L'Indépendence von abgemeldet ================================================================================ Prolog: -------- Es war für sie seltsam ruhig im Hause Jarjayes. Schon seit langem gab es keine Gespräche, Feste oder sonstige Ereignisse, die ihr bewiesen, dass sie ihr Leben lebte. Früher war es eine Selbstverständlichkeit für sie gewesen, ihn tagtäglich zu sehen. Er war einfach da gewesen. Am Hofe, im Maison, überall, seit Kindertagen an. Nun war er fort und dass schon seit einer langen Zeit. Sie hatte aufgehört die Wochen oder Monate zu zählen. Es war nicht von Bedeutung. Nie hätte sie geglaubt, dass er damals derart ihr Leben gestaltet hatte. Und sie musste sich eingestehen, dass er ihr bester Freund gewesen war und dass womöglich sie selbst die Schuld daran trug, dass er fortgegangen war. Es war nicht lange nachdem Fersen sie verlassen hatte. Nachdem er sich dazu entschlossen hatte, sein Leben für den Krieg in Amerika einzusetzen. Sie kannte Fersens Beweggründe. Sie hatte gewusst, dass er vor der Königin fliehen wollte. Und es schmerzte sie zu erfahren, dass er nicht im entferntesten daran dachte, was sie, als seine Vertraute und langjährige Freundin, davon hielt. Es hatte sie verletzt, dass er nicht erkannt hatte, dass sie ihn liebte. Doch sie ließ ihn ziehen, ohne sich von ihm am Tag seiner Abreise zu verabschieden. Und es verging nicht viel Zeit, bevor André ihr mitteilte, dass er sie ebenfalls verlassen würde. An diesem Tage, den sie am liebsten geändert hätte, wenn sie die Macht dazu gehabt hätte, waren sie aus Versailles nach Hause zurückgekehrt. Alles war wie eh und je. Als sie gemeinsam die Stallungen verlassen hatten, um endlich im Maison einzukehren, hatte es in Strömen geregnet. Doch anstatt schnell ins Trockene zu gelangen, war André stehen geblieben und sagte laut, damit er das Geräusch des rauschenden Regens übertönen konnte „Ich werde nach Amerika gehen“ Er sagte dies mit solch einer Entschlossenheit, dass sie instinktiv wusste, dass sie ihn nicht vom Gegenteil würde überzeugen können. Stattdessen fragte sie sich, weshalb er solch eine Entscheidung getroffen hatte. Sie dachte daran, dass Fersen sie schon verlassen hatte. Und nun noch André? Warum? Augenblicklich war sie wütend geworden. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht geahnt, dass es eher Schmerz als Wut war, den sie gespürt hatte. Dass sie sich im Stich gelassen fühlte. Hart hatte der kalte Regen in ihrem Nacken getrommelt. Sie hatte noch nichts erwidert. Dann schließlich hatte sie sich von ihm fort gedreht und gesagt „Ich verstehe nicht, warum du das tun willst!“ Sie hatte ihn nicht antworten gehört. Sie nahm an, dass dies entweder bedeutete, dass sie die Antwort kennen müsste oder dass er ihr seinen Beweggrund einfach nicht offenbaren wollte. Sein Verhalten hatte sie noch tiefer verletzt. War ihre Freundschaft so wenig wert gewesen, dass er nicht einmal auf diese Frage antworten konnte? Was hatte sie verbrochen, dass sich die wichtigsten Menschen in ihrem Leben von ihr abwandten? Die Antwort darauf erschien so einfach, so unkompliziert, doch sie war zu blind gewesen, als dass sie es damals oder zum jetzigen Moment in ihrem Leben hatte erkennen können. Sie erinnerte sich daran, dass sie ihn nach seiner stummen Antwort wieder angesehen hatte und rief „Dann tu was du willst!“ Und wieder hatte er einfach nicht geantwortet, sondern sie mit einem Blick bedacht, der das Wort Enttäuschung neu definierte. Anstatt ihn aufzuhalten, ihn von seiner unbedachten Idee abzubringen, hatte sie ihn im kalten Regen zurückgelassen. Und ihn seitdem nie wieder gesehen. Obwohl sie tief von ihm enttäuscht war, hatte sie noch in der Nacht vor seiner Abreise das Haus ungesehen verlassen, um in den Stall zu gelangen. Dort griff sie nach einer kleinen Tasche, die an seinem Sattel befestigt war und ließ eine silberne Kette von sich hineingleiten. Sie hatte nicht gewusst, weshalb sie ihm diese mitgegeben hatte, anstatt sich wirklich von ihm zu verabschieden. Auch war sie sich bis heute nicht sicher, ob er die Kette überhaupt jemals in dieser kleinen Tasche gefunden hatte. Oscar konnte sich nicht eingestehen, dass sie ihm dieses Schmuckstück mitgegeben hatte in der Hoffnung, dass er es ihr bei ihrem Wiedersehen zurückgab. Sollte sie ihn denn jemals wiedersehen. Und wie schon so oft, war sie auch an diesem Abend allein im Maison und stellte sich die Frage, ob ihre einstige Liebe und ihr bester Freund noch am Leben waren. Im Krieg. In Amerika. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)