Salut, Monsieur Dantes! von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Premiere in Gold und Blutrot --------------------------------------- Chapitre trois: Premiere in Gold und Blutrot ______________________________________________________________________________ Ah... mein Herz tantzt vor Freude, wenn ich eure Kommis lese... vielen, vielen Dank Soooo... nur vorab zur Information, für diejenigen, die „Das Parfüm“ weder gelesen, noch im Kino gesehen haben: Jean-Baptiste Grenouille ist ein Geruchs-Fetischist, mit einer ungewöhnlich feinen Nase^^ Warum ich euch das erzähle? Ihr werdet es merken, wenn ihr Kap3 lest...^^° Ich bin gespannt auf eure Reaktionen... Viel Spaß! ______________________________________________________________________________ Nachdem die Portalflügel geöffnet worden waren, setzte eine Massenbewegung ein. Ich folgte dem Trott der Menge. Neben mir Ogata-san und Momose-san, vor mir Tsuruga-san und Yashiro-san, als mich plötzlich ein dumpfes Gefühl übermannte. Ich fühlte mich beklommen, irgendwie unwohl... beobachtet. Ich drehte mich um und sah einem dicken Mann ins Gesicht, der mit einem anderen, Zigarre rauchendem Mann über irgendetwas lachte. Nein, der hatte mich ganz sicher nicht beobachtet. Dahinter lief eine sehr attraktive, sehr große Frau, allem Anschein nach ein Model. Die ganz bestimmt auch nicht. War viel zu sehr damit beschäftigt, arrogant zu gucken. Die Leute dahinter konnte ich nicht erkennen; sie wurden von dem Model verdeckt. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und ging weiter. Am Liebsten würde ich hier abhauen... Während ich und Shoko-san durch die Portale geschritten waren, hatte ich sie endlich entdeckt. Sie lief drei Personen vor mir, hinter Ren Tsuruga. Sie trug dieses hammermäßige Kleid. Ich starrte auf ihren freien Rücken und konnte es kaum glauben. Na ja, soooo toll sah sie nun auch wieder nicht aus. Genau. Ich erregte eindeutig mehr Aufsehen. Und doch... Ich musste den Hals recken um dieser riesigen Frau vor mir über die Schulter spähen zu können. Verdammt, warum mussten Models immer so groß sein? Seit wann war aus Kyoko so ein selbstbewusstes Mädchen geworden, das solche Kleider trug? Plötzlich stockte sie und wendete den Kopf. Hastig ließ ich mich auf die Fersen zurücksinken und versteckte mich hinter dem Model. Ich musste es schaffen, während des Films in ihrer Nähe zu sitzen. Hoffentlich verstärkte Shoko dann nicht ihre Vermutungen, von wegen, dass ich an Kyoko hing. Das war nämlich absoluter Humbug. So, jetzt sind hier die Sitzreihen. Sie geht da vorne hin... Ich könnte nämlich niemals auf ein Mauerblümchen abfahren, dass sich als aufregende Frau verkleidet, wie erbärmlich, hahaha. Strike! Ich hab den Platz hinter ihr ergattert. Jetzt kann ich ihr ganz nahe sein. Nahe sein... Nahe sein?? Natürlich, nah sein, um ihre Schwächen auszukundschaften! Haha! Sie war doch meine Konkurrentin! Was sonst! Shoko ließ sich mit einem fragenden Blick neben mir nieder. Ich machte eine beschwichtigende Geste und legte meine Hand auf ihre. Sie stieß sie nicht weg. Früher hätte sie das mit ziemlicher Sicherheit getan, aber jetzt hatte sie sich mit meiner Art abgefunden und regte sich nicht mehr ständig auf. Ich genoss es, eine so attraktive Frau neben mir sitzen zu haben. Da wehte ein leichter Hauch eines atemberaubenden Parfüms zu mir. Es nahm mich völlig ein. Ich zog augenblicklich und völlig unbewusst meine Hand von Shokos zurück und sog diesen Duft ein. Von wem kam der? In dem Augenblick schwenkte Kyoko vor mir ihr Haar und eine neuerliche Welle dieses Wohlgeruches erreichte mich. Der Duft kam von IHR????! Verdammt, ich Trottel. Dümmer konnte man sich ja wohl nicht selbst verarschen. Hallo, ich bins, Jean-Baptiste Grenouille, der riechende Mann... Warum äff‘ ich mich eigentlich selber nach?? AAAaaaaahhhrrggg!! Trottel! Weiter kam ich nicht, denn in dem Augenblick ging das Licht aus und der Vorhang schwang zur Seite und offenbarte eine gigantische Leinwand. Mit einem leichten Übelkeitsgefühl nahm ich wahr, wie sich Kyoko zu Tsuruga vorbeugte und aufgeregt etwas flüsterte. Seit wann waren die so vertraut? Ätzend. Misstrauisch beobachtete ich die Beiden. Währenddessen flackerte der Vorspann über den Bildschirm. Ren Tsuruga, stand da geschrieben. Natürlich, der große Held wurde NATÜRLICH zuerst genannt. Nach vielen anderen, mir unbekannten Namen stand dort auch ”Kyoko”. Ihr Künstlername. Ich fühlte ein leichtes Verlangen, sie zu berühren, denn dieses ganze Outfit, diese Kyoko wurde mir immer fremder. Ich musste einfach rausfinden, ob dies nicht nur Einbildung, ob dies wirklich war; sie berühren... Ich überlegte. Es war dunkel, Shoko würde nichts davon mitbekommen. Vorsichtig streckte ich meine Hand nach vorne und berührte sachte -es war eher die Ahnung einer Berührung- ihre Haare. Ein leichter Schauder durchfuhr mich. Was war hier los? Was tue ich da?? Ich konnte noch nicht aufhören. Es war wie eine Droge. Sämtliche Tastnerven in meinen Fingerspitzen schienen zu schwirren, als ich sachte ihren Nacken berührte. Doch das war zuviel des Guten. Hastig zog ich die Hand zurück, und tatsächlich; kurz darauf wandte sie sich um. Doch der Film hatte noch nicht richtig angefangen, noch war es dunkel im Raum. Ich legte meine Hand wieder auf Shokos. Somit konnte sie nur den Umriss eines händchenhaltenden Paares erkennen, die so aufeinander konzentriert wirkten, dass sie den Nacken ihres Vordermannes unmöglich berührt haben konnten. Sie schien also zu dem Schluss zu kommen, dass es nur Einbildung gewesen war. Kopfschüttelnd drehte sie sich wieder um. Keine Sho-Wiedererkennung, keine Zicken-Szene. Das war knapp. Weiches Haar, warme, rosige Haut im Nacken, das WAR echt. Ich wusste nicht, was ich mit dieser Kyoko anfangen sollte. Ich konnte mich einfach nicht beruhigen. Warum raste mein Herz so schnell? Mir gefielen diese Reaktionen meines Körpers nicht und noch weniger gefiel es mir, dass ich es anscheinend kaum vermochte, diesem Verlangen zu widerstehen. Ich zwang mich, die Konzentration auf den Film zu richten und vergaß nach einigen Anstrengungen Kyoko... Der Film war so lala. Kyoko spielte einigermaßen gut. Sie wirkte nicht wie sie selbst in dieser filmischen Aufmachung. Es war schon irgendwie komisch, in diesen andersartigen Klamotten, mit dieser Narbe und so weiter... Aber zuviel loben wollte ich auch nicht. Für meinen Geschmack war ”Dark Moon” einfach zu schnulzig. Als die letzte Szene über den Bildschirm geflackert war und der Abspann begann, schwoll mein Herz vor Aufregung an. Würde es Beifall geben? Ja, es gab Beifall und zwar begeisterten. Ich hätte Luftsprünge vollziehen können und tief in mir stieg ein Jauchzen auf. Es war, als würde in meinem Herzen eine gigantische Fontäne aus Glück entstehen. Völlig happy strahlte ich Momose-san an, und auch Ogata-san schien dieses Gefühl zu teilen. Ihm standen Tränen in den Augen und während Momose-san mich umarmte, erblickte ich andere lachende Gesichter aus unserer Filmcrew. Es war einer der schönsten Augenblicke meines Lebens. Um dies noch zu vervollkommnen, sah ich den Ausdruck in Tsuruga-sans Gesicht und mir versagte der Atem. Auf diese Art und Weise hatte er mich noch nie angesehen; sein Blick glühte voller Wärme und Freude. Er hielt meinen Blick fest und während wir uns so ansahen , nahm ich kaum wahr, was um mich herum geschah, dass sich die Leute allmählich erhoben und zurück in die Eingangshalle drängten. Ich sah nur dieses Gesicht, das ich wohl nie wieder vergessen könnte. Es würde für immer untrennbar mit der Erinnerung an diesen Abend verwoben sein. Ein kleiner Stau entstand in unserer Reihe und hastig sprang ich ebenfalls auf und folgte den anderen zurück durch die großen Portale. Dort bildete sich eine Traube um die Darsteller des Filmes. Jeder wollte sie beglückwünschen, ihnen zu ihrer Leistung gratulieren, ein wenig von der Glorie kosten, die sie an diesem Abend umgab. Auch auf mich stürmten die Leute ein. Ein Händedruck hier, ein Küsschen da, ein Schulterklopfen dort. Einige Gesichter offenkundig begeistert, andere resigniert, hier und dort sogar eine gerührte Miene. Immer wieder umarmte mich Momose-san und andere Mädchen aus der Crew. Ich blickte zu Tsuruga-san. Er war der schillernde Star des Abends. Jeder wollte in seiner Nähe stehen, mit ihm reden. Einige Frauen winkten so offenkundig mit dem Zaunpfahl, dass es mich irgendwie zurückschrecken ließ. Ausnahmslos JEDE Frau machte ihm schöne Augen. Aber warum? Mir wurde zum ersten mal schlagartig und in vollem Maße bewusst, wie begehrt in der Frauenwelt dieser Mann war, mit dem ich so selbstverständlich umging. Dieser Mann, für den sogar ich, das gewöhnlichste Mädchen der Welt, ein ganz klein wenig Wärme empfand. War es gewöhnlich, für diesen Mann Sympathie zu empfinden? Er unterhielt sich mit einer umwerfend gutaussehenden Frau und warf mir über ihre Schulter einen Blick zu. Wie merkwürdig. Er brach das Gespräch ab und kam auf mich zu. Wie surreal. Wieso auf einmal surreal? Bis jetzt doch nur ätzend, gewöhnlich, ein bisschen komisch? Ach so, ich war ja ein Mitglied der Filmcrew... deshalb beachtete er mich ein bisschen. Hunderte Augen folgten ihm. ”Mogami-san, ich gratuliere zu deinem überragendem Erfolg!” ... Wohl eher DIR zu DEINEM, Tsuruga-san... Er sah mich wieder so an... Mein Herz begann, zu hämmern. Hilfe! Was geschieht hier mit mir?? Er bewegte sich noch näher zu mir. Mein Atem stockte. Das gesamte Umfeld glotzte, als er mich umarmte. So vorsichtig... fast schon ein wenig zärtlich. Ich nahm es wie aus einer fernen Welt wahr... Schaudern.... Tsuruga-san? Dieser Duft von ihm... Diese vielen Leute um uns herum... Alle gafften... Ich bin Mogami Kyoko, ein einfaches Mädchen in einem glamourösen Outfit, wirklich ganz ganz einfach... Jeder sah uns an. Alle nahmen an, es wäre eine formelle Geste, aber... ...ich fühlte, da war irgendwie noch etwas anderes. ETWAS ANDERES... Etwas Fremdes, das ich glaubte entfernt zu kennen. So entfernt, dass es über Mexiko, das Himalaya und Galaxien von fremden Ländern hätte entfernt sein können. Und das weite Welten entfernt mit Sho zu tun hatte. Aber ich kannte es... irgedwie... dieses Gefühl... Seine Wärme... Seine Hände an meinem Rücken... Sein Körper dem meinen so nahe... Das ist doch alles ganz normal, selbst bei einer so flüchtigen Umarmung... Aber WARUM nahm ich das dann alles so separat und intensiv wahr?? Und WARUM schlug mein Herz eine Pirouette?? Doch bloß eine simple Umarmung...für wenige Momente... Dezisekunden im Leben eines Meschen... So merkwürdig BEDEUTUNGSVOLLE Dezisekunden?? Wo doch dem Rest eines menschlichen Lebens verhältnismäßig wenig Bedeutung beigemessen wurde. Wie seltsam... Momose-san stand nicht weit von mir. Ich nahm diesen komischen Knall kaum wahr... wie aus dem Radio eines benachbarten Zimmers... Ich bemerkte erst, dass etwas nicht in Ordnung war, als ich die Schreie hörte. Ich hatte in einiger Entfernung zu den Darstellern des Films gestanden und mit mir gerungen, ob ich auf Kyoko zugehen sollte. Der größte Teil von mir verlangte lauthals, dass ich ihr spöttisch gratulieren und sie an unsere Konkurrenz erinnern sollte. Ein anderer Teil von mir -und ich hätte nie geglaubt, dass es solch einen Teil überhaupt gab- wagte es nicht. Und das machte mich wütend und unsicher und ließ mich hier passiv rumstehen. Wie der letzte Depp. DEPP- das ist das Stichwort! Genau! Johnny Depp! Der würde hier auch nicht so introvertiert rumstehen, sondern Nägel mit Köpfen machen! Und ich war MINDESTENS genauso attraktiv wie der! Also auf geht’s! Shoko unterhielt sich mit irgendeinem schmierigen Mann; ich hatte eh keine Lust mich daran zu beteiligen. Gerade hatte ich begonnen, auf Kyoko zuzugehen, als dieser Tsuruga sich ihr näherte... Er umarmte sie. Für jeden im Raum mochte es so aussehen, als ob es nur eine gewöhnliche Umarmung unter Kollegen wäre, aber ich wusste, welche Gefühle dieser Bastard für sie hegte und es ließ mich keineswegs kalt, welchen schmutzigen Hintergedanken er bei der Umarmung mit MEINER Kyoko gerade in die Tat umsetzte. Auf jeden Fall war da soviel unerhörte Intimität, dass es mich mitten in der Bewegung einfrieren ließ. Einen Moment lang verharrte ich so und beobachtete die beiden, dann hörte ich diesen Knall. Es war ein Schuss. Es folgten hysterische Frauenschreie und eine panische Bewegung in der Menge hinter mir. Ich sah, wie sich Kyoko und Tsuruga erschrocken voneinander lösten und die Gesichter in meine Richtung wandten. Irritiert drehte ich mich ebenfalls um. Die Menge war auseinandergestoben und inmitten der verängstigten Prominenten stand ein Mann. Er hob eine Waffe und gab einen Schuss in die Luft. ”Ich wiederhole es gerne noch einmal, KEINER RÜHRT SICH UND KEINER GIBT EINEN MUCKS VON SICH, sonst geschieht...”, verwirrt beobachtete ich, wie er bösartig grinste, ”... ein großes Unglück!” Eine merkwürdige halbleise, unterdrückte Stille senkte sich in den Raum, unterbrochen von gelegentlichen Schluchzern von Frauen und ungerichtetem Geflüster und Gebrabbel. Ich drehte den Kopf, um die Reaktionen der Leute zu beobachten und sah mit aufkeimender Wut, wie Tsuruga Kyoko an sich gezogen hatte und sich als großer Beschützer aufspielte. Verdammt noch mal, was war hier eigentlich los? War das wieder irgendso'n kranker Scherz von diesem abgefahr'nen Präsidenten? Nee... Was war das dann für ein komischer Typ? Was wollte er? Womöglich irgendeiner, der Aufmerksamkeit brauchte oder gar irgendein Stalker? Ich fand das Ganze schon fast amüsierend lächerlich und musterte die umliegenden Mienen, um festzustellen, ob die anderen Gäste diesen Scherz etwa lustig fänden. Fast schon erwartete ich, dass dieser Takarada lächelnd aus der Menge trat, um alles aufzuklären. Nichts dergleichen geschah. Irritiert wartete ich, DASS etwas geschah, irgendetwas, während sich ein ungutes Gefühl breit machte... Abrupt wandte ich den Kopf, als ich eine hastige Bewegung hörte. Ich nahm nur wahr, dass es einen weiteren Schuss gab und hörte ein dumpfes Rumsen. Laute Schreie. Eine Panik. Ich blickte zu Boden und hatte augenblicklich das Gefühl, jemand hätte Eiswasser über mich geschüttet. Am Boden lag ein Mann. Es war ein Mann mit der Statur eines Hühnen; er trug einen schwarzen Anzug. Neben ihm lag eine zerbrochene Sonnenbrille und um seinen Kopf breitete sich eine Blutlache aus. Die Zeit stand still. Ich starrte auf den Mann. Hektische Panik übermannte mich und rüttelte all meine Fluchtinstinkte wach. Dieser Mann... zu meinen Füßen... war TOT!!! Das hier war todernst!!!! Kein Scherz!!! Ich blickte auf. Der merkwürdige Mann leckte sich über die Lippen. Ekel überkam mich. Er hatte ein spitzes, bleiches Gesicht und trug die Uniform der Angestellten, die zu Beginn Champagner serviert hatten. Seine Augen standen leicht schräg; sie lagen außen tiefer als innen, was ihm das Aussehen gab, als hätte er ständig abartige, kranke Gedanken, die ihn belustigten. Er war relativ schmächtig. ”Gibt es hier noch welche von euch aufgeblasenen Sichterheits-Typen, die meinen, der Tod wäre eine interessante Erfahrung?” Im nächsten Augenblick geschah alles sehr schnell. Eine Frau in langem roten Abendkleid hatte offenbar die Nerven verloren, riss sich von ihrem Begleiter los und stürzte auf die Korridore im hinteren Teil zu. Noch ein Schuss. Sie ging zu Boden. Einer der BODYGUARDS hatte ihr ins Bein geschossen. Der bleiche Mann kicherte abermals: ”Gute Arbeit, Moki-kun! Und nun...”, er blickte belustigt in die Menge, ”...werdet ihr hübsch meine Forderungen erfüllen, sonst...”, er nickte Moki-kun und zwei anderen der Security-men zu, ”werden weitere Personen dieser amüsanten Abendgesellschaft uns für immer verlassen.” Geschockt stellte ich fest, dass die drei -offenbar falschen- Sicherheitsleute sich Geiseln gegriffen hatten und ihnen erbarmungslos ihre Schusseisen an die Schläfen drückten. Moki-kun hatte sich das Model gegriffen, das mir vor dem Film die Sicht auf Kyoko versperrt hatte. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn und in ihren Augen lag die blanke Angst. Der zweite hatte sich einen älteren Herren mit schütteren grauem Haar gegriffen, dem sein Monokel runtergefallen war und der offensichtlich zu entsetzt war, um Angst zu empfinden. Der dritte hatte sich dessen Partnerin gegriffen, der der Security-Mann den Mund zuhielt und die ständig zu ihrem Mann blickte und sich wehrte. Der Securtity-Mann registrierte es mit kalter Gleichgültigkeit. In mir wühlte stetig die Frage, was das alles sollte. Wie hatte das passieren können? Wie war das möglich? Wie konnte hier einfach so ein schmächtiger kleiner Pimpf anmarschieren und Forderungen stellen? Hier galt eine der höchsten Sicherheitsstufen! Das, was geschah, war unmöglich, und doch geschah es. Aber warum unternahm niemand etwas? Warum war noch keine Razia der Polizei hereingestürmt und hatte diese 4(!!) Personen überwältigt?? Ich schreckte auf, als der blasse Typ wieder anhob. ”Ich verlange, dass mir Tsuruga Ren, Momose Itsumi und Mogami Kyoko auf der Stelle ausgeliefert werden.” Stille senkte sich in den Raum. Leere erfüllte meinen Kopf, ehe durch jede Vene meines Körpers Entsetzen und Angst zu strömen begannen. Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich konnte einfach nicht fassen, was er gerade gesagt hatte. Alle Köpfe wandten sich zu besagten Personen um. Ich ebenfalls. Da standen die drei. Ich nahm an, dass das Mädchen neben Kyoko Itsumi Momose war, denn in ihrem Gesicht vermischten sich jähe Panik, Überraschung und Todesangst. Kyokos Miene war unergründlich. Tsuruga blickte mit einem so einschüchterndem und brüllendem Hass im Gesicht auf den bleichen Mann, dass ich an dessen Stelle schon längst das Weite gesucht hätte. Er drückte Kyoko an sich und schirmte sie ab. Niemand der drei rührte sich. Dann sagte der bleiche Mann: ”Ooooch REN, du musst doch nicht so verbohrt gucken, das kränkt mich ja doch. Willst du deine kleinen Freundinnen nicht schützen? Dann bring sie her zu mir und mach keine Zicken, dann wird ihnen nichts gesch-” Da geschah etwas merkwürdiges. Er brach ab, als sich um Kyoko eine blutrünstige, dämonische Aura aufbaute. Ich glaubte zu sehen, wie sich negative Energie -oder was auch immer es war, es stammte mit ziemlicher Sicherheit aus dem Reich der Finsternis- auf ihn übertrug. Ich kannte das Gefühl, das ihn überkam. Diesen Blutdurst von Kyoko hatte ich schon unzählige male am eigenen Leib erfahren. Der bleiche Typ zuckte erschrocken zurück. ”Was... tut... sie... da LAAAsssss das! AAAAAAAaaah!” Er kämpfte gegen eine unsichtbare Macht. ”Gut so, Kyoko!”, dachte ich mit einer grimmigen Genugtuung. Ich hätte niemals gedacht, dass ich eines Tages mal diese unheimliche Eigenschaft von ihr bejubeln würde. Das kurze Triumphgefühl in mir verschwand auf der Stelle, als ich einen weiteren Schuss hörte und erkannte, wie Itsumi Momose mit schmerzverzerrter Miene zusammenbrach. Sie hielt sich die Schulter und krümmte sich zuckend vor Schmerz am Boden. Einer der anderen drei Typen hatte geschossen, offenbar unsicher, welche der beiden Mädchen die Quelle dieser unheimlichen Macht war. Ich sah Kyokos Miene. Geschockt und mit einem verstörten Ausdruck im Gesicht hatte sie haltlos zu zittern begonnen, den Blick auf Itsumi gerichtet und wollte fassungslos zurückweichen, doch ihre Knie gaben ihr keine Sicherheit mehr. Sie wäre wohl zusammengebrochen, wenn Tsuruga sie nicht gehalten hätte. Jetzt fing sie an, heftig zu schluchzen und wollte sich zu Itsumi knien, aber Tsuruga hielt sie fest. In seinem Gesicht stand der Schock und auch er hatte Probleme, seine Fassung nicht zu verlieren. Niemand sagte oder tat etwas. Alle beobachteten befremdet und entsetzt, wie sich das Mädchen auf dem Boden vor Qualen krümmte. ”Das reicht jetzt.” Ein Mann trat aus der Menge hervor. Es war Rory Takarada. ”Wer auch immer Sie sind, glauben Sie im Ernst, Sie kommen hiemit durch? Stürmen hier mit drei bewaffneten Typen ein Theater, vor dem tausende von Menschen warten und das mit großer Wahrscheinlichkeit jeden Moment von Polizeibeamten nur so wimmeln wird?” Er hatte vollkommen Recht und ich konnte nicht umhin, seinen Mut anzuerkennen. Doch der bleiche Typ schien sich davon nicht beirren zu lassen, im Gegenteil, er setzte wieder zu diesem abartigen Lachen an, das sich anhörte wie das Quieken einer Ratte. ”Oh! Offenbar ein ganz Kühner! Takarada, wenn ich mich nicht irre, jaja, das passt zu dir, dich hier aufzuspielen.Hihihi... Tust du doch sonst auch immer, nicht wahr?”, er lachte lauter, ”Wenn dem so ist, wie du sagst, wo sind denn deine großen Erlöser, deine rettenden Polizeihelden, die hier jeden Moment auftauchen sollen?Hihi... Hätten sie denn nicht längst hier sein sollen? Warum kommen sie denn nicht, he? Hihihi...” In Takaradas Miene spiegelte sich eine Spur Unruhe wieder. ”Was soll das bedeuten?” Der bleiche Mann hechelte jetzt förmlich vor unterdrücktem Vergnügen. Er legte den Kopf schief und grinste Takarada selbstzufrieden an. ”Ich kann dir sagen, warum sie nicht kommen, hähä, weil ich ihnen etwas mitgeteilt habe, dass du nicht weißt, Takarada. Sie kommen nicht, weil unter dem Theater, das ihr alle heute Abend so bereitwillig betreten habt, hihi, etwas kleines Süßes liegt, das unaufhörlich tickt und das nur darauf wartet, hochzugehen, sobald ich hier auch nur eine Uniform sehe.Hihihihi...” Die überragende Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Eine Bombe. Unter dem Theater lag eine Bombe. Das konnte nicht sein. Wo war ich hier hineingeraten? War das ein schlechter Film? Das... ist doch nichts, das einem im realen Leben widerfährt! Warum passiert das mir? Und warum passiert das... ihr? Ich blickte zu Kyoko. Stumme Tränen liefen über ihre Wangen und sie klammerte krampfhaft an Tsurugas Ärmel. Takaradas Stimme durchschnitt die schwere, unheilschwangere Stille. ”Sie erwarten doch nicht wirklich, dass wir Ihnen Ren, Mogami-kun und Momose-kun ausliefern?”; er begann auf die Rattenfresse zuzugehen, was ich für keine besonders gute Idee hielt, und sagte: ”Hören Sie, wir können über alles reden. Wenn Sie jetzt die Waffen niederlegen, wird man Ihnen mit Milde begegnen. Noch ist es nicht zu spät. Ich-” ”BLEIB STEHEN!” Knall. Der bleiche Typ hatte Takarada vor die Füße geschossen, woraufhin dieser stehen geblieben war. Dann stimmte er wieder dieses abartig keckernde Lachen an. ”Oh nein nein nein, Takarada, so geht das aber nicht. Nein nein, so können wir das nicht machen! Ihr gebt uns jetzt auf der Stelle diese drei Personen da, sonst stirbt der Nächste!” Er nickte Moki-kun zu woraufhin dieser sein Schusseisen noch härter gegen die Schläfe des Models drückte, als ein Schrei die Stille durchdrang: ”NEIN!!!” Der Schuss erklang nicht. Alle Köpfe wandten sich Tsuruga zu. Der wiederum nickte Takarada zu und sagte: ”Ist schon gut. Ich werde gehen.” Takarada schien entsetzt: ”Nein, Ren, das-” ”RUHE!” Der Rattenmann hatte geschrien. ”Hihihi, gut REN, sehr gut, aber so geht das trotzdem nicht, deine Freundinnen musst du schon mitbringen! Hihi, so muss es sein!” Tsuruga wandte ihm ruhig den Kopf zu: ”Was wollen Sie mit ihnen, Momose-san ist verletzt; sie braucht ärztliche Betreuung und Sie haben doch mich!” ”Nein nein nein!!”; mit leichtem Unbehagen realisierte ich, dass der bleiche Mann allmählich zornig wurde. Ohne recht zu überlegen, ohne mir auch nur bewusst zu sein, was ich da tat stürtzte ich vor und schrie: ”Nehmen Sie mich statt Kyoko! Lassen Sie sie in Ruhe! Nehmen Sie statt Ihrer mich!!!” Ausnahmslos alle sahen mich an. Ich hörte Shoko hinter mir nach Luft schnappen. Schwer atmend stand ich da und blickte dem Typen in die Augen. In seinem Gesicht flackerte etwas Unsicherheit auf, ganz so, als wäre er tatsächlich beinahe geneigt, das Angebot anzunehmen, doch dies wich schnell und machte offenkundig Unmut Platz. ”Ich kenne dein Gesicht, jaja, aber das geht nicht, nein, das geht ganz und gar nicht. SIE will ich” Er deutete fast schon gierig auf die Mädchen. Kyoko hockte jetzt auf dem Boden und hielt Itsumis Hand. Niemand wagte, etwas zu sagen. Auch mein Mut hatte mich verlassen. Da ertönte ein leises Wimmern und Kyokos Gesicht tauchte auf. ”Ist schon in Ordnung, Sho, das musst du nicht tun. Ich werde gehen. Es gibt keinen anderen Weg.” Sie richtete sich auf. ”Nein!..” Tsuruga und ich hatten im selben Moment aufgeschrien, da riss dem Rattenmann der Geduldsfaden. Das Einzige, was ich noch wahrnahm, war ein weiterer Schuss, ein stechender Schmerz im Oberschenkel, mein Blickfeld, das sich plötzlich verschleierte. Aus meinen Lungen entwich alle Luft, als ich flach mit dem Rücken auf dem Boden aufschlug. Shokos Gesicht tauchte irgendwo über mir auf. Dann verschwamm es und die Geräusche vermischten sich zu einer einzigen summenden Masse. Alles wurde schwarz. Ich hatte das laute Schluchzen nicht unterdrücken können, als ich sah, wie auch Shotaro zu Boden ging. Der gruselige Mann hatte ihm in den Oberschenkel geschossen. Shotaro, dieser Idiot! Warum tat er soetwas? Jetzt war nicht der Augenblick, sich als großer Retter aufzuspielen!! Zumal er doch genau wusste, dass ich von IHM keine Hilfe wollte. Verdammt. Ich konnte mich der Tränen nicht erwehren. Und ich spürte, wie allen Anwesenden langsam die Erkenntnis dämmerte, dass keine Kompromisse geduldet werden würden. Tsuruga-san, Momose-san und ich würden gehen müssen. Ich stützte sie, schlang ihren Arm über meine Schulter und erhob mich mühselig. Meine Beine zitterten. Momose-sans Gewicht zog mich zu Boden und ich musste alle Kraft aufbringen, um einen Schritt in Richtung des bleichen Mannes zu tun. Tsuruga-san kam auf mich zu und hob Momose-san in seine Arme, wie er es einst mit mir getan hatte, als mein Knöchel verwundet gewesen war. Ich richtete mich auf und trat an seine Seite. ”Schön, schön...! LOS! Wir gehen!” Die drei falschen Bodyguards ließen die Geiseln los und stürmten auf uns zu. Einer ergriff mich und hielt nun mir die Waffe an den Kopf. Der kleine, bleiche Mann drehte sich um und schritt auf die großen Flügel des Eingangstores zu. Tsuruga-san folgte ihm mit der keuchenden Momose-san in den Armen. Der Handlanger, der mich an sich gedrückte hatte, gab mir einen Stoß mit der Waffe und schleifte mich auch zur Tür. Die beiden anderen Typen folgten rückwärts gehend und richteten ihre Waffen dabei auf Leute in der Eingangshalle des Theaters, bereit auf jeden zu schießen, der sich regte. Ich hörte noch Takarada-sans Stimme: ”Ren! Ich schwöre dir, ich werde alles tun, um euch da raus zu holen!” Dann ertönte ein ohrenbetäubendes Krachen und ich zuckte schon zusammen, da ich im ersten Moment glaubte, es wäre noch ein Schuss gefallen, dabei hatte der bleiche Mann das Portal zur Straße aufgestoßen. Ich spürte, wie unaufhörlich heiße Tränen über meine Wangen liefen und war nicht fähig, etwas zu sagen oder auch nur zu denken. Der falsche Bodyguard hatte mich so fest an sich gedrückt, dass es mich beim Gehen behinderte. Er roch nach Schweiß. Ich fühlte, wie eine Welle der Übelkeit in mir aufstieg. In meinem Magen bohrten entsetzliche Schuldgefühle. Wegen mir war Momose-san verletzt! Wegen mir war Shotaro verletzt! Dann waren da noch diese angeschossene Frau und der zusammengebrochene Security-Mann...! Wieder sah ich vor mir, wie der bleiche Mann sich schlagartig umgedreht und dem Security-Mann in den Kopf geschossen hatte, der versucht hatte, ihn von hinten zu überwältigen. Wieder sah ich vor meinen Augen das aufspritzende Blut, den überraschten Gesichtsausdruck des Security-Mannes, der seine Sonnenbrille verloren hatte und der nun wie in Zeitlupe genau vor Shotaros Füßen zu Boden fiel und dort tot liegen blieb. Shotaro, der wie zur Salzsäure erstarrt seine Augen nicht von dem toten Mann nehmen konnte...! Ich fühlte, wie die Ohnmacht nach mir griff. Es wäre eine Erlösung gewesen, aber stattdessen wurde ich nur schwächer, fing an, zu taumeln, blieb aber bei Bewusstsein. Ein quälender, halbgarer Zustand. Ich wünschte, das alles wäre nur ein Alptraum und ich könnte einfach aufwachen und nie wieder daran denken. Ich wünschte es mir so sehr, dass es weh tat. Dabei wurde aber alles umso schmerzvoller und ich konnte unter dem dichten Tränenschleier nichts mehr erkennen... Ich sah auch nichts, nachdem die Tore geöffnet wurden. Ich fühlte nur den frischen Wind, der meine Wangen kühlte. Überrascht nahm ich wahr, dass es verdächtig still war. Vor der Premiere hatten doch unzählige Scharen von Menschen vor dem Theater gestanden?! Diese Stille hatte etwas Bedrohliches und ich nahm es als sehr schlechtes Zeichen. Dann konnte ich wieder etwas sehen und erkannte, dass der Platz vor dem Theater wie leergefegt war. Das alles machte mir Angst. Traurig und sinnverloren lag der rote Teppich in der Dunkelheit. Wir gingen darüber. Direkt vor dem Theater an der Straße stand ein polizeilicher Lieferwagen, mit dem normalerweise Gefangene transportiert wurden, und ein PKW. Der bleiche Mann sagte: ”Sehr schön, sie haben unsere Forderungen zufriedenstellend erfüllt! Passt trotzdem auf! Auf den umliegenden Dächern könnten Scharfschützen lauern!” Als wir an den Fahrzeugen angekommen waren, durchsuchten sie unsere Taschen, nahmen uns Handys, Piepser und sonstige Dinge ab. Einer der Entführer warf sie achtlos auf die Straße. ”Los, rein mit euch!”, schnautzte der bleiche Mann. Er hatte die Laderaumtür des Transporters geöffnet und wies Tsuruga-san an, hineinzusteigen. Das tat dieser auch. Vorne war schon der Typ namens Moki eingestiegen und bedrohte Tsuruga-san mit seiner Waffe durch die kurzen, hoch gelegenen Gitterstäbe, die Laderaum und Fahrerkabine trennten. Der Handlanger stieß mich kopfüber hinterher in die Finsternis des Laderaumes. Dann warfen sie die Tür zu. ________________________________________________________________________________ Ich weiß... ganz ganz böses Ende. Aber es wird nicht SO schwarz weitergehen. Dieses Kap ist das vorläufig dunkelste... also malt euch keine zu pessimistische Fortsetzung aus... Das nächste wird nicht lange auf sich warten lassen. Es ist bereits zur Hälfte aufgeschrieben und der Rest liegt fix und fertig in meinem Kopf bereit. Ciao mes chères^_^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)