Salut, Monsieur Dantes! von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 9: Wie du mir, so ich... deinem Badvorleger --------------------------------------------------- Hello! Back with a new chapter after almost two months... und noch mal für diejenigen, die nicht im Forum sind: I'm really sorry, dass es diesmal wieder so lange gedauert hat, aber ich bin für eine längere Weile nach Australien übergesiedelt und brauchte erst mal ein wenig Zeit, um mich zurecht zu finden, Arbeit zu finden bla bla. Aber mittlerweile lebe ich auf einer wunderschönen Farm und habe (Heute, Dienstag!!) ein Auto gekauft und in den letzten Wochen meine Freizeit damit verbracht, um Kapitel 9 zu erarbeiten. Danke für eure Geduld! Ach ja an dieser Stelle noch ein ganz liebes Danke an ma chère AMJH, die sich jüngst dazu bereit erklärte, den Beta-Reader zu spielen (und Sorry, dass es diesmal nicht geklappt hat!) ______________________________________________________________________________ Chapitre neuf: Wie du mir, so ich... deinem Badvorleger Ein kalter, lebhafter Abend in Tokio. Wohin das Auge reicht, leuchtende Neon-Reklame und blinkende Lichter. Lachende und fluchende Stimmen in der Luft. Deutlicher könnte es nicht sein, dass wir uns hier im Vergnügungsviertel befinden. Casinos an jeder Straßenecke. Zwielichtige Gestalten, sündhaft teure Karossen, edel gekleidete Herrschaften bevölkern die schmutzigen Straßen. Nicht weit entfernt vom berüchtigsten Casino der Stadt steht ein mehrstöckiges Gebäude. Es sieht bedeutend aus. Blinkende Glasverkleidung, stilvolle Bauweise. „Das ist der Hauptsitz der Noboku & Co Corporation“, hören wir einen hochgewachsenen Mann zu seiner attraktiven Begleitung sagen. Die Dame, in edlen Pelz gewandet, rümpft leicht ihre gepuderte Nase: „Glaub ich nicht. Mir kamen da Dinge über Yakuza zu Ohren.“ Ihr Begleiter lacht daraufhin. „Siehst du! Das liebe ich so an dir! Deine Scharfsinnigkeit ist und bleibt unübertroffen, Miako!“ Sie erwidert mit einem koketten Lächeln. „Du hast vielleicht sogar Recht! Es wird gemunkelt, dass dies nur eine Scheinfirma der Yakuza für die Geldwäsche ist. Mein Unternehmen hält sich von solchen Gefilden jedenfalls fern!“ Er streicht sich über das Haar, das bereits von grauen Strähnen durchzogen ist. „Komm lass uns weiter gehen! Heute Abend wollen wir uns mal wieder so richtig amüsieren. Ich habe Lust, Geld zu verprassen“, sagt er, lacht und legt der Frau schwungvoll den Arm um die Hüfte. Sie schlendern turtelnd die Straße hinab. In einem der höheren Stockwerke des Gebäudes, das eben noch ihr Gesprächsgegenstand war, sitzt hinter der schimmernden Glasscheibe ein Mann in einem Zimmer und befühlt erschrocken seine Wange, die leicht gerötet aussieht. Ihm gegenüber ein junges Mädchen von 16 Jahren mit fassungsloser Miene. „Oh Tsuruga-san es tut mir ja so unglaublich Leid!! Ich dachte doch tatsächlich für einen kurzen Augenblick, sie wollten- und da da hab ich aus Versehen- ..Oh, wie dumm von mir, es tut mir ja so Leid!! Verzeihen Sie mir!!“ Mit wild fuchtelnden Armen versuchte Mogami-san scheinbar, der Lage Herr zu werden, scheiterte aber kläglich. Ich konnte nichts sagen, befühlte immer noch erschrocken meine Wange. Sie hatte mir doch tatsächlich eine Ohrfeige verpasst! Was hatte ich mir auch dabei gedacht? Sie einfach küssen zu wollen! Schließlich ging es hier um Mogami-san, ein Mädchen, das in keinster Weise mit anderen vergleichbar wäre.. Und trotzdem... mich einfach so zu schlagen! Ich war milde beeindruckt. „Mogami-san, also wenn du diese Schlagkraft auch bei unseren Entführern an den Tag legst, können wir eigentlich gleich nach Hause spazieren!“ Ich stockte mitten in der Bewegung und sah auf. Hatte Tsuruga-san mich gerade gelobt? Allen Ernstes gelobt? Ich hatte ihn geschlagen!! „Ehm... sind Sie denn gar nicht sauer, dass ich sie grundlos geschlagen habe?“ Sein erstaunter Gesichtsausdruck wich einem zerknirschten. „Nun ja, nicht wirklich. Es ist ja auch ein Teil meine Schuld; ich wäre dir nur dankbar, wenn du in unsicheren Situationen zukünftig erst nachdenkst, bevor du zuschlägst.“ Dieser zerknirschte, leicht beleidigte Gesichtsausdruck stand ihm ganz und gar nicht. Völlig unüberlegt prustete ich los. Daraufhin entgleisten ihm doch tatsächlich sämtliche Gesichtszüge und er sah mich an, als wäre es unbegreiflicherweise soeben ein Phantom gewesen, das da gelacht hatte, und nicht ich. Ups. Aber Himmel! Solch ein bekloppter Gesichtsausdruck bei Tsuruga-san! Ich hätte lauthals losgelacht, wenn dies nicht die Gefahr beherbergt hätte, Tsuruga-sans gefürchtete Rache zu spüren zu bekommen. So blieb das Lachen brodelnd unter der Oberfläche, und drohte damit, jeden Augenblick auszubrechen. Meine Mundwinkel zuckten, ich fühlte mich, als würde ich jeden Moment platzen, doch um ihn nicht zum Äußersten zu reizen, zwang ich mich, die ernsthafteste Miene aufzusetzen, die ich zustande brachte, meine Augen begannen, feucht zu werden. Es war zwecklos. Schnaubend brach dieses gemeine Lachen aus. Ich bemerkte, dass Tsuruga-san mich mittlerweile beäugte, als wäre ich ein Wesen aus einer fremden Welt und als ob es ihm absolut spanisch vorkäme, was an dieser Situation denn lustig wäre. Dies bewirkte allerdings, dass mir vor Lachen regelrecht die Luft wegblieb. Ich griff mir in die Seiten und schnappte nach Luft, doch ich konnte einfach keine Kontrolle über meinen lachenden Körper kriegen. Plötzlich hörte ich etwas Neues. Erstaunt blickte ich auf und sah Tsuruga-san genauso lachen wie ich zuvor. „Mog-Mogami-san, du bist einfach unvergleichlich-ahaha“. Was hatte er denn jetzt? Aber irgendwie war es einfach wunderbar, diesen sonst so cool dreinschauenden Mann aus vollem Herzen lachen zu sehen. Ich stimmte in sein Gelächter ein. Draußen senkte sich die Dunkelheit auf Tokio hinab. Ausgehend von den Dingen also, die sich hinter diesem blinkeden Fenster des Gebäudes der 'Nobuko & Co Corporation' befinden, nehmen wir Abstand von diesen komischen, lachenden Knallköpfen, springen hinab auf die Straße, rasen zur nächsten S-Bahnstation, steigen ein, Linie 13, steigen nach exakt 23,5 Minuten im nächsten Viertel in einer bedeutend dunkleren Straße aus. Kein Vergnügungsviertel mehr. Relativ schicke Wohngegend, jedenfalls keine billigen Massenwohnblocks, einige Bars und Cafés auf das Viertel verstreut, Leute, die sich etwas darauf einbilden, zum wohlhabenderem Bürgertum zu gehören... Nun, schön und gut das Ganze. Doch nicht weiter von Interesse. Was uns tatsächlich interessiert, ist wohl das einzige schäbige Café am Rand des Viertels, denn dort sitzen zwei Personen in dem überfüllten Innenraum und starren wortlos auf die schmuddelige Tischdecke hinab. Kanae war noch nie besonders geduldig gewesen. Und ausgerechnet jetzt in dieser angespannten Zeit, an einem Ort, den sie unter normalen Umständen im Leben nicht betreten hätte, gab es einen Menschen, der ihre Geduld gefährlich auf die Probe stellte. Wo blieb Tatsumi? Sie waren vor einer Stunde verabredet gewesen und dieser elende Mensch tauchte einfach nicht auf!! Sie warf einen missmutigen Blick auf ihre Armbanduhr. Mittlerweile waren es sogar anderthalb Stunden! Am Nebentisch grölte eine Gruppe junger, abgewrackt aussehender Yankees. Alle mit gebleichtem Haar und galaktischen Augenringen. „Ich frage mich wirklich, warum zur Hölle wir uns ausgerechnet HIER mit ihm treffen mussten! Ich meine, in einer Privatwohnung wäre es doch viel vertraulicher gewesen, oder? Wenn er in zehn Minuten nicht auftaucht, gehe ich! Der ganze Zigarettenqualm hier drinnen bringt mich um!“ Yashiro reagierte nicht. Er hatte das Gesicht in beide Hände gestützt und die Augen geschlossen. „Yashiro-san? Yashiro-san! Haben Sie gehört, was ich eben gesagt habe?“ Er schreckte auf. „Wah-? Oh! ...Sorry, muss wohl ...eingenickt sein. ...sag mal wie lange sitzen wir hier schon?“ „Seit geschlagenen anderthalb Stunden. Wenn ich diesen Typen in die Finger kriege...! ...Gehen wir, ich hab es satt!“ „Meinst du?“, er konnte ein ausgiebiges Gähnen nicht unerdrücken, „ Was, wenn er noch auftaucht? Die Informationen, die er eventuell für uns hat, könnten wichtig sein!“ „Nein! Ich will keine Minute länger an diesem Ort verbringen! Außerdem bekomme ich Kopfschmerzen von dem ganzen Krach und angesichts der Menge an Alkohol, die hier konsumiert wird, errät man nicht schwer, dass der Lärmpegel noch weiter steigen werden wird! Abgesehen davon hat er meine Handynummer; wenn er noch auftaucht, kann er uns erreichen.“ Yashiro betrachtete einige Minuten lang ihre wütend funkelnden Augen. „Ganz Tokio ist in Aufruhr, meinst du nicht, dass es da gerade für die rechte Hand des Hauptkommissars ziemlich stressig sein wird? Du solltest nicht zu hart über ihn urteilen, Kotonami-san.“ „Sagen Sie mir, was kostet es ihn, uns kurz anzurufen und zu sagen 'Oh, es tut mir Leid, wir treffen uns später!'? Zwei Minuten? Eine? Dieser Typ nimmt uns doch genauso wenig ernst, wie sein Boss! Ich gehe jetzt!“ Sie stand auf, griff nach ihrer Tasche und stürmte zum Ausgang. „Warte, Kotonami-san!“ Er rannte neben ihr her und versuchte, sie zu beschwichtigen. Draußen war es kalt und windig. „KOTONAMI-SAN!“ Sie blieb stehen und sah ihn an. Er seufzte. „Meine Wohnung liegt nur drei S-Bahn-Stationen von hier entfernt. Lass uns dorthin gehen. Wenn er noch auftauchen sollte, ist es so am besten.“ „Aargh, Ich hätte wirklich Lust, ihn genauso warten zu lassen, wie er uns... aber Sie haben wahrscheinlich Recht.“ Sie fluchte und schlug ihren Kragen hoch. „Okay, dann komm. Der S-Bahnhof liegt dort drüben.“ Sie wandten sich nach rechts und schritten zügig voran. „Kotonami-san, du hast wirklich ein explosives Temperament. Ich will dich nicht kritisieren, aber ich glaube, du solltest ein bisschen mehr Rücksicht auf deine Mitmenschen nehmen. Du bist gestresst, klar. Aber das sind wir alle. Es muss einen Grund geben, warum er uns hat warten lassen. Bitte raste nicht gleich aus, wenn wir ihn das nächste mal treffen!“ „Ach, und wo wir schon mal beim kritisieren sind, hat Ihnen jemals jemand gesagt, dass Sie vielleicht ein wenig zu gutgläubig und geduldig sind? Es gibt auch Zeiten im Leben, in denen man keine Inkompetenz akzeptieren kann!“ „Oh, tatsächlich? Soll ich dir etwas über 'Inkompetenz' erzählen? Falls du es vergessen hast, du sprichst mit dem Manager von Ren Tsuruga! Glaubst du nicht, dass ich weiß, wie man am besten mit unzuverlässigen Menschen umgeht? Und glaub mir, davon gibt es eine Menge im Show-Biz. Trotzdem ist Ren dafür bekannt, niemals zu spät zu kommen und seinen Terminplan immer pflichtbewusst einzuhalten. Glaubst du allen Ernstes, das wäre möglich, wenn ich nicht in der Lage wäre, Unregelmäßigkeiten auszugleichen? Natürlich ist es nicht besonders höflich, jemanden so lange warten zu lassen. Aber man muss in solchen Fällen auch von unabsichtlichen Verzögerungen differenzieren können! Und mal im Ernst, welcher Mensch ist unfehlbar? Wärst du nicht dankbar, wenn du einen wichtigen Termin wegen eines plötzlichen Zwischenfalls zu spät erreichst, und die betreffenden Personen reagieren mit Geduld und Verständnis? Ich dachte wirklich, deine Einstellung wäre professioneller.“ Sie biss sich auf die Lippe und schwieg. Auch während der Fahrt sprach keiner ein Wort. Schließlich erreichten sie seine Wohnung. Während er in seinen Taschen nach dem Schlüssel kramte, blickte sie hinauf zu dem mehrstöckigen Gebäude. Ein edel aussehender Wolkenkratzer mit vielen Fenstern und einer schicken Fassade. Sie hörte das Klimpern des Schlüssels und betrachtete nachdenklich Yashiros Hinterkopf, während er die Tür aufschloss. War sie wirklich zu aufbrausend? Sie folgte ihm in den Aufzug. Er drückte den Knopf für den sechsten Stock und die Türen schlossen sich. Im Aufzug herrschte eine angespannte Stille. Sie ahnte, dass Yashiro sauer war, aber was sollte sie ihm sagen? Sie beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, irgendwie besaß er ein hübsches Profil. Er räusperte sich, sie richtete den Blick wieder zu Boden. Yashiro bedrückte die Stille im Aufzug. Er fürchtete, sie mit seinen harschen Worten verletzt zu haben, aber was sollte er ihr sagen? Er räusperte sich und blickte sie aus den Augenwinkeln an. Sie hatte den Blick zu Boden gerichtet. Eine Wimper haftete an ihrer Wange. Sollte er...? Nein! Der Aufzug erreichte den 6. Stock; er riss seinen Blick von ihr los, ging zu seiner Wohnungstür und schloss sie auf. „Komm rein.“ Er knipste das Licht an uns verschwand in der Küche. „Setz dich ruhig ins Wohnzimmer, ich komme gleich!“ Etwas unsicher betrat sie das Wohnzimmer, blickte sich dabei neugierig um. Es sah aus wie eine Mischung aus schicker Einrichtung und Wintergarten. Eine weiße Ledercouch und ein großer, flacher Fernseher. In einem Regal standen zwei Bilder. Sie trat näher heran. Aus dem ersten Rahmen blickten sie Yashiro-san, Ren Tsuruga und der Präsident an, wobei der Präsident mit seinem marokkanischen Mönchsgewandt eindeutig hervorstach (ganz abgesehen davon, dass er Ren mit zwei Fingern hinter dem Kopf Hasenohren anhielt). Danach kam ein Bild mit Yashiro-san und drei anderen Personen, die sie nicht kannte. Zwei davon waren scheinbar ein junges Paar; sie standen einander zugewandt und die Frau lehnte sich an den Mann. Die dritte Person war ein kleiner Junge. Er und Yashiro-san waren in eine Art Kampf verwickelt; beide schienen ihren Spaß zu haben. Sie kicherte beim Anblick der Bilder. Dieser kleine Einblick in sein Leben warf ein charmantes Licht auf ihn, was sie irgendwie mochte. Verstohlen blickte sie sich um, ob er sie auch nicht beobachtet hatte, denn etwas in ihr wollte nicht, dass er sie sah, wie sie Gefallen an diesen Bildern fand. Weshalb auch immer. Sie setzte sich gerade sittsam auf das Sofa, als Yashiro-san das Zimmer betrat, zwei dampfende Tassen in den Händen. „Ich hab uns Tee gemacht. Hier.“ Er stellte eine Tasse vor ihr ab uns setzte sich neben sie. „Dankeschön.“ „Keine Ursache.“ Stille. ... „Ah... welche Sorte Tee ist das?“ „Ceylon, Earl Grey. Ein Löffel brauner Zucker ist auch drin. Hoffe, es ist nicht zu süß, für dich?“ „Nein, ist okay, danke.“ Stille. ... Unerträgliche Stille. ... Unsicher spähte sie hinüber. Er zeigte keine äußeren Anzeichen von Ärger oder Nervosität. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sich entschuldigen? Wäre wohl das Beste, aber da war diese unsichtbare Barriere, die sie nur soo schwer überqueren konnte. Er war einfach so vernünftig und sie wusste, dass er von ihr erwartete, sich bei ihm zu entschuldigen. Aber irgendwie erzeugte das eine Trotzhaltung in ihr... sie knetete unruhig die Hände. Außerdem saß sie unbequem. Sie griff hinter sich und zog ein Kissen hervor; starrte es einige Sekunden lang an. Yashiro stellte gerade resigniert seine Tasse auf dem Wohnzimmertisch ab, und wollte zu einem klärendem Gespräch ansetzen, da traf ihn ein Sofakissen mit vollem Schmackes ins Gesicht. Erst geschah gar nichts, nicht die kleinste Bewegung. Sein Arm war immer noch ausgestreckt, da er gerade die Tasse abgestellt hatte. Dann rutschte das Kissen langsam hinab und entblößte eine versteinerte, bärbeißige Miene, die irgendwie nicht so richtig zu ihm passen wollte. Das war wohl nach hinten losgegangen. Sie schrak zurück und machte sich darauf gefasst, nun aus der Wohnung geschmissen zu werden. Schuldbewusst richtete sie den Blick mit zusammengekniffenen Augenbrauen und Schmollmund auf ihren Schoß. Umso überrschender traf sie der Gegenangriff. Ebenfalls Kissen ins Gesicht. Ungläubig und empört starrte sie ihn an; er erwiderte mit einem 'Was denn, du hast doch angefangen?'-Blick. Das bedeutete zweifellos Krieg. Als ob soeben ein Startschuss gefallen wäre, griffen beide fast gleichzeitig verbissen in alle Richtungen, darauf spekulierend, mehr Kissen-Munition zu ergattern als der andere. Kanae startete mit einem Überrschungsangriff. Sie traf ihn zielgenau von oben, da sie aufgestanden war; dass die Couch möglicherweise ein halbes Vermögen wert war, kam ihr nicht in den Sinn. Doch Yashiro schien es nicht einmal zu bemerken. Er schnappte nach ihren Beinen, um sie zu Fall zu bringen und sein Plan gelang: Sie verlor das Gleichgewicht und plumpste rücklings auf die Couch zurück. Triumphierend beugte er sich über sie, ein riesiges Sofakissen bereit zum Schuss. „Okay, okay, das reicht! Ich gebe auf!“ Mit einem Arm wedelte sie hektisch, um ihm zu zeigen, dass er nicht werfen sollte, mit der anderen Hand tastete sie hinter dem Rücken nach einem neuen Kissen. Tatsächlich ließ er gerade die Arme sinken, da schnellte sie vor und gab ihm erneut volle Breitseite mit freudig geröteten Wangen und einem kriegerischen Ausdruck im Gesicht. „Ey! Du kämpfst unfair!!“, ehrlich verärgert angelte er nach neuer Munition und schleuderte es ihr entgegen. Sie kreischte, rutschte von der Couch und landete auf dem Boden. Er beugte sich über den Rand der Sitzfläche und spähte zu ihr hinab. „Genug?“ „Genug.“ „Wirklich? Diesmal ehrlich?“, ein weiteres Geschoss drohend in seiner Hand. „Jaa, diesmal wirklich. Sie haben gewonnen.“ Abermals versuchte sie, heimlich nach einem weiteren Kissen zu tasten, doch diesmal hatte sie nicht so viel Glück, denn er hatte es gesehen. „Ahaha, dachtest du tatsächlich, ich falle zweimal auf den gleichen Trick rein? Nimm dies!“ Mit diesen Worten streckte er seine Hände aus und kitzelte sie an der Taille. „Waaahahaha stop-haha-bitte ich ergebe mich bedingungsl-hahaha-stoooop!“ Er ließ von ihr ab. Stille trat ein. Abgesehen vom schweren Atmen Kanaes konnte man nichts vernehmen. Sie blickten sich an. Beide waren vollkommen zerzaust; Yashiros Brille war verschollen. Einige kleine Federn schwebten sachte zwischen ihnen hinab. Die kriegerische Atmosphäre war zwar noch nicht ganz verdunstet, doch trotzdem fühlte er wie die Komik dieser ganzen Situation ihn lächeln ließ. Er hielt ihr die Hand entgegen und zog sie hinauf. Etwas zu ruckartig, wie sich herausstellte, denn durch den überschüssigen Schwung machte ihr Gesicht erst unmittelbar vor dem seinen Halt. Doch sie schreckte nicht einmal zurück, keine Spur von Verlegenheit, kein Wimpernzucken, nichts. Stolz und aufrecht blickte sie ihm geradewegs in die Augen, fast herausfordernd. Die Nasenspitzen berührten sich beinahe. Zum ersten mal bemerkte er, dass sie zu ihm hinauf sehen musste, da sie kleiner als er war. Aber er wich auch nicht zurück. Die Brille lag irgendwo vergessen herum. Er brauchte sie eigentlich, aber irgendwas hielt ihn davon ab, seinen Blick jetzt loszureißen. Sie sah ihn nur noch entschlossener an, er konnte ihre heiße Ausatemluft praktisch auf seinen Lippen spüren. Was ging hier ab? Wollte sie ein 'Wer bricht zuerst den Blick'-Duell? Konnte sie haben! Genauso herausfordernd starrte er zurück. Plötzlich prustete sie los, die Hand vor dem Mund. Vollkommen baff blickte er sie an. „Was?“ Sie antwortete nicht, verbarg das Gesicht in den Händen und lachte lauthals. Er verstand nur noch Bahnhof, zuckte ratlos mit den Achseln. „Was??!“ „Ahaha, es ist nur... wenn Sie so angestrengt ernst drein schauen, sieht das... pffhaha... einfach nur aus wie Supermanns blöder Laserblick, wenn er versucht, Gegenstände zu schmelzen!“ „Also wirklich!“, das fand er nun nicht mehr lustig. „Hören Sie, es tut mir Leid, was ich vorhin zu Ihnen gesagt habe. Das war unüberlegt und ungerecht von mir. Ich... es tut mir Leid.“ „Schon gut. Ich hätte auch nicht so reagieren dürfen, ich war zu hart zu dir. Ich weiß nicht, was mit mir los ist; normalerweise bin ich echt nicht so.“ Sie lächelte unsicher. Die Spannung wich aus der Luft. Er atmete tief durch. Erst sagte keiner ein Wort dann wandte sich Yashiro ihr zu, den Mund geöffnet, als ob er etwas aussprechen wollte, sich dessen aber nicht sicher war. „Bevor wir uns endlich in die Arbeit stürzen... eine Frage. ...Haben wir unsere Streitigkeiten gerade eben wirklich mit einer Schlacht entschieden?“ „Jepp.“ „... Ist das kindisch oder kindisch?“ „Schwere Entscheidung. Aber wenn Sie mich so fragen, würde ich sagen kindisch.“ „Bist du normalerweise so?“ „Kindisch? Nope. Sie?“ „Negativ.“ „Hab ich mir schon gedacht.“ „Aber... wieso hast du dann das erste Kissen geworfen?“ „Ich weiß nicht... irgendwie fühlt sich alles, was sie tun und sagen immer so vernünftig, so erwachsen an! Ich bin eigentlich auch so, aber sie sind da noch viel extremer! Es überkam mich einfach; ich wollte diese ernste Situation zerstören, Sie schocken!“ „Und da nennst du mich extrem?“ „Ich sagte: extrem VERNÜNFTIG!“ „Aha... nun ich denke, Krieg hin oder her, es ist am besten, wenn wir das jetzt lassen und bei den Überlegungen weitermachen, bei denen wir vorhin angekommen waren. Und keine weiteren Aussetzer, okay?“ „Ja. Gute Idee, wirklich!“ „Doch erst würde mir ein Drink ganz gut tun...“ Er stand auf und öffnete eine kleine Minibar, holte die Muscatliqueur-Flasche raus. „Oh, für mich bitte auch ein Glas!“ Zweifelnd wandte er ihr das Gesicht zu. „Du trinkst Alkohol?“ „Was denn? Das zumindest würde ich als Friedensangebot annehmen, weil Sie mich doch von der Couch katapultiert haben!“ „Na gut... wenn du meinst...“ Er arrangierte ein weiteres Glas, goss allerdings bedeutend weniger ein. Während er dies tat, sprach er weiter. „Wo waren wir letztes mal stehen geblieben? Ach genau! Du weißt also auch nicht mehr über Kyoko-chan, als ich? Sie lebte mit Fuwa in Kyoto und kam dann hierher, um sich an ihm zu rächen. Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, wie sie dabei mit der Yakuza in Kontakt geraten sein sollte.“ „Ich auch nicht. Aber mal rein intuitiv betrachtet. Angenommen, die Yakuza würde wirklich Rache an einem der drei üben wollen, wen halten Sie für am wahrscheinlichsten?“ Sie blickten sich ohne ein Wort an und die Botschaft war klar. „Gut, wir durchforsten also Rens Vergangenheit.“ „Hat er mit Ihnen jemals darüber gesprochen? Also woher er kommt, was er in seiner Kindheit tat? Hatten Sie jemals den Eindruck, dass er eine... naja, kriminelle Vergangenheit besitzen könnte?“ „Ehrlich gesagt... irgendwie schon. Ich meine, manchmal gibt es Momente, in denen er einfach reagiert als ob... Ich dachte immer nur, er wäre in seiner Jugend ein ziemlicher Raufbold gewesen, doch er hat nie reagiert, wenn ich ihn darauf ansprach. Neulich hat er mir erzählt, dass er ziemlich früh angefangen hat zu rauchen und... diese Rolle eines Gangsters hat er auch überraschend gut ausgefüllt...“ „Hm... aber wäre das nicht DIE Schlagzeile, wenn er eine kriminelle Vergangenheit besäße? Ich meine, die japanischen Medien hätten sich darauf gestürzt wie nichts! Wie könnte das also sein?“ „Weiß nicht... vielleicht hat er ja gar nicht von Anfang an in Japan gelebt... Verdammt, wir wissen einfach zu wenig über ihn! Das bringt uns nicht weiter!“ „Ja..., aber trotzdem ist das irgendwie... unstimmig. Ich meine, kriminelle Vergangenheit okay, aber dann gleich Yakuza? Aus deren Syndikaten kommt man nicht so leicht wieder raus. Wie heißt es so schön? Einmal Yakuza, immer Yakuza. Ich hab mal gehört ein Aussteiger der Yakuza kommt in Japan auf keinen grünen Zweig mehr. Und falls er tatsächlich im Ausland gelebt haben sollte, kann er auch nicht in der Yakuza gewesen sein!“ „Du hast Recht. Da fehlt einfach ein Teil im Puzzle.“ Sie seufzte und lehnte sich zurück. „Was jetzt?“ „Ehrlich gesagt bin ich auch ein wenig ratlos. Meinst du, wir sollten ihn mal anrufen?“ „Häh? Wen?“ „Na Tatsumi!“ „Ach so...Weiß nicht... was, wenn Watanabe in der Nähe ist?“ „Tja...“ Mehrere Kilometer entfernt rannte Tatsumi tatsächlich neben eben jenem Watanabe her und blickte nervös auf die Uhr. Yashiro-san und Kotonami-san warteten sicherlich schon eine Ewigkeit auf ihn, wenn sie überhaupt noch im Café saßen. Plötzlich blieb Watanabe stehen, Tatsumi wäre beinahe in ihn hinein gelaufen. „Irgendwie will ich nicht so recht glauben, dass dieses Mädchen sich an nichts erinnert! Es ist doch zum Haare ausreißen! Da taucht schon überraschenderweise eine der drei Geiseln in einem Krankenhaus auf und dann will sie sich an nichts erinnern! Da ist doch was faul!“ „Ja... Ehm, Watanabe-san, würde es Sie sehr stören, wenn ich kurz einen Anruf tätige?“ „Muss das jetzt sein? Der Vorsitzende trifft gleich ein! Ihr Hauptaugenmerk sollte jetzt hier liegen! Bleiben Sie wenigstens neben mir stehen! Er empfindet vieles schnell als unhöflich und innere Zänkereien kann die Polizei jetzt am wenigsten brauchen! Außerdem habe ich gleich danach den Pressetermin. Es darf sich jetzt nichts in die Länge ziehen!“ „Ich mache es kurz, ich danke Ihnen.“ Watanabe hatte seinen Segen gegeben, schön und gut, aber wie sollte er das Mädchen denn so anrufen? Er kaute auf seiner Zunge. Und prompt kam ihm eine Idee. Er nahm sein Handy, wählte Kotonami-sans Nummer an. Es dauerte nicht lange, bis sie ran ging. „TATSUMI! Warum rufen Sie uns erst jetzt an? Wir saßen fast zwei Stunden in diesem blöden Café und jetzt-“ „Aaahaha, hallo Schatz! Ja, schön dass du noch wach bist!“, unterbrach er sie mit übertrieben freundlicher Stimme, „Ja, ich weiß, dass ich spät anrufe. Tut mir Leid, aber hier ist momentan viel los!“ „...Steht Watanabe neben Ihnen?“ „Ja.“ „Was zum Teufel ist los? Warum sind Sie nicht aufgetaucht?“ „Aber Mausi, hast du heute Abend gar nicht die Nachrichten gesehen? Es kommt auf allen Kanälen... leider. Das macht uns ja gerade zu schaffen.“ „Die Nachrichten? Nein, Bärchen. Ich saß leider in einem reudigen Café fest, weil irgend so ein Idiot es nicht für nötig hielt, mich eher anzurufen, und hatte deshalb keine Möglichkeit zum Fernsehen.“ „Äh...“, Tatsumi hatte den Faden verloren, auch fiel es ihm aus unerfindlichen Gründen zunehmends schwerer, diese blumige Stimme aufrecht zu erhalten „Nun, dann... äh tu' das noch. Es wird heute Abend sicherlich spät werden. ...Schläfst du... bei mir oder bei dir?“ „... Wir sind jetzt bei Yashiro-san, falls Sie das meinen. Wenn Sie uns noch sehen wollen, vom Café ausgehend drei S-Bahn-Stationen mit der Linie 6, am Ende der Straße gegenüber, Hausnummer 47!“ „Das ist aber schön!“ „Und wehe, Sie klingeln hier erst mitten in der Nacht! Beeilen Sie sich gefälligst!“ „Ja Schatz, ich dich auch!“ „...“ „Bis später dann!“ Er legte auf und atmete tief durch. Man, dieses Mädchen war wirklich nicht auf den Mund gefallen! Er freute sich schon, sie später am Abend wiederzusehen. „Wusste gar nicht, dass Sie eine Freundin haben..“, sagte Watanabe und beäugte ihn misstrauisch. „Nun ja, ich hänge sowas nicht gerne an die große Glocke. Zu viel Klatsch und Tratsch...“, antwortete er und kratzte sich dabei verlegen am Hinterkopf. „Da mögen Sie Recht haben...“, murmelte sein Boss und wandte sich der Tür zu, denn eben in jenem Moment traten die Männer ein, auf die sie gewartet hatten. „Was hat er gesagt?“, fragte Yashiro-san neugierig, als sie aufgelegt hatte. „Er hat mich gefragt, ob ich heute Nacht bei ihm schlafen möchte.“ „Er hat WAS???“ „Calm down, war nur'n Witz! Er musste die ganze Zeit so tun, als ob er mit seiner Freundin telefoniert, weil Watanabe neben ihm stand!“ „Ach so... und was hat er nun gesagt, außer... ob du bei ihm schläfst?“ Die letzten Worte im Satz hörten sich unfreundlicher an, als er es beabsichtigt hatte; Kotonami-san warf ihm einen komischen Blick zu. „Er meinte, es sei etwas besonderes passiert und wir sollen die Nachrichten einschalten.“ „Warum hast du das nicht eher gesagt?“ Hastig angelte er nach der Fernbedienung(sie war unter einem Berg von Kissen begraben) und stellte das Gerät an. Er musste nicht mal den Sender verstellen, denn sie sahen auf Anhieb, was Tatsumi aufgehalten hatte. „... aktuell befindet Sie sich im Shobita-Krankenhaus und laut ärztlichen Befunden geht es ihr gut. Unser Reporter Keita ist vor Ort.“ Eine Blende zu einem großen Gebäude, vor dem sich mehrere Kamerateams und Reporter drängten. „Ja, es ist tatsächlich so, dass eine der drei entführt geglaubten Schauspieler in diesem Krankenhaus aufgetaucht ist. Es war ja bekannt, dass Momose Itsumi während der Entführung in die linke Schulter geschossen wurde, doch einer der tätigen Ärzte bestätigte erst kürzlich, dass es ihr gut geht. Sie erinnere sich allerdings an nichts, da sie während der ganzen Zeit bewusslos gewesen sei. Zuverlässigen Quellen zufolge ist sie jetzt wieder bei Bewusstsein. Warum die Entführer sie jedoch gehen ließen und wo sich die restlichen Geiseln Tsuruga Ren und Mogami Kyoko befinden, bleibt vorläufig ein Rätsel. Ich gebe ab, an meine Kollegin im Studio.“ Man sah wieder die Nachrichtensprecherin. „Danke Keita. Und im Moment kommt gerade eine Meldung herein, dass Hauptkommissar Watanabe zu den Ereignissen Stellung bezieht; wir schalten live für Sie rüber.“ Man sah Watanabe vor einem Wald von Mikrophonen im Blitzlichtgewitter. „Wir sind natürlich erfreut, dass Momose-san wieder bei Bewusstsein ist und wahrscheinlich keine bleibenden Schäden davontragen wird. Einer unserer Mitarbeiter hat bereits erste Verhöre vorgenommen, jedoch ohne großen Erfolg, da ihre Erinnerungen bezüglich der jüngsten Ereignisse nicht sehr umfassend waren. Genaueres kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt geben, auch aus Gründen der Sicherheit...“ Kanae sah zu Yashiro herüber. „Das Ganze wird immer verwirrender.“ „Allerdings. Ich kann mir nicht im Geringsten vorstellen, warum sie freigelassen wurde.“ „Ich auch nicht... Hach, es ist aber auch zu dumm, dass sie sich an nichts erinnert!“ „Ja... obwohl es doch gar nicht so üblich ist, dass man nach einer einfacheren Schussverletzung so lange ohnmächtig ist...“ „Einfach? Schussverletzungen sind nie 'einfach'!“ „Naja, im relativen Sinne... denn es geht ihr scheinbar schon wieder gut, oder? Es gibt auch schlimmere Fälle, in denen man Monate braucht, um zu genesen, deshalb habe ich gesagt 'leicht'! Natürlich ist es trotzdem furchtbar. Du weißt, wie ich das meine.“ „Und? Worauf wollen Sie nun hinaus?“ „Worauf ich hinaus will? Versuche doch mal, das Ganze mit unserer Theorie in Verbindung zu bringen!“ „... Irgendwie ist mein Hirn dazu grade nicht in der Lage... ich verstehe nicht, was Sie meinen.“ „Na, stell dir mal vor, sie hatte Kontakt mit der Yakuza! Man hätte sie nur unter einer Bedingung gehen lassen!“ „Und die wäre?“ „Schweigen! Sie sagt bestimmt nur, dass sie ohnmächtig war, weil man sie bedroht hat!“ „Klingt zwar logisch, aber meinen Sie nicht, dass das ein bisschen weit hergeholt ist?“ „Warum denn? Es würde alles zusammen passen! Wir müssen nur noch einen sicheren Weg finden, mi ihr zu reden, ohne dass Dritte eine Chance haben, das zu hören!“ „Sie sehen es ja bereits als Fakt an! Steigern Sie sich lieber nicht zu sehr da hinein ... Obwohl es wohl wirklich das Beste wäre, wenn wir mal mit ihr sprechen, wobei ich nicht glaube, dass es was bringen wird... Morgen können wir es in den regulären Besucherzeiten probieren.“ „Und... was ist mit heute Abend? Glaubst du, Tatsumi wird noch auftauchen?“ „Ich denke schon. Zumindest habe ich ihm deutlich klar gemacht, dass er uns ernst nehmen sollte!“ „... Kann ich mir vorstellen... bei deinem Temperament...“ „Was soll DAS denn bitteschön heißen?“ „Ach nichts, nichts...“ Er grinste in sich hinein, bei dem Gedanken, dass er gerade nur knapp einer weiteren Kotonami-san-Explosion entgangen war. Er lernte dazu, das musste man ihm lassen. Sie beobachtete ihn derweil mit zusammengekniffenen Augen. „Schön. Dann benutze ich eben jetzt mal ihr Bad, wenn es nichts ausmacht.“ „Okay, tu' was du willst...“ Und als ob es eine wahrhaft diabolische Strafe für ihn wäre, dass sie nun sein Bad benutzte, durchquerte sie das Zimmer mit ihrer stolzesten Haltung und gerecktem Kinn Richtung Badezimmer. Ihm entlockte all das nur noch ein Lächeln und ein Kopfschütteln. Kotonami und ihr Stolz amüsierten ihn. Irgendwie hatte das schon etwas Reizvolles... natürlich nur auf eine rein freundschaftliche und neutral interessierte Art. Er machte es sich auf der Couch bequem, um sich das Warten etwas zu erleichtern. Es lag wirklich eine harte Zeit hinter ihm, er fühlte sich unsäglich müde... ein paar Minuten Schlaf würden sicher niemanden stören... Wutschnaubend stürmte sie durch die Tür, wäre fast noch mit der Stirn dagegen gekracht, da die Türklinge nicht gleich nachgab. Am liebsten hätte sie die ganze Einrichtung zerlegt, dann wüsste er schon, was er davon hatte, sie zu reizen. Doch im Augenblick begnügte sie sich erst einmal damit, alles mit einer kleinen, kindischen Neugierde in Betracht zu nehmen. So sah also das Badezimmer eines männlichen Singles aus. Moment mal... Single? Das wusste sie doch gar nicht! Sie hatte ihn nie gefragt und eigentlich spielte das doch auch gar keine Rolle! Trotzdem... hatte sie es irgendwie gefühlt, an der Art, wie sie miteinander umgingen, nicht als ob sie sich annähern wollten, aber einfach ungezwungener... es war schwer zu erklären. Eh? In welch bescheuerten Gedanken verstrickte sie sich da gerade? War doch scheißegal!! Wen interessierte das? Sich der Dreistigkeit durchaus bewusst, öffnete sie die Türen seines Schranks. Was war das? Zwei riesige Vorratspacks Plastic-Gloves. Wozu brauchte ein einziger Mensch soviele Einweg-Handschuhe? War Yashiro-san etwa ein Ordnungsfanatiker? Am Ende gar noch so einer, der selbst vor dem kleinsten Bakterium einen Horror bekam? Das hatte ihr gerade noch gefehlt! Daneben fand sie einen supermodernen Elektrorasierer, diverse teure Markenparfumes, eine Quietsche-Ente, Badesalz, Kerzen und diverse Kosmetika. Neben dem Schrank befand sich die Badewanne. Mit Desinteresse ließ sie einen kurzen Blick darüber schweifen und stockte jäh. Auf dem Badewannenrand standen zwei benutzte Weingläser und eine leere Rotweinflasche. Was hatte das zu bedeuten? Sie schüttelte den Kopf, konnte ihr doch egal sein!!! Just aufkommende Bilder von einem Yashiro-san, der mit einer schönen Unbekannten flirtete, überschwemmten ihr Hirn. „Oh mon dieu, dieserr Wein iist köstliieesch, Yashirohh..“ „Ich weiß... du solltest lieber nicht so viel davon trinken; deine Lippen nehmen schon seine Farbe an!“ „Daan küss sie doch wiedeeer sauberr...“ Waaaaahh!!! In wilder Panik rannte sie in dem kleinen Raum hin und her. Während der vormals weiße Badvorleger zunehmends eine Farbe annahm, die an eine Mischung aus Schlamm und Mist erinnerte (sie trug immernoch Straßenschuhe), spürte sie dieses komische Verlangen, ihren Kopf gegen die Wand schlagen zu wollen, doch die Geräusche etwas lauterer Art, die dadurch zwangshalber entstünden, wären wohl in die Kategorie 'merkwürdiger Krach auf Wände treffender menschlicher Körperteile' gefallen, und das wiederum hätte dann Yashiro auf den Plan gerufen, was logischerweise äußerst nachteilig war, wenn sie es eigentlich geheim halten wollte, dass sie schon beim blossen Anblick zweier Weingläser auf einem Badewannenrand dermaßen am Rad drehte. Alles in allem, kam sie also zu dem Schluss, dass es besser war, erst einmal tief ein- und ausatmend auf dem Klodeckel nieder zu sitzen und ihre Gedankengänge in das Feld der Rationalität zurück zu zwingen. Wie auf Kommando, um die Situation noch verworrener zu machen, klingelte plötzlich ihre linke Hosentasche. Erschrocken stand sie auf, zog ihr Handy hervor und nahm den Anruf an. „Ja? -ääh, ich meine, Kotonami am Apparat!“ „Hallo!Hier Tatsumi! Ich steh jetzt vor besagtem S-Bahnhof, den Rest hab ich aber vergessen!“ „Rest? Welcher Rest?“ „Na wie ich zu Yashiros Wohnung komme!“ „Zu seiner W...? Oh, ach soo!! Linie 5, nein halt, 3, ääh ich meine 6!“ „Häh? Welche Linie?“ „Linie 6! Und dann aussteigen!“ „Aussteigen? Wo?“ „Na aus der Bahn!“ „Schon klar, aber wann?“ „Na bei Yashiro-sans Wohnung!“ „ ... Das ist mir bewusst. Ich meine, welche Haltestelle?“ „Oh! Ach so! Sie müssen drei Haltestellen weit fahren!“ „Gut und dann? Welche Hausnummer?“ „Hab ich vergessen. Aber wissen Sie was? Ich hole Sie einfach vom Bahnhof ab, okay? Ich muss Yashiro-san nur noch nach dem Weingl... äh, nach dem Schlüssel fragen!“ „Das ist wirklich nett, danke!“ „Also bis gleich!“ Sie legte auf. Fabelhaft. Da wurde ihr doch gleich eine mundgerechte Ausrede serviert, warum sie kurz aus dieser Wohnung an die frische Luft musste! Von neuem Tatendrang erfasst stand sie auf auf marschierte schnurstracks zurück ins Wohnzimmer. Yashiro hatte zwar noch die Augen geschlossen, doch ihre Gegenwart brachte ihn zum Lächeln. Ein sanfter Hauch ihres Parfumes wehte durch die Luft. Ihr Haar kitzelte an seinem Hals. Er strich ihr liebevoll über den Kopf. Sie wandte ihm das Gesicht zu. Dieses Gesicht mit den stolzen, schönen Augen und den herrlich geschwungenen Lippen. „Na, wieder zurück aus dem Land der Träume? Wo warst du denn?“, flüsterte sie. Ihr Atem strich an seinem Ohr entlang. „In Gedanken war ich mit dir zusammen“, gab er zurück. „Bist du doch auch jetzt.“ „Aber du wirst wieder gehen. In meinen Gedanken war es noch schöner, denn du bist geblieben und wir waren an einem einsamen, wunderschönen Ort.“ Sie lächelte verwegen. „Aber in deinen Gedanken habe ich gewiss nicht dies getan...“ Sie beugte sich über ihn und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Da fing jemand an, seinen Namen zu rufen. Wer war es, der ihn ausgerechnet jetzt störte? „Yashiro!!! Yashiro-san!...“ Entnervt schlug er die Augen auf und erblickte sofort die Person, die ihn so rüde geweckt und aus seinem herrlichen Traum gezerrt hatte. „Wa-Was schauen Sie mich denn so böse an? Bis eben haben sie im Schlaf noch gegrinst wie ein Honigkuchenpferd!“ Er stockte und plötzlich wurde ihm bewusst, wovon er geträumt hatte; sein Ärger wich und machte Entsetzen Platz. „Yashiro-san, ist alles in Ordnung? Sie sehen aus, als wären Sie etwas neben der Spur!?“ Er schwieg, begutachtete dieses Gesicht... ihre stolzen Augen blickten ihn fragend an. „Es ist nur... ... ist nur... ... ahm...“ Er starrte sie an. Sie starrte zurück. Abermals waren ihre Gesichter unnatürlich nah. Irgendwie wurde ihm das Ganze gerade ein bisschen zu viel. Er richtete sich auf, massierte seine Schläfen. Kam das von dem Stress? Machten sich die Turbulenzen der vergangenen Tage bemerkbar? Oder kam das von dem Alkohol? Es konnte einfach nicht sein, dass er sich zu diesem Mädchen hingezogen fühlte!? Sie war aufbrausend, rechthaberisch, ungeduldig und brutal! Das volle Gegenteil der Eigenschaften, auf die er bei sich Wert legte. „Yashiro-san? Fühlen Sie sich nicht wohl? Drehen Sie mir mal Ihr Gesicht zu!“ Er erstarrte innerhalb eines Sekundenbruchteils zu einer Eisstatue, als sie plötzlich ihre Stirn gegen seine lehnte. „Oh je, ich glaube, Sie haben leichtes Fieber... war wohl etwas zu viel für Sie, hm?“ Sprachlos angesichts dieser plötzlichen Freundlichkeit und Anteilnahme ließ er es zu, dass Sie ihn wieder hinab drückte. Die leichte Ähnlichkeit dieser Geste mit den Handlungen seines Traumes lenkten kurz seine Aufmerksamkeit ab, so verpasste er es, irgendetwas zu sagen. „Schlafen Sie erst mal ein wenig. Ich bin sicher, danach wird es Ihnen besser gehen. Gibt es noch irgendetwas, das ich für Sie tun kann?“ „Ähm...“ Sie lächelte. „Schlafen Sie.“ Dann verließ sie das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Doch Yashiro schlief nicht. Mit offenen Augen starrte er an die Decke hinauf, fühlte das Blut in seinen Ohren rauschen; seine Schläfen pulsierten fürchterlich. Einfach nichts stimmte hier. Sein Leben stand Kopf. Seine Gedanken waren gefüllt mit wirren Träumen über ein Mädchen, von dem er nicht mal sicher war, sie zu mögen. Außerdem fing nun auch noch sein Körper an, zu schwächeln, obwohl er seine Kräfte niemals so sehnlichst beisammen haben wollte, wie jetzt! Er dachte an Ren und Kyoko-chan und ihn überkam augenblicklich ein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken daran, was sie wohl gerade durchmachen mussten und was er hier für Kindereien veranstaltete. Die Bedrohlichkeit und Tragweite dieser Geschehnisse kam ihm wieder vollends ins Bewusstsein, drohte, ihn zu überrollen. Er fühlte sich so hilflos, als ob all seine Versuche, zu ihrer Rettung beizutragen, nur Tropfen auf den heißen Stein wären... doch er konnte nicht Mehr tun... schlafen... nicht mehr daran denken... Kanae polterte den Hausflur hinab; sie hatte den Wohnungsschlüssel einfach aus seiner Manteltasche geklaubt ohne ihn zu fragen; das war jetzt unwichtig. Alles, was sie wollte, war, hier weg zu kommen. Als sie auf die Straße hinaus trat, blieb sie erst einmal fröstelnd stehen. Diese Nacht war wirklich ungewöhnlich kalt... Für einen kurzen Moment betrachtete sie noch die Straßenlaterne, die von Motten umschwirrt, einen kläglichen Versuch abgab, die Dunkelheit ein wenig zu erhellen, dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und machte sich auf, zum S-Bahnhof. Irgendwie tat diese Kälte sogar ziemlich gut... sie ernüchterte ihren Kopf von liebestrunkenen Narreteien, legte ihr wieder ihre wirklich wichtigen Ziele vor Augen. Erst jetzt bemerkte sie es... irgendwie waren ihr diese Ziele ein bisschen aus dem Blickfeld gerutscht. Das lag alles nur an diesem Yashiro, diesem Typen, von dem sie nicht mal den Vornamen kannte. Sie wusste absolut nicht, wie sie dessen Gegenwart noch länger aushalten konnte. Nicht das sie ihn nicht mochte. Im Gegenteil, sie mochte ihn zu sehr, das war ja gerade das Problem. Irgendwie konnte sie in seiner Gegenwart nicht normal bleiben. Sie versuchte es, wirklich. Aber Irgendetwas war immer, entweder lag es an seiner Art oder er fand mal wieder Spaß daran, sie zu reizen, oder er reagierte auf bestimmte Dinge einfach so... süß. Wie er zum Beispiel die Teetasse gehalten hatte... es hatte richtig edel ausgesehen. Dazu besaß er sehr schön proportionierte und gepflegte Hände... etwas, auf das sie bei Männern sowieso Wert legte. ...Stop. Da! Sie tat es schon wieder! Wütend fluchte sie laut in die Nacht und scheuchte damit eine streundende Katze auf. Der Bahnhof kam in Sicht. Tatsumi lehnte lässig an einer Mauer. Er rauchte eine Zigarette. Sein langes, schwarzes Haar war zu einem Zopf gebunden, doch einige Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Einen kurzen Moment musterte sie diese Erscheinung. Die Attraktivität dieses Mannes sprang Einen ja geradezu an. „Guten Abend“, begrüßte sie ihn knapp. Er nahm den letzten Zug seiner Kippe und schnipste sie weg. „Guten Abend, Kotonami-san. Womit habe ich es denn verdient, von dir abgeholt zu werden?“ Warum glitzerten seine Augen so verführerisch, während er dies sagte? „Ähm... ich hatte einfach Lust...“ „Lust... worauf?“ „Mir die Beine zu vertreten.“ „Ach so.“ Was war denn mit diesem Typen los? Die graue Farbe seiner Augen war beeindruckend. Sie konnte den Blick nicht losreißen. Sein Blick schien sie förmlich aufzusaugen. „Kotonami-san, du hast da eine Wimper an der Wange. Erlaubst du?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, näherte er sich und fuhr behutsam mit dem Zeigefinger über ihre Wange. „Da, wenn du sie wegpustest, darfst du dir was wünschen.“ „Nein danke, ich glaube nicht an diesen Krempel.“ „Bist Keine von der romantischen Sorte, was?“, er lachte. „Was spielt das für eine Rolle?“ „Keine. Ich wollte bloß charmant sein.“ „Nun... sparen Sie sich das lieber für später auf.“ „Nur zu gerne.“ „Also, was für Informationen haben Sie denn jetzt für uns?“ „Oh, kommen wir also direkt zur Sache, hm?“ Sie lächelte kühl. „Tja, haben Sie also doch entdeckt, von welcher Sorte ich bin.“ Einen Moment sah er sie an, dann fand er wieder zu seinem verführerischen Lächeln zurück. „Sieht ganz so aus. Gut zu wissen jedenfalls.“ „Wofür?“ „Ach nur so. Manchmal kann es ganz nützlich sein, die Eigenarten der Leute zu kennen, mit denen man... enger zusammen arbeitet.“ „... Wie auch immer, was ist denn jetzt?“ „Also gut, erinnerst du dich daran, dass Watanabe den Autos, in denen die Kidnapper Tsuruga-san und die anderen von dem Theater wegfuhren, eine Falle an einem Flughafen gestellt hatte?“ „Ja, was ist damit?“ „Nun, das ganze Gelände war abgeriegelt und die leeren Autos wurden auf der Straße aufgefunden, ergo müssen die Entführer die Geiseln in ein Flugzeug geschleust haben!“ „Und wie sollten sie das geschafft haben?“ „Jetzt setzt eure Theorie an, ich glaube, dass ich einen Maulwurf in meinem Team habe, der mit der Yakuza in Kontakt steht. Ich habe bislang nichts gesagt, um keine schlafenden Hunde zu wecken, aber ich bin dabei, mein ganzes Einsatzteam zu überprüfen.“ „Ach so.“ „Nun das wichtigste kommt erst noch. Zu diesem Zeitpunkt haben drei Maschinen auf jenem Flughafen einen Zwischenstop eingelegt, zwei davon haben wir doppelt überprüft, sie waren absolut frei von jeglichem belastenden Material. Die dritte Maschine allerdings...“ „Matsumoto...“, flüsterte sie. „Genau. Wir haben ihn am Hanabusa-Airport erwartet, um seine Maschine routinehalber zu durchsuchen, und jetzt halt dich fest: Kurz vor dem Landeanflug dreht sein Jet überrschenderweise ab. Wir fanden erst später raus, dass er unangemeldet in Shibuya gelandet ist!“ „Äusserst verdächtig...“ „Habe ich auch gedacht. Sogar Watanabe glaubt mittlerweile, dass da was faul sein muss. Als wir in Shibuya ankamen, war die Maschine natürlich schon verlassen. Auf unsere Anfrage, wieso er das getan habe, meinte er nur, er habe überraschend etwas in seiner Residenz zu erledigen gehabt!“ „Das ist ja unglaublich!! Angenommen, Kyoko-chan und die anderen wären in dieser Maschine gewesen... dann sind sie ja vielleicht wieder in Tokio!!!“ „Vielleicht. Doch das hilft uns alles nicht wirklich, den Kreis einzuschränken. Sie könnten mittlerweile an sonst einem Ort sein; wir haben sogar Interpol eingeschaltet, weil es Hinweise gab, dass sie nach Großbritannien gebracht wurden! Abgesehen davon, sind an allen Flughäfen sowieso die Alarmstufen verdreifacht worden. Und selbst wenn sie noch in Tokio sind, stellt das nur eine andere 'Nadel im Heuhaufen'-Suche dar. Uns fehlt einfach die richtige Spur!“ „Was ist mit diesem Mädchen... Momose-san... Yashiro-san glaubt, dass sie das mit der Ohnmacht nur als Ausrede benutzt, da sie zum Schweigen gezwungen wurde!“ „Das ist durchaus möglich, allerdings beharrt sie kontinuierlich auf dieser Aussage; ich selbst habe sie verhört!“ „Wir wollten morgen auch mal mit ihr sprechen, vielleicht können wir sie ja dazu bewegen, etwas mehr zu sagen. Yashiro-san meinte nur, dass er eine längere Weile mit ihr zusammengearbeitet hat, durch Dark Moon, und er deshalb kennt er sie etwas näher.“ Er blieb plötzlich stehen. „Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist. Ausgehend davon, dass wir es mit der Yakuza zu tun haben, könnte sie überwacht werden. Wir wissen nicht, zu welchem Zweck sie freigelassen wurde.“ „Was schlagen Sie vor?“ „Moment... könntest du bitte aufhören, mich zu siezen? Soviel älter als du bin ich auch nicht. Wenn du mich siezt, fühle ich mich immer so alt!“ „Schon gut... also, was schlägst du vor?“ „Also pass auf, Yashiro und du, ihr tut Folgendes...“ Kalte, dunkle Nacht... nicht gerade trostspendend, wenn man um sein Leben fürchten muss. Noch schlimmer wird das Ganze natürlich, wenn man auf etwas Angsterregendes warten muss, dem man nicht entgehen kann. Keine der Personen, die du liebst, weiß, wo du bist. Und deine eigene Mutter weiß möglicherweise nicht mal, dass du überhaupt entführt wurdest. Du fragst dich, würde sie auch nur mit einer Wimper zucken, wenn es ihr jemand erzählen würde? Du willst es lieber gar nicht wissen. Der Mann, dem du bis dato dein Leben gewidmet hattest, bewies dir, dass du ihm weniger bedeutest, als eine dahergelaufene Fremde. Dann plötzlich bietet er sich an, dein dunkles Schicksal zu tragen. Du fragst dich, warum er das getan hat. In deinem Herzen gären tausende von unerträglichen Fragen. Kein Retter in Sicht. Keine Möglichkeit, dem Grauen zu entgehen. Keine Ablenkung, darüber nachzudenken. Doch dir wurde nicht alles genommen... jemand ist immernoch bei dir, jemand ist da, der versucht, dich zu beschützen. Dabei gab es eine Zeit, in der du für ihn nicht mehr als Abscheu empfandest... mittlerweile hat sich das geändert. Denn jetzt in diesem Augenblick ist die Gesellschaft dieser Person das Kostbarste, das du besitzt. „Tsuruga-san?“ „Hm?“ „Haben Sie eine Ahnung, wie spät es ist?“ „Nein, sorry... nicht die geringse Ahnung“ Plötzlich bewegte sich die Türklinke. Sofort spannten sich sämtliche Muskeln meines Körpers an und ich schnellte hoch. Sie kamen! Unwillkürlich trat ich einen Schritt näher an Tsuruga-san heran, er gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Ein kleinerer Mann mit buschigen Augenbrauen und ziemlich großer Nase trat ein. „Das Oberhaupt ist nun bereit, euch zu empfangen, folgt mir.“ Ich gab mir alle Mühe, mir nicht zu sehr ansehen zu lassen, wie stark mich all dies einschüchterte. Doch ich wollte nicht wie ein ängstliches, kleines Mädchen aussehen, so holte ich tief Luft und schritt möglichst selbstbewusst neben Tsuruga-san her. Es war schon ziemlich lächerlich. Niemand würde anhand unserer Aufmachung auf den Gedanken kommen, wir beide wären Geiseln einer Entführung. Tsuruga-san in seinem Smoking und ich in meinem Abendkleid. Wir spielten Komödie, doch nicht freiwillig. Wir taten das, was man von uns verlangte. „Da rein. Wartet auf der Couch; er kommt gleich.“ Der Augenbrauen-Nasen-Mann schob uns in eine riesige Lounge und schloss die Tür hinter uns. Vorsichtig blickten wir uns um. Ein weitläufiger Raum mit einer riesigen Glaswand, durch die man das nächtliche Treiben Tokios beobachten konnte. Ich fühlte mich regelrecht klein und unbedeutend in dieser übergroßen Halle von moderner Protzerei. Etwas unsicher ließen wir uns auf der Couch nieder und warteten. Man hatte uns zwei Drinks bereit gestellt. Ich rührte das Glas nicht an, doch Tsuruga-san griff nach einem der beiden und spielte damit nervös herum. Dann beugte er sich zu mir hinunter. „Das Beste ist, wenn du mich sprechen lässt und dich nicht einmischst. Versteh es nicht falsch, es ist nicht so, dass ich dich für unfähig oder unwichtig halte. Es ist nur so, dass ich einfach besser weiß, wie man mit solchen Menschen umgeht, da ich... bereits einige Erfahrungen damit habe.“ In diesem Augenblick hörte ich, wie sich eine andere Tür am Ende der Halle öffnete. Eine größere, lautere Tür, als die, durch wir die Halle betreten hatten. Jemand trat ein. Es war ein Mann von mittlerer Größe. Er war zu weit entfernt, als dass ich sein Gesicht erkennen konnte. Doch als er näher kam, lenkte mich das Klirren zerbrechenden Glases ab. Ich wandte die Augen gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sich auf Tsuruga-sans Gesicht beim Anblick dieses Mannes ein Ausdruck vollkommenen Entsetzens bildete. „Guten Abend. Freut mich, dass du mich wiedererkennst, Kuon.“ _______________________________________________________________________________ Okay, ich bin ja wirklich mal gespannt, wie meine lieben Kommischreiber dieses Kapitel kritisieren... Auch wenn es komisch erscheint, dass Yash und Kanae fähig sind, so zu agieren, aber irgendwie dachte ich mir, Minus mal Minus ergibt plus, warum sollte also nicht Vernunft mal Vernunft Chaos ergeben dürfen? Es macht mir wirklich Spaß, die Story zwischen Kanae und Yash zu entwickeln, da es hier noch so viel Potential gibt, anders als bei Kyoko und Ren (die ja praktisch in jeder Fanfic zusammen kommen)... Ach uebrigens, da die Story langsam anfaengt, komplexer zu werden, falls irgendwer nicht mehr mitkommt oder einen Denkfehler entdeckt... zoegert nicht, mir den Kommibereich mit scharfer Kritik und Infragestellungen vollzubomben! Steh ich drauf. XD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)