Decisions von Anshie (M x M) ================================================================================ Kapitel 1: Decisions -------------------- Titel: Decisions Serie: Death Note Beta: Ryusei Widmung: Ryusei Anmerkung: Warum Decisions? Nun ja... weil man manchmal im Leben eben Entscheidungen trifft. Sei es, zu gehen, oder jemandem zu folgen. ^_~ ~ Decisions ~ „L ist tot?“, wiederholte Mello die Worte des älteren Mannes namens Roger. „A-aber...“ Roger sah traurig aus. Und eigentlich war Roger ein Mensch, der immer lächelte. Nun aber hatte der Mitgründer des Wammy’s House die Arme auf dem Schreibtisch vor sich abgestützt und die Hände vor dem Kinn gefaltet. Seine Augen schlossen sich einen Augenblick und öffneten sich erst dann wieder, als Mello mit beiden Händen flach auf den großen Holzschreibtisch schlug. „WIE?“, schrie er. „Wie ist das passiert? War das Kira?“ „Höchstwahrscheinlich, ja“, antwortete Roger. „Er wollte Kira stellen!“, schrie Mello und packte Roger an den Armen. „Er wollte ihn stellen und jetzt ist er tot? Willst du mir das sagen? Das kann doch nicht-“ „Mello“, unterbrach Roger den blonden Jungen mit eindringlicher Stimme. „Ich bitte dich...“ Doch weiter kam er nicht, denn der dritte Anwesende im Raum meldete sich in diesem Moment zu Wort. „Wenn man das Puzzle nicht lösen kann“, begann Near und fügte das letzte Teil in sein komplett weißes Puzzle ein. „Dann ist man nichts anderes als ein Versager.“ Seine Stimme klang klar. Trocken und emotionslos. So wie sie eben immer klang, wann immer er sie mal benutze. Auch wenn das nicht so sonderlich oft vorkam. Mello biss sich auf die Unterlippe und warf dem weißhaarigen Jungen über die Schulter einen verhassten Blick zu. Er nannte L einen Versager. Das war es doch, was er hiermit gerade indirekt ausdrückte, oder etwa nicht? Wäre Roger jetzt nicht hier gewesen, dann hätte er Near geschlagen. Roger war aber hier. Und deshalb verkniff er es sich, drehte sich stattdessen wieder zu dem älterem Mann um und beugte sich erneut etwas zu weit über den Schreibtisch. „Also, Near oder mich? Wen hat er-“ Wieder wurde ihm von Roger das Wort abgeschnitten. „Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, Mello“, meinte Roger. „Aber er hat noch gar nicht gewählt.“ Hinter Mello kippte Near sein gerade gelöstes Puzzle wieder aus und begann von neuem die Teile zu sortieren. „Und jetzt ist es dafür zu spät.“ Nein echt? Darauf wäre Mello auch gerade noch selbst gekommen. „Mello, Near. Was haltet ihr davon, einfach zusammenzuarbeiten?“ Schlagartig fuhr Mello wieder herum, seine Augen weiteten sich noch mehr als eh schon, während er Near fixierte und dabei sah er aus, als habe man ihm gerade vorgeschlagen, seine heiß geliebte Schokolade mit Near zu teilen. Dass Roger – Roger, der sie beide kannte – auch nur wagte so einen Vorschlag zu machen, empörte ihn regelrecht. Und Nears knappe Antwort machte es nicht unbedingt besser. „Okay, einverstanden.“ „Ts~!“, zischte Mello, grub die Schneidezähne noch fester in die Unterlippe und wandte sich dabei von Near ab. Er hasste ihn. Allein schon seinen Anblick verabscheute er. „Unmöglich, Roger!“, fuhr er Roger an. „Jeder weiß, dass Near und ich Rivalen sind.“ Seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt und für einen Moment senkte er den Blick, starrte auf den Boden und schien nachzudenken. Dann sah er Roger in die Augen. „Gut.“ Gut? Wenn Mello ‚Gut’ sagte, dann hieß das meist nichts Gutes. „Near wird Ls Nachfolger werden. Er kann das ja sowieso viel besser – anders als ich.“ Pure Verachtung. Purer Hohn lag in seiner Stimme. „Ich werde gehen. Macht doch was ihr wollt. Ich bin alt genug um das Waisenhaus zu verlassen.“ Und noch ehe Roger darauf noch etwas erwidern konnte, hatte Mello sich auch schon umgedreht und war wütend, großen Schrittes und mit noch immer geballten Fäusten aus dem Raum gestiefelt. Natürlich nicht, ohne seinen offiziellen Abschied mit einem ordentlichem Knall der Türe zu bestätigen. ~ Erst als er den Flur eine Weile entlang gelaufen war, verlangsamte er seine Schritte, löste die angespannten Muskeln und ließ zu, dass sich etwas wie Trauer auf seinem Gesicht zeigte. Das ging die anderen ja nichts an. Das mussten die ja nicht sehen. Gerade wollte er um die Ecke gehen, als er über etwas stolperte und nach vorn kippte. Er konnte das Gleichgewicht gerade noch halten und machte sich schon daran, den – wer auch immer ihm ein Bein gestellt hatte – ordentlich zur Sau zu machen. „Sag mal spinnst du. Was-?!“, schrie er los und blickte erst dann auf. „Oh“, grummelte er, als er in ein paar dunkle Augen schaute, die gerade unter einer Fliegerbrille zum Vorschein gekommen waren. „Yo!“, grüßte ihn der gleichaltrige, brünette Junge mit dem schwarzweiß gestreiften Ringelpulli und hob die Hand. „Du bist’s nur“, seufzte Mello. „Sorry, aber Britney Spears hat grad zu tun“, murmelte Matt. Meist murmelte er nur. Meist sah er einen dabei nicht einmal an und machte sich auch gar nicht erst die Mühe bei seinem Game Boy auf ‚Pause’ zu drücken. Mello hätte sich geehrt fühlen sollen, dass Matt ihm diese Ehre regelmäßig erwies. Aber Mello fühlte sich eigentlich nie besonders geehrt. „Verarsch mich nicht!“, gab er maulend von sich. „Hat sich’s mittlerweile herum gesprochen?“ „Du meinst Ls Tod?“ „Nein, Nears neuste Noten. Natürlich, Ls Tod, was sonst?!“ Jeder andere Mensch hätte sich früher oder später von Mello beleidigt gefühlt, wenn er in diesem Ton mit einem sprach. Aber Matt nicht. Matt schien Mellos unfreundliche Stimmlage so ziemlich am Arsch vorbei zu gehen. Oder aber er merkte es gar nicht. „Nee, das wird noch geheim gehalten“, erklärte Matt, lehnte sich ultralässig wie immer an die Wand und widmete sich wieder seinem Game Boy. „Ich hab’s nur aufgeschnappt.“ „Aufgeschnappt? So, so...“ „Ja, halt gerade eben. Vor der Tür und so.“ „Schon klar.“ Mello seufzte, tat es Matt nach und lehnte sich neben ihm an die Wand. Dann rutschte er mit dem Rücken an eben jener herab und legte den Kopf auf die Knie. „Das ist total abgefuckt.“ „Hm?“ Das leise Piepen und die Melodie von Matts Spiel hätte so ziemlich jeden irgendwann tierisch aufgeregt. Mello allerdings empfand es stets als beruhigend. Es war eine Konstante in seinem Leben. Etwas, wovon er glaubte, dass es sich nie ändern würde. Auch wenn L tot war und Near L werden würde und Mello Matt verlassen würde. Matt würde immer irgendwas zocken. „Ich hau ab“, verkündete Mello schließlich trocken. „Wie jetzt?“ Matt blickte auf. Keine Sekunde später ertönte eine andere Melodie und Matt warf einen kurzen Blick auf den Bildschirm des Game Boys, ehe er die Augenbrauen verengte. ‚Game Over.’ „Fuck.“ „Ich werde das Waisenhaus verlassen. Near wird L. Für mich gibt’s hier nichts mehr“, erklärte Mello, während Matt seinen Game Boy ausschaltete. Er schaltete ihn aus. Nicht nur auf ‚Pause.’ Nein, ganz aus. Matt schob die Fliegerbrille auf seiner Stirn etwas höher und zog die Augenbrauen im selben Moment gleich mit hoch. Doch Mello starrte auf seine eigenen Füße. Er sah Matts Blick nicht. ~ England hatte seinen Ruf als verregnetes, graues Land zu Recht. Als Mello mitten in der Nacht seine sieben Sachen packte, prasselte der Regen laut gegen die Fenster des Schlafsaals und so musste er sich nicht einmal besonders bemühen, leise zu sein. Das mit den sieben Sachen konnte man sogar wörtlich nehmen, denn besonders viel hatte er nicht in seinen Rucksack zu packen und dementsprechend brauchte er auch nicht lange. Von den Kindern im Raum bemerkte ihn niemand. Sie schliefen alle tief und fest. Und dass Near unter seiner Bettdecke hervorlugte und ihn beobachtete, wie er leise hinter sich die Tür schloss, bemerkte Mello nicht. Mello hatte den grauen, vom Regen nassen Vorhof noch nicht einmal ganz betreten, da schlug ihm der Wind ins Gesicht und sorgte dafür, dass ihm seine Haare die Sicht versperren. Mit einem mürrischen Fluchen versuchte er sie zu bändigen, zog seinen Anorak zu und trabte über den Hof, aufs Tor zu. Da stand jemand. Matt blickte auf, als das Tor sich mit einem leisen Quietschen öffnete und hinter Mello wieder schloss. „Was machst du denn hier draußen?“, fragte Mello. Irgendetwas war komisch an diesem Bild und es dauerte einen Moment, bis Mello wusste, was es war. Matt hatte die Hände in den Jackentaschen vergraben. Und da war kein Game Boy. Nirgends. Die Fliegerbrille, auf der die Regentropfen herunter liefen, verdeckte seine Augen. „Verabschieden halt“, erklärte Matt knapp und irgendetwas in seiner Stimme klang anders. Oder dachte Mello das nur, weil ihn der Anblick eines Matts ohne Game Boy ohnehin schon so verwirrte? „Hm“, erwiderte er knapp und senkte den Blick. Es war ihm nie schwer gefallen, Matt ins Gesicht zu sehen, aber in diesem Moment lag eine seltsame Atmosphäre in der Luft, die ihn unwahrscheinlich nervös machte. Womöglich, weil ihm Matt hier gerade so offensichtlich darlegte, dass er nun tatsächlich gehen würde. Dass er sein Zuhause hinter sich lassen würde. Und Matt damit auch. Und deshalb stand er jetzt etwas unsicher da und wusste nicht was er sagen sollte. Matt scheinbar auch nicht. Also schwiegen sie. Erst, als Matt etwas aus seiner Jackentasche holte, blickte Mello interessiert auf. Er beobachtete äußerst argwöhnisch, wie Matt sich eine Zigarette in den Mund steckte. Der Regen löschte das Feuer des Zippos jedoch jedes Mal zu schnell und Matt schien sichtlich erleichtert, als er es beim dritten Versuch schaffte, die Zigarette anzuzünden. Und er schaute ziemlich blöde aus der Wäsche, als Mello keine zwei Sekunden später ausholte und ihm die Zigarette aus dem Mund schnipste. „Ey!“, maulte er und warf dem Glimmstängel, der gerade in einer Pfütze ausging, einen wehleidigen Blick nach. „Seit wann rauchst du?“, tadelte Mello. Er hielt nicht viel vom Rauchen. Dass es ungesund war, war nicht der Grund dafür, wie man vielleicht hätte annehmen können. Nein, es schmeckte einfach bitter und deshalb war es eklig. „Seit jetzt“, antwortete Matt und machte Anstalten sich eine neue Zigarette aus der Schachtel zu holen, aber als er Mellos Blick auf sich ruhen spürte, zögerte er. „Warum?“, bohrte Mello weiter. „Wollt’s halt mal ausprobieren.“ Und dann tat er es doch, zündete sich eine neue Zigarette an und hielt sie diesmal etwas fester. Nur um sicher zu gehen. Doch Mello versuchte nicht erneut, sie ihm abzunehmen. Er stand da und schwieg eine Weile. Nach zwei Zügen, wovon mindestens einer zu tief gewesen sein musste, begann Matt zu husten, als habe er sich verschluckt. Mello musste grinsen. Geschah ihm ganz recht. „Letztes mal hat Roger dich erwischt“, erinnerte er Matt. Letztes Mal... „Das war...“ Mellos Stimme wurde leiser. „Nach dem Unfall.“ ~ Der Unfall. Das war vor etwa einem Jahr gewesen. Eine Sache, die so schnell passiert war und sich aus einer solch lächerlichen Kleinigkeit ergeben hatte, dass man im Nachhinein nur den Kopf darüber schütteln konnte. Es war ein warmer Tag gewesen und fast alle Kinder – mit Ausnahme von Near, der selten überhaupt das Haus verließ – spielten auf dem Hof vor dem Waisenhaus. Während Mello es als äußerst klug empfunden hatte, das Fußballspiel mit den anderen mal eben auf die Straße zu verlegen, saß Matt mit seinem Game Boy in der Hand am Straßenrand vor dem Eingangstor und schien die Welt um sich herum wieder einmal vergessen zu haben. Matt zuckte zusammen als ihn etwas Hartes an der Hand traf und ihm den Game Boy aus derselben schlug. Als er aufblickte, stand ein anderer Junge, etwas älter als er selbst und in etwa doppelt so breit, vor ihm und grinste. „Ups, sorry, Matt“, sagte James Mathews – der Junge, der im Haus neben dem Waisenhaus wohnte, und es allgemein sowieso als größtes Hobby ansah, sich mit den Wammy Kindern anzulegen. Er und hob den Ball auf, der eben Matts Game Boy Display zersplittert hatte. „Na ja, vielleicht haste jetzt mal Grund deinen Arsch hochzukriegen“, stichelte der Dickere und rannte über die Straße davon. Matt schob seine Brille zureckt und blickte ihm zuerst nur schweigend nach, ehe er einen Blick auf seinen Game Boy riskierte. Total im Arsch. Der ging garantiert nicht mehr an. „Ich hab’s gesehen, du Arschloch!“, hörte er plötzlich jemanden neben sich plärren und als er wieder hochsah, stand Mello neben ihm. „Ey, willst du dich nicht mal wehren?“, wandte der Blonde sich an ihn. „Das war voll die Absicht!“ „Scheiß drauf“, antwortete Matt. „Scheiß drauf?“, wiederholte Mello empört. „Ja, der war eh schon zerkratzt. Roger wird rüber gehen und es seinen Eltern sagen. Dann krieg ich ’nen Neuen.“ „Darum geht’s doch gar nicht! Du musst dich wehren, sonst macht der’s das nächste mal wieder!“, wies Mello ihn lautstark an, machte dann jedoch auf dem Absatz kehrt und lief zur Straße. „Mathews, du blöder Wichser, bleib da, du feige Sa-“ Und dann passierte es. Matt hatte nicht einmal so schnell aufstehen können, wie das Auto Mello erwischt hatte. ~ Matt sah angespannt aus. Und das hatte Seltenheitswert. Matt war eigentlich die Ruhe in Person, aber seit es passiert war, reagierte auf diese Sache mehr als nervös. „Wenn ich...“, begann er. Wie bereits gesagt, klang Matts Stimme immer ziemlich gelassen, bisweilen sogar desinteressiert. Nicht so in diesem Moment. „Wenn ich in der Lage gewesen wäre, mich selbst zu verteidigen...“ „Ach Schnauze“, unterbrach Mello ihn patzig. „Die Scheiße is doch voll abgelutscht. Das hatten wir schon hundert Mal, das Thema. Ich leb ja noch, oder? Also! Unkraut vergeht nicht. Ich schätze, mich könnte man hochjagen und ich würd’s überleben.“ Er lachte. Matt lachte nicht. Aber er lächelte. Immerhin. „Na ja“, begann er nach einer Weile, in der sie sich noch angeschwiegen hatten. „Dann pass auf dich auf und so, ne?“ „Klar“, versicherte Mello grinsend. „Und du, tret’ Near regelmäßig in den Arsch von mir.“ „Aye, Chef.“ Durch einen Schlitz der heruntergelassenen Jalousien beobachtete Near oben von einem Fenster des Schlafsaals aus, wie Matt Mello kurz umarmte und Mello sich dann auf den Weg machte. ~ Als Mello Matt vier Jahre später wieder traf, hatte Matt einen Game Boy in der Jackentasche. Eine Konstante in Mellos Leben. Etwas, was sich niemals ändern würde. ~ The End ~ Die Frage aller Fragen: Wieso fängt der Titel dieser FF nicht mit "J" an? Ja, wer meine anderen DN-FFs kennt, dürfte vielleicht gemerkt haben, dass deren Titel alle mit "J" anfangen. Das hat sich so ergeben. ^_~ "Decisions" ist allerdings die erste, in der es nicht um Raito und L geht. Darum auch kein "J". ^^v Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)