If I was a river von DhalaElenaAngel ================================================================================ Kapitel 4: Gespräche -------------------- Mit gerunzelter Stirn beobachtete Schuldig den Jüngeren auf dem Sitz neben sich. Auf dem zum Gang verstand sich. Er brauchte keine Gedanken lesen zu können, um zu wissen, dass der diese Tatsache gerade übelst beschimpfte. Außerdem begann Schuldig, sich langsam Sorgen zu machen. Der Jüngere tat gerade etwas sehr Dummes: er tat so, als würde er schlafen. Mit geschlossenen Augen lag er in dem halb zurückgestellten Sitz. Das Dumme war nur, dass er tatsächlich immer wieder mal wegzuknacken schien, aber jedes Mal leicht zusammenzuckte, wenn er aufwachte. Alpträume. Etwas, dass der Rotschopf früher schon immer mal wieder gehabt hatte, teilweise sehr heftig, meist nach Missionen. Im Gegensatz zu ihm selbst hatte Ran sich noch lange nicht an das Töten gewöhnt und jedes Mal starb auch er ein wenig. Früher hätte Schuldig einfach in dessen Geist gefasst und die schlechten Dinge ausgeblendet, so dass der Jüngere in Ruhe schlafen konnte. Aus purer Gewohnheit hatte er genau das vor einigen Minuten wider getan – und war gegen die Barriere gestoßen, die Ran um sich aufgebaut hatte. Aber das war nicht das Einzige, was Schuldig an diesem beunruhigte: Er hatte gerade etwas anderes herausgefunden – dass der Jüngere sich geschminkt hatte. Nun, das nicht, aber dass er Make-up trug. Das tat Ran nie! Doch, einmal hatte er es getan, als er ihn hatte täuschen wollen, weil er nach mehreren Nächten mit Alpträumen ziemlich bleich gewesen war. Und diesmal konnte nicht einmal das die unnatürliche Blässe verbergen, die dieser aufwies. Aber als ob das noch nicht genug war, hatte Schuldig auch noch feststellen müssen, dass Ran abgenommen haben musste. So kam es ihm vor und er irrte sich da sehr, sehr selten. Und außerdem schien die rechte Hand immer mal wieder zu zucken, auch wenn der Rotschopf alles tat, um das zu verbergen. Was war mit dem Jüngeren los? War er krank und sagte nur deswegen kein Wort, weil er sauer war? Vollkommen zu Unrecht, nebenbei bemerkt? Nein, beschloss Schuldig, so konnte es nicht weitergehen. Er würde mit Ran reden müssen, ob er wollte oder nicht. Er konnte nicht noch, zu einem Auftrag, Babysitter für einen Kranken spielen. Er konnte und er wollte nicht. Nein, redete er sich selbst ein, während er den Jüngeren beunruhigt beobachtete, das war reine Notwendigkeit. Am Liebsten hätte er zumindest einmal Rans Stirn gefühlt, doch er wusste, eine falsche Bewegung und er hätte, wenn er Pech hatte, irgendein Messer, dass der Jüngere mit Sicherheit irgendwo versteckte, dort, wo es richtig weh tun würde... Wortlos und allein saß Ran in der nur schwach beleuchteten Ecke des Schweizer Nobelhotels, in das der Auftrag sie diesmal geführt hatte, ein Glas voll irgendwas in der Hand, dass irgendwer ihm aufgedrängt hatte. Er hatte nicht einen Schluck davon getrunken, ihm wurde allein von dem Geruch des Alkohols übel, bedachte man, dass er mal wieder nichts gegessen hatte, wäre es ohnehin eine dumme Idee, das Zeug zu trinken. Aber so hatte er wenigstens das Glas, mit dem er spielen konnte, während er die Frau beobachtete, die inoffiziell offiziell hier als Edelprostituierte für die Gäste arbeitete und die auch von diesem Everett gebucht worden war. Nach Schuldigs Aussage, was stimmen konnte, oder eben nicht. Er war nicht in der Lage zu arbeiten, hatte er festgestellt. Sie waren bereits am späten Vormittag in der Schweiz gelandet und das Erste war gewesen, dass Ran hatte feststellen müssen, dass es Winter war. Was er vergessen hatte und unter normalen Umständen einfach nicht geschehen wäre. Seit ihrer Ankunft, bis vor nicht ganz zehn Minuten hatte Ran sich dann in seinem Zimmer verschanzt, wobei er sich nicht hatte überwinden können, aufzustehen. So lange, bis Schuldig, erstaunlicherweise und mit einem seltsamen Gesichtsausdruck, bei ihm geklopft hatte, um ihn an den Empfang zu erinnern. Wo war der überhaupt? Alles in ihm schrie danach, sich nach dem Deutschen umzusehen, doch gleichzeitig wollte er sich das selbst nicht gestatten. Das durfte er nicht... Keine Schwäche zeigen und schon gleich dreimal nicht so! Er... er war nicht auf dem Telepathen angewiesen, hatte auch ohne diesen leben können – mit weit weniger Ärger, nebenbei bemerkt. Schuldig war für ihn gestorben, das musste er endlich begreifen, so weh es auch tat. Der Andere hatte sich nun einmal entschieden – nicht für ihn. Wie hätte er das auch erwarten können! Ein Leben mit ihm hätte ein ewiges Versteckspiel bedeutet! Vor Weiß, vor Schwarz, vor der Öffentlichkeit. Immer die Gefahr entdeckt und eliminiert zu werden. Im Grunde war es doch das Beste so, versuchte sein Verstand seinem Herzen klar zu machen. Wer konnte es dem Deutschen da schon verdenken, dass er sich gegen ihn entschieden hatte? Im Grunde hätte er sich ja auch nie auf diese Beziehung einlassen dürfen... Erneut ließ Ran seinen Kopf hängen, es war ihm, als wäre dieser zu schwer, um ihn aufrecht zu halten. Doch dann riss er sich zusammen. Er war hier schließlich nicht zum Spaß! Er konnte es sich nicht leisten, Schwäche zu zeigen, schon gar nicht, wenn die Gefahr bestand, dass Schuldig ihn sehen könnte! Nur der Auftrag hatte zu zählen! Was?? Sah er da gerade richtig? Verdammt! Er hatte doch nur eine Sekunde nicht hingekuckt! Doch das Bild änderte sich nicht. Da stand Schuldig vor dieser Prostituierten und flirtete mit ihr, in der einen Hand ein Glas mit Champagner, die Andere lässig an die Wand gestützt! Gerade, dass er die Frau nicht wirklich so auszog, wie seine Blicke es taten! Er kochte, um es simpel auszudrücken. Ran kochte. Nein, sagte er zu sich selbst. Schuldig ist nicht dein Eigentum. Doch er ertrug es einfach nicht. Nicht das, nicht im Moment. Nicht in seinem Zustand. Hastig erhob er sich, bekämpfte den Schwindel und die Übelkeit und rannte, unter den romantisch angebrachten Mistelzweigen hindurch, die er verzweifelt zu ignorieren versuchte, durch die geöffnete Terrassentür hindurch, ins Freie. Nicht auf die Kälte achtend, oder darauf, dass er nur eine leichte Hose und ein leichtes Seidenhemd trug. Nur weg, raus von dort. Nur nicht sehen müssen, was da drin abging. Dann war es leichter. Draußen war es vollkommen still und, etwas abseits des romantisch beleuchteten Weges, dunkel. Die eisige, fast stillstehende Luft zog an Ran vorbei. Lenkte ihn von der Kälte in seinem Inneren ab. Wenigstens etwas. Schneeflocken tänzelten um ihn herum, wie Kirschblüten, wenn ein Windstoß aufkam. Er legte seinen Kopf in den Nacken, starrte in den bewölkten Himmel, merkte die Gänsehaut nicht, die Kälte, die seine ohnehin schon kühlen Hände noch kälter werden ließ. Irritiert sah der Rotschopf sich um, erkannte, dass es wohl schon lange recht heftig schneien musste, denn der gesamte Boden war mit einer makellosen, leuchtend weißen Decke überzogen. Als wolle sie verhüllen was sich darunter verbarg. Es für immer verschwinden lassen. Ach, wenn das doch nur auch einmal bei ihm gelingen würde! Wenn er seine Gefühle unter so einer Decke begraben könnte! Ein für alle Mal! Um sie nie, nie wieder finden und mit ihnen umgehen zu müssen! Er müsste nie, nie wieder leiden. Hätte seine Ruhe, könnte reibungslos funktionieren, statt sich wie ein Krüppel durch den jeweiligen Tag zu schleppen, immer darauf bedacht, ja niemanden merken zu lassen, wie dreckig es ihm wirklich ging! Es wäre alles so viel einfacher... Ha! Volltreffer! Das war fast zu einfach gewesen, stellte Schuldig fest, als er der Frau den Rücken zuwandte. Er hätte diese Nutte auch keinen Moment länger ertragen, die ihn darin abzuschätzen versuchte, wie viel Geld ihm zur Verfügung stand! Mehr als die nötige Information wollte er gar nicht von ihr. Aber er beschloss, Ran noch eine Weile zappeln zu lassen. Sollte er doch selbst drauf kommen, er hatte es auch ohne seine Kräfte geschafft. In der Zeit, die er Jüngere brauchen würde, konnte er ja dann Ski fahren! Hatte er ohnehin schon lange nicht mehr gemacht. Apropos, verschanzte der Jüngere sich immer noch da hinten im Schatten und versuchte, nicht so kaputt auszusehen, wie er war? Sein Blick glitt dorthin, wo er den Jüngeren wusste. Nein, da war er nicht mehr. Also begann er, den Rest des gut gefüllten Raumes abzusuchen, doch der Jüngere blieb verschwunden. Hmmm, war er mal wieder in sein Zimmer verschwunden? Auch gut. Wenn, dann konnte er endlich mit ihm reden. Gerade, als er am Absatz der Treppe stand, sah er dann aber etwas anderes: Die weit offene Terrassentür. Nein, oder? So neunmaldämlich konnte Ran doch gar nicht sein! Er würde doch nicht... da draußen...! In dem Aufzug, indem er hier gesessen hatte? Mit dieser lächerlich dünnen Hose und dem Hemdchen, dass vielleicht für Melbourne das Richtige gewesen wäre?? Beunruhigt, sich wieder einmal einredend, dass er das alles nur tat, da es für ihn zweckdienlich wäre, kam er zurück, trat zu der Tür – und erstarrte. Das... das konnte es doch wohl nicht geben! Dieser... dieser... dieser Trottel! Da stand er, kaum zu sehen, abseits des Weges, mitten in dem Schneefall, der vor gut zwei Stunden eingesetzt hatte! Draußen! In der Kälte, ohne Jacke! Mitten im europäischen Winter in den Bergen!! Wütend lief Schuldig ihm hinterher, wobei er sich das Jackett vom Leibe zerrte, trat auf den Jüngeren zu, der ihn noch nicht mal bemerkte, obwohl er sich wahrlich keine Mühe machte, leise zu sein und der alte unter dem frischen Schnee gut zu hören knirschte!! Auf einmal legte sich etwas über seine Schultern. Erschrocken fuhr Ran herum, sich selbst für seinen Leichtsinn beutelnd – und sah direkt in ein paar wütend funkelnder Smaragde: „Sag mal, aber sonst geht es dir schon noch danke, oder wie! Wie kann man nur so neunmaldämlich sein! Mitten im europäischen Winter, mitten im Schnee zu stehen, ohne auch nur irgendwas mit langen Ärmeln, das dicker ist, als dieser lächerliche Fetzen!" Schuldig starrte den Jüngeren an, seine Wut über dessen Starrsinn hatte einen nie gekannten Höhepunkt erreicht. Dachte der Gutste vielleicht ernsthaft, so auch nur irgendwem noch eine Hilfe zu sein? Er sah aus, als könne der nächste, noch so leichte Windstoß, ihn von den Beinen fegen! Bleich, dass er dem Schnee ernstliche Konkurrenz machte und so knochendürr wie noch nie! Er schien diesmal sogar vergessen zu haben, sich zu schminken, was ihm in dem Licht eben noch nicht mal aufgefallen war! Der hatte doch seit seiner Abreise nix mehr gegessen! Gerade jetzt, in der angehenden Dunkelheit, fiel es besonders auf, dass der Jüngere noch dürrer war! Und das, wo er schon vorher nie auch nur ein halbes Pfund mehr am Leibe gehabt hatte, als nötig! Zumindest würde das Einiges erklären und wenn er so darüber nachdachte – er hatte nicht gesehen, dass Ran etwas angefasst hätte. Die Sachen im Flugzeug hatte er, so wie sie waren, zurückgehen lassen! „Du hast doch wirklich den Arsch offen! Mach, dass du wieder rein kommst! Aber pronto!" „Lass... mich doch... bitte einfach... in Ruhe", flüsterte Ran, nicht in der Lage, auf irgendeinen Streit einzugehen. Er fühlte sich viel zu... zerschlagen. Wollte nur noch seine Ruhe. Nichts mehr hören und nichts mehr sehen müssen. Es kostete ihn schon den Rest seiner Kräfte, die Schilde aufrecht zu erhalten. Schuldig musste wahrlich nicht wissen, wie es ihm wirklich ging. Auf irgendwelche dummen Kommentare in der Richtung konnte er verzichten. Es reichte schon das, was der so sehen konnte. Er konnte doch so schon kaum noch an sich halten! Wie gern würde er sich einfach an den Anderen ranschmeißen! Er wünschte sich nichts mehr, als dass die Arme des Älteren sich wieder um ihn schlossen... Aber nein... er wollte ums Verrecken kein Mitleid oder eine Mitleidsbeziehung! Nicht, dass Schuldig auf so etwas eingegangen wäre, dafür war er einfach nicht der Typ. Aber der hatte sich wohl mehr als eindeutig für das andere Ufer entschieden... Schuldig war entsetzt. Jetzt wäre einer dieser Kommentare wie ‚Was ich mache geht niemanden etwas an', fällig gewesen! Stattdessen... kam DAS??? Himmelherrgott noch mal! Wortlos packte er den Jüngeren am Handgelenk und zerrte ihn, vollkommen widerstandslos – und wenn da doch einer war, war er nicht erwähnenswert – hinter sich her, zurück in den Partyraum, an den seltsam dreinsehenden Gästen vorbei, in den Aufzug, wo er Ran erst einmal losließ und mit zu Schlitzen zusammengezogenen Augen musterte. Ringe. Der Junge schien, neben seinem offensichtlichen Ernährungsproblem, auch noch seit Ewigkeiten nicht mehr geschlafen zu haben, wo er doch fast nur auf seinem Zimmer rumhockte und ER die gesamte Arbeit bisher getan hatte! Als der Aufzug hielt, packte er Ran erneut, bevor dieser ausweichen hätte können, oder gar protestieren und schleppte ihn zu seinem eigenen Zimmer. Er hatte keine Lust, erst noch nach den Schlüsseln des Japaners suchen zu müssen. Erst, als er Ran in sein Zimmer geschubst und die Tür sicherheitshalber mehrfach verriegelt hatte, hielt Schuldig inne, starrte auf das bleiche, zuckende Gesicht. Er konnte den Kampf, den der Jüngere ausfocht, fast schon mit Händen fassen. „So, du Starrkopf. Diesmal wirst du nicht abhauen, sondern mir zur Abwechslung mal zuhören!", knurrte Schuldig, bevor er Ran auf sein breites Bett schubste und dann dessen Kopf zwischen seine Hände nahm. Er griff nur selten und ungern zu so rabiaten Methoden, aber der Andere ließ ihm ja keine Wahl mehr! Der war dabei, sich an irgend etwas kaputt zu machen! Und das würde Schuldig nicht zulassen! Nie, niemals!! Wenn er wetten müsste, hatte es auch noch was, mit dieser leidigen Angelegenheit zu tun... „So, damit dieses dumme Missverständnis ein für alle Mal aus der Welt geschafft wird! Das ist damals im Park passiert! Sieh selbst!" Ohne, dass Ran sich hätte wehren können, wurde er von einer Bilderflut überrannt, seine Barrieren fast weggeschwemmt. Schuldig, der da stand, immer wieder erwartungsvoll auf seine Uhr starrte, eine Frau, die ihn beobachtete, ansprach – und ohne ein weiteres Wort der Erklärung niederknutschte. Der Deutsche, der ihr eine schallerte, dass sie die Abdrücke auch sicher noch jetzt bewundern würde können, Schuldig, der versuchte, seine immer kleiner werdende Gestalt einzuholen... Ein Missverständnis! Er hatte Schuldig Unrecht getan? War das alles diesmal WIRKLICH nur ein dummes Missverständnis gewesen? All das... alles... sollte nur ein Irrtum gewesen sein? All diese Zeit, all diese Qual? Das Gefühl, einfach nur sterben zu wollen? Nur noch unsichtbar sein zu wollen, nicht mehr zu existieren? All das wegen eines Missverständnisses?!?? Aus fast unnatürlich groß wirkenden Augen sah Ran den Älteren an, spürte, wie dessen Fühler begannen, seine Schilde schlichtweg einzurennen. Nicht, dass er damit noch viel Arbeit hatte... Aber es spielte ohnehin keine Rolle mehr. Spätestens jetzt wollte der Deutsche ohnehin nichts mehr von ihm wissen, so schwach, wie er war.. so... unberechenbar und... schlicht dumm. Wer wollte schon etwas mit jemandem, wie ihm zu tun haben??! Ran merkte, wie er immer mehr in sich zusammensackte, sich zurückzog... Schuldig war überrumpelt, als er es endlich geschafft hatte, die inzwischen ohnehin stark schwankenden Schilde endgültig nieder zu reißen. Verzweiflung. Das war es, was ihm zuallererst in riesigen Wogen entgegenschlug. Pure Verzweiflung. Und darunter Schmerzen. Seelische Schmerzen, die so heftig waren, dass der Telepath sich fast zurückgezogen hätte. Die ihn angriffen, die Ran zu zerfressen schienen, in immer schneller werdenden Tempo. Außerdem fand er noch eine Bestätigung, die ihn fast dazu gebracht hätte, den Jüngeren noch nachträglich zu ohrfeigen. Ran hatte schon seit fast zwei Wochen nicht mehr richtig gegessen und in den letzten Tagen schließlich so gut wie gar nichts mehr und ein Butterkeks zählte da nicht wirklich, befand der Deutsche verärgert. Aber das Schlimmste war etwas anderes, was er schon einige Male zuvor, vor dieser Geschichte, zu spüren gemeint hatte, was er aber weder ernst genommen hatte, noch sonst etwas. Denn das hätte für ihn bedeutet, sich endlich mit dem auseinander zu setzen, was nun wirklich zwischen ihnen lief... Es war Liebe. Einfach nur reine Liebe und vollkommen auf ihn, auf Schuldig gerichtet. Ein Gefühl, dass ihm fast schon Angst einjagte, aber gleichzeitig so herrlich warm war, dass er sich nicht davon lösen konnte Und da, zum aller ersten Mal gestand er es sich selbst ein. Nein, es war nie einfach nur körperliche Anziehung gewesen, nie nur Sex oder der Kick mit einem Feind im Bett zu sein und ihn am nächsten Tag vielleicht schon zu töten. Es war mehr, es war viel, viel mehr. Auch bei ihm. Er... er... er liebte diesen sturen Esel vor sich! Scheiße! Das war sein erster Gedanken. Scheiße! Das änderte alles, verdammt! Das... das brachte nichts als Probleme mit sich! Denn wie lange würde er das noch vor Crawford geheim halten können – oder auch nur wollen? Nein, er wusste, er würde nie wieder auch nur eine Waffe auf den Rotschopf richten können. Es war zu spät... Sanft hob er dessen Kinn an, sah in die irgendwie trüb wirkenden, amethystfarbenen Augen, die ihn nicht fixierten, sondern einen Punkt hinter ihn anzustarren schienen. Ran schien sich in sich selbst verkrochen zu haben, weit entfernt von den seelischen Schmerzen, die er in der letzten Zeit gehabt haben musste, die erklärten, warum der Junge nicht geschlafen hatte. Nach einer halben Ewigkeit hatte sich immer noch nichts getan. Seufzend strich Schuldig über die seidige Haut. Na gut, dann musste er es eben anders versuchen. Vielleicht half ja der Dornröschen-Trick. Vorsichtig, als habe er Bedenken, den Jüngeren zerbrechen zu können – gut, dementsprechend sah er ja schließlich auch aus!! – legte er seine Lippen auf die des Jüngeren. Wie zur Antwort pressten sich auf einmal ein Paar Lippen auf die Seinen, nahmen sie in Beschlag, während eine Hand sanft, zärtlich seine Seite entlangglitt. ‚Du Dummkopf!', schimpfte Schuldig selbst jetzt weiter, doch dabei musst er sogar in den Kuss hinein lächeln. ‚Ganz allein mein dummes Kätzchen,' ergänzte er, bevor er von dem Jüngeren ablassen musste. Er setzte sich neben Ran, zog ihn in seine Arme, ließ zu, dass dessen Finger, die nebenbei bemerkt, wirklich schaurig knochig geworden waren, sich in sein Hemd verkrallten, als habe der Rotschopf schon wieder Angst verlassen zu werden. „Mein kleiner Dummkopf", wiederholte er seine Worte laut, während er den von Schluchzern geschüttelten Körper festhielt und von Zeit zu Zeit die Tränen wegwischte. Er wusste, er konnte nicht viel machen, nur warten, bis der Andere sich langsam wieder beruhigte. Er konnte schon froh sein, dass er keine Gewalt hatte anwenden müssen, um den Jüngeren aus sich selbst herauszuzwingen. „Süßer, kleiner Dummkopf", redete Schuldig weiter auf das Häufchen Elend in seinen Armen ein. „Was meinst du wohl? Wäre ich dir überhaupt so lang treu geblieben, wenn ich dich nicht auch... lieben ... würde?" Es war seltsam, diese Worte auszusprechen, stellte er dabei erstaunt fest. Und es tat... es tat richtig gut! Fühlte sich richtig an. Wie zur Antwort folgte ein besonders lauter Schluchzer. „Ganz ruhig, ich bin da und ich werd auch so schnell nicht mehr verschwinden. Irgendwer muss ja ein Auge auf dich haben. Wie auch immer du mich davon überzeugt hast, dass ich das bin", murmelte Schuldig, immer noch ungläubig über das, was er gerade dachte und sagte. „Aber eines verspreche ich dir! Und wenn du dich noch so sehr stur stellst! Ab heute wirst du wieder normal essen und wenn ich es dir mit Gewalt eintrichtern muss! Du bist ja nur noch Haut und Knochen, du nervöses Wrack! Du Irrer! Wie, bitteschön, kann man zu essen aufhören!" Schuldig merkte, wie der schraubstockartige Griff um den Stoff seines Hemdes endlich wieder locker wurde. Versonnen lächelnd strich er über die tiefroten Haare, kraulte die Kopfhaut, wie er wusste, dass Ran es schon früher immer geliebt hatte. Wie ein richtiges Katerchen eben. Sein Katerchen! „Ich lass dich nicht mehr allein, du Starrkopf. Dafür hast du nachhaltig gesorgt..." Als Schuldig schließlich mal an sich herabsah, musste er lächeln. Er war sich sicher, hätte in dem Moment irgendwer ein Foto geschossen, er hätte das dämlichste Grinsen aller Zeiten darauf eingefangen. Eben eine Art Foto, die einen bis ans Lebensende verfolgen würde und bei jeder unpassenden Gelegenheit herumgezeigt wurde. Aber Ran war in seinen Armen einfach eingeschlafen. So, wie früher. Ohne Angst vor ihm, wieder voller Vertrauen... Wohl vor lauter Erschöpfung. Gott, sah der Junge süß aus! Ja, er wusste, warum er dem Japaner vollkommen verfallen war! Wie sehr hatte er es immer geliebt, ihm zuzusehen, wenn er eingeschlafen war und das Gesicht sich endlich mal entspannte, gezeigt hatte, wie jung Ran eigentlich war. Vorsichtig löste er den schlaffen Körper von seinem Schoß und bettete ihn auf die Kissen, deckte ihn zu, strich die eine, etwas längere Strähne aus dem Gesicht, die immer wieder über die Stirn rutschte. Etwas irritiert stellte er dabei fest, dass der längliche, goldene Ohrring fehlte. Stattdessen war da eine frische Wunde. Na gut, er wollte Ran nicht wecken, indem er jetzt in seinen Gedanken stöberte, da dieser so was immer merkte, aber die Antwort auf die Frage würde er sich am nächsten Tag auch noch holen! „Dummerchen", murmelte Schuldig lächelnd, während er beobachtete, wie das Schluchzen im Schlaf allmählich nachließ. „Du hast ganz umsonst so gelitten. Wenn du halt nur mal über deinen Schatten gesprungen wärst und zugehört hättest... Jetzt hab ich die Arbeit, dich wieder aufpäppeln zu müssen..." If If I was a river You would be my ocean Every stream would lead me to your arms And if If I was a river I'd flow to you forever Love would run forever in this heart of mine If I, if I If I was a river Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)