The quest for the mandrake von myrys84 ================================================================================ Kapitel 18: Kapitel 17 - Der Weg nach Hause ------------------------------------------- Kapitel 17 Der Weg nach Hause Die Überfahrt zurück nach Osten verlief ruhig und ohne nennenswerte Vorkommnisse. Außer der Tatsache, dass Soley und Yaros wie Pech und Schwefel zusammen klebten. Anscheinend hatten sie sich wirklich ineinander verliebt. Sie zog aus der gemeinsamen Kabine mit den Prinzen aus und schlief bei Yaros. Allerdings in Feengröße, damit nichts passierte. Das wäre ihr dann doch zu weit gegangen. Nach zehn Tagen tauchte die Küste, noch blau und undeutlich in der Ferne, vor ihnen am Horizont auf. Sie wurde schnell deutlicher und Rean glaubte, auf den hohen grauen Klippen die Säule Laguna leuchten zu sehen. In ihm wuchs die Freude, denn das bedeutete, dass sie bald anlegen würden und er Melean wieder sehen würde. Es gab so viel, was er ihm erzählen wollte. Außerdem war es für Tharas besser. Seine Seekrankheit hatte er zwar mehr oder weniger im Griff, dennoch sah er jeden Morgen ziemlich übel aus. Auch weigerte er sich, mehr Nahrung zu sich zu nehmen, als absolut lebensnotwendig. Tatsache: Es wurde langsam Zeit. Am elften Tag nach ihrer Abreise legten sie ziemlich früh morgens an. Die Sonne schob sich im Osten gerade über den Rand der Welt und schickte ihre ersten Strahlen. Yaros machte sich sogleich mit ihnen auf den Weg zum Dorf. Zwei Tage später kamen sie dort an. Natürlich war ihre Ankunft nicht unbemerkt geblieben. Alle Elfen standen bereits auf dem Dorfplatz und erwarteten sie, allen voran Melean und Aures. Eine Armlänge vor den beiden hielten die Reisenden an. "Wir sind wieder da“, sagte Rean unnötigerweise. "Willkommen zurück“, sagte Aures und lächelte. Melean löste sich von seiner Seite und zog den völlig verdutzten Jungen fest in seine Arme. "Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, kleiner Stern. Schön, dass es dir gut geht“, flüsterte er ihm ins Ohr. In Tharas kochte sofort wieder die Eifersucht hoch und er biss sich fast auf die Zunge, um nicht irgendetwas Unkluges zu sagen. Aures räusperte sich vernehmlich und Melean ließ von Rean ab. "Wir hoffen, ihr wart erfolgreich?", erkundigte sich der Fürst. "Das waren wir“, erklärte Tharas und zog das Glas mit der Mandragora hervor. Ein allgemeines "Oooh" und "Aaah" war zu hören. "Tatsächlich“, stellte Melean fest. "Wie ich sehe, ist die Blüte noch geschlossen. Das heißt, es sind noch Samen darin, nicht wahr?" "Das sagte uns Oberon“, bestätigte Rean. "Ich glaube, es ist besser, wenn wir das Ganze in Ruhe besprechen“, meinte Aures. Er wandte sich um und ging voraus zur Hütte. Die anderen folgten ihm. Nach ihm traten Melean, Yaros, Tharas, Rean und Soley ein. Der Rest musste draußen bleiben. "So", sagte er schließlich, "dann hat euch der König also Samen mitgegeben. Das bedeutet, dass wir wieder neue Pflanzen züchten können." "Wir sollen euch vom König bestellen, dass ihr genau das tun sollt“, antwortete Rean. "Im Westen hat nämlich nur diese eine Pflanze überlebt." "Wundert mich gar nicht“, streute Melean ein und nickte bestätigend. "Die da drüben hatten noch nie Sinn für Botanik." "Immerhin haben sie es geschafft, eine überleben zu lassen“, lächelte Aures. "Doch zurück zum Ernst des Lebens. Jetzt erzählt uns, was ihr alles erlebt habt“, forderte er seine Gäste auf. Wieder erzählten Rean und Tharas abwechselnd, was alles passiert war. Die Sache mit den Sirenen wurde diesmal insofern verändert, dass Tharas behauptete, er habe Rean laut ins Ohr gepfiffen. Doch Melean fiel auf, dass da etwas an Tharas Geschichte nicht stimmte, als er davon berichtete. Bei dem Teil mit dem dritten Rätsel zog Melean scharf den Atem ein. "So ein dreckiger Bastard! Was fällt dem ein?", rief er entsetzt. "Wenn ich den sehe, dann kann er was erleben!" Doch Rean beruhigte ihn wieder. Nachdem die beiden mit ihrer Erzählung geendet hatten, war es bereits später Nachmittag. "Na da habt ihr aber ganz schön was erlebt“, sagte Aures. "Ihr müsst jetzt ganz schön hungrig sein“, stellte er fest und rief einen Diener herbei. Kurze Zeit später kam das Abendessen. Nachdem sie fertig gegessen hatten, saßen sie noch eine Weile zusammen und unterhielten sich. Dann wurde es Zeit, schlafen zu gehen. Rean und Tharas verabschiedeten sich, doch Melean hielt den Prinzen von Arc noch kurz zurück. "Was ist passiert?", wollte er wissen. "Wie, was ist passiert? Was willst du denn hören?", fragte dieser zurück. "Du hast bei dem Teil mit den Sirenen nicht ganz die Wahrheit gesagt. Sonst ist es vielleicht niemandem aufgefallen, aber mir. Wie hast du Rean wirklich aufgeweckt?", fragte er eindringlich und fixierte ihn mit seinen türkisfarbenen Augen. "Du würdest es merken wenn ich dich anlüge, oder?", erkundigte sich Tharas. Melean nickte nur. "Mit einem Kuss“, antwortete der Prinz nach kurzem Zögern. "Weiß er es?", hakte der Elf nach. "Ja. Und er hat mir zu verstehen gegeben, dass es ihm unangenehm war“, gab Tharas deprimiert zurück. Er war immer noch nicht ganz darüber hinweg. "Du liebst ihn, nicht wahr?", fragte der blonde Elf mitfühlend. Der Magier nickte und schaute verlegen zu Boden. "Mehr als du dir vorstellen kannst“, flüsterte er. "So geht das nicht“, meinte Melean kopfschüttelnd. "Du musst mit ihm darüber reden und nicht deinen Schmerz in dir vergraben. Das nützt nichts. Sobald ihr Zeit für euch habt, ohne Soley, ohne uns, nur ihr zwei, dann redet miteinander. Glaub mir, wenn ihr das nicht klärt, dann wird dieses Ereignis immer wie eine unsichtbare Wand zwischen euch stehen und ihr bleibt beide im Unklaren. Versprich es mir, ja?" "Und was ist, wenn ich ihm meine Gefühle offenbare und er dann gar nichts mehr von mir wissen will?" "Das kann ich mir nicht vorstellen. Er liebt dich auch. Vielleicht ist es anders als bei dir, vielleicht erwidert er deine Gefühle aber auch. Du wirst es nie erfahren, wenn du nicht das Risiko eingehst. Also, versprochen?" "Ist gut, ich verspreche es“, erwiderte der Prinz. "Nein, nein, nein, also so was“, seufzte der Elfenkrieger. "Na dann. Lass dich nicht weiter von mir aufhalten. Gute Nacht, Tharas. Schlaf gut." "Gute Nacht“, antwortete der Prinz. Melean ging zurück ins Haus und Tharas nahm den Weg über die Brücken zu der Hütte, die ihm und Rean erneut als Unterkunft dienen sollte. Am nächsten Morgen beschlossen die beiden Prinzen, wieder aufzubrechen. Obwohl Aures ihnen anbot, so lange zu bleiben, wie es ihnen gefiel, wollten sie keine unnötige Zeit verlieren. Melean brachte sie zu ihren Pferden. "Sind sie wohlauf?", fragte Rean. "Natürlich. Ich habe mich besonders gut um sie gekümmert", versicherte der Krieger. Der Rappe und der Schimmel standen auf einer Lichtung und grasten friedlich. Als sie die Witterung ihrer Herren aufnahmen, kamen sie herüber und begrüßten sie fröhlich. "Sie haben euch vermisst", erklärte Melean. "Wir sie auch", sagte Rean und streichelte über die Nüstern seines Pferds, welches ihn daraufhin anstupste. Tharas Rappe war nervös und tänzelte aufgeregt hin und her. "Er spürt, dass es wieder losgeht…", vermutete Tharas. "Und ihr wollt wirklich nicht länger bleiben?", wollte der blonde Elf wissen. "Es geht nicht. Ich will so schnell wie möglich mein Volk befreien. Durch die Reise übers Meer haben wir ohnehin zu viel Zeit verloren", erklärte Rean. "Ich verstehe", sagte Melean und nickte. Zurück im Dorf packten die beiden ihre Sachen und luden sie, zusammen mit Vorräten, die sie von den Elfen bekamen, auf die Pferde. Sie nahmen noch eine Mahlzeit ein und machten sich zum Aufbruch bereit. Sie verabschiedeten sich von Yaros, der zur "Einhorn" zurückkehren würde, von den Elfen im Dorf und anschließend von Aures. "Lebt wohl, Freunde", sagte dieser: "Möge die Zeit unserer Trennung nicht allzu lange dauern." Er beugte sich zu ihnen vor und raunte ihnen zu: "Das hoffe ich, denn sonst wird Melean unausstehlich sein und das halte ich auf die Dauer nicht aus." Die beiden grinsten. Melean trat vor und zog Rean in seine Arme. "Mach's gut, mein kleiner Stern. Mein Gefühl sagt mir, dass wir uns schon sehr bald wieder sehen werden. Bis dahin alles Gute." Er löste sich von dem Jungen und schaute ihn lange an. Dann wandte er sich an Tharas. "Du wirst das tun, was ich dir gesagt habe, nicht wahr?", hakte er nach. Der Prinz nickte. "Gut", meinte der Krieger. "Ich wünsche dir viel Glück." Er lächelte verschwörerisch. "Wo ist eigentlich Soley?", wollte Rean wissen und blickte sich suchend nach der Fee um. "Keine Ahnung", meinte Tharas. "Wahrscheinlich hockt sie irgendwo und heult sich die Augen aus. Kann es wohl nicht ertragen, Lebewohl zu sagen." "Ich hätte sie trotzdem gerne noch einmal gesehen", seufzte der Junge. Sie bestiegen ihre Pferde und verließen das Dorf. Sie waren noch nicht sehr weit gekommen, da kam Soley angeflattert und setzte sich auf Reans Schulter. "Nanu, was soll das denn?", fragte Tharas. "Ich dachte, du bleibst bei Yaros." "Nö. Ich komm mit euch", erklärte sie fest. "Woher der plötzliche Sinneswandel?", erkundigte sich Rean. "Ich dachte, du liebst ihn und willst mit ihm zusammen bleiben." "Will ich auch. Aber erst will ich mein Volk finden und ihnen sagen, dass es mir gut geht und ihnen von meiner Reise erzählen. Deswegen hab ich Yaros um eine kleine Bedenkzeit gebeten." "Und die wäre bitte wie lange?", fragte Tharas. "Na, in etwa hundert Jahre", antwortete die Fee leichthin. "Was? So lange?", rief Rean überrascht. "Ach was, Unsinn. Nur so lange, bis ich meine Leute gefunden habe. Dann geh ich zurück nach Argaye und warte dort auf ihn. Hoffentlich geht’s mir nicht irgendwann so wie Laguna…", überlegte sie. "Ach was", meinte Tharas. "Yaros ist wie Unkraut und das vergeht nicht." "Schön, dass du das so siehst. Danke", flüsterte Soley und errötete leicht. Ihre weitere Reise verlief ohne größere Zwischenfälle. Nach gut einer Woche hatten sie das Gebirge hinter sich. Der Spätsommer zeigte sich von seiner schönsten Seite. Jeden Tag schien die Sonne und es war angenehm warm. Sie überquerten unbeschadet das Gebirge und tauchten in den jenseitigen großen Wald ein. Eines Abends saßen sie zusammen am Lagerfeuer und unterhielten sich. Tharas hatte auf einer Lichtung unweit ihres Weges Himbeeren gefunden, die sie sich jetzt schmecken ließen. "Eines war merkwürdig…", sagte er nachdenklich. "Was denn?", fragte Soley. "Na ja. Inmitten all dieser roten Früchte und Dornen wäre es mir fast nicht aufgefallen, aber dann hab ich da ein anderes Rot leuchten sehen. Als ich genauer hingesehen habe, da war es eine rote Rose. Ich frage mich, wie die da hingekommen ist." "Eine rote Rose? Wirklich?", rief Soley und war plötzlich ganz zappelig. "Ja. Hab ich doch gerade gesagt. Hörst du mir überhaupt zu?", maulte Tharas. "Wisst ihr, was das bedeutet?", fragte die Fee aufgeregt. Die beiden schüttelten den Kopf. "Das bedeutet", fuhr sie fort, "dass das Schloss in den Wolken hier ist." "Du meinst, deine Leute sind hier?", fragte Rean überrascht. "Ja!", jubelte Soley. "Ganz in der Nähe. Die rote Rose an ungewöhnlichen Orten ist ihr Erkennungszeichen. Nur magische Wesen können sie sehen. Tharas, kannst du mich da hinführen?" "Selbstverständlich. Ist nicht weit", antwortete der Magier. "Wollen wir gleich los?", erkundigte er sich. "Klar. So schnell wie möglich", bestätigte die Fee also brachen sie noch einmal auf, zurück zu der Lichtung. Dort zeigte Tharas Soley die Himbeerhecke, in welcher die Rose wuchs. "Tatsächlich…", murmelte sie und fuhr dann an ihre Begleiter gewandt fort: "Wartet hier auf mich. Ich komme gleich zurück." Sie breitete ihre Flügel aus und schwebte hoch und immer höher. Doch noch während sie so schwebte, wurde sie durchsichtig und war bald gar nicht mehr zu sehen. Rean und Tharas machten es sich auf dem weichen Moosboden bequem und genossen die Stille. Noch ein Tag, dann würde der Mond voll sein. Tharas fragte sich, ob das eine gute Gelegenheit war, mit Rean reden zu können. Immerhin waren sie jetzt ganz für sich alleine. Er betrachtete das Profil des Jungen im hellen Mondschein. Wie sich das Licht in seinen Augen spiegelte, auf seinem Haar glänzte, ließ Tharas einen warmen Schauer über den Rücken laufen. Rean hatte sich verändert. Ein Großteil der kindlichen Züge war aus seinem Gesicht verschwunden und einer gewissen Ernsthaftigkeit gewichen. Jetzt, da er nachdenklich gen Himmel blickte, sah er aus wie das, was er eigentlich war: ein junger Mann, trotz der mittlerweile fast wieder schulterlangen Haare. Auch war seine Statur etwas kräftiger geworden. Er hatte viel gesehen und erlebt. Kein Wunder, dass man es ihm ansah. Tharas bezweifelte, dass man ihn in Eredrion überhaupt noch auf den ersten Blick erkennen würde. Doch ihm war es gleich. Er liebte ihn und das allein zählte. Genau das wollte er ihm sagen. Er holte gerade Luft, um den Jungen anzusprechen, da kam Soley zurück, flankiert von zwei weiteren Feen. "Die Königin möchte mit euch sprechen", sagte sie und lächelte. "Und wie? Kommt sie hier runter oder was?", wollte Tharas verstimmt wissen. "Ganz bestimmt nicht", ereiferte sich die Fee. "Sie ist die Königin. Man macht ihr seine Aufwartung. Dafür sind die beiden anderen dabei", erklärte sie. Noch bevor sie mehr sagen konnte, hatten ihre Begleiter Stufen aus Wolken in die Luft gezeichnet. "Da müsst ihr euch draufstellen", erklärte Soley. "Sieht nicht sehr sicher aus…", meinte Rean skeptisch. "Ach was. Keine Sorge, die halten", beruhigte die Fee ihn. Sie machte eine einladende Geste zu den Stufen hin. Misstrauisch setzte Tharas einen Fuß auf eine der flauschigen Stiegen, stellte fest, dass sie hielt und wandte sich zu Rean um. "Es ist sicher", sagte er. "Gut, dann los", sagte Rean, straffte die Schultern und betrat neben seinem Freund die Wolke. Kaum standen sie beide darauf, schon setzten sie sich in Bewegung. Langsam und gemächlich schwebten sie nach oben. Tharas hatte angenommen, dass der Weg länger dauern würde, doch schon nach kurzer Zeit erhob sich vor ihnen ein unglaublicher Palast. Natürlich sah man ihm die Bauart der Menschen an, doch er strahlte etwas Magisches aus. Die Feen um sie herum hatten alle Menschengröße. Als Tharas Soley darauf ansprach, antwortete sie: "Das ist so, um die großen Distanzen zu überbrücken. Selbst, wenn du noch so schnell fliegst, bist du zu Fuß schneller unterwegs. Außerdem ist das eigentlich ein Menschenschloss und deshalb für uns Feen grundsätzlich zu groß. Verstehst du?" Tharas nickte. "Folgt mir", forderte sie sie auf und schritt voran über den großen Innenhof. Dieser war über und über mit Blumen übersät und in jeder einzelnen Blüte leuchtete ein kleines Licht. Auch aus den Fenstern fiel ein warmes, weiches Leuchten. "Unglaublich, was man aus einer Ruine so machen kann, nicht wahr?", fragte Soley. Die beiden konnten nur absolut zustimmen. Auf ihrem Weg durch das Schloss begegneten ihnen noch viele andere Feen. Einige blickten verängstigt, andere überrascht. Endlich erreichten sie den Thronsaal. Dort saß, auf einem kleinen, aber wunderschönen, muschelförmigen Thron, die Königin. Sie war ganz weiß. Ihr lockiges Haar, ihre Haut, ihr Kleid. Nur ihre Augen schimmerten golden. Ihr Blick war nicht unfreundlich sondern von einer solchen Wärme, die sie den beiden Prinzen sofort sympathisch machte. "Ihr habt eines meiner Kinder gerettet", sagte sie freundlich. Ihre Stimme war wunderbar angenehm, Rean hätte ihr stundenlang zuhören können. "Euer Kind?", fragte Tharas nach. Die Königin lächelte. "Ja. Ich betrachte alle Feen als meine Kinder. Ihr habt sie vor einem Troll gerettet und ihr geholfen, uns wieder zu finden. Wir hatten sie verloren geglaubt. Wisst ihr, sie ist ein sehr abenteuerlustiges Geschöpf. Unsere Befürchtung war, dass sie sich in Gefahr begeben hat. Und tatsächlich habt ihr beiden ihr ein ziemliches Abenteuer beschert." "Das hat sie Euch alles erzählt? Auf so kurze Zeit?", fragte Rean erstaunt. "Nein, sie hat es mir nicht direkt erzählt. Ich weiß, was ihr passiert ist. Ich lese es in ihrem Herzen. Deshalb weiß ich auch, dass sie nicht hier bleiben wird. Doch das macht nichts. Ich bin glücklich, dass mein Kind unverletzt und glücklich ist. Doch nun sagt mir: Wie kann ich euch danken?" "Wir brauchen nichts, Majestät", antwortete Rean. "Unser einziger Wunsch ist es jetzt, so schnell wie möglich nach Arc zu kommen, wo wir alles vorbereiten werden, um mein Volk zu retten." "Dann glaube ich, habe ich ein passendes Geschenk für euch", meinte die Königin nachdenklich. "Ich habe die Fähigkeit, euch innerhalb eines Herzschlages an jeden nur erdenklichen Ort zu bringen. Sogar bis vor die Tore Arcs. Wäre das angemessen für euch?" Rean und Tharas antworteten gleichzeitig, doch gaben sie unterschiedliche Antworten. Rean rief: "Ja!" Tharas dagegen: "Nein!" Die Königin blickte sie leicht verwirrt an. Schließlich sagte sie: "Nun, ihr beide müsst entscheiden, ob ihr das Geschenk annehmt oder nicht." "Was meinst du mit "Nein"?", flüsterte Rean seinem Freund zu. "So eine Chance bekommen wir nie wieder." "Ich weiß. Und grundsätzlich bin ich ja dafür, aber nicht direkt nach Arc. Ich brauche noch mindestens einen Tag. Da ist etwas, dass ich ganz dringend vorher klären muss", rechtfertigte sich der Magier. "Ist gut", lenkte der Junge ein. "Majestät, " wandte er sich wieder an die Königin, "könnt Ihr uns etwa einen Tagesritt vor den Toren von Arc absetzen?" "Sicher. Nichts leichter als das. Aber ich denke, dass es besser ist, ihr bleibt heute Nacht erst einmal hier. So lange habt ihr Zeit, euch von euerer Freundin zu verabschieden und euch auszuruhen. Ihr habt einen langen Tag hinter und eine schwere Zeit vor euch." Sie hatten den Befehl verstanden, also verbeugten sie sich vor der Königin und folgten Soley aus dem Thronsaal. "Du willst also wirklich nicht hier bleiben?", fragte Rean. "Nein", antwortete sie. "Ich hatte es nicht vor. Zumindest nicht, seit ich Yaros getroffen habe. Wisst ihr, ich liebe ihn wirklich. Vielleicht gehen wir zusammen in den Westen und lassen uns dort nieder. Im Grunde wollte ich meinen Leuten nur sagen, dass es mir gut geht und dass ich mein Glück gefunden habe. Und die Königin hat es verstanden. Eines ist allerdings schade…" "Und das wäre?", wollte Tharas wissen. "Dass ich nie erfahren werde, wie es mit euch beiden weitergeht", sagte sie und lächelte sie an. Doch so einfach ließen die Feen die beiden nicht gehen. Soley hatte sehr viele Freunde, die sie nun, nach sehr langer Zeit endlich wieder sehen konnte. Diese nahmen ihr Wiederauftauchen gleich zum Anlass, aus dem Stehgreif eine kleine Feier zu organisieren. Und Soley wäre nicht Soley, hätte sie ihre beiden Menschenfreunde nicht an der Feier teilnehmen lassen. Schließlich gab es Teile in der Erzählung, die sie nicht genau oder selbst nur vom Hörensagen wusste und die Rean und Tharas viel besser erzählen konnten als sie. So saßen die beiden Prinzen mit Soley und ihren Freunden in einem großen Saal mit vielen bequemen Stühlen, die alle wie Blüten aussahen, zusammen und ließen – nicht zum ersten Mal – ihre Geschichte Revue-Passieren. Eine der Feen reichte Rean einen Becher mit einer goldgelben Flüssigkeit. "Was ist das?", wollte er neugierig wissen und roch an dem schimmernden Getränk. Er stellte fest, dass es eigentlich nach gar nichts roch, also schon mal nicht schlecht. "Blütenwein", antwortete die Fee lächelnd und fügte dann hinzu: "Probier doch einfach." Doch der Junge schaute sich zunächst einmal vorsichtig um. Wenn Tharas mitbekam, dass er Alkohol trank, dann war er bestimmt wütend auf ihn. Gut, sein großer Freund sah nicht her. Also dann. Zögernd setzte er den Becher an die Lippen und nippte an dem Wein. Er war süß. Unheimlich süß. Mutig geworden nahm er einen größeren Schluck. Und noch einen. Tharas war gerade in ein Gespräch mit einem Feenmann vertieft, als er den ersten Hickser hörte. Überrascht drehte er sich um, und was sah er da? Reans Gesicht war noch blasser als sonst, abgesehen vielleicht von dem kleinen Rotschimmer, der sich auf die Wangen des Jungen geschlichen hatte. Seine Augen wirkten glasig und sein Blick war leicht unkontrolliert. "Rean, was ist los mit dir?", fragte Tharas besorgt. "Weiß nicht. Liegt wohl an dem Zeug hier…", murmelte Rean. "Lass mal sehen", forderte sein Freund und nahm ihm den Becher aus der Hand. "Oh nein", stellte er schließlich fest. "Sag mir bitte nicht, dass du den ganz alleine ausgetrunken hast." Reans schuldbewusster Blick sagte ihm alles. "Also dann, Freunde, ich würde sagen, das ist für uns das Zeichen zum Aufbruch. Wir gehen jetzt ins Bett, nachdem Rean sowieso schon nicht mehr geradeaus gucken kann", verabschiedete er sich von den Feen, nahm seinen kleinen Freund behutsam auf die Arme und machte sich auf den Weg zu ihrer Unterkunft. Am Türrahmen blieb er noch einmal stehen und wünschte den Feen eine gute Nacht. Rean war bereits eingenickt, als sie bei ihrem Zimmer ankamen. Als Tharas den Jungen auf sein Bett legte, wachte dieser kurz auf. "Tharas…", murmelte er verschlafen. "Mann, nächstes Mal solltest du dich beherrschen, kleiner Säufer. Oder mir zumindest was abgeben", schmunzelte der Prinz von Arc zärtlich. Dann zog er die Decke hoch, fuhr Rean noch einmal durchs Haar und wollte gehen, als ihn der kleine Prinz an der Hand festhielt. "Ich li…", nuschelte er, doch noch bevor er seinen Satz beenden konnte, war Rean auch schon eingeschlafen. Am nächsten Morgen fanden sie ihre Pferde gesattelt und beladen im Innenhof des Schlosses, doch sie hatten schon so viel erlebt, dass sie gar nichts mehr wunderte. Soley umarmte sie beide noch einmal herzlich zum Abschied. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie sie nie wieder sehen würde und ein paar stille Tränen stiegen in ihre Augen. Als die Königin erschien, zog sie sich zurück und flüsterte: "Lebt wohl." Auch Rean war traurig, ebenso wegen seiner ziemlich heftigen Kopfschmerzen, doch er hielt seine Tränen erfolgreich zurück, ebenso wie Tharas, dem die Fee mit der Zeit richtig ans Herz gewachsen war. Sie winkten noch ein letztes Mal und schon im nächsten Augenblick waren das Feenschloss und seine Einwohner verschwunden. Kleiner Hinweis von mir: Das nächste Kapitel kann nicht jeder lesen. Alle, die darauf gewartet haben: Eure Geduld wird belohnt. Nächstes Mal, wie gesagt. ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)