Flugangst von abgemeldet (**New Chapter**) ================================================================================ Kapitel 1: Flugangst -------------------- Atme, ermahnte sich Zorro, während er aus dem Fenster starrte und versuchte, die Panik niederzukämpfen, die in ihm aufstieg. Es ist alles okay, beruhigte er sich selbst, dir wird nichts passieren. Du brauchst nur ganz ruhig weiterzuatmen. Vor dem Fenster war das Gras immer noch grün, der Himmel immer noch blau, nur...nur dass mehr Himmel als üblicherweise zu sehen war und das Gras sich mit jeder Sekunde weiter von ihm wegbewegte. Zorro riss seinen Blick von dem sich rasant entfehrnenden Boden los und schaute sich im Flugzeug um. Wie konnten die Leute bloß alle so gelassen bleiben? Machten sie sich eigentlich gar nicht klar, dass sie in einem riesigen Blechbehälter durch die Luft rasten? Naturgesetze? Auftrieb? Vergesst es, Leute. Es machte einfach keinen Sinn, dass ein Gerät, das 400 Tonnen wog, in der Luft blieb. Er blickte erneut aus dem Fenster. Oh, Gott, wo war der Boden geblieben? Sie befanden sich tatsächlich mitten in einer Wolke! Wie konnte der Pilot wissen, wohin er fliegen musste? Selbst wenn die schwere Kiste in der Luft blieb - wenn der Pilot nicht sah, was vor ihm lag, konnte er doch ebenso gut gegen einen Berg prallen oder sich verirren oder ziellos kreisen, bis ihnen der Sprit ausging oder - der Sauerstoff? Wie war das so hoch oben in der Atmosphäre eigentlich? Konnte man ohne Sauerstoffzufuhr noch atmen? Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er es schon gar nicht mehr tat - atmen! -, und so rang er hastig und röchelnd nach Luft, um so viel Sauerstoff wie möglich aufzunehmen, bevor ihm das wertvolle Gas tatsächlich ausging. Sanji, der neben ihm saß und unbekümmert ein Buch las und eine Death Cab for Cutie CD auf dem iPod hörte, warf seinem Freund einen kurzen Blick zu. "Alles klar, Kumpel?" Zorro nickte nur. Er fürchtete, kein Wort herauszubekommen. Sanji zuckte mit den Schultern, streifte die Kopfhörer ab, stand auf und ging zu den Toiletten. Zorro nutzte den Moment, um hastig in der Tasche an der Rückenlehne vor ihm nach der Karte mit den Sicherheitsbestimmungen zu wühlen. Einen Moment später hatte er sich eingeprägt, wo die Notausgänge waren: Diejenigen, die drei Reihen vor ihm lagen, waren für ihn am schnellsten zu erreichen. Wenn es sein musste, würde er über die Sitze klettern. Nicht gerade sehr ritterlich, aber extreme Situationen erforderten nun mal extreme Maßnahmen. Zorro vergewisserte sich zum hundertsten Mal, dass sein Sicherheitsgurt geschlossen war. Dann wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Er hatte Sanji nicht verraten, dass er unter Flugangst litt. Dies war erst das zweite Mal in seinem Leben, dass er in einem Flugzeug saß. Das erste Mal war er nach Berlin geflogen, um seine Mutter im Krankenhaus zu besuchen, doch da hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, ob sie an den Folgen des Autounfalles sterben würde oder nicht, für andere Sorgen war kein Platz gewesen. Sie hatte es überlebt. Dieses Mal jedoch wünschte er sich er wäre zu Hause geblieben. Hätte er doch bloß nicht ja gesagt, als Ruffy sie für die Osterferien zu sich nach Amerika eingeladen hatte... Wenn er sich vorher klargemacht hätte, dass Amerika tausende von Kilometern entfehrnt war, hätte er sicher nicht so bereitwillig zugestimmt. Sanji kam von der Toilette zurück und quetschte sich an der hübschen blonden Flugbegleiterin vorbei, die den Wagen mit den Getränken durch den Mittelgang schob. Jeff, Sanjis Ziehvater, hatte dank einem alten, noch nicht eingelösten Gutschein, einen Platz in der ersten KLasse ergattert, aber die Jungs mussten sich mit dem Standard zufrieden geben. Die Todessitze, dachte Zorro unglücklich. Sanji blieb vor ihrer Reihe stehen und starrte auf die Karte mit den Sicherheitsvorschriften in Zorros Händen. "Hey, was ist?", begann er. Doch dann sah er, wie blass sein Freund war und dass er die Karte so fest umklammert hielt, als sei sie das Einzige, was ihn davon abhielt, zurück auf die Erde zu stürzen. Sanjis Mundwinkel begannen zu zucken, als er endlich begriff, was mit Zorro los war. "Hey, Mann, du kannst es dir nicht vorstellen. Als ich eben vom Klo kam, hab ich gesehen, wie der Pilot am Flachmann hing. Ich glaube, der Typ ist besoffen." Zorro seufzte. Ihm war klar, das Sanji ihn aufzog. "Blödsinn. Du willst nur-" Als ob das Flugzeug Sanjis Worte bestätigen wollte, sackte es in diesem Moment ab. Das Zeichen, dass die Passagiere sich anschnallen sollten, leuchtete auf. Dann ruckte die Maschiene erneut, sodass ein paar Softdrink-Dosen vom Getränkewagen plumpsten und den Gang entlangrollten. Sanji setzte sich und schnallte sich an, als die Stimme des Piloten aus den Lautsprechern ertönte. "Wir durchfliegen gerade einige Turbulenzen", sagte er mit ruhiger Stimme. "Bleiben Sie bitte auf ihren Plätzen sitzen, bis der Flug wieder ruhig verläuft." Sanji entspannte sich, aber Zorros Fingernägel bohrten sich in die Armlehne zwischen den Sitzen. Bei jedem Luftloch, in das das Flugzeug sackte, stieß Zorro ein Wimmern aus. "Wieso bin ich überhaupt in diese blöde Kiste eingestiegen?", flüsterte er. Er hatte es aufgegeben, sich vor Sanji keine Blöße geben zu wollen. Er konnte einfach nicht mehr cool bleiben, wie er es sonst immer tat. "Wir werden alle sterben." "Nicht unbedingt." Sanji tätschelte ihm tröstend den Arm. "Wenn wir Glück haben, läuft es wie in diesem Film - Überleben! hieß er, glaube ich. Du weißt schon, der, in dem das Rugby-Team in den Anden abstürzt und sich nachher gegenseitig aufisst. Was meinst du, Spinatschädel? Glaubst du, du würdest zum Kannibalen werden, wenn wir irgendwo da unten in den Rockies runterkommen?" "Wir werden nicht über den Rockies abstürzen.", murmelte Zorro, doch er hörte selbst, wie wenig überzeugt das klang. Er kniff die Augen zu und konzentrierte sich darauf, seinen Mageninhalt bei sich zu behalten. "Na ja, ich weiß nicht - die Turbulenzen sind wirklich heftig." Sanji hüpfte in seinem Sitz auf und ab, wodurch die ganze Reihe ruckelte. "Denk doch mal an all die Filme von Flugzeugabstürzen. Am Anfang sind es immer nur Turbulenzen." "Sanji...", sagte Zorro warnend. Sanji ignorierte ihn fröhlich. "Cast away - Verschollen, Verschollen im Bermuda-Dreieck,ähm...George, der aus dem Dschungel kam..." Zorro öffnete ein Auge und sah ihn indigniert an. "Du versuchst doch nicht wirklich, mir mit Der aus dem Dschungel kam Angst zu machen?" "Okay." Sanji zog die Brauen zusammen und konzentrierte sich angestrengt. "Der englische Patient. Der ist doch wirklich übel. Also, ich möchte lieber Tote essen, als beim Absturz so scheußlich verbrannt zu werden." Sanji musterte Zorros grünes Gesicht und lachte. "Mal im Ernst, Kumpel. Bereite dich lieber schon mal seelisch darauf vor. Vielleicht müssen wir abspringen." "Jetzt halt die Klappe!!!" Zorro war wild entschlossen, seinen Freund zu erwürgen, doch als er eine Hand von der Armlehne nahm, sackte das Flugzeug wieder ein bisschen ab. Zorro spürte, wie sich sein Magen hob, und stieß einen Schrei aus. Mit einer Hand packte er wieder die Armlehne, die andere tastete unwillkürlich nach Sanjis Hand. Sanji blickte auf die Hand, die seine so fest umklammerte, dass die Knöchel weiß hervortraten, und lächelte. Vielleicht sollte er Mitleid mit dem armen Kerl haben und ihn in Ruhe lassen. Aber andererseits - wie oft bot sich ihm schon eine solche Gelegenheit? Die Gelegenheit, dass der sonst so kühle und unnahbare Lorenor Zorro Schwäche zeigte...? "Wenigstens werde ich der Letzte sein, der gegessen wird.", sagte Sanji und spannte stolz seinen mageren Bizeps an. "Jetzt weißt du, warum ich zusehe, dass mein Körper sehnig bleibt. Nur für den Fall." Zorro schloss erneut die Augen. Er zitterte am ganzen Körper. Wenn er das lebend überstand, würde er Sanji umbringen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)