkai ihre Augen geschlossen hielt. War sie vielleicht blind? Doch nein, als sie jetzt die Lider anhob und ihn mit ihren graubraunen Iriden ansah, in denen immer wieder gelbe Sprenkel zu sehen waren, war ihr Blick aufmerksam und durchleuchtend. Solche Augen hatte er noch nie gesehen. "Und nun zu dir... Was macht eine so wunderschöne junge Youkai wie du so allein in dieser gefährlichen Gegend?" Er gab seiner Stimme einen halb verführerischen, halb sarkastischen Klang. In Wirklichkeit aber war er achtsam. Diese Dämonin trug zwar keinerlei sichtbare Waffen bei sich, hatte keine Rüstung an und wirkte auch sonst eher wehrlos. Zudem war sie in einen kostbaren Kimono gekleidet, der darauf schließen ließ, dass sie von Adel war. So jemandem brachte man das Kriegswerk nicht bei. Dennoch, der selbstsichere Ausdruck in ihrem Gesicht gefiel ihm nicht. Eine fast greifbare Gefahr ging von ihr aus. Hatten diese Idioten hinter ihm das etwa nicht gespürt? Ihre ganze Körperhaltung verriet doch, dass sie eine Meisterin war! Ein Wesen, welches die dunkle Seite der Welt gesehen hatte. Unwillkürlich lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Man sollte sich mit ihr gut stellen, solange man noch die Gelegenheit dazu hatte... "Was ich hier mache? Warum fragst du? Ist das hier dein Territorium?", fragte die Dämonin mit hochgezogenden Augenbrauen. "Ja, so könnte man es durchaus nennen," erwiderte Rakuna lächelnd. Immerhin schien sie eine Hundeyoukai zu sein, genau wie er selbst. Aber sie stammte nicht aus dem Süden, das merkte er sofort. Folglich war sie eine Fremde seiner Art und ohne seine Zustimmung in sein Revier eingedrungen. Das fiel in seinen Aufgabenbereich. "Nun, das war nicht meine Absicht. Wenn ich hier unerwünscht bin, werde ich selbstverständlich wieder umdrehen", meinte die Youkai vor ihm. Das wiederum hatte er jetzt aber nicht erreichen wollen. Diese Youkai war äußerst interessant und sicher würde sie noch nützlich sein können. Außerdem, wenn er Recht hatte mit seiner Vermutung, dass sich hinter ihrem unscheinbaren Wesen eine gehörige Macht verbarg, war es sicher nicht gut, wenn sie dahin zurück ging, wo sie hergekommen war - in den Westen. Rakunas Clan konnte im Moment jeden Kämpfer gebrauchen, selbst wenn es Frauen waren. Sicher würde er eine schöne Belohnung kriegen, wenn er sie überreden konnte, ihre Fähigkeiten für den Süden einzusetzen. "Wer sagt denn, dass du nicht willkommen bist? Ich wundere mich nur, dass du allein unterwegs bist. Willst du nicht lieber mit uns kommen?", schlug er lächelnd vor. Hinter ihm zogen Kamu und Yoku Shinsetsuna zischend die Luft ein und der Aggressivere von beiden flüsterte wütend seinen Namen, doch das machte ihm nichts aus. "Warum sollten wir sie bei uns aufnehmen?!", zischte er ärgerlich. "Weil ich es sage und weil sie es will, kapiert? - Stimmt doch, oder?" Bei der zweiten Frage wandte er sich wieder an die Youkai, kaum Widerworte erwartend. Kuraifaia gefiel es ganz und gar nicht, dass da schon wieder jemand über sie bestimmen sollte. Andererseits - was sprach schon dagegen? Wenn sie fortan hier im Mittelalter leben wollte, würde sie sich als Hundedämonin, die sie ja nun einmal war, wohl oder übel einem Rudel anschließen müssen. Zwar käme sie auch ohne ganz gut klar, aber erstens hatte sie gerne Gesellschaft und zweitens wurde eine fremde Youkai mit ihrer Macht nicht ignoriert, wie sie ja gerade hatte feststellen dürfen. Inuyoukai pflegten ihre Territorien sehr sorgsam, geradezu eifersüchtig zu bewachen, wer sich in ihrem 'Reich' befand und sich ihnen nicht anschloss, war ihr Feind. Und da Kuraifaia keine Lust hatte, sich einen ganzen Clan zum Feind zu machen, stimmte sie Rakuna nach kurzem Überlegen zu. * Auf dem westlichem Schloss... "Endlich! Da ist ja das Schloss! Mir tun schon langsam die Beine weh...", jammerte der junge Inuyoukai. Promt wurde ihm ein eisiger Blick zugeworfen. Der Unglücksvogel zog sofort den Kopf ein und machte keinen Mucks mehr. "Chikara, warum wurden wir überhaupt her befohlen?", fragte ein zweiter Dämon. Genau wie seine Kameraden hatte auch er weiße Haare, was ihn als einen Hundedämon des Westens auswies. Vor einigen Tagen hatte das Rudel Besuch von einem Boten des Schlosses bekommen, der eine Nachricht für ihren Rudelfühlrer Chikara brachte. Ihr Anführer hatte ihnen verschwiegen, wie die Nachricht lautete und so waren sie alle etwas besorgt. Der Überbringer der Nachricht war nämlich niemand anderes als Shuppotsu persönlich gewesen - der schnellste Inuyoukai im ganzen Westen. Normalerweise überbrachte er nur sehr dringende oder wertvolle Informationen vom Rat, oder natürlich vom Lord persönlich. Dass ER hier aufgetaucht war, ließ alle vermuten, dass es wieder Ärger mit dem Süden gegeben hatte. Schließlich war der Lord schon seit Jahren nicht mehr gesehen worden, also musste die Nachricht ja vom Rat stammen. Chikara selbst war der Einzige, der es besser wusste. Dennoch machte er sich nicht weniger Sorgen. Wenn der Lord persönlich nach ihm schickte, ohne einen Grund zu nennen, dann war da irgendetwas im Busch. Er kannte Sesshoumaru schon sehr lange, aus Kindertagen sozusagen. Sie waren zusammen ausgebildet worden. Die Inuyoukai schickten vielversprechenden Nachwuchs in einem gewissem Alter nämlich immer an den Hof, weil sie dort eine bessere Ausbildung genießen konnten. Die Jugendlichen pflegten dort nach einer Weile ihre eigenen, kleinen Rudel zu gründen, ihre eigene Hierachie aufzubauen. Sesshoumaru und Chikara gehörten der selben Generation an, lernten alles zusammen und waren sozusagen im selben Rudel, dessen Anführer natürlich immer der Lord gewesen war. Aber sie waren mehr als nur Kameraden, sie hatten mit der Zeit fast so etwas wie eine Freundschaft entwickelt. In vielen kritischen Fragen, die meist etwas mit seinem Vater zu tun hatten, hatte Sesshoumaru Chikara zu rate gezogen. War das auch dieses Mal der Fall? Oder ging es doch um den Süden? Der Youkai seufzte leise. Er hatte keine Ahnung, was ihn erwarten würde. Ob sein alter Freund sich verändert hatte, seit er ihn zum letzten Mal gesehen hatte? Er hatte Gerüchte gehört, nach denen er sich seit einiger Zeit mit einem Hanyou beschäftigte... Chikara hielt an. Vor ihm erhoben sich die riesigen Mauern des Hundeschlosses, die die prächtigen Türme und Nebengebäude die sich dahinter versteckten, nicht ganz verbergen konnten. Es war doch immer wieder ein beeindruckender Anblick. "Halt! Wer bist du?", fragte die Wache neben dem Tor ausdruckslos. "Chikara, Dämon vierten Ranges. Ich bin mit meinem Rudel auf Befehl des Lords hier", erwiderte Chikara gelangweilt. Er konnte die verwirrten Blicke, die sich seine Untergebenden hinter seinem Rücken zu warfen, förmlich spüren. Alle Dämonen der Hundeyoukai hatten sich der höfischen Hierarchie zu unterwerfen. Der erste Rang war selbstverständlich der Herrscherfamilie vorbehalten. Der zweite Rang bestand aus besonders mächtigen, einzelgängerisch lebenden Dämonen und den obersten Ratsmitgliedern. Im dritten Rang waren die höheren Ämter des Hofes, erfolgreiche Heerführer, angesehende Heiler und Magier und die Aufseher der Ordnung des Schlosses. Chiraka und sämtliche andere Rudelführer hatten den vierten Rang inne, alle ihnen Untergebende, sowie das Personal bildeten das gemeine Volk. Den untersten Rang hatten Ausgestoßende und solche Dämonen, die nicht genug dämonische Energie besaßen, um die übliche, menschliche Gestalt anzunehmen. Nachdem die Wachen den Weg freigegeben und die Youkai durch das Tor geschritten waren, bemerkten sie sofort den Umschwung in der Atmosphäre. Als sie vor einem Jahr das letzte Mal hier gewesen waren, hatte sich niemand wirklich mit der Arbeit beeilt. Die Stimmung war locker gewesen und das Schloss einladend. Jedoch war auch eine gewisse Fahrlässigkeit zu spüren gewesen. Jetzt aber huschten überall menschliche Diener umher und bemühten sich, alles so gut wie möglich sauber zu machen, ohne dabei irgendwie aufzufallen. Angst und Schrecken lag in der Luft und die schneeweißen Mauern des Schlosses hatten es irgendwie geschafft, besonders düster und abschreckend auszusehen. Überall wurde gearbeitet, niemand schien auch nur eine freie Minute für eine Pause zu haben. "Also ist es wahr... Der Lord weilt wieder auf Schloss Kuressento...", flüsterte einer seiner Kameraden fast ehrfürchtig. Chikara konnte den Blick noch immer nicht von dem Gebäude nehmen, in der er seine halbe Kindheit verbracht hatte. Schloss Kuressento, ja. Es bedeutet übersetzt in etwa: Schloss des Sichelmondes, was im engen Zusammenhang mit der Herrscherfamilie stand. Sie alle hatten nämlich auf der Stirn den blauen Sichelmond abgebildet, mit Ausnahme des letzten Fürsten, Inu no Taishu, der sich sozusagen in die Familie eingeheiratet hatte. Chikara selbst hatte ebenfalls ein Zeichen auf der Stirn, wie viele hochrangige Dämonen: drei blass-violette Vierecke im Dreieck angeordnet, welche so fast die Form eines Ahornblattes hatten. Man sah diese allerdings erst aus den zweiten Blich, Chikaras Haut war ebenfalls sehr blass und zusammen mit seinen kurzen, weiß-grauen Haaren und den blaugrauen Augen verschwamm sein Erscheinungsbild fast ein wenig. "Chikara? Was sollen wir jetzt tun?", fragte ein junger Dämon hinter ihm. Der Rudelführer drehte sich missmutig um. "Verteilt euch einfach und macht euch nützlich. Ich weiß noch nicht, wie lange wir hier bleiben werden", gab er, für seine Verhältnisse doch ziemlich ausführliche Antwort. Große Reden waren noch nie seine Sache gewesen. Während sich die Inuyoukai nun langsam zerstreuten, steuerte Chikara zielstrebig auf den Schlossgarten zu. Eine lange Treppe führte von der Terrasse an der Rückseite des Gebäudes dorthin. Sie war mit Efeu bewachsen, nicht etwa weil sich die Gärtner nicht darum kümmerten, sondern weil die Dämonen der Natur so viel wie möglich von ihrer Wildheit lassen wollten. So gab es keine fest angelegten Beete, jedoch schlängelte sich ein wunderschöner kleiner Bach durch die Idylle. Es gab mehrere kunstvolle Pavillons, an denen ebenfalls Pflanzen empor klettern konnten. Der Bach mündete in einem großen Becken, in dem Seerosen schwammen. Am Rande wuchsen viele alte Kirschbäume. Im Frühjahr verstreuten sie ihre zarten Blüten über das ganze Wasser, doch jetzt, im späten Herbst, hingen nur noch einige rote Blätter an den Zweigen. Chikara fand diesen Ort trotzdem besonders schön, in seiner Zeit als Auszubildener hatte er viel Zeit mit dem zukünftigen Fürsten hier verbracht. Häufig hatten sie hier beisammen gesessen um zu meditieren oder über sich um die Ungeschicklichkeit ihrer Mitschüler zu amüsieren. Heute aber war das lange her, Chikara hatte ein eigenes Rudel das ihm unterstellt war und Sesshoumaru... Ja, was hatte er wohl die ganzen Jahre über gemacht? Natürlich würde es nie jemand wagen, ihm einen Vorwurf zu machen, aber sie hätten ihn hier schon dringend gebrauchen können. Warum war er so lange ganz allein in der Gegend herumgestreunt, als wäre er ein Ausgestoßender? "Chikara. Warum nur verwundert es mich nicht, dich ausgerechnet hier, im Garten vorzufinden?", erklang plötzlich eine kühle Stimme hinter ihm und der Inuyoukai fuhr herum. Da stand er, der Lord des Westens, in all seiner fast schon unverschämten Schönheit. Hätte er einen etwas besseren Charakter, würden sicher viele Frauen für ihn schwärmen. Selbst sein Vater war nicht dermaßen gutaussehend gewesen. Obwohl er hier in seinem heimatlichem Schloss war, trug er dennoch seine Rüstung und zwei Schwerter an der Seite. Seine weißen Haare glänzten silbern mit einem leichten Stich ins Rote in der untergehenden Sonne. Die goldenen Augen blickten so teilnahmslos wie eh und je. Nein, sein Aussehen hatte sich um keinen Deut verändert, und doch... "Ich dachte mir, dass es sich hier am besten warten lässt, bis ihr nach mir schickt, mein Lord...", murmelte er ergeben. Auch wenn sie so etwas wie Freunde waren, wenn man das bei Sesshoumaru überhaupt behaupten konnte, Höflichkeit war in seiner Gegenwart immer gefordert. "Weißt du, warum ich dich herbefohlen habe, Chikara?", fragte der Lord kühl, aber der Dämon wusste, dass dieser abweisende, fast schon drohende Ton bei ihm überhaupt nichts war. Das ging noch schärfer. Er war sogar verhältnismäßig freundlich. Nun, an sich hatte er ja leider nicht den leisesten Schimmer, warum er hier war, aber das konnte er ja schlecht sagen. "Geht es um den Süden?", fragte er deshalb lieber. Sein Gegenüber zögerte. "Zum Teil", sagte er dann, "aber gut, wir können gerne zuerst mit den politischen Problemen anfangen." Sesshoumaru wandte sich ab und ging an ihm vorbei zu den Kirschbäumen. Als er ihm folgte, fiel ihm auf, wie... müde er aussah. Natürlich hielt er sich immer noch so aufrecht, als hätte er einen Stock verschluckt, seine Haltung war würdevoll wie immer, aber er kannte seinen Herrn schon zu lange, um die Zeichen nicht zu bemerken. Die beiden Inuyoukai ließen sich am Ufer des kleinen Sees nieder und der Lord schloss für einen Moment die Augen. Chikara gönnte ihm die kurze Entspannung von Herzen, er konnte sich gut vorstellen, dass der Rat ihn mit Neuigkeiten geradezu überrollt hatte. Allerdings wäre das nicht passiert, hätte er sich etwas früher hier sehen lassen... Geduldig wartete er, bis der Daiyoukai zu sprechen anfing. "Chikara... Aoi Yuki sagte, es gäbe Aufruhr an den Grenzen. Dein Rudel passiert diese Stellen doch des öfteren, du müsstest doch sicher etwas mitbekommen haben. Wie ernst ist die Lage wirklich?", begann er dann schließlich. Der Weißhaarige konnte sich ein erneutes Seufzen nicht verkneifen. "Wünscht ihr es ausführlich?" "Ja." Das war ein Befehl. "Diese Trottel haben in der Tat keine Ahnung. Sie versuchen einen Haufen fauler Eier zu parfümieren, damit er nicht so abscheulich riecht." Chikara unterdrückte nur mit Mühe ein verächtliches Schnauben. Diese Hofdämonen in ihren teuren Kimonos, die den ganzen Tag in ihren Gemächern saßen, hatten seiner Meinung nach keine Ahnung vom Ernst des Lebens. Er konnte sich nicht vorstellen, wie ein so kämpferisch begabter Dämon wie Sesshoumaru es auch nur einen Tag hier aushalten konnte. Scheinbar hatte er ja jetzt schon genug. "Fakt ist jedenfalls, dass es schon eher ausgewachsenen Kriegsbewegungen als nur ein wenig Aufruhr ist. Der Südclan sammelt ganz eindeutig seine Krieger. Ich... Ich habe mir die Freiheit genommen, ein paar Spione auszuschicken." Hierbei beobachtete er Sesshoumaru genau, schließlich waren 'Ermittlungen auf eigene Faust' nicht unbedingt das, was man von einem treuen Untergebenen erwartete. Doch der Lord zuckte nicht einmal mit der Wimper und so sprach er weiter: "Nun, abgesehen davon, dass von fünf meiner besten Leute nur drei zurückkehrten, waren ihre Neuigkeiten auch nicht sehr erbauend. Die Rudel passieren den Herrschaftssitz, das Schloss, wo sich ihre Macht konzentriert, verhältnismäßig viel zu oft, manchmal wohl mehrmals im Jahr." Wieder hielt er kurz inne. Das Abendrot spiegelte sich im Wasser. Es würde nicht mehr lange dauern, und die Nacht würde ihre Schatten ausbreiten. Das war gut. Dämonen liebten das Ruhige und Dunkle. "Ich habe mich auch an der nördlichen und östlichen Grenze erkundigt. Sie meinten, dass die südlichen Hunde besonders in den letzten Monaten sehr aggressiv seinen." Der Inuyoukai rupfte gedankenverloren einen Grashalm ab und drehte ihn zwischen den Fingern. Irgendwo ertönten die Klänge einer Nachtigall. "Das alles hat nichts zu sagen", meinte auf einmal Sesshoumaru und Chikara fuhr hoch. "Nichts zu sagen? Aber...", wollte er verblüfft ansetzen, aber der Andere unterbrach ihn. "Verhalten wir uns im Grunde nicht genauso? Sind nicht auch unsere Krieger unruhig? Haben nicht auch wir alle Augen offen? Würden nicht auch wir Spione umbringen, die in dieser Zeit in unser Gebiet kommen? Auch habe ich auf dem Schloss ungewöhnliche viele Krieger gesehen. Auch du dein Rudel seid hier, obwohl es noch lange nicht an der Zeit ist, einen Anstandsbesuch zu tätigen. Es ist durchaus möglich, dass der Süden uns ebenso überwacht und seinerseits nur Vorsichtsmaßnahmen trifft", erklärte er. Chikara war bestürzt. Von dieser Seite hatte er das Ganze noch gar nicht gesehen. "Einige hier mögen vielleicht glauben, dass ich mich voller Eifer in den nächsten Krieg stürze. Aber ich bin kein Dummkopf. Ich werde nicht unnötig die Leben unserer Krieger auf's Spiel setzen, wenn es sich vermeiden lässt. Dennoch werde ich sicher nicht vor einem Krieg zurückschrecken, wenn wir direkt herausgefordert werden", sagte Sesshoumaru leise. "Mein Lord, ich habe nie behauptet, dass ihr- Nun, das euch das Wohl des Westens nicht am Herzen liegt. Natürlich wäre es nicht klug, voreilige Schlüsse zu ziehen", versuchte der Youkai sich zu verteidigen. Sein Gesprächspartner schwieg. Sein Blick schien gedankenverloren auf dem Mond zu ruhen, der sich im Wasser spiegelte. "Ich befürchte nur, das Ninushu Omaru das nicht so sehen wird. Die Lage könnte sich weiter zuspitzen. Vielleicht sollten wir sogar so etwas wie... Friedensverhandlungen führen. Aber solange es keine wirklich ernsthaften Zwischenfälle gibt, ist das lächerlich...", murmelte der Lord. "Möglicherweise wäre es klüger, erst abzuwarten..." Mit Absicht sagte er dies nicht bestimmt, eine handfeste Meinungsverschiedenheit mit dem Herr täte seiner Gesundheit sicher nicht gut. "Das aus deinem Mund, Chikara? Du bist doch sonst immer der Erste, wenn der Schlachtruf ertönt." Darauf wusste er nichts zu erwidern. "Ich werde noch einmal mit dem Rat darüber sprechen. Vielleicht tut sich in den nächsten Wochen etwas." Diese Worte überraschten den Rudelführer dann doch leicht: "Ihr habt vor, länger hier zu bleiben?" "Natürlich. Wie könnte ich mein Volk jetzt im Stich lassen?", meinte Sesshoumaru. "Sicher, ich dachte nur... Nun, ihr wart in letzter Zeit viel abwesend. Gerüchten zufolge sollt ihr..." Er wagte nicht weiter zu sprechen. "Vor meiner Pflicht geflohen sein?", beendete dann jedoch Sesshoumaru seinen Satz. "Das ist albern. Die Ratsmitglieder bedrängten mich oft, ich solle mir doch endlich eine Gefährtin nehmen, damit ich den Posten des Fürsten beziehen kann. Doch das habe ich nicht vor." Das Gesicht des Inuyoukais kam Chikara auf einmal noch verschlossener vor als sonst. War er verärgert? "Das Volk weiß, wer ihr Herr ist. Solange ihr hier weilt, wird es motiviert sein. Es gibt genug Krieger, die euch wenn nötig bis in den Tod folgen würden. Ihr braucht keine Gefährtin", meinte er selbstsicher. "Doch... die brauche ich...", widersprach Sesshoumaru ihm leise. Ein lauer Wind kam auf. Sein Freund hatte sich abgewandt. * Auf dem südlichem Schloss... "Mein Lord, seid ihr euch dessen wirklich sicher?", fragte der Youkai erschrocken. "Willst du etwa meine Befehle anzweifeln?", antwortete der Angesprochene mit hochgezogener Augenbraue. "Keineswegs! Aber wenn wir den Westen so deutlich angreifen..." Ein flehender Blick legte sich auf die Gesichtszüge den untergebenen Inuyoukais. Dieser Auftrag war blanker Wahnsinn! Nicht das es ihm nicht gelingen würde... Lord Keisushiro hatte ihm zwanzig fähige Männer versprochen. Auch wäre es sicher nicht besonders schwer, die Grenzrudel aufzuspüren, von denen trieben sich in letzter Zeit immer mehr in den Wäldern herum. Aber dennoch... Sie ALLE auszulöschen, bedeutete auch für seine Leute große Verluste. Außerdem würde eine so offensichtliche, feindliche Handlung sicher nicht unbemerkt bleiben. "Sagte ich es dir nicht bereits?! Der Westen hat uns herausgefordert, er will Krieg! Wir müssen ihnen die Grenze zeigen, bevor die Sache offiziell wird", meinte der Herr unwirsch. Natürlich, in dem Fall... Tatsächlich hatte der Westen schon viele Andeutungen gemacht, die er selbst mitbekommen hatte. Ihre verschwundenen Kundschafter... Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen des Westens an den Grenzen... Die brutalen Gemetzel. die vereinzelt auftauchten... Und dennoch... Hatte der Feind wirklich schon inoffiziell den Krieg erklärt? Sicher, dann würden sie zuschlagen müssen. Aber wenn er mit seinem Rudel wirklich auszog, um die Hundeyoukai dort regelrecht zu jagen... Das würde die ganze Sache doch nur unnötig beschleunigen. Nebenbei würde es auch viel Zeit beanspruchen. "Geh jetzt, mach dich auf den Weg. Aber erzähl niemandem außer den Beteiligten von eurer Mission. Wenn die Westler einen von uns gefangennehmen und dieser Jemand zufälligerweise eure Position und euer Vorhaben kennt, werdet ihr zu den Gejagten", warnte Keisushiro ihn noch. Der Dämon beugte demütig das Haupt, erhob sich und verließ den Raum. Aber wohl war ihm bei der Sache ganz und gar nicht. Er hatte ein ungutes Gefühl dabei. Der Lord des Südens sah seinem Ungergebenen nicht nach. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, innerlich schon seinen Sieg zu feiern. So lange hatte er gewartet. Monate, Jahre, Jahrzehnte. Bald war es soweit. So viel Zeit hatte er damit zugebracht, die Unruhen zu schüren. Er hatte seine Leute aufgehetzt, Gerüchte verbreitet, das der Westen sie angreifen wollte, um seine Macht zu festigen, zu vergrößern. Es hatte gewirkt. Wie leicht man den Leuten doch ihre Feinde einreden konnte! Sie sehnten sich nach einer ordentlichen Schlacht. Und er, Keisushuro, würde sie ihnen liefern. Sein Vater, der Fürst, war alt. Erst vor kurzem hatte ihn eine schwere Krankheit befallen. Die Heiler hatten diese zwar aus seinem Körper vertrieben, aber er war geschwächt. Er würde nicht mehr lange zu leben haben. Ein halbes Jahrzehnt noch, wenn er Glück hatte. Aber Glück würde er ganz sicher nicht haben. Dieser Greis hatte ja noch nicht einmal bemerkt, wie er das Volk hinter seinem Rücken anstachelte! Er hatte nichts als Verachtung für den Fürsten übrig. Ninushu Omaru würde einem Krieg niemals zustimmen, ohne vorher alles getan zu haben, um ihn zu verhindern. Das war ein Grund, warum Keisushiro die Boten, die den Fürsten und den Rat über die Lage des Landes berichten sollte, mit reichlich Gold bestach, damit sie erzählten, was ER wollte. Nicht mehr lange und der Westen würde eine Kriegserklärung herausgeben. Der Lord des Südens wusste schließlich, wie eitel die Hunde in solchen Sachen waren. Und wenn er das, neben seinem eigenem, stärkste Land erst einmal erobert hatte, würde er mit dem Norden und dem Osten weitermachen. Er würde die Fürsten dazu zwingen, sich ihm unterzuordnen. Wenn nur sein Vater endlich abkratzen würde...! Der war doch schon immer schwach gewesen. Er hatte seine Mutter über alles geliebt. Ha! Wenn der wüsste, das ihr Tod kein Unfall war... Aber selbst der Schrecken über ihren Verlust hatte ihn nicht ins Grab bringen können. Bedauerlich, aber nicht zu ändern. Keisushiro sorgte bereits dafür, seine Lebensspanne zusätzlich zu verkürzen. Damit hatte er sich große Mühe gegeben. Er wusste, dass sein Vater Blumen liebte. So hatte er aus einem fernen Land, noch hinter dem Kontinent, eine ganz spezielle Sorte bringen lassen, extra für Ninushu Omaru... Ein außergewöhnlicher Blumenstrauß, zum dreitausendsten Geburtstag! Die Blumen waren getrocknet gewesen, und so standen sie heute immer noch in seinen Gemächern, wo er sich oft aufhielt, um Akten durchzuarbeiten, die sein Sohn gefälscht hatte. Sie versprühten ihre giftigen Dämpfe und kein Heiler konnte sagen, woher die immer stärker werdende Schwäche des Fürsten kam. Es war ein perfekter Plan. Niemand würde ihn verdächtigen... Und sobald der Fürst endlich tot war, konnte er seinen Platz einnehmen. Wer weiß, vielleicht würde sein Vater ihm sogar noch einen letzten Gefallen tun, und den Krieg mit dem Westen für ihn gewinnen? Es wäre seine letzte Amtshandlung, bevor er den Platz räumte. Aber das spielte keine Rolle, mit den Westlern würde er auch so fertig werden. Die hatten ja nicht einmal einen Fürsten, der sie im Kampf anführen konnte! Und der Lord streunte auch irgendwo in der Gegend herum, auf der Jagt nach einem Hanyou und einem Dämonenschwert. Oh ja, in diesem Gebiet hatte er sich wohl erkundigt! Es wäre schon ein Wunder, würde er rechtzeitig zum Krieg wieder hier sein. Und selbst dann würde er die Schuld für die Aggressionen seinem Vater in die Schuhe schieben, er käme sicher nie darauf, dass der Lord dahinter steckte und sie beide gelinkt hatte. Oh ja, es lief alles genau nach Plan. Niemand konnte etwas gegen ihn unternehmen, selbst sein Vater nicht, würde er es doch herausfinden. Er war der einzige Erbe des Südens. Der zukünftige Herrscher. Und bald wäre der Süden nicht das einzige Gebiet, das ihm unterstellt war. * Im Westen... "Mein Lord? Was sagtet ihr soeben?", fragte Chikara verwirrt. Sesshoumaru schreckte aus seinen Gedanken hoch. Hatte er das eben etwa laut gesagt? Das war nicht seine Absicht gewesen... "Schon gut... Ich war nur in Gedanken", murmelte er, sah seinen Freund dabei jedoch immer noch nicht an. Wich er ihm aus? Die beiden Inuyoukai schwiegen eine Zeit lang, niemand hatte so recht die Absicht, das Gespräch wieder aufzunehmen. Sesshoumaru wartete darauf, dass Chikara ihn fragte, warum er ihn wirklich hatte kommen lassen. Nur zum Plaudern garantiert nicht, das musste auch ihm klar sein. Aber der Andere sagte nichts mehr, was ihn auch nicht so sehr verwunderte. Chikara machte ungern viele Worte. Allerdings hatte das zur Folge, dass Sesshoumaru in seiner Nähe meist genauso viel sprach, wie er es normalerweise in einer Woche tat. "Chikara, erinnerst du dich noch an den alten Tamahato?", fragte er schließlich. "Natürlich, das war unser alter Kampflehrer für Schwert und Bogenschießen", kam die umgehende Antwort. Sesshoumaru nickte. "Er hat sich vor etwa dreihundert Jahren zur Ruhe gesetzt. In dieser Zeit wurde die Ausbildung der jungen Kämpfer hier etwas lax und war mehr auf wissenschaftlicher Ebene orientiert. Sie sind jetzt zwar alle ziemlich gut in Magie, aber es ist kein bemerkenswerter Fechter unter ihnen. Im Moment gibt es mehrere Lehrer in dieser Stelle, die die unterschiedlichen Altersklassen unterrichten." "Wollt ihr etwa, das ich diese Stelle übernehme?!", fragte Chikara geradezu geschockt. Sesshoumaru konnte es ihm nicht verübeln. Wer spielte schon gern den Babysitter? "Nein, da kannst du beruhigt sein. Allerdings bräuchte ich schon jemanden, der unsere Armee ein wenig auf Vordermann bringt - du weißt schon, für alle Fälle. Mir ist kein besserer Krieger als du bekannt, von dem das Volk bereit ist, noch etwas zu lernen. Sicher, die meisten sind perfekt ausgebildet. Aber der Neuzugang... Es fehlt ihnen an Erfahrung. Auf dem Weg hierher habe ich eine Gruppe Youkai beobachtet. Sie schienen mir ausgewachsene Kämpfer zu sein, die gerade ein wenig trainierten. Aber ihre Technik... Chikara, damit sehe ich schwarz für zukünftige, kämpferische Auseinandersetzungen. Wenn du ihnen... nun, ein paar Tipps geben würdest, die sie im Gefecht gebrauchen können... Ihren Eifer anspornen..." Etwas hilflos verstummte der Lord, wie sollte er so etwas auch erklären? "Nun, wenn ihr das von mir verlangt... Dann werde ich selbstverständlich mein Möglichstes tun", erwiderte der Youkai erschöpft. Sesshoumaru war klar, dass sein Freund bei einem ausdrücklichem Befehl keine andere Wahl hatte, als zu gehorchen. Aber für ihn war Chikara nicht einfach ein treuer Untergebener. Sie hatten so viel miteinander erlebt... Er war der einzige Gleichaltrige, den er wirklich als seinen Freund betrachtete. Als Lord war es ohnehin immer schwer, aufrichtige Hilfsbereitschaft aus kriecherischer Schleimerei herauszufischen. Und eben weil er ihn so sehr schätzte, wollte er ihm keine Aufgabe aufdrängen, die ihm zu sehr missfiel. "Du wärst natürlich nicht der Einzige. Ich werde mir noch ein paar weitere fähige Krieger besorgen, die dich unterstützen würden. Selbstverständlich würdest du nur die besten Schüler bekommen. Sobald du mit denen fertig bist, können sie auch anfangen sich untereinander auszutauschen", fuhr er fort. "Die Besten? Ich bitte euch! Wer bei denen zu 'Den Besten' gilt und dennoch seine Ausbildung nicht abgeschlossen hat, hat einfach nur keinen Ehrgeiz oder einen saumäßigen Charakter!" Man sah ihm an, dass er sich am liebsten die Zunge abgebissen hätte. Solche Unhöflichkeit und Kraftausdrücke ziemten sich in der Nähe des Lords in keinster Weise! Aber Sesshoumaru begnügte sich damit, dem Dämon einen eisigen Blick zuzuwerfen, bevor er antwortete: "Wenn sie einen schwierigen Charakter haben, wirst du sie eben erziehen müssen. Disziplin ist in einer Armee äußerst wichtig. Ich weiß nicht, wie lange es bis zum nächsten Krieg dauert, aber da wir inzwischen etliche böse Vorzeichen zu haben scheinen, sollten wir auf alles vorbereitet sein. Also: Wirst du die Aufgabe übernehmen?", fragte er mit einmal geschäftsmäßig. "Ja, mein Lord", erwiderte Chikara mit gesenktem Kopf. Sesshoumaru gab sich selbst zu, dass er ein 'Nein' als Antwort jetzt auch nicht mehr respektiert hätte. Er erhob sich. "Morgen zu Sonnenaufgang erwarten dich deine Schüler auf dem Trainingsplatz. Bis dahin kannst du tun, was du willst. Was den Befehl an dein Rudel angeht, überlasse ich die Sache dir." Nun stand auch Chikara auf. "Wenn es euch recht ist, werde ich einen neuen Rudelführer bestimmen und sie wieder wegschicken", meinte er. Sesshoumaru musterte ihn leicht überrascht. Das eigene Rudel war für einen Hundedämon das Ein und Alles, niemand wollte das so schnell aufgeben, schon gar nicht als Rudelführer. Solch eine Position war hart erkämpft. Das Rudel war wie eine große Familie... "Bist du sicher, dass du das tun willst?", fragte er deshalb. "Ihr werdet sie hier nicht gebrauchen können. Außerdem nehme ich an, dass ich nicht ewig hier bleiben muss." Seine Stimme klang tatsächlich, als würde er dies als Strafe empfinden. Mit einem Mal taten Sesshoumaru seine scharfen Worte fast Leid. "Sobald entschieden ist, ob es nun zum Krieg kommt oder nicht, würde auch ich für die Zukunft meines Rudels entscheiden müssen. Kommt es zu einer Schlacht, so besteht die Möglichkeit, dass ich nicht überlebe." Chikara sagte es gefasst, als wäre der Tod das Natürlichste auf der Welt. Nun, war er ja eigentlich auch. Jeder musste mal sterben. Chikara sah wieder zum Wasser hin. "Für diesen Fall möchte ich meine Kameraden in guten Händen wissen." Sesshoumaru verstand ihn gut, innerhalb des Rudels gab es immer Machtkämpfe. Indem er selbst einen Rudelführer bestimmte, ihn jedoch nur als Vertreter einsetzte, konnte er gewiss sein, seine alte Stelle später auch wieder zurück zu bekommen. "Wenn entschieden wird, dass es keinen Krieg gibt, so bitte ich euch, mich zu meinem Rudel zurück zu lassen. Aber wie die Sache auch ausgeht, sie wird sich sicher über Jahre hinziehen. Ich kann meine Kameraden doch nicht so lange hier auf dem Schloss lassen." Natürlich, er dachte praktisch. Praktisch und immer weit voraus. So wie es Dämonen tun. Wann hatte er selbst das letzte Mal so gedacht? "Ich akzeptiere deine Bedingung", sagte Sesshoumaru, jetzt schon etwas weniger kühl. Selten hörte er seinen Freund so viel am Stück sprechen. "Du wirst deine Sache bestimmt gut machen..." Schon allein weil er, Sesshoumaru es war, der es verlangte. XxX Ich denke, da so viele von euch es vermuten sollte ich eure Rätseleien einfach mal bestätigen: JA, es kommt zum Krieg und JA die beiden werden auf verschiedenen Seiten kämpfen und JA das ist scheiße und JA sie werden sich verarscht fühlen ... und NEIN das soll kein DarkFic sein... So, wer glaubt jetzt alles schon zu wissen, dessen Genie muss sich enttäuschen: Ich hatte nie die Absicht das geheim zu halten, denn der weitere Verkauf ist eigentlich sonnenklar. Dennoch habe ich mir viele, kleinere Szenen ausgedacht die das ganze zwar etwas in die Länge ziehen, aber auch unterhaltsam gestalten werden. Ich hoffe ihr bleibt weiterhin treue Leser!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)