Salut, Monsieur Dantes! von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Zirkus im Theater ---------------------------- Chapitre Deux: Zirkus im Theater ____________________________________________________________________ Hallihallo *strahl* Hab Kommentare bekommen! Ganz viele und gaaaanz ganz liebe! Ist es denn zu fassen? Ich war so glücklich, als ich das gelesen hab^^ *wie ein Gummiball durchs Zimmer gehüpft ist* *wie ein Meerschweinchen rumgequietscht hat * Schwester: „Geht’s noch?“ Jedenfalls an alle Kommischreiber gummibärchensüße Grüße und Danke! (falls jemand keine Gummibärchen mag, ich hab das alles auch in Schokolade) Ach und noch was: Sicherlich werden sich viele gefragt haben, wer zur Hölle Monsieur Dantes sein soll und was er mit SB zu tun hat... Das stellt sich später in der Geschichte noch raus. Bis dahin nur so viel: Edmond Dantes, oder auch der Graf von MonteChristo, hatte sein Leben der Rache verschrieben und „Salut“ kann sowohl Hallo als auch Tschüss heißen... lässt bissl Platz für Spekulation, nicht? Hihi.... Viel Spaß! ______________________________________________________________________ Am nächsten Morgen erwachte ich sehr früh. Ich versuchte dann noch mal einzuschlafen, aber es war hoffnungslos. So stand ich auf und zog mir meine Haus-Schlabber-Klamotten an. Ich hatte heute gar nichts, weder Akademie, noch Schule, noch Love-me-gaga. Präsident Takarada hatte alles gestrichen, damit ich “mental auf den großen Abend vorbereitet war”. Etwas übertrieben, da ich später im Showbusiness ständig in solche Situationen geraten würde, doch er schien zu glauben, dass ich als Neuling nicht damit fertig wurde. Ich hatte anfangs natürlich protestiert, da die Arbeit ja über alles ging, aber er war eisern geblieben. Hatte wahrscheinlich auch mit diesem Drohbrief zu tun, deshalb hatte ich es aufgegeben. Ich ging hinunter in die Küche und bereitete das Frühstück zu. Alles in allem war dies einer der merkwürdigsten Vormittage, die ich je erlebt hatte. Die Zeit schien Lust auf sportliche Betätigung bekommen zu haben. Statt in einem gemächlichen Tempo Minute für Minute dahinzuschreiten, bewegte sie sich in großen Sprüngen fort. Im einen Moment aß ich mit der Okami-san und dem Chef Frühstück, im nächsten Moment war ich schon beim Abwasch und im nächsten empfing ich bereits Kotonami-san an der Tür. Ich hatte nicht erst ewig nach dem Ryokan, in dem das Mädchen arbeitete, suchen müssen. Ich war ihr ja dort schon mal begegnet. Damals war es eine peinliche Begegnung gewesen, über die ich lieber nicht weiter nachdenken wollte. Als sie mich an der Tür empfing, war mein erster Gedanke, dass es eine Menge Arbeit erfordern würde, aus diesem Gesicht etwas zu machen. Zum einen, weil sie schon wieder dieses selten-dämliche Happyness-Smile aufgesetzt hatte, zum anderen weil sie sich ja selber gar nicht schminkte und ich so von ganz vorne anfangen musste. Sie zeigte mir den Weg hoch in ihr Zimmer. Ich sah mich um. Es wirkte ziemlich klein auf mich. Mein Blick fiel auf die Wand. “Was ist das? Hattest du nicht gesagt, du hasst diesen Typen? Warum hängt er überlebensgroß an deiner Wand? Oh, da ist ja auch eins von Ren Tsuruga. Was hat das zu bedeuten?” “Ach das. Die Größe des Posters entspricht dem Ausmaß meines Hasses auf die jeweilige Person. Das hat sowas wie einen anspornenden Effekt auf mich, wenn ich mir tagtäglich die Antlitze meiner Opfer vor Augen halte”, antwortete sie mir mit einem zuckersüßen Lächeln. Dieses Mädchen war einfach unheimlich. Da kam mir ein Gedanke. “Du hasst Ren Tsuruga? Den Eindruck hat man aber nicht, wenn man euch miteinander sieht. Eher das Gegenteil.” Augenblicklich schlug die Stimmung um. “WAS meinst du damit?” Ouh dieses drohende Funkeln in ihren Augen, diese heftige Reaktion... meine Vermutung traf also zu. “Nun ja, sagen wir mal so... könnte es vielleicht noch andere Gründe geben, warum dieses Poster an der Wand hängt?” “Ich wüsste nicht, welche.” “Nun ja, um es mal konkret auszudrücken... “WAS DENN,he? WAS DENN? NA?” “Stehst du auf den Typen?” “Miss Menno... !”, erschrocken sah sie mich an: “Wie kommst du denn auf solche Ideen? Natürlich nicht! Er ist mein Sempai! Deshalb gehen wir respektvoll miteinander um! Nun ja... vielleicht hast du auch Recht, es ist kein Hass, eher ein Ziel an Berühmtheit, das ich erreichen will. Aber niemals L... Lie..., na du weißt schon.” Wie putzig. Ich bedachte sie noch einige Momente mit einem wissenden Lächeln, dann wandte ich mich den Dingen zu, die ich mitgebracht hatte. “Also schau her. Ich habe von meiner Schauspiel-Kollegin zweierlei ausgeliehen. Einmal diese langen schwarzen Ohrringe, die perfekt zu deinem Kleid passen, da schau!” Ich zeigte ihr die Ohrringe, die ich mir von Tachibana-san ausgeliehen hatte. “Und zum Anderen hier diese zierliche kleine Handtasche, ebenfalls im passenden Stil. Aber pass bloß gut auf die Sachen auf! Tachibana-san bringt mich sonst um!” Ich überreichte ihr die Accesoires, die ihren Look perfekt machen sollten. Als ich aufblickte, lief es mir eiskalt den Rücken runter, denn sie strahlte mich schon wieder so unheimlich an. “Miss Menno... ! Du hast dir ja richtig Gedanken um mich gemacht! Und hast du diese Dinge extra für mich ausgeliehen? Wie richtige Freundinnen!!” “Jaa... das habe ich”, sagte ich lahm und versuchte ihrer Glückstränen-Umarmung auszuweichen. Als wir dann endlich zum Schminken kamen, war es bereits nach 13.00 Uhr. Die Frisur bekam ich gleich beim ersten mal gut hin und das war ein Glück, denn allmählich gerieten wir in Zeitnot. Als wir schließlich mit allem zufrieden waren, schrie die Zeit 16.00 Uhr. “Wie kommst du eigentlich zu deiner Premiere?” “Der Präsident schickt mir ein Taxi.” “Nett von ihm. Wann?” “In einer halben Stunde.” “Ach so. Ich muss aber leider trotzdem schon los. Tut mir Leid, aber ich habe noch eine Menge zu tun. Ich bin sicher, du kommst schon klar. Bleib einfach du selbst, dann wird’s schon schief gehen.” Sie lächelte mich an. “Mach ich. Und vielen Dank.” Jetzt saß ich also in diesem Taxi und fuhr zum größten westlichen Theater von Tokio. Der Nachmittag mit Kotonami-san hatte mir Spaß gemacht. Wir hatten geredet, rumgeblödelt und gelacht. Ich hatte das Gefühl, wir würden uns allmählich näher kommen und das stimmte mich euphorisch für den Abend. So weit, so gut. Doch irgendwo in meinem Hinterkopf piepste eine kleine Stimme unbeirrt vor sich hin: “Freu dich nicht zu früh. Der Abend kann noch derbe Überraschungen bereit halten...” Das stimmte. Aber daran wollte ich nicht denken. Das Taxi schlängelte sich gemächlich durch den Verkehrsdschungel von Tokio. Das Theater lag fast am anderen Ende der Stadt. Das hieß: Fast eine Stunde Fahrt. Ich lehnte mich zurück und atmete ein. Bestimmt ging alles schief. Ausatmen. Ob man die verschärften Sicherheitsmaßnahmen bemerkte? Einatmen. Was, wenn ich Shotaro traf? Ausatmen. Irgendwie wär’s auch egal, wenn ich ihn treffen würde. Ich fühlte Zuversicht. Ich würd ihm einfach nen ordentlichen Tritt in den Hintern verpassen. Wäre das herrlich... Das Taxi bog in die Hauptverkehrsstraße ein, an der das Theater lag. Obwohl der Standort erst am Ende der Straße war, erblickte ich bereits jetzt gewaltige Massen von Menschen. Und es wurde ein dichteres Gedränge, umso näher wir dem Theater kamen. Das Taxi, in dem ich saß, glich zwar nicht der Mords-Luxuslimousine, die ich mal beim Präsidenten gesehen hatte, aber es hatte schon seinen gewissen Edel-Chic. Deshalb drehten sich die Leute nach dem Gefährt um, zeigten mit dem Finger drauf und versuchten durch die dunkel getönten Fensterscheiben zu erkennen, wer darin saß. Für den Taxi-Fahrer schien das nichts Neues zu sein. Er manövrierte souverän durch die aufgeregten Menschenmassen hindurch, die sich teilweise schon auf der Straße drängten, um einen Blick auf die Stars zu erhaschen. “Keine Sorge, Mogami-sama, ich habe Anordnung von ihrer Agentur, sie direkt vor dem roten Teppich aussteigen zu lassen!” “Danke sehr.” Er hatte mich Mogami-sama genannt, als wäre ich bereits eine Größe in diesem Business!!!! Huuuuiiiii! Die große Mogami-sama... Das Taxi hielt. Ich warf einen Blick aus dem Fenster und atmete noch einmal tief ein. Also gut. Augen zu und durch. Mit leicht zitternden Fingern öffnete ich die Tür und stieg elegant aus dem Auto aus. Schlagartig drang der Lärm, den die an die Hunderte von Menschen produzierten, an mein Ohr. Die abgedichteten Türen des Spezial-Taxis mussten dies absorbiert haben. Geschrei, Jubeln, Applaus, Knipsen und Blitzgeräusche von unzähligen Kameras. Das alles vermischte sich zu einem einzigen ohrenbetäubendem Getöse, das sogar noch an Intensität zunahm, als ich aus dem Auto stieg. Wow. Vor mir lag ein mehrere Meter breiter, roter Teppich mit goldenem Rand, an dessen Seiten eine Absperrung aus edlen Kordeln stand. Der Präsident hatte sich wirklich nichts nehmen lassen. Hinter der Absperrung drängten sich dutzende von Fotografen, die alle wie wild auf den Auslöser drückten und mich auf ihren Objektiven einfingen. Darunter standen auch unzählige Reporter mit Mikrophonen, die sie mir hinstreckten und nur darauf warteten, dass ich mich ihnen näherte und ihnen ein oder zwei Fragen beantwortete. Als ich langsam den Teppich entlang schritt, hörte ich einzelne Fragen heraus: “Kyoko-sama, wie war die Arbeit mit Tsuruga-sama?” “Kyoko-sama, würden Sie mir ein paar Fragen beantworten?” “Sehen Sie hier rüber! Nur ein kleines Bild!” “Kyoko-sama, Sie sehen hervorragend aus. Verraten Sie uns, woher Sie das Kleid haben?” Anfangs fand ich es gewöhnungsbedürftig, mit “Kyoko” angesprochen zu werden, aber das war ja mein Künstlername, also nicht weiter ungewöhnlich. Ich beschloss, mich an den Rand zu wagen und den Reportern ein paar Antworten zu gewähren. Sie standen da, gierig, wie ausgehungerte Wölfe. Nachdem ich einigen Wölfen höflich Futter hingeworfen hatte, konnte ich mich getrost dem Eingang zuwenden und schlenderte langsam darauf zu. Diese gigantische, ungewohnte Aufmerksamkeit setzte mir ein wenig zu. Ich bemerkte, dass meine Bewegungen, meine Gesichtszüge etwas gezwungener waren als gewöhnlich. Was mich allerdings erstaunte war, dass ich es auch ein wenig genoss. Als ich die breiten Treppen zum Theater hinaufgestiegen war, blickte ich mich noch einmal um. Keine Spur von Tsuruga-san oder den anderen Darstellern. Lediglich einige Leute, allem Anschein nach irgendwelche Stars, die ich aber nicht kannte, waren zu sehen. Sie bewegten sich Richtung Eingang oder ließen sich auf kurze Interviews ein, wie ich zuvor. Na, egal. Ich betrat das monströse Gebäude und sah hoch zur Decke. Mir stockte der Atem. Um den inneren Eindruck dieses Theaters treffend wiederzugeben, bräuchte ich Jahre, deshalb eine Kurzbeschreibung: viel Samt, kunstvolle Details und GOLD. Überall, wo ich hinsah Gold. Die Deckenbemalung, im Mobiliar, Fensterrahmen, Türen; die Besitzer des Theaters schienen kein Detail ohne wenigstens ein bisschen Gold gelassen zu haben. Das war ja irgendwie... wie ein richtiges Schloss hier. Ich fühlte mich wie in einem Traum. Wie ein richtiger Ball kam mir dies alles vor, da ja auch überall Leute in eleganter Abendgarderobe anzutreffen waren. Ein alter Kindheitstraum wurde wahr... ! Glückstrunken wandelte ich umher. Ich hatte ein wenig Durst. Ein junger Angestellter mit einem Tablett mit Champagner-Gläsern fiel mir ins Blickfeld. Sollte ich? Ich steuerte kurzerhand auf ihn zu und schnappte mir das letzte Glas. Es schmeckte vorzüglich. Ich hatte zwar keine Kennung von soetwas, aber es musste sich eindeutig um eine edle Sorte handeln. Etwas unentschlossen stand ich jetzt mit meinem Empfangsglas da und wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Die Ansprache und der Film würden erst in etwa einer Stunde losgehen. Die jetzige Zeit war zum Empfang und anregendem Smalltalk gedacht. Ich hatte aber keine Lust auf soetwas und außerdem hatte ich gar nicht den Mut hier irgendwen anzusprechen, da ich ein relativer Neuling war und die ganzen offiziellen Herrschaften um mich herum wie Lords und Ladys wirkten. Und darauf zu warten, dass mich jemand ansprach, erschien mir ziemlich blöde. Also beschloss ich, ein wenig umherzuwandern und mir dieses wunderschöne Theater etwas genauer anzusehen. So lief ich auch am wenigsten Gefahr, irgendjemandem zu begegnen, der meiner Meinung nach ein egoistischer, arroganter, gefühlsverkalkter Gorilla war. Ich streifte glückselig durch die unzähligen Flure. Mein Kopf war von dem Champagner berauscht. Von nur einem Glas! Ich bog gerade um eine Ecke, als ich Stimmen wahrnahm. Unwillkürlich hielt ich den Atem an und lauschte: “Was ist, Shoko-san?” “Du Sho, ich frage mich die ganze Zeit... ob wir nicht besser wieder gehen sollten. Ich habe irgendwie kein gutes Gefühl.” “Du machst dir einfach zu viele Sorgen. Dieses Event hier ist doch perfekt für die Publicity!” “Publicity? Aber ich dachte-” “DU dachtest wieder, dass wir wegen IHR hier sind, richtig?” “Nein, das-” “Natürlich hast du es gedacht.” Es waren die Stimmen von Shotaro und seiner Managerin!! Bitte nicht! Verstecken, weg hier, alles, bloß nicht Shotaro... In dem Zustand würde ich eher sterben als ihm zu begegnen. Dieser... ! Hastig blickte ich mich um. Die Schritte kamen näher. Ich wollte ihm nicht begegnen!!! Zu meiner rechten stand eine altertümliche Samurai-Rüstung; sie könnte vielleicht genug Schutz bieten, um... Shotaro bog um die Ecke, weiterhin in irgendeine Diskussion mit seiner Managerin versunken. Das letzte Fiasko mit diesem Idioten stand mir noch lebhaft vor Augen. Dieser Vollhorst schaffte es einfach immer, mich in Schwierigkeiten zu bringen oder neue Gefühle des Hasses in mir zu erwecken. Nein. Lieber hinter einer alten, stinkenden Rüstung hocken, als das... Ich lugte sachte hinter meinem Versteck hervor. Da war er. Du liebe Güte...! Dass der sich immer so aufdonnern musste! Ständig diese abgefahrenen Outfits. Wie ein Mensch ohne Charakter, der durch Aufpolieren der äußeren Schale versucht, seine innere Farblosigkeit zu übertünchen. Ich glaub, mir wird schlecht. Eines Tages würde es soweit sein...! In ferner Zeit würde ich morgens aufwachen und der Tag der Rache würde gekommen sein; der Tag an dem ich deine innere Ödness der ganzen Welt preisgeben werde! Mir war ein wenig duselig zumute und sehr warm. Wie langsam gingen die denn? “Lass uns zurück zur Eingangshalle gehen, Sho. Ich seh‘s ja ein, dass es unerlässlich war, zu dieser Premiere zu kommen. Ich hatte eben nur ein schlechtes Gefühl dabei.” “Jetzt hör schon auf. Ich bin doch da. Ich passe auf dich auf.” DA! Er tat es schon wieder! Ständig machte dieser Typ sich an die Frauen in seinem Arbeitsumfeld ran! Dieses absolute Fehlen von Professionalität ging mir sowas von gegen den Strich!! Ich hatte Schluckauf. Vor lauter Anstrengung, keinen Mucks zu machen, war mir schon ganz schwindelig. Ich sah auf. Die Stimmen wurden leiser. Die Sho-Kombi war um die nächste Ecke gebogen. Endlich!! Ich stürzte aus meinem Versteck hervor. Dumpfes Murmeln und unzählige Schritte waren jetzt aus den Korridoren wahrzunehmen. Anscheinend war ich nicht die einzige gewesen, die Lust auf eine kleine Besichtigungstour bekommen hatte. Ich musste jetzt erst mal einen Moment alleine sein und mich wieder beruhigen; vor meinen Augen verschwamm schon alles... Ich torkelte zur nächstbesten Tür und schlüpfte in das Zimmer dahinter. Es war niemand darin. Zum Glück. Ich sah mich um. Es handelte sich um einen riesengroßen Saal, dessen Decke sich meterweit über mir erstreckte. So ein hoher Raum! An der Seite waren riesengroße Fenster mit schweren Stoffen verhangen, die fast das gesamte Licht schluckten. Ich atmete tief durch und... Als jemand den Saal betrat, blickte ich auf. Ursprünglich hatte ich mich vor den unzähligen schnatternden Talents, Schauspielerinnen und sonstwas retten wollen, die sich ständig in meiner Nähe rumdrückten. Hatte mich etwa jemand gesehen, wie ich in diesen Raum gegangen war? Ich mochte diesen riesigen Saal. Hier hatten schon einige farbenfrohe Veranstaltungen stattgefunden. Und als Schauspieler mit gewissem Bekanntheitsgrad wurde ich da natürlich auch eingeladen. Ich versuchte zu erkennen, wer sich da in die Mitte des Raumes bewegte. Durch die schweren, dunklen Vorhänge drang nur wenig Licht und es waren keine Lampen eingeschaltet. Ich konnte eine kleine Gestalt erkennen, augenscheinlich ein Mädchen. Sie legte den Kopf in den Nacken und starrte hoch zu der kunstvollen Decke, die man jetzt aber nicht genau erkennen konnte. Nein, sie verhielt sich eindeutig nicht so, als wäre sie auf der Suche nach Jemandem... Ich beruhigte mich also wieder und beobachtete weiterhin die kleine Gestalt, die sich offenbar in einem Moment von Ungestörtheit glaubte. Jetzt breitete sie die Arme aus und drehte sich im Kreis. Sie wiegte in sanftem Takt über das Parkett und summte leise eine Melodie dazu. Dann fing sie auch noch an, zu sprechen: “Prinzessin Kyoko, gefällt euch der abendliche Ball heute? Oh ja Danke, wirklich ganz wunderbar. Es ist ein wunderbares Fest. Und der Champagner schmeckt wirklich ganz ausgezeichnet! Hofmarschall! Bittet doch das Orchester um ein schnelleres Lied, sie sollen meine Lieblings-Sinfonie spielen! Sehr wohl, Ihro Majestät!” Dann lachte sie und drehte sich mit viel Schwung über das Parkett und sang dabei. Oh ja. Ich hatte sehr wohl erkannt, wer da in diesen Raum gekommen war, nun skurrile Selbstgespräche führte und sich auch sonst aufführte wie geistesgestört oder zumindest sturzbetrunken. Ihre Stimme würde ich unter tausenden wiedererkennen. Mogami-san hatte mich noch nicht bemerkt, sie hüpfte weiterhin quietschfidel durch den Saal. Aus ihrer “Unterhaltung” mit dem imaginären Hofmarschall hatte ich entnommen, dass sie anscheinend schon etwas Champagner getrunken hatte. Sie vertrug offensichtlich nicht viel. Oder war dies sogar ihr natürliches Wesen? Jesus Maria, steh mir bei. Und seit wann dachte ich eigentlich wie ein Christ? Irgendwie musste ich mich bemerkbar machen. Ich schlich mich zur Tür und stellte mich so davor, dass es so aussah, als wäre ich gerade erst hereingekommen. “Hallo? Ist da jemand?”, fragte ich scheinheilig. Schlagartig verstummte das Singen. “Wer ist da?”, drang es aus der Dunkelheit. “Ich bin es, Tsuruga... -Bist du das, Mogami-san?” “Tsuruga-san! Haben Sie mich erschreckt! “Es tut mir Leid...” Sie machte einen kleinen Schritt nach rechts, sodass ein wenig Helligkeit auf sie fiel. Flecke des schwummerigen Lichts schimmerten auf ihrem blanken Rücken. Sekunde, ... blanker... Rücken? Himmel, wie sah sie aus. Zum Sterben schön. So schön, dass mir der Atem stockte. Sie trug ein schwarzes Kleid, das so geschnitten war, dass man Blick auf die ganze Partie ihres Rückens hatte. Wie sie genau aussah? Ich fand keine Worte. Mir fiel bloß das närrische Geschwätz der Verliebten ein, das “atemberaubend” oder “wunderschön” sagte. Reiß dich zusammen!Wie albern! Du bist 20 Jahre alt! “Mogami-san!! Ich hätte dich fast nicht erkannt!! Du wirkst auf mich wie eine Prinzessin, wenn du da so in diesem Saal stehst.” Aaaah! Nein! Was für ein Gesülze!!!!!! Sag nicht solche beknackten, sinnfreien Dinge zu ihr! Verdammt. Was für ein Unsinn! Ich Idiot! Okay, erstmal beruhigen und dann weiterreden... Unwillkürlich hielt ich die Luft an. Er hatte gesagt, ich wirkte wie eine Prinzessin?? Wie eine Prinzessin? DER Tsuruga-san hatte soetwas zu mir gesagt?! Plötzlich spielten meine Gedanken verrückt. Vielleicht hasste er mich doch nicht? Vielleicht könnte sogar das kleine Stückchen Sympathie, das ich für ihn empfand, wirklich ernst sein?? Das, was ich die ganze Zeit ihm gegenüber gefühlt hatte, wurde mir so intensiv bewusst, wie nie zuvor. War dies etwas anderes, als blosses Interesse, Sympathie? Vielleicht sogar... Freundschaft? Oder nicht? Aber was dann? Was?? “Tsuruga-san?” “Mogami-san?!” Wir standen allein in der Mitte des märchenhaften Saales. Die Tür zum Flur stand einen Spalt breit offen und ein zartes Wispern vieler Stimmen drang herein. Wir starrten einander an. Vor meinen Augen verschwammen die Dinge ein wenig. Ich schwankte. Tsuruga-san beugte sich vorsichtig herunter und näherte sich meinem Gesicht. Ich zuckte zusammen... ! “Keine Sorge, Mogami-san. Lass mich nur mal sehen. Moment mal- Du schwankst ja!” Stützend legte sich eine Hand auf meine Schulter. “Ich schätze, hier in diesem Raum befindet sich jemand, der keinen Champagner verträgt. Und ich bin es nicht”, sagte er mit einem süffisanten Grinsen. Ich wollte gerade protestieren, da legte er sachte einen Finger vor meinen Mund: “Sssshhht, das soll doch keiner sonst von da draußen mitkriegen, oder?”, er deutete auf die Tür, anscheinend hatte er erwartet, ich würde ihn anschreien. Mein Blut kochte mittlerweile und mir wurde immer heißer. Das lag nicht nur an irgendeiner Wut oder weil er einfach meine Gegenargumentation abgewürgt hatte, sondern auch an dieser erschreckenden Nähe: 1. sein Gesicht direkt vor meinem, 2. seine Hand auf meiner Schulter, 3. sein Finger an meinen Lippen! Wie weit soll das noch führen. Ich versuchte, den Mund zu öffnen, um etwas zu sagen, da setzte er gerade wieder an: “Besser, wir gehen zurück in die Eingangshalle, denn es geht sicherlich bald los. Und du bleibst brav an meiner Seite. Wir gehen auf Nummer sicher. Nicht, dass du mir noch irgendwelchen Blödsinn anstellst! Ich wartete gar nicht ab, ob sie etwas dagegen hatte, sondern setzte mein Vorhaben sogleich in die Tat um und zog sie mit sanfter Gewalt zur Tür. Ob dieser unfreiwilligen Nähe, die ich ihr urplötzlich aufgezwungen hatte, war sie sicher entrüstet. Aber ich hatte dabei wirklich keine Hintergedanken gehabt. Meine Hand wanderte zu ihrem Rücken, um sie zum Vorwärtsgehen zu bringen. Ich hatte aber nicht mit einkalkuliert, dass sie am Rücken gar nichts trug. So berührte ich direkt die nackte Haut an ihrem Rücken. Ein heißkalter Blitz durchzuckte mich. Es fühlte sich so verboten intim an... Innerlich bebte ich. Mein Kreislauf beschleunigte sich leicht. Aber wenn ich meine Hand jetzt zurückzog, wäre es auffällig. Furchtbar, furchtbar diese Angelegenheit. Musste ich sie wohl oder übel noch eine Weile dalassen. Mist aber auch. 4. seine Hand direkt an meinem bloßen Rücken!! Eh ich's mich versah, war ich schon zur Tür hinaus geschoben worden und wurde, wehrlos an den Bodyguard Tsuruga-san gepresst, durch die Gänge bugsiert. Einerseits war dies wirklich vorteilhaft, wie er mir erläutert hatte, denn ich wollte nicht schwanken, das war peinlich. Andererseits war gerade diese Pose peinlich, und auch noch vor all den Leuten... ! “Tsuruga-san, ich muss wirklich protestieren; sie behandeln mich ja wie ein dahergelaufenes Kleinkind! Ich kann wirklich alleine gehen!” Augenblicklich blitzte mich von irgendwo oben ein Gentleman-Lächeln an. “So? Nun ich nehme an, dann brauchst du meine Hilfe nicht, da du ja offensichtlicherweise allein stark genug bist, um mit diesem lächerlichen Herumgeschwanke aufzuhören?” Von einer auf die andere Sekunde verschwand die stützende Hand in meinem Rücken. Wir waren einen Korridor von der Eingangshalle entfernt und hörten bereits das laute Gerede der anderen Gäste umherschallen. Ich dachte, Tsuruga-san würde mich jetzt hier stehen lassen und gehen, doch als ich aufblickte, bemerkte ich, wie er leicht betreten zur Seite blickte und sich offenbar brennend für eine Ritterrüstung interessierte. Er räusperte sich. “Hast du vor, SO zurückzugehen?”, sagte er dann scheinbar beiläufig und umschritt die Rüstung, weiterhin mit diesem plötzlichen, unerklärlichen Interesse. Ich verstand nicht und wurde schon wieder wütend. Machte dieser Kerl sich etwa über mein Abendkleid lustig? Und warum sah er nicht mich an, sondern diese Blechbüchse, wenn er mit mir redete? Was sollte das? “NATÜRLICH! Wenn Ihnen mein Kleid nicht passt, dann haben Sie Pech gehabt. Für SIE ändere ich mich ganz bestimmt nicht!” “Ach so... Naja, wenn du’s nicht für mich tust, dann wenigstens für dich selbst... dein äh Ausschnitt ist nämlich verrutscht”, sagte er und klappte das Visir des Ritterhelms hoch, offenbar fest entschlossen, keinen einzigen Blick in meine Richtung zu wagen. Ich blickte an mir hinab. AAAAAAAAAAaaaaaaaaaah!! Hastig zuppelte ich alles wieder so hin, wie es sein sollte. Das Kleid musste bei dem Gerangel mit Tsuruga-san verrutscht sein! Ich hatte es ja schon zu groß aus dem Laden mitgenommen, aber Miss Menno hatte mir versichert, sie hätte es so präpariert, dass es nicht verrutschen kann! Nein, wie peinlich! Man hatte den halben BH gesehen!!! Ich wollte mich irgendwo verkriechen und niemals wieder ans Tageslicht zurückkehren! Und dann auch noch ausgerechnet von Tsuruga-san darauf aufmerksam gemacht zu werden... Neeeeeeein!! Sollte ich nach Guatemala ziehen? Gesichtstransplantation? Landesflucht? ... Moment mal. Wo war plötzlich Tsuruga-san? Ich drehte den Kopf gerade noch rechtzeitig, um ihn in der Menge verschwinden zu sehen. Zum Glück schien niemand etwas gesehen zu haben. Nun denn... was soll‘s! Suche ich am besten mal jemand vom Dreh, der mich nicht mit seiner Pseudo-Freundlichkeit behelligte. Welchen Hintergedanken dieser Mensch bei der Aktion in dem märchenhaften Saal gehegt hatte, konnte ich mir bei bestem Willen nicht vorstellen. Wahrscheinlich hätte mich nach irgendeiner Bloßstellung ein Das-hast-du-nun-davon erwartet und der Abend wäre hin gewesen. Was hatte ich kurz zuvor empfunden? Sympathie? Pah! Das ich nicht lache! Ich spähte durch die palavernden Silouhetten, um ein bekanntes Gesicht auszumachen, und erblickte Ogata-san, Momose-san, Yashiro-san und einige andere in ein offenbar amüsantes Gepräch vertieft. Ich schlängelte mich durch die vielen Menschen und erkannnte einige Meter vorm Ziel, dass auch Tsuruga-san sich gerade dazu gesellt hatte. Egal. Ich reihte mich trotzdem neben Momose-san ein. “Ach Mogami-san! Da bist du ja! Wir haben schon den ganzen Abend nach dir Ausschau gehalten!” Auch Yashiro-san strahlte mich an: “Kyoko-chan, su siehst blendend aus!” Ich dankte ihm. Erleichtert erkannte ich, dass ich in diesem Kreise wilkommen war. Und ich stand ganz selbstsicher da ohne zu schwanken. Ich merkte, wie Tsuruga-san zu mir herüberspähte und setzte ein siegreiches Lächeln auf. Am besten, ich tu so, als ob das alles eben niemals passiert wäre... Seine Miene verfinsterte sich kaum merklich, um dann einem sanften Gentleman-Lächeln zu weichen. Yashiro-san lachte seltsamerweise daraufhin leise vor sich hin. Ich spürte, wie Momose-san neben mir zusammenzuckte. Das arme Ding. Ich stellte es mir schrecklich vor, in Tsuruga-san verliebt zu sein... Ich fand es zwar irgendwie süß, wie sie da so stolz rumposierte nach dem Motto Schau-Senpai-ich-kann-ganz-alleine-ohne-dich-stehen-und-das-alles-eben-ist-nie-passiert, aber irgendwie nervte es auch arg. Diese ewige Besserwisserei! Zumal ich dieses wissende Gesicht von Yashiro-san auch nicht vertrug. Ich sprach ein wenig mit Ogata-san und ließ sie dabei nicht aus den Augen. Die verkleideten Security-Leute hatte ich schon längst ausgemacht. Man musste keine besonders helle Leuchte sein, um sie zu erkennen. Die benahmen sich so offensichtlich, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn einige andere Gäste den übermäßigen Schutz auch schon bemerkt hätten. Diese ganze Entführungsgeschichte bereitete mir Kopfzerbrechen. Wer in aller Welt würde aus soetwas einen Nutzen ziehen? Das war so abstrus! Plötzlich nahm die Intensität der Lichter ab und erlosch schließlich vollends. Augenblicklich breitete sich in der Halle ein Rumoren und hektisches Flüstern aus. Ich erkannte kaum etwas, bemerkte nur, dass mein Herz panisch zu flattern begann. War dies nach Plan? Entführung? Gefahr? Ich verweilte einige Momente wie gelähmt und begann dann, mich unruhig zu regen. Neben mir stand jemand sehr dicht gedrängt. Was war denn mit dem? Verdammt, hier gab es genug Platz! Plötzlich flackerten am anderen Ende der Halle einige Lichter auf. Es handelte sich um Fackeln. Die Menge verstummte und starrte auf diese winzigen Lichtkegel. Einige Sekunden lang geschah gar nichts. Dann gab es an genau jener Stelle einen Lichtblitz, gefolgt von einer gewaltigen Explosion. Vielfarbig strahlende Rauchwolken wältzten von der Mitte weg. Inmitten dieses ganzen beeindruckenden Spektakels erhob sich dunkel die Silhouette eines Menschen. “Meine Damen und Herren, Ladys and Gentlemen, Madames et Monsieurs... ich freue mich, Sie auf der Premiere heute Abend begrüßen zu dürfen!” Es gab ein leises Klacken und die Lichter entflammten wieder. Der Rauch verzog sich und genau dazwischen stand in eindrucksvoller Pose der Präsident von LME. Er trug ein mit Goldbrokat besticktes Wams und kunstvoll verarbeitete Knickerbocker zu goldenen Schuhen mit funkelnden Schnallen. Das Ganze wurde gekrönt von einem bodenlangen, roten Nerzmantel. Er wirkte in der Tat wie ein echter König und diese Pose erinnerte an Ludwig XIV. Die Menge fuhr fort, zu schweigen. Vereinzelter Beifall setzte ein. Immer mehr Leute schlossen sich dem an, bis das Ganze schließlich in tosendem Beifall mündete. Rory Takarada schien vollkommen in seinem Element zu sein. Freudestrahlend verbeugte er sich bald hierhin, bald dorthin, die Arme weit ausgebreitet wie ein Prophet, der den Beginn des Himmelsreiches auf Erden verkündet. Ich blickte auf, um zu sehen, wer da die ganze Zeit so gedrängelt hatte, und erkannte einen Schrank von Mann mit einer Sonnenbrille. Er überragte mich um ein Vielfaches. Ich begriff. Ein Security-Typ also. Ich bemerkte, dass Tsuruga-san mich beobachtete. Seine Augen funkelten und er schien leicht beunruhigt. Man! Konnten wir dieses dämliche, Angst-getränkte Gefühl nicht einfach ablegen und ungestört die Pemiere genießen? Ich fragte mich zum wiederholten male, auf wessen Mist dieser Drohbrief gewachsen war, wen ich auf meine Hassliste gleich nach Shotaro setzen durfte. Es folgte eine Ansprache des Präsidenten. Ich versuchte am Anfang noch, brav zuzuhören, verlor nach wenigen Minuten aber schon die Konzentration. Er dankte den Investoren, erläuterte die filmische Innovation und so weiter. Ich konnte nicht weiter zuhören. Stattdessen betrachtete ich Takarada-san. Der Mann war Entertainment in Reinform. Was brachte einen Menschen dazu, sich selbst dermaßen zur Zirkusattraktion emporzuheben? Andererseits besaß Rory Takarada viel menschliche Wärme. Jeder mochte ihn irgendwie. Könnte ich doch auch so sein... Das war etwas wirklich Erstrebenswertes. Das war das Ziel meiner Love-me-Reise. Nach einer Weile hatte der Präsident seine Rede beendet und das große Portal hinter sich geöffnet. Die Leute strömten jetzt in den Saal dahinter. _________________________________________________________________ So... C’était chapitre deux. Das ist das vorläufig letzte der fröhlicheren Kapitel. Im nächsten ist es dann so weit. Eure dunkelsten Befürchtungen werden sich bewahrheiten... Muhahahaha... ... Nehmt mich nicht ernst^^° *Sprung in der Schüssel hat* Salut! ___________________________________________________________________ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)