Love Letter von Hakkyo ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Love Letter Die Nacht ist über der Stadt hereingebrochen und eine einsame Person steht im Park, starrt hinauf in den Himmel. Dunkelblau und die Sterne sind wie... kleine silberne LED´s. Nicht sehr romantisch, hm? Shinji seufzt und kehrt zurück in seine Wohnung, versteckt sich dort vor der Welt, wie so oft. In Gedanken versunken lässt er Jacke und Schuhe im Flur zurück, stellt sich ans Fenster und betrachtet sich selbst in der Spiegelung. Die kleine Lampe auf dem Regal ist das einzige Licht, lässt alles warm und weich erscheinen. Sogar ihn... Als sein Telefon klingelt dreht er nichtmal den Kopf. Wer immer das ist wird ihn nicht erreichen und wichtig wird’s sicher auch nicht sein. Warum steht er noch mal alleine hier? Achja... Die anderen sind ausgegangen und er wollte nicht mit. Seit wie vielen Tagen, oder sind es schon Wochen?, zieht er sich hierhin zurück in seine kleine Wohnung, sein Refugium? Er weiß es nicht. Keiner der anderen erreicht ihn hier, er geht nicht ans Telefon, erscheint aber immer pünktlich zu den Proben. Also alles kein Problem. Vielleicht sollte er wenigstens was essen... Schlafen wäre auch mal wieder gut... Hm. Die Azaleen würden bald blühen. Und dann? Würde es etwas ändern? Nein. Während Shinji den ausgeleierten Pulli enger um seine schmale Gestalt zieht, sitzt fast am anderen Ende der Stadt eine Person in einer Bar und schreibt. Nein, versucht etwas zu schreiben. Und das seit Stunden. Immer wieder sieht er auf das Papier, sucht nach den richtigen Worten, schreibt sie nieder, nur um sie dann doch wieder durchzustreichen. So haben sich in der Zeit einige Blätter gefüllt und noch immer ist es nicht das, was er ausdrücken will. Das es mit jedem Bier, welches er leert, nicht besser wird weiß er auch, aber man kann es ja trotzdem mal probieren. Irgendwann seufzt er frustriert auf und zuckt zusammen, als sich eine Hand auf seine Schulter legt. „Na, schreibst du nen Song für uns?“ Die Stimme kennt er schon seit Ewigkeiten, er lächelt leicht und schüttelt den Kopf. „Hi Yuuya und nein. Nur ein Versuch, mehr nicht.“ Er räumt die Blätter schnell zusammen, doch er ist nicht schnell genug. Eine Hand hat sich eines der Blätter geschnappt und während Yu sich auf die freie Bank schiebt und sein Bier abstellt, wedelt die andere Person mit dem Blatt. „Also echt Aki, so wird das nichts. Was willst du überhaupt mit dem Gestammel hier ausdrücken?“ Er nimmt sich das Blatt und legt es zu den anderen in die Mappe, schiebt alles zusammen in seine Tasche. „Wenn ich das wüsste, Mao... Dann könnte ich es vielleicht auch aufschreiben.“ Der Vocal setzt sich neben Yu, sieht rüber und nickt leicht. „Warum fragst du nicht Shinji? Wenn ich dir schon nicht helfen soll, dann vielleicht er.“ Entschlossen schüttelt er den Kopf. „Nein. Das hier ist meine Sache.“ Yu und Mao wechseln einen kurzen Blick und der Vocal nickt. „Wenn wir schon beim Thema sind... Was ist los zwischen dir und Shinji? Und sag jetzt bloß nicht, das alles okay ist. Du redest kaum noch mit ihm. Hast du einen Grund dafür?“ Er braucht Mao nicht anzusehen um zu wissen, wie ernst dem die Frage ist. „Habe ich und nein, ich werde ihn nicht sagen. Nicht dir und auch sonst keinem. Das spielt auch keine Rolle, es ist nicht wichtig.“ Das Schweigen ist nur kurz, dann steht Mao auf und beugt sich über den Tisch. „Keine Rolle? Glaubst du wirklich das ich zulasse das du ihm wehtust?“ Der Sänger sieht den Bassisten an, verengt leicht die Augen und schüttelt den Kopf, gibt ihm gar keine Zeit zum Antworten sondern geht einfach. Er sieht ihm nach, was? „Aki... Du kennst Mao und an deiner Stelle würde ich das auch klären. Nichtmal ich bin ihm wichtiger als Shinji und wenn du so weitermachst...“ Yu schüttelt den Kopf, steht auf und nickt ihm kurz zu, bevor er dann seinem Sänger folgt. „Ich kann nicht...“ murmelt Aki und vergräbt das Gesicht in den Händen. Der nächste Tag, die nächste Probe. Shinji war wie immer pünktlich und stimmt seine Gitarre neu. Völlig vertieft streichen seine Hände über den Hals der Gitarre, spannen die Saiten fester und entlocken ihr leise Töne. Er bekommt gar nicht mit das Aki ihm vom Sessel aus zusieht. Die Stille wird nur von den leisen Klängen unterbrochen die Shinji erzeugt, beide Musiker schweigen und scheinen entspannt. Yu und Mao sind noch nicht da und so lastet die Stille auf den beiden. Aki hängt seinen Gedanken nach, während er beobachtet wie sanft Shinji mit seiner Gitarre umgeht, wie versunken er mal wieder ist. Ja, der Gitarrist verliert sich so leicht in der Musik, er ist ein Träumer. Und darum bekommt Shinji auch nicht mit, wie bedrückend das Schweigen zwischen ihm und Aki eigentlich ist. Er zieht sich in die Musik zurück. Inzwischen sieht man ihm die Müdigkeit schon an, doch noch redet er sich raus das es sicher bald besser wird. Obwohl es schon recht warm draußen ist trägt er einen Pulli, auf eine Witzelei von Yu gestern hatte er nur gelächelt und gemeint, das er wegen der Schlafprobleme so leicht friert. Das ist nicht gelogen, doch es ist auch nicht die ganze Wahrheit. Noch ist keinem aufgefallen das er sogar ein T-Shirt unter dem Pulli trägt, dann würde er sich kaum noch rausreden können... Aber Shinji will nicht das die anderen mitkriegen das es ihm nicht gut geht. Seit mehr als 3 Wochen schläft er kaum noch, manche Nächte gar nicht, manchmal nur 2 Stunden. Auf jeden Fall viel zu wenig. Auch das Essen fällt ihm unglaublich schwer, Hunger hat er nur noch selten. Trotzdem achtet er darauf wenigstens zweimal am Tag etwas zu essen, eine Kleinigkeit um nicht zu verhungern. Meist ist die Kleinigkeit nur ein Apfel oder eine Schale Reis, doch auch das ist manchmal schwer genug runterzukriegen. Heute morgen musste er schon 2 T-Shirts unterziehen, wie lange wird er das noch verbergen können? Und Aki? Obwohl er den Gitarristen betrachtet fällt ihm dessen Zustand nicht auf. Er ist viel zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, die sich allerdings in sehr angenehmer Weise mit dem anderen befassen. Wie es wohl wäre ihm durch die Haare zu streichen? Ob sie wirklich so seidig sind wie sie aussehen? Und wie es wohl wäre wenn er... In dem Moment geht die Tür auf und der Leader und der Vocal von SID betreten endlich den Probenraum, Mao reißt Shinji einfach aus dessen Träumereien indem er ihn umarmt. „He Shini! Hi Aki!“ Wieder ist Mao ein Sonnenschein auf Beinen und Aki schmunzelt, während Yu natürlich zuerst zur Kaffeemaschine geht und sich Kaffee holt. Shinji lächelt leicht, das er so ´unsanft´ aus seinen Träumen gerissen wird, ist er inzwischen gewohnt. „Hallo Mao-Kun, Yuuya.“ „Ihr seid spät.” stellt Aki fest. Yu stellt Mao einen Becher Kaffee hin und setzt sich in den anderen Sessel, trinkt erst einen Schluck bevor er antwortet. „Ja, wir wurden aufgehalten und bringen Neuigkeiten. Unser Album verkauft sich immer noch ziemlich gut und wir sollen uns schon langsam an ein neues setzen. Das bedeutet mal wieder richtige Arbeit, wir brauchen 10 Songs und Melodien. Hat einer von euch schon was?“ Das er dabei vor allem Shinji ansieht wundert keinen, der stille Gitarrist ist neben Mao der Hauptlieferant für Texte. Und wirklich nickt er, sieht sich suchend nach seiner Tasche um. Er hat sie doch vorhin mitgenommen. Oder? Aki lächelt leicht und greift neben den Sessel, reicht Shinji die Tasche rüber. Sie alle kennen seine Vergesslichkeit, das einzige was Shinji nie vergisst sind die Noten. „Danke.“ Meint er leise und nimmt sich seine Tasche, kramt kurz darin herum bevor er einige ziemlich zerknitterte Blätter herausfischt und auf den Tisch legt. Mao schnappt sich sofort eines davon, genauso wie Yu und Aki. „2 Songs und 3 Melodien. Vielleicht können wir davon was verwenden.“ Der Vocal nickt und nachdem sie noch etwas über die Richtung des neuen Albums diskutiert hatten probten sie wie üblich noch, so dass es dann schon fast Abend war als Yu die Probe für beendet erklärte. Das Aki selbst in der Diskussion kaum mehr als 10 Worte mit Shinji gewechselt hatte war den anderen beiden wieder sehr deutlich aufgefallen, und als Shinji wie seit Tagen sofort seine Gitarre wegpackt und seine Tasche nimmt, wirft Yu Mao einen besorgten Blick zu. Doch der Sänger hat eh vor den anderen nicht so einfach davonkommen zu lassen. Als Shinji mit einem „Bis morgen dann, mata ne!“ den Probenraum verlässt folgt Mao ihm und hält ihn im Flur am Arm fest. „Mao? Was ist?“ Der Vocal antwortet nicht sondern schiebt seine Hände unter Shins Pulli und als der Gitarrist wegzuckt sieht er ihm in die Augen. „Shinji... Spätestens bei den Fotoshootings für das neue Album hätten wir es bemerkt. Wie viel hast du abgenommen?“ Shinji wendet den Blick ab und zuckt mit den Schultern, meint möglichst unbeteiligt „So 4 oder 5 Kilo.“ Das klingt nach nicht viel, aber bei einer Größe von 1,78 wog er schon vorher nur 57 Kilo und nun ist er wirklich untergewichtig. Mao schüttelt den Kopf. „So viel? Und ich habe es nicht bemerkt... Shinji, was ist denn los? Wir sind doch Freunde, oder nicht?“ Der Gitarrist sieht auf den kleineren Vocal runter und lächelt. „Es ist alles okay. Mach dir keine Sorgen, ich hab nur ein paar Schlafprobleme und daher auch kaum Hunger.“ Er schafft es den kleineren zu beruhigen und geht dann weiter. Nicht nach Hause, sondern wieder in den Park, wieder setzt er sich auf die Bank die von den Büschen fast ganz verdeckt wird und tut nichts. Shinji sitzt einfach da und träumt, ab und zu streichen seine Finger sanft über eine Knospe. Weiße Azaleen, er hofft das einer dieser Büsche weiß blühen wird. Ob Mao wohl daran denken wird, das er diese Blumen liebt? Er sollte es besser aufschreiben, ein Testament hat er auch noch nicht gemacht. Es ist wirklich erstaunlich viel zu tun wenn man seinen Tod plant, wer hätte das gedacht? Wobei planen das falsche Wort ist. Er bereitet sich darauf vor, er will sich ja nicht direkt umbringen. Aber es wird nicht mehr allzu lange dauern wenn er so weitermacht, das ist ihm bewusst und so bereitet er eben alles vor. Natürlich könnte er anfangen mehr zu essen, aber es geht einfach nicht. Er kann an diesem Zustand nichts ändern, das hat er schon mehr als einmal versucht. Und irgendwann würde jemand sein Geheimnis herausfinden, das wäre... furchtbarer als alles andere. Niemand darf es erfahren, es hängt viel zu viel davon ab. Also ist es besser wenn alles so weiter geht. Bis zum Ende. So vergehen einige Wochen in denen Shinji weiter so zurückgezogen lebt, während Mao immer unruhiger wird. Als wieder direkt nach einer Probe die Tür hinter Shinji zugeht wendet sich der Vocal zu den anderen beiden. „So kann das nicht weitergehen. Wir beginnen mit dem neuen Album schon diese Woche.“ Yuuya runzelt die Stirn und Aki sieht den kleineren Sänger an „Diese Woche? Ohne Texte, ohne Musik, ohne Vorbereitung? Mao, es ist schon Dienstag.“ Das konnte der Sänger nicht ernst meinen. Yuuya kommt hinter seinen Drums hervor und legt seinem Vocal die Hände auf die Schultern. „Mao...“ Der macht hastig einige Schritte zurück „Lass das Yu! Hier habt ihr Texte, einige sind schon komplett mit Melodie.“ Der Sänger leert seine Tasche kurzerhand auf dem Tisch aus, nimmt aus der so schnell gefundenen Mappe einige Blätter und hält sie den anderen beiden hin. Während Aki und Yu sich die Sachen durchlesen räumt er sein ganzes Zeug wieder in die Tasche und lässt sich aufs Sofa fallen. Der Bassist sieht zu ihm, aber Yu ist schneller. „Das ist Shinjis Schrift. Wann hat er all das geschrieben? Und wann hat er es dir gegeben?“ Mao zieht die Füße aufs Sofa und umarmt seine Beine. „Ich denke mal in den letzten Wochen. Gegeben kann man so nicht sagen... Ich hab die Mappe einfach mitgenommen als ich ihn vorgestern besucht habe. Ja das war falsch, aber er redet nichtmal mehr mit mir.“ Ein Häufchen Elend sieht fröhlicher aus als ihr Vocal und Aki setzt sich erst mal, während der Leader sich neben Mao setzt und ihn leicht umarmt. Sie wissen alle das Shinji Maos bester Freund ist. Und das er sich auch von dem kleinen Sänger zurückzieht ist bedenklich. „Du hast recht Mao. So kann das nicht weitergehen. Du hoffst das die Arbeit am Album ihn ablenkt? Dann fangen wir an so schnell es geht.“ Als Leader ist es eben Yu, der das letzte Wort hat. Aki überfliegt die Blätter die Yuuya in der Hand hatte und runzelt die Stirn. „Das sind 3 fertige Songs, 2 Melodien und 3 Texte. Wir brauchen also nur noch 2 Texte und Melodien von uns, mit dem was er uns ja schon vorher gegeben hat, um alles fertig zu haben. Das wird trotzdem kaum zu schaffen sein in den paar Tagen.“ Der Bassist kann den Blick nicht von den Noten nehmen, er hört die Melodie schon in seinem Kopf und fragt sich, was mit dem Gitarristen los ist. „Ich habe vielleicht etwas, das zu den Texten hier passt und dann brauchen wir nur mehr Texte.“ Dann erst sieht er zu den anderen beiden, Yu nickt und Mao scheint sich etwas zu entspannen. „Ich kriege sicher ein paar gute Texte zu Shins Melodien hin.“ Der Leader streckt die Hand nach den Blättern aus. „Gib mir das eine da, ja das vom Winter. Dafür habe ich eine Melodie, die muss ich nur etwas anpassen. Und das mit dem Anfang auch.“ Aki reicht ihm die Blätter und 2 der anderen auch, für Mao. Die anderen behält er und steht auf. „Die hier übernehme ich.“ Er packt die 3 Blätter in seinen Rucksack und sieht zu Mao. „Hoffentlich behältst du recht was das Ablenken angeht, Mao.“ Der Sänger nickt und Yu sieht zu Aki rüber. „Das hoffen wir wohl alle. Mal sehen was wir bis Freitag haben, die Proben laufen weiter wie bisher.“ Erleichtert nimmt sich Aki seine Sachen. „Gut, dann bis morgen.“ Und dann lässt er die beiden allein, er braucht nun dringend etwas Ruhe und geht nach Hause. Dort liest er sich den Text durch und seufzt, seit wann schreibt der Gitarrist nur noch so trauriges? In dem was Mao ihnen gezeigt hatte war nichts wirklich fröhliches dabei, trotzdem war die Grundstimmung bei den meisten Sachen positiv. Sehr ruhig und traurig, aber positiv. In seiner kleinen Sammlung findet er eine gut passende Melodie und heftet die Blätter zusammen, eins ist erledigt. Bleiben noch 2. Und das ist weitaus schwieriger, die Melodien gehen unter die Haut und er verbringt die nächsten Tage damit an Texten zu arbeiten. Der Papierkorb quillt schon über als er endlich einen Text fertig hat der zu der Melodie passt, ein heiterer Song mit einer ruhigen Melodie. Das war gut. Nur der andere, da fiel ihm einfach nichts zu ein. Aber die Noten verfolgten ihn bis in den Schlaf. Freitag ist es ruhig im Probenraum, genauso wie schon die Tage vorher. Alle sehen irgendwie übermüdet aus und als sie anfangen die Blätter auszutauschen starrt Shinji zuerst auf eines der Blätter, dann sieht er die anderen an. „Woher... Woher habt ihr das?“ Mao zuckt zusammen und sieht ihn schuldbewusst an. „Entschuldige, ich habe sie letztens bei dir gefunden und einfach mitgenommen. Wir brauchen doch Material für ein neues Album.“ Und spätestens jetzt wird klar, das hier etwas ganz gewaltig nicht stimmt. Sonst hätte sich Shin schon durch Maos Blick besänftigen lassen, aber diesmal springt er auf und wird sogar laut. „Du hattest kein Recht dazu! Das ist nicht... Nicht für euch! Mao, das war das letzte Mal das ich dir die Tür aufgemacht habe!“ Sichtlich aufgebracht verlässt der Gitarrist den Raum und knallt die Tür hinter sich zu, er lässt 3 ziemlich sprachlose Bandmember zurück, die eben diese Tür anstarren. Yu findet als erster seine Stimme wieder. „Was war das denn?“ „Shinji?“ Mao blinzelt, hat ihm der andere gerade die Freundschaft gekündigt? Das konnte doch nicht wahr sein. Aki bleibt stumm, das eben hatte ihn überrascht und Yu sieht zu Mao. „Was ist los mit Shin, Mao?“ Natürlich fragt er den Sänger, denn eigentlich ist der Shinjis bester Freund. So wie Aki und Yu beste Freunde sind. Natürlich hatte sich alles ein wenig verändert seit Yu und Mao zusammen sind, aber das störte keinen der 4. „Ich weiß es nicht. Er zieht sich auch von mir zurück und alles seit... Seit du kaum noch mit ihm redest, Aki. Was ist passiert?“ Mao sieht Aki an, der Vocal klingt verzweifelt. Er will Shin nicht verlieren, weder als Freund noch als Gitarristen. Der Bassist schweigt, weicht Maos Blick aus und mustert den Tisch, schüttelt leicht den Kopf. „Das fing schon vorher an. Aber jetzt ist es wirklich heftig und wir müssen uns was einfallen lassen. Kann ja so nicht weitergehen.“ Das ist typisch für Yuuya, die Lage beobachten und analysieren. „Aki, was immer du für ein Problem mit ihm hast seit dem Tag, löse es. Sofort. Mao, du lässt Shin am besten etwas in Ruhe, er wird sich wieder beruhigen, was dich angeht.“ Und auch das ist typisch Yu, die Entscheidungen treffen. Nun, er ist der Leader, das ist seine Aufgabe und er nickt Aki zu, während er kurz zur Tür deutet. Der Bassist weiß das er nun keine Wahl hat und seufzt kurz auf. „Das wird nicht so einfach gehen. Nein, ich werde euch nicht sagen worum es geht, ich will nur um Zeit bitten.“ Yu sieht an Akis Blick wie ernst dem das ist und überlegt einen Moment, bevor er nickt. „Gut. Dann gebe ich uns allen Urlaub, das erscheint mir das Beste. Aki, du hast 2 Wochen Zeit, dann will ich das alles geklärt ist. Ich sage unserem Manager Bescheid und schicke Shinji eine Nachricht. Während der Zeit arbeiten wir alle weiter an Songs, denn wenn Shin uns seine Sachen nicht zur Verfügung stellen will müssen wir das akzeptieren. Damit ist die Probe beendet.“ In diesen 2 Wochen hört keiner von ihnen etwas vom Gitarristen, was Mao fast in den Wahnsinn treibt. Und auch Yu macht sich Sorgen um Shinji, doch der öffnet seine Tür für keinen, geht nicht ans Telefon und seine Bandansage auf dem Anrufbeantworter ist deutlich: Hier ist der Anschluss von Ninomiya, Shinji. Hinterlasst eure Nachricht, aber erwartet keinen Rückruf. Und Aki? Der nutzt die Zeit und grübelt über der letzten Melodie. Diese Noten lassen ihn einfach nicht los, ständig spielt er sie auf seiner Gitarre. Ja, er kann neben Bass auch Gitarre spielen, doch er bevorzugt den Bass einfach. Irgendwann steht er abends im Park und lässt die Ruhe auf sich wirken, als er hinter sich ein Geräusch hört. Er dreht sich um, das klang wie ein erschrecktes Keuchen... Shinji? Doch der große Gitarrist hat sich schon umgewandt und hat es eindeutig sehr eilig, aber warum? Warum erschreckt es Shinji ihn hier im Park zu sehen? Und warum rennt er fast davon? Mao hat anscheinend recht, sein Verhalten hat den anderen verletzt. Aber das will er nicht. Nein, das will er ganz und gar nicht. Mit einem Seufzen fährt er sich durch die Haare, das alles hier ist einfach eine furchtbare Situation. Frieden wird er nun hier nicht mehr finden, also geht er nach Hause und setzt sich dort an den Tisch, starrt auf das weiße Blatt vor sich und ganz plötzlich strömen die Worte hervor, fließen durch seine Hand und den Kuli direkt aufs Papier. Shinji schlägt seine Wohnungstür hinter sich zu und lehnt sich dagegen. Nun kann er nichtmal mehr in den Park gehen, ohne Aki zu treffen. Wütend schlägt er gegen die Wand, zieht sich die Schuhe aus und schleppt sich ins Wohnzimmer, stellt sich wieder ans Fenster und starrt nach draußen. Warum muss Aki ausgerechnet diesen kleinen Park kennen? Und warum dauert Sterben eigentlich so lange? Er hatte gedacht das es schneller gehen würde, aber anscheinend klammert sich sein Körper ziemlich verzweifelt am Leben fest. Wann hat er das letzte Mal etwas gegessen? Gestern vermutlich. Und geschlafen? Vorgestern. Er ist so müde... Shinji spürt nicht mehr wie seine Knie nachgeben und der Boden schnell näher kommt, auch den Aufprall bekommt er nicht mehr nicht. Die Erschöpfung ist zu groß. Aki zögert, doch dann gibt er sich einen Ruck und klingelt bei Shinji. Wie erwartet bleibt die Tür zu, er lehnt mit einem leisen Seufzen die Stirn an das Holz und klingelt noch einmal, zweimal, dreimal. „Shinji, bitte... Rede mit mir! Schrei mich an, egal was, aber mach bitte endlich die Tür auf.“ Aber auch darauf kommt keine Reaktion, obwohl er schwören könnte das er ein leises Geräusch gehört hat. Stand der andere vielleicht ebenso dicht an der Tür wie er? Lauschte er seinen Worten? „Es tut mir leid. Alles, die ganzen letzten Wochen. Das ich mich abgewandt habe, das... Einfach alles. Aber es ging nicht anders, Shinji. Bitte verzeih mir.“ Dann holt er tief Luft und kratzt den letzten Rest an Mut zusammen, der ihm noch geblieben ist. Nur noch einen Moment des Zögerns, doch noch immer ist von drinnen nichts zu hören, also bückt er sich und schiebt den Umschlag unter der Tür durch, streicht dann leicht über das Holz und murmelt. „Egal was passiert... Nichts wird sich ändern.“ Er senkt den Kopf und geht die Treppe runter, lässt die Haustür unten hinter sich zufallen und zuckt kurz zusammen bei diesem, so endgültig klingendem, Geräusch. Dann geht er weiter, zu seiner Wohnung. Jetzt ist alles zu Ende. Das Klingeln hatte ihn aufgeweckt und mit einem leisen Stöhnen hatte er sich aufgerichtet. Vorsichtig war er zur Tür geschlichen und hatte sich dann dagegen gelehnt. Als unten die Haustür zufällt stößt Shinji einen Seufzer aus und bückt sich nach dem Umschlag. Seit wann war Aki so hartnäckig? Was sollte das ganze? Und warum konnten sie ihn nicht einfach alle in Ruhe lassen? Vielleicht würde er ja hier eine Antwort finden? Er betrachtet den Umschlag, während er sehr langsam zurück ins Zimmer geht und legt ihn dann doch nur auf den Tisch, ungeöffnet. Will er denn überhaupt wissen, was der andere schreibt? Shinji starrt den Umschlag an, wendet sich ab und reibt sich über die Schläfen. Diese Kopfschmerzen sind unerträglich, er macht sich auf die Suche nach den Schmerztabletten und wird in der Küche fündig, wo er sich daran erinnert, das er doch etwas essen sollte. Wenn er während einer Probe umkippen würde wäre Mao außer sich vor Sorge und würde ihn vermutlich in ein Krankenhaus schleifen. Also besser wenigstens eine Kleinigkeit essen. Kurze Zeit später sitzt er auf dem Sofa und sieht auf die Schale Reis in seiner Hand herab. Verdammt, es ist nur Reis. Kleine Körner, die wird er ja wohl runterkriegen. Essen erfordert ziemlich viel Konzentration, wenn man so wenig zu sich nimmt wie er seit einigen Wochen. So ist es aber auch nicht erstaunlich das er nichtmal die Hälfte schafft und er stellt die Schale so weit wie möglich von sich weg, greift nach dem Brief. Will er wissen, was drin steht? Oder wäre es besser, ihn ungelesen wegzuwerfen? Vielleicht sollte er ihn verbrennen, um nicht in Versuchung zu kommen ihn zu lesen? Aber Aki hatte fast verzweifelt geklungen. Und Shinji hat nichts zu verlieren. Seit unserem letzten Fotoshooting kann ich es nicht mehr leugnen, so sehr ich es auch versuche. Natürlich mochte ich dich schon immer, wir haben uns auf der Bühne oft genug angelächelt, bei den Interviews warst immer du neben mir. Und fast jedes Mal haben wir ein wenig geflüstert, wie Schuljungen... Dieses Mal auch, weißt du noch? Ich bin dann zur Seite gegangen, habe mich zu Mao und Yuuya an die Wand gestellt, während du dein Einzelshooting hattest. Die zweifarbigen Haare standen dir gut, fanden auch die beiden anderen. Und während Yuuya mit Mao schon die nächsten Termine besprach, bin ich etwas näher zum Fotografen gegangen. Du weiß, wie du gut wirkst, er musste dir nicht viele Anweisungen geben. Ja, du bist ein Profi und ich sehe gern zu, wie du deine süßen Posen machst. Ich wartete unbewusst immer auf den Moment, wo du mehr von dir zeigst. Mit einem Lächeln hobst du dann die Hand, als wolltest du etwas an den Strähnen richten, aber dann verschwand dein Lächeln und du sahst direkt in die Kamera. Die Wirkung blieb nicht aus, der Fotograf drückte sofort auf den Auslöser, aber auch auf mich hatte dieser Blick zwischen deinen Fingern hindurch eine ungeahnte Wirkung. Ich werde dieses Bild nicht los, es hat mir gezeigt das ich dich mehr mag, als ich eigentlich dürfte. Ich mag dich nicht, wie man ein Bandmember oder einen Freund mag. Ungläubig blickt er auf die Zeilen runter und legt den Brief dann behutsam weg. Nein, das ist zwar ein sehr schöner Traum, aber er wird bald aufwachen und eben feststellen, das alles nicht real ist. Wie so oft in den letzten Wochen. Ja, Shinji erinnert sich noch gut an den Tag, von dem Aki da schreibt. Das Fotoshooting vor mehr als 5 Wochen, alles ist seitdem durcheinander geraten. Am Tag danach hatte Aki angefangen sich zurückzuziehen. Und Shinji konnte nur zusehen. Er war so unfähig! Und das hier jetzt? Der Brief? Nein, das konnte nicht wahr sein. Mehr als er dürfte? Da stand nichts von Liebe, er sollte da also besser nichts rein interpretieren. Mit einem Seufzen greift er wieder nach dem Brief und will ihn in den Umschlag zurücklegen, erst dann bemerkt er den zweiten Zettel. Unfähig seine Neugier zu bekämpfen entfaltet er auch dieses Blatt Papier und sieht auf den Text runter. Seine Noten, Aki hat einen Song zu seinen Noten geschrieben? Love Letter So here it is, my Letter for you. There’s nothing much to say, I suppose. Just some Words that try to describe what you are to me. Your Eyes are deeper than the Ocean and your Voice sounds like the Voice of an Angel to me. Your Ears are so perfect, like a precious shell. I want to whisper all the time, because loud words might harm these pretty little Ears. Your Lips with the colour of light-pink Roses, so precious and I would die for just one Kiss... In my Eyes your are the most beautiful Person in the World. Nothing can be more beautiful, more graceful and… more special to me than you are. My Love for you is endless as the Sky and I will be at your side forever, if you want me. Let me be your Lighthouse in the Sea of Life. Let me be your refuge, to whom you can return. Let me be the one to love you… Gut, das konnte nichtmal Shinji missverstehen. Aber was sollte er jetzt machen? Aki hinterherlaufen war unmöglich, in seinem Zustand würde er vermutlich mitten auf der Strasse zusammenbrechen. Sollte er warten bis morgen zur Probe? Nein, das... Das wäre nicht gut und außerdem wären da die anderen auch dabei. Shinji würde dann doch kein Wort über das hier rausbekommen. Mit einem leisen Seufzer schweift sein Blick zum Telefon. Aber was soll er sagen? Hi Aki, ich habe den Brief gelesen und liebe dich? Das würde er nicht hinkriegen. Aber vielleicht müsste er das auch gar nicht. Shinji greift sein Handy und tippt eine kurze Nachricht: Bitte, komm her. Schnell sendet er sie ab, bevor er es sich anders überlegen kann und legt das Handy wieder auf den Tisch, streicht sich durch die Haare. Jetzt bleibt nur warten, aber er braucht die Zeit um sich zu überlegen, wie und was er zu Aki sagen soll. Hoffentlich wird ihn nicht wieder der Mut verlassen. Und viel schneller als erwartet, erhofft und gleichzeitig gefürchtet klingelt es an der Tür und Shinji rafft sich auf. An der Tür zaudert er noch einen Moment, bevor er sie einen Spalt öffnet. Doch es steht wirklich Aki draußen. Aki hatte die ganze Zeit alte Bilder angesehen und bei einigen länger verweilt. Damals, ganz am Anfang, was für Outfits! Wobei die Shorts doch ganz nett war. Jedes Bild, das Shinji und ihn zeigt, wird genau angesehen. Dieses süße Lächeln! Warum ist ihm eigentlich nicht schon vorher aufgefallen, wie sehr er den Gitarristen eigentlich mag? Gute Frage. Als er dann die SMS liest macht Aki sich sofort auf den Weg, er beeilt sich richtig. Und natürlich hofft er auf eine positive Antwort, er hasst es sich so unsicher zu fühlen wie jetzt! Er ist doch sonst immer so cool, aber jetzt ist er eher ein Nervenbündel auf Beinen. Doch er lässt es sich nicht anmerken und klingelt, als die Tür geöffnet wird setzt er ein leichtes Lächeln auf. „Hi Shinji.“ Shinji lächelt kurz und öffnet die Tür ganz, „Komm rein.“ Mehr bringt er nicht über die Lippen und geht zurück ins Wohnzimmer, er hört wie Aki die Tür schließt und reibt sich nervös über die Stirn. Was nun? Am besten sieht er den anderen nicht an, also stellt er sich ans Fenster und starrt nach draußen. „Aki... Ich... Ich hab deinen Brief gelesen.“ Verdammt, er stottert jetzt schon, wie soll er da je die richtigen Worte herausbekommen? Unbewusst krampfen sich seine Finger ineinander. Aki hatte sich die Schuhe ausgezogen und war Shinji gefolgt, er mustert die schmale Gestalt des Gitarristen und seufzt unhörbar. Wie angespannt der andere war... War es ihm etwa so zuwider? Aber warum hat er dann nicht einfach in der SMS geschrieben, das er nichts von ihm wissen will? „Hör auf, sonst brichst du dir noch die Finger.“ Kurz streicht er sanft über Shinjis verkrampfte Hände, er spricht leise und seufzt, als der andere bei der Berührung wegzuckt. „Es ist okay, wenn du nicht gut auf mich zu sprechen bist. Aber ich musste dir erklären, warum ich mich so verhalten habe. Ich hoffe, du kannst mich weiter als Bandmember akzeptieren.“ Aki wendet sich ab, auch wenn ihm das unendlich schwer fällt. Shinji sieht krank aus, wie dünn er geworden ist... Alles wegen ihm? „Aki...“ Endlich schafft er es den Blick zum Bassisten zu lenken, der will gehen? Wäre er doch nur nicht weggezuckt! Er muss ihn aufhalten! „Aki, bitte, geh nicht.“ Shinji kann die Worte nur flüstern, doch sie zeigen Wirkung. Der andere bleibt stehen, dreht den Kopf und lächelt leicht. „Es ist okay, Shin. Ich werde dich sicher nicht bedrängen.“ Man hört wie Shinji tief Luft holt, jetzt oder nie. „Das will ich aber.“ Oh mein Gott, was redet er denn da? Hastig redet er weiter. „Ich meine... Ich... Ich fühle doch genauso!“ Der Bassist dreht sich langsam um und kommt wieder einen Schritt näher. „Shin, willst du sagen, du liebst mich?“ Er weiß ja wie schüchtern der große Gitarrist ist und findet dessen Gestammel einfach niedlich. Shinji nickt und schafft es, Aki anzusehen, flüstert nur „Ja.“ Im nächsten Moment findet er sich in Akis Armen wieder und kann gerade noch erschrocken Luft holen, bevor der Bassist Shinjis Lippen mit den eigenen verschließt. Doch er überwindet den Schreck sehr schnell und erwidert zaghaft den Kuss, sodass Aki ihn noch fester an sich drückt. Doch als er merkt wie zerbrechlich sich der Körper des anderen anfühlt löst er die Umarmung. „Shin, ich liebe dich. Und es tut mir leid, das ich es dir nicht früher gesagt habe, aber ab jetzt werde ich es dir jeden Tag sagen.“ Die braunen Augen den anderen leuchten glücklich auf, dann senkt Shinji verlegen den Blick. Aki lacht leise und streicht ihm über die Wange. „Es ist okay, sag nichts.“ Erleichtert schmiegt Shinji sich an ihn, sie haben sich gefunden. Alles ist gut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)