Flucht vor Sesshoumaru von astala7 (Veränderung) ================================================================================ Kapitel 35: Der siebte Fluchtversuch ------------------------------------ Tut mir schrecklich Leid, aber in den nächsten Kapitel wird es nicht so richtig zur Sache gehen. Ich hoffe ihr haltet trotzdem durch und lest fleißig weiter!^^ Anis bekommt schon wieder einen neuen Namen, ihre Geschwister überlegen ob sie sich undercover einschleusen und Sess kehrt in sein Schloss zurück. Im nächsten kap kommen dann auch eine ganze Menge neuer Charas dazu, ich mach zu jedem ne Charabeschreibung und würde euch wirklich raten da ab und zu mal reinzuschaun, falls euch was nicht klar ist. Und bemüht euch gar nicht erst, das nächste Zusammentreffen wird noch sehr lange auf sich warten lassen und mit Romantik ist es auch erstmal vorbei. davon hattet ihr genug im letzten kap^^ XxX Mitsura drückte sich an die Wand des Schreins. Vorsichtig linste sie an dem Holz vorbei. Die Menschen waren immer noch da... Verdammt, wie lange brauchten die denn, um einen Korb Wäsche aufzuhängen?! Und konnten die das nicht woanders machen?! Die Youkai wartete noch eine Viertelstunde, dann, endlich, hatten Sota und seine Mutter ihre Arbeit beendet und verschwanden ins Haus zurück. Die Dämonin kam aus ihrem Versteck hervor, vorsichtig schob sie die Schreintür auf und schlüpfte hinein. Sie wartete einen Augenblick, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Jetzt konnte sie die Umrisse des Brunnens ausmachen. Ohne weiter zu zögern sprang sie hoch und sauste in den Schacht hinab. Kurz rauschte sie noch an einem Wirbel aus Farben und Lichtern vorbei, dann landete sie auch schon sanft auf dem Boden. Sofort schlug der Regen ihr ins Gesicht und sie fluchte leise. Kurz hob sie ihren Blick nach oben, schätzte die Entfernung ab und sprang dann mit einem mächtigen Satz heraus. Oben stieg ihr sofort der Geruch von Blut in die Nase. Die Lichtung war verlassen, doch Mitsura roch, dass sich hier vor kurzem sowohl Sesshoumaru als auch Anis aufgehalten hatten. War das jetzt gut, oder schlecht? Eigentlich war sie nur hierher gekommen, um zu überprüfen, was denn nun aus Sesshoumaru und ihrer Schwester geworden war. Nur deshalb hatte sie den Daiyoukai verfolgt. Sie hatte sich fest vorgenommen, sich nicht einzumischen. Dennoch, die Lage gefiel ihr nicht. Obwohl der Regen die meisten Spuren fort wischte, war hier überall jede Menge Blut zu riechen, was darauf schließen ließ, dass da wirklich Massen geflossen waren. Zu allem Überfluss war es auch noch ausschließlich das Blut ihrer Schwester. Aber seltsamerweise waren keinerlei Kampfspuren zu sehen. Langsam setzte sich Mitsura in Bewegung und folgte der Duftspur zu ihrer Quelle. Bald schon entdeckte sie rote Schlieren auf der Erde und beschleunigte ihre Schritte, trotzdem darauf achtend, nicht entdeckt werden zu können. Darauf bedacht kein Geräusch zu machen, schlich sie von Baum zu Baum. Der Blutgeruch wurde immer stärker, Mitsura lehnte sich mit dem Rücken an einen Baum, bereit sofort herum zu fahren und wem oder was auch immer gegenüber zu stehen. "Mitsura...?", ertönte plötzlich eine leise Stimme, die die Youkai nicht sofort erkannte. Erst nach einigen Augenblicken gelang es ihr, sie als zu ihrer Schwester zugehörig zu analysieren und ihr wurde etwas leichter ums Herz. Sie hatte schon das Schlimmste befürchtet. Dennoch fragte sie sich, woher zum Teufel Anis wusste, dass sie hier stand. Niemand mit menschlichen Sinnen hätte sie entdecken können und auch einer Youkai wäre das schwer gefallen. Mitsura trat aus ihrem Versteck heraus. Nachdem sie sich rasch davon überzeugt hatte, dass niemand sonst da war, warf sie erstmals einen Blick auf ihre Schwester und keuchte laut auf. Sie sah einfach schrecklich aus. Wie ein Häufchen Elend hockte sie am Boden, das Gesicht von ihren Haaren verborgen. Um sie herum hatte sich eine große, schmutzige Lache gebildet, ein Gemisch aus Blut, Regenwasser und schwarzer Farbe, die begonnen hatte, sich aus ihren Haaren heraus zu waschen. Soweit Mitsura es sehen konnte, hatte sie am ganzen Leib irgendwelche Schnittwunden und nach dem Dorn in ihrer Hand zu urteilen, hatte sie sich diese selbst zugefügt. Mitsura sprang auf, rannte zu ihrer Schwester, kniete sich vor sie und schüttelte sie heftig an den Schultern. "Anis, was ist mit dir los, was hast du getan?!" Ihre Haut fühlte sich heiß an, als würde ihr Blut, welches in Strömen an ihr herab floss, in ihrem Körper kochen. Mitsura machte sich ernsthafte Sorgen. Wieso nur war sie so schwer verletzt? "Was ich getan habe? Du fragst mich... was ich getan habe?" Die Youkai wich erschrocken zurück. War das wirklich ihre Schwester? Ihre Stimme klang so kalt, so drohend und unfassbar abweisend. "Erinnert dich das hier nicht an etwas?", fragte sie leise und deutete an ihrem geschundenem Körper herunter. Erinnern? An was sollte sie dieses grauenhafte Bild erinnern? "Weißt du nicht mehr, was ich dir gesagt habe? ... Und jetzt ist er fort." Ihre Stimme zitterte kurz, dann brach sie plötzlich in sich zusammen. Sie hatte offensichtlich das Bewusstsein verloren. "Anis!", rief Mitsura erschrocken und fing sie gerade noch rechtzeitig auf. Vorsichtig legte sie ihren Körper auf den Boden. Zaghaft strich sie ihr einige Haare aus dem Gesicht und erstarrte. Anis hatte lange Brandspuren mitten im Gesicht, auf den Wangen und auf der Stirn prangte ebenfalls ein dunkles Mal. Die Erkenntnis brach ganz plötzlich über Mitsura zusammen. Ihre Schwester war dabei, sich in eine volle Youkai zu verwandeln. * "Geht es dir wieder besser? ... Nein, du solltest noch nicht aufstehen. Überanstrenge dich bloß nicht!", flüsterte Makotoko leise. Beruhigend strich er dem Hund über das Fell. Die tiefe Bisswunde an seinem Hals sah schlimm aus. "Hör mal, kann ich dich für ein paar Minuten allein lassen? Ich werde dir etwas besorgen,was die Blutung stillt. ... Keine Sorge, bis die Bullen hierher kommen, bin ich wieder da", versprach er. Die Polizei hatte sicher erst einmal damit zu tun, die aufgescheuchten Menschen zu beruhigen. Mit den Durchsuchungen würden sie sicher noch warten. So bot sich in diesem zerstörten Hochhaus, das in Trümmern lag, weil sein Hund in seiner wahren Gestalt als Youkai dagegen geworfen worden war, zahlreiche Verstecke. Hier konnte er die Wunden des Dämons - der nun wieder aussah wie ein normaler Haushund - versorgen, ohne dabei gestört zu werden. Sicher wäre es bequemer, das zu Haus zu tun, aber da ihnen seine Eltern nach dieser Sache sicher nicht gut gesinnt waren, musste es eben so gehen. Hier waren sie wenigstens sicher - dachten sie. Doch plötzlich ertönte ein lauter Knall hinter ihnen, Makotoko fuhr auf und starrte auf die gegenüberliegende Wand des - bis auf ein paar zerstörte Möbel - leeren Raums. Der Lärm rührte von der Tatsache her, dass die Tür und auch ein Teil des Mauerwerks glattweg aus der Fassung heraus gerissen worden waren. In dem so entstandenem Loch stand ein großgewachsener, rothaariger Mann. Sein langer, schwarzer Mantel hob sich dunkel von dem weißen Staub ab, der entstanden war, als die Wand beschädigt wurde. Normalerweise mochten seine Augen grün sein, nun aber leuchteten sie in einem gefährlichem Rot. Bevor sich einer der beiden rühren konnte, war der Fremde schon bei ihnen, packte jeden ander Kehle und presste sie gegen die nächste Wand. Der Hund, dessen Halsverletzung dabei ungemein schmerzte, winselte gequält auf, wehrte sich jedoch nicht. "Was zum Teufel habt ihr euch eigentlich dabei gedacht?!", knurrte der Rothaarige laut. Als er merkte, dass seine Opfer nicht antworten konnten, weil er ihnen die Luft abschnürte, ließ er sie zornig zu Boden fallen und trat einen Schritt zurück. Makotoko rieb sich den Hals, an dem jetzt rote Abdrücke zu sehen waren. "Makotoko, halb Tokyo liegt in Scherben, Mitsura und Anis sind unauffindbar und die Leute reden von zwei Monsterhunden, die sich gegenseitig an die Kehlen gegangen sind!", fuhr er ihn an. "Äh... ja... Das hat alles mit diesem Kerl zu tun, der Anis immer verfolgt hat...", sagte der Angesprochene ausweichend. Da der Mann vor ihm schon wieder kurz vor einem Wutausbruch zu sein schien - was in den letzten siebenhundert Jahren so weit er sich erinnern konnte nur zwei mal vorgekommen war - trat er vorsorglich einen Schritt zurück und schob seinen Hund, der sich inzwischen nicht mehr rühren konnte, schützend hinter sich. "Diesen Sesshoumaru...? Ist er etwa durch den Brunnen hierher gekommen?" Erleichtert bemerkte Makotoko, dass das glühende Rot in seinen Augen schon etwas blasser wurde. "Richtig, Vater. Er war es, der die vielen Menschen getötet hat, Wahrscheinlich war er auf der Suche nach Anis...", antwortete er. "Bevor ihr ihn gestellt habt!", knurrte der Dämon. "Äh... nicht ganz... Wir wollten uns ursprünglich gar nicht einmischen. Wir haben zusammen mit Mitsura einen Bannkreis errichtet, der Anis verstecken sollte. Aber sie hatte sich wohl aus irgendeinem - mir unerklärlichem - Grund in diesen Dämon verliebt und ist zu ihm gerannt...", erklärte er vorsichtig. Hoffentlich kam Sukerumaru bald wieder runter, sonst würde er noch mehr Schaden anrichten als er selbst und sein Hund es schon getan hatten. "Und dann habt ihr ihn umgebracht, oder was? Wäre das nicht mit etwas weniger Aufhebnis gegangen?" Das Schicksal schien Makotoko hold zu sein, der Youkai vor ihm beruhigte sich etwas und seine Augen wurden auch wieder normal, so dass er wieder vollkommen menschlich aussah. "Das wollte ich, ja - Aber der war halt mal nicht so leicht umzulegen. Anis musste ich ja dann auch noch in Sicherheit bringen... Tja und dann kam auch noch Mitsura zurück, die sich eigentlich um sie kümmern sollte, und -" Plötzlich hellte sich seine Miene auf. "Und Anis hat jetzt wieder ihre ganzen Youkaikräfte!", schloss er, übergangslos das Thema wechselnd. "Wie bitte?", fragte Sukerumaru und blinzelte. Er glaubte tatsächlich, seinen Sohn nicht ganz richtig verstanden zu haben. "Du hast mich schon richtig verstanden! Anis ist jetzt eine vollständige Youkai", bestätigte Makotoko noch einmal. "Was redet ihr für einen Unsinn?! Um ihre Kräfte zurück zu bekommen, muss sie heiraten!", stellte der Rothaarige klar. Eine Heirat - unter Dämonen ein sehr umständliches Ritual - hätte er unter allen Umständen mitbekommen! "Nein, muss sie nicht. Die Aufgabe lautet, dass sie sich an einen Mann binden muss, also reicht es aus, sich zu verloben und genau das hat sie getan. Wenn auch mehr oder weniger unbeabsichtigt...", antwortete der Youkai grinsend. Sukerumaru runzelte die Stirn, kam aber doch zu dem Schluss, dass seine Tochter wichtiger war als Tokyos Zerstörung. Seufzend ließ er sich gegenüber seinem Sohn nieder. "Ich höre...", gab er sich geschlagen. Makotoko grinste noch breiter und begann zu erzählen: "Also wie gesagt, sie hatte sich in den Typen verknallt. Normalerweise laufen Verlobungen ja ziemlich feierlich ab, aber vor ein paar Tausend Jahren - daran dürfte sich nicht einmal ein mittelalterlicher Dämon erinnern - gab es auch mal ein anderes, magisches Ritual, das einer Verlobung ziemlich nahe kommt. Das basiert praktisch nur auf einem Versprechen, bei dem eine bestimmte Wortwahl eingehalten muss, die bei der heute üblichen Heirat zwischen Dämonen in abgewandelter Form auch wieder vorkommt. Da Youkai eigentlich ungern Versprechen geben, die 'für die Ewigkeit' gelten, ohne es auch wirklich todernst zu meinen, kommt es höchst selten vor, dass es zwei Dämonen - für Menschen gilt das nicht, die haben zu wenig Magie - zufällig machen. Anis jedenfalls hat genau diese magischen Worte benutzt: 'Ich verspreche, dass ich mit dir gehen werde, ich werde jedem deiner Befehle Folge leisten. Lass mich bei dir bleiben, bis in alle Ewigkeit!' Das hat sie gesagt. Und - Zufall, Schicksal oder eiskalte Berechnung - Sesshoumaru hat genau die richtige Antwort gegeben: 'Du wirst immer bei mir bleiben, bis in alle Ewigkeit. Ich werde dich immer beschützen.' Bei einer richtigen Verlobung kommt hinten und vorne noch was dran, aber der Kern der Aussage sind diese vier Sätze, die Treue und Schutz versprechen." "Verstehe... Sie haben sich durch ein magisches Versprechen aneinander gebunden und damit ist ihre Aufgabe erfüllt...", murmelte Sukerumaru nachdenklich, nachdem Makotoko geendet hatte. Eines der seltenen Lächeln stahl sich auf seine Lippen. "Ist die kleine Anis also endlich erwachsen geworden... Ich denke, da sie diesen Youkai freiwillig gewählt hat, sollten wir diese Entscheidung akzeptieren. Da er sich sogar gegen euch durchsetzen konnte, scheint er ja auch recht mächtig zu sein." Makotoko verzog dabei kurz das Gesicht, unterbrach ihn aber nicht, "Wo ist Mitsura jetzt?" "Bei Anis im Mittelalter, denke ich. Sie wollte sehen, ob auch wirklich alles gut geht. Die Rückverwandlung in einen Youkai ist ja sehr... schmerzhaft", antwortete er. "Sie wird's überleben, so schlimm ist es ja nun auch wieder nicht... Aber mit Mtsura hab ich noch was abzurechnen..." Sukerumaru stand auf. "Ach ja, und glaube ja nicht, dass ich vergessen habe, was ihr getan habt! Eure Bestrafung für die Verletzung der dämonischen Verfassung überlasse ich den dafür zuständigen Youkai...", sagte er noch, bevor er sich zum Gehen wandte. Makotoko jedoch klappte entsetzt den Mund auf. "Wie bitte?! Du kannst mich doch nicht einfach diesen... diesen Folterknechten ausliefern!", rief er erschrocken. Sein Hund stieß ein flehendes Winseln aus. "Kann ich nicht? Was denkst du denn? Sie haben sowieso schon lägst erkannt, wer hinter diesem Chaos steckt. Anis hat sich clevererweise aus dem Staub gemacht, Mitsura hat an sich nichts verbrochen, auch wenn sie euch hätte aufhalten müssen. Ihr seid es, die alle Schuld bekommen werdet! Und das völlig zu recht", erwiderte Sukerumaru mit hoch gezogenden Augenbrauen. "Vater, bitte! Kannst du nicht unsere Bestrafung übernehmen? Von mir aus setz uns zehn Jahre in der Sahara ohne Wasser aus, aber schick uns nicht in diese Hölle!" Panik schwang in seiner Stimme mit. "Du weißt was die da mit uns anstellen werden! Ich bin doch noch zu jung zum Sterben..." "Du übertreibst mal wieder maßlos. Abgesehen davon wird euch schon was einfallen, um euch die Strafe zu erleichtern...", sagte der Rothaarige. Makotoko hätte sich gerade am liebsten selbst umgebracht. Er erinnerte sich noch gut daran, wie Anis dabei erwischt worden war, wie sie zwei junge Youkai, Verehrer ihrerseits die sie ohnehin nicht angenommen hätte und die sogar unter Makotokos Würde waren, von ihm erledigt zu werden, dazu angestachelt hatte, ein Dämonenduell zu veranstalten. Einige Menschen hatten davon Wind bekommen und die dämonische Regierung von Frankreich hatte diesen Kleinkinderstreich sehr ernst genommen. Zur Strafe hatte Anis ganze zwei Wochen lang auf eine stinknormale Menschenschule gehen müssen. Sukerumaru hatte es wenigstens noch so hingebogen bekommen, dass sie ihre geplante Reise nach Japan trotzdem machen konnten. So hatte sie also ihre Strafe in Tokyo abgesessen, und war dann ins Mittelalter verschwunden. So eine harte Strafe, obwohl überhaupt niemand verletzt worden war... Für Dämonen, ob nun mit oder ohne ihre Kräfte war es einfach unter aller Würde, in solch primitive Anstalten zu gehen. Er wollte sich gar nicht erst vorstellen, wie dann erst die Strafe für ihn und seinen Hund aussehen mochte... Der pure Alptraum! Die üblichen Strafen wie Gefängnis oder so kamen für Youkai natürlich nicht in Frage. Sie mussten ständig unter Aufsicht sein, die Ausbruchgefahr war sonst viel zu hoch. Aber die dämonische Regierung kannte noch viel grausamere Maßnahmen, die jedem halbwegs vernünftigem Dämon wie die reinste Hölle vor kamen. Praktischrweise waren sie auch auf die jeweilig Dämonenart zugschnitten, ein Maulwurfdämon beispielsweise konnte mit einem Beruf als Pilot rechnen, den er für bestimmte Zeit erledigen musste. Maulwürfe hatten schreckliche Höhenangst. Und Makotoko wusste ebenso gut wie die dämonische Regierung, was für Hunde am aller abscheulichsten war. * "Mitsura..." "Oh, du bist wieder wach? Wie fühlst du dich?" Mitsura nahm den nassen Lappen von Anis' Stirn, tauchte ihn in eine Schale mit Wasser, die neben ihr stand und legte ihn erneut auf. Der Regen hatte aufgehört und Anis hatte nun ihr Bewusstsein wieder. Mitsura hatte sie auf eine geschützte Lichtung gebracht und ihr aus weichem Gras und Laub ein bequemes Lager gemacht. Noch immer floss zahlreiches Blut aus ihren Wunden, doch es war nicht mehr ganz so schlimm wie noch vor ein paar Minuten. "Miserabel... Warum nur tut mir alles weh? Ich kann mich kaum bewegen..." Ihre Stimme klang seltsam melachonisch. "Deine Seele lässt jetzt alles Youki mit einmal frei. Bei der Versiegelung wurde es aus deinem Körper gesogen und fest in deinem Bewusstsein verschlossen. Jede Zelle hatte ein gewisses Maß an dämonischer Energie zur Verfügung und dein Blut hat es immer wieder erneuert. Nach der Verwandlung hast du zwei Wochen lang geschlafen, erinnerst du dich? Jetzt muss die gesamte Energie wieder aufgeteilt werden. Das bedeutet, dass das nichtmagische Blut deinen Körper verlassen muss. Deswegen hast du diesen Selbstverletzungsdrang bekommen. Dein Herz zieht das Youki jetzt direkt aus deiner Seele und produziert damit neues Blut, aufgeladen mit der dämonischen Energie. Dein gesamter Körperbau, deine Knochen verwandeln sich, damit du auch deine wahre Gestalt annehmen kannst. Jedes einzelne Blutteilchen umspült deine Knochenzellen und die Organe, damit das Youki gleichmäßig verteilt wird. Die Energie brennt sich praktisch in deinen Körper, der Grundaufbau deiner Zellen verändert sich und das verursacht die Schmerzen", erklärte Mitsura ruhig. "Wieso... fühlt sich mein Kopf an, als würde er gleich platzen...?", fragte Anis schwach. "Im Kopf finden die meisten Veränderungen statt. Ein Mensch nutzt nur einen geringen Teil seines Gehirns, bei dir werden bestimmte Bereiche jetzt sozusagen freigeschaltet. Dein Geruchs- und Gehörsinn verbessert sich. Aber da wir enorme Selbstheilungskräfte haben, werden die Schmerzen sicher bald weg sein, sofort nachdem die Rückverwandlung abgeschlossen ist", meinte Mitsura tröstend. Sie wusste, dass sich durch die Veränderung des Gehirns ihrer Schwester auch zwangsläufig ihr Charakter ein wenig verändern würde. Jetzt hieß es, Vorsicht zu bewahren. Wer wusste schon, wie die neue Anis sein würde... Anis setzte sich vorsichtig auf. Mit einer Hand hielt sie sich noch den schmerzenden Kopf, der Lappen fiel zu Boden. "Dort hinten ist ein Fluss, wenn du dich waschen willst... Das Wasser ist aber eiskalt", sagte Mitsura, die es in dieser Situatuation lieber vermied, ihrer Schwester direkte Befehle zu geben, oder sie aus gesundheitlichen Gründen zum Bleiben bewegen zu wollen. Sicher hätte sie weniger Schmerzen, wenn ihr Verlobter jetzt da wäre. Sie hatte gesagt er sei 'fort'. Allem Anschein nach glaubte sie auch nicht, dass er zurück kam. Dies hatte wohl auch ihre Seele verletzt, weshalb sie die Rückverwandlung nicht ganz so gut überstanden hatte, wie es normalerweise vorgesehen war. Mitsura dachte mit Schaudern an ihre eigene Verwandlung zurück. Anis stand auf und ging in die Richtung, die Mitsura ihr wies. Sie roch das Wasser, bevor sie es sah. Tatsächlich, ihre Sinne hatten angefangen, sich zu verbessern. Trotzdem war sie immer noch sehr schwach auf den Beinen. Mitsua sah ihr noch kurz hinterher, dann machte sie rasch kehrt. Mit einem unglaublichem Tempo gelangte sie im Federflug zum Brunnen und ging in ihre Zeit zurück, um Anis etwas Passendes zum Anziehen zu besorgen, ihre alte Kleidung war ja ganz schmutzig geworden. Als Youkai im Mittelalter trug man halt andere Kleidung und so wie sie ihre Schwester kannte, würde diese noch einige Zeit in der anderen Dimension bleiben. Anis streifte ihre Kleidung ab und ging langsam ins Wasser. Mitsura hatte Recht, es war kalt, aber sie spürte die Kälte kaum. Zufrieden tat sie ein paar Schwimmzüge und tauchte auch einmal unter. Es war herrlich erfrischend. Sie fühlte sich, als wenn sie sich aus einer alten, schäbigen Haut schälen würde, aus der hässlichen Asche als wunderschöner Phönix auferstehen würde. Nachdem sie genug geschwommen war, kehrte sie ans Ufer zurück und fand dort ihre Schwester vor, die einen frischen Kimono über dem Arm trug. Sie nahm ihn mit einem dankenden Blick entgegen und zog sich an. Ihre Glieder hörten allmählich auf zu schmerzen und sie fühlte sich besser. Mit zitterndem Schritt trat sie nochmals an das Wasser heran, um erstmals ihre neue Gestalt als Youkai zu sehen. Sie war schlichtweg nicht wieder zu erkennen. Ihr Aussehen hatte sich komplett verändert. Durch das Bad hatten sich die typisch dämonischen Merkmale in ihrem Gesicht, welche sonst immer von einer dicken Schicht Make-up verborgen waren, offenbart. An ihren Wangen konnte man kleine, hellblaue Punkte erkennen, die sich zu einer Art Streifen zusammenschlossen. Dieser war allerdings nicht sehr lang und man sah ihn nur bei näherem Hinsehen. Ihre Ohren waren ein wenig spitzer geworden und auf ihrer Stirn waren drei silberne Punkte zu sehen. Ihre Fingernägel waren zu langen Krallen geworden und sogar ihre Gesichtszüge hatten sich verändert. Auf ihnen spiegelte sich all das Leid und die Traurigkeit der vergangenen Jahre wider, sie wirkte viel erwachsener. Mitsura hatte ihr wohl die farbigen Kontaktlinsen entfernt, so dass man jetzt deutlich ihre graubraunen Augen sehen konnte, in denen immer wieder gelbe Sprenkel zu sehen waren. Nur selten zeigte sie sich wirklich mit dieser Augenfarbe, denn in der Neuzeit war sie öfters gezwungen gewesen, ihre Identität zu wechseln. Auch ihren Haaren sah man die Veränderung an. Der Regen und jetzt das Bad hatten auch das letzte bisschen Farbe heraus gewaschen. Nun erkannte man die dunkelblaue Haarfarbe, die fast schwarz wirkte. Das ungewöhnliche dabei war, dass sie viele, schneeweiße Strähnen darin hatte, wodurch ihre Haare fast grau wirkten. Anis hasste diesen Effekt, doch hier würde es niemandem auffallen. Ihre Schwester hatte den Kimono ihrer neuen Gestalt passend gewählt. Er war weiß, mit blauer Verzierung und einem lavendelfarbenen Band um die Hüfte. Der Stoff war weich und edel, auf feinster Seide. Ein halbdurchsichtiges Tuch war kunstvoll in den Stoff eingearbeitet und umschmiegte sanft ihren Rücken und die Arme. Mitsura trat mit einem Kamm von hinten an sie heran und begann, eine kunstvolle Frisur auf ihrem Kopf zu erschaffen, die sie mit einer Spange in Form eines Schmetterlings zusammen hielt. Anis spürte die Magie des Schmuckstücks. Dieses Teil würde nicht nur dafür sorgen, dass ihre Frisur in jeder Situation perfekt saß, es war auch eine versteckte Waffe. "Anis? Ich... ich hab deinen Bogen besorgt." Zögernd reichte ihre Schwester ihr einen dünnen, kaum fingerlangen Metallstab, der an ein chinesisches Essstäbchen von weißer Farbe erinnerte. Anis nahm ihn entgegen und strich schon fast sanft über den Schaft. Ihre alte Waffe aus der Zeit, als sie ihre dämonischen Kräfte noch besaß... Da hingen Erinnerungen dran. Ein klickendes Geräusch war zu hören, der Metallstab glühte kurz auf und eine Sekunde später hielt Anis einen schimmernden, weißen Bogen in der Hand. Der Waffe fehlte die Sehne. "Wo du Klingenecho gelassen hast, weiß ich nicht, aber das brauchst du ja jetzt auch nicht mehr...", murmelte Mitsura. Anis hörte ihr kaum zu. Klingenecho konnte man nicht als Youkai verwenden, nicht als Mensch und auch nicht als Hanyou. Im Grunde also gar nicht. Nur in Anis' außergewöhnlichem Fall war dies anders. Sie war kein Mensch, aber auch kein vollständiger Dämon gewesen, eine Hanyou aber auch nicht. So hatte sie Klingenecho verwenden können. Jetzt aber wäre sie dazu nicht mehr in der Lage. Doch das machte nichts, sie hatte ja schließlich ihren alten Bogen wieder. Das war hundert mal besser. Mit bloßem Willen und der Kraft ihrer Gedanken brachte sie den langen Bogen dazu, wieder in sich zusammen zu schrumpfen und eine halbe Sekunde später hielt sie wieder den dünnen Stab in der Hand. Mitsura reichte ihr ein schwarzes Seidenband, welches Anis sich um den rechten Unterarm band, nachdem sie den langen, weißen Ärmel hochgeschoben hatte. Unter dieses Tuch schob sie nun den getarnten Bogen. Dann ordnete sie ihre Kleidung wieder und sah noch einmal ins Wasser vor ihr. Dieses Spiegelbild einer vornehmen Dame war nichts als Schwindel. Sie war eine Käpferin. "Mitsura, ich werde nicht mit dir zurück kommen. Richte unserer Familie aus, dass es mir gut geht", sagte sie emotionslos. Mitsura nickte verstehend. Sie hatte nichts anderes erwartet. Abgesehen davon, dass Anis vorerst ihre neuen - beziehungsweise alten - Fähigkeiten austesten musste, hätte es für sie wenig Sinn, jetzt zurückzukehren. Wofür hatte sie denn endlich ihre volle Kraft, wenn sie sie in der Neuzeit doch auch nur wieder verstecken musste? Hier war das Leben für sie viel angenehmer. Sicher würde es am Anfang schwierig werden, aber dann würde alles glatt laufen - zumindest für die ersten fünfhundert Jahre. Mitsura selbst überlegte, ob sie sich nicht auch hier niederlassen sollte. "Soll ich dich allein lassen?", fragte sie zögernd. "Ja... tu das. Du wirst mich finden, wenn es etwas gibt." Diese Antwort überraschte Mitsura. Dank der speziellen Kräutertinkturen, die 'Neuzeitdämonen' verwendeten, konnte man ihre Spuren nicht verfolgen. Sicher, die abgeschwächten Varianten des Geruchsstoffes für Youkai mit versiegelten Kräften reichten nicht aus, um den Geruch eines vollen Dämons zu übertünchen - demnach würde sie Anis jetzt, nach dem Bad, wieder anhand ihres Duftes finden können. Aber normalerweise benutzte man nach der Rückverwandelung stärkere Kräuter, um nicht erkannt zu werden. Aber eigentlich war es ja nur natürlich, dass sie das jetzt nicht mehr für nötig hielt... "Hast du schon einen Plan, was du jetzt machen willst, Anis?", fragte Mitsura. Ihre Schwester drehte sich langsam zu ihr um und sie erschrak über die vollkommene Leere in ihrem Blick. Diese Kälte, die von einer gewissen Grausamkeit sprach und doch nicht zu vergleichen war mit dem Blick ihres Verlobten. Es gab Leute, die so schauten und mit ihren Blicken am liebsten töten wollten - wie Sesshoumaru. Und es gab Leute wie Anis, denen es vollkommen gleichgültig war, was mit den Anderen geschah - ihre Blicke wirkten rein zufällig so, als ob sie Mitsura aufspießen wollten. Sie bemerkte diesen Effekt nicht einmal. "Ich werde trainieren... Und nenn mich bitte nicht mehr Anis. Anis existiert nicht mehr... Sesshoumaru hat sie getötet." Leer. Ihr Blick war so leer, ihre Stimme so eisig. Das war wirklich nicht mehr Anis. Die Verwandlung hatte sie grundlegend verändert. "G... Getötet...?", stotterte Mitsura erschrocken. Was sollte diese Ausdruck? Was hatte Sesshoumaru getan?! "Schon gut. Ich bin ihm nicht böse. Im Gegenteil. Er hat mich doch zu einer Youkai gemacht, nicht wahr? Ich bin ihm dankbar." Ja, sie schien ihm tatsächlich nicht böse zu sein, dass er sie verlassen hatte. Aber ließ es sie wirklich so kalt, wie sie sich anhörte? Mitsura jedenfalls war sich inzwischen nicht mehr ganz so sicher, ob es so gut war, dass Anis jetzt eine Youkai war. Ach, was dachte sie da schon wieder? Natürlich war es gut! Sie war vielleicht sogar ein kleines bisschen mehr Youkai als sie selbst. Jaja, das Leben unter Menschen hatte sie wohl auch ein wenig weich geklopftf. Anis hatte diese Schwäche jetzt abgelegt. "Wie... Wie soll ich dich denn dann nennen?", fragte Mitsura leise. "Nenn mich Kuraifaia", flüsterte Anis leise. Mitsura schluckte. 'Kuraifaia' hieß grob übersetzt 'Dunkles Feuer'. Tatsächlich mochte der Name passen: Sie würde ihre Feinde gnadenlos ausbrennen und ihre Seele war sicher auch dunkler geworden. Sesshoumaru hatte der Welt sicher keinen Gefallen getan, als er 'Kuraifaia' verlassen hatte. Er hatte Anis ausgelöscht. Sie würde nie wieder so sein wie früher... * "Verdammt!", rief Sesshoumaru zornig aus und fällte einen weiteren Baum mit seiner Lichtpeitsche. ES war einfach zum Verrücktwerden. Er konnte an nichts anderes als an Anis denken und wünschte sich schon jetzt, dass er wieder bei ihr wäre. Verzweiflung hatte ihn überrannt, sobald sie außer Sichtweite war. Sein Herz zog es zu ihr zurück, es schrie nach ihrer Nähe. Seine Liebe zu ihr zeriss ihn förmlich und um den Schmerz in seiner Seele nicht zu spüren, hatte er sich an der Natur abreagieren wollen. Es funktionierte nicht. Kraft- und hoffnungslos ließ er sich unter einem Baum nieder - der einzige im näheren Umkreis, der nicht beschädigt war. Die Sehnsucht nach Anis drohte ihn vollkommen zu verschlingen. Seine Hände zitterten ohne jeglichen Grund und obwohl sein Verlangen ihm unheimlich viel Energie gab, konnte er sich kein Stück mehr bewegen. Welcher hirnrissige Umstand hatte ihn nur dazu gebracht, das, was ihm am teuersten war, allein zu lassen? Welcher Teufel hatte ihm da was auch immer ins Ohr geflüstert? Er brauchte Anis, brauchte sie so sehr. Warum nur hatte er sie gehen lassen? Schimmer noch, warum war er gegangen? Warum hatte er sie zurück gelassen? Das durfte doch alles nicht wahr sein... Plötzlich ertönte von der Seite her in Schnauben und Sesshoumaru sprang auf. Vor ihm stand ein Drachendämon. Seine grünen Schuppen glänzten bedrohlich in der Sonne und seine zwei Köpfe sahen ihn aus treuen Augen an. Moment mal. Treue Augen? Erst jetzt registrierte Sesshoumaru, dass der Dämon Sattel und Zaumzeug, ja sogar Maulkörbe trug. Es war Ah-Uhn. Sein treuer Drache, der zu ihm zurückgekehrt war... Langsam trat er an den Youkai heran und strich ihm über die buschige Mähne. Wie hatte er nur so unbemerkt an ihn heran kommen können? Wäre das ein Feind gewesen, hätte er jetzt tot sein können. So durfte es nicht weiter gehen! Ah-Uhn hatte ihn an sein Leben erinnert, das Leben, das er geführt hatte, bevor er Anis getroffen hatte. Nun wusste er auch, warum er Anis allein gelassen hatte: Um dieses Leben weiter zu leben. Um wieder zur Normalität zurückzukehren. Zu seinem Volk zurückzukehren. Dafür hatte er sie ziehen lassen, in der Gewissheit, dass sie dieses Leben nicht mit ihm teilen konnte. In der Gewissheit, dass sie nicht ihr Leben mit ihm teilen konnte. In der Gewissheit, dass sie nicht bereit war, mit ihm ein völlig neues Leben anzufangen. Es war die beste Variante, die sich ihm geboten hatte. Warum nur fühlte er sich dann jetzt so miserabel? Warum nur spürte er, dass er einen großen Fehler begangen hatte, einen Fehler, den er nie wieder wiedergutmachen konnte? Einen Fehler, der vielleicht sein ganzes Land beeinflussen konnte? Unsinn, was sollte dieser Quatsch. Eine einzige Entscheidung könnte doch niemals solch riesige Ausmaße haben. Oder? Ah-Uhn schnaubte noch einmal, seine feuchte Schnauze stupste ihn freundschaftlich in den Nacken. Sesshoumaru runzelte die Stirn. Früher hätte der Drache das nicht gewagt... Es wurde Zeit, dass er ihm wieder Manieren bei brachte. Allgemein wurde es Zeit, sein Lebe wieder in die Hand zu nehmen. Er hatte so viele Dinge vernachlässigt... Der Drachenyoukai wurde immer dreister, jetzt stieß sein einer Kopf ihn auffordernd in den Rücken. Zornig drehte der Daiyoukai sich um und sah seinem Gegenüber in die Augen, überrascht, dort eine gewisse Portion Amüsement zu sehen. Dieses Geschöpf mochte vielleicht intelligenter sein als er gedacht hatte. Oder noch dümmer, wenn es sich solche Späße erlaubte. Der Drache drehte seine Köpfe zur Seite und bedeutete ihm einladend, aufzusteigen. Da Sesshoumaru im Moment eh nichts anders zu tun hatte, beziehungsweise nicht wusste, was er tun sollte, folgte er der Einladung und saß auf. Sofort machte der Dämon einen Satz in die Luft und einige Sekunden später hatten sie den Wald tief unter sich gelassen. Der frische Wind, der ihm ins Gesicht schlug, klärte seine Gedanken allmählich auf. Ah-Uhn flog ohne sein Zutun geradewegs nach Westen. Für einen winzigen Moment überlegte er, ob er ihm befehlen sollte, die Richtung zu wechseln und zu Anis zurück zu fliegen, tat es aber dann doch nicht. Die Rückkehr seines treuen Reittieres kam ihm fast wie ein Wink des Schicksals vor und das sollte er lieber nicht missachten. Hatte er sich außerdem nicht gerade dafür entschieden, seinen Pflichten wieder nach zu gehen? In diesem Fall war es nur richtig, dass er zu seinem Schloss im Westen zurückkehrte. Seufzend lehnte Sesshoumaru sich zurück und versuchte den Flug zu genießen, doch immer wieder kehrten seine Gedanken zu Anis zurück. War seine Entscheidung wirklich richtig gewesen? Er sah nach vorne, zu der untergehenden Sonne und wusste, dass die Antwort ja war. Er war jetzt auf dem Weg in seine Heimat und das war auch gut so. Doch dann erinnerte er sich an den Geschmack ihrer Lippen und wusste, dass sein Herz auf diese Frage immer negativ antworten würde. Er hatte seine Liebe gefunden und sie fast im gleichen Moment wieder verloren. Für den Schmerz, den das verursachte, konnte auch der Ausblick auf die Heimat keine Medizin verschaffen... * Kuraifaia hatte Mitsura weg geschickt. Sie wollte jetzt niemanden um sich herum haben. Ihre Verwandlung war fast abgeschlossen und sie erkannte erstmals seit vielen Jahrhunderten wieder, wie mächtig die Dämonen im Gegensatz zu Menschen doch waren. Ihre Sinne waren auf das Äußerste geschärft worden. Sie roch den Duft der Pflanzen um sich herum und hätte auf der Stelle jeden davon ihrer Quelle zuordnen können. Sie hatte auch den Geruch ihrer Schwester noch genau in der Nase und wusste, dass sie jetzt schon exakt elf Minuten und dreiundzwanzig Sekunden weg war. Sie konnte ganz genau sagen, dass sich der knochenfressende Brunnen, wo sich ihre Spur verlor, in 764 Metern Entfernung befand. Sie roch sogar noch Sesshoumaru, der doch schon etwas mehr als eine Viertelstunde fort war. Sie roch ihn in der Ferne, schon mehrere Kilometer entfernt. Und natürlich nahm sie auch ihren eigenen Geruch wahr. Es war nicht exakt der einer Inuyoukai, denn ihre Mutter war eine Schakaldämonin gewesen, eine Verwandte der Wildhunde. Wer diesen Geruch nicht kannte - und das war in Japan fast jeder - könnte sie von Weitem für eine menschliche Hundehalterin halten, denn natürlich unterdrückte sie ihre Aura vollkommen. Das tat sie eigentlich nur noch aus Gewohnheit und um eventuellen Feinden ihre wahre Stärke nicht zu verraten. Langsam erhob sich Kuraifaia. Es war an der Zeit, ihren neuen Körper auszutesten. Doch das sollte sie lieber in einer Gegend tun, wo sie niemand sehen oder spüren konnte. Die neue Kraft in ihren Beine ließ sich beim Laufen nur schwer unterdrücken. Kuraifaia wusste, dass sie normalerweise in ihrem Alter nicht so viel Youki besitzen dürfte. Dass sie es doch tat, hing mit der Versiegelung zusammen. Ihre dämonische Energie war für mehrere Jahrhunderte vollkommen ungenutzt gewesen. Sie hatten sich gestaut und angesammelt. Dadurch war ihre Durchschittsmenge an Youki gestiegen. Wenn sie diese neue Kraft jetzt nur noch beherrschen könnte, würde sie eine beachtliche Menge an Macht erreichen können... Doch nicht nur ihr Geruchssinn hatte sich verbessert, sondern auch ihr Gehör. Sie nahm das leise Tapsen der Eichhörnchenpfoten wahr, die bei ihrem Anblick flohen. Das Zwitschern der Vögel hoch über ihr war so laut zu hören, als sängen ihr die Tiere direkt ins Ohr. Das Unterholz knirschte, ohne das Zutun einer fremden Macht, einfach nur des Windes wegen. Auch ihre Augen waren besser geworden. Sie konnte die Maserung eines Blattes erkennen, welches hundert Meter weiter hoch oben an einem Ast hing. Sie konnte die Tautropfen im Kelch einer Blume aus hundertfünfzig Schritt Entfernung erkennen. Kuraifaias Schritte wurden fester, sie lief schneller. Nur am Rande bemerkte sie, dass sie eine winzige Menge an Youki verbrauchte, die sofort wieder aufgefüllt wurde, da hatte sie auch schon die Geschwindigkeit eines fahrenden Zuges erreicht. Nun wurde es einmal an der Zeit, den Federflug auszuprobieren... Kuraifaia stieß sich kräftig ab und sprang in die Höhe. Mit solch einem großen Schwung hatte sie nicht gerechnet und musste aufpassen, dass sie sich nicht in der Luft überschlug. Trotz allem landete sie sanft auf der Erde und verzog keine Miene. Ihr nächster Sprung trug sie auf einen Baum hinauf und sie blieb mit perfekter Balance auf einem hauchdünnen Zweig stehen. Na wenigstens etwas, dachte sie sich. Den Federflug beherrschte sie noch tadellos, wie sich nach einigen Übungen herausstellte. Unwillkürlich hatte sie sich dabei immer weiter nach Süden bewegt, weg von dem Brunnen und weg von Sesshoumaru. Keinen von beiden konnte sie mehr wahrnehmen. Die Youkai wartete auf den gewohnten Schmerz, wenn sie an Sesshoumaru dachte, doch seltsamerweise blieb der aus. Umso besser... Dann konnte sie ja jetzt auch ihre Kampffertigkeiten überprüfen. Als erstes war ihre Aurasicht an der Reihe. Kuraifaia schloss die Augen und konzentrierte sich. Vor ihrem inneren Auge flackerte ein Bild auf, erst undeutlich, dann immer schärfer. Sie sah nicht wirklich mehr mit ihren Augen, sie sah mit ihrem ganzen Körper. Sie spürte die Auren um sich herum, die Energien aller Lebewesen und Gegenstände. Sie konnte jede ihrer Stimmungen und bei den Tieren teilweise sogar ihre Handlungen vorhersehen. Sie fühlte die Bäume um sich herum, die großen Riesen, die schon so viel gesehen hatten. Trotz ihrer Müdigkeit waren sie noch kräftig und strebten dem Himmel entgegen. Ihre Umgebung war ihnen egal, solange sie nicht davon beschädigt wurden. Kuraifaia konnte ihre Energien genau von denen der anderen unterscheiden. Sie leuchteten vor ihr geschlossenen Augen in in einem kräftigen Grün. Die Energien der Tiere auf dem Boden und den Bäumen hatten andere Farben, gelb und blau, grau und rot, alles war vertreten und alles deutete auf unterschiedliche Stimmungen und Stärken hin. Sogar die Erde mit ihrem trägen, graubraunem Ton konnte sie sehen. Dennoch waren all diese Farben verschwommen und keine wirklich deutlich. Das lag daran, dass hier keine Gefahr für sie drohte. Wären hier Youkai gewesen, so würden ihre Energien alles andere in den Schatten stellen. Aber hier war niemand, jedenfalls nicht in der näheren Umgebung. Die Aurasicht war nicht für lange Entfernungen geeignet, da sich dort die Farben zu sehr überschnitten. Im Nahkampf jedoch war sie wirklich nützlich. Aus den Stimmungen und Emotionen der Gegner konnte man ganz leicht absehen, was sie als nächstes tun würden. Außerdem verbrauchte diese Fähigkeit kaum Youkai. Da Wesen mit Youki grundsätzlich stärkere Farben hatten, wusste Kuraifaia auch immer, wo sich versteckte Feinde aufhielten. Die Tatsache, dass sie im Kampf die Augen geschlossen hielt, verwirrte sie noch zusätzlich und ließ sie glauben, sie wäre eine leichte Beute. Ein Irrtum, den die meisten bitter bereuten. In ihrer Jugend, als das Kämpfen noch erlaubt gewesen war, war sie als 'Der blinde Pfeil' bekannt gewesen. Das lenkte Kuraifaias Gedanken zu ihrer Spezialwaffe. Noch immer mit geschlossenen Augen zog sie den kleinen Stab unter ihrem Ärmel hervor. Ihr unterdrücktes Youki gab der Waffe einen bläulichen Glanz, den nur sie sehen konnte. Im Nu befreite sie die dämonische Energie und hielt den Bogen in seiner vollen Größe in der Hand. Sie besaß weder eine Sehne, noch Pfeile, doch die brauchte sie auch nicht. Mit einer geübten Bewegung fuhr ihre Hand in ihren Nacken und sie riss sich selbst eines ihrer Haare aus. Mit geschickten Bewegungen befestigte sie es an dem Bogen. Dieser hatte an den Enden jeweils zwei Scharten, man konnte ihn mit zwei Sehen zugleich bespannen. Diese bestanden aus ihrem eigenem Haar und waren deshalb mit ihr verbunden. Nur damit konnte man den Bogen richtig benutzen. Da es nach wenigen Stunden seine mystische Kraft verlor, war sie die Einzige, die ihn richtig verwenden konnte. Die zweite Sehne brauchte sie im Moment jedoch nicht. Die war für andere Fälle... Kuraifaia spannte die Sehne und zwischen ihren Fingern entstand ein blau-weißes Licht, das sich rasch zu einem Pfeil formte. Sie zielte auf einen Tannenzapfen in 300 Metern Entfernung und schoss. Der Pfeil sauste von der Sehne und obwohl er annährend mit Schallgeschwindigkeit flog, konnte Kuraifaia die schwarze Aura sehen, die ihn umgab. Der Tannenzapfen wurde zusammen mit einem Großteil des Baumes selbst pulverisiert. Kuraifaia öffnete die Augen wieder. Erneut spannte sie den Bogen und wieder bildete sich ein magischer Pfeil an der Sehne. Diesmal verringerte sie die Konzentration des Youkis, mit dem sie ihn abschoss und zielte auf ein weiter entferntes Ziel. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, als sie die Sehne losließ. Der Pfeil hatte immer noch übernatürliche Durchschlagskraft und der Pfeil durchbohrte den Baum, auf dessen Astloch sie gezielt hatte, als bestünde er aus Butter und zischte weiter. Kuraifaia runzelte die Stirn. Sie musste noch an ihrer Präzision arbeiten. Es wäre Unsinn, im Kampf mehr Youki als nötig zu verbrauchen. Aber gut, sie hatte ja alle Zeit der Welt. Nun wurde es langsam an der Zeit, ihre Fähigkeiten an einem lebendigem Objekt zu testen. Irgendein Youkai, der stark genug war, im Kampf mit ihr mehr als nur ein paar Sekunden lang zu überleben. Also machte sie sich wieder auf den Weg, der Federflug trug sie von Baum zu Baum und verlieh ihr übernatürliche Geschwindigkeit. Erst spät am Abend legte die Dämonin eine Pause ein. Die Dunkelheit machte ihr zwar nichts aus und müde war sie auch nicht, aber sie hatte es sich nun einmal angewöhnt, in der Nacht ein wenig zu ruhen. Also ließ sie sich unter einer großen Tanne nieder und besah sich den klaren Sternenhimmel über ihr. Ihr Blick blieb an dem sichelförmigen Mond hängen und erst jetzt wurde ihr bewusst, wie sehr das Training sie von Sesshoumaru abgelenkt hatte. Nun aber konnte sie die Gedanken an ihn nicht länger verdrängen. Warum nur war er gegangen? Sie verstand es einfach nicht. Wenn er sie tatsächlich liebte, warum war er dann nicht bei ihr geblieben? Er verbarg irgendein Geheimnis, da war sie sich inzwischen sicher. Inuyoukai waren keine Einzelgänger. Sie lebten in riesigen Rudeln zusammen, bis sie eine Gefährtin beziehungsweise einen Gefährten fanden und eine Familie gründeten. Wie alle anderen Youkai auch gab es hier in Japan vier verschiedene Clans, die sich an den Himmelsrichtungen orientierten. Vier Rudel, die jedes mehrere hunderttausend Dämonen beinhalteten. Jeder Clan hatte sein eigenes Schloss, seinen eigenen Hofstaat und seine eigenen Gebiete, die er zu beschützen hatte. Neben den Hundedämonen gab es natürlich auch noch andere Youkaiarten, deren Grenzen sich mit diesen überschnitten, doch für gewöhnlich kamen sie gut miteinander aus. Natürlich gab es immer wieder Ausnahmen, Dämonen die sich nicht an die Gesetze hielten und von ihren Herrn bestraft wurden. Dabei war das Schlimmste, was einem Hundedämon passieren konnte, aus dem Rudel ausgeschlossen zu werden. Verbannung war noch schlimmer als Tod und die meisten, die ein solches Schicksal erlitten, brachten sich irgendwann selbst um. Doch Kuraifaia bezweifelte, dass Sesshoumaru ein Ausgestoßener war. Aber wenn sie ehrlich sein sollte, so hatte sie nicht die leiseste Ahnung, warum er nicht bei seinen Leuten war. Am Anfang war es wohl Tessaiga und sein Halbbruder Inuyasha gewesen. Später dann war er auf der Suche nach Anis gewesen. Dann hatte eines zum anderen geführt und irgendwie war die ganze Sache dann außer Kontrolle geraten. Aber was würde Sesshoumaru jetzt tun? Würde er jetzt, wo er sie los war, zu seinem Rudel zurückkehren? Seinem Verhalten und seinem Erscheinungsbild nach zu urteilen, musste er einen recht hohen Rang haben. War es ihm überhaupt gestattet, wegen einem bloßen Schwert sein Rudel zu verlassen? Oder war sein Rudel vielleicht gestorben und er wollte es rächen? Das war natürlich eine Möglichkeit, doch irgendetwas hielt Kuraifaia davon ab, dem zu glauben. Es musste eine andere Erklärung geben. Leider fiel ihr absolut keine ein. Warum hast du mich zurückgelassen, Sesshoumaru? Ich wäre jetzt so gern bei dir..., dachte sie voller Sehnsucht. Doch dann riss sie sich zusammen. Es brachte nichts, über etwas zu trauern, was man nicht mehr ändern konnte. Hatte sie ihm nicht versprochen, ein neues Leben anzufangen? Na bitte, dieses Versprechen sollte sie ja dann wohl auch halten. Kuraifaia erhob sich und blickte noch einmal zum Himmel hinauf. Dann schloss sie die Augen, bis die bunten Lichter wieder vor ihr aufblitzten. Sie wusste nicht genau warum, aber wenn sie die Aurasicht anwendete, fühlte sie sich einfach sicherer. Sie bemerkte so bestimmte Dinge einfach viel schneller. Natürlich war hier keinerlei Gefahr in Sicht und es hätte gereicht, einfach die Augen offen zu halten. Aber sie war lieber vorsichtiger als nötig. Schließlich war sie vollkommen auf sich allein gestellt. Niemand würde kommen, um sie zu retten, wenn sie in Gefahr wäre. Niemand würde kommen... Mit einem Satz stand sie in der Krone eines Ahorn, stieß sich erneut ab und flog so mehreren hundert Meter durch die Luft. Allmählich gewöhnte sie sich an das Youki in ihr, an ihre neuen Kräfte. Wie hatte sie es nur so lange als Mensch ausgehalten?! XxX SO, das war's mal wieder von mir. Ich hoffe ihr haltet durch und ich werd mich anstrengen es nicht zu langweilig werden zu lassen, ich weiß das ihr Zwischenkapitel nicht besonders mögt. Aber schreibt doch bitte trotzdem weiter Kommis, ja? Ich nehm auch Kritik an und versuchte Fragen zu beantworten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)