Rayos Reise von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 9: Endlich zu Hause --------------------------- Rayos Reise Part 8 Konnichi wa, minna-chan! Ja, dies ist der achte Teil von ich weiß nicht wie vielen, die noch kommen mögen! Ähm, jemand sagte in einem Kommentar zum letzten Part, es bestände die Sorge, zwischen den beiden Turteltauben könnte sich mit Rayos Eingeständnis zu sich selbst etwas drastisch ändern. Aber ich mag keinen so krassen Kitsch. Das erinnert mich immer zu sehr an Wedding Peach, wo Momoko und Yosuke während ihres ersten Kusses unter einem Springbrunnen standen, der dann plötzlich zu leuchten anfing. Überall funkelte und glitzerte es... *schauder* Die Serie war ja wirklich nicht soo schlecht, aber sie war einfach kitschig! Jedenfalls hörte ich erst heute den Satz >Wenn du das Leuchten lesen kannst, ist es kitschig!< Im Zusammenhang mit Wedding Peach als Beispiel: Wenn der leuchtende Springbrunnen im Hintergrund beim Lesen allzu deutlich spürbar ist, dann ist es kitschig... Ich versuche, den Kitsch zu umgehen... Liebesgeständnisse können warten! Soviel zu meiner Meinung! Viel Spaß beim Lesen! --- "Geht den Gang zu den Schlafräumen hinab. Dritte Tür, rechts!" Mit einem kleinen Abschiedsgruß richtete der Mann seine Aufmerksamkeit wieder seiner Arbeit zu. "Na, los!" Lileya warf ihr rotes Haar zurück und bedeutete ihren Kameraden, voranzugehen. "Ihr habt gehört, wo's lang geht!" --- Nervös trat Rayo in den Gang, der sie zu ihrem noch immer namenlosen Helfer bringen sollte. Obgleich er sich in Darons Nähe sicher fühlte, war er aufgeregter als selten zuvor in seinem Leben. "Wieso tust du eigentlich so geheimnisvoll, Mädchen?", fragte der Prinz, wobei er an Rayo vorbei die Magierin kritisch musterte. Innerlich musste der ihm zustimmen. Er war selbst verwirrt von dem Verhalten seiner Freundin. "Tja..." Leya schwieg einen Moment und zählte die Türen ab, die sie passierten. "Das werdet ihr gleich feststellen. Ah, hier ist es auch schon!" Ohne zu zögern schwang sie die dritte Tür auf der rechten Seite auf und deutete ins Innere des Raumes. Rayo seufzte ob ihrer theatralischen Gesten und ging in das Zimmer, in dem das Licht durch Jalousien leicht gedämmt war. Eine Person erhob sich jetzt rasch aus dem Sessel, der am Fenster stand und trat einen Schritt vor. Schwarze Augen trafen auf goldene. >Seltsam...< Mit großen Augen musterte Rayo den Jungen vor sich. Einfache Kleidung, wie die eines Bauern, ebenso einfaches Schuhwerk... nur war nicht das der Grund seiner Verwunderung... >Diese blasse Haut, die schwarzen Haare, die schwarzen Augen, das Gesicht... er sieht aus wie... wie er... diese Ähnlichkeit kann kein Zufall sein...< "Was ist, Rayo?" Dem Angesprochenen entging nicht der leicht scharfe Hauch in Darons Worten. "Kennst du den?" Er schwieg, konnte es nicht aussprechen. >Es muss ein Zufall sein, wie sonst soll er hier auftauchen, in dieser fremden Welt...? Aber ein Zwilling?< Leichte Hoffnung mischte sich in seine Gedanken. Was, wenn er es doch war...? Was, wenn er ihn nach Hause bringen konnte...? "Hi, Rayo..." Unverwechselbar, diese Stimme. Die erkannte er aus hunderten. "To-... Tomoya?", sprach er leise aus. "Ja, ich bin's!", lächelte er. Doch es wirkte ein wenig gequält. "Überrascht?" Es war ein merkwürdiges Gefühl, ein vertrautes Gesicht wiederzusehen. Es schien ihm nämlich mit einem Male so fremd zu sein. Irgendwie fehl am Platz. Zwar war nur wenig Zeit vergangen, doch es war so viel passiert, er hatte so viel neues gesehen und gelernt. So viel erlebt. Seine ganze Sicht auf die Welt hatte sich verändert und jetzt sah er auch Tomoya aus einem vollkommen anderen Licht. Aber all das war jetzt egal... Hauptsache, er war jetzt da... "Tomoya...!" Rayo hastete auf den anderen Jungen zu und umarmte den Größeren brüderlich. Tomoya klopfte ihm auf die Schulter. "Sag, mal, was soll das?!" Daron zog Rayo von dem für ihn Fremden weg und legte bestimmt einen Arm um seine Mitte. "Wer ist das?!" "Er ist ein Freund aus Kindertagen!", erklärte Rayo an Daron gewandt, blickte dann aber wieder lächelnd zu Tomoya, dessen Augen einen Moment lang auf dem besitzergreifenden Arm ruhten, der an seiner Hüfte lag, bevor er sich artig vor dem Prinzen verbeugte. "Wenn ich mich vorstellen darf: Tomoya Suzumi." Sein offener Blick traf den Darons, der ihn noch immer finster betrachtete, als wäre er sein Feind. "Du bist fast genauso seltsam wie Rayo...", kommentierte der Prinz die Begrüßung. "Ihr kennt alle die Sitten unseres Landes nicht! Ihr senkt ja nicht einmal die Augen, wenn ein Mitglied der königlichen Familie vor euch steht." "Tut mir leid." Tomoya machte keine Anstalten, sein Benehmen zu ändern. Er nahm eine lässigere Haltung ein und wandte sich zu Lileya, die das kurze Gespräch aufmerksam mitverfolgt hatte. "Was macht der Prinz hier?", fragte er in müdem Tonfall. "Ich dachte, du und Rayo, ihr kommt allein?" "Tja, Daron ist uns nachgeritten!" Leya seufzte schwer. "Wir haben ihm allerdings noch nichts erzählt, also..." "Was erzählt?" Daron sah missmutig von einem zu anderen. "Das ist jetzt nicht wichtig!", warf Rayo ein und trat verzweifelt einen Schritt auf Tomoya zu, der jetzt wieder diese leichte Traurigkeit in seinen dunklen Augen trug. "Wie kommst du hierher, Tomoya? Was machst du hier?" "Ich will dir helfen!", erwiderte der andere leise. "Ich weiß, ich hätte dir von Anfang an davon erzählen sollen... noch bevor du hier reingeraten bist... aber es ging nicht! Ich wurde vorher aufgehalten und als ich endlich bei euch zu Hause ankam, warst du schon längst weg... Ich habe mir ziemliche Sorgen gemacht, weil ich erst gar nicht wusste, wo du warst, bis Leya bei mir aufgetaucht ist... den Rest kannst du dir sicherlich denken..." "Nein..." Rayo schüttelte verwirrt den Kopf. "Ich verstehe das nicht! Warum das Ganze? Du sagtest mir, ich sollte in diese blöde Scheune kommen und was passiert? Irgendein Sog reisst mich in eine andere Welt! Warum?" "Erst einmal ging es darum, dich einzuweihen... in die Magie und so. Ich hatte eigentlich vor, zusammen mit dir hierher zu kommen und dir alles zu zeigen. Nie im Leben hätte ich gewollt, dass du so etwas durchleidest! Ich habe nach dir die ganze Stadt und den ganzen Wald abgesucht! Wie konnte ich ahnen, dass du im Schloss beim Prinzen bist? Schließlich bat Leya mich, die Sache in die Hand nehmen zu dürfen und es war besser so, glaube mir. Du hättest ganz anders gehandelt, wenn wir es dir leichter gemacht hätten. Dafür ist unser Ziel einfach zu wichtig! Hättest du Bescheid gewusst, dass du der fremden Welt hier jederzeit den Rücken kehren konntest, hättest du keine der Gefahren hier ernst genommen. Nur so konntest du diese Welt verstehen lernen!" Rayo starrte Tomoya während seines Wortschwalls nur an. Er erschien ihm wie ein Fremder, wenn er ihn auch besser kannte, als jeden anderen Menschen auf der Welt. Was redete er da? Waren die ganzen Jahre, die sie sich kannten, etwa mit einem Geheimnis überschattet gewesen? Nie hatte er etwas vor Tomoya versteckt, er hatte ihm alles erzählt. Und Tomoya...? "Wie lange wusstest du schon davon?", fragte er zitternd. Er spürte, wie Daron ihn näher an sich heranzog, wenn er auch nicht verstand, worum es ging. "Nicht sehr lange...", antwortete Tomoya und Rayo stieß erleichtert die Luft aus, die er, ohne es zu merken, angehalten hatte. "Mit meinem siebzehnten Lebensjahr machten sich meine magischen Fähigkeiten bemerkbar und... meine Familie hat mich eingeführt... ich war entsetzt und gleichzeitig... elektrisierte mich der Gedanke an Magie vor Spannung. Ich wollte es unbedingt lernen." Rayo erstarrte bei den gehaspelten Worten seines sonst immer so verschlossenen Freundes. "Magie?", keuchte er. "Du bist Magier?" "Tja..." Ein schiefes Grinsen legte sich auf die Lippen des Schwarzhaarigen. "Mein Gesicht muss ungefähr so ausgesehen haben, wie deines jetzt, als ich es erfahren habe!" "Ich verstehe aber noch immer nicht, warum ihr das mit mir gemacht habt!" Etwas verletzt schaute Rayo zur Seite. "Ich bin doch kein Magier und nur, weil mein Anhänger irgendwas können soll, hätte das doch nicht sein müssen." Sein Blick schweifte über die kargen Möbel und landete schließlich auf Darons Gesicht. Er war aschfahl. "Oh, Gott!" Er wandte sich Daron ganz zu und Besorgnis machte sich sofort in ihm breit. "Was ist los mit dir?" "Magie? Andere Welten? Und du... du kommst..." Der Prinz erzitterte leicht. Rayo legte vorsichtig die Arme um seinen Hals und sah ihm tief in die Augen. "Ja, es stimmt!" Es schmerzte ihn, die grauen Tiefen, die er so lieb gewonnen hatte, so trüb und ängstlich zu sehen, doch gleichzeitig löste sich eine Art Schlinge in ihm, als er spürte, dass es jetzt keine Lügen mehr geben würde. "Ich komme aus einer anderen Welt! Und... ja, es gibt Magie. Lileya ist eine Magierin und... Tomoya ist, wie es scheint, ein Magier..." "Du hast mich also belogen? Die ganze Zeit?" Verletzt zuckte Rayo zurück. Daron hatte ganz recht. Er war ein elender Lügner. Und er schämte sich in diesem Augenblick seiner selbst so sehr, als würde sein Gewissen die gesamte Abneigung gegen solche Lügner, wie er nun einer war, auf ihm abladen. Mit Selbstekel sah er auf seine Hände hinunter und trat noch einen Schritt zurück. Warme Tränen tropften in seine Handflächen, die er noch immer voller Hass anstarrte. "Ja, das habe ich... Ich habe dich angelogen..." Er wäre am liebsten davongelaufen. Die Welle an Schmerz, die sein Innerstes aufwühlte und in einem völligen Chaos zurückließ, zwang ihn beinahe in die Knie. Vielleicht sollte er ja auch wirklich zusammenbrechen. Dann brauchte er sich erst einmal dieser ätzenden Wirklichkeit nicht zu stellen. All diese Lügen... "Es tut mir so leid...!", schluchzte er auf, wollte herumwirbeln und zur Tür rennen. Bevor er jedoch nur eine Bewegung machen konnte, fingen zwei starke Arme ihn ein und hielten ihn fest. Er kämpfte gegen den warmen, vertrauten Griff an, zappelte und schluchzte, doch es nutzte nichts. "Bitte, weine nicht!" Darons leise Stimme ließ ihn innehalten. Seine Gegenwehr erstarb abrupt. "Warum bist du nicht wütend?", flüsterte Rayo kaum hörbar, ein weiterer Schluchzer ließ seinen Körper sich verkrampfen. "Natürlich bin ich wütend!", knurrte Daron. "Aber deswegen musst du doch nicht gleich rumflennen! Ich hab' eh schon geahnt, dass du nicht ganz die Wahrheit sagst!" "Ich wollte nicht lügen!", schluchzte Rayo und vergrub sein Gesicht in der Kleidung des Prinzen. "Ich hasse es, zu lügen! Aber es ging einfach nicht anders! Was hätte ich denn sagen sollen?" "Schon gut." Beruhigend strich Daron über den Rücken seines Schützlings. "Es fällt mir ja auch echt schwer, das zu glauben. Ich bin mir sicher, ich habe die ganze Tragweite deiner Geschichte noch gar nicht begriffen." Solche klugen Worte von Daron. Rayos Tränen verebbten langsam, als die Information, dass ihm verziehen worden war, endlich in sein vom Stress zermürbtes Gehirn vordrang. Sein Griff um den Körper des Prinzen lockerte sich wieder, doch er mied noch immer seinen Blick. "Rayo, ich kapiere das wirklich alles noch nicht so ganz...", drang Darons Stimme plötzlich leise an sein Ohr. "Es gibt also Magie... nun, okay... und es gibt eine andere Welt als diese hier... aus der kommst du... das erklärt zumindest, warum ich deinen Namen in keinem Register gefunden habe... aber... was ist mit deiner Schwester? Ist sie aus dem selben Grund hier wie du?" "Nein... also...", stotterte Rayo zögerlich und umklammerte den Größeren etwas fester. "Ich habe eigentlich gar keine Schwester..." "Was?" "Im Kloster, als du meine angebliche Schwester das erste Mal gesehen hast... das war ich!" Rayo spürte, wie sein Gesicht rot anlief. "Danach auf dem Ball, das war Lileya, sie hat doch magische Kräfte und da hat sie sich in ein weibliches Abbild von mir verwandelt!" Daron schwieg. Rayo fragte sich, wie er diese Information aufgenommen hatte. Immerhin liebte er Raya doch und es musste für ihn ein Schlag sein, dass seine Liebe nicht existierte und statt dessen er dieses ominöse Mädchen gewesen sein sollte. Ein mattes Geräusch aus Darons Kehle ließ ihn aufhorchen. Ein Schluchzer? Widerwillig lehnte er sich zurück, um ihn ansehen zu können. Ihm ging es jetzt sicher schlecht und wer war mal wieder schuld daran? Er natürlich, der Trottel Rayo Tamono. Darons Gesicht kam in sein Blickfeld und Verwirrung machte sich in ihm breit. Der Prinz grinste. Ein weites offenes Grinsen. "Bitte wiederhol' das!", lachte er plötzlich laut heraus. "Du warst also diese Raya im Kloster? Du hast dich als Mädchen verkleidet und allen was vorgegaukelt? Wofür denn das? Und... Nein, wie musst du dich gefühlt haben, als ich dich mit aufs Schloss nehmen wollte! Kein Wunder, dass du Reißaus genommen hast!" "Ach, halt die Klappe!" Grummelig verschränkte Rayo die Arme vor der Brust. "Irgendwo musste ich unterkommen, deshalb war ich im Kloster bei Schwester Thera! Ich konnte doch nicht wissen, dass ein total durchgeknallter Prinz auftauchen würde! So etwas passiert nicht im normalen Leben!" "Du warst also...?", meldete Tomoya sich unerwartet zu Wort und zwei überraschte Augenpaare wandten sich ihm zu. Rayo und Daron hatten tatsächlich ganz vergessen, dass sie nicht alleine waren. "Du warst im Kloster?! Als Mädchen?! Und ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum ich dich nicht finden konnte! Na, toll! Wie sollte ich das auch ahnen?" "Ich dachte, Leya hätte dir längst alles erzählt?" Rayo sah die Magierin an. "Scheinbar nicht alles!", lächelte Tomoya und strich sich eine dunkle Haarsträhne aus den Augen. "Mann, Rayo, dass du, gerade du, dich jemals als Mädchen ausgeben würdest, hätte ich nie gedacht! Dabei hasst du deine mädchenhafte Erscheinung doch so! Na, ich bin jedenfalls froh, dass die Probleme zwischen euch Turteltauben jetzt gelöst sind! Ihr werdet nämlich eine ganze Weile voneinander getrennt sein und da könnt ihr Ungereimtheiten nicht gebrauchen!" "Turteltauben?!", ächzte Rayo errötend. "Voneinander getrennt?!", fauchte Daron und verengte seine Augen zu gefährlichen Schlitzen. "Wie meinst du das?" "Rayo ist hier in Gefahr, deshalb werden wir ihn mit zurück in seine und meine Welt nehmen!", erklärte Tomoya in nüchternem Tonfall. "Es geht nicht anders, es sei denn, Ihr wollt sein Leben riskieren, Prinz!" "Aber..." Daron sprang vor Rayo, als wollte er ihn vor einer drohenden Gefahr schützen. "...nein, das lasse ich nicht zu! Ich passe auf ihn auf! Ihm wird nichts passieren!" "Prinz!", warnte Leya mit erhobener Stimme. "Ihr habt doch gesehen, was vorhin geschehen ist!" "Na und?!", beharrte Daron. "Von wegen >Na und "Ja!" Vor Freude fast aufspringend strahlte er den Prinzen an. "Das ist es!" "Nein!" Tomoya schüttelte traurig den Kopf. "Das geht nicht!" "Aber... warum denn nicht?" Ängstlich blinzelte Rayo seinen Sandkastenfreund an. "Er ist der Prinz, er hat Pflichten und Aufgaben zu erledigen. Außerdem hat er auch noch Eltern, die sich Sorgen machen, wenn er weg ist!" Rayo sah Daron einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen. "Wenn es nur das ist!" Sein typisches Grinsen war auf seine Lippen zurückgekehrt. "Ich habe meinen Eltern schon gesagt, dass ich ein paar Wochen weg sein werde! Und zwar bei Rayos Familie! Und das möchte ich doch einhalten, oder? Ich werde mitkommen!" "Wenn es nur das wäre!" Tomoya schien noch immer dagegen zu sein. "Mir persönlich macht es nichts aus, dass Ihr mitkommt. Aber was erzählen wir Rayos Eltern? Sie wissen zwar über den Anhänger Bescheid..." "Sie wissen?!" "...aber..." Tomoya überging Rayos Einwurf. "... sie würden sicher nicht erlauben, dass ein Prinz aus einer anderen Welt bei ihnen wohnt." "Was wissen meine Eltern?", rief Rayo aus. "Sie wissen, dass es Magie und andere Welten gibt.", erklärte Tomoya. "Aber ich denke, sie haben noch niemals eine Person aus einer anderen Welt gesehen, geschweige denn sind sie jemals in einer anderen Welt gewesen und wirklich ernst nehmen sie die ganze Sache auch nicht! Du kennst deine Eltern doch, Rayo! Deshalb hatte ich ja auch von vornherein vor, dich hierher mitzunehmen, damit du nicht so denkst wie sie." "Sie haben mir nichts davon erzählt?", keuchte Rayo entsetzt. "Sie hätten dir zu deinem siebzehnten Geburtstag alles erklärt, so wie mir. Wäre es nicht wirklich, ganz ernsthaft, wichtig, hätte ich selbst auch gewartet, aber die Situation ließ es nicht zu." "Inwiefern?", fragte Rayo neugierig und lehnte sich, ohne es zu merken, leicht an Darons Schulter. "Tja, für diese Welt besteht eine große Gefahr, die nur du beseitigen kannst." Eine kurze, drückende Stille trat ein, die Tomoya jedoch sofort wieder durchbrach. "Du, oder jemand anderes deiner Familie. Und deshalb will man dich töten." "Aber wer steckt denn dahinter?", murmelte Rayo. "Und warum ich? Wieso nicht meine Eltern oder meine Tanten und Onkels? Oder deren Kinder?" "Weil sie anders sind als du.", sagte Tomoya schlicht, fuhr dann jedoch fort. "Ich kenne dich eben am besten und ich vertraue dir. Deshalb habe ich dich ausgesucht und nicht irgendwen anders. Ich weiß einfach, dass du der Richtige dafür bist!" "Aber...", begann Rayo einen weiteren Widerspruch, wurde aber von Daron unterbrochen. "Was ist denn nun mit mir?" Der Prinz sah unbehaglich in die Runde und wechselte von einem Fuß auf den anderen. "Ich komme mit, egal was ihr sagt. Entweder, ihr regelt das, oder lasst mich das selbst in die Hand nehmen!" "Nun gut, Prinz...", seufzte Tomoya ergeben. "Wir werden Euch mitnehmen und Rayos Eltern als den Vorstellen, der Ihr seid. Erwartet jedoch nicht zu viel Respekt! Bei uns wird die Gesellschaft etwas lockerer gehalten." "Hä?" Daron schaute erst etwas verständnislos. Doch da die Tatsache feststand, dass er bei Rayo bleiben durfte, nickte er hastig und grinste den Kleineren neben sich schließlich an. "Dann ist ja erst einmal alles geklärt.", lachte Lileya. "Diskutieren können wir auch noch später. Wichtiger ist, dass wir so schnell wie möglich von hier wegkommen." Einstimmiges Nicken begleitete ihre Worte. "Gut, dann werde ich jetzt das Tor öffnen." Sie wandte sich an Rayo und Daron. "Nicht umsonst haben wir euch hierher gebracht. Für nichtmagische Menschen ist es zwar nicht zu spüren, aber das Tor befindet sich hier in diesem Raum. Eines von den vielen, die es auf der Welt gibt, wohlgemerkt." Nach dieser kleinen Erklärung drehte sie sich zur Wand und hob die Handflächen dem Holz entgegen. Konzentriert schlossen sich ihre Augen und sie murmelte etwas, das Rayo nicht verstand. War das eine andere Sprache, oder nur zu leise gesprochen? Er konnte es nicht heraushören. Plötzlich spürte er etwas das ihn zu packen schien. Erschrocken klammerte er sich an Daron und fühlte, wie sich die Hände des Prinzen ebenfalls in seiner Kleidung vergruben. Das war der Sog, der ihn schon einmal erfasst hatte und ihn jetzt immer stärker Richtung Leya zog. "Oh, Mann!", hörte er Daron entsetzt ausrufen. "Es stimmt tatsächlich! Es gibt Magie!" "Was dachtest du denn?", antwortete Rayo gereizt, wurde dann aber vom Sog ruckartig nach vorn gerissen, als sich die Intensität schlagartig erhöhte. Ihm wurde schwarz vor Augen und er drückte sie reflexartig zu. Als Rayo die Augen wieder öffnete, fand er sich an einem ihm wohlbekannten Ort wieder. Die Scheune - die gute alte, verfluchte Scheune. "W-was...?" Rayo wandte Daron sein Gesicht zu und beobachtete seine Reaktion auf das, was er sah. "Das sieht ja alles ganz normal aus..." Diese Bemerkung brachte den Kleineren unwillkürlich zum Lachen. "Was hast du denn gedacht, was du hier antreffen würdest?!", kicherte er. "Aber keine Sorge, du wirst schon noch so einige Überraschungen erleben!" "Äh..." Daron sah sich in der Scheune um. "Wenn du das sagst..." "Ja, sage ich!", feixte Rayo und erhob sich vom staubigen Boden. Nachdem er seine Kleidung abgeklopft hatte, hielt er dem noch immer fassungslosen Prinzen eine Hand hin, um ihm auszuhelfen. "Was ist denn?", fragte er, als Daron zögerlich seine dargebotene Hilfe ergriff und sich hochziehen ließ. Noch immer schweifte sein Blick durch den Raum, als erwartete er ein Feuer speiendes Ungeheuer in einer der dunklen Ecken lauern. "Wo sind die grünen Zwerge und die ganzen Riesenkröten?", fragte Daron ängstlich, sich halb hinter dem Kleineren verkriechend. "Bitte?!", keuchte Rayo und musste sein Lachen unterdrücken, da er Daron nicht kränken wollte. Schließlich meinte er es ernst, so seltsam es erscheinen mochte. "Na, es heißt doch in allen möglichen Geschichten, dass in fremden Welten grüne bösartige Zwerge hausen und die diebischen Riesenkröten..." Rayo konnte einfach nicht anders. Er lachte. "W-wo... hast... hast du denn das... das gehört?!", schaffte er es schließlich, Daron zu fragen. Er registrierte, dass er nicht der Einzige war, der sich das Lachen nicht hatte verkneifen können. Der Prinz sah verzweifelt aus. "Prinz...", kicherte Lileya. "Also, diese Märchen sind doch nur erfunden! Simere Grinter hat das Kinderbuch vor ziemlich langer Zeit geschrieben. Er hat den ganzen Kram mit den Kröten und Zwergen bloß erfunden!" "Grinter?" Daron schien vor Scham im Erdboden zu versinken und Rayo, der das nicht mit ansehen konnte, warf seinem alten Freund und der Magierin finstere Blicke zu. Das Gelächter verstummte sofort und Tomoya räusperte sich laut. "Tut uns leid..." Stille trat ein. "Natürlich weiß ich, dass das alles eine erfundene Geschichte war!", fauchte Daron schließlich. "Aber meine erste Vorstellung bei der Erwähnung einer fremden Welt war eben die des Buches." "Schon gut, Daron!" Rayo lächelte ihm verständnisvoll zu. "Ich weiß, was du meinst. Bei uns gibt es auch immer irgendwelche Dinge, die man sofort mit dem Begriff Parallelwelt in Zusammenhang bringt!" "Echt?" Erleichterung zeigte sich auf dem Gesicht des Prinzen. "Ja!" Rayo nickte bekräftigend und lächelte noch breiter. "So etwas wie Elfen und... Magie eben..." "Das mit der Magie hat sich ja sogar bestätigt!", grinste Leya. Tomoya kratzte sich ebenfalls grinsend am Hinterkopf und deutete dann zur Tür. "Gehen wir?" "Okay!", stimmte Rayo zu und folgte den beiden Magiern zur Scheunentür, den aufgewühlten Daron hinter sich herziehend. "Also, da sind wir!" Lileya stand etwas abseits neben Tomoya und zwinkerte ihnen zu. "Wir beiden verabschieden uns hier mal! Ich glaube, ihr braucht jetzt ein bisschen Zeit, euch häuslich einzurichten!" "Ähm..." Rayo sah vom Prinzen zu seinen Freunden. "Aber wohin gehst du denn, Leya?" "Zu Tomo-chan!" Sie grinste den bei dem Kosenamen errötenden Jungen frech an. "In deinem Haus könnte es etwas eng für eine zusätzliche Personen werden!" "Nun, du hast wohl recht." Lächelnd winkte Rayo den beiden zu, als sie sich mit einer letzten Verbeugung vor dem Prinzen zum Gehen wandten. "Und hier wohnst du?", fragte der Prinz nach ihrem Verschwinden ungläubig und musterte das kleine Haus, das Rayo mit seiner Familie bewohnte. "Sehr... hm... winzig!" Der Kleinere neben ihm schnaubte ungehalten. "Für drei Personen ist es ja wohl genug, oder?", fauchte er wütend. "Drei?" Daron wirkte immer ungläubiger. "Meine Eltern und ich!" Jetzt war Rayo verwirrt. "Erwartest du noch wen? Ich sagte doch schon, dass ich keine Schwester habe!" "Das meine ich ja auch nicht!" Daron verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich rede von der Dienerschaft!" "Hä?!" Rayo sah an der alten Fassade des Hauses hoch. "Welche Dienerschaft?" Dann begriff er plötzlich. Für Daron war es ganz natürlich, dass ein normaler Haushalt auch Bedienstete hatte. "Habt ihr keinen Koch?", fragte der Prinz. "Keine Hausmädchen und keinen Gärtner?" "Nein!", war Rayos schlichte Antwort. "Wie arm!" Dafür bekam Daron eine sicher nicht gerade angenehme Kopfnuss verpasst und zuckte überrascht zurück. "Wir haben hier keine Dienerschaft!", sagte Rayo fest. "Das ist in meiner Welt nicht üblich! Es gibt höchstens bezahlte Angestellte, für die Leute, die es sich leisten wollen und keine Zeit oder Lust haben, selbst zu putzen!" "Und wer macht bei euch sauber?" Daron sah zu den Fenstern hoch, an denen, neben weißen Gardinen, kleine Blumentöpfe durch die Scheiben zu sehen waren. "Meine Mutter macht den Haushalt!" Seufzend trat Rayo an die Tür und drückte den Klingelknopf. Der Prinz quietschte erschrocken und zuckte zurück. "Was war das?" Er kam wieder näher. "Die Klingel!", lachte Rayo. "Das ersetzt sozusagen den Türsteher. Wenn es klingelt, wissen meine Eltern, dass wer an der Tür ist und können öffnen gehen!" "Oh..." Der Prinz beugte sich über den kleinen Knopf. "... Krass!" Seine Hand schnellte vor und drückte wiederholt auf den Schalter. Die Schelle ertönte erneut. "Daron, lass das!" Rayo versuchte, den begeisterten Prinzen von der Klingel wegzuziehen, doch Daron war um einiges stärker als er und seine Bemühungen blieben erfolglos. Der durchdringende Klingelton brach jedoch abrupt ab, als die Tür aufgerissen wurde. Erschrocken wandte Rayo seinen Kopf der Person zu, die etwas erzürnt nach draußen schaute. Er errötete sofort, als er merkte, in welch peinlicher Position er sich befand. Er hatte die Arme von hinten um Daron geschlungen, um ihn von der Klingel wegzuziehen und das musste für einem Außenstehenden ziemlich eindeutig aussehen. "Rayo?" Ein kleines Mädchen mit brünetten Locken grinste ihn fies an. "Auch mal wieder da?" >Nein, nicht sie!< "Yoko?" Er ließ Daron los und musterte seine Kusine mit begrenzter Begeisterung. Hinter dem fünfjährigen Mädchen tauchte eine weitere Person auf, eine weit größere. Seine Mutter. Es war wirklich seine Mutter... "Mama!" Kaum hatte er sie erblickt, stürzte er auf sie zu und umarmte sie stürmisch. "Ich hab' dich so vermisst!" Er vergrub den Kopf in ihrer Halsbeuge, um seine aufkommenden Tränen zu verstecken. "Rayo...?" Die Stimme seiner Mutter tat gut, ebenso wie ihre Wärme und die vertrauten Arme, die sich mit ihrer üblichen Sanftheit um ihn legten. Der vertraute Geruch und die ganze Atmosphäre, die sie umgaben, ließen ihn innerlich zur Ruhe kommen, wie es seit jeher gewesen war. Allein ihre Nähe heilte die Wunden in seinem Inneren, die er mit sich herumgetragen hatte. Jetzt war er zu Hause. "Rayo, du bist wirklich wieder da?" Ihre Stimme klang etwas unsicher, doch scheinbar wusste sie schon von seiner Reise, denn es war nur Überraschung und Erleichterung, die er heraushören konnte. Und Sorge. Es tat gut, wenn jemand sich um einen sorgte... Die Liebe einer Mutter war durch nichts zu ersetzen. Ohne sie wäre sein Leben nur zur Hälfte erfüllt. Und er wusste, dass seine Mutter ihn liebte und das machte ihn glücklich. "Tomoya hat mir über den Unfall erzählt.", murmelte seine Mutter an seinem Ohr. "Und er sagte, er würde dich zurückbringen. Ich hatte solche Angst um dich!" "Mama..." Die Tränen ließen sich nicht länger zurückhalten und wie verzweifelt klammerte er sich an seine Mutter, während die warme salzige Flüssigkeit ihren Weg über seine Wangen suchte und schließlich in der häuslichen Kleidung der Person verschwand, die ihn in diese Welt gesetzt hatte, die sein Leben mit ihrer Liebe aufgebaut hatte. Die sich trotz einiger Streitereien immer um ihn gesorgt und gekümmert hatte. Die ihn vor allem beschützt hatte und nie etwas von ihm verlangt hatte, das er ihr nicht hatte geben können. Nach einiger Zeit lehnte er sich etwas zurück und sah in das lächelnde Gesicht seiner Mutter. Eine Hand hob sich an sein tränenfeuchtes Gesicht und strich zärtlich über seine Wange. Rayo schaute in die liebevollen Augen hinauf, als hätte er sie nach etlichen Jahren das erste Mal wieder gesehen. Und doch kannte er jeden Millimeter ihrer Haut, ihrer lockigen schwarzen Haare, ihrer warmen braunen Augen. Er kannte jedes Muttermal, jede Sommersprosse, die sie hatte, obwohl sie dunkelhaarig war. "Du siehst zerzaust aus!" Seine Mutter legte den Kopf leicht schief, das Lächeln noch immer auf den Lippen. "Ich hatte keine Bürste.", sagte er lahm, noch immer benommen vom Weinen. "Na, dann komm mal endlich rein, Raya!" Seine Mutter grinste. "Nenn mich nicht so!", erwiderte Rayo bockig, ließ sich jedoch von seiner Mutter durch das Haar strubbeln. Diese Veränderung seines Namens hatte er seinem ziemlich femininen Aussehen zu verdanken. Als Kleinkind hatten einige Passanten ihn auf Spaziergängen für ein Mädchen gehalten. So war der Name zustande gekommen. Und als er dann vor Thera gestanden hatte, war ihm nichts besseres eingefallen und er hatte rasch >Raya< gesagt. Er drehte sich zu Daron um, der etwas verlegen noch immer im Freien stand und wohl gerade versuchte, seine Kusine Yoko loszuwerden, die ihn ausfragte. "Aber ich dachte, ein Prinz hat eine Krone!" Skepsis triefte aus ihrer Stimme. "Ich glaube dir nicht! Gib's zu, es gibt gar keine Prinzen! Die gibt's nur in Märchen!" "Ich bin ein Prinz!", beharrte Daron und funkelte das Mädchen stolz an. "Du musst mir ja nicht glauben!" "Du bist gemein!!" Yoko bückte sich, schöpfte Dreck aus dem Blumenbeet in ihre Hände und bewarf Daron damit. "Da hast du's!!" Der Prinz schrie auf und stolperte zurück. "Du Monster!", schrie er und begann, es ihr in gleicher Weise heimzuzahlen. "Friss Dreck!" Das Mädchen blinzelte verdutzt, grinste dann hinterhältig und hob die Hände ans Gesicht. Weinend rannte sie zu Rayo. "Rayo!!", heulte sie. "Der Junge ist ganz gemein zu mir!" Rayo verdrehte bei der schlechten schauspielerischen Leistung die Augen, tätschelte aber dennoch den Lockenkopf des Mädchens. "Das zieht bei mir nicht, Yoko!", sagte er und warf Daron einen beruhigenden Blick zu, denn der schien ziemlich beschämt, ein Kind zum Weinen gebracht zu haben. "Wer ist denn das, Rayo?", fragte seine Mutter hinter ihm. Daron schien das als Gelegenheit zu sehen, sich vorzustellen und trat vor. "Prinz Daron Troya!" Er verbeugte sich. "Er ist mit mir aus der anderen Welt gekommen!", fügte Rayo zögerlich hinzu. "Er passt auf mich auf und hat mich schon mehr als einmal gerettet. Kann er... kann er erst einmal hierbleiben?" "Hier?" Seine Mutter hatte es wohl einfach akzeptiert, dass Daron aus der anderen Welt kam. "Ja, er weiß ja sonst nicht, wohin er soll. Er wollte unbedingt mitkommen!" "Nun, von mir aus!" Sie lächelte wieder. "Aber er muss in deinem Zimmer schlafen, woanders ist kein Platz." "Klar!" Rayo tauschte mit Daron einen freudestrahlenden Blick aus. "Kaori?" Eine weitere Person erschien in der Tür, die eben Rayos Mutter gerufen hatte. "Wer ist denn da? Und wo ist Yoko?" "Ich bin hier, Ma!" Das Mädchen ließ Rayos Hand los, die sie bei ihrer Heultirade ergriffen hatte und rannte zur Tür, an der jetzt Rayos Tante erschien. "Wir haben Besuch!", erklärte Kaori Tamono und deutete auf Rayo und Daron. "Oh, dir geht es also gut..." Wirklich überschwenglich begeistert klang das nicht. Rayo wusste schon, warum er seine Tante nicht leiden konnte. "Ja, mir geht es gut..." "Also, Kaori, wir gehen dann.", sagte seine Tante mit arroganter Stimme an seine Mutter gewandt. "Mein Mann erwartet mich am Bahnhof!" "Ja, viel Spaß in Kyoto!", lächelte Frau Tamono höflich. "Komm, Yoko!" Die beiden verschwanden um die Ecke und kurz darauf fuhr ein großes schwarzes Auto vorbei. "Dumme Kuh!", grollte Rayo und niemand, nicht einmal seine Mutter, widersprach ihm. "Nun, denn... Kommt rein, ihr beiden!" Kaori deutete ins Innere des Hauses. Darons Blick verfinsterte sich, ob der Anrede, die ihn vom Prinzen zum einfachen Menschen degradierte. "Na, los, Daron!" Rayo ergriff seine Hand und zog ihn hinter sich her. "Warum guckst du jetzt wieder so wütend?" "Alle tun hier so, als wäre ich... na, ja... ein Nichts." "Das kommt dir nur so vor, weil du es gewöhnt bist, verehrt zu werden!", sagte Rayo mit Schalk in den Augen und entledigte sich seiner Schuhe. "Dabei solltest du es mal genießen lernen, ein ganz normaler Mensch zu sein!" "Genießen?!" Damit schien Daron sehr unzufrieden. "Ja, da darf man sich viel mehr erlauben, als wenn aller Augen auf einen gerichtet sind!" Diesmal war er ernst und ließ den Prinzen einen Moment darüber nachdenken. "Was meinst du mit >mehr erlaubenSchon wieder diese sturmgrauen Augen... Hat ihm eigentlich jemals jemand gesagt, wie schön die sind?< "So, Kinder!" Als er seine Mutter im Flur trällern hörte, riss er sich schnell von dem anderen Jungen los und setzte sich richtig an seinen Platz, als sei nichts gewesen. "Ich habe das Besteck!" Die Frau hielt Daron die silberne Gabel und das dazugehörige Messer unter die Nase. Er griff erfreut danach, warf Rayo danach jedoch einen fragenden Blick zu. "Was sollte das eben?" "Was denn?" Rayo beugte sich über seinen Teller und aß. Er wusste natürlich, was gemeint war, aber es war ihm einfach zu peinlich seiner Mutter zu zeigen, dass er Daron in mehr als freundschaftlicher Weise mochte. Erst seitdem er vor ihr saß, fiel ihm so richtig auf, wie nah er und Daron sich eigentlich schon die ganze Zeit über gewesen waren. Er hatte es nicht bemerkt, weil einfach niemand dabei gewesen war, den er gut kannte. Niemand, vor dem er sich hatte zurückhalten müssen. Und nun saß er seiner Mutter gegenüber. Was würde sie dazu sagen, wenn sie erführe, dass er sich in einen Jungen verliebt hatte? Nein, er mochte sich das nicht vorstellen... "Wieso bist du vor mir zurückgeschreckt, als..." Rayo trat Daron auf den Fuß und brachte ihn somit zum Verstummen. "Guten Appetit, Daron!!", knurrte er. Seine Mutter schaute perplex, schien sich aber nicht weiter an dem seltsamen Verhalten ihres Sohnes und vor allem dem des Gastes zu stören. Andere Welten, andere Sitten... Sie seufzte innerlich. Es wurde wieder still um sie herum, als alle das Essen vertilgten. Besonders Daron legte einen gesunden Appetit an den Tag. Kurz darauf schon waren die Teller leer und die Mägen voll. "Hat's geschmeckt?", fragte Kaori Tamono, als sie abzuräumen begann. "Sehr!", sagten Rayo und Daron wie aus einem Munde und schauten sich dann kichernd an. "Wir gehen mal auf mein Zimmer!", verabschiedete Rayo sich und war froh, als seine Mutter ihn ohne Hausarbeit ziehen ließ. Sonst hatte er immer geholfen, doch es war wohl auch für sie verständlich, dass er heute etwas Ruhe haben wollte. Er zog Daron hinter sich her, in Richtung seines Zimmers und schloss die Tür, nachdem sie den Raum betreten hatten. "So, da wären wir!" Rayo machte eine Geste zu seinen Habseligkeiten und ließ sich dann erschöpft rücklings auf das Bett fallen. >Zu Hause!< Der Prinz stand immer noch am Eingang und sah sich um. "Und das ist wirklich dein einziges Zimmer?", wagte er vorsichtig zu fragen und versuchte, nicht allzu ungläubig zu klingen, da er inzwischen aus Erfahrung gelernt hatte, dass nicht alle es so groß hatten, wie er daheim. "Ja.", bekam er simpel zur Antwort. "Das genügt mir." Sich umsehend machte Daron eins zwei Schritte, blieb dann wieder zögerlich stehen, als traute er sich nicht, irgend etwas anzufassen. "Was ist?", fragte Rayo gähnend und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf, während er seinen Gast musterte. "Na, ja...", räusperte Daron sich. "In deinem Haus scheint es ja allerlei gefährliche Dinge zu geben... und..." Rayo lachte leise und rollte sich auf die Seite, ohne den Prinzen aus den Augen zu lassen. "Hier gibt es nichts Gefährliches!" Er gähnte ein weiteres Mal und lächelte Daron matt an. "Sieh dich ruhig um, ich ruh' mich eine Weile aus." Damit drehte er sich auf die andere Seite und schloss die Augen. Schlafen wollte er nicht. Nur etwas dösen und die vertraute Umgebung genießen. Einfach hier liegen und nichts tun... Ein surrendes Geräusch war das nächste, was er wahrnahm. Er grummelte und verscheuchte die lästige Fliege, die ihm um die Ohren schwirrte. >Was für eine grässliche Art, geweckt zu werden...< Er blinzelte müde und starrte für einen Moment die Wand an, innerlich mit sich ringend, ob er einfach weiterschlafen sollte, oder nicht, bis die Erinnerung an die Zeit vor seinem Schläfchen ihn aufschrecken ließ. Er hatte gar nicht schlafen wollen! Und was, wenn Daron inzwischen sein Zimmer verwüstet hatte...?! Dann aber entspannte er sich wieder. Was sollte Daron schon gemacht haben? Es war einfach viel zu angenehm unter der Decke, als dass er jetzt aufstehen können würde. So warm. Er griff nach dem Stoff, um ihn weiter über sich zu ziehen, doch irgend etwas stimmte damit nicht - er fühlte sich verdächtig lebendig an. Und wenn er sich recht erinnerte, hatte er sich vor seinem Einschlafen gar nicht zugedeckt... >Daron! So ein anhänglicher Prinz, ich glaub's nicht!< Der andere Junge musste sich irgendwann hinter ihm aufs Bett gelegt haben und sich - er vermutete im Schlaf - an ihn gekuschelt haben. Ein Arm hatte sich um Rayos Hüfte gelegt und die Hand ruhte an seinem Bauch. Errötend stellte der nun Hellwache fest, dass diese Hand unter und keinesfalls über seinem Hemd lag. Nicht, dass er etwas dagegen hatte... aber allein die Vorstellung ließ das Blut in seinen Adern schneller rauschen. Der Rotton vertiefte sich noch, als Daron sich plötzlich zu bewegen begann und die Hand sich noch weiter nach oben verschob. Einer berauschenden Tortur gleich streiften die Finger zart seinen Bauch entlang, nur um dann wieder zur Ruhe zu kommen und die berührte Haut fast brennend zurückzulassen. Langsam wurde ihm das echt zuviel, doch er wagte es nicht, auch nur mit der Wimper zu zucken. Als der Prinz einmal tief seufzte, wusste Rayo, dass sein Mund direkt an seinem Nacken liegen musste, so dass die Luft, die er ausatmete, über seine nun seltsam empfindliche Haut strich. Er musste wie zur Salzsäule erstarrt sein, spürte die Spannung geradezu seinen ganzen Körper verkrampfen. Er musste sich ernsthaft bemühen, seinen Atem ruhig zu halten. "Daron?" Er hielt das nicht mehr aus, er musste hier weg. Er musste Daron wecken, sonst würde er etwas tun, das er hinterher bitter bereuen würde. "Los, steh' schon auf!" Seine Worte schienen jedoch nicht die Wirkung zu erzielen, die er sich erhoffte. Statt aufzuwachen und ihn loszulassen, murmelte der Prinz bloß etwas unverständliches und drückte sich, kurz von der Kälte erzitternd, näher an ihn heran. Mehr Wärme, mehr Körperkontakt... das war genau das Gegenteil von dem, was er im Augenblick vertrug. "Daron, verdammt!!" Er kämpfte sich in dem Griff des Größeren auf die andere Seite, um ihm ansehen zu können, doch auch das schien ihm verwehrt zu werden, denn der Prinz zog ihn sofort in eine noch engere Umarmung und vergrub sein Gesicht in Rayos Halsbeuge. Grummelnd beugte Rayo sich schließlich zu Darons Ohr hinunter. "Daron, wenn du mich nicht sofort loslässt...", wisperte er gefährlich leise. "...dann schicke ich dich wieder nach Hause!" "Tust du nicht...", hörte er eine gedämpfte Erwiderung und fuhr erschrocken zusammen. Also war er letztendlich doch aufgewacht. Nur... warum ließ er ihn dann nicht endlich los?! "Natürlich schicke ich dich dann zurück...", erklärte Rayo, weiterhin im Flüsterton sprechend. "Du musst es ja nicht glauben! Lass es doch auf einen Versuch ankommen!" "Okay..." Darons nächste Tat ließ Rayo vor Schreck aufkeuchen. Etwas warmes, feuchtes setzte an seinem Hals auf, das er sofort als Darons Lippen identifizierte, die spielerisch seine Haut neckten. "Also... also...", keuchte er, halb erschrocken und halb verzückt von dem warmen Gefühl, das sich durch seinen ganzen Körper zog, ausgehend von Darons Mund, der sich seinen Weg über Rayos Kinn, seinen Kiefer entlang bahnte, bis er die zarten Lippen und den weichen Atem an seinem Ohr spüren konnte. "Verloren...", murmelte Daron triumphierend und drehte den schmächtigeren Jungen unter sich auf den Rücken, so dass er zur Hälfte auf ihm lag. "Warum?" Rayo wusste nicht, wieso er überhaupt weiter darauf einging... vielleicht half es ihm ja, sich von seiner jetzigen Position abzulenken und etwas Ruhe in seine zittrigen Glieder zu bekommen. Er versuchte vergeblich, sich zu entspannen und einfach nur das angenehme warme Gewicht auf sich zu genießen, aber bei Daron konnte er nie vorhersagen, wie er in der nächsten Sekunde reagieren würde. "Du bist schon wieder schwach geworden...", lachte der Prinz leise. Der unter ihm Liegende konnte genau die bei dem kurzen Kichern entstandene Vibration auf sich übergehen und in seinen eigenen Körper eindringen fühlen. Es war schön. "Ich und schwach?", wehrte er sich, ohne wirkliche Willenskraft in seine Stimme bringen zu können. "Ja, ganz genau..." "Ne, ne..." Rayo grinste schelmisch, als er zu seinem Gegenschlag ausholte. "Du bist es doch, der die Finger nicht von mir lassen kann!" "Wer sagt denn, dass ich das überhaupt will?" Wie zur Verdeutlichung seiner Worte ließ der Prinz eine Hand an Rayos Seite hinauf wandern, bis sie auf seinem Schulterblatt zu Liegen kam. "Ähm... Na, ja..." Er schwieg und starrte den Prinzen nur fassungslos an. "Sprachlos?", fragte Daron mit einem verschmitzten Grinsen. "So... so ziemlich...", stotterte Rayo und wandte verlegen den Blick von Darons Gesicht ab. Seine Augen weiteten sich jedoch bei dem Anblick der sich ihm bot und die Fassungslosigkeit in seinen Zügen vertiefte sich um ein paar Stufen. "M-mein... Zimmer..." Puzzleteil für Puzzleteil fügte sich ins Bild und ihm wurde klar, wer das angerichtet hatte. Sein Zimmer war eine absolute Verwüstung. Während er geschlafen hatte, musste Daron sich wohl seinen Besitz genaustens angesehen haben. Rayo sprang auf und Daron purzelte zu Boden, wo er mit einem dumpfen Geräusch auf seinem Allerwertesten landete. "Was hast du mit meinem Zimmer gemacht?!", schrie er verärgert. "Meine ganze CD-Sammlung ist auf dem Boden zerstreut! Nein... meine Spiele!! Die Schulsachen... öh... na, ja, die sind nicht so wichtig... aber... nein, was hast du nur gemacht! Nichts liegt mehr an seinem angestammten Platz!!" "Rayo, du sagtest doch, ich darf mich umsehen...", verteidigte der Prinz sich lahm und mit einem gleichzeitig viel zu schuldbewussten Gesicht. "Aber das hieß doch nicht, dass du mein Zimmer umräumen darfst!!" "Ich war halt neugierig..." Daron schaute zur Seite und hob dann etwas vom Boden auf. "Übrigens, was ist das hier?" "Wie?" Rayo blinzelte verwirrt und betrachtete den merkwürdigen Gegenstand, den der Prinz ihm entgegenhielt. Einige Drähte hingen an den Seiten heraus und überhaupt schien das Ding aus einem Gewusel an Draht und Plastik zu bestehen. "Es hat so komisch getickt und da habe ich es aufgemacht, um zu gucken, wer da drin ist, aber irgendwie... äh... Rayo?" Daron schaute ängstlich. Und das war auch gar kein Wunder, denn Rayo hatte endlich erkannt, was dieser Gegenstand einst gewesen war und war - gelinde gesagt - wütend. "Du hast meine Uhr auseinandergenommen?!", fragte er ungläubig. "Sag, mal, wie kommst du denn auf so eine Idee? Und warum ist die Hülle kaputt? Die kann ich wegwerfen!" "Wegwerfen?" Das schien den Prinz noch schuldbewusster zu machen. "Na, ja, es tickt nicht mehr, aber... als ich es mit meinem Schwert aufgeschnitten habe..." "Aufgeschnitten?!" Rayo starrte seine ehemalige Uhr perplex an. "Ich glaub's nicht! Du hast sie tatsächlich aufgeschnitten!" "Na, ja..." Der Prinz zögerte. "...ja." "Bist du verrückt geworden?!" "Ähm... nein?" Daron wand sich in Unbehagen, sah dann jedoch auf seine Hände hinab, die das zerfledderte Teil noch immer festhielten. "Ich meine, es tut mir leid..." Rayo riss erstaunt die Augen auf. Daron hatte sich entschuldigt? Freiwillig? Wow... "Nun..." Er lächelte leicht. "Okay..." "Aber, Rayo...", sprach Daron weinerlich weiter. "Was ist denn das nun... gewesen?" To Be Continued So, das war's wieder einmal. Wie kam der Teil an? Das Kapitel ist diesmal ein klein wenig kürzer als die letzten. Sorry... ^^ Aber es ist ja mal wieder einiges passiert. Daron weiß zum Beispiel jetzt über Rayo Bescheid. Ich fand, das ging etwas schnell in der Szene und ich weiß nicht, wie lange ich daran herumgebastelt habe... aber einige von euch wissen sicherlich, wie schwierig es ist, Dinge rauskommen zu lassen, die am Anfang ja noch für eine Person geheim waren. Sehr schwierig. Sehr, sehr schwierig. Die Szene, in der Rayo seine Mutter wieder trifft, habe ich in Gedenken an meine eigene Mutter geschrieben, die Ende letzten Jahres verstorben ist. Ich möchte jetzt aber keine Beileidsbekundungen dafür, ich wollte es nur erwähnt haben, weil der Teil der Story mir eben viel bedeutet. Ich hoffe, seine Mutter kam klar rüber, äh, sie wird wahrscheinlich keine so große Rolle in der Geschichte spielen, ich weiß noch nicht. Schwester Thera kommt übrigens bald auch wieder vor, was einige sich ja gewünscht haben. Ich denke, noch nicht im nächsten Kapitel, aber danach wohl. Kommt immer darauf an, wie lange sich das hinzieht. Oh, der Part wird lustig *lol* Fragt mich jetzt nicht, wie lange Rayo und Daron in der normalen Rayoschen Welt bleiben werden, das weiß ich selbst noch nicht so genau. Mir fiele da noch so einiges ein, aber das steht noch nicht fest. Was ist euch also lieber? Im nächsten Teil bleiben sie auf jeden Fall noch da, aus Gründen, die mit dem Plot zu tun haben, was danach ist, überlasse ich euch. Möchtet ihr, dass sie wieder zurück in Darons Welt gehen, oder wollt ihr, dass sie noch eine Weile bleiben? A) Gehen B) Bleiben C) Anderer Vorschlag Also, es liegt an euch. Ich habe mich noch nicht festgelegt und werde mich soweit ich kann an den Wünschen orientieren. Was also kommt, lasse ich euch dann im Nach- oder Vorwort zum nächsten Kapitel wissen. Was noch? Ach, ja. Mein Dank geht an meine Kommentare-Schreiber: gitanija, Jenny-chan, Mistery, Pep, Black-cat, Kasan, julili, Cibi, Marn, Kazuhi-chan, Peruka, Angel_of_Godess(Reihenfolge der Kommentare.) Ich liebe euch!! *knuddelt alle durch* Ihr seid wirklich motivierend und ich verspreche euch, dass ich die Story auf keinen Fall aufgeben werde. Nicht, wenn es sich verhindern lässt. Und um es noch einmal zu klären: Das ,Abgeschlossen' bedeutet bei mit nichts anderes, als dass ich nicht sagen kann, wie lang die Geschichte noch wird. Denkt euch da einfach ein ,nicht abgeschlossen' rein. Ich finde es wirklich ärgerlich, dass man da Prozent angeben muss. Ich weiß es nämlich wirklich nicht. -.- *sigh* Gut, ich rede wieder viel zu viel. Danke fürs lesen und bis zum neunten Part. Aber ich glaube, dazwischen kommt noch mein zweites Special, seht euch also um. Ciao Tara Ach, ja... *räusper und darauf wart, dass alle hinhören* Rayos Reise muss weitergehen!!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)