Some Shorties von abgemeldet (klitzekleine Szenen aus dem Leben zweier alter Bekannter) ================================================================================ Kapitel 16: Die perfekte Schnecke - oder: "Denkst du, über so etwas mache ich mir den ganzen Tag Gedanken?" ----------------------------------------------------------------------------------------------------------- „Weißt du, Kaiba-Boy…“, er verzieht das Gesicht bei dieser Titulierung, doch das juckt mich nicht: „Ich wollte dich ja schon immer was fragen…“ Ich grinse und kratze mir mit dem Ringfinger an der Nase, was nicht schwer ist, da meine Finger eh schon in meinem Gesicht herumgammeln, so wie ich dasitze, tief nach vorn gebeugt, die Ellenbogen auf dem Tisch und das Kinn in den Handflächen. Er hebt die Augenbrauen, macht ein täuschend interessiertes Gesicht und rückt sich in seiner wohlerzogenen und leicht arroganten Haltung zurecht. Er hat das eine Bein über das andere geschlagen, sitzt leicht zur Seite geneigt und hält die Hände zu seiner Rechten auf der Sessellehne verschränkt. Er nimmt sich die Zeit, kurz den Blick über meine Schulter hinweg durch den Saal hinter mir schweifen zu lassen, bevor er nachfragt: „Und das wäre?“ Ich feixe noch etwas weiter ob seiner leicht desinteressierten, distanzierten Art, doch dann fixiere ich ihn und seine eisblauen Augen. „Warum hast du eigentlich nie was mit einem Mädchen? Was Ernstes mein ich!“ Kaiba blinzelt kurz und öffnet scheinbar ehrlich erstaunt den Mund, doch bevor er etwas Unüberlegtes von sich geben kann, besinnt er sich noch einmal kurz und gibt dann etwas frech zurück: „Vermutlich nicht aus dem selben Grund, warum ich DICH noch nie mit einer Frau gesehen habe.“ „Ahaaaa!“, töne ich gekünstelt empört: „Und was denkst du, ist dieser Grund genau, hm?“ Er zuckt kurz die Achseln und schenkt mir einen dieser Blicke, halb herablassend, halb kumpelhaft, die nur er zustande bringt. „Ist doch offensichtlich: Du kriegst einfach keine rum.“, erklärt er sein Gehabe dann, wie üblich etwas borniert. „Ach ja, und du schon oder wie?!“ „Natürlich.“ „Aber?“ „Ich versuche es nur nicht.“ Ich strahle selbstüberzeugt. „Und das, mein Lieber, das ist, was mich zu dieser Frage bringt!“ Meine Stimme klingt etwas altklug und ich bringe es doch tatsächlich fertig, dass seine Mundwinkel fast unmerklich zucken, mehr kann man nicht erwarten. „Was soll das werden, ein Interview für die Klatschpresse?“, hüstelt er schließlich und verzieht die Augenbrauen skeptisch. „Was du schon wieder denkst, du Idiot!“, maule ich und ignoriere seinen Blick. Der meinige verfängt sich derweil in einem hässlichen Gemälde hinter ihm, in das eine verirrte Haarsträhne seines viel zu geordneten Schopfes ragt. Ich betrachte es mir interessiert, aber wenig begeistert, während ich spreche. „Was ich sagen will, ist… Ich meine… Versteh mich nicht falsch, aber du bist jung, reich, berühmt, nicht besonders hässlich und… Na ja, über den Charakter kann man ja hinwegsehen. „He!“, unterbricht er mich, offenbar nicht ganz einverstanden, doch ich lache nur. „War nur ein Witz, reg dich ab. Was ich sagen will ist: Du kannst doch jede haben, findet sich denn da gar keine, die dir gefällt?“ Schlussendlich findet mein Blick wieder den seinen. Er blinzelt und schweigt, grübelt scheinbar sogar ernsthaft. Nach einer Weile öffnet er den Mund und spricht leise und bedächtig. „Schon möglich, aber… Ich will eben keine von denen, die man so einfach haben kann.“ Seine Antwort überrascht mich. „Echt? Ich dachte, du willst so eine… Eine, die dich nicht mit Gerede nervt, die dich verehrt und bekocht, immer für dich da ist, dir ihr Leben widmet und dafür nicht die geringste Gegenleistung erwartet?!“, führe ich meine Vorstellung mit leiernder und sich doch überschlagend schneller Stimme aus. Er starrt mich skeptisch an und fragt dann nur: „Wie kommst du denn auf so einen Blödsinn?“ Ich mache den Mund unentschlossen auf und zu. „Na ich dachte… Wo du doch nicht magst, wenn man dir widerspricht, stur und uneinsichtig ist und… Na so wie wir zwei in der Schule damals, weißt du nicht mehr?“ Ich lache und er, wenn auch etwas überrumpelt, lässt sich dann doch mitreißen und zeigt den Anflug eines Grinsens bei dem Gedanken an unsere früheren Streitereien. „Das ist fast zehn Jahre her.“, meint er dann nur und schüttelt missbilligend den Kopf: „Dass du so was überhaupt von mir denkst…!“, er schenkt mir einen spielerisch beleidigten Seitenblick, doch ich lache schon wieder. „Also wenn das nicht stimmt, wie stellst du sie dir dann vor?“ „Wen?“, fragt er unverständig und ich verdrehe die Augen. „Sie, man, SIE, deine Traumfrau, die perfekte Schnecke!“ Jetzt verdreht er die Augen. „Denkst du, über so etwas mache ich mir den ganzen Tag Gedanken?“ „Na, den ganzen Tag nicht, aber so ab und zu schon… „Zum Beispiel?“ „Zum Beispiel… Beim Masturbieren?“ Kaiba straft mich für diesen Beitrag mit einem ungläubig-mitleidigen Blick. Ich zucke die Achseln und hebe abwehrend die Hände. „Hey hey, sorry dass du so abnormal bist, aber außer dir tut das jeder potente männliche Jugendliche.“ „Ich bin kein Jugendlicher.“, wehrt nun Kaiba ab und mein Blick ist Ausdruck genug. Er weiß ja, was ich manchmal von seiner weltfremden, über allem stehenden Einstellung halte. Auf ein kurzes Schweigen hin räuspere ich mich nur und fahre fort. „Wie auch immer. Erzähl doch mal, wie ist sie so, deine Traumfrau?“ Ein tiefer Atemzug und ein unterdrückter Seufzer heben seine Brust an, zumindest sieht es so aus, bevor er sich an der Schläfe kratzt und zu sinnieren beginnt. „Auf jeden Fall muss sie unabhängig sein. Finanziell, sozial…“, er trinkt einen Schluck Wasser aus seinem Glas und schwenkt die Flüssigkeit lustlos darin, die verursachte Welle dabei desinteressiert beobachtend. „Am Besten wäre es, wenn sie ihre eigenen Bekannten hat und man sie unbesorgt mal ein paar Tage allein lassen kann, ohne dass sie ein Drama daraus macht.“ Ich sehe ihn ernst an und lausche seinen Ausführungen. Er scheint sich wirklich Gedanken darüber zu machen. Um ihn nicht zu unterbrechen, stecke ich mir statt einen Kommentar zu geben nur ein Stück Brot aus einem hellen Flechtkörbchen in der Tischmitte in den Mund und kaue darauf herum, während ich weiter zuhöre. „Und sie darf auf keinen Fall eifersüchtig sein. Sie darf keine Konkurrenz in meiner Arbeit sehen und muss mir auf jeden Fall meine Freiheit lassen. Intelligent sollte sie natürlich auch sein und gut erzogen. Sie muss diskutieren und argumentieren können und auf keinen Fall eine langweilige Jasagerin sein. Er schweigt einen Moment und sieht mich an und durchforscht meinen Blick, als wolle er wissen, was ich davon halte. Doch ich gebe nichts preis, den Röntgenstrahlen in seinem Blick bin ich schon lange gewachsen. Schließlich muss ich lachen: „Wie philosophisch!“, kommentiere ich, dich was ich von ihm hören wollte oder zu hören erwartet hätte, würde er nie begreifen. Er rückt sich erneut zurecht und bohrt mich mit seinen Blicken an eine Wand fast 20 Meter hinter mir. „Und wie sieht es bei dir aus?“ Ich lasse eine kurze Stille wirken und antworte dann ohne nachzudenken: „Groß, blond, heiß, gute Hausfrau, gut im Bett, unkompliziert zu handhaben.“ Er starrt mich wortlos an und ich starre zurück, doch nach zehn Sekunden rutscht mir das unterdrückte Lachen dann doch heraus. „War doch nur ein Witz, man, nur ein Witz!“, kläre ich ihn Tränen lachend auf und seine Augenbrauen heben sich in einem skeptischen Bogen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)