Dance with me von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Teil 2 ----------------- Zufrieden schaute Kuyu auf den Berg an Süßigkeiten, die Nicholas und er geheimst hatten. Dabei war die Hälfte nur legal erworben. "Nicht schlecht... Nervennahrung... Ich denke, die können wir beide brauchen..." "Ja...aber leider wurde ich nicht erwischt!" jammerte der Jüngere. "Ja ja...." Nicholas musste lachen. "Ich hoffe, dass du schaffst, was du dir für dein Leben vorgenommen hast." Er musterte ihn wieder aufmerksam. Kuyu sah mittlerweile sehr müde aus und seine Blässe verlieh seinem eigentlich jungenhaften Gesicht einen sehr eindeutigen Touch des heranreifenden Mannes in ihm. "Hm... was denkst du eigentlich über Liebe? Du hast mich gefragt, aber selbst nichts dazu gesagt." "Wie meinst du das?" "Du musst doch auch schon mal verliebt gewesen sein, oder nicht?" "Nein.. und ich glaube auch nicht, dass es wahre Liebe gibt." Sagte Kuyu mit einem harten Gesichtsausdruck, das ihm noch mal einen ältern Touch verlieh. Nicholas legte den Kopf schief. "Es gibt sie. Vielleicht erfährt sie nicht jeder - es gibt genug Leute, die sich selbst in die Tasche lügen, um nicht erkennen zu müssen, wen sie wirklich mögen, denn dadurch könnten sie sich ins gesellschaftliche Aus manövrieren - aber sie ist doch da... Tief in deinem Herzen wartet sie nur, dass irgendjemand kommt und sie weckt. Momentan bist du verletzt von was auch immer, doch irgendwann.... Warte einfach ab." "Wenn du meinst..." durch den Ton war klar, dass Kuyu das Gesagte für Unsinn hielt. Nicholas lächelte freundlich. "Ich meine. Und nun gib mir ein Stück Schoko." Er angelte danach und fiel fast vom Bett deswegen. "Warum sollte ich? Die hab ich geklaut! Klau dir selber welch!" feixte Kuyu und schnappte sich die Schoko noch bevor der andere sie erreicht hatte. "Waaaah!!" Nun landete Nicholas wirklich auf dem Boden. Er rappelte sich hoch. "Na danke", grummelte er. "Und die ganze Anstrengung für nichts und wieder nichts." "Hol sie dir doch!" neckte der Andere weiter. "Na gut!" Nicholas - fest entschlossen, die Schoko zu kriegen - stürzte sich auf Kuyu und lieferte sich einen kleinen Ringkampf mit ihm, wobei er die unfaire Methode des Kitzelns anwand. Kuyu musste jedoch nicht wie erwartet lachen sondern sog plötzlich die Luft ein, als sein Körper von Schmerz geflutet wurde. Nicholas hörte sofort auf. "Kuyu? Was ist los? Hab ich dir weh getan?" Er machte sich wirklich Sorgen. Der Jüngere winkte nur ab und gab ihm die Schokolade kampflos. "Kuyu.... Was war das gerade?" "Nichts! Iss deine Schokolade...." "Schon gut..." Nicholas verzog sich wieder auf sein Bett, aber er aß nur genau ein Stück, dann legte er sie weg. Er fühlte sich dumm. Irgendwann rollte er sich in seine Decken ein, um es wenigstens warm zu haben. Kuyu war wirklich müde und legte sich in voller Montur unter die Decken. Aber trotzdem wollte er nicht schlafen. Nicholas drehte sich zur Wand um und löschte das Licht. "Nacht," murmelte er, obwohl er immer noch seine Sachen anhatte. Aber er hatte keine Lust, sich noch umzuziehen, er wollte schlafen. Kuyu genoss das warme Wasser auf seiner Haut. Er hatte gut geschlafen, auch wenn ihm nachts ziemlich warm gewesen war. Er hatte schließlich noch immer sein Kleidung angehabt. Fast schon wehmütig drehte er den Wasserhahn ab. Sein Zimmergenosse wollte sicher auch noch duschen. Nicholas wankte ins Bad. Er hatte keinen Blick auf das Nachbarbett geworfen, da er dringend aufs Klo musste. Seine Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab und er sah aus wie einmal ausgewrungen. Er öffnete die Tür und blieb erschrocken stehen. "Was zum..." Kuyus Körper war von blauen Flecken übersäht. Kuyu erschrak. Er war fast in Nicholas gelaufen und sah nun dessen entsetztes Gesicht. Ohne nachzudenken reagierte er: "Was starrst du so?! Macht dich mein nackter Anblick an!?" Nicholas' Miene verschloss sich sofort wieder. Er drehte sich auf dem Absatz um. "Nein. Zieh dich an." Er ging aus dem Zimmer, um eine der Toiletten neben den Unterrichtsräumen zu benutzen. Das war zwar ein Stück Weg, aber das würde er sich nicht gefallen lassen. Kuyu blieb allein zurück und hasste niemanden mehr als sich selbst in diesem Moment. Nach einer Viertelstunde kam Nicholas wieder, zog sich schweigend an und packte schweigend seine Sachen in seinen Schrank. Er würdigte Kuyu keines Blickes. Kuyu war froh darüber das der andere ihn ignorierte und tat es ihm gleich. Er war eh damit beschäftigt sich zu überlegen, wie er es schaffte von der Schule zu fliegen. Nachdem nach einer Weile nichts mehr einzuräumen war, suchte Nicholas krampfhaft nach einer Beschäftigung. Er war stocksauer! Das schrie förmlich nach Abreaktion. Er schnappte sich zwei CDs und marschierte zur Turnhalle. Warum wusste Kuyu im nachhinein selbst nicht, aber nachdem er ein zeitlang allein im Zimmer gewesen war folgte er Nicholas wieder zur Turnhalle. Er fand den anderen allein, in seine Musik versunken, vor. Nicholas hatte die Musik so laut gedreht. dass man nicht mal Geschrei verstanden hätte. Er schwitzte stark, sein Shirt lag in einer Ecke und sein Oberkörper glänzte. Seine Bewegungen waren kraftvoller als das letzte Mal, er tanzte seine Wut weg. Gebannt schaute Kuyu den junge Mann an. Er spürte plötzlich einen kleine Stich im Herzen, als er daran dachte was er heute Morgen getan hatte. Aber das würde nicht wieder passieren, denn er wäre eh nicht lange in dem Internat. Immer noch schaute er Nicholas zu und plötzlich spürte er, wie sein Körper auf den Tanz reagierte. Die Musik wechselte, wurde langsamer. Nicholas tanzte mit geschlossenen Augen, bewegte sich im Takt und vor allem schien er emotional mit dem Lied mitzugehen. Er lebte all das, was mit Tönen angedeutet wurde. Kuyu fand das, was sein Körper tat, gar nicht lustig und ergriff die Flucht. Dabei stieß er jedoch einen Mülleimer um, der laut klappernd die Treppe herunter polterte. Der Mülleimer war laut genug, um Aufmerksamkeit zu erregen. Nicholas öffnete die Augen, sah sich einen Moment lang ohne Orientierung um und sah dann nur noch Kuyu um die Ecke verschwinden. Er seufzte. Einerseits hatte er den Drang, ihm nachzulaufen, andererseits würde er damit nur dumme Vorurteile bestätigen. Als Nicholas schließlich wieder auf das gemeinsame Zimmer kam, stolperte er fast über den gepackten Koffer von Kuyu. Er war nun wirklich geschockt. "Was wird das denn? Willst du abhauen?" "Nein, aber ich habe meinen Plan hier rausgeworfen zu werden nicht aufgegeben! Es war dumm von mir, überhaupt auszupacken..." "Sie werfen dich nicht raus." meinte Nicholas. "Dazu müsstest du Sozialstunden abgesessen haben, Handgreiflichkeiten austeilen und wenn du dann noch schwul wärst, bestände die Chance, dass sie dich auffordern zu gehen." Er lächelte ein durch und durch sarkastisches Lächeln. Er hatte nicht vergessen, was Kuyu im Bad gesagt hatte. "Dann hau ich ab ...." sagte der andere, nun unbegründet selbst wütend. "Schade." Das war alles, was Nicholas dazu sagte. Er setzte sich auf sein Bett und griff nach dem Buch, was er gerade las. Er wollte Kuyu nicht merken lassen, dass es ihm was ausmachte. Wenn auch nur ein bisschen. "Wieso schade..." fauchte Kuyu. "Weil ich dich mag." meinte er schlicht. Dann setzte er, damit Kuyu nicht auf falsche Gedanken kam, hinzu: "Als Freund meine ich. Nicht als Lover." "Wirklich?" "Ja, ich mag dich wirklich." Nicholas sah von seinem Buch auf und direkt in Kuyus Augen. Er hoffte, nicht verlegen auszusehen. Kuyu hätte das wahrscheinlich gar nicht gemerkt, da er alles verschwommen sah. "Du lügst!" Sagte er plötzlich. "Mich kann man nicht mögen!! Noch nicht einmal meine Eltern mögen mich!! Wenn sie es täten, hätten sie es nicht zugelassen.. Hätten sie mir zugehört und hätten ihn aufgehalten." Nicholas stand auf. "Shhh...." Er sah ihn besorgt an. "Ich mag dich aber. Und ich habe dir gesagt, dass ich meinen Weg gehe, egal, was andere denken. Und auch wenn du selbst denkst, ich kann dich nicht mögen, dann ist es trotzdem so." Kuyu starrte ihn fassungslos an. "Ich hab dich verletzt, wieso kannst du einfach darüber hinwegsehen?! Das beweißt doch, was für ein Idiot ich bin." "Du hast mich verletzt, ja. Aber ich habe nachgedacht. Tanzen und denken liegen bei mir dicht beieinander. Du hast dich vermutlich geschämt... Und da du davon ablenken wolltest, hast du mir das ins Gesicht geknallt. Hat ja auch geklappt." Er lächelte schief. Kuyu verstummte. Er schämte sich wirklich , weil sein Körper so zugerichtet worden war. Nicholas lächelte und wagte einen Vorstoß. Mehr als eine Ohrfeige kriegen konnte er nicht. Er streckte die Hand aus und strich Kuyu kurz eine Ponisträhne aus der Stirn, ließ die Hand sofort wieder sinken. "Du musst dich nicht dafür schämen. Wer immer dich geschlagen hat, DER muss sich schämen. Und nur der, hörst du mich?" Er blickte ihm unsicher und forschend in die Augen. "Mein Onkel... Er würde sich nie schämen. Und jetzt kann er es nicht Er liegt im Koma." "Was ist passiert?" Das klang nicht nach Mitleid.. "Ich hab mich gewehrt.." Nicholas lächelte und hielt ihm die Hand hin. "Gratuliere. Das Arschloch hat es nicht anders verdient." "Du verurteilst mich nicht deswegen? ich habe ihn fast umgebracht! Er war bewusstlos.. und ich hab trotzdem auf ihn eingeschlagen! Immer und immer wieder. Aber mir hat ja keiner geglaubt! Was hätte ich den tun sollen? Warum hat mir denn keiner geglaubt...." "Hast du ihnen deinen Rücken gezeigt?" fragte Nicholas sanft. "Wieso sollte ich dich denn dafür verurteilen? Du hast dich gewehrt, das hatte er verdient, Punkt." "Ja, und als Antwort bekam ich, ich solle mich nicht immer Prügeln und Geschichten erfinden, um das zu decken. Oder ich solle mir nicht selbst weh tun, um Aufmerksamkeit zu erheischen..." Kuyu verlor die Fassung und weinte einfach, während er auf seinen Koffer sank. Nicholas hasste es, Leute weinen zu sehen. Er nahm ihn in den Arm. "Hey... Ich glaube, deine Eltern wollen nicht sehen, wie schlecht die Welt wirklich ist... Wenn man die Opfer zu schuldigen macht ist ja alles wieder in Butter - in ihrem Sinne. Dein Onkel hat es verdient!" redete er auf ihn ein. Kuyu klammerte sich an Nicholas, wie ein Ertrinkender. "Ich weiß, aber er ist mein Onkel...ich habe ihn fast getötet..." "Er hat dich bestimmt öfter geschlagen, oder? Dann hat er das mehr als verdient. Und kein Gericht der Welt könnte dich dafür verurteilen." Er strich dem Jüngeren übers Haar. Endlich, nach langer Zeit, beruhigte sich Kuyu wider. Erst jetzt nahm er die körperliche Nähe des anderen wahr. Doch nicht nur das... Er roch auch den leicht salzigen Geruch des noch immer recht frischen Schweißes auf dessen Haut. Sofort musste er wieder an den wunderschön anzuschauenden Tanz denken. Nicholas hielt ihn immer noch fest. Erst, als er merkte, dass Kuyu sich wirklich beruhigt hatte, ließ er ihn etwas weiter los, um ihm ins Gesicht zu schauen. "Besser?" Er schien sich wirklich Gedanken zu machen. Kuyu wich dem Blick des andern aus und nickte. Er war von etwas ganz anderem gerade verwirrt, als noch vor wenigen Minuten. "Schön!" Das klang aufrichtig erfreut. Nicholas wuschelte ihm noch einmal durch die Haare, dann ließ er ihn los. Das ging ja nicht, ihn länger als dass er Trost benötigte zu umarmen.... Kuyu blieb auf dem Koffer sitzen und bedauerte die plötzliche Kälte. Trotzdem war er froh Nicholas nicht mehr so nah zu sein. "Danke...." sagte er schließlich. "Das sollte eigentlich selbstverständlich sein." Nicholas legte den Kopf wieder schief, streckte dann die Hand aus und lächelte Kuyu warm an. "Freunde?" "Freunde!" Kuyu ergriff die entgegengestreckte Hand und lächelte. Ein Teil seiner Jugendlichkeit war in sein Gesicht zurück gekehrt, wenn auch der andere Teil es wahrscheinlich nie wieder tun würde. Nicholas zögerte einen Moment, umarmte ihn dann noch einmal kurz. "Wir könnten mit Schokolade Brüderschaft essen." schlug er vor. Kuyu lachte. "Ja, warum nicht!" Nicholas angelte nach der Tafel auf seinem Nachtschrank und brach zwei Riegel ab. Einen davon gab er Kuyu, breit grinsend. "Aigatô. Müssen wir jetzt nicht irgendetwas Verrücktes tun? Ich meine, einfach essen ist ja langweilig!" Nicholas nickte und hob Kuyus Arm. "So... wie war das noch? Den Arm da durch und essen." Nicholas Grinsen reichte fast bis zu den Ohren und er hatte Mühe, überhaupt abzubeißen, weil er so lachen musste. "Zum Glück trinken wir nicht auf Bruderschaft...." sagte Kuyu auch lachend. "Hm? Wieso meinst du?" "Weil, wenn man es richtig macht, man sich am Ende küssen muss!" "Das kann man mit Schokolade auch." Er zuckte mit den Augenbrauen. "Aber mir is schon klar, dass du das nicht wirklich wollen wirst..." Er war etwas verlegen, kaute immer noch an seiner Schoko. Kuyu aß auch seine Schokolade und sagte völlig unbekümmert. "Ich hab noch nie jemanden geküsst..." "Dann wird's aber Zeit." lachte Nicholas. "Aber du musst jemanden finden, den du auch küssen willst." "Mhhh.. ich weiß nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das so toll ist. Aber das liegt bestimmt daran, weil ich es noch nie gemacht habe." "Willst du denn?" Er sah ihm tief in die Augen. "Was? Wie meinst du das? Natürlich will ich es irgendwann mal ausprobieren." Nicholas schmunzelte. "Eigentlich gehört zu Brüderschaft ein Kuss. Muss ja nur ganz kurz sein, tut auch nicht weh." Das Rot in Kuyus Gesicht bildete einen wunderschönen Kontrast zu seinem weißen Haar. "Aber...das wäre mein erster Kuss! Sollte der nicht ....ich weiß nicht..." "Naja, ich sehe hier grad kein Mädchen." Er grinste schief. "Aber muss ja auch nicht. Nicht, dass ich nachher als der Bösewicht dastehe, der arme Zimmernachbarn verführt, nur durch einen harmlosen Kuss..." "Ok.... ist eh alles Unsinn von wegen erster Kuss und so. Aber nicht auf Brüderschaft, wenn, dann will ich es richtig ausprobieren!!" Nicholas sah erstaunt aus. Das hatte er nicht erwartet. Er sah ihn einen Moment lang abwägend an, dann nickte er langsam. "Okay." Er war froh, die Schokolade schon aufgegessen zu haben. Er strich Kuyu sanft über die Wange, kam dann noch einen Schritt näher, so dass sie direkt vor einander standen. Kuyu fühlte sich komisch, aber er wollte kein Feigling sein und jetzt einen Rückzieher machen. Unsicher schloss er die Augen, so viel wusste er zumindest vom Küssen. Nicholas atmete noch einmal tief durch, schließlich war der erste Kuss wahnsinnig wichtig für das weitere Leben, dann schloss auch er die Augen und rieb seine Nase sanft an Kuyus, bevor er seine warmen, weichen Lippen auf die seines Gegenüber senkte und ihn fast schon zärtlich küsste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)