Bergnebel von -Elenya- ================================================================================ Kapitel 26: Entführt -------------------- Entführt Lienna erwachte mit schrecklichen Kopfschmerzen und fühlte sich, als habe jemand ihren Schädel ein paar Mal gegen eine Wand gehauen. Sie blinzelte, als habe sie lange Zeit geschlafen und gewöhnte sich erst ein paar Augenblicke später an das blendende Weiß in ihren Augen. Die Umrisse nahmen klare Formen an und Lienna konnte wieder alles deutlich erkennen. Jedoch schloss sie die Augen sofort wieder, als sie gesehen hatte, in welcher Gesellschaft sie sich befand. Schräg von ihr, saßen zwei Zauberer und tranken Tee, einer von ihnen war der Mann, der Elar angegriffen hatte. Lienna war also ihre Gefangene. Langsam kehrte das Leben in ihre kalten Glieder zurück und Lienna spürte, dass ihre Hände auf dem Rücken gebunden waren, ihre Füße jedoch nicht. Panik stieg in ihr hoch und blockierte ihr Denken, bis sie sich zwang ruhig zu atmen und ihren Kopf von Angst frei zu machen. Zögernd versuchte sie, Magie freizusetzten – doch es gelang ihr nicht. Sie war also mit Siflith gefesselt, einem Seil, dass Magie abschirmen und verschwinden lassen konnte. Es war unmöglich jetzt Magie zu wirken. Ihr nächster Gedanke war Elar. Ganz vorsichtig öffnete sie die Augen und blickte sich noch einmal um. Sie befand sich auf irgendeiner Lichtung und der Abend kam, sie war also eine ganze Weile bewusstlos gewesen. An einen Baum gelehnt entdeckte sie ihn, kurze Zeit später. Er hatte die Augen wie in Trance halb geöffnet und das kleine Licht des winzigen Feuers, welches die Zauberer entzündet hatten, spiegelte sich in ihnen wieder. Lienna konnte nicht sagen, ob er wach war oder ob er wusste wo er war. Sie sah nur, dass er nicht wie sie auf dem kalten Boden lag, dafür aber von einem dritten Zauberer bewacht wurde, der neben ihm ein Stück Brot aß. In Liennas Magen rumorte es. Das letzte Mal hatte sie am Vormittag etwas gegessen, genauso war es bei Elar. Lienna konnte sich immer noch nicht erklären, wie es zu dem Kampf gekommen war und warum Elar am Ende einfach in sich zusammengebrochen war. Eine Weile lag sie einfach nur da und lauschte auf die Stimmen der Zauberer, die leise tuschelten, so dass Lienna keins ihrer Worte verstand. Sie spürte nur wie die Kälte des Schnees durch ihren Mantel in ihren Körper floss und sie lähmte. Wenn sie sich nicht bald bewegen würde, könnte sich erkälten, oder schlimmer noch: sie könnte erfrieren. Als sie es schließlich nicht mehr aushielt, rührte Lienna sich. Sie drehte sich vom Bauch auf die Seite und bedachte die Zauberer mit einem müden Blick, so als wäre sie gerade erst aufgewacht. Die Männer sahen sie und einer von ihnen stand auf und kam zu ihr. Er berührte kurz ihre blaue Wange und bedeutete dem anderen zu kommen. Dann flößte er Lienna den Tee aus seiner Tasse ein. Sie spürte wie sich der kochend heiße Tee durch ihren Körper brannte und sie von innen aufwärmte. Dann fragte sie sich, ob Elar auch so einen Erwärmung erhalten hatte, oder ob er eigentlich schon einmal wach gewesen war. Der Zauberer über ihr, bedachte sie mit einem hasserfüllten Blick und Lienna wunderte sich, dass er sie überhaupt am Leben ließ. „Glaub ja nicht, ich mache das aus Mitgefühl!“, zischte er dann und schien damit ihre Frage zu beantworten. „Ich will morgen nur nicht mein Gepäck tragen, das kannst du für mich erledigen. Aber erforen nützt du mir nichts!“ Lienna trank die zweite Tasse Tee und fühlte sich danach zwar immer noch wie gelähmt, aber zum Glück war ihr nicht mehr so kalt. Sie überlegte, ob sie es riskieren konnte, nach Elar zu fragen. Einen Moment rang sie mit sich, doch schließlich siegte ihre Sorge um den Menschen über ihre Angst. „Wie geht es meinem Freund?“, fragte sie mit fester Stimme und blickte den Zauberer mutig an. Nur keine Schwäche zeigen!, dachte sie bei sich. Er blickte zu der Gestalt Elars, die wie eingefroren am Baum lehnte. „Er lebt.“, sagte der Zauberer dann nur und setzte sich wieder zu seinem Freund ans Feuer. Lienna schloss traurig die Augen und blickte dann wieder zu Elar. Bildete sie sich das nur ein, oder befand sich auf seiner Haut am Hals wieder diese rote Linie? Sie war länger geworden und Lienna fragte sich, was es damit auf sich hatte. War dies der Grund für Elars Schwäche und Blassheit? Eine ganze Weile lag Lienna einfach nur so da und beobachtete Elar. Ob Lyrux und Meniel schon bemerkt hatten, dass etwas nicht stimmte? Oder hatten sie sich einfach auf ihrem Rastplatz niedergelassen und gewartet? Hätte sie sich doch nur nicht mit Lyrux gestritten, dann wäre das alles nicht passiert. Was wollten diese Zauberer eigentlich von Elar? Lienna konnte es sich nicht erklären, doch als sie den Wächter des Prinzen betrachtete, erkannte sie den Komplizen, des von Lyrux getöteten Zauberers, die Elar entführt hatten. Es hing alles zusammen: Elars Entführung, der Anschlag auf das Lager des Königs und der heutige Angriff. Die Frage war nur, wie sollten Lienna und Elar fliehen? Eine Weile grübelte Lienna noch, dann fielen ihre Augen wieder zu und sie schlief ein. Lienna wurde durch ein grobes Schütteln aus dem Reich der Träume gerissen und nur wenige Augenblicke später, kehrte die Hoffnungslosigkeit zu ihr zurück, als ihr klar wurde bei wem sie sich befand. Der Zauberer schob ihr ein Stück Brot in den Mund und Lienna schlang es hungrig hinunter. Danach flößte er ihr wieder eine Tasse Tee ein und ließ sie liegen. Die Männer packten ihre Sachen zusammen und löschten das Feuer mit Schnee, dann half einer von ihnen Lienna aufzustehen und klopfte ihr den Schnee von ihrem nassen Mantel. Mit klopfendem Herzen suchten Liennas Augen Elar und sie fanden ihn. Er lehnte noch immer am Stamm des Baumes und einer der Zauberer ging zu ihm und schüttelte ihn kräftig durch, bekam ihn jedoch nicht wach. Er gab ihm eine Ohrfeige, worauf Lienna empört nach Luft schnappte, doch auch diesmal öffnete er seine Augen nicht. Lienna durchfuhr der grausame Gedanke, Elar könne in der Nacht erfroren sein. Schnell zwang sie sich, nicht mehr daran zu denken und beobachtete, wie die Zauberer einen Eimer mir geschmolzenem Schnee über Elars Körper schütteten, worauf dieser erschrocken die Augen aufriss und sich verwirrt umblickte. Als er die Zauberer erblickte, sah Lienna wie er erstarrte. Da sie die Verzweiflung in seinem Blick nicht mehr ertragen konnte, trat sie hinter dem einen Zauberer hervor in sein Blickfeld und sah ihn traurig an. In seinen Augen, konnte Lienna jedoch nur Erleichterung sehen. Erleichterung darüber, dass er nicht allein war und das Lienna noch lebte. Das nasse Haar klebte ihm auf der Stirn und von einer Strähne tropfte das Wasser auf eine Schramme in seinem Gesicht. Lienna lächelte ihn zaghaft an und er lächelte genau so zaghaft zurück, worauf sie wieder dieses Gefühl einer Explosion erfasste. Im nächsten Moment jedoch packte der Zauberer mit der leichten Rüstung und den langen, braunen Haaren Elar am Kragen und zog ihn auf die Beine. Er schwankte ein wenig und begann zu zittern, als er die Kälte spürte die ihn umgab. Der Zauberer schob ihn neben Lienna und beugte sich ein wenig zu den Beiden herunter. „So, jetzt hört gut zu. Das ihr Beide noch am Leben seid, hat einen gewissen Grund, der nichts mit Mitleid oder Ähnlichem zu tun hat. Aber seid euch sicher, dass wir deshalb nicht schonend mit euch umgehen werden. Eine falsche Bewegung und ihr werdet eine Strafe bekommen, die ihr so schnell nicht vergessen werdet. Ich werde euch jetzt kurz losbinden und euch ein wenig Gepäck aufladen, also keine falsche Bewegung!“, zischte er und Lienna nickte schnell. Sie musste sich irgendetwas ausdenken, wie sie fliehen konnten. Sie überlegte, ob sie in dem Moment, in dem er sie losband, Magie einsetzten sollte – doch diesen Plan durchkreuzte er ihr. Er legte ihr nämlich eine Schlaufe aus Siflith um den Hals, bevor er sie losmachte. Dann lud er den Beiden unheimlich schwere Rucksäcke auf den Rücken und band ihre Hände vorne wieder zusammen. Jedoch ließ er dazwischen ein wenig Seil frei hängen, damit sie ihre Hände bis zu einem bestimmten Punkt auseinander bewegen konnten. Zum Schluss band er Elars rechte Hand und Liennas linke Hand zusammen und sie spürte Elars nasse, kalte Haut an ihrer. Die Zauberer waren nicht dumm. Lienna und Elar konnten zwar nebeneinander frei laufen, aber fliehen würde schwierig werden, denn sie konnten sich nicht verständigen in welche Richtung es gehen sollte – das würden ihre Bewacher auf sie aufmerksam machen. Lienna blickte Elar lange an, bevor sie ihn so gut es ging in die Arme nahm. Sie, Lienna Luna Elna, nahm ihn in die Arme und drückte sein nasses Gesicht an ihr trockenes. Sie konnte sich auch nicht erklären, warum sie es tat, aber es war nun einmal so und Lienna fühlte sich wohl dabei, sehr wohl sogar. Der Zauberer riss sie auseinander und Lienna warf einen Blick auf Elars Gesicht. Er sah sie zwar verwirrt an, im nächsetn Moment jedoch, lächelte er kurz. Er hob seine Hände, wobei Lienna ihre linke Hand ebenfalls heben musste, und setzte sich seine Kapuze auf den nassen Kopf. „Sterben will ich noch nicht.“, flüsterte er ihr zu und suchte nach ihrer linken Hand. Er fand sie und umschloss sie sanft mit seiner rechten. Lienna hoffte er würde ihren rasenden Puls nicht spüren, als seine Finger ihr Handgelenk umfassten. Die Zauberer stiegen auf ihre Pferde und Lienna sah, dass sie ihres und das von Elar an einem Baum festgebunden ließen. Die Tiere taten ihr Leid und sie rief ihnen beruhigende Worte in ihrer Sprache zu, bevor sie sich mit Elar in Bewegung setzen musste. Die Zauberer schlugen ein schnelles Tempo an und Lienna und Elar rannten in der Mitte zwischen ihnen. Während sie an den verschneiten Bäumen und Sträuchern vorbei liefen, wanderte Liennas Blick oft zu Elars Hals, den man kaum noch sehen konnte, da er die Kapuze mit seinem Schal festgebunden hatte. Und dennoch konnte Lienna wieder diese rote Linie erkennen, die sich an seinem Ohr entlangschlängelte wie ein langes pupurnes Tier. Meist schweiften ihre Blicke dann zu den Gürteln der Zauberer, die vor und hinter ihr auf den Pferden ritten. Es waren insgesamt vier, alle bis auf die Zähne bewaffnet und in warme Mäntel und Umhänge gehüllt. Und an ihren Gürteln hingen Schwerter, Messer und kleine Äxte. Wenn Lienna und Elar an eines dieser Messer herankommen könnten, dann könnten sie sich befreien. Es war jedoch unwahrscheinlich, dass die Zauberer ihre Waffen einen Augenblick unbeaufsichtigt lassen würden. Es war hoffnungslos – es sei denn, Lyrux und Sheena hatten gemerkt, dass etwas nicht stimmte und hatten sich auf die Suche nach ihnen gemacht. Lienna hoffte inständig, das dies der Fall war, denn sonst wusste sie nicht wie ihre Zukunft aussah. War es der Tod, den sie erahnte, oder war es das Leben? Sie konnte es nicht sagen und bevor sie weiter darüber nachdachte, konzentrierte sie sich nur darauf, nicht über ihre kalten und müden Füße zu stolpern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)