Bergnebel von -Elenya- ================================================================================ Kapitel 6: Entdeckungen ( Lienna & Elar ) ----------------------------------------- Entdeckungen „Habt ihr das gehört?“, fragte Lienna ängstlich, als ein dumpfes Geräusch aus dem Wald an ihr Ohr drang. Aoe und Ranor schüttelten den Kopf. „Da war nichts Schwester. Aber nun komm, es ist schon spät. Wir gehen vor und warten auf dich. Vergiss nicht, das Feuer zu löschen.“, sagte Ranor und Lienna nickte. „Es kann aber noch länger dauern, geht ruhig schon nach Hause!“, meinte Lienna und Aoe nickte. Sobald ihrer Brüder verschwunden waren, stahl Lienna sich mit einer Fackel in den dichten Wald. Ihre Augen musten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen, doch schon wenig später sah sie etwas auf dem Waldboden liegen. Es bewegte sich nicht und machte auch keine Geräusche. Ganz vorsichtig trat Lienna näher. Fast traute sie ihren Augen nicht. Da lag doch tatsächlich ein Mensch vor ihr! So schnell sie konnte bückte sie sich zu ihm hinuter und befühlte sein Gesicht. Es war eisig kalt. Der Mensch trug nur ein Hemd und war barfuß. Lienna löschte den Holzspann und nahm den schwarzhaarigen Menschen bei beiden Händen und zog ihn mit aller Kraft zum Feuer. Erst da bemerkte sie, wenn sie da entdeckt hatte. Es war der Prinz persönlich! Sie ließ augenblicklich seine kalten Hände los, worauf sie dumpf zu Boden fielen. Was macht der Prinz im Armenviertel der Zauberer? Lienna konnte sich die Frage nicht beantworten und bückte sich noch einmal zu ihm herunter. Was genau geschehen war, konnte die junge Zauberin wohl erst herausfinden, wenn er wieder bei Bewusstsein war. Sicher hat er sich verlaufen! Oder er ist absichtlich vom Lager weggelaufen? Aber das erklärt immer noch nicht, warum er kein Wams und keine Schuhe trägt. Diese ganzen Gedanken flogen Lienna im Kopf herum, während sie Elar mit ihrem Umhang bedeckte, um ihn zu wärmen. Dann entschied sie sich dafür, zu warten bis er erwachte. Still wachte sie bei ihm, ohne dabei den Blick von seinem wunderhübschen Gesicht zu wenden. Er sah so friedlich aus, so still. Lienna mochte Jungen manchmal mehr wenn sie schliefen, als wenn sie wach waren. Denn dann wurde sie von ihnen geärgert und beschimpft. Ihre Brüder waren jedoch ganz anders. Zu ihnen konnte sogar Lienna einmal streng sein, wie heute im „Jaulenden Wolf“. Die Zeit verging schrecklich langsam und die junge Zauberin spielte mit dem Gedanken, den Prinzen so in die Gegenwart zurück zu holen, wie ihre betrunkenen Brüder. Schnell verwarf sie diesen Gedanken wieder. Schließlich war er bewusstlos zusammengebrochen und das war sicher keine Absicht gewesen. Nebel stieg von den Feldern auf und verdichtete sich immer mehr. Lienna fröstelte. Wenig später, regte sich wieder Leben in Elars Körper. Verwirrt blinzelte er und schließlich versuchte er sich aufzusetzen. Jedoch scheiterte er und sank wieder zurück. Verzweifelt schlug er die Hände vor sein Gesicht und schüttelte den Kopf. „He!“, sagte Lienna und Elar riss erschrocken die Hände hinunter. Da Lienna hinter ihm saß, konnte er sie nicht erblicken. „Wer ist da? Wer hat mich zu diesem Feuer gebracht?“, fragte er, Angst schwang in seiner Stimme mit. Schnell huschte Lienna zu ihm. „Ich heiße Lienna Luna, aus dem Hause Elnick. Ich fand dich im Wald, nicht weit von hier und brachte dich ans Feuer. Doch sag mir, was genau ist geschehen?“, fragte Lienna. Elar erzählte rasch, was ihm wiederfahren war, dann blickte er zu ihr auf und wurde plötzlich nachdenklich. „Bist du nicht die Zauberin, die ich heute morgen getroffen habe?“, fragte er. Lienna nickte. „Ja, das stimmt. Doch nun meine Frage: Warum hast du mich so seltsam angeschaut?“ Elar lächelte erschöpft. Er nahm ihren Arm und wies auf den ungewöhnlichen Kratzer. „Ja, aber...“, begann Lienna, doch der Prinz unterbrach sie und rollte sein einfaches Hemd hoch. Dann wies er auf den Kratzer an seiner Seite, der genauso aussah, wie der an Liennas Arm. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte Lienna ohne Umschweife. Elar schüttelte den Kopf. „Wenn ich das wüsste...“ Lienna schob dieses Thema erst einmal beiseite. „Du sagtest, dein Fuß tut weh. Darf ich ihn mir einmal besehen?“ Elar nickte zustimmend und Lienna rollte sein Hosenbein hoch. Dann berührte sie den Fuß und drehte ihn einmal hin und her. Elar zog zischend die Luft durch die Zähne ein. „Ja, das tut weh.“, stimmte Lienna zu, „Kannst du ihn von allein bewegen?“ Die Anspannung war Elar anzusehen, doch der Fuß bewegte sich ganz leicht hin und her. „Nun gut. Dann ist er nicht gebrochen. Ich werde dir einmal was darum wickeln.“, erklärte Lienna fachmännisch. Als Priesterin wurde man ebenfalls in Heilkunde ausgebildet. Sie riss einen langen Fetzen von ihrem Unterkleid ab und wickelte diesen um Elars wunden Fuß. Dann bat sie ihn, sich aufzurichten. Vor Erschöpfung sank er sofort wieder zurück, nachdem er es geschafft hatte. „Komm, Elar. Du musste dich richtig hinsetzen.“ Er versuchte es noch einmal. Lienna fasste von hinten unter seine Arme und zog ihn auf die Beine. Sie wackelten bedrohlich unter ihrer Last. „Meinst du, du schaffst es ein Stück zu laufen? Wir müssen zum Gasthaus, da kannst du etwas essen und schlafen. Morgen kannst du dann zu deinem Vater zurückkehren und dich bei einem Arzt behandeln lassen.“, meinte Lienna und stüzte den Prinzen mit einem Arm. Er nickte entschlossen, sagte jedoch nichts. Das Feuer ließ Lienna brennen, es war fast erloschen. Für das kurze Stück zum „Jaulenden Wolf“, brauchten sie ziemlich lange, da Elar nur langsam laufen konnte. Dazu kam, das er geschwächt vom herumirren war und seit dem Morgen noch nichts gegessen und getrunken hatte. Jeder Schritt jagte eine neue Schmerzwelle durch seinen Körper und ließ ihn erzittern. Letztendlich öffnete Lienna die Tür und brachte Elar zum Wirt. „He, Lienna, was bringst du mir? Es ist so dunkel, ich kann nichts erkennen. Ist es dein betrunkener Bruder, Aoe?“, fragte er. Im Schankraum befanden sich nur zwei finstere Gestalten, die an ihren Bierkrügen nippten. „Nein, mein Herr. Das ist...“, schnell suchte sie nach einem anderen Namen, um seine Indetität nicht preiszugegeben, „....das ist Elniren. Ein naher Verwandter aus dem Norden. Er hat heut noch nichts gegessen und getrunken und braucht einen Schlafplatz.“ Der Wirt schaute ein wenig misstrauisch. „Warum schläft und isst er nicht bei dir zu Haus?“ „Oh, er ist gerade angekommen, mein Herr. Er hatte sich verlaufen und mag es nichts so, bei uns zu schlafen. Er übernachtet lieber in Unterkünften.“ Der Wirt schien zufrieden. „Nun gut. Hier hat er etwas zu Essen und etwas um den Durst zu löschen. Bringst du ihn dann auf sein Zimmer? Nummer zwölf.“ Lienna nickte eifrig und half Elar auf einen Stuhl. Wie ein Tier stürzte dieser sich auf das Essen und schlang es unbedacht hinuter. Nachdem er gesättigt war stüzte Lienna ihn die Treppen hinauf, bis zu dem zwölften Zimmer. Ein einzelnes Bett befand sich darin und eine Waschschüsseln auf einer Kommode. Es roch nach Moder. Nun, die Unterkunft musste der Prinz von Donara wohl in Kauf nehmen. Behutsam legte sie ihn auf das Bett und deckte ihn mit der löchrigen Decke zu. Müde nahm er ihre Hand. „Vielen Dank. Lienna. Ohne dich wäre ich wohl zugrunde gegangen!“, flüsterte er und küsste ihre Hand. Errötend nickte Lienna. „Schlaf nun wohl! Morgen folgst du ganz einfach der Hauptstraße zum großen Marktplatz, um zu deinem Vater und König zu gelangen. Lebwohl!“, sprach sie und verließ den Raum. Konnte sie den Prinzen hier wirklich allein lassen? Ihr Blick huschte zu den zwei finsteren Gestalten, die tuschelnd die Köpfe zusammensteckten, als sie die Treppe hinunter kam. Sie kamen ihr seltsam vor. Schnell ging sie zum Wirt. „Achtet mir gut, auf diese beiden Gestalten dort! Passt gut auf Elniren auf!“ Dann verließ sie den Schankraum und nahm sich vor, am nächsten Morgen sofort hierher zurück zu kehren um nach Elar zu schauen. Glücklich machte sie sich auf nach Hause. Sie hatte den ganzen Abend mit dem Prinzen von Donara verbracht! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)