Friendship and more von Exile ================================================================================ Kapitel 2: Flashback 4 bis 6 ---------------------------- Stumm stehe ich da. Was soll ich auch dazu sagen? Ich bin mir ja noch nicht einmal sicher, ob ich das jetzt richtig verstanden habe. Und doch.... So wie Taichi jetzt vor mir steht, besteht gar kein Zweifel, dass er genau das gesagt hat. Aber wer erwartet schon, von einem Freund - um nicht zu sagen, einem MÄNNLICHEN Freund - eröffnet zu bekommen, dass er geküsst werden wollte... von einem JUNGEN. Einem Wesen männlichen Geschlechts. Was soll man dazu schon sagen? Das macht einen nun mal sprachlos. Zumal ja unsere Gesellschaft es nicht so gerne sieht, wenn man homosexuell ist. Aber ist er das denn? Ich meine, mir ist es noch nie aufgefallen. Wenn er es wirklich ist, dann hat er es gut versteckt. Und doch kommt es mir so vor, als ob dahinter ein anderer Grund steckt. Vielleicht will er sich ja etwas damit beweisen. Oder ist es vielleicht eine Wette? Ich weiß ja, dass er Herausforderungen immer annimmt. Immer noch stehe ich stumm da und sage kein Wort. Mir fällt ja noch nicht einmal etwas Sinnvolles ein, was ich sagen könnte. Vielleicht sollte ich endlich mal anfangen, über die Frage nachzudenken. Ob ich ihn küssen würde.... hmmm.... Verdammt! Kann mir der Typ nicht einmal eine einfache Frage stellen? Ich meine, ich habe noch nie einen Jungen geküsst und ich hatte es eigentlich auch nie vor gehabt. Immerhin sind die Regeln unserer Gesellschaft ja eindeutig. Langsam wird Taichi unwohl. Was er jetzt wohl denkt? Wahrscheinlich, dass es ein Fehler war und dass es ihm leid tut und er es nie wieder tun wird. Dann wird er wahrscheinlich aus der Wohnung stürmen und ich werde Mühe haben mit ihm zu reden, weil er mir danach sicher ausweichen wird und ich weiß, dass er das mittlerweile sehr gut beherrscht. Bei den Launen, denen ich immer unterliege, ja auch kein Wunder. "Es... Yamato... es tut mir leid. Ich hätte es nicht tun dürfen. Gomen nasai..." Ich sehe gerade noch, wie eine Träne auf meinen Teppich fliegt und dort zerschellt und dann wollte er auch schon an mir vorbeilaufen und aus der Wohnung. Aber diesmal habe ich es erwartet. Schnell packe ich seinen Arm und halte ihn auf. Es war kein Fehler. Ganz und gar nicht. Er versucht sich nicht zu wehren, oder vielleicht kann er es auch gar nicht mehr. Eins steht jedenfalls fest: Ich will nicht, dass er weint und schon gar nicht wegen mir. Langsam hebe ich seinen Kopf, sodass er mir in die Augen sehen musste, und lächle ihn sanft und mitfühlend an. "Es braucht dir nicht leid zu tun, Tai. Wir sind doch Freunde, oder?" Seine Augen weiten sich leicht. Scheinbar hatte er gerade dieselbe Erinnerung wie ich. Langsam nickt er... ~FLASHBACK~ Der blondhaarige Junge war immer noch nicht begeistert von seinen Ferien, auch wenn er jetzt schon die Hälfe hinter sich gebracht hatte. Er hat die meiste Zeit nur mit dem braunhaarigen Idioten gestritten, mit dem er zwangsläufig die kostbarsten Momente seines kurzen Lebens verbringen musste. Wie auch jetzt. Eigentlich hatte er alleine in den Park gewollt, damit er endlich mal auf seiner Mundharmonika spielen konnte. Er war sicher schon aus der Übung, so lange wie er schon nicht mehr gespielt hatte. Und was passiert? Die Klette mit dem Vogelnest auf dem Kopf und etwas, das einer Taucherbrille mehr als ähnlich sah um den Hals, hatte beschlossen sich gleich mal an seine Seite zu kleben und ihn zu begleiten. Und wie wenn das nicht schon genug gewesen wäre, musste natürlich auch der Fußball mitgenommen werden. Aber diesmal würde ihn Taichi nicht dazu bringen, sich auch nur annähernd sportlich zu betätigen. Langsam schritt er den Kiesweg des Parks entlang, während Taichi schon meilenweit vorausgelaufen war. Und so wie immer landete ein schwarz- weißer Fußball genau vor seinen Füßen. Seine Hände umklammerten das kühle Metall der Harmonika in seiner Hosentasche in dem Versuch, nicht sofort einen Schreikrampf zu kriegen und Tai totzuprügeln. Demonstrativ stieg er über den Ball hinweg und schickte Taichi seinen besten Killerblick, den er draufhatte. Der kam verwirrt wieder angelaufen und schnappte sich den Ball. "Was ist denn los, Yama?", fragte er leise und aus seiner Stimme sprach die Unschuld in Person. Doch Yamato antwortete nicht. Schon allein, wegen dem Namen, mit dem er angesprochen wurde. "Yama?", konnte man es jetzt leiser und wesentlich unsicherer vernehmen. "Hau ab! Spiel von mir aus mit dir selbst Fußball, aber lass mich da raus!", brach es auf einmal aus Yamato heraus und in seinen Augen loderte ein bedrohliches Feuer. Taichi riss leicht die Augen auf. "Aber...aber...", wurde begonnen, allerdings heftig zusammengezuckt, als man laut unterbrochen wurde: "Nichts aber! Ich will endlich Ruhe vor dir haben! Du gehst mir nämlich gehörig auf die Senkel. Also hau endlich ab!!!" Taichis Gesicht verfinsterte sich leicht. "Schön, aber meine Mama hat das sicher nicht so gern. Sie sagt immer...." "Mir ist es scheißegal, was deine Mutter zu dir sagt!! Wenn du soooo an ihr hängst, dann geh doch zu ihr und mach ihr das Leben schwer, aber lass mich aus dem Spiel." Eigentlich hatte das Yamato selbst mehr wehgetan, als er es zugeben würde. Er war neidisch auf den braunhaarigen Jungen und dessen Familie. Alle waren so nett zu ihm und was hatte er? Er konnte weder seine Mutter noch seinen kleinen Bruder sehen und sein Vater war auch nie für ihn da. Nein, der verschwand lieber für zwei Monate und ließ ihn bei einer perfekten, wie es ihm schien, Familie und streute somit noch Salz in seine offenen Wunden. Dafür hasste er seinen Erzeuger. Taichi konnte sehr wohl sehen, dass etwas mit Yamato nicht stimmte. Er konnte deutlich die Betrübtheit in den blauen Opalen erkennen. Er ließ den Ball zu Boden fallen und stoppte ihn. Vorsichtig legte er ihm eine Hand auf die Schultern und sagte dabei: "Hey, Yamato. Was ist denn los?" Yamato schüttelte die Hand wieder ab und drehte sich weg. "Das geht dich nichts an.", fauchte er, aber es klang schon deutlich weniger wütend als der Ausbruch vorher. "Du weißt, dass du mir alles sagen kannst. Immerhin sind wir doch Freunde, oder?" Schlagartig drehte sich der Achtjährige um, seine Augen von der Aussage geweitet und mit einem Mal durchzuckte ihm eine Erkenntnis. Ja, sie waren Freunde und er vertraute dem braunhaarigen Jungen. Taichi lächelte sanft und schlang seine Arme um den Körper des etwas größeren Jungen, der nun leicht nickte und die Umarmung erwiderte. "Danke...", flüsterte Yamato leise und löste sich dann wieder. Mit einem schon etwas fröhlicher wirkendem Lächeln kickte er den Ball weg und meinte: "Komm, du Fußballheinzi. Lass uns eine Runde spielen." Yamato lief vor und kickte dabei immer wieder den Ball weg. Taichi war einen Moment erstarrt vor Überraschung, doch dann drehte auch er sich zu Yamato um und rannte ihm nach. "Hey, ich bin kein Fußballheinzi!", protestierte er und Yamato lachte nur. ~FLASHBACK END~ Taichi liegt immer noch in meinen Armen und hält sich an mir fest. So wie wir es damals kurz gemacht hatten, aber diesmal dauerte es länger. Ich streichle ihm leicht über den Rücken. Er scheint ziemlich aufgewühlt zu sein, denn immer noch spüre ich ab und zu, wie eine Träne auf meine Schulter tropft und von meinem Hemd aufgesogen wird. Ich frage mich, ob sich etwas ändern würde, wenn ich ihn küssen würde. Könnte dann unsere Freundschaft immer noch so sein, wie sie jetzt war? Wenn ich ehrlich bin, habe ich Angst davor, dass sich etwas ändern würde, denn ich brauche Taichi. Sehr sogar. Er hat mir schon so oft geholfen. Mich oft getröstet, auch wenn ich es nicht so gerne wollte. Und er hat mich von meinen Problemen abgelenkt. Mir wenigstens ein paar mal Spaß breitet, von dem es ja seit der Scheidung nicht mehr allzu viel in meinem Leben gab. Das nun durch eine Veränderung zu verlieren... Ich weiß nicht, ob ich es verkraften könnte. Und trotzdem reizt mich doch irgendwie die Vorstellung, seine Lippen auf meinen zu spüren und mit seiner Zunge zu spielen. Immerhin hat er ja dieses wunderbar perfekte Aussehen und ich frage mich sowieso schon seit einiger Zeit, ob seine Lippen tatsächlich so weich und zart waren, wie sie aussahen. Aber ich will doch auf Nummer sicher gehen und zuerst wissen, weshalb er überhaupt gefragt hatte und die Kosequenzen dafür klären, ehe ich mich dafür entscheide, es zu tun. "Taichi?", meine Stimme ist ruhig, obwohl in mir ein Sturm von verwirrten Gefühlen tobt, und zeigt deutlich den Ernst, den ich dieser Sache beimesse. Er löst sich jetzt langsam von mir und blickt zu Boden. Ehe ich noch irgendetwas sagen kann, beginnt er zu sprechen: "Es tut mir wirklich leid, Yamato. Ich weiß, dass..." "Stop mal, ja? Es macht mir wirklich nichts aus, dass du mich gefragt hast. Nein, ehrlich nicht. Mich würde nur interessieren, wie du auf soetwas kommst?" Ich setze mich im Schneidersitz auf mein Bett und Taichi an den Bettrand. Wir wissen beide, dass es nun ein etwas längeres Gespräch wird. Kurz schweigt er noch, doch dann seufzt er tief und fängt an zu sprechen: "Du kennst doch meine Freundin, oder?" Klar. Ayumi, wenn mich nicht alles täuscht. Ich nicke einmal kurz. "Ja sicher kenne ich sie, was ist das für eine Frage?" "Sie... sie hat mich gestern verlassen. Aber nicht einfach so. Sie..." Er hat noch nicht einmal richtig angefangen und ich bin jetzt schon verwirrt. Die Beiden haben ein echt niedliches Paar miteinander abgegeben und sie schienen beide schwer ineinander verliebt zu sein. Also verstehe ich da schon mal nicht, warum Ayu ihn plötzlich verlässt. "Warte mal, Tai. Sie hat dich verlassen? Wieso? Ich dachte sie wäre in dich verliebt?" Taichis Lippen umspielte ein Lächeln und auch ich muss schon aus Reflex heraus zurücklächeln. "Am Besten ich fange von vorne an.", meinte er und ich nicke. Das ist tatsächlich eine sehr gute Idee. "Also, sie hat mich gestern angerufen und gemeint, sie müsse unbedingt mit mir reden und da sie so ernst am Telefon geklungen hat, bin ich sofort zu ihr. Wir haben eine Weile nur so geredet und schließlich hat sie mir dann gesagt, dass sie nicht mehr eine Beziehung mit mir haben will. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr das meine Gesichtszüge entgleisen hat lassen." Er lächelt leicht gequält, was mir zeigt, dass er nicht gerade glücklich über die Situation gewesen war. "Aber wieso? Ich meine, sie muss doch einen Grund gehabt haben." Er sieht zu mir auf und lächelt. "Ja, den hatte sie und sie hat ihn mir auch erklärt. Sie hat gemeint, dass sie sich nicht mehr sicher ist, dass ich sie liebe und dass ich..." Er bricht plötzlich ab und senkt seinen Blick wieder. Irgendetwas ist da nicht in Ordnung. Wieso fällt es ihm so schwer es mir einfach zu sagen? Er verwirrt mich immer mehr, weil ich ihn ja eigentlich nicht so kenne. Er ist immer offen und aufgeschlossen. Hat nie irgendwelche Hemmungen gezeigt, alles frei heraus zu sagen oder gar irgendwelche Gefühle zu zeigen. ~FLASHBACK~ Yamato stand am Fenster von Taichis Zimmer. Taichi war noch immer in der Küche und schien mal wieder seine Mutter zu quälen und draußen prasselte der Regen auf die Erde nieder. Yamato seufzte tief. Er wäre jetzt auch gern bei seiner Mutter und bei seinem Bruder. Er vermisste sie beide. Er wünschte sich auch eine Familie, wie Taichi sie hatte. Depremiert lehnte er am Fensterbrett, wie er es auch zu Hause immer machte, wenn er alleine war. Still beobachtete er die Spuren der Tropfen, die auf das Fester prasselten und in kleinen Sturzbächen hinunterliefen. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein vor Freude strahlender Taichi stürzte ins Zimmer. Er hatte das breiteste Lächeln im Gesicht, dass Yamato je in seinem Leben gesehen hat und irgendwie machte sich ein ungutes Gefühl in seinem Magen breit. Wenn Taichi sooo fröhlich war, dann konnte das nur Unheil für ihn bedeuten. "Yama!!! Komm mit!! Schnell!" Taichi lachte fröhlich und wollte schon seinen blonden Freund mitziehen, doch instinktiv wich Yamato einen Schritt zurück und sah ihn misstrauisch an. "Wohin und Warum?" Nun warf ihm Taichi einen komischen Blick zu, als würde diese Frage total überflüssig sein. "Na, Lackenhüpfen natürlich. Und jetzt komm, bevor der Regen aufhört." Damit nahm Taichi auch schon wieder ungeniert die Hand des blonden Jungen und zog ihn in ins Vorzimmer. Yamato wehrte sich heftig. "Du glaubst doch nicht etwa, dass ich bei dem Wetter rausgeh? Das kannst dir abschminken. Ich geh da sicher nicht raus." Er verschränkte die Arme vor der Brust und drehte sich trotzig weg. Taichi blickte ihn kurz an und lächelte dann wieder breit. "Aber es macht doch so viel Spaß. Komm schon. Du bist immer so ein Muffel wenn es um die schönen Dinge im Leben geht." Böse funkelnd drehte sich Yamato um. "Das ist doch gar nicht wahr. Außerdem glaube ich nicht, dass es wirklich Spaß macht, im kalten Regen rumzulatschen und dann mit einer Erkältung im Bett zu landen. Sicher nicht, also geh von mir aus allein, aber lass mich da raus. Will ja nicht krank werden." Taichi blickte kurz betroffen zu Boden und als er wieder aufblickte zeichnete sich in seinem Gesicht schon ein stummes Flehen ab. "Bitte Yamato. Bitte bitte komm mit. Und wenn dir zu kalt wird, dann gehen wir ganz schnell wieder nach Hause, okay?" Yamato schluckte. Er hasste es, wenn Taichi ihn so ansah. Diese großen braunen Augen, die im Schein der Lampe in allen Brauntönen glänzten und dann auch noch so ein unglaubliches Flehen in der Stimme, die er insgeheim sowieso als sehr angenehm empfand. Einfach alles an Taichi wirkte nun viel viel viel zu süß, als dass man ihm auch nur die kleinste Kleinigkeit hätte abschlagen können. Aber er wollte nicht in das Wetter hinaus. Kurz ging sein Blick zum nächstgelegenen Fenster, auf das immer noch unaufhörlich die Regentropfen trommelten. Es wirkte alles so eisigkalt da draußen. "Ich... Taichi, ich will da wirklich nicht raus." Doch das, was Taichi jetzt machte, war wirklich zu fies. Seine Blick senkte sich traurig und er nickte. "Okay, dann nicht." Es klang so unglaublich enttäuscht. Er ließ seine Schultern hängen, sein Kopf richtete sich auch gegen den Boden und als er wieder aufblickte lächelte er leicht, allerdings war dieses Glitzern, dass vorher seine Augen hatten, vollends aus dem Braun verschwunden. Yamato begann zu zittern und in seiner Brust zog sich etwas schmerzhaft bei dem Anblick zusammen. Er schluckte noch einmal und noch einmal. Dann senkte auch er leicht den Blick und biss sich kurz auf die Lippen. Er wollte da nicht raus, aber... Wieder wurde ein schüchterner Blick zu dem braunhaarigen Jungen geworfen, der nun langsam begann wieder aus seinen Schuhen zu schlüpfen. Yamato seufzte. "Okay Taichi. Wir gehen da raus. Aber nur ganz ganz kurz." Schlagartig blickte Taichi auf und seine Gesicht erhellte sich. "Wirklich?" Yamato nickte unsicher. "Aber du... du willst nicht da raus und ich will dich dazu nicht zwingen.", meinte nun Taichi wieder etwas betrübter und blickte zu Boden. Yamato lächelte leicht: "Ja schon, aber ganz kurz stört sicher nicht und wenn ich dann danach gleich warm dusche, dann werd ich sicher nicht krank." Taichi lächelte nun wieder so breit wie vorher und umarmte sein blondhaariges Gegenüber spontan. "Oh danke, Yama. Danke danke danke danke..." "Ist ja schon gut. Lass es uns lieber schnell hinter uns bringen." Er drückte Taichi wieder von sich weg und bewunderte nebenbei dessen Offenheit. Dieses ungehemmte Gefühlezeigen. Yamato lächelte. Taichi war schon eine Klasse für sich. Damit schlüpfte er auch noch in den letzten Schuh und beide verließen die Wohnung. ~FLASHBACK END~ Wieder muss ich unwillkürlich bei dieser Erinnerung lächeln. Es waren die aufregendsten Ferien, die ich je hatte. Ein Blick auf Taichi jedoch wirft mich sofort ins Hier und Jetzt zurück. Er blickt immer noch verlegen auf seine Hände, die in seiner Schoß liegen. "Taichi? Was willst du sagen? Worüber war sie sich nicht sicher über dich?" Meine Stimme klingt sanft und ich lege auch noch unterstützend eine Hand auf seine Schulter, die den Kontakt auch gleich wieder verliert, als er zusammenzuckt. Scheinbar macht ihm die Sache doch sehr zu schaffen. "Schon gut, Taichi. Du musst es nicht sagen. Aber ich hoffe, du weißt, dass du mir alles sagen kannst." Er nickt leicht und lächelt dann schwach. "Sie meinte, dass ich mitunter 'anders' denke.", sagt er tonlos und ich steh mal wieder voll auf der Leitung. Was meint er mit 'anders'? Anders... anders im Bezug worauf? Ich sehe ihn wohl auch ziemlich verwirrt an, denn er lächelt verlegen. "Wie meinst du das?", frage ich leise, als er nicht die Anzeichen machte, dass er es von selbst sagen würde. Er schluckt hörbar. "Dass ich...ich... mich eventuell zu..." Ich merke, wie schwer es ihm fällt, das über die Lippen zu bringen und ich glaube, ich kann mir schon denken, was nun kommen wird. "zum gleichen Geschlecht hingezogen fühle.", beendete er ganz leise den Satz. "Und deshalb soll ich dich küssen.", schlussfolgere ich ebenso leise und blicke verlegen zur Seite. Aus den Augenwinkeln erkenne ich, dass er betroffen nickt. Aber wieso? Ist er sich denn selbst nicht sicher, ob er es ist oder nicht? "Ich habe sie zuerst einmal komisch angesehen und es geleugnet und sie meinte darauf nur, dass ich es doch mal versuchen sollte... einen Jungen küssen und so." Kann er jetzt Gedanken lesen? Naja, wir kennen uns eben viel zu gut. Aber was mach ich jetzt. Sie hat ihm echt Zweifel an seiner Sexualität eingeredet. Aber was soll schon passieren, wenn wir uns einmal küssen? Es ändert sich doch dadurch nichts oder? "Was ich nicht verstehe ist, wie sie auf diese Idee überhaupt kommt. Ich meine, du hast keine Anzeichen gezeigt, dass du dich in dieser Weise für Jungs interessierst. Zumindest ist es mir nicht aufgefallen." "Das habe ich sie auch gefragt, aber sie hat es mir nicht gesagt. Sie hatte nur gemeint, dass ich darüber nachdenken sollte und ich vielleicht selbst draufkommen würde." Er zuckt mit den Schultern. "Und ich bin gestern die halbe Nacht wach gelegen und hab mir das durch den Kopf gehen lassen. Und da bin ich dann auf die Idee gekommen, dass ich vielleicht ihren Rat beherzigen sollte. Nur bist du der Einzige, der mir eingefallen ist, der das verstehen würde und ich hätte mich auch sicher nicht getraut, einen anderen zu fragen." Dann war er also deswegen so scharf darauf, mit mir was zu unternehmen. Er hat auf die richtige Möglichkeit gewartet. Aber was mach ich jetzt? Ich gebe ja zu, dass ich es ziemlich reizvoll finde, ihn eventuell küssen zu können, aber würde es nicht alles irgendwie ändern? "Taichi...ich... weißt du? Ich weiß im Moment wirklich nicht, was ich tun soll. Ich will unsere Freundschaft nicht irgendwie kaputtmachen und sowas kann mitunter alles zerstören. Ich will dir wirklich helfen... immerhin bist du ja mein Freund, aber..." Taichi lächelt doch tatsächlich und unterbricht mich mit... mit einem Finger, den er gerade auf meine Lippen legt. So sanft... Ich schlucke und meine Augen sind ein wenig geweitet. "Schon gut. Es muss ja nicht sein, wenn du nicht willst. Aber wenn das deine einzige Sorge ist, dann kann ich dich beruhigen. Es wird sich nichts ändern." Das unausgesprochene 'Hoff ich jedenfalls' steht deutlich in seinen Augen und liegt auch in der uns umgebenden Luft schwer. Ich nicke leicht und blicke weg. "Wenn... wenn ich dir damit helfen kann, dann... dann..." Ich schlucke kurz. "Dann würd ich's tun." Warum ich so schrecklich nervös und aufgeregt bin, weiß ich nicht. Aber die Erwartung, Taichis Lippen zu spüren, lässt meinen Körper erhitzen, meine Hände zittern und mein Herz rasen. Mein ganzer Körper prickelt bei dieser Vorstellung und in mir macht sich ein eigenartiges Gefühl der Vorfreude breit. Aber ich versuche es mir nicht anmerken zu lassen. Das würde ja dann erst recht schief gehen. Wieder lächelt er mich schief an. Es sieht richtig goldig aus, wenn er das macht. Hat es schon immer. Ich kann mich auch noch genau an den Tag erinnern, wo er es zum ersten Mal gemacht hat. ~FLASHBACK~ Die blauen Augen blickten sich um. Wo hatte man ihn da schon wieder hingeschleppt? Er war doch kein kleines Kind mehr, was hatte er also hier zu suchen? Noch einmal wanderten die Augen die Umgebung ab. Taichi, er und seine Mutter standen in einer großen Halle mit für den Blonden eindeutig zu vielen Menschen. Und er war mal wieder gezwungen, mitzukommen und das nur, weil Mister-ich-wickle-alle-um-den-kleinen-Finger umbedingt hierher wollte, weil es ja gar so lustig war. Und nun musste er hier sein unter so vielen Menschen und möglichst versuchen, nicht die in ihm aufkeimende Angst und sein Unbehagen zu zeigen. Mit in den Hosentaschen vergrabenen Händen stapfte er mit gesenkten Blick hinter Frau Yagami und ihrem Sohn her. Aber das schlimmste war noch immer, dass sie einer der Älteren waren. Das war Yamato das Unangenehmste von allen, weil sie von jedem anderen Mensch hier immer irgendwie komisch angeglotzt wurden. Und er hasste es, derartig im Mittelpunkt zu stehen. "Da müssen wir hin, Mama.", rief auf einmal Taichi total begeistert und zog seine Mutter in eine Richtung. "Taichi! Jetzt sei doch nicht so ungeduldig. Wie wärs, wenn du dich mit Yamato ein bisschen umsehen gehst und sagen wir in einer Stunde wieder hier bist. Na, was sagst du dazu?" Sie hatte sich zu ihrem Sohn heruntergebeugt und ihre Hände ruhten auf der Schulter des Wuschelkopfs. Nur der blondhaarige Junge, der das ganze natürlich mitgehört hatte, war von der Sache wieder mal absolut nicht begeistert. Aber er ließ es sich nicht anmerken. Zum Schluss würde dann Frau Yagami nur sagen, dass er sich schlecht benommen hätte und dann würde die Abmachung mit seinem Vater nicht mehr gelten. Und das wollte er nicht riskieren, denn auch wenn er es nicht wirklich glaubte, dass sein Vater seine Sache einhalten würde, so hegte er doch ein wenig Hoffnung und freute sich darauf. "Okay, aber können wir nicht zwei Stunden draus machen? Biiiittteee." Yamato war schon aufgefallen, dass Taichi sehr oft diese Bettelmasche anschlug. Aber er sah ja auch wahnsinnig niedlich aus, wenn er diese Augen machte. Diesen dackelähnlichen Blick aufsetzte, dem man gar nicht erst wiederstehen konnte. "Eineinhalb Stunden. Das ist dann aber schon das Späteste." Taichi erstrahlte. Sowohl in dem Wissen, dass er wieder mal gewonnen hatte und auch, dass er nun wieder alleine mit Yamato herumspazieren konnte. Er hatte den Jungen in dem Monat, in dem er bei ihnen war, richtig lieb gewonnen und war eigentlich der Meinung, dass es Yamato auch gefiel, auch wenn der Blonde sich meistens so mürrisch gab. Er nickte brav und seine Mutter lächelte auch und wuschelte ihm einmal kurz durch die Haare, was ihr einen angewidertes Gesicht von ihrem Sohn einbrachte. "Lass das, ich bin ja kein kleines Kind mehr.", beschwerte er sich und seine Mutter lachte leicht. Unterdrückte den Drang es sofort noch einmal zu machen. Sie hatte ja auch einen allzu süßen Sohn. "Na dann geh mal. Wir sehen uns dann in eineinhalb Stunden wieder." Damit gab sie ihm einen Klaps auf den Hintern und richtete sich wieder auf. Taichi strahlte mal wieder und Yamato fragte sich echt schön langsam, wie der das machte. Taten Taichi denn nicht schon lange die Gesichtsmuskeln weh, so breit wie der immer grinste. Er hatte allerdings nun keine Zeit mehr, sich darüber Gedanken zu machen, denn es wurde schon wieder seine Hand geschnappt und durch die Menschenmasse gezogen. Wie er das hasste. War er denn wirklich noch so ein kleines Kind, dass man ihn immer an der Hand nehmen musste? Yamatos Gesichtsausdruck wurde immer finsterer und als Taichi sich umdrehte, erschreckte er darüber leicht. "Yama? Was ist denn? Warum schaust du schon wieder so komisch?" Taichi war stehengeblieben und so hatte der kleine blonde Junge endlich mal die Gelegenheit, seine Hand wieder aus Taichis Griff zu befreien. Etwas Gutes hatte es immer, wenn sie beiden alleine waren. Frau Yagami konnte nichts sagen, wenn sie stritten, denn sie sah es ja nicht. Und somit war auch gewährleistet, dass er seinen Teil der Abmachung einhielt. Sein Blick wurde um noch eine Spur finsterer. "Erstens: Du sollst mich, verdammt noch mal nicht Yama nennen. Ich habe einen vollständigen Namen. Zweitens..." Nun wurden zwei Finger hochgehalten, so dass auch Taichi schön mitzählen konnte. "...hasse ich es, wenn man mich ständig antatscht, ganz zu Schweigen davon, wenn man ständig meine Hand halten will. Also lass das ebenfalls. Wenn du willst, dass ich irgenwohin mitkommen soll, dann SAG es und mach es nicht einfach. Und drittens, hab ich absolut keine Ahnung, was du an diesem Platz so toll findest. Ich hatte mich wohl in der Annahme getäuscht, dass du auch schon acht bist. So wie du dich aufführst." Yamato atmete nun einmal tief ein, drehte sich dann um und ging einfach weg. Taichi stand immer noch wie angewurzelt da und blickte Yamato nach. Endlich reagierte er wieder. "Hey, warte Yama!!!!" Yamato fuhr herum und seine Augen blitzten bedrohlicher als zuvor. "Du sollst mich verdammt noch mal nicht so nennen, du hirnloses Vogelnest!" Taichi konnte ihn echt immer auf die Palme bringen. "Tschuldige. Aber was willst du eigentlich. Irgendwie versteh ich dich nicht. Du bist immer so gemein wenn wir alleine sind und doch bist dann auch hin und wieder so fröhlich. Wenn du immer so komisch bist, dann kann man sich doch auf gar nichts einstellen. Sag doch einfach mal, was dir gefällt, dann können wir..." Yamato funkelte ihn böse an. "Ich bin nicht komisch. Wohl eher du. Ich mein, sie dich nur an..." Taichi sah kurz an sich hinunter, wusste aber nicht, was Yamato meinte. Stattdessen blickte er wieder in die blauen Augen, diesmal war ein leicht verletzter Ausdruck in ihnen. "Warum musst du immer so gemein sein? Was hab ich dir getan. Ich versuche doch wirklich immer nur nett zu sein, aber du machst es mir echt nicht leicht. Ich hoffe, du hast dir gemerkt, wo wir uns wieder treffen. In einer Stunde sehen wir uns dann wohl wieder, nachdem du ja offensichtlich keine Lust hast, mitzukommen.", sagte Taichi leise und ging weg. Das hatte Yamato definitiv nicht gewollt, doch als er endlich die Worte gefunden hatte, die er jetzt gerne gesagt hätte, war Taichi auch schon in der Menge verschwunden. "Es tut mir leid, Taichi.", flüsterte er leise, aber auch nur, um den Schmerz in seiner Brust zu lindern. Dann machte er sich auf den Weg, den kleinen braunhaarigen Jungen wiederzufinden. Aber es erwies sich als nicht gerade einfach und er verbrachte fast eine ganze Stunde damit. Endlich erblickte er ihn draußen. Er saß auf den Stufen der Terrasse und blickte auf die dahinterliegende Wiese. Yamato atmete einmal tief durch. Er schaffte das jetzt. Immerhin war er schon groß und konnte das einsehen. Es war sicher nicht so schwer, sich zu entschuldigen. Langsam schritt er auf ihn zu. "Taichi?", sprach er ihn vorsichtig an, doch der Junge rührte sich nicht. "Hey, Taichi..." Yamato trat neben ihn wollte ihn mit der Hand antupfen, aber Taichi wich ihm aus. "Was willst du? Willst du mir jetzt auch noch sagen, dass ich dumm bin? Oh, tut mir leid, das hast du ja schon." Deutlich lag der Sarkasmus in seiner Stimme, aber man konnte auch ein leichtes Zittern und eine unsagbare Vereletztheit heraushören. Yamato senkte seinen Blick. Er konnte das jetzt. Immer wieder redete er sich das ein und trotzdem wurde es nicht leichter. Einmal atmete er tief durch. "Es tut mir leid. Ich wollte nicht..." Ja, was hatte er eigentlich damit bezwecken wollen? Er war sich da doch selbst nicht ganz sicher. Er atmete noch einmal tief durch und begann dann neu: "Du bist nicht dumm Taichi, auch wenn ich das so oft sage. Ich weiß ja selbst nicht, wieso ich das mache. Es kommt einfach so heraus, ohne dass ich es will. Aber ich meine es nicht so. Wirklich nicht. Im Gegenteil... Manchmal hast du sogar echt geniale Einfälle." Nun blickte Taichi auf und da sah es Yamato zum ersten Mal. Diesen süßen kleinen schiefen Grinser. "Danke." "Wofür? Ich habe doch..." Yamato wurde durch eine gehobene Hand unterbroche und Taichi sprang schnell auf und schenkte dem blonden Achtjährigen wieder ein strahlendes Lächeln. "Ich hatte echt schon gedacht, dass du es nicht ernst gemeint hättest, als du gesagt hast, wir wären Freunde. Und ich danke dafür, dass es nicht so ist. Denn ich mag dich...." Jetzt wurde Yamato doch ein klein wenig rot und drehte sich verlegen weg. Taichi kicherte leicht und hielt ihm die Hand hin: "Komm lass uns zurückgehen." Yamato blickte kurz auf die Hand von Taichi und dann wieder in dessen Gesicht. Dann lächelte er auch leicht und sie bahnten sich wieder einen Weg durch die Menge. ~FLASHBACK END~ Immer noch sehe ich ihn an, auch wenn meine Gedanken mal wieder zu diesem Sommer gewandert waren. Ich denke, er weiß, dass ich nicht ganz da bin, denn er sitzt einfach nur ruhig da und wartet. Ich lächle ihn an und schließe kurz die Augen. Es gibt nun kein Zurück mehr. Mein Entschluss steht fest. Ich werde es tun. "Okay, Taichi. Bist du dir sicher, dass du es willst?", frage ich ihn doch lieber zur Sicherheit noch einmal nach. Er kniet sich genau gegenüber von mir hin und nickt. Dann schließt er die Augen und wartet. Ich atme noch einmal tief durch. Jetzt werde ich meinen besten Freund küssen. Ich knie mich auch hin und blicke ihm ins Gesicht. Es ist auch nie Mut da, wenn man ihn braucht. Ich lecke mir einmal über die Lippen und schließe meine Augen. Mein Herz klopft wie verrückt und ich kann förmlich das Blut Rauschen hören. Aber das ist alles nichts gegen das Gefühl, dass mich plötzlich durchfuhr, als sich unsere Lippen trafen.... TBC *hehe* Zwei Teile folgen noch ^^** @Kameo: Danke *freu* Lass mich raten... das Kapitel hat wieder fies aufgehört. XD Danke an alle meine Leser XD Bis zum nächsten Update Jenchan ^^ *wink* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)