Änderungen, die das Leben bringt von Mamitasu ================================================================================ Kapitel 4: Urlaub und seine Tücken ---------------------------------- Pappsatt und glücklich lümmelten sich fünf Gestalten in einem abgedunkelten Raum. Drei davon hatten eine große, bequeme Couch belegt und die anderen Zwei kuschelten sich eng aneinander in den viel kleineren Sessel, dies machte ihnen herzlich wenig aus, da sie so oder so die Nähe des anderen gesucht hätten. Durch die zugezogenen Vorhänge und der späten Stunde viel kein einziger Lichtstrahl in das Wohnzimmer. Einzig und allein der Fernseher spendete Helligkeit, wobei diese auch sehr karg ausfiel. Denn die Mehrheit hatte sich für einen Actionfilm mit Vampiren ausgesprochen. Und diese waren bekanntlich nachtaktiv, demzufolge war der Film mehr dunkel als hell und das Licht im Raum nicht vorhanden. Doch störte dies niemanden. Alles, was benötigt wurde, stand in Reichweite und mehr brauchten sie nicht. Jeder, der auch nur auf die Idee gekommen wäre, die Toilette besuchen zu wollen, wäre davon abgehalten. Als Argument dafür hätte die Tatsache genügt, dass es keine Werbung gab und der Streifen weder von Video noch DVD kam. Ein Rascheln erklang und die Chipstüte wurde etwas leerer, denn Toshiya hatte sich einige daraus geklaut und in seinen Mund zum Verzehr gestopft. Genüsslich ließ er sich die Chips auf der Zunge zergehen, nahm sich dann seine Cola und trank einen Schluck, dabei hörte er Shinyas Moralpredigt, die er zu seinem Bedauern oder doch eher Freude schon länger nicht mehr vernommen hatte. Vielleicht lag das Fehlen selbiger heute daran, dass sie vollständig auf Alkohol und Zigaretten verzichteten. Und da sagte einer noch mal, sie würden keine Rücksicht nehmen. Zufrieden grinsend lehnte er sich wieder zurück. Sein Blick streifte kurz ihr bandinternes Paar und Sehnsucht nach einer bestimmten Person machte sich in ihm breit. Nicht dran denken, sagte er sich selber und doch konnte er nicht anders. Das Ende des Filmes bekam er nicht mit, nur dass das Licht angeschalten wurde. Und dann brachen Diskussionen über das eben Gesehene los. Er hielt sich weites gehend zurück, wollte keinen Streit provozieren. Um einer Frage an seine Person zu entgehen, verließ er den Raum um das stille Örtchen zu besuchen. Als er wieder kam, war das Thema erledigt. Dafür hatten sie ein Neues, das ihm wesentlich weniger gefiel als das andere. Sie nahmen die Outfits eines jeden auseinander. Und er schnitt mit seinem Kleidungsstil mal wieder am schlechtesten ab. „Was habt ihr nur immer daran auszusetzen? Wie ich mich kleide ist doch meine Sache.“ Er schimpfte. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, wie sie redeten. „Du sollst doch nur berücksichtigen, dass wir Personen sind, die im Öffentlicheninteresse liegen. Das ist alles.“ „Und was genau bedeutet das für mich?“ Leichte Verwirrung machte sich in dem Bassisten breit. Er hatte sich doch angepasst. Bei Auftritten, Fotoshooting, überall trug er Kleidung, die zum Rest der Band passte. Und jetzt wurde ihm vorgehalten sich schlecht zu kleiden. Er verstand es nicht. „Auch wenn unsere Fans uns nicht auf der Straße belagern, heißt das noch lange nicht, dass sie uns nicht erkennen. Weißt du worauf ich hinaus will?“ Es war Kaoru, welcher zu ihm sprach, welcher seinen letzten Rest Selbstverwirklichung, Freiheit, ihm raubte. Er schnaufte und dann sprang er auf, rannte in den Flur, zog sich Schuhe an und verließ Tür knallend das Haus. Auf dem Bürgersteig angekommen bewegte er sich weiter gerade aus. Ohne nach links oder rechts zu sehen lief er über die Straße. Auch wendete sich sein Blick nicht nach hinten. „Toshiya!“ Ein Ruf und er drehte sich abrupt um. Sein Blick fiel auf Shinya, der ihm gefolgt war. Doch irgendetwas stimmte nicht. Warum wurde der Jüngere so komisch angestrahlt? Noch bevor er seinen Gedanken richtig fangen konnte, war das Auto an ihm vorbei gefahren und Shinya lag nach einer unliebsamen Bekanntschaft mit der Motorhaube eben diesen reglos auf dem Teer. Einen Befehl musste er seinen Füßen nicht geben, sie bewegten sich von alleine zu dem langjährigen Freund. Wie in Trance kniete er sich neben ihn, streckte eine seiner Hände aus und versuchte einen Puls zu füllen, doch er spürte nichts. Erste Tränen bildeten sich und wie unter Schmerzen schrie er ein Wort. „SHINYAAAAAAAA!“ Es hallte wieder und lockte so - die offen stehende Haustür tat ihr übriges dazu – die restlichen Bandmitglieder an. Bestürzung machte sich breit, als sie den Bassisten über ihren Drummer gebeugt sahen. Kaoru holte sein Handy heraus und rief einen Notarzt. Er konnte sich das genauso wenig ansehen wie die anderen, doch war er nicht erstarrt. Langsam kam Bewegung in Dies Körper. Er schritt auf die Zwei zu und kniete sich neben den weinenden Schwarzhaarigen. Auch Kyo blieb nicht untätig. „Was ist geschehen?“ Stockend kamen die Worte über seine Lippen. Drückten so seinen Unglauben und Schmerz aus. Kaoru trat neben ihn und legte einen Arm um seine Schultern. Er lehnte sich an diesen. Und so warteten sie auf den Notarzt. Weinend lief er seit Stunden im Warteraum des Krankenhauses auf und ab. Neben seiner Sorge um seinen besten Freund machte sich auch schlechtes Gewissen breit. Er hatte es geschafft, ihren Kurztrip so richtig kurz zu gestalten. Sie waren kaum einen Tag da, schon gab es einen, durch ihn verschuldeten Unfall. Als ob das noch nicht schlimm genug war, musste es ausgerechnet der Drummer sein. Sein bester Freund und der netteste Mensch, den er kannte. Wieso war das Leben nur so unfair? Sich von den Gedanken losreißend sah er sich um. Das Bild hatte sich nicht geändert. Kaoru saß mit Kyo auf seinem Schoß auf einem dieser Plastikstühle und fuhr diesem beruhigend über den Rücken. Bei beiden sah er keine einzige Träne die Wangen herunter laufen, bei Daisuke verhielt sich dies schon anders. Dieser weinte genauso wie er, nur nicht so lautlos, und er lief im Raum auf und ab. Er konnte sich diese Szene nicht mehr ansehen und heftete seine Augen wieder auf die Tür, durch die die Ärzte und Schwestern vorhin mit Shinya verschwunden waren. Warum brauchten die so lange? Er wollte endlich wissen, was los war, und nicht mehr warten. Hinter sich vernahm er ein leises enttäuschtes Grummeln, als Kyo von dem Schoß eines Geliebten geschoben wurde. Nun saß er alleine auf seinem Sitz. Während er noch leise wütend vor sich hin murmelte. Schritt sein Freund auf Die zu. Kaoru flüsterte ihm Worte zur Beruhigung zu und schaffte es sogar, dass er sich hinsetzte. Nun war Toshiya der Einzige, der noch stand. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und versuchte die Tür durch seine Blicke dazu zu bewegen endlich den gewünschten Arzt oder sogar noch besser gleich Shinya auszuspucken. Doch es geschah nichts. Geduldig warteten sie weiter. „Es tut mir leid. Herr Terachi ist tot.“ Die Worte hallten immer noch in seinem Kopf wieder. Seit Stunden saß er schon auf dem Stuhl in der Küche, er hatte sich kein Stück bewegt. Seine kleine Reisetasche stand im Flur, wo er sie hatte fallen gelassen. Auch waren seine Schuhe nicht ordentlich hingestellt worden, geschweige denn seine Jacke auf gehangen worden. Er hatte sich einfach der Sachen entledigt und war weiter gestolpert. Den Schock noch nicht verdaut war er in seiner Küche angekommen, hatte sich ein Glas Wasser vor die Nase gestellt und seinen Hintern auf einen Stuhl befördert. Und nun saß er hier und schwelgte in Erinnerungen und Selbstzweifeln. Er konnte sich nicht verzeihen, den Vorschlag für diesen Kurztrip gemacht zu haben. Denn wären sie nicht gefahren, wäre der Unfall nicht geschehen. Dieser Gedanke kam ihm jedes Mal in den Sinn, wenn er Shinyas lachendes Gesicht vor sich sah. Mühsam hatte sich der Rothaarige zu dem vereinbarten Treffpunkt geschleppt. Die Nächte ohne Schlaf lagen ihm schwer im Magen genauso wie sein Frühstück. Zu Mittag hatte er gleich ganz auf das Essen verzichtet. Nun stand er hier in seiner Trauerkleidung und wartete auf seinen besten Kumpel außerhalb Dir en greys. Dieser ließ sich wie sonst auch Zeit. Zu viel, um genau zu sein. Er hasste es zu warten und heute besonders. Er hatte gehofft Ablenkung durch den Jüngeren zu finden, aber je länger er hier stand und wartete, desto mehr schrumpfte seine Hoffnung zusammen. Sie wurde immer kleiner, bis gar nichts mehr übrig war und erst dann tauchte Miyavi auf. Nach einer kargen Begrüßung schlenderten sie durch die Straßen und unterhielten sich, wobei es eher einem Monolog des Schwarzhaarigen ähnelte als wirklich einem Dialog zwischen beiden. Die ließ den anderen reden und verstrickte sich immer tiefer in seinen trüben Gedanken. Wie hatte das nur passieren können? Er gab sich Schuld an dem Unfall, genauso wie der Rest ihrer Band. Plötzlich legte sich eine Hand auf seinen Arm und bedeutete ihm so stehen zu bleiben. Besorgte Augen sahen ihn an, als er sich zu dem Jüngeren umdrehte. „Was ist los?“ Drei Worte, die eine schwer wiegende Bedeutung in einigen Momenten haben konnten. Und heute brachten sie den Schutzwall von Daisuke zum Einstürzen. Kaum das er die Frage realisiert hatte, begann er zu reden. Mit jedem Wort, was seine Lippen verließen, flossen mehr Tränen. Er konnte sie nicht unterbinden. Er wollte es auch gar nicht. Tröstend nahm ihn Miyavi in den Arm. Er redete leise auf ihn ein, nachdem das letzte Wort seitens Die gefallen war. Er hoffte so, den anderen beruhigen zu können. Langsam versiegten die Tränen und die Umarmung wurde gelockert, bis sie ganz auf gehoben war. „Wie geht es den anderen?“ kam vorsichtig die nächste Frage. „Ich weiß es nicht“ musste Die gestehen. „Aber ich denke, dass Kaoru die ganze Zeit bei Kyo ist, damit dieser sich nicht verletzt. Und Toshiya…“ Er brach ab. Ja, was machte der nun Jüngste von ihnen. Er wusste es nicht und konnte sich auch nichts vorstellen. „Wollen wir Toshiya besuchen gehen? Immerhin war Shinya sein bester Freund.“ Er dachte ernsthaft darüber nach. Jedoch ließ die Entscheidung auf sich warten, weswegen er zuerst einen Blick auf die Uhr riskierte. „Morgen ist die Beerdigung.“ Mehr Worte verließen seine Lippen nicht, dabei beließ es der Solosänger dann auch. Er wechselte das Thema, um den anderen zumindest etwas aufzumuntern. Erstaunlicher Weise gelang ihm das sogar und sie verbrachten noch angenehme Stunden. Langsam senkte sich die Sonne und tauchte alles in ein dunkles Rot, Violett und dann kam die Schwärze der Nacht. Doch solange wollte er eigentlich nicht bleiben. Jedoch war das ein Vorsatz, den er sehr wahrscheinlich nicht einhalten würde. Denn er stand schon Stunden vor dem Grab seines ehemals besten Freundes. Beinah hatte er es schon wieder vergessen. Shinya war tot und kam nie wieder. Nie wieder konnte er mit ihm reden, ihn ärgern oder seine Ängste mit ihm teilen. Nichts war mehr möglich von all dem. Und er war daran schuld. Wie sehr er sich doch hasste. Erst musste er seinem Freund das Herz brechen, weil er nicht mehr als tiefe Freundschaft für ihm empfand und dann schaffte er es auch noch, dass der Jüngere ihm hinter rannte und dabei von einem Auto überfahren wurde. Wie schlecht war die Welt eigentlich zu ihm? Er wusste es nicht und wollte es auch nicht wissen. Denn hätte er eine Antwort bekommen, dann hätte er wahrscheinlich seinen Kopf in den Sand gesteckt. Er glaubte ja jetzt schon, dass ihm nie Glück wieder fahren würde beziehungsweise nicht dauerhaft oder auf jedes annähernd glückliche Ereignis würde ein weitaus schlimmeres Unglück geschehen. So wie der Unfall von Shinya. Tränen liefen über seine Wangen. Er bemerkte sie nicht, nahm auch nicht die kalte Abendluft war. Er hatte auch nicht registriert, dass die anderen Gäste der Beerdigung gegangen waren. Er stand weiter regungslos vor dem Grabstein und starrte die Schrift auf diesem an. Was dort in weißen Lettern geschrieben stand, ließ sich sein Herz schmerzhaft zusammenziehen. Weinerlich hörte sich seine Stimme an, als er leise den Namen murmelte. „Wieso hast du mich verlassen?“ Auch nicht mehr als ein Flüstern. Mit offenen Augen und Tränen im Blick hob er seinen Kopf Richtung Himmel und breitete seine Arme im selben Atemzug aus. „Wieso musste das passieren? Wieso gerade dir?“ Er weinte bitterlich und konnte sich nicht beruhigen. Er sank auf die Knie. Der Dreck störte ihn nicht, auch wenn er sonst pingelig war, was dies anging. Doch heute war alles anders. Ein besonderer Tag. Ein Tag, wie er hoffentlich nicht mehr vorkommen würde. Er hoffte, so etwas nicht mehr erleben zu müssen. Doch dies würde ihm eher weniger erspart bleiben, denn er hatte Verwandte und diese waren nicht mehr unbedingt die Jüngsten und würden somit auch das Zeitliche segnen. Stumm beobachtete der Große den Weinenden. Irgendetwas zog sich in ihm zusammen und machte ihm deutlich, dass es ihm nicht egal war, was der andere fühlte oder wie es ihm ging. Fortsichtig bewegte er sich vorwärts. Darauf bedacht den Trauernden nicht zu erschrecken, denn das wäre das Letzte, was er wollte. Leise Worte drangen an sein Ohr, ließen sich alles in ihm zusammen ziehen. Ein ungekannter Schmerz breitete sich in ihm aus, als er sah wie der Ältere auf die Knie sank. Tränen kämpften, um an die Oberfläche zu gelangen, wurden aber mit Erfolg zurück gedrängt. Diese Schwäche konnte sich Miyavi im Moment nicht leisten. Daheim, wenn er alleine war, ja da konnte er sich den Tränen hingeben. Doch hier, wo er gebraucht wurde, durfte er keine Schwäche zeigen. Er musste stark sein, denn sonst konnte er keinen Trost spenden. Und das war die Aufgabe, die er sich selber auferlegt hatte. Er wollte ihn aufheitern, ablenken oder einfach nicht alleine lassen. Der letzte Rest Weg, der sie noch trennte, wurde mit einem einzigen Schritt überbrückt. Sanft wurde eine Hand auf die Schulter gelegt. Erschrocken zuckte der berührte Körper zurück, vollführte eine halbe Drehung und landete dabei unsanft auf dem Boden. Verweinte Augen, groß und geweitet, blickten nach oben, sahen direkt in besorgte Seelenspiegel. Nur wenige Augenblicke später wurden sie wieder enger und die Tränen liefen ungehemmt die Wangen hinab, ließen das schöne Gesicht entstellt wirken. Tränen standen Toshiya einfach nicht. Diese Trauer in den Augen war kaum auszuhalten. Miyavi musste sich durchringen, sich nicht einfach umzudrehen. Den Blick abzuwenden. Er schaffte es. Er hielt dem Kleineren seine Hand hin, um ihm aufzuhelfen. Gedacht, getan. Jetzt hing Toshiya an seiner Schulter und weinte weiter. Behutsam führte er den Bassisten vom Friedhof. Leise murmelte er beruhigende Worte, so nah es ihm möglich war, in sein Ohr. Sein Arm war um dessen Schultern gelegt und dirigierte ihn so Richtung Ausgang. Ihre Schritte wurden von Schluchzern begleitet. So durchschnitten sie die Stille, die auf dem heiligen Boden herrschte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Lob? Kritik? Ich nehm alles entgegen, solange es mir zeigt, dass irgendjemand diesen Mist, welchen ich fabriziere, liest Hoffe keiner will mich jetzt erschlagen Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)