Blut auf dem Mond von Fellfie ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Oje, das war eine ewig lange Pause. Zwischen meinen Diplomprüfungen habe ich leider keine Zeit zum Schreiben gefunden. Aber hier ist jetzt endlich das neue Kapitel. Oh... und was die 5 Kapitel angeht... oO Vergesst das am besten einfach wieder. Harry und Marvolo sind außer Kontrolle >.< Blut auf dem Mond Kapitel 6 Die folgenden Tage erlebte Harry wie im Traum. Er folgte Marvolo blind wie ein verlorener Welpe überall hin, ließ sich das Schloss zeigen und wurde den anderen Bewohnern vorgestellt. Dabei staunte Harry wieder wie viel Macht und Einfluss der Vampirfürst zu haben schien. Er sagte einfach nur: „Darf ich vorstellen? Das ist Harry.“ Mehr nicht. Und alle schienen damit zufrieden zu sein. Niemand stellte Fragen. Natürlich entgingen dem Jungen die misstrauischen und zum Teil auch offen neidischen Blicke der Vampire nicht, aber niemand wagte auch nur falsch in seine Richtung zu blinzeln. Besonders angespannt in den ersten Tagen waren die Vampire, denen Harry in diesem Schloss zuerst begegnet war, allen voran Lucius Malfoy. Offenbar fürchtete er, dass der Junge erzählen könnte, was sich in dem Kaminzimmer zugetragen hatte, doch Harry hatte nichts dergleichen vor. Es würde Marvolo nur unnötig aufregen und außerdem war er nicht nachtragend. Die Vampire hatten ihrer Natur gehorcht und das konnte er ihnen ja schlecht übel nehmen, oder? Lucius Malfoy war es auch, der sofort seine Haus- und Hofschneiderin Madam Malkins empfahl, um Harry angemessene Kleidung zu besorgen, denn in den zu großen Sachen von Marvolo konnte er ja nicht für immer rumlaufen. Wenn Marvolo über Malfoys Eifer, behilflich zu sein, verwundert war, so ließ er sich nichts anmerken. Die Benachrichtigung, dass ihre Dienste gebraucht wurden, war kaum einen Tag unterwegs, da stand Madam Malkins auch schon vor den Toren des Schlosses, vermaß Harry und war so schnell verschwunden, wie sie gekommen war. Einige Tage später tauchte sie wieder auf, mit 2 Kutschen voller Kleidung. Mit maßlosem Erstaunen, beobachtete Harry sich selbst dabei, wie er ein teures Kleidungsstück ums andere anprobierte, stillstand, damit die Vampirin mit Stecknadeln markieren konnte, wo noch Änderungen von Nöten waren, und es dann wieder auszog, um ins nächste zu schlüpfen. Marvolo saß die ganze Zeit mit einem Glas Blut und einem Buch, das vergessen auf seinen überschlagenen Beinen lag, im Hintergrund und wählte am Schluss die Stücke aus, die er zu kaufen gedachte. Am Ende dieser Nacht war Harry rechtmäßig erschöpft und hatte nicht das geringste Problem alleine in seinem großen Bett einzuschlafen. Marvolo hatte ihm ein eigenes, großes Zimmer zur Verfügung gestellt, nur ein paar Türen den Gang abwärts von seinen eigenen Gemächern. Harry war ihm unglaublich dankbar dafür und doch fühlte er sich durch die schiere Größe des Zimmers erschlagen. Es war zwar nur ein Raum, der sowohl Schlafzimmer als auch Wohnbereich war und nicht einmal ganz so groß war, wie Marvolos eigenes Schlafzimmer, aber er war trotzdem größer als das gesamte Haus der Dursleys. Und der Gedanke, dass er das nun wirklich sein Eigen nennen durfte, war überwältigend. Harry war an sein schmales, hartes Bett oben auf dem engen Dachboden gewöhnt. Die ersten Tage hatte er sich in dem großen, weichen Bett so verloren und fehl am Platz gefühlt, dass er kaum hatte schlafen können. Er zog auch immer noch den Kopf ein, wenn er sich am Abend aus dem Bett rollte, um sich nicht an der nun nicht mehr vorhandenen Dachschräge zu stoßen. Einige Tage später trafen dann die maßgeschneiderten Sachen ein. Ein wenig bedauerte Harry es, denn es bedeute, Marvolos Kleidung abzulegen und das wiederum fühlte sich so an, als würde er damit auch ein Stück ihrer Verbundenheit ablegen. Das war natürlich Blödsinn, schließlich änderte seine Kleidung nichts an Marvolos Einstellung ihm gegenüber, trotzdem schlüpfte Harry nur mit einem schweren Seufzer in die neuen Sachen. Er hatte noch niemals in seinem Leben etwas so Teures und Wertvolles besessen. Die ersten Tage wagte er kaum, sich darin zu bewegen aus Angst, sie mit Flecken zu beschmutzen oder gar kaputt zu machen. Danach gewöhnte er sich langsam daran, nicht zuletzt natürlich, weil auch Marvolo ähnliche teure Kleidungsstücke trug, sich aber ganz natürlich darin bewegte. Was Harry ganz besonders ans Herz gewachsen war, war ihr allmorgendliches Ritual vor dem zu Bett gehen noch ein wenig in Marvolos Lesezimmer zusammenzusitzen, zu reden oder einfach zu lesen. Das hieß- Marvolo las und Harry rollte sich gemütlich auf dem Sofa zusammen und sah ihm dabei zu. Er mochte den konzentrierten Ausdruck auf dem Gesicht des Vampirs, wenn dieser die Welt um sich herum vergaß. Harry bemühte sich auch stets, ganz still zu liegen, um Marvolo nicht zu stören. Meistens schlief er dabei ein und wachte am nächsten Abend in seinem Bett auf. Er fragte sich, wer ihn jedesmal ins Bett brachte. Ob sich Marvolo selbst die Mühe machte oder ob er Koukol, seinen buckligen Diener, damit beauftragte, aber Harry wagte nicht zu fragen. Einmal hatte er versucht, wach zu bleiben und nur so zu tun, als schliefe er, aber er hatte es nicht durchgehalten. Vermutlich hatte Marvolo ihn ohnehin sofort durchschaut. Inzwischen hatte sich der Junge auch daran gewöhnt, dass der Vampir Blut trank. Ihm selbst wurden Säfte oder Tee serviert und häufig begleitete Marvolo ihn hinunter in den Speisesaal, wo Harry seine Mahlzeiten einnahm. Obwohl der Vampirfürst selbst nichts zu sich nahm, beobachtete er Harry mit großem Interesse beim Essen. Das hingegen irritierte den Jungen nach wie vor und er glaubte auch nicht, dass er sich je daran gewöhnen würde, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Außerdem überraschte es ihn, dass er hier in diesem Schloss, das von Vampiren bevölkert wurde, die ja außer Blut nichts zu sich nahmen, so leckeres und reichhaltiges Essen bekam. Harry hatte angeboten, seine Mahlzeiten selbst zuzubereiten, weil er nicht noch mehr Umstände machen wollte, doch Marvolo hatte davon nichts wissen wollen. „Sie sehen ihre Lebensaufgabe darin, zu dienen. Sie würden dich keinen Handschlag tun lassen“, hatte er gesagt und Harry- verblüfft, weil sein Angebot zu helfen noch nie abgewiesen worden war- hatte geschwiegen und das Thema nicht weiter verfolgt, obwohl er diese Aussage recht kryptisch fand. Wer waren „sie“? Vampire? Oder andere Geschöpfe? Gab es außer Koukol und ihm etwa noch andere Menschen in diesem Schloss? Und, waren das dieselben, die heimlich und unsichtbar so viele Arbeiten in diesem Schloss verrichteten? Wie zum Beispiel das Entzünden der Kerzen jeden Abend, bevor die Bewohner des Schlosses erwachten? Oder das Machen seines Bettes, wenn er es mal wieder vergessen hatte? Während er darüber nachdachte, wanderte Harrys Blick träge hinüber zu dem Tisch, der die Couch, auf der er lag, von dem Sessel trennte, in dem Marvolo las. Eine leere Flasche und ein halbleeres Glas Blut standen auf Marvolos Seite und eine halbleere Flasche Weißwein, sowie ein leeres Glas auf Harrys Seite. Es war das erste Mal, dass Marvolo Harry etwas Alkoholhaltiges angeboten hatte und der Junge hatte festgestellt, dass er den süßen, fruchtigen Geschmack des lieblichen Weißweins mochte. Ein bisschen zu sehr vielleicht, denn inzwischen merkte Harry, dass sich Gedanken nur noch im Schneckentempo bewegten. Der Raum drehte sich ein wenig um ihn, aber er fühlte sich sehr zufrieden. Der Alkohol wärmte ihn von innen und Marvolo sah fantastisch aus, wie er so da saß und las. Als der Vampirfürst seinen Blick spürte, sah er auf und blickte in halb geschlossenen, verschleierten tiefgrüne Augen. Einen Moment starrte Marvolo einfach zurück und befeuchtete sich unbewusst mit der Zunge die Lippen, denn das war einer der erotischsten Anblicke, die er je zu Gesicht bekommen hatte. Harrys Augen folgten der Bewegung seiner Zungenspitze. Er klappte das Buch zu, stellte es zurück ins Regal und trat dann wieder zu Harry. Schwankend setzte der Junge sich auf. Der Raum drehte sich nun stärker um ihn und als er nach vorne fiel, fand er Halt an Marvolos Körper. Gegen den Bauch des Vampirfürsten gelehnt blieb er sitzen, aber die Welt kam nicht zu Stillstand. Eigentlich wollte Harry sagen, dass er müde sei und nun schlafen gehen wolle, doch er hörte sich selbst nur unverständliche Worte lallen, die keinen Sinn ergaben. Aber irgendwie war ihm das egal. Marvolo warf einen Blick auf die halbleere Flasche, blickte dann wieder auf den dunklen Haarschopf herunter, der an seinem Bauch lehnte und schmunzelte dann. „Du bist betrunken. Du solltest ins Bett. Komm.“ Er half Harry auf die Beine und kaum stand dieser auf seinen Füßen, lehnte er sich wieder Halt suchend gegen ihn. Der Junge nuschelte etwas Undeutliches, das man als Entschuldigung auslegen konnte, machte aber keine Anstalten, sich aufrecht hinzustellen. Vermutlich war ihm selbst klar, dass der Versuch scheitern würde. Marvolo legte ihm einen Arm um die Schultern und machte Anstalten, einen Schritt vorzutreten, um Harry in sein Bett zu geleiten, doch der Junge rührte sich nicht vom Fleck. Den Blick auf den Boden geheftet, vergrub er seine Finger schweigend in den Stoff von Marvolos Oberteil. Der Vampir hielt inne, blinzelte und neckte ihn dann: „Was? Du willst nicht in dein Bett? Dann vielleicht in meines?“ Doch Harry reagierte auf diese Zweideutigkeit anders als erwartet- was vielleicht seiner Trunkenheit zuzuschreiben war. Er wurde nicht rot, stattdessen hob er den Blick vom Boden, sah Marvolo aus seinen vom Alkohol vernebelten Augen direkt an und lächelte. Der Vampirfürst starrte einige Herzschläge lang zurück, dann rutschte sein Arm hinunter zu Harrys Taille, drückte ihn an sich und in seinen Augen und in seinem Lächeln waren ein Hunger zu lesen, der erfahrenen Straßenhuren die Schamesröte aufs Gesicht getrieben hätte. Harry jedoch entging dieser Ausdruck und als Marvolo ihn in das Schlafgemach führte, hatte er alle Hände voll damit zu tun trotz des stützenden Arms um seine Taille auf den Beinen zu bleiben. Am Bett angekommen löste sich Harry von dem Vampirfürst und ließ sich mit einem leisen, zufriedenen Laut auf die Decke fallen. Trotz der trunkenen Trägheit seines Körpers, ging ihm ein Gedanke ganz klar durch den Kopf: Dass er endlich einen Ort hatte, den er Zuhause nennen konnte. Dann war er eingeschlafen. Marvolo blickte auf den Jungen auf seinem Bett hinunter. Erstaunlich, was der Alkohol für eine Wirkung auf ihn hatte. Einerseits enthemmend, andererseits einschläfernd. Eine Mischung, die dem Vampirfürsten überhaupt nicht gefiel. Seine roten Augen glitten hungrig über die schlafende Gestalt. Harry lag noch nicht einmal richtig im Bett, die Beine hingen immer noch über die Bettkante, beim Fallen hatte er das Kopfkissen nicht erwischt, die Spitzen seiner schwarzen Haare berührten es gerade eben. Doch all das schien den Jungen nur wenig zu stören. Seine Brust hob sich in langsamen, gleichmäßigen Atemzügen, dichte, schwarze Wimpern ruhten auf vom Alkohol geröteten Wangen, die Lippen waren leicht geöffnet und zu einem kleinen Lächeln verzogen. So schutzlos. So wehrlos. So erregend. Alles in Marvolo schrie danach, den Jungen jetzt zu nehmen, alles was er hatte, sein Blut, seinen Körper, ungeachtet des halb bewusstlosen Zustandes. Heiße Leidenschaft brodelte in seiner Brust und ließ sich kaum bezähmen. Als er Harry richtig aufs Bett legte und zudeckte, zitterten seine Hände, weil ihn die Selbstbeherrschung so viel Kraft kostete. Dieser Kontrollverlust machte ihn wütend, obwohl niemand da war, um es zu sehen. Trotzdem zeigte er, wie viel Macht der Junge über ihn hatte- und dazu musste er nicht einmal wach sein. Marvolo beugte sich zu der schlafenden Gestalt hinunter und flüsterte: „Du bist ein böser Junge, Harry.“ Seine Finger glitten über die Ohrmuschel, den Hals hinab zu dem bisschen Haut, dass der kleine V-Ausschnitt seines Oberteils preisgab. „Du solltest mich nicht so in Versuchung führen. Sogar meine Selbstbeherrschung hat Grenzen.“ Dann küsste er ihn auf die Stirn, die geschlossenen Augen, die Lippen und den Hals. Er spürte, wie sich seine Zähne gegen seinen Willen verlängerten, spürte das warme Blut unter seinen Lippen pulsieren und wandte sich abrupt ab, um den Raum zu verlassen und auf die Jagd zu gehen, obwohl die Morgendämmerung nicht mehr weit entfernt war. ooOoOoo Es fiel Harry schwer, wach zu werden. Er blinzelte träge, hob den Kopf und wurde von einer neuen Welle der Müdigkeit überrollt. Als er die Augen das nächste Mal aufschlug, ging es etwas besser. Als er sich aufsetzte, geriet die Welt unversehens in Bewegung und sein Magen schlug einen Purzelbaum. Schnell schloss er die Augen wieder und ließ sich zurück in sein Kissen fallen. Bei der Gelegenheit merkte er, dass ihm auch der Kopf etwas weh tat. Lag es an dem Wein, den er gestern konsumiert hatte? Er musste Marvolo fragen. Wenn ja, dann würde er das nächste Mal etwas umsichtiger trinken. Er versuchte, noch einmal einzuschlafen, in der Hoffnung, dass es ihm danach besser ging, doch es erwies sich als nutzlos. Er war wach. Egal, was sein Kopf oder sein Magen dazu zu sagen hatten. Mit einem leisen Seufzen drehte er den Kopf, schlug die Augen auf und erstarrte. Er war nicht allein. Neben ihm im Bett lag Marvolo. Und jetzt, als Harry sich die Bettwäsche besah, merkte er, dass sie nicht dieselbe Farbe hatte wie seine. Das war nicht sein Bett. Er hatte offensichtlich in Marvolos Schlafzimmer geschlafen. Mit klopfendem Herzen fragte er sich, was gestern passiert war. Seine Erinnerung an das Ende des Abends war verschwommen. Er hatte auf der Couch gelegen und Marvolo hatten ihm dann aufgeholfen. Er konnte sich vage erinnern, dass der Vampirfürst etwas zu ihm gesagt hatte... und dann? Wie war Harry in seinem Bett gelandet? Bilder von jenem Abend nachdem Harry zu ihm gekommen war, huschten dem Jungen durch den Kopf, begleitet von einem Ziehen im Unterleib, von dem Harry nicht sicher war, ob es tatsächlich unangenehm war. Der Kuss, die Couch... Rasch schüttelte er den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben und riskierte einen vorsichtigen Blick unter seine eigene Decke. Er war vollständig bekleidet. Er trug immer noch seine Sachen vom Vortag, die nun allerdings recht zerknittert waren. Er atmete auf und warf wieder einen Blick zu Marvolo. Betrachtete das von dunklen Haaren umrahmte, blasse Gesicht, das im Schlaf nahezu alle Schärfe verloren hatte. Nur die gerunzelte Stirn erinnerte an den sonst kühlen und dominanten Vampirfürsten. Harry streckte eine Hand aus, wie um die Falten in Marvolos Stirn zu glätten, die das Bild von Frieden störten, doch er zögerte und ließ sie dann wieder sinken. Eigentlich war es in Ordnung so. Ein anderer Ausdruck hätte Marvolo beinahe verletzlich wirken lassen und das war etwas, dass sich Harry bei ihm nur schwer vorstellen konnte. Schließlich hatte der andere immer alles im Griff, immer die Kontrolle... Langsam setzte der Junge sich auf. Der zweite Versuch klappte besser. Das Pochen hinter seinen Schläfen wurde stärker, aber sein Magen revoltierte nicht mehr und das Zimmer drehte sich auch nur ganz kurz. Vorsichtig schwang er die Beine aus dem Bett und stand auf. Das klappte gut und dadurch ermutigt lief er zum Fenster, öffnete die geschlossenen Vorhänge ein Stück und spähte hinaus. Es war jedoch unmöglich zu sagen, wie spät es war. Es war noch nicht dunkel, aber alles war gleichmäßig grau und Wolken verhangen. Es regnete in Strömen. Leise, um Marvolo nicht zu wecken, kroch Harry auf die Fensterbank, zog den Vorhang wieder hinter sich zu und öffnete ein Fenster, um die frische, nach Regen riechende Luft einzuatmen. Ein kühler Wind ließ ihn frösteln und er zog die Beine eng an den Körper und legte den Kopf auf die Knie, um dem sanften Rauschen des Regens mit geschlossenen Augen zu lauschen. Es war lange her, dass er draußen gewesen war. Seit er hierher gekommen war, hatte er das Schloss noch kein einziges Mal verlassen. Natürlich nicht, schließlich hatte er jede freie Minute mit dem Vampirfürsten verbracht und dieser hatte es vorgezogen, in seinem Schloss zu bleiben. Er mochte es, mit Marvolo Zeit zu verbringen, aber jetzt, wo er hier am Fenster saß, merkte er, dass es ihm fehlte, draußen herumzulaufen, den Wind auf seiner Haut zu spüren und im Mondlicht zu baden, wie er es mit dem Vampir getan hatte, als er noch bei den Dursleys gewohnt hatte. Urplötzlich fühlte er sich gefangen in diesem Schloss, obwohl Marvolo ihm nie ausdrücklich verboten hatte, nach draußen zu gehen. Das Bedürfnis diesen steinernen Wänden zu entkommen wurde beinahe übermächtig. Wenn er sich jetzt raus schlich, würde Marvolo nichts merken und vielleicht wäre er ja schon wieder zurück, bevor sein Verschwinden überhaupt auffiel… Harry vergrub seinen Kopf tiefer in den Armen, die er um seine Knie geschlungen hatte. Nein, er durfte so nicht denken. Es war undankbar. Es war unfair, dem Vampirfürsten vorzuwerfen, er würde ihn auch gefangen halten, obwohl dieser gar nicht wusste, wie sehr es ihn nach draußen, in die Natur zog. Er würde einfach mit ihm reden. Heute... später... wenn er wach war... Harry schreckte auf, als der Vorhang zurückgerissen wurde und an seiner kurzen Orientierungslosigkeit erkannte er, dass er geschlafen haben musste. Seine steifen Glieder bestätigten das. Erschrocken blieb er wie versteinert sitzen, als er den Zorn sah, der in den roten Augen loderte. Marvolos Stimme hingegen war ganz ruhig, als er sagte: „Hier hast du dich also verkrochen.“ Einige Momente schwieg er, dann sagte Harry vorsichtig: „Als ich vorhin aufgewacht bin, wollte ich schauen, ob es schon dunkel ist. Es hat geregnet, also war es schwer zu sagen, wie spät es ist. Ich bin wohl wieder eingeschlafen.“ Er blickte hinaus in die dunkle Nacht. Es hatte aufgehört zu regnen, aber die Luft war immer noch frisch und kühl. Dann schaute er wieder zu Marvolo auf. „Tut mir leid. Ich wollte nicht einfach so verschwinden.“ Der Sturm in den rubinroten Augen legt sich kaum. „Es ist Zeit zum essen. Zieh dich um und dann gehen wir in den Speisesaal.“ Er umfasste Harrys Arm, um ihm vom Fensterbrett zu helfen. „Wie lange hast du da gehockt?“, herrschte er ihn plötzlich an und der Junge zuckte zusammen. „Du bist eiskalt. Liegt dir nichts an deiner Gesundheit? Es würde mir einige Umstände bereiten, wenn du krank wirst.“ Betreten schaute Harry zu Boden. „Tut mir leid.“ Der Vampirfürst gab einen unwirschen Laut von sich und zog ihn dann von der Fensterbank. Überrascht taumelte Harry gegen ihn, weil seine Beine, sein Gewicht noch nicht tragen wollten und Marvolo stützte ihn mit beiden Händen an den Oberarmen. Zum ersten Mal fiel Harry auf, wie warm sich der Körper des anderen anfühlte und er unternahm keinen Versuch, sich von Marvolo zu lösen. Dieser duldete es schweigend. „Marvolo...“ Harry stockte, weil der Name sich so ungewohnt auf seiner Zunge anfühlte. Obwohl sie viel Zeit miteinander verbrachten, nannte er den Vampirfürsten selten beim Namen. „Warum bist du so warm? Ich dachte immer, Vampire wären eher kalt.“ „Die meisten sind es“, antwortete der Größere unwillig und Harry beließ es dabei. Zwar hätte ihn interessiert, warum es bei Marvolo anders war, doch dieser schien heute ziemlich schlechte Laune zu haben. So blieb er einfach an den Anderen gelehnt stehen, gewärmt von dessen Körper. Nach einer Weile schob Marvolo ihn von sich. „Zieh dich jetzt um. Ich gehe schon vor.“ Harry nickte, ein bisschen enttäuscht darüber, dass der Moment der Nähe schon vorüber war, doch sein Magen meldete sich mit einem leisen Knurren, und verlegen machte er sich auf den Weg in sein Zimmer. Als er im Speisesaal eintraf, war die Tafel schon reich gedeckt und neben seinem Teller stand ein Becher mit einer heißen Flüssigkeit. Vorsichtig schnupperte er an dem Getränk, nachdem er sich gesetzt hatte und roch sofort den Alkohol. „Heißer Met“, erklärte Marvolo. „Der wird dich von innen wärmen.“ Harry dachte an den Weißwein und daran, dass er sich kaum noch an den letzten Abend erinnern konnte und seine Zweifel mussten ihm wohl deutlich anzumerken gewesen sein. Auf Marvolos Gesicht erschien ein kleines Lächeln. „Heute gibt es nur diesen einen Becher für dich. Ich habe nicht vor, dich wieder betrunken zu machen.“ In seinen Augen leuchtete dabei etwas, das Harry nicht identifizieren konnte und das ihn verunsicherte. Trotzdem trank er folgsam seinen Met, während er seinen Hunger stillte. „Ich habe überlegt“, begann Marvolo, nachdem Harrys Tempo beim Essen nachließ und er fast manierlich aß, was ein Zeichen dafür war, dass er satt war, „Für dich ist es sicher sehr langweilig immer nur daneben zu sitzen, während ich lese.“ Hastig schüttelte Harry den Kopf. „Überhaupt nicht“, versicherte er, was durchaus der Wahrheit entsprach, doch Marvolo ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. „Ich habe überlegt“, wiederholte er, „ob es dir gefallen würde, lesen zu lernen.“ Die Hand, die gerade die Gabel zum Mund führte, hielt auf halbem Wege inne und Harry starrte den Vampirfürsten sprachlos an. Er hatte schon lange darum bitten wollen, sich aber nie getraut. Dass Marvolo den Vorschlag nun von sich aus machte, ließ das kleine pelzige Ding in seinem Magen zu neuem Leben erwachen. Mit strahlenden Augen antwortete er: „Ich... ja, ich würde sehr gerne lesen lernen.“ „In Ordnung. Dann folge mir.“ Rasch legte Harry das Besteck nieder und folgte Marvolo. Sie steuerten dieses Mal nicht den Flügel an, in dem sie beide lebten. Stattdessen wurde der Junge tief ins Herz des Schlosses geführt, hinunter in die Kellerräume bis vor eine eisenbeschlagene Eichentür. Marvolo machte sich nicht die Mühe anzuklopfen, sondern trat einfach ein und Harry hatte sofort ein mulmiges Gefühl. Dieser Raum war gruselig und erinnerte an das Kuriositäten-Kabinett, das einmal im größeren Nachbardorf seine Zelte aufgeschlagen hatte und von dem seine Verwandten erzählt hatten. Es war nichts Wohnliches in diesem Raum. An nackten Steinwänden standen bis zur Decke Regale, auf denen sich Flüssigkeit gefüllte Gläser befanden, in denen allerlei herumschwamm. Vieles sah zumindest entfernt nach tierischen Lebewesen aus, einiges konnte Harry beim besten Willen nicht zuordnen- er gab sich allerdings auch die größte Mühe, nicht allzu genau hinzusehen. Stattdessen richtete er seine Aufmerksamkeit auf den großen Schreibtisch im Zentrum des Raumes. Der Mann, der an ihm saß, hatte überrascht aufgesehen, als sie ohne jede Vorankündigung sein Reich betreten hatten, doch als er seinen Herren erkannte, war er aufgestanden und hatte sich tief verbeugt. „Severus, wir hatten gestern schon einmal kurz über Harry geredet.“ Der Junge spürte, wie eine Hand in seinem Rücken ihn nach vorne schob, damit der schwarzhaarige Mann ihn besser sehen konnte. Er wünschte, er hätte sich weiter hinter Marvolos Rücken verstecken können. Der stechende Blick der pechschwarzen Augen machte ihm nicht gerade Mut. „Das ist der Junge, den ich unterrichten soll, Mylord?“ Marvolo nickte und wandte sich an Harry. „Harry, das ist Severus Snape. Er wird dir das Lesen beibringen.“ Harry fixierte seinen zukünftigen Lehrer. So sehr er sich auch anstrengte, er konnte nichts Sympathisches an diesem Mann finden, der wie eine zu groß geratene Fledermaus hinter seinem Schreibtisch stand und ihn abschätzig über seine Hakennase hinweg musterte. Der Unterricht würde wohl alles andere als spaßig werden, das ahnte der Junge schon jetzt. Er biss sich auf die Unterlippe und bemühte sich, ansonsten keine Miene zu verziehen, denn er spürte Marvolos Blick auf sich. Natürlich war er enttäuscht. Er hatte gehofft, dass der Vampirfürst ihn selbst unterrichten würde. Anderseits war es wohl ziemlich anmaßend, zu fordern, dass dieser noh mehr Zeit mit ihm verbrachte. Aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Natürlich durchschaute Marvolo ihn wie immer sofort. Er legte Harry einen Arm um die Taille, zog ihn an sich und sagte leise mit seiner seidigen Stimme: „Nun mach nicht so ein Gesicht. Ich bin als Lehrer völlig ungeeignet. Das einzige, was ich lehren kann ist Schmerz und Gehorsam. Von dem einen hast du genug erfahren und an dem anderen mangelt es dir nicht.“ Harry seufzte. Er hatte den leisen Verdacht, dass auch Severus Snape mit wenig Geduld gesegnet war. Das konnte ja heiter werden. -wird fortgesetzt- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)