Some Shorties von abgemeldet (klitzekleine Szenen aus dem Leben zweier alter Bekannter) ================================================================================ Kapitel 4: Gelinkt - oder: Als mir aufging, dass ein Wheeler nicht immer nur das hirnlose Etwas auf dem Stuhl hinter mir darstellt ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- „Weißt du Kaiba…“ Ich drehte mich nach dem Störenfried um, der es gewagt hatte, mich vom Arbeiten abzuhalten. Er war blond, schlecht frisiert und mit verplantem Gesicht, sowie einer kleinen Stupsnase gesegnet. Er grinste mich gerade an. Er hatte leise gesprochen, so als wolle er mir ein Geheimnis mitteilen, mit seiner leicht verschwörerischen Säuselstimme. Klar, der perfekte Augenblick dafür war ja auch der Englischunterricht am Donnerstagmittag. Und auch noch ausgerechnet Englisch. Wo doch jeder Idiot, sogar Wheeler, eigentlich wusste, dass die Schreckschraube von einer Englischlehrerin jedes Mal, wenn sie jemanden Tuscheln hörte, einen halben epileptischen Anfall bekam vor lauter Schreien und den Klassenraum so überschwemmte, dass sogar jemand wie ich mit immerhin 1.92 m Statur sich einen Rettungsreifen wünsche, um nicht zu ertrinken. Nun ja, zurück zum Thema. Joey Wheeler machte mich dumm von hinten an. Ich drehte den Hals zu ihm herum, um ihm einen halb genervten, halb arroganten Blick zuzuwerfen. „Ja, ich nehme an sogar eine ganze Menge mehr als du, Klugscheißer.“, kommentierte ich seinen dummen Beitrag und wollte mich schon wieder umdrehen. „Nein, weißt du, ich wollte nur sagen: Also wenn ich DU wäre…“ Mit einem Ruck drehte ich mich wieder zu ihm. Mit diesen schlichten Worten hatte er meine ungeteilte Aufmerksamkeit erzielt. Wenn ich du wäre… Ich hasste es. Ich hasste es, wenn mir jemand versuchte, mitzuteilen, dass er in meiner Position, in meinem Leben alles dreihundert Mal besser machen würde. Wenn ich du wäre… Wenn ich du wäre! Alleine wenn ich das schon hörte, bekam ich Kotzkrämpfe und Wutzitteranfälle. Nein, das würde ich ihm nicht durchgehen lassen. Sollte er sich doch von mir aus still seine Gedanken darüber machen, was er so tun würde, würde er mein Leben leben, aber mir den Mist auch noch unter die Nase zu binden war eindeutig zu viel. Arschloch. „DICH möchte ich gern mal in meinem Leben sehen, Wheeler! Du wärst doch schon längst krepiert, du untalentierter Nichtsnutz!“, fuhr ich ihn an. Vielleicht eine Spur zu laut für Donnerstagmittag während des Englischunterrichts. Mist. „Mr. Kaiba! If you think that Mr. Wheeler is more interesting than my class, so get off of my classroom now, inmediatly!!“, kreischte eine furchtbar schrille Frauenstimme zu mir herüber und ich wünschte mir ein Gewehr, um erst Wheeler und dann sie zu erschießen. Und wenn das nicht ging, dann wenigstens mich selbst. Verflucht. „I’m sorry, Miss. I really don’t think anything could be more interesting than your class, and Wheeler –“ „I don’t care, Mr. Kaiba. I told you to get out and I won’t argue with you. Hope you have a nice class cleaning the floor. Goodbye, have a nice day, Mr. Kaiba!“ „Maybe we could have a conversation about this event another time, Miss, wouldn’t you better have a look at your class now?“, versuchte ich es noch einmal vorsichtig. „GET OUT, Mister Kaiba, get out NOW, or I have to think about other consequences, if you aren’t able to follow the rules!“ Sie klang doch wirklich ernst. Sie wollte mich rausschmeißen? Nein, mehr! Sie wollte mich Gänge putzen lassen?? Und sie weigerte sich, das vernünftig mit mir auszudiuskutieren? Über diese Dreistigkeit hatte ich doch glatt Wheeler vergessen. Doch jetzt meldete sich der Kotzbrocken wieder. Er zischte mir ganz leise hinter meinem Rücken noch einen Abschiedsgruß zu, während ich meine Sachen zusammenräumte. „Wenn ich du wäre, würde ich mich nicht so schnell von meinem Sitznachbarn ablenken lassen, wenn ich eine so grässliche Lehrerin habe. Angenehmes Gänge putzen noch!“ Er kicherte. Ganz leise. Und erst jetzt fiel es mir auf. Dieser Arsch! Dieser miese kleine Rüpel hatte mich reingelegt! Er hatte mich mit Absicht provoziert, damit die Lehrerin sehen würde, dass ich in ihrem Unterricht mit Wheeler quatschte! So ein intrigantes… gerissenes, kleines Biest! Moment mal… Ich sprach hier von Wheeler… Wheeler war nicht intrigant und nicht gerissen. Er war verplant und strohdoof… Mein Blick muss wohl etwas verwirrt gewesen sein, als ich meine Tasche und meinem Laptop in die Arme klemmte und mich auf den Weg zur Tür machte. Doch an der Tür warf ich dem Blondschopf dann doch noch einen Mörderblick zu, damit er nicht auf die Idee kam, das noch einmal abzuziehen. Er schien unbeeindruckt. Wie immer. „You’ll get a message during the next days, Miss. Till then try to enjoy your job.“ Dann verließ ich den Klassenraum. Statt zu putzen verbrachte ich den Rest der Stunde, eh nur noch 7 Minuten, damit, über Wheelers beschissene Taktik nachzudenken und wie sein Hundegehirn überhaupt auf so eine Idee gekommen sein konnte. Ich kam zu keiner Antwort. Ein paar Tage später wurde ich von Wheeler freudestrahlend dafür beglückwünscht, dass ich ihm, mir und der ganzen Klasse den Schrecken aller Schüler vom Leib geklagt hatte. Ich wusste nicht so richtig, ob ich beleidigt oder geschmeichelt reagieren sollte. Ich entschied mich dafür, nicht zu antworten, doch irgendwo in mir drin, fühlte ich mich wie ein Samariter und erstaunlicherweise fühlte es sich gut an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)